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Technisierung oder technische Verbesserung des Menschen?

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In den obigen Ausführungen ging es vor allem um das Dürfen anhand der Frage, ob<br />

die <strong>technische</strong> <strong>Verbesserung</strong> <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong> moralisch erlaubt sei. Die ethische Frage<br />

kann aber auch in verschärfter Form als Frage nach dem Sollen gestellt werden:<br />

könnte es nicht sogar sein, dass wir zu einer <strong>Verbesserung</strong> <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong> verpflichtet<br />

sind? Könnte die <strong>Verbesserung</strong> vielleicht <strong>des</strong>wegen ethisch sogar geboten sein,<br />

weil durch die <strong>Verbesserung</strong> menschliches Leid gelindert würde, weil große Probleme<br />

gelöst werden könnte, weil erheblich mehr Lebensqualität möglich würde etc.? Ist<br />

die <strong>Verbesserung</strong> <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong> nicht aus ganz ähnlichen Gründen geboten wie die<br />

medizinische Hilfe im Falle von Krankheiten? Müssen wir uns nicht vielleicht <strong>des</strong>wegen<br />

technisch verbessern, um evolutionär angesichts <strong>des</strong> Raubbaus an den natürlichen<br />

Lebensgrundlagen und der weiter steigenden Erdbevölkerung das Überleben<br />

der menschlichen Zivilisation zu sichern?<br />

Diese Frage nach dem Sollen einer <strong>Verbesserung</strong> <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong> wurden bislang<br />

negativ beantwortet (Siep 2006), und zwar vor allem mit Unsicherheitsargumenten<br />

auf zwei Seiten: so sei einerseits angesichts der Unsicherheiten die Erreichung der<br />

mit einem Sollen verbundenen Ziele höchst unsicher, und andererseits könne es zu<br />

erheblichen Probleme mit nicht intendierten Folgen, z.B. im Hinblick auf Verteilungsgerechtigkeit<br />

(s.o.) kommen. Eine nur unsichere Zielerreichung in Verbindung mit<br />

möglichen nicht intendierten und nicht erwünschten Folgen rechtfertigen kein Sollen<br />

(ebd.).<br />

Diese Argumentation ist für den Moment sicher schlüssig. Vor allem hat noch niemand<br />

klare und nachvollziehbare Zwecke angegeben, für die man <strong>Menschen</strong> technisch<br />

verbessern solle. Angesichts der involvierten Unsicherheit kann dies jedoch nur<br />

eine vorläufige Antwort auf die Frage nach einem Sollen sein. So könnten besondere<br />

Anforderungen bestimmter Berufsgruppen einen normativen Hintergrund für ein Sollen<br />

<strong>technische</strong>r <strong>Verbesserung</strong>en in eng begrenzten Bereichen abgeben. Wenn es<br />

jedoch der Fall wäre, "that we want our firefighters stronger, aircraft pilots with clearer<br />

sight, and our researchers smarter, yet we want our athlets to play fair" (Williams/Frankel<br />

2006, S. 10), dann würden sich Fragen nach den Kriterien stellen, unter<br />

denen zu entscheiden wäre, wer verbessert werden soll und wer nicht. Auch dieses<br />

wäre wiederum eine normative Unsicherheit mit ethischem Beratungsbedarf.<br />

Wissenschaftliche Agenda<br />

Eine Grundsatzherausforderung jeglicher Ethik der Wissenschaft besteht, obwohl sie<br />

kaum einmal gestellt geschweige denn ernsthaft behandelt, wird, darin, die Agendasetzung<br />

der Wissenschaften kritisch zu begleiten. Wissenschaft als gesellschaftliches<br />

Teilsystem (Luhmann 1990) betreibt zu einem großen Teil die Festlegung ihrer weiteren<br />

Agenda aus sich selbst heraus. Teils wird dieser Prozess durch Einflussnahmen<br />

der Förderer der Forschung im öffentlichen Bereich (so im Rahmen der forschungspolitischen<br />

Vorgaben für die Forschung der Helmholtz-Gemeinschaft) <strong>oder</strong> von Drittmittelgebern<br />

ergänzt bzw. in einigen Bereichen auch dominiert. Angesichts begrenzter<br />

finanzieller und personeller Ressourcen der Wissenschaften kommt der Ressourcenallokation<br />

eine besondere Bedeutung zu. Diese wiederum hängt zumin<strong>des</strong>t auch<br />

von normativen Kriterien wie z.B. der Dringlichkeit von wissenschaftlich zu lösenden<br />

Problemen ab. Jede Entscheidung in diesem Bereich ist immer auch eine beurteilende<br />

Entscheidung unter normativen Kriterien. Welchen Stellenwert eine <strong>technische</strong><br />

<strong>Verbesserung</strong> <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong> auf dieser Agenda zukünftig haben soll, angesichts<br />

existenzieller Probleme in der Welt wie Ernährungssituation, Klimawandel <strong>oder</strong> Roh-<br />

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