Marcus Maeder: Ambient - Blog
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<strong>Ambient</strong><br />
Drones, Patterns, Loops: Musique d’ameublement<br />
Weiterer Bestandteil einer Vielzahl von <strong>Ambient</strong>-Musikstücken ist eine<br />
Art Dauerton, das »Drone«. Meistens siedeln sich Drones im unteren<br />
Frequenzspektrum (d. h. dem Bassbreich) der Klänge an, daher ihr<br />
Name: Er entspringt im Englischen der Drohne, der männlichen Biene,<br />
respektive ihrem Brummen; im Deutschen entspricht er dem »Dröhnen«.<br />
Dröhnen ist ein künstlerisches Element in einer Vielzahl von Stücken<br />
des direkten Vorläufers der Digitalen Musik, des »Industrial«.<br />
Das Drone oder der Bordun (v. franz. Bourdon, ital. Bordone:<br />
»Brummbass«) findet sich in Europa bereits in der mittelalterlichen Folklore.<br />
Jeder Leierkasten oder Dudelsack erzeugt einen Bordun, einen<br />
tiefen Grundton oder eine Quint, auf dem die weiteren, meist improvisierten<br />
Tonfolgen aufbauen.<br />
In der europäischen Kunstmusik kam der Bordun bis zum Beginn der<br />
Moderne fast nie zum Einsatz, da er weniger eine Erzählung, eine narrative<br />
Abfolge von Klängen aufbaut, als vielmehr eine Art klingenden<br />
Zustand herstellt. Man findet ihn auch in der klassischen indischen Musik,<br />
wo er mit dem Tanpura unter die Improvisationen der Einzelinstrumente<br />
gelegt wird, eine Klangästhetik, die sich in einer Vielzahl von New<br />
Age- und Esoterik-Musikproduktionen reproduziert sieht. Interessant<br />
am Bordun ist seine Fähigkeit, zeitliches Empfinden aufzuheben und<br />
ein Verweilen im Moment zu suggerieren, das macht ihn wohl auch für<br />
jede Form von sakraler und meditativer Musik attraktiv. Der Bordun<br />
schafft in <strong>Ambient</strong>situationen einen klanglichen Hintergrund, einen<br />
»getunten« Klangraum; er lädt den Raum mit einer Art Grundspannung<br />
auf und differenziert ihn auf diese Weise von alltäglichen Räumen und<br />
Situationen, er macht ihn zum quasi-sakralen Ort.<br />
Dem Bordun ähnliche Klänge zeigten sich im 19. Jahrhundert in der<br />
Klangmusik der Spätromantik und des Impressionismus, die beiden<br />
Ansätze unterschieden sich aber radikal: Während Richard Wagner mittels<br />
»unendlicher Melodie« eine musikalische Erzählung sich bis zum<br />
Showdown aufschwingen ließ, ging es den beiden jüngeren Komponisten<br />
Claude Debussy und Erik Satie um »Mood Music« – um narrationslose<br />
Klänge, die eine gewisse Stimmung erzeugen oder wiedergeben<br />
sollten. Beide faszinierte ein indonesisches Gamelan-Orchester, das an<br />
der Weltausstellung 1889 auftrat und dessen Musik sich aus »Patterns«,<br />
Mustern, die sich wiederholen und einen gleichmäßigen, musikalischen<br />
Fluss erzeugen, auszeichnete. Satie experimentierte in der Folge mit Reihung<br />
und Baukastenprinzip:<br />
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