Ihr entscheidet, welche Dörfer eine Zukunft haben - Berlin-Institut für ...
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Zumal das Ehrenamt in Sachsen-Anhalt <strong>für</strong> so<br />
selbstverständlich gehalten wird, dass die Probleme<br />
k<strong>eine</strong>n interessieren. Aber was soll’s?<br />
Meckern können die anderen. Wir wissen, <strong>für</strong><br />
die Landjugend bleibt viel zu tun, und fangen<br />
schon mal an.<br />
Kerstin Kühnle:<br />
Wir sind ALLE Landjugend. Die Landjugend<br />
im Westen unterscheidet sich jedoch schon<br />
einmal strukturell sehr von der Landjugend<br />
im Osten. Hier in Südbaden steht sie <strong>für</strong> jahrzehntelange<br />
Tradition und <strong>für</strong> die Verwurzelung<br />
in der Dorf- und Vereinsgemeinschaft. Oft<br />
waren schon die Eltern und die Geschwister in<br />
der Landjugend und bei dem ein oder anderen<br />
waren auch schon die Großeltern Mitglied.<br />
Wenn man das so hört, klingt die Landjugend<br />
ziemlich „altbacken“, oder? Ich kann dazu nur<br />
ganz klar „NEIN“ sagen, denn die Landjugend<br />
hat es immer wieder geschafft, den Wind der<br />
Veränderung zu spüren, und statt <strong>eine</strong>m Windschutz<br />
<strong>eine</strong> Windmühle zu bauen.<br />
Heute sieht kaum noch ein Gruppenabend bei<br />
uns aus wie vor 50 Jahren, als sich die Mädchen<br />
mit Handarbeit beschäftigten und die<br />
Jungs sich über die neuste Technik unterhielten.<br />
Heute treffen sich Landjugendliche, um<br />
gemeinsam was zu erleben und zu erreichen<br />
– z.B. Basteln, Kegeln, Ausflüge oder auch<br />
gemeinnützige Projekte wie die 72-Stunden-<br />
Aktion. Trotz allem kommt die Tradition bei<br />
der Landjugend nicht zu kurz. Die wird in<br />
Trachten- und Volkstanzgruppen gepflegt oder<br />
spiegelt sich beispielsweise beim Kreisernte-<br />
dankfest im Schwarzwald-Bar-Kreis mit liebevoll<br />
geschmückten Erntewägen beim großen<br />
Festumzug wider.<br />
Wie es um die Kinder- und Jugendarbeit und<br />
im Speziellen um die Landjugendarbeit in Baden-Württemberg<br />
bestellt ist, beschreibt auch<br />
die Expertise „Lage und <strong>Zukunft</strong> der Kinder<br />
und Jugendarbeit in Baden-Württemberg“. Von<br />
Prof. Dr. Thomas Rauschenbach und s<strong>eine</strong>m<br />
Autorenteam im vorigen Jahr veröffentlicht,<br />
wurde sie mit Vertreter/innen der Landesregierung<br />
und der Jugendverbände auf verschiedenen<br />
Ebenen diskutiert. Insgesamt wird der<br />
Kinder- und Jugendarbeit in Baden-Württemberg<br />
darin <strong>eine</strong> sehr gute Arbeit attestiert.<br />
In s<strong>eine</strong>n Ausführungen geht Rauschenbach<br />
u.a. darauf ein, dass der landwirtschaftliche<br />
Nr. 2/2011<br />
Hintergrund der Landjugendmitglieder auch in<br />
Baden-Württemberg mehr und mehr abnimmt.<br />
Kamen 1990 beispielsweise noch rund 38 Prozent<br />
der Mitglieder von Höfen, auf denen der<br />
Vater im Haupterwerb Landwirt war, so sind es<br />
im Jahr 2000 nur noch ca. 26 Prozent. Er sagt<br />
auch: Die Landjugendverbände im Ländle dienen<br />
ohne Zweifel der Integration junger Menschen<br />
in das ländliche Gemeinwesen. Gleichzeitig<br />
eröffnen sie Heranwachsenden <strong>eine</strong>n<br />
Freiraum <strong>für</strong> Gleichaltrigengesellung und Gemeinschaft.<br />
Doch durch die gesellschaftlichen<br />
Modernisierungsprozesse und die Veränderungen<br />
in der Schullandschaft wird es <strong>für</strong> die<br />
Landjugendverbände zunehmend schwieriger,<br />
Kinder und Jugendliche in ihre Aktivitäten<br />
einzubinden. Dabei hängt die <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit<br />
der Orte von den Jugendlichen im ländlichen<br />
Raum ab. Nur wenn die heranwachsende<br />
Generation soziale Kontakte und persönliche<br />
Bindungen zum ländlichen Sozialraum hat,<br />
wird sie sich bemühen, die lokale <strong>Zukunft</strong> aktiv<br />
mitzugestalten. Nach Prof. Dr. Thomas Rauschenbach<br />
kann die Kinder- und Jugendarbeit<br />
der Landjugendverbände hierzu <strong>eine</strong>n wichtigen<br />
Beitrag leisten (kostenloser Download der<br />
Expertise: www.sozialministerium-bw.de/<br />
fm7/1442/Expertise_Jugendarbeit_2010.pdf).<br />
„Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns<br />
etwas gibt“, hat Ernst Ferstl gesagt. Ich kann<br />
dem Schriftsteller nur zustimmen, denn ich<br />
darf jeden Tag von neuem erfahren, wie sich<br />
die Zeit lohnt, die ich in mein Ehrenamt bzw.<br />
in die Landjugend hineinstecke. Denn sie gibt<br />
es mir immer wieder doppelt zurück. Sei es<br />
mit neuen Freundschaften, Erfahrungen und<br />
anderen Momenten.<br />
Landjugend will Grünen Qualifizierungsfonds<br />
Sich einbringen, Verbündete suchen, <strong>Zukunft</strong><br />
<strong>für</strong> das Land schaffen – all das ist Landjugend.<br />
Aktuell diskutiert der BDL-Vorstand<br />
beispielsweise mit Fachleuten unterschiedlichster<br />
Couleur über <strong>eine</strong>n Vorschlag, mit<br />
dem Landjugend das Land voranbringen will<br />
und kann: den Grünen Qualifizierungsfonds.<br />
„Bildung ist das A und O. – Gerade in den<br />
grünen Berufen, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels“,<br />
so Magdalena Kliver, die<br />
stellvertretende BDL-Vorsitzende. Es sei an<br />
der Zeit, den ständig steigenden Anforderungen<br />
an die Landwirtschaft künftig auch<br />
außerhalb bestehender Bildungsangebote<br />
zu begegnen. Denn jeder weiß: Je differenzierter<br />
und komplexer die Ansprüche an die<br />
Kerstin Kühnle,<br />
Baden-Württemberg<br />
Qualifizierung werden, umso mehr stoßen sie<br />
an administrative und formale, an didaktische<br />
und methodische Grenzen. Die Zeit ist reif <strong>für</strong><br />
neue strukturelle Elemente in der agrarischen<br />
Bildung wie den Grünen Qualifizierungsfonds,<br />
den der BDL jetzt vorschlägt.<br />
Der Fonds werde nicht mit den konventionellen<br />
Bildungsstrukturen konkurrieren, sondern<br />
könne diese flankierend unterstützen, so<br />
die Landjugend. Ähnlich dem in Schleswig-<br />
Holstein bereits aktiven „Qualifizierungsfonds<br />
Land- und Forstwirtschaft“ (QLF) ließe sich<br />
damit dem Fachkräftemangel in den grünen<br />
Berufen begegnen. „Der Fonds kann helfen,<br />
die Pass ge nauigkeit zwischen betrieblichen<br />
Anforderungen und Ausbildung zu er höhen“,<br />
ergänzt Magdalena Kliver, selbst Junglandwirtin.<br />
Der Fonds soll die Kosten <strong>für</strong> die arbeits-<br />
bzw. ausbildungsbegleitenden, außerschulischen<br />
Bildungsmaßnahmen abdecken. Der<br />
BDL schlägt vor, den finanziellen Grundstock<br />
des Grünen Qualifizierungsfonds aus den<br />
Mitteln zu bilden, die noch aus dem Absatzfonds<br />
der Land- und Ernährungswirtschaft<br />
vorhanden sind. Auf diese Weise würden die<br />
Vermögensüberschüsse aus dessen Abwicklung<br />
– jetzt bei der Landwirtschaftlichen<br />
Rentenbank angesiedelt – zukunftsorientiert<br />
eingesetzt.<br />
Mehr dazu unter www.landjugend.de.<br />
12 www.landjugend.de<br />
Foto: BDL