19.07.2013 Aufrufe

hbsc/18 - Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und ...

hbsc/18 - Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und ...

hbsc/18 - Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ebenso hochspezifischen Programm begegnen könnte, sondern es tritt vielmehr in jedem<br />

Funktionssystem in jeweils spezifischer Gestalt <strong>und</strong> Eigenart auf. Letztlich geht es dabei<br />

immer um den Zugang zu jeweiligen funktionssystemspezifischen Ressourcen, seien diese<br />

ökonomischer, rechtlicher, politischer, qualifikatorischer oder etwa auch ges<strong>und</strong>heitlicher Art.<br />

Alle diese Ungleichheiten folgen einer jeweils eigenen Differenzierungslogik <strong>und</strong> müssen klar<br />

unterschieden werden. Das heißt auch, dass die Mechanismen, die Ungleichheit erzeugen,<br />

nicht strukturell aneinander gekoppelt sind, so dass aus der Ungleichheit in einem<br />

zwangsläufig Ungleichheit in einem anderen System folgt, wenn man auch bei bestimmten<br />

Populationen Häufungen beobachten kann.<br />

Alle Ungleichheiten bzw. die sie erzeugenden Verteilungsmechanismen haben aber dieses<br />

gemeinsam, dass sie konkreten Individuen Ressourcen entweder zukommen lassen oder<br />

versagen. Sie spielen daher an der Schnittstelle Individuum/Gesellschaft eine zentrale Rolle,<br />

da sie die Möglichkeiten bedingen, wie weit Individuen Ressourcen zur Lebensbewältigung<br />

verfügbar haben <strong>und</strong> Lebensinteressen realisieren können. Sie alle stehen daher zunächst<br />

im Verdacht, die Ges<strong>und</strong>heit der Individuen positiv oder negativ zu beeinflussen.<br />

Gerade weil Gleichheit/Ungleichheit ein so basales Differenzierungsschema der modernen<br />

Gesellschaft darstellt, das Zugangsbedingungen formuliert, ist es wiederum nicht leicht, die<br />

Vielfalt der konkreten Phänomene durch plausible wissenschaftliche Konzepte zu erfassen.<br />

In der Soziologie gibt es daher unterschiedliche Zugänge zur Beschreibung von<br />

Ungleichheit. Das einfachste <strong>und</strong> gebräuchlichste Konzept ist dabei sicher jenes der<br />

sozioökonomischen Ungleichheit, welches Unterschiede des Einkommens, der Bildung <strong>und</strong><br />

des Berufsstatus berücksichtigt.<br />

Der empirische Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Ungleichheit <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsindikatoren, insbesondere der Morbidität <strong>und</strong> Mortalität ist ausgezeichnet <strong>und</strong><br />

vielfach in der wissenschaftlichen Literatur dokumentiert. Diesbezügliche Forschungen<br />

begannen bereits im vorigen Jahrh<strong>und</strong>ert. 6 Sie alle zeigen über die Zeit <strong>und</strong> <strong>für</strong> eine Vielfalt<br />

von Ländern, dass eine Person mit geringem sozioökonomischen Status mit weit größerer<br />

Wahrscheinlichkeit krank wird <strong>und</strong> früher sterben wird, als eine Person mit hohem<br />

sozioökonomischen Status.<br />

Dabei spielt nicht nur der reale Nullpunkt, also die tatsächlichen Entbehrungen <strong>und</strong><br />

Belastungen der unteren Schichten eine Rolle, sondern, wie neuere Forschungen zeigen<br />

(Wilkinson 1986), mehr noch die Größe des Unterschieds zwischen den Schichten. Das<br />

Interesse der Forschung gilt daher verstärkt der „Ungleichheitsschere“. Für England wurde<br />

gezeigt, dass sich die Ungleichheitsschere in einem Zeitraum von vierzig Jahren (1931-<br />

1971) immer weiter öffnete, dass aber dennoch die durchschnittliche Lebenserwartung<br />

6 Für eine frühe <strong>und</strong> umfangreiche deutsche Arbeit siehe z.B. (Mosse, Tugendreich et al. 1981), Orig. 1913.<br />

31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!