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Art. 27 ZGB

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Aebi-Müller <strong>ZGB</strong> I WS 2005/2006<br />

7. Gegendarstellung<br />

(Vorlesungswoche 9)<br />

Unhygienischer Salat II<br />

Am Samstag, 7. Oktober 2005, findet sich auf dem Kioskaushang der lokalen Luzerner<br />

Tageszeitung X die Schlagzeile «„B“: Unhaltbare hygienische Zustände!» Am gleichen Tag<br />

erscheint in der genannten Zeitung ein Bericht über die in verschiedenen Restaurants der Stadt<br />

und Umgebung Luzern durchgeführten Kontrollen des Lebensmittelinspektors. Hervorgehoben<br />

(und namentlich genannt) wird dabei allerdings einzig der renommierte Nobelbetrieb<br />

„B“, wo der Lebensmittelinspektor die hygienischen Verhältnisse kritisiert habe. Der <strong>Art</strong>ikel,<br />

der etwa eine halbe Seite in Anspruch nimmt, trägt die Überschrift: «Unhaltbare Zustände im<br />

„B“. Lebensmittelinspektor ist entsetzt». In der Mitte der Seite prangt sodann ein grosses Bild<br />

eines Salattellers. Als Untertitel steht dazu geschrieben: «Essen im „B“ kann ihre Gesundheit<br />

gefährden...» Die Vorwürfe des Lebensmittelinspektors werden im Begleitartikel nicht im<br />

Einzelnen ausgeführt. Zusammenfassend lässt sich dem Bericht etwa Folgendes entnehmen:<br />

Dem Restaurantinhaber Franz Kocher sei anlässlich der Routinekontrolle des Lebensmittelinspektors<br />

ein Verweis wegen der mangelhaften hygienischen Verhältnisse erteilt worden. Es<br />

sei unklar, ob deshalb für die Gäste des Restaurants je die konkrete Gefahr einer Lebensmittelvergiftung<br />

bestanden habe.<br />

Mit Einschreiben vom Freitag, <strong>27</strong>. Oktober 2005, teilt Franz Kocher dem Verlag der Zeitung<br />

X mit, er verlange die gehörige Publikation einer Gegendarstellung inklusive Affiche und Foto.<br />

Auf dem Kioskaushang soll stehen: «Gegendarstellung: Das „B“ kann weiterhin empfohlen<br />

werden!» Im Gegendarstellungstext wird sinngemäss folgendes ausgeführt: Die Routinekontrolle<br />

des Lebensmittelinspektors habe bei 70 % der untersuchten Betriebe grössere oder<br />

kleinere Mängel ergeben, was eher auf die äusserst restriktiven Gesetzesbestimmungen und<br />

weniger auf die mangelhaften Hygieneverhältnisse in Luzerner Lokalen zurückzuführen sei.<br />

Im „B“ sei einzig gerügt worden, dass die Kühlgeräte die vorgeschriebene Lagertemperatur<br />

für Fleisch im Zeitpunkt der Kontrolle wegen eines Defekts der Temperaturanzeige um wenige<br />

Grad Celsius überschritten hätten, was jedoch angesichts des starken Umlaufs − das<br />

Fleisch werde im Durchschnitt alle zwei Tage ausgewechselt − nicht zu konkreten Problemen<br />

geführt habe und zwischenzeitlich bereits korrigiert worden sei. Im übrigen sei der Betrieb als<br />

einwandfrei und vorbildlich qualifiziert worden. Als Gegendarstellung zur Fotografie des<br />

Salattellers verlangt Kocher den Abdruck desselben Bildes, diesmal mit dem Untertitel:<br />

«Entwarnung: Im „B“ erwartet Sie Essen in einwandfreier Qualität.» Zudem legt Kocher Wert<br />

darauf, dass die Gegendarstellung auch in der Online-Ausgabe der Zeitung X publik gemacht<br />

und der Ausgangsartikel mit der Gegendarstellung verlinkt wird.<br />

Eine Woche später druckt die Zeitung X den leicht gekürzten Text von Kocher als Leserbrief<br />

ab. Auf die weiteren Begehren von Franz Kocher geht sie nicht ein.<br />

Kocher ruft das Gericht an. Der Verlag der Zeitung X macht im Verfahren geltend, nachdem<br />

der Leserbrief abgedruckt worden sei, sei das Begehren um Gegendarstellung rechtsmissbräuchlich.<br />

Zudem sei es ohnehin verspätet beim Verlag eingetroffen. Schliesslich seien<br />

weder Kioskaushang noch Online-Zeitungen gegendarstellungsfähig.<br />

Wie beurteilen Sie die Rechtslage?<br />

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