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Alles, was Recht ist - Archiv - Personalwirtschaft

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ARBEITSRECHT News<br />

Chefarzt in katholischer Klinik<br />

Kündigung wegen erneuter Heirat ungültig<br />

Die Wiederverheiratung eines katholischen<br />

Chefarztes an einem katholischen<br />

Krankenhaus rechtfertigt nicht in jedem<br />

Fall seine ordentliche Kündigung, hat das<br />

Bundesarbeitsgericht jetzt entschieden.<br />

Zwar haben Religionsgemeinschaften und<br />

die ihnen zugeordneten Einrichtungen das<br />

verfassungsmäßige <strong>Recht</strong>, von ihren<br />

Beschäftigten ein loyales Verhalten im Sinne<br />

ihres jeweiligen Selbstverständnisses<br />

verlangen zu können. Als Loyalitätsverstoß<br />

kommt auch der Abschluss einer nach<br />

katholischem Verständnis ungültigen Ehe<br />

in Betracht. Eine Kündigung <strong>ist</strong> aber nur<br />

dann gerechtfertigt, wenn der Loyalitätsverstoß<br />

auch bei Abwägung der Interessen<br />

beider Vertragsteile im Einzelfall ein hinreichend<br />

schweres Gewicht hat.<br />

Der Kläger trat im Jahr 2000 als Chefarzt<br />

6<br />

Zu den <strong>Recht</strong>snormen eines Tarifvertrages,<br />

die nach einem Betriebsübergang<br />

kraft gesetzlicher Regelung<br />

Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen<br />

dem Arbeitnehmer und dem<br />

Betriebserwerber werden, gehören<br />

auch die in einer zuvor vereinbarten<br />

Tarifregelung bereits abschließend<br />

festgelegten dynamischen Entwicklungen,<br />

die allein vom Zeitablauf<br />

abhängig sind, so das Bundesarbeitsgericht<br />

(BAG). Lediglich schuldrechtliche<br />

Abreden der Tarifvertragsparteien<br />

werden nicht Inhalt des Arbeitsverhältnisses.<br />

Die Klägerin, Mitglied der Gewerkschaft<br />

Verdi, war seit 1991 bei einem<br />

tarifgebundenen Arbeitgeber beschäftigt.<br />

Der BAT-O in der Fassung der<br />

Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände<br />

galt für ihr Arbeitsverhältnis<br />

kraft Tarifgebundenheit. Der<br />

in die Dienste der Beklagten, die mehrere<br />

Krankenhäuser betreibt. Nach der Scheidung<br />

von seiner ersten Ehefrau heiratete<br />

der Kläger im Jahr 2008 seine jetzige Frau<br />

standesamtlich. Nachdem die Beklagte<br />

hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte<br />

sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben<br />

vom 30. März 2009 ordentlich zum 30.<br />

September 2009. Die Beklagte beschäftigt<br />

auch nicht katholische, wiederverheiratete<br />

Chefärzte. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht<br />

haben der Klage stattgegeben.<br />

Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts<br />

hat die Revision zurückgewiesen.<br />

Zwar habe sich der Kläger einen Loyalitätsverstoß<br />

zuschulden kommen lassen,<br />

dem mit Rücksicht auf das kirchliche<br />

Selbstbestimmungsrecht beträchtliches<br />

Gewicht zukommt. Insgesamt überwog<br />

Tarifvertragliche Entgeltanpassung Ost/West<br />

Schuldrechtliche Abrede oder Inhaltsnorm<br />

Sonderheft 10 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />

zu Beginn der Jahres 2003 geschlossene<br />

Vergütungstarifvertrag (VTV) Nr. 7 zum<br />

BAT-O sah unter anderem vor, dass „die<br />

Anpassung des Bemessungssatzes“ für<br />

die Vergütung der wie die Klägerin eingruppierten<br />

Angestellten auf das Tarifniveau<br />

„West“ (100 Prozent) „bis zum 31.<br />

Dezember 2007 … abgeschlossen wird“.<br />

Am 1. April 2005 ging ihr Arbeitsverhältnis<br />

infolge eines Betriebsüberganges auf<br />

die nicht tarifgebundene Beklagte über.<br />

Zum 1. Januar 2008 wurde für die betreffenden<br />

Entgeltgruppen der Bemessungssatz<br />

auf 100 Prozent angehoben. Die Klägerin<br />

verlangt nunmehr unter anderem<br />

ein Entgelt und die Vergütung von Mehrarbeitsstunden<br />

nach einem Bemessungssatz<br />

von 100 Prozent auf Basis der Entgelttabellen<br />

zum TVöD.<br />

Die Revision der Klägerin gegen die insoweit<br />

klageabweisenden Entscheidungen<br />

der Vorinstanzen blieb vor dem Vierten<br />

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jedoch das Interesse des Klägers an der<br />

Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.<br />

Dabei fällt in die Waagschale, dass die<br />

Beklagte selbst sowohl in ihrer Grundordnung<br />

als auch in ihrer Praxis auf ein<br />

durchgehend und ausnahmslos der katholischen<br />

Glaubens- und Sittenlehre verpflichtetes<br />

Lebenszeugnis ihrer leitenden Mitarbeiter<br />

verzichtet. Das zeigt sich sowohl an<br />

der Beschäftigung nichtkatholischer,<br />

wiederverheirateter Ärzte als auch an der<br />

Hinnahme des nach dem Arbeitsvertrag an<br />

sich untersagten Lebens in nichtehelicher<br />

Gemeinschaft von 2006 bis 2008.<br />

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. September<br />

2011 - 2 AZR 543/10 -<br />

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf,<br />

Urteil vom 1. Juli 2010 - 5 Sa 996/09 -)<br />

Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne<br />

Erfolg. Zwar gehört zu den anlässlich<br />

des Betriebsübergangs auf die Beklagte<br />

nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in<br />

das Arbeitsverhältnis übergegangenen<br />

<strong>Recht</strong>en und Pflichten auch eine<br />

von den Tarifvertragsparteien bereits<br />

zuvor abschließend geregelte Entgeltsteigerung.<br />

Bei der im VTV Nr. 7 vorgesehenen<br />

Anpassung auf 100 Prozent<br />

des Tarifniveaus „West“ handelt<br />

es sich jedoch nicht um eine normativ<br />

wirkende Inhaltsnorm, sondern lediglich<br />

um eine schuldrechtliche Abrede<br />

der Tarifvertragsparteien, die nur zwischen<br />

diesen wirkt.<br />

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.<br />

August 2011 - 4 AZR 566/09 - Vorinstanz:<br />

Landesarbeitsgericht Berlin-<br />

Brandenburg, Urteil vom 25. Juni 2009<br />

- 25 Sa 582/09 -)

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