Marcus Maeder: Ambient - Blog
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speziell der Evolutionären Erkenntnistheorie, 13 der sexuellen Werbung<br />
und der elterlichen Fürsorge, fördert Koordination, Zusammenhalt und<br />
Kooperation in sozialen Gruppen, und sie steigert die Überlebenschancen<br />
mittels mimetischer Praktiken – viele dieser Eigenschaften hat sie<br />
bis heute beibehalten.<br />
Zentral hierbei ist das musikalische Verhältnis zwischen Subjekt und<br />
Umwelt: Diese wurde schon in prähistorischen, musikalisch strukturierten<br />
Zeremonien analogistisch, mimetisch und ästhetisch beschworen,<br />
um sie in einem immersiven Setup verstehen und bewältigen zu können.<br />
Dafür gibt es ganz frühe Zeugen, etwa Höhlenmalereien, die zumeist<br />
auch in akustisch wirksamen Räumen von Höhlensystemen angelegt<br />
wurden. Vieles weist auf Bestrebungen hin, möglichst hohe Grade der<br />
Immersion, der Verstärkung einer audio-visuell simulierten Umwelt zu<br />
erzeugen. Hanns-Werner Heister nennt solche Handlungen gemeinsam<br />
mit ihrem Begriffsschöpfer Georg Knepler 14 »Mimetische Zeremonie«:<br />
»Sie ist einer der zentralen gesellschaftlichen Orte, an dem das Ästhetische<br />
konzentriert auftritt. Sie ist damit zugleich historisch-systematisch ein Entstehungsort<br />
der Kunst und sie ist ›Gesamtkunstwerk‹ lange vor der Entstehung<br />
von Einzelkünsten oder gar Kunst im neuzeitlichen Sinn.« 15<br />
Und weiter:<br />
<strong>Ambient</strong><br />
»Der übergreifende Zweck ist, eben als Mimesis, die Darstellung der Realität,<br />
gleichviel ob abstrahierend-stilisierend oder naturalistisch-›nachahmend‹. Sie<br />
existiert im Modus des Imaginär-Realen, eines spezifischen Als-Ob: imaginär,<br />
insofern sich die Aneignung der Wirklichkeit ästhetisch und nicht praktisch<br />
vollzieht, real, insofern diese Wirklichkeit sinnlich-gegenwärtig, fühlbar und<br />
fassbar wird.« 16<br />
Mimetische Zeremonien ziehen sich als roter Faden menschlicher Immersions-<br />
und Immanenzbestrebungen von Ritualen früher Stammeskulturen<br />
(vielerorts klanglich dominiert, denn Erfahrungsräume vieler<br />
13 Konrad Lorenz hat auf die Koevolution von »Natur und Kultur«, auf das Zusammenspiel<br />
genetischer und zivilisatorischer Einflüsse im Erkenntnisvermögen des Menschen<br />
hingewiesen, vgl. hierzu: Konrad Lorenz: Die Rückseite des Spiegels – Versuch<br />
einer Naturgeschichte menschlichen Erkennens, München: dtv 1977, und weiter:<br />
Gerhard Vollmer: Biophilosophie, Stuttgart: Reclam 1995.<br />
14 Vgl. Georg Knepler: Geschichte als Weg zum Musikverständnis. Zur Theorie, Methode<br />
und Geschichte der Musikgeschichtsschreibung, Leipzig: Reclam 1982, S. 261f.<br />
15 Hanns-Werner Heister: »Mimetische Zeremonie – Gesamtkunstwerk und alle Sinne.<br />
Aspekte eines Konzepts«, in: Hanns-Werner Heister (Hg.), Mimetische Zeremonien<br />
– Musik als Spiel, Ritual, Kunst, Berlin: Weidler Buchverlag 2007, S. 143.<br />
16 Ebd., S. 143ff.<br />
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