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Marcus Maeder: Ambient - Blog

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den künstlerischen Avantgarden zur Kunst erklärt: »Russolo’s experiments<br />

mark a flash point in the history of aural perception, a reversal of<br />

figure and ground, a substitution of garbage for beauty.« 28<br />

Rauschen<br />

Als omnipräsentes Element im »Assoziationshof« von <strong>Ambient</strong> findet<br />

sich Rauschen. Es ist einerseits das paradigmatische Geräusch einer von<br />

technischen, medialen Kakophonien umgebenen Gesellschaft, andererseits<br />

besteht unser Wahrnehmungshorizont, Uexkülls fernste Ebene, aus<br />

Rauschen, welches als begriffliche Haut das Unfassbare vom Erfassbaren<br />

trennt. Der Physiker Heinz Bittel charakterisierte Rauschen in den<br />

1970er Jahren so:<br />

»Das Rauschen wird vielfach in erster Linie als etwas Störendes betrachtet.<br />

Bestimmt es doch die äußerstenfalls erreichbare Genauigkeit jeder Art von<br />

Messung […]. Man sollte dabei aber nicht vergessen, dass sich im Rauschen<br />

die Abweichungen des wirklichen Geschehens von den Gesetzmäßigkeiten<br />

der klassischen Physik offenbaren und es deshalb auch möglich ist, aus dem<br />

Rauschen etwas über atomare Vorgänge zu erfahren.« 29<br />

Alle Aussagen über Rauschen können nur statistischer und theoretischer<br />

Art sein, Rauschen ist der Moment, wo Zeichen nicht mehr individuiert<br />

und interpretiert werden können, wo sie sich in der Vielheit, Zufälligkeit<br />

oder Ferne ihres Auftretens auflösen. Rauschen ist, was jenseits unserer<br />

Wahrnehmung, unseres Verstehens liegt,<br />

»doch als bewusst von Menschen in die Strukturen von (Pop-)Musik integriertes<br />

Element wird das Rauschen den Produzenten wie Rezipienten zum Code,<br />

zu einem sinnvollen Unsinn, der für die Wahrnehmung der unübersichtlich<br />

erscheinenden Umwelt steht. Rauschen wird aber nicht negativ als Störung<br />

erfahren, sondern es steht stellvertretend für eine hyperkomplexe Umwelt,<br />

deren Zuviel nicht als beängstigend, sondern als lustvoll erfahren wird«,<br />

so Kristian Kißling. 30<br />

<strong>Ambient</strong><br />

28 Ebd., S. 111.<br />

29 Heinz Bittel/Leo Storm: Rauschen. Eine Einführung zum Verständnis elektrischer<br />

Schwankungserscheinungen, Berlin/Heidelberg/New York: Springer Verlag 1971,<br />

S. 2.<br />

30 Kristian Kißling: »Unsinn lesen, Unsinn hören. Rauschen im Grafikdesign und in<br />

der Popmusik«, in: Andreas Hiepko/Katja Stopka (Hg.), Rauschen. Seine Phänomenologie<br />

und Semantik zwischen Sinn und Störung, Würzburg: Königshausen &<br />

Neumann 2001, S. 203.<br />

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