Marcus Maeder: Ambient - Blog
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<strong>Ambient</strong><br />
voke Rhythmen des Inhaltstransfers. Bedeutungsherstellung geschieht<br />
vermehrt und verstärkt über die individuelle Imaginationskraft und<br />
Interpretationsfähigkeit des Empfängers, es ist eine Kommunikation<br />
der Auslassungen und Verkürzungen entstanden (man könnte es als<br />
kommunikationstechnologisch bedingte Metaphorizität bezeichnen –<br />
Beispiele sind E-Mail-Verkehr und SMS). Die Digitale Musik bedient<br />
sich akustischer Fragmente und Störungen als künstlerischem Mittel,<br />
man nennt das seit den 1990er Jahren kategorisierend »Clicks & Cuts« 32 ,<br />
die Wendung stammt von Achim Szepanski, der damit eine Reihe von<br />
Kompilationen seines Labels betitelt hat. Mit dem »Cut« ist der »Click«,<br />
die Störung, zum Träger einer neuen Poetik, einer vielstimmigen, mikroskopischen<br />
Klangästhetik geworden, die dem Zufall ihre Reverenz erweist.<br />
Das Verwenden von Fehlergeräuschen und medialen Fragmenten<br />
lehnt sich an Strategien der Literatur (etwa der »cut-up«-Technik von<br />
William S. Burroughs) und der modernen Kunst an, ein Beispiel findet<br />
sich mit Kurt Schwitter‘s Collage Mz 30, 39 auf Seite 108.<br />
Bedeutung wird nicht mehr nur durch die Hand des Künstlers hergestellt<br />
und vermittelt, Zusammenhang entsteht beim Rezipienten des<br />
Kunstwerks, er schafft das Werk als über seine Wahrnehmung und<br />
Imaginationskraft Involvierter mit. Umberto Eco hat ein derart konzipiertes<br />
und funktionierendes Kunstwerk in den 1960er Jahren »offenes<br />
Kunstwerk« 33 genannt, ein Begriff, welcher sich auch in der Struktur und<br />
im Erlebnisrahmen von <strong>Ambient</strong>musik angewandt sieht:<br />
»Die Poetik des ›offenen‹ Kunstwerks strebt […] danach, im Interpreten ›Akte<br />
bewusster Freiheit‹ hervorzurufen, ihn zum aktiven Zentrum eines Netzwerks<br />
von unausschöpfbaren Beziehungen zu machen, unter denen er seine Form<br />
herstellt, ohne von einer Notwendigkeit bestimmt zu sein, die ihm die definitiven<br />
Modi der Organisation des interpretierten Kunstwerks vorschriebe;« 34<br />
dazu Rolf Großmann zur Mediensituation der Clicks & Cuts im Jahr<br />
2003: »C & C können etwas, das in dieser Form nur in dieser historischen<br />
Situation möglich ist: Distanz und gleichzeitig Nähe zum Mediendispositiv<br />
vermitteln, ein nicht rein affirmatives aber dennoch sinnliches<br />
Erfahren von Medienmechanismen«. 35<br />
32 Vgl. Rolf Großmann: »Spiegelbild, Spiegel, leerer Spiegel. Zur Mediensituation der<br />
Clicks & Cuts«, in: M. Kleiner/A. Szepanski: Soundcultures, S. 52.<br />
33 Vgl. Umberto Eco: Das offene Kunstwerk, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1993, S. 27ff.<br />
34 Ebd., S. 31; Eco argumentiert hier nach Pousseur: »La nouva sensibilità musicale«, in:<br />
Incontri Musicali, Nr. 2, Mai 1958, S. 25.<br />
35 M. Kleiner/A. Szepanski: Soundcultures, S. 68.<br />
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