Alles, was Recht ist - Archiv - Personalwirtschaft
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„<br />
Gelebte Compliance senkt die Risiken erheblich.<br />
aufwe<strong>ist</strong>. Eine Compliance-Richtlinie kann<br />
sowohl aus mitbestimmungsfreien als auch<br />
mitbestimmungspflichtigen Teilen bestehen.<br />
Hinsichtlich der mitbestimmungspflichtigen<br />
Compliance-Elemente muss<br />
der Betriebsrat beteiligt werden, da ansonsten<br />
die entsprechende Regelung unwirksam<br />
<strong>ist</strong>. Enthält das Compliance-Regelwerk<br />
auch mitbestimmungsfreie Teile, so<br />
kann die Betriebsvereinbarung über diesen<br />
Teil (freiwillig) geschlossen werden.<br />
Ein Vorteil der Betriebsvereinbarung <strong>ist</strong>,<br />
dass sie zwingend und unmittelbar für<br />
alle Arbeitnehmer im Betrieb gilt. Auch eine<br />
Änderung der Betriebsvereinbarung, die<br />
jederzeit im Einvernehmen mit dem<br />
Betriebsrat möglich <strong>ist</strong>, erfasst alle Arbeitnehmer.<br />
Damit <strong>ist</strong> sichergestellt, dass die<br />
Richtlinien gleichermaßen für alle Arbeitnehmer<br />
Anwendung finden. Darüber hinaus<br />
<strong>ist</strong> die Akzeptanz der Compliance-<br />
Richtlinien bei den Arbeitnehmern erfahrungsgemäß<br />
höher, wenn die Umsetzung<br />
mittels Betriebsvereinbarung erfolgt. Im<br />
Falle der Kündigung der Betriebsvereinbarung<br />
<strong>ist</strong> zwischen mitbestimmungspflichtigen<br />
und mitbestimmungsfreien<br />
Richtlinien zu unterscheiden, soweit die<br />
Betriebsparteien keine vom Gesetz abweichende<br />
Regelung vereinbaren. So wirken<br />
mitbestimmungspflichtige Richtlinien nach,<br />
bis sie durch eine andere Regelung, zum<br />
Beispiel durch einen Zusatz zum Arbeitsvertrag,<br />
ersetzt werden. Mitbestimmungsfreie<br />
Richtlinien hingegen gelten nach dem<br />
Kündigungstermin nicht mehr weiter.<br />
Die bloße Einführung einer Compliance-<br />
Richtlinie genügt zur Implementierung<br />
einer effektiven Compliance jedoch nicht.<br />
Als eine wesentliche Compliance-Maßnahme<br />
zur Risikominimierung gilt die Schaffung<br />
einer eigenen Compliance-Abteilung<br />
(unabhängig von <strong>Recht</strong>s- und Personalabteilung)<br />
unter der Leitung eines Compliance-Officers,<br />
oftmals ein Mitarbeiter des<br />
Unternehmens, der ausschließlich für die<br />
Sicherstellung von Compliance zuständig<br />
<strong>ist</strong>. Der Compliance-Officer <strong>ist</strong> für Compliance-Aufgaben<br />
aufgrund seines Fachwissens<br />
qualifiziert, kennt die typischen Abläufe<br />
im Unternehmen und dessen Geschäftsmodell<br />
aus eigener Anschauung beziehungsweise<br />
wurde entsprechend eingewiesen<br />
und <strong>ist</strong> mit ausreichenden Befugnissen<br />
und kurzen Berichtswegen ausgestattet.<br />
Compliance-Officer kann strafrechtliche<br />
Verantwortung treffen<br />
Mangels gesetzlicher Regelung zu den konkreten<br />
Aufgaben eines Compliance-Officers<br />
bleibt es den Arbeitsvertragsparteien<br />
überlassen, seinen Pflichtenkreis zu<br />
bestimmen, um hierdurch nicht nur Compliance<br />
sicherzustellen, sondern auch die<br />
Geschäftsführung von ihrer Haftung zu<br />
entlasten. Dass es einer konkreten Regelung<br />
bedarf, zeigt eine Entscheidung des<br />
BGH vom 17. Juli 2009, wonach den Compliance-Officer<br />
sogar selbst eine strafrechtliche<br />
Verantwortung treffen kann, wenn<br />
es ihm nicht gelingt, pflichtwidriges Verhalten<br />
im Unternehmen zu verhindern.<br />
In den Arbeitsvertrag des Compliance-<br />
Officers sollte dessen Pflicht zur unaufgeforderten,<br />
regelmäßigen Berichterstattung<br />
gegenüber der Geschäftsführung sowie<br />
zur unverzüglichen Berichterstattung bei<br />
Handlungsbedarf und besonderen Verdachtsmomenten<br />
aufgenommen werden.<br />
Darüber hinaus sollte der Arbeitsvertrag<br />
die Pflicht des Compliance-Officers vorsehen,<br />
sämtliche seiner Maßnahmen vollständig<br />
und aussagekräftig zu dokumentieren.<br />
Auf diese Weise kann die Geschäftsführung<br />
bei Bedarf anhand entsprechender<br />
Unterlagen, die ordnungsgemäße<br />
Aufgabenausführung durch den Compliance-Officer<br />
und dessen Überwachung<br />
nachweisen.<br />
Es <strong>ist</strong> für das Unternehmen elementar,<br />
den konkreten Pflichtenkreis des Compliance-Officers<br />
durch die arbeitsvertragliche<br />
Vereinbarung eindeutig zu bestimmen.<br />
Hierbei kann keine allgemein gültige Aus-<br />
sage zu den Pflichten des Compliance-Officers<br />
getroffen werden, da diese maßgeblich<br />
von Größe und Geschäft sowie Wirkungskreis<br />
des Unternehmens geprägt<br />
sind. In der Praxis werden hinsichtlich<br />
der Compliance-Aufgaben häufig die folgenden<br />
drei Bereiche herausgebildet:<br />
Prävention, Aufdeckung von Pflichtverstößen<br />
und Umgang mit Pflichtverstößen.<br />
Die Aufgaben des Compliance-Officers können<br />
sich auf eine oder mehrere dieser<br />
Bereiche beziehen, abhängig davon, ob<br />
dessen Tätigkeit in Vollzeit oder in Teilzeit<br />
oder im Rahmen einer gemischten Stelle<br />
in der Form erfolgt, dass neben den Compliance-Aufgaben<br />
noch andere Aufgaben<br />
erfüllt werden müssen (zum Beispiel die<br />
Leitung der <strong>Recht</strong>sabteilung). Vor der<br />
Gestaltung des Arbeitsvertrages eines Compliance-Officers<br />
muss daher zunächst eine<br />
Analyse durchgeführt werden, welche Compliance-Aufgaben<br />
in welchem Umfang konkret<br />
anfallen und auf wie viele Köpfe diese<br />
Tätigkeit verteilt werden muss, um effektive<br />
Compliance sicherstellen zu können.<br />
Am wichtigsten <strong>ist</strong> allerdings, dass die Compliance-Struktur<br />
des Unternehmens mit<br />
Leben gefüllt wird und von der Geschäftsleitung<br />
kommuniziert und vorgelebt wird.<br />
Die zu Beginn dieses Beitrags genannten<br />
Medienberichte verdeutlichen zwar, dass<br />
selbst die Strafbarkeit eines Verhaltens<br />
(zum Beispiel Bestechlichkeit im geschäftlichen<br />
Verkehr) einzelne Mitarbeiter nicht<br />
vom Pflichtenverstoß abhält. Allerdings<br />
senkt eine gelebte Compliance solche Risken<br />
erheblich und minimiert dadurch Schäden<br />
des Unternehmens sowohl in materieller<br />
Hinsicht, als auch hinsichtlich der<br />
Reputation. Der Return-On-Investment<br />
(ROI) einer Unternehmens-Compliance <strong>ist</strong><br />
damit in der Regel signifikant.<br />
Autor<br />
Tobias Neufeld,<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt, Fachanwalt<br />
für Arbeitsrecht, Partner der<br />
Sozietät Allen & Overy LLP,<br />
Düsseldorf,<br />
tobias.neufeld@allenovery.com<br />
Sonderheft 10 |2011 www.personalwirtschaft.de 17