Vor Ort - Mieterberatung Prenzlauer Berg GmbH in Berlin
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Heimatgeschichte<br />
©Kommunaler Museumsverbund Pankow<br />
Anfang 1987 wurde die Koksfabrik an der <strong>Prenzlauer</strong> Allee gesprengt, während parallel das Planetarium entstand.<br />
Blick <strong>in</strong> die Sterne<br />
Aus der Geschichte des Planetariums <strong>in</strong> <strong>Prenzlauer</strong> <strong>Berg</strong> Von Hartmut Seefeld<br />
Der Stilbruch ist so offensichtlich wie<br />
gewollt. Wer auf der <strong>Prenzlauer</strong> Allee<br />
entlang der Gründerzeitkulisse gen<br />
Norden fährt, dem öffnet sich kurz vor<br />
der Brücke über die R<strong>in</strong>gbahn auf der<br />
rechten Seite e<strong>in</strong> überraschender<br />
Blick. E<strong>in</strong>e futuristisch anmutende<br />
Kuppel thront auf e<strong>in</strong>em rundlichen<br />
Gebäude, das e<strong>in</strong> Stück weit zurückgesetzt<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Park steht. Es<br />
ist das Zeiss-Großplanetarium, e<strong>in</strong>es<br />
jener wenigen Bauten der späten DDR<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, dem bis heute die allgeme<strong>in</strong>e<br />
Anerkennung nicht verweigert<br />
wird. Dabei steht der Prestigebau auf<br />
<strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sicht hochbelastetem<br />
Grund und Boden. Knapp e<strong>in</strong>hundert<br />
Jahre lang gehörte das Areal zur<br />
IV. Berl<strong>in</strong>er Gasanstalt. Gewaltige<br />
Gasometer prägten hier die Silhouette.<br />
Anfang Mai 1981 wurde das Werk<br />
stillgelegt. Während auf dem östlichen<br />
Teil des Geländes nahe der Greifswalder<br />
Straße e<strong>in</strong> Wohngebiet, der<br />
Thälmannpark, entstand, wurden im<br />
mittleren und westlichen Teil Infrastrukture<strong>in</strong>richtungen<br />
gebaut – e<strong>in</strong>e<br />
Schule, e<strong>in</strong>e Schwimmhalle, e<strong>in</strong> Spielplatz,<br />
e<strong>in</strong>e Sporthalle, e<strong>in</strong>e Grünanlage<br />
und eben das Planetarium. Doch<br />
der Preis für diesen Standort war<br />
hoch, mussten nicht nur die verbliebenen<br />
Gasometer dafür weichen, auch<br />
der Boden des Gaswerks war und<br />
blieb damals hochgradig kontam<strong>in</strong>iert.<br />
Die Sprengung der Gasometer<br />
Ende Juli 1984 erfolgte gegen e<strong>in</strong>en<br />
für DDR-Verhältnisse außergewöhnlich<br />
umfangreichen Widerstand aus<br />
der Bevölkerung. Letztlich wird die<br />
radikale Beseitigung der Anlage auf<br />
den damaligen Staatschef Erich Honecker<br />
zurückgeführt, der das sozialistische<br />
Prestigeprojekt Thälmannpark<br />
nicht durch Zeugnisse »kapitalistischer<br />
Industriearchitektur« dom<strong>in</strong>iert<br />
wissen wollte.<br />
Knapp e<strong>in</strong> Jahr nach der Sprengung,<br />
am 1. Juli 1985, wurde offiziell<br />
mit den Arbeiten für das Planetarium<br />
begonnen. Dazu waren zunächst<br />
umfangreiche Beräumungs-, Abbruch-<br />
und Enttrümmerungsarbeiten<br />
auf dem Gelände vonnöten. Der<br />
Schwerpunkt lag auf der Beseitigung<br />
des bis zu elf Meter tief liegenden<br />
Fundaments e<strong>in</strong>es der gesprengten<br />
Gasspeicher. Die letzten Industriebauten,<br />
Teile e<strong>in</strong>er Kokerei, die direkt an<br />
der <strong>Prenzlauer</strong> Allee standen, wurden<br />
<strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> 05. 2 0 0 8 13<br />
erst im Frühjahr 1987 abgerissen, e<strong>in</strong><br />
halbes Jahr vor der Inbetriebnahme<br />
der neuen Attraktion.<br />
Der moderne Rundbau entstand<br />
<strong>in</strong> Regie der Baudirektion Berl<strong>in</strong> und<br />
stellte hohe Anforderungen an die<br />
Baufirmen. Die Außenkuppel mit<br />
ihren 30 Metern Durchmesser wurde<br />
zunächst durch e<strong>in</strong> dichtes Stabnetzwerk<br />
geformt und dann durch e<strong>in</strong>e<br />
Spezialfirma aus Rügen ohne Schalungen<br />
mit Beton ausgegossen. Die<br />
Bauzeit dafür betrug vier Monate.<br />
Anschließend wurde die Kuppel mit<br />
Blechen belegt. Herzstück der gesamten<br />
Anlage ist der bei Carl Zeiss Jena<br />
gebaute rechnergesteuerte Großprojektor<br />
Cosmorama. Das erste Gerät<br />
wurde damals nach Edmonton <strong>in</strong><br />
Kanada verkauft. Das Berl<strong>in</strong>er Planetarium<br />
am Thälmannpark war dann erst<br />
das dritte Cosmorama-Projekt weltweit.<br />
Am 9. Oktober 1987 wurde das<br />
Zeiss-Großplanetarium mit der Aufführung<br />
des Programms »Phantastisches<br />
Weltall« <strong>in</strong> Anwesenheit von<br />
Honecker feierlich eröffnet. Über<br />
9.000 Sterne, Monde, Planeten und<br />
Kometen können durch den Projektor<br />
auf die Innenkuppel (Durchmesser 23<br />
Meter) projiziert werden. Das Geschehen<br />
kann von 292 Plätzen aus verfolgt<br />
werden. Neben dem Hauptsaal gibt es<br />
noch e<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>o- und <strong>Vor</strong>tragssaal mit<br />
160 Sitzplätzen. Der Ansturm der<br />
Besucher war nach der Eröffnung<br />
außerordentlich groß. Nach zwei<br />
Jahren konnte das Planetarium den<br />
500.000. Besucher begrüßen, das<br />
waren bis dah<strong>in</strong> im Schnitt täglich<br />
über 650 Besucher. Nach der Wende<br />
1990 brachen die Zuschauerzahlen<br />
rapide e<strong>in</strong>. Erst <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />
ist wieder e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlicher Anstieg<br />
auf jährlich 100.000 Zuschauer zu<br />
registrieren.<br />
Von Anfang an bildeten die<br />
Archenhold-Sternwarte <strong>in</strong> Treptow<br />
und das Planetarium <strong>in</strong> <strong>Prenzlauer</strong><br />
<strong>Berg</strong> e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit. Unterstanden die<br />
E<strong>in</strong>richtungen bis zum Ende der DDR<br />
dem Magistrat, übernahm dann die<br />
Senatsschulverwaltung die E<strong>in</strong>richtungen,<br />
die zunächst auch »abgewikkelt«<br />
werden sollten. Seit Sommer<br />
2002 gehören Planetarium und Sternwarte<br />
zur Stiftung Deutsches Technikmuseum<br />
und werden als Außenstelle<br />
des Kreuzberger Museums geführt.