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Technisierung oder technische Verbesserung des Menschen?

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Leistungssteigerung im Sinne <strong>des</strong> Verbesserns (enhancement). 19 Dazwischen gibt<br />

es einen Bereich, in dem die Erhöhung der Erektionsdauer sich noch einem 'üblichen'<br />

Rahmen bewegt, individuell aber eine <strong>Verbesserung</strong> darstellt. Dies wäre dann<br />

eine Art 'Doping' zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in diesem speziellen Bereich.<br />

Dies macht klar, dass die Zuschreibungen 'Heilung', 'Doping' und '<strong>Verbesserung</strong>'<br />

von Deutungen der jeweiligen Situation und insbesondere von dem abhängt,<br />

was jeweils unter 'üblich' verstanden wird.<br />

Die vierte Kategorie, das 'Verändern' der menschlichen Eigenschaften, geht über ein<br />

Verbessern bereits vorhandener Eigenschaften im Sinne einer 'Leistungssteigerungsgesellschaft'<br />

(Coenen 2008b, vgl. auch Kap. 9.7.2) hinaus:<br />

Das grundsätzlich Neue an den erwähnten Vorstellungen der <strong>Verbesserung</strong> <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong><br />

besteht darin, dass es nicht mehr um eine Steigerung körpereigener Funktionen<br />

und Leistungen geht, sondern um die Nachahmung von Leistungen nicht menschlicher<br />

Wesen bzw. Geräte (Siep 2006, S. 311).<br />

Während für das <strong>technische</strong> Verbessern eine technomorphe Beschreibung <strong>des</strong> Ausgangszustan<strong>des</strong><br />

notwendig ist, von dem ausgehend verbessert wird (Kap. 9.3.3),<br />

haben Veränderungen kein Vorbild im natürlichen menschlichen Organismus: "This<br />

means adding new features to brain functions (brain to brain interface, web access,<br />

etc.) through technological means unknown so far" (Jotterand 2008, S. 18). Auch<br />

wenn das 'Verändern' häufig im Zentrum der Überlegungen zum 'Enhancement' steht<br />

und sich dafür anbietet, weil es die am weitesten reichenden Herausforderungen verspricht<br />

<strong>oder</strong> mit ihnen droht, sei dieser Fall in diesem Kapitel aufgrund der völlig spekulativen<br />

und daher nahezu beliebigen Überlegungen nicht eigens betrachtet. Viele<br />

der ethischen (<strong>oder</strong> 'prä-ethischen', z.B. anthropologischen) Aspekte <strong>des</strong> 'Veränderns'<br />

dürften jedoch mit denen eines 'Verbesserns' übereinstimmen.<br />

Die Grenzen zwischen diesen vier Kategorien sind erkennbar deutungsabhängig und<br />

können umstritten sein. Auch wenn diese Grenzen also nicht auf der Objektebene<br />

ontologisiert werden dürfen, haben sie auf die ethische Debatte einen entscheidenden<br />

Einfluss, weil je andere normative Rahmen involviert sind: im Falle <strong>des</strong> Heilens<br />

die Medizinethik, im Falle <strong>des</strong> Doping Fairnessgebote und Risikoüberlegungen, im<br />

Falle <strong>des</strong> Verbesserns jedoch weitgehen<strong>des</strong> normatives Neuland (dazu Kap. 9.5),<br />

genauso wie im Fall <strong>des</strong> Veränderns.<br />

9.3.3 Semantik <strong>des</strong> <strong>technische</strong>n Verbesserns<br />

Ingenieure wissen sehr gut, was eine <strong>technische</strong> <strong>Verbesserung</strong> ist. Jede Technik ist<br />

durch bestimmte Parameter beschrieben, zu denen auch die Leistungsmerkmale gehören.<br />

<strong>Verbesserung</strong> würde bedeuten, eines <strong>oder</strong> mehrere der bereits erreichten<br />

Leistungsmerkmale zu verbessern, nach gängigen Standards der Technik wie z.B.<br />

Motorleistung, Wirkungsgrad, Lebensdauer <strong>oder</strong> Preis. Diese Redeweise setzt voraus,<br />

dass die notwendig zu bestimmende Ausgangssituation der <strong>Verbesserung</strong> (s.o.)<br />

selbst technisch beschrieben werden kann. Die Rede von einer <strong>technische</strong>n <strong>Verbesserung</strong><br />

ist begrifflich nicht ohne eine technomorphe Beschreibung der Ausgangssituation<br />

möglich. Kriterien und Richtung der <strong>Verbesserung</strong> ergeben sich dann durch<br />

Festlegung relativ zu der technomorph bestimmten Ausgangssituation. In der Regel<br />

19 Inwieweit diese '<strong>Verbesserung</strong>' eine Verschlechterung in anderen Hinsichten darstellt, vielleicht<br />

gar das 'Wesen' von Erotik, die nicht-<strong>technische</strong> Verfügbarkeit der Erektion in Gefahr bringt, sei<br />

hier nicht weiter verfolgt.<br />

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