Redebeitarg von Dr. Gisela Penteker - Yek Kom
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Konferenz: Kurden in Deutschland<br />
Eckpfeiler für eine Integrationspolitik für Kurden in Deutschland<br />
Schriftliche Adresse <strong>von</strong><br />
Professor <strong>Dr</strong>. Andreas<br />
Buro, Koordinator des<br />
Dialog-Kreises "Die Zeit ist<br />
reif für eine politische<br />
Lösung im Konflikt zwischen<br />
Türken und Kurden"<br />
Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz,<br />
aus gesundheitlichen Gründen kann ich nicht persönlich bei<br />
Ihrer wichtigen Konferenz in Berlin dabei sein, möchte<br />
jedoch die folgende schriftliche Adresse ihnen übermitteln.<br />
Ich gehe da<strong>von</strong> aus, dass- Ihr zentrales Konferenzthema, die<br />
Verbesserung der Integrationsmöglichkeiten der Kurden in<br />
Deutschland, weitgehend da<strong>von</strong> abhängt, ob es endlich<br />
gelingt, den türkisch-kurdischen kriegerischen Konflikt zu<br />
beenden und die sogenannte „Kurdische Frage“ auf einen<br />
sicheren Weg zu einer allseits akzeptablen Lösung zu bringen.<br />
Ich stelle meine Adresse unter das Motto:<br />
Den Krieg beenden! Um Aussöhnung und Gerechtigkeit<br />
kämpfen!<br />
Ein großer Erfolg ist errungen worden. Die Lösung der<br />
Kurdenfrage ist endgültig und unwiderrufbar auf die<br />
türkische Tagesordnung gesetzt worden. Sie ist damit allerdings<br />
noch nicht gelöst. Viele Kräfte haben daran mitgearbeitet:<br />
Bemühungen <strong>von</strong> kurdischer Seite mit ihren ständigen<br />
Angeboten für eine friedliche, demokratische und politische<br />
Lösung und ihren einseitigen Waffenstillständen.<br />
Aber auch der Schritt des türkischen Staatspräsidenten<br />
Abdullah Gül, die Lösung der Kurdenfrage zur Hauptaufgabe<br />
der Türkei zu erklären, war und ist <strong>von</strong> größter Bedeutung,<br />
wie auch die Bereitschaft des Ministerpräsidenten, mit dem<br />
Vorsitzenden der kurdischen DTP zu sprechen. Alle diese<br />
Bemühungen sind hoch anzuerkennen, haben sie doch auf<br />
beiden Seiten unter schwierigsten Bedingungen stattgefunden.<br />
Jetzt und wohl auch noch auf längere Zeit wird über das<br />
„Wie“ gestritten. Das ist angesichts des langen historischen<br />
Kampfes mit seinen tiefen politischen, sozial-psychologischen<br />
und ideologisch-nationalistischen Auswirkungen auf<br />
die Gesellschaft, aber vor allem auch auf die führenden<br />
Gruppierungen nicht anders zu erwarten.<br />
Es besteht, auch wenn die Uhr nicht zurück gedreht werden<br />
kann, immer noch die Gefahr, dass „der Berg kreißt und nur<br />
eine Maus geboren wird“. Geschieht dies, so wird eine<br />
„bleierne Zeit“ folgen, die Elend und Gräuel wieder aufleben<br />
lassen wird. Keiner kann voraussehen, welche internationalen<br />
Bedingungen sich dann auf den so notwendigen<br />
Lösungsprozess auswirken werden. Deshalb ist jetzt aus<br />
meiner Sicht eine große und kühne Initiative der kurdischen<br />
Seite erforderlich, durch die die ganze Konstellation des<br />
Konflikts grundlegend verändert wird. Ankara ist dazu nicht<br />
in der Lage, nur die kurdische Seite kann dies vollbringen.<br />
Der Krieg muß den türkischen Nationalisten und<br />
Militaristen, die unbedingt daran festhalten wollen,<br />
weggenommen werden; aber auch den NATO-Staaten einschließlich<br />
Deutschland, die sich bislang kaum für eine<br />
Lösung eingesetzt und sich hinter dem unsinnigen<br />
Terrorismus-Vorwurf gegenüber der kurdischen Seite verschanzt<br />
haben. Dies ist nur möglich, indem die kurdische<br />
Seite – und ich wende mich damit ausdrücklich an die PKK,<br />
die KCK - Gemeinschaft der <strong>Kom</strong>munen Kurdistans - und an<br />
den Vorsitzenden des Exekutivrates, Murat Karayilan – aus<br />
weitsichtigen strategischen Überlegungen erklärt, sie sei<br />
bereit, endgültig auf die Fortführung des militärischen<br />
Kampfes zu verzichten und ihre Waffen unter internationaler<br />
Kontrolle zu übergeben. Auf jede militärische<br />
<strong>Dr</strong>ohung werde verzichtet, denn wer nach dem Motto droht<br />
„ und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt“ (v. Goethe,<br />
„Der Erlkönig“), kehrt damit zurück zur militärischen<br />
Kriegslogik und in die bisherigen so tragischen<br />
Konstellationen.<br />
Mit einem solchen kühnen Schritt würde die kurdische Seite<br />
konsequent ihrer bisher immer wieder vorgetragenen<br />
Überzeugung folgen, die auch der Vorsitzende Abdullah<br />
Öcalan teilt, dass die kurdische Frage nur politisch,<br />
demokratisch und friedlich gelöst werden könne. Sie zöge<br />
damit die grundsätzliche Schlußfolgerung aus ihren bisherigen<br />
Forderungen und wälzte damit gleichzeitig die gesamte<br />
aktuelle Konstellation um. Dann würden wieder Ziele und<br />
Mittel übereinstimmen. Damit würde der Weg frei für eine<br />
neue Politik der Aussöhnung und des Kampfes um die<br />
Herstellung <strong>von</strong> Gerechtigkeit gegenüber der kurdischen<br />
Bevölkerung im Rahmen der Türkei. Die ganze kurdische<br />
Bevölkerung – und mit ihr hoffentlich viele türkisch-stämmige<br />
Bürgerinnen und Bürger – könnten sich an tausend<br />
Stellen der Gesellschaft an diesen Bemühungen beteiligen.<br />
Der auf Imrali gefangene Abdullah Öcalan, sagte jüngst zu<br />
seinen Verteidigern: „ Alle, die Jugendlichen, die Frauen,<br />
jeder muß seine eigenen Entscheidungen treffen. Wer auf<br />
bestellte Lösungen wartet, kommt nicht zum Erfolg oder zu<br />
einer Lösung. . Diese Art <strong>von</strong> Lösungslogik war früher in<br />
theokratischen Strukturen vorherrschend und später im<br />
Positivismus, im Nationalstaat ist sie immer noch<br />
vorherrschend. Sie sollen sich dort entscheiden, ich<br />
entscheide mich hier, die anderen woanders, auf diese<br />
Weise regeln wir die Angelegenheit gemeinsam.“<br />
(Kurdistan-Report, Nr. 145, 2009, S.6)<br />
Klingt dies nicht geradezu wie ein Aufruf, um die<br />
berechtigten und international geforderten Rechte der<br />
Kurden zivilgesellschaftlich zu kämpfen?!<br />
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