Marcus Maeder: Ambient - Blog
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Die Tonaufnahme vertieft die akustische Wahrnehmung und Erschließung<br />
der Umwelt, sie erweitert unser Wissen über diese und macht die<br />
Dokumentation ihrer Erscheinungsformen ortsunabhängig zugänglich.<br />
Dabei ist aber nicht zu vergessen, dass dieses Bild der Wirklichkeit<br />
ein von Wissenschaft und Technologie und unserer Imaginationskraft<br />
erzeugtes ist, keinesfalls ein neutrales, »realistisches«. Vilém Flusser<br />
schreibt in seiner Philosophie der Fotografie über das technische Bild<br />
Folgendes, das sicherlich auch auf die Tonaufnahme zutrifft:<br />
»Das technische Bild ist ein von Apparaten erzeugtes Bild. Da Apparate ihrerseits<br />
Produkte angewandter wissenschaftlicher Texte sind, handelt es sich bei<br />
den technischen Bildern um indirekte Erzeugnisse wissenschaftlicher Texte.<br />
[…] Sie sind Metacodes von Texten, die, […] nicht die Welt dort draußen<br />
bedeuten, sondern Texte. Die Imagination, die sie herstellt, ist die Fähigkeit,<br />
Begriffe aus Texten in Bilder umzucodieren; und wenn wir sie betrachten,<br />
sehen wir neuartig verschlüsselte Begriffe von der Welt dort draußen.« 46<br />
Frank Hartmann zur heutigen Situation im Buch Soundcultures – Über<br />
elektronische und digitale Musik:<br />
»Medien im fortgeschrittenen Zustand ihrer Entwicklung beziehen sich nicht<br />
mehr auf ›die Welt‹ mit dem Anspruch, diese zu repräsentieren, vielmehr wird<br />
Neues generiert und Wirklichkeit anders gesehen. Vor allem computerisierte<br />
Medien sind es, die eine scharfe Trennung zwischen Natur und Kultur hinter<br />
sich lassen und eine Informationsästhetik erzeugen, die auf den realen Referenzhintergrund<br />
sinnlich gegebener Wirklichkeit nicht mehr angewiesen<br />
ist.« 47<br />
Er folgert:<br />
<strong>Ambient</strong><br />
»Diese Medienwirklichkeit – erzeugt vom fotografischen, filmischen oder<br />
elektronischen Apparat – ist nicht als Reproduktion oder Repräsentation von<br />
Wirklichkeit entstanden, sondern als eine Fortsetzung der Umformung und<br />
Durchdringung von Wirklichkeit, die mit der Fotografie begonnen hat. Dies<br />
haben die jüngsten Bilder mit den ältesten Bildern der menschlichen Kultur<br />
gemein: Symbole sind entstanden als Instrumente der Beherrschung der äußeren<br />
Wirklichkeit.« 48<br />
46 Vilém Flusser: Für eine Philosophie der Fotografie, Göttingen: European Photography<br />
1983, S. 13/14.<br />
47 Frank Hartmann: »Instant Awareness. Eine medientheoretische Exploration mit<br />
McLuhan«, in: M. Kleiner/A. Szepanski, Soundcultures, S. 37.<br />
48 Ebd., S. 43.<br />
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