MITTEILUNGEN DER RESIDENZEN-KOMMISSION DER ...
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Der Großteil der tatsächlich durchgeführten baulichen Veränderungen an der Hofburg<br />
stand in keinem Zusammenhang mit den eben erwähnten Gesamtplanungen, sondern wirkte<br />
einer architektonischen Verregelmäßigung vielfach sogar entgegen. Bemerkenswert in diesem<br />
Zusammenhang ist, daß nahezu alle von Karl VI. errichteten Bauten (Stallungen, Bibliothek,<br />
Reichskanzlei, Reitschule) nicht unmittelbar dem residentiell-repräsentativen Wohnen<br />
des Herrschers, sondern der „stellvertretenden Repräsentation“ dienten. So wurde der Saal<br />
der Hofbibliothek formal wie inhaltlich zur bedeutendsten und repräsentativsten Raumschöpfung<br />
des Barock im Residenzbereich – während der Neubau von Stätten der „direkten“ Repräsentation<br />
(Festsaal, Treppenhaus, Kapelle) immer wieder aufgeschoben wurde oder gänzlich<br />
unterblieb.<br />
In dem bislang noch kaum bearbeiteten Bereich der Innenausstattung wird sich die Arbeit<br />
des Projektes im Stadium der Grundlagenforschung bewegen und die materielle Basis für<br />
spätere weiterführende Studien bereitstellen. Für die Periode bis 1740 sind nur wenige originale<br />
Entwürfe bekannt, verläßliche Bildquellen sind spärlich und im Original haben sich nur<br />
Reste von Raumausstattungen dieser Zeit erhalten. Besser – in Quellenlage wie Erhaltung –<br />
ist die Situation für das mariatheresianisch-josephinische Zeitalter, das innerhalb der Hofburg<br />
vor allem in der Innenausstattung Spuren hinterlassen hat. Diese Räume wurden zwar im<br />
Laufe des 19. Jahrhunderts renoviert und ihre Einrichtung ergänzt, ein Teil der originalen<br />
Ausstattung blieb jedoch erhalten.<br />
Zeitraum 1835-1918<br />
Der letzte und wohl umfangreichste Abschnitt umfasst die Regentschaft der Kaiser Ferdinand<br />
I., Franz Josef und Karl bis zum Ende der Habsburgermonarchie 1918.<br />
Durch Studium bisher unbekannten Planmaterials (Staatsarchiv, Carl Hasenauer-Archiv in<br />
der Albertina und diverse Privatsammlungen) und wegen ihrer Fülle bisher nicht berücksichtigter<br />
Planbestände wird eine aktualisierte Dokumentation der Planungs- und Baugeschichte<br />
der historistischen Burgerweiterung anvisiert. Augenmerk soll dabei auch dem Planungs-,<br />
Zeichnungs- und Ausführungsprozeß zwischen Gottfried Semper und Carl Hasenauer geschenkt<br />
werden, um die Stellung Hasenauers deutlicher als bisher darzustellen.<br />
Geklärt werden soll vor allem, warum nach 1894 das Konzept des „Kaiserforums“ bzw.<br />
der Innenausstattung nicht mehr konsequent weiterverfolgt, sondern ständigen Modifikationen<br />
unterworfen wurde: Waren gewandelte Vorstellungen staatlich-dynastischer Repräsentation<br />
ausschlaggebend, konnten die tatsächlichen Bedürfnisse des Hofs mit Sempers Ideen<br />
nicht in Einklang gebracht werden? Dazu gehört die Klärung des Einflusses der Hofbehörden<br />
und prominenter Persönlichkeiten wie Erzherzog Franz Ferdinand, verbunden mit der Frage<br />
nach der in jenen Jahren einsetzenden Interpretation der Hofburg als historisches Objekt und<br />
„Denkmal“.<br />
Die geplanten und realisierten Erweiterungen der Wiener Hofburg unter Kaiser Franz Joseph<br />
sind in ihrem Umfang europaweit das letzte Experimentierfeld höfischen Bauens und<br />
können als „Summe“ dessen gesehen werden, was im 19. Jahrhundert unter dem Begriff<br />
„Residenz“ verstanden wurde. Von großer Relevanz ist weiters die urbanistische Dimension<br />
der historistischen Erweiterung, stand letztere doch in ursächlichem Zusammenhang mit<br />
Planung und Bau der Wiener Ringstraße.<br />
Dem zeitweise parallel und unter günstigeren Voraussetzungen vonstatten gehenden<br />
Burgbau in Buda (M. Ybl, A. Hauszmann) als auch den Planungen für Prag (Hradschin) und<br />
Krakau (Wawel) sind ebenso Aufmerksamkeit zu schenken wie den Vorhaben in europäischen<br />
Großstädten wie Paris, London, Berlin, München und Dresden als auch in kleineren<br />
Fürstentümern (Schwerin). Einen Schwerpunkt bildet dabei die stilistische und motivische<br />
Analyse der Verbindung von Residenz und Museum mit ihrer langen Tradition (Vatikan,<br />
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