Ihr entscheidet, welche Dörfer eine Zukunft haben - Berlin-Institut für ...

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Landjugend leben? Lieben… Oder fühlen, sehen, hören oder riechen Um diesen Artikel schreiben zu können, habe ich viel über meine letzten zehn Jahre Landjugend – oder sollte man sagen: meine ersten zehn Jahre Landjugend nachgedacht. Angefangen mit einem einfachen Tanzkurs stehe ich jetzt hier in der Verantwortung für dieses bdl-spezial, als stellvertretende Bundesvorsitzende des BDL. Nicht nur bei mir hat sich in diesen zehn Jahren viel verändert, auch die Erde hat sich weiter gedreht. Um knapp eine Milliarde hat die Weltbevölkerung zugenommen. Wir leben in Welten, von denen ich vor zehn Jahren nichts geahnt habe. Nichts ist selbstverständlicher, als mit dem Handy zu telefonieren, am Computer zu arbeiten und diesen – in welcher Form auch immer – bei sich zu haben und online zu sein. Ob Job oder Freizeit – die Neuen Medien sind omnipräsent. Natürlich geht ohne die auch bei der Landjugend nichts. Aber es gibt, und davon bin ich überzeugt, doch Dinge, die sich eher im realen Leben ausprobieren und erfahren lassen. Landjugend muss man leben und nicht am Computer spielen! Landjugend, das sind wir, das sind die jungen Menschen, für die das Leben nicht am Gartenzaun endet, sondern die sich zusammentun, um gemeinsam etwas zu erleben, zu bewirken und auf die Beine zu stellen. In der Landjugend sein heißt zu einer Gemeinschaft zu gehören. Ihre Mitglieder stammen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Ob Abiturientin oder Hauptschüler, ob Landwirtin oder Arzt – jede und jeder kann sich, kann seine Fähig- keiten einbringen, anderen etwas beibringen, etwas für andere tun. So ist es durchaus üblich, dass jung von alt lernt und umgekehrt. Und so werden in gemeinsamer Arbeit kleine und große Aktionen bewältigt – ob es das traditionelle Dorffest ist oder der Dorfputz. Die Landjugend kennt und hilft einander – über Gruppen- und Ländergrenzen hinweg. Neue Mitglieder sind gern gesehen. Denn gemeinsam machen wir das Leben bunt, wie die Programme der Landjugend zeigen, in denen sich mit einer Mischung aus Sport, Spiel, Spaß, Tradition und Bildung eine enorme Abwechslung widerspiegelt. Und das Schöne an der Gemeinschaft ist: Wir sehen uns wirklich. Natürlich lassen sich auch über Internet und Onlinespiele Leute treffen, von und mit diesen etwas lernen und gemeinsam spielen, aber der direkte Kontakt bleibt verwehrt und die Spieler/innen sitzen meist allein statt gemeinsam vor dem Computer. Egal auf welche Ebene der Landjugend man schaut, Zuverlässigkeit und die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen gehören dazu. Ein Ortsgruppenvorstand muss zur Verabredung mit einem/r Geschäftspartner/in pünktlich und korrekt sein, ein Landesvorstand muss „seine“ Angestellten entsprechend führen. Da es bei der Landjugend möglich ist, schon in jungen Jahren Vorstandsmitglied zu werden, wachsen die meisten entsprechend früh in diese Rolle hinein. Steht der Landjugendnachwuchs dem Vorstand anfangs noch eher als helfende Hand zur Seite, ergibt sich schnell die Chance, selbst Verantwortung zu übernehmen. Einige Nr. 2/2011 wählen den Weg über Kreis- und Bezirksvorstände, um auf Landes- oder Bundesebene der Landjugend mitzuarbeiten, andere genießen die Gemeinsamkeit als aktives Mitglied und stärken damit die Gruppe vor Ort. Dieses Vor-Ort-Sein hat noch einen anderen Effekt. Die Weite des ländlichen Raums, die Nähe zur Natur und Landwirtschaft schärfen Blick und Bewusstsein. Ja, es stimmt, viele Lajus sind nicht mehr in den grünen Berufen tätig, aber sie sind nah dran und kommen mit ihnen in Berührung. Sei es bei der Ausrichtung eines Berufswettbewerbs, bei der Ausrichtung einer Scheunenfete oder bei Aktionen wie dem Trecker-Geschicklichkeitsfahren. Allein der Aufenthalt auf einem Bauernhof öffnet einem die Augen und weckt Interesse an und Verständnis für die Landwirtschaft. Natürlich ist bekannt, dass Milch nicht im Tetrapack wächst, aber welche/r Städter/in weiß schon, welcher Einsatz dahinter steckt? Durch die Landjugend lernt man (un)freiwillig, dass es Melkzeiten gibt, die eingehalten werden müssen, und man erlebt unmittelbar, wie wetterabhängig Erntezeiten sind. Und die Landjugendlichen aus den Grünen Berufen bekommen bei der Landjugend zusätzliches Know-how. In Arbeitskreisen und Ausschüssen fachsimpeln die jungen Leute, bilden sich fort und sich eine Meinung. Sie brauchen keine Farm-Simulatoren, das grüne Leben vor Ort lockt. Ob in der Ortsgruppe oder im Bundesvorstand – irgendwann kommt jedes Vorstandsmitglied mit Politik in Berührung. Oft geht es dabei um das liebe Geld. Ohne Moos nichts los. 4 www.landjugend.de
Nr. 2/2011 Ganz klare Sache. Jede/r weiß, wie wichtig der Zuschuss von der Gemeinde für eine Fahrt zur Partnerlandjugend ist, damit alle mitkönnen, oder für den Jugendraum, der Treffpunkt für alle ist. Aber auch die Bundeszuschüsse dürfen nicht versiegen. Jugendverbandsarbeit auf hohem Niveau braucht Unterstützung. In der virtuellen Welt stünde statt langwieriger Verhandlungen ein Eroberungsfeldzug an, um an Schätze zu kommen, doch im realen Leben scheidet das zum Glück aus. Hier handelt es sich eher um eine strategische Reise mit vielen unterschiedlichen Stationen. Angefangen bei der Lokal- und Landkreispolitik, über die Landesministerien bis hin zum Bundestag reicht die Bandbreite unserer Partner, mit denen wir als Interessenvertretung der Jugend in den ländlichen Räumen das Gespräch suchen. Denn Fakt ist: Der ländliche Raum ist Heimat für uns und soll das auch bleiben. Und dafür machen wir, macht sich der Bund der Deutschen Landjugend stark. Oftmals ist das für alle Beteiligten ein anstrengender Prozess mit nicht durchgehend zufriedenstellenden Ergebnissen, aber vielleicht auch eine Sache, die man bei der Landjugend lernt: kleine Erfolge nicht zu missachten, Ziele wie Verbandsgestaltung und Nachhaltigkeit nicht aus dem Blick zu verlieren. Ja, in den ersten zehn Jahren meiner Landjugendzeit habe ich schon einiges gelernt - angefangen beim Discofox tanzen. Zum Glück lernt man nie aus! Ich bin gespannt, was die nächsten Landjugendjahre mit sich bringen. Kathrin Funk stellv. BDL-Bundesvorsitzende Fotos: © s-eyerkaufer - iStockphoto (links) / © Burkhard Hussmann (rechts) Landjugend ist DIE Idee Von einem Paket zur „Kommunalwahl on Landtour“ Ein halbes Jahr ist für unsere neue Landjugendgruppe Burgdorf im Verband der Niedersächsischen Landjugend vergangen. Begonnen hat alles mit einem Paket während meiner Zivildienstzeit beim Landesjugendring Niedersachen. „Niedersächsische Landjugend, Warmbüchenstraße 3, 30159 Hannover“ schrieb ich auf die Paketmarke. „Landjugend ? Das bin ich auch, wer sind die denn eigentlich?“ Nach der ersten Recherche im Internet wurde mein Interesse geweckt und nach der Verbreitung der Idee unter Freunden und Bekannten, eine Ortsgruppe bei uns zu gründen, auch deren. Obwohl manch einer den Begriff „Landjugend“ für sehr altmodisch und abwertend hielt, waren sie doch ziemlich schnell überzeugt. Denn soziale Netzwerke werden nicht nur im Internet gelebt. Bisher gab es bei uns im Dorf nicht wirklich viele Freizeitangebote – nicht am Wochenende, nicht für Jugendliche. Aber zum Feiern muss man nicht immer ins 30 Minuten entfernte Hannover fahren. Was hilft es mir dort, neue Leute kennenzulernen, wenn ich die von nebenan noch nicht einmal kenne? Nachdem die Idee sich verbreitet hatte und bekannt wurde, dass es vor einigen Jahren schon einmal eine Ortsgruppe in Burgdorf gab, haben wir diese mit einem Masseneintritt wiederbelebt, alte Aktionen überdacht und neuen Wind in die Sache gebracht: Mittlerweile besteht unsere Gruppe aus 30 Landjugendlichen zwischen 16 und 23 Jahren. Warum ließen sie sich begeistern? Was machen wir als Landjugend? Wir verstehen uns nicht als Gruppe für Jugendliche aus der Landwirtschaft, sondern vielmehr als Gruppe für Jugendliche aus dem ländlichen Raum. Das Thema Agrar findet unter den Mitgliedern, von denen nur zwei einen landwirtschaftlichen Hintergrund haben, kaum Beachtung. Seit unserer Neu-Gründung haben wir ein Projekt realisiert, das sowohl eine große Außenwirkung hatte, als auch ein weiterer Grund für eine aktive Landjugendgruppe ist. Mit Unterstützung durch das Generation 2.0 Projekt des Landesjugendrings Niedersachen haben wir die „Kommunalwahl on Landtour“ gestaltet. Wir kauften einen alten Bauwagen der örtlichen Feuerwehr, renovierten diesen komplett – vom Lack bis zur Wärmedämmung – und sind damit anschließend über die Dörfer unserer Gemeinde gefahren, um mit den dort ansässigen Jugendlichen und den zuständigen Politiker/innen über die Anliegen der Jugend- Genauers Hinschauen lohnt.. lichen und die anstehende Kommunalwahl zu sprechen. Im Zuge dieses Projektes stellte sich einmal mehr heraus, wie gut es sein kann, ein echtes soziales Netzwerk zu haben. Facebook-Freunde können digital keinen Bauwagen renovieren und so einen Raum für realen Austausch schaffen, Bürgermeister/innen trifft man kaum im Chat, sie lesen kaum die Tweets der Jungwähler/innen, um auf sie einzugehen. Wir sind gespannt darauf, wie sich die Gruppe nach diesem großen Projekt weiterentwickelt. Jeder Einzelne der Gruppe konnte seine Stärken zeigen. Leute, die seit Jahren im gleichen „Kaff“ wohnen, haben sich kennengelernt und zusammengefunden. Robin Hussmann Ortsgruppe Burgdorf, Niedersachsen Nach Komplettrenovierung bewegt er (sich).. www.landjugend.de 5
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