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Technisierung oder technische Verbesserung des Menschen?

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Zu den visionären Ideen zur Zukunft von neuroelektrischen Schnittstellen gehört, mit<br />

einer künstlichen Hand Klavier zu spielen, als Querschnittgelähmter wieder Fußball<br />

zu spielen <strong>oder</strong> Fremdsprachenwissen auf einem Chip in das Gehirn einzupflanzen<br />

(Hennen et al. 2007). Einige Zukunftsszenarien betrachten die Möglichkeit, verloren<br />

gegangene Hirnfunktionen bei degenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer<br />

durch <strong>technische</strong> Chips technisch ausgleichen zu können. Ein künstlicher Hippocampus<br />

– der natürliche Hippocampus empfängt und verarbeitet die verschiedenen Sinneseindrücke,<br />

leitet Informationen weiter und stellt den Übergang vom Kurzzeit- ins<br />

Langzeitgedächtnis sicher – würde einen ausgefallenen Hirnbereich durch ein <strong>technische</strong>s<br />

Implantat ('Hirnchip') ersetzen. Solange es darum geht, o.g. Krankheiten zu<br />

heilen <strong>oder</strong> ein verloren gegangenes Gedächtnis zu restituieren, finden diese Entwicklungen<br />

auch mit futuristisch anmutenden Möglichkeiten im Rahmen <strong>des</strong> klassischen<br />

medizinischen Ethos statt – allerdings können hier nahtlos Ideen zu einer<br />

'<strong>technische</strong>n <strong>Verbesserung</strong>' angeschlossen werden (Kap. 9.2).<br />

9.1.3 Die Rolle der Nanotechnologie<br />

Zu den klassischen Feldern, in denen von der Nanotechnologie revolutionäre Fortschritte<br />

erwartet werden, gehören die hier diskutierten neuroelektrischen Schnittstellen,<br />

vor allem in Form der Neuro-Implantate (Fiedeler 2008). Getrieben von der Idee<br />

der konvergierenden Technologien (Roco/Bainbridge 2002) erscheint die Aussicht<br />

verlockend, gemäß dem Leitmotiv der Nanotechnologie 'Atom für Atom' (NNI 1999)<br />

die Prozesse in Nervenfasern zu verstehen, informations<strong>technische</strong> Prozesse ebenfalls<br />

'Atom für Atom' zu entwerfen und dann an der Schnittstelle zwischen Nervensystem<br />

und <strong>technische</strong>n Systemen die Informationen von der einen Seite gemäß dem<br />

Leitmotiv der Nanotechnologie 'Atom für Atom' auf die andere Seite zu übertragen,<br />

nach einem festgelegten Protokoll, so dass alle semantischen Ebenen übertragen<br />

werden können.<br />

Mag diese Vision auch im Hintergrund weiterhin ihre Wirkung entfalten, so ist zunächst<br />

festzuhalten, dass neuroelektrische Schnittstellen von sich aus nicht der Nanotechnologie<br />

bedürfen. So arbeitet das EEG in der Messung von elektrischen Hirnaktivitäten<br />

ohne Nanotechnologie. Allerdings eröffnet Nanotechnologie erheblich weitergehende<br />

Möglichkeiten:<br />

• durch weitere Verkleinerung werden die Implantate leichter einsetzbar. Wenn<br />

es um die Ersetzung von Sinnesorganen <strong>oder</strong> um ihre <strong>technische</strong> Unterstützung<br />

geht, dürfen die implantierten <strong>technische</strong>n Artefakte nicht zu groß sein.<br />

Für Cochlea- und Retina-Implantate ist die weitere Verkleinerung – wobei ab<br />

einem gewissen Stadium die Nanotechnologie ins Spiel kommt – ein wichtiges<br />

Ziel;<br />

• durch die Verkleinerung wird auch die zielgenaue Ansteuerung von Nervenfasern<br />

für Stimulationen möglich, wodurch die Reiz/Reaktionsschemata differenzierter<br />

gestaltet werden können;<br />

• durch die weitere Miniaturisierung können elektronische Prozessoren auf noch<br />

kleinerem Raum energieeffiziente und hochleistungsfähige Rechenkapazität<br />

bieten <strong>oder</strong> auf gleichem Platz komplexere Rechnungen durchführen und<br />

mehr Informationen parallel empfangen und verarbeiten;<br />

• es können Materialien, Beschichtungen <strong>oder</strong> Analyse- und Prozesstechniken<br />

realisiert werden, die Implantate mit neuen Eigenschaften und Funktionen er-<br />

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