Redebeitarg von Dr. Gisela Penteker - Yek Kom
Redebeitarg von Dr. Gisela Penteker - Yek Kom
Redebeitarg von Dr. Gisela Penteker - Yek Kom
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Konferenz: Kurden in Deutschland<br />
Ich möchte euch herzlich begrüßen und freue mich, auf<br />
dieser Konferenz sprechen zu können.<br />
Viele Expertinnen und Experten haben wir bisher gehört:<br />
richtige und wichtige Analysen und konstruktive<br />
Vorschläge zur Lösung der zahlreichen Probleme, denen<br />
Kurdinnen und Kurden nicht nur in der Türkei, in Syrien, im<br />
Irak, Iran, sondern eben auch in Deutschland ausgesetzt<br />
sind.<br />
Ich will zu Beginn ganz kurz darlegen, wer Azadî ist und<br />
was unsere Arbeitsschwerpunkte sind. Der Verein hat sich<br />
vor dem Hintergrund des PKK-Verbots <strong>von</strong> 1993 im April<br />
1996 gegründet. Zwei Jahre zuvor hatten Anwalts- und<br />
Menschenrechtsvereinigungen sowie VertreterInnen insbesondere<br />
der damaligen PDS und der Grünen, aber auch<br />
der SPD, zur materiellen und politischen Unterstützung<br />
der Kurdinnen und Kurden aufgerufen. Seitdem leistet<br />
Azadî konkrete Solidaritätsarbeit mit und für diesen<br />
Betroffenenkreis, der wegen der Verbotspolitik in<br />
Deutschland auf vielerlei Art kriminalisiert wird. Wir unterstützen<br />
politische Gefangene, beteiligen uns an den teilweise<br />
immensen Kosten für Gerichtsverfahren oder<br />
anwaltliche Vertretung. Insbesondere versuchen wir, im<br />
Rahmen unserer Möglichkeiten die Öffentlichkeit über<br />
Prozesse und Verfahren gegen kurdische PolitikerInnen<br />
und AktivistInnen zu informieren.<br />
Ich arbeite seit zehn Jahren bei Azadî und habe in dieser<br />
Zeit an einer Reihe ähnlicher Konferenzen und<br />
Veranstaltungen teilgenommen oder dort geredet und<br />
muss heute feststellen, dass wir uns immer noch mit den<br />
teilweise gleichen Problemen herumschlagen, obwohl im<br />
Prinzip alles schon hundertfach gesagt, geschrieben und<br />
gefordert wurde. Sehr viel Neues ist mir nicht begegnet.<br />
Das näher zu beleuchten, fehlt heute leider die Zeit. Aber:<br />
Die Hintergründe des türkisch-kurdischen Konflikts und<br />
dessen Auswirkungen auf die Kurdinnen und Kurden in<br />
Deutschland sind hinlänglich bekannt. Das gilt insbesondere<br />
für die politische Klasse, deren Vorgehensweise<br />
gegen bestimmte kurdische Organisationen und deren<br />
Repräsentanten <strong>von</strong> einem klaren Interessensstandpunkt<br />
bestimmt wird. Das trifft auf den gesamten<br />
Strafverfolgungsapparat zu, der die Vorgaben praktisch<br />
umsetzt und sich hierbei der vollen Rückendeckung durch<br />
die Politik gewiss sein kann. Die Behörden arbeiten<br />
präzise, übereifrig, willkürlich, zielgerichtet auf die<br />
Marginalisierung der kurdischen Bewegung. Die gesamte<br />
Palette der Überwachungs- und<br />
Observationsinstrumentarien gegen kurdische<br />
Aktivistinnen und Aktivisten kommt zur Anwendung. So<br />
stehen jene, die sich in den Vorständen kurdischer Vereine<br />
Redebeitrag <strong>von</strong> Monika Morres<br />
Monika Morres, AZADÎ e.V., Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland<br />
engagieren, <strong>von</strong> Anbeginn an im Visier der polizeilichen<br />
Staatsschutzabteilungen; Besucherinnen und Besucher<br />
werden <strong>von</strong> Verfassungs“schutz“-Beamten und/oder V-<br />
Leuten registriert, angesprochen, unter <strong>Dr</strong>uck gesetzt. Es<br />
geht darum, die eigenständige und selbstbewusste<br />
Organisierung der Kurdinnen und Kurden im Keim zu<br />
ersticken oder zu zerschlagen, wo sie existiert.<br />
Neben der strafrechtlichen Verfolgung politischer<br />
Aktivitäten nach dem Vereinsgesetz (verbotenes<br />
Parolerufen, untersagte Symbole, Verbreitung verbotener<br />
Zeitschriften, Spenden und Spendenammeln), stehen kurdische<br />
Politiker ganz besonders im Fokus der<br />
Geheimdienste und Behörden. Sie gilt es, als anerkannte<br />
Mittler und Repräsentanten auszuschalten, um der<br />
Bewegung größtmöglichen Schaden zuzufügen. Hierfür<br />
können sich polizeiliche Staatsschutzabteilungen,<br />
Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft des § 129/a<br />
StGB bedienen.<br />
Prozesse gegen kurdische PolitikerInnen, die wegen<br />
Mitgliedschaft in einer kriminellen oder terroristischen<br />
Vereinigung (§ 129/a StGB) angeklagt werden, gleichen<br />
Inszenierungen. Man kennt sich: die Richter der<br />
Staatsschutzsenate, die Vertreter der Bundesanwaltschaft,<br />
die Dolmetscher, das Wachpersonal und last but not least<br />
die Verteidiger. Nur die Angeklagten sind jeweils andere.<br />
Schon nach den ersten Verhandlungstagen kann man als<br />
BesucherIn spekulieren, ob das Gericht eine<br />
Freiheitsstrafe unter oder über 3 Jahre verhängt. In fast<br />
allen Verfahren werden stunden- und seitenlang Jahre<br />
zurückliegende Urteile verlesen, die mit dem aktuellen<br />
Prozess wenig bis nichts zu tun haben. Zentimeterhoch<br />
türmen sich auf den Gerichtstischen die Disketten mit<br />
abgehörten Telefongesprächen; verlesen werden banale<br />
Dialoge, häufig uminterpretiert in Aussagen, die den<br />
Anklägern in den Kram passen.<br />
Prägnant in all diesen Verfahren ist die rückwärtsgewandte<br />
Sichtweise der Ankläger auf die PKK. Nach<br />
Auffassung <strong>von</strong> Richtern und Bundesanwälten hat sich in<br />
den vergangenen Jahren außer einer Umbenennung in<br />
KADEK oder KONGRA-GEL oder KCK nichts geändert: keine<br />
Struktur, nicht die handelnden Personen, keine Strategie.<br />
Neue Programme, friedenspolitische Konzepte,<br />
Demokratisierung nach innen und außen, Fortentwicklung<br />
der frauen- und gesellschaftspolitischen <strong>Kom</strong>ponenten?<br />
Alles nichts. PKK = KADEK = KONGRA-GEL = KCK = PKK -<br />
alles ist und bleibt verboten. Das ist die Basta-Politik aller<br />
Bundesregierungen seit 16 Jahren !<br />
Wie gut erinnere ich mich noch an die großen Hoffnungen,<br />
die die Kurdinnen und Kurden in die damalige rot/grüne<br />
Bundesregierung gesetzt hatten. Die Enttäuschungen kon-<br />
-29-