Vor Ort - Mieterberatung Prenzlauer Berg GmbH in Berlin
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Das Interview<br />
Bauboom am Antonplatz<br />
Christ<strong>in</strong>a L<strong>in</strong>demann: »Am südlichen Antonplatz wird jetzt das Gebäude Berl<strong>in</strong>er<br />
Allee 38 saniert, dah<strong>in</strong>ter entsteht e<strong>in</strong> Neubau, und im Herbst beg<strong>in</strong>nt die<br />
Erweiterung des neuen Bildungszentrums«.<br />
Das Planungsbüro WERKSTADT ist ke<strong>in</strong>e<br />
unbekannte Größe <strong>in</strong> Weißensee. Schon <strong>in</strong> den<br />
frühen neunziger Jahren ermittelten Sie den<br />
Sanierungsbedarf im Bereich um den Antonplatz.<br />
Seit Anfang 2006 s<strong>in</strong>d Sie als Bauftragte des<br />
Landes Berl<strong>in</strong> im Sanierungsgebiet<br />
Komponistenviertel tätig. In welchem Zustand<br />
haben Sie das Quartier nach der Wende<br />
vorgefunden?<br />
Chr. L<strong>in</strong>demann: Das Komponistenviertel,<br />
das <strong>in</strong> den Gründerzeitjahren<br />
nach dem Deutsch-Französischen<br />
Krieg von 1870/71 entstand und Ende<br />
1994 vom Senat als Sanierungsgebiet<br />
festgelegt wurde, unterscheidet sich<br />
von anderen Sanierungsgebieten vor<br />
allem durch se<strong>in</strong>en vorstädtischen<br />
Charakter. Die meisten Wohngebäude<br />
hier s<strong>in</strong>d niedriger als <strong>in</strong> der Innenstadt,<br />
die Grundstücke s<strong>in</strong>d nicht so<br />
dicht bebaut wie z.B. im <strong>Prenzlauer</strong><br />
<strong>Berg</strong> und auf den Höfen stehen viele<br />
Remisen. Neben sanierungsbedürftigen<br />
Wohnungen haben wir auch<br />
zahlreiche leerstehende Nebengebäude<br />
vorgefunden. Wenn gewerbliche<br />
Nutzungen nicht mehr möglich<br />
waren, s<strong>in</strong>d viele zu Wohnraum<br />
umgebaut worden.<br />
Inzwischen bef<strong>in</strong>den wir uns im letzten Abschnitt<br />
des auf 15 Jahre bemessenen Sanierungszeitraums.<br />
Spätestens 2010 wird auch das<br />
Komponistenviertel aus der Sanierung entlassen.<br />
Wie fällt Ihre Bilanz <strong>in</strong> Sachen<br />
Altbausanierung aus?<br />
E. Czaika: Bislang s<strong>in</strong>d knapp 60<br />
Prozent des Altbaubestands modernisiert,<br />
etwa 45 Prozent davon mit<br />
Fördermitteln des Landes Berl<strong>in</strong>. Im<br />
Rahmen der Stadterneuerung s<strong>in</strong>d<br />
auch über 700 Neubauwohnungen<br />
entstanden, davon etwas mehr als 100<br />
durch Dachgeschossausbau. Ende<br />
2007 haben wir e<strong>in</strong> noch vorhandenes<br />
Wohnungsbaupotenzial von ca. 1.000<br />
Wohne<strong>in</strong>heiten e<strong>in</strong>schließlich Dachgeschossausbau<br />
ermittelt. Es gibt aber<br />
auch Probleme. So hat ausgerechnet<br />
die städtische Wohnungsbaugesellschaft<br />
Gesobau mehr als 400 ihrer 570<br />
Wohnungen im Komponistenviertel<br />
noch nicht saniert. Nicht wenige<br />
Gesobau-Wohnungen werden noch<br />
mit Kohleöfen beheizt. Den Mietern<br />
und auch uns fehlt für diese Blockade-<br />
Zur Person<br />
Dr. Christ<strong>in</strong>a L<strong>in</strong>demann (54),<br />
Architekt<strong>in</strong> und Stadtplaner<strong>in</strong>; Gründer<strong>in</strong> und<br />
Gesellschafter<strong>in</strong> der Planungsgruppe WERK-<br />
STADT; geboren <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>; Studium: 1972-74<br />
Hochschule für Architektur und Bauwesen<br />
Weimar, 1974-77 Kunsthochschule Weißensee;<br />
1977-90 Mitarbeiter<strong>in</strong> im Büro für<br />
Städtebau Berl<strong>in</strong> (Magistrat); freiberufliche<br />
Tätigkeit seit 1990.<br />
Elfi Czaika (51), Stadtplaner<strong>in</strong>; Gründer<strong>in</strong><br />
und Gesellschafter<strong>in</strong> der Planungsgruppe<br />
WERKSTADT; geboren <strong>in</strong> Sonneberg; Studium:<br />
1975-80 Hochschule für Architektur und<br />
Bauwesen Weimar, 1980-90 Mitarbeiter<strong>in</strong> im<br />
Büro für Städtebau Berl<strong>in</strong> (Magistrat),<br />
freiberufliche Tätigkeit seit 1990.<br />
haltung jedes Verständnis. Wir hoffen<br />
nun auf e<strong>in</strong>e Intervention des Senats.<br />
E<strong>in</strong> zweiter Sanierungschwerpunkt ist die<br />
Erneuerung und der Ausbau der sozialen<br />
Infrastruktur. Was hat sich da im Komponistenviertel<br />
getan?<br />
E. Czaika: E<strong>in</strong>e ganze Menge. Was den<br />
Schulbereich betrifft, so wurde die<br />
Sanierung der Picasso-Grundschule <strong>in</strong><br />
der Gounodstraße, wo auch beh<strong>in</strong>der-<br />
<strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> 05. 2 0 0 8 4<br />
te K<strong>in</strong>der lernen, im vorigen Jahr mit<br />
der Erneuerung der Turnhalle und des<br />
Verb<strong>in</strong>dundungsgebäudes mit den<br />
Werkstätten abgeschlossen. In der<br />
Mahlerstraße s<strong>in</strong>d zwei Jugendfreizeitstätten<br />
enstanden, e<strong>in</strong>e dritte <strong>in</strong><br />
der Max-Ste<strong>in</strong>ke-Straße im nördlichen<br />
Teil des Sanierungsgebiets. In der<br />
Bizetstraße 41 wurde 2005 das neue<br />
Bibliotheksgebäude fertiggestellt, das<br />
auch von der Volkshochschule genutzt<br />
wird. Bis jetzt wurden im<br />
Sanierungsgebiet fünf neue K<strong>in</strong>derspielplätze<br />
gebaut. Die größten s<strong>in</strong>d<br />
der »Grüne Her<strong>in</strong>g« an der Tassostraße<br />
und die Anlage <strong>in</strong> der Mahlerstraße,<br />
<strong>in</strong> die e<strong>in</strong> ganzer Straßenabschnitt<br />
<strong>in</strong>tegriert wurde. Was Grün- und<br />
Freiflächen betrifft, so wurde schon<br />
Ende der neunziger Jahre der Solonplatz<br />
an der Bizetstraße neu gestaltet.<br />
In der Tassostraße entstanden auf<br />
dem Gelände der ehemaligen Fischfabrik<br />
zusammen mit dem Spielplatz<br />
»Grüner Her<strong>in</strong>g« e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Stadtpark<br />
sowie e<strong>in</strong>e große Liegewiese. Zurzeit<br />
wird der südliche Bereich des Antonplatzes<br />
–die wichtigste öffentliche<br />
Grünfläche im Gebiet– umfassend<br />
erneuert.<br />
In <strong>Prenzlauer</strong> <strong>Berg</strong> hat die städtebauliche<br />
Aufwertung der Sanierungsgebiete nicht nur zu<br />
e<strong>in</strong>em beachtlichen Bevölkerungswachstum,<br />
sondern <strong>in</strong> manchen Bereichen auch zu e<strong>in</strong>em<br />
regelrechten Bevölkerungsaustausch geführt.<br />
Lässt sich das auch für das Komponistenviertel<br />
sagen?<br />
Chr. L<strong>in</strong>demann: Dank des Sanierungsfortschritts<br />
und der verhältnismäßig<br />
vielen Neubauten verzeichnen<br />
wir auch hier e<strong>in</strong> starke Zunahme der<br />
Bewohnerschaft. Hatte das Komponistenviertel<br />
bei Beg<strong>in</strong>n der Sanierung<br />
vor 14 Jahren 5.100 E<strong>in</strong>wohner, so s<strong>in</strong>d<br />
es jetzt rund 7.100, e<strong>in</strong> Plus von 40<br />
Prozent. Und stand das Gebiet<br />
anfangs nicht gerade <strong>in</strong> dem Ruf,<br />
besonders familienfreundlich zu se<strong>in</strong>,<br />
so hat sich auch das <strong>in</strong>zwischen<br />
geändert. In die sanierten Wohnungen<br />
des Komponistenviertels s<strong>in</strong>d<br />
viele Familien auch aus <strong>Prenzlauer</strong><br />
<strong>Berg</strong> e<strong>in</strong>gezogen. Zum Thema sanierungsbed<strong>in</strong>gte<br />
Verdrängung gibt es<br />
ke<strong>in</strong>e genauen Angaben. Im Komponistenviertel<br />
hat sie aber nicht <strong>in</strong> dem<br />
Umfang stattgefunden wie <strong>in</strong> den<br />
<strong>in</strong>nerstädtischen Sanierungsgebieten.