Michael Mitter- meier - Anna-Freud-Oberschule

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Anna-Freud-Culture
ders störte, war, dass in der Vergangenheit
auch immer wieder schlechte Stimmung
gegen die Deutschen betrieben wurde.
In Polen aber war er beliebt genug, um
zum Präsidenten gewählt zu werden. Außerdem
ist es ein stark katholisches Land,
welches die Abtreibung zum Teil sogar
befürwortet. Meine Oma, die, wie viele
Polen, stark gläubig ist, war ein großer Fan
des Präsidenten und am Boden zerstört
nach dessen Tod. Tage nach dem Unglück
hing aus fast jedem Fenster eine polnische
Flagge mit einer schwarzen Schlaufe dran,
als Zeichen der Trauer. Als ich dann in
Polen war, einen Monat später, hing keine
mehr. Die Trauerzeit ist vorbei, denkt man.
Doch in der Innenstadt Warschaus, vor
dem Präsidentenpalast, ist eine Fotocollage
zu finden, bestehend aus 6 – 8 Ständern
mit Fotos von der Beerdigung und einem
großen Portrait des verstorbenen Präsiden-
— Juni 2010 —
ten. Vor allem die ländliche Bevölkerung,
von der Polen mehr als genug hat, kommt
noch einen Monat nach dem Unglück in
die Hauptstadt gepilgert, um Kaczynski
zu betrauern. Auf 6 von diesen 10 Fotos
ist der Zwillingsbruder zu sehen, welcher
sich vorerst noch nicht sicher ist, ob er an
der nächsten Präsidentwahl teilnehmen
wird. Aber er ist auf 6 Bildern zu sehen,
genauso wie die Tochter des verstorbenen
Ehepaares. Noch weiß Jaroslaw Kaczynski
angeblich nicht, ob er an der Wahl
teilnehmen wird, aber nach Meinung der
modernen Polen wird er es sicher tun. Es
wäre allerdings unpassend, jetzt schon
große Werbung für sich zu machen Also
ist er auf 6 von 10 Bildern zu sehen. Das ist
Werbung, behauptet meine Tante und regt
sich sehr darüber auf. Sie und ihre Freunde
waren absoluter Gegner dieses Präsidenten
und es war schwer, sich mit ihnen zu
unterhalten. Sofort werden sie lauter und
regen sich enorm auf, dass dieser Mann
überhaupt Präsident geworden ist, da er
alles andere als europafreundlich war, was
selbstverständlich sein muss wegen der geografischen
Lage Polens, mitten in Europa.
Um mir einen besseren Überblick zu
verschaffen, kaufe ich mir vier polnische
Zeitschriften, von welchen schockierender
Weise drei pro Kaczynski eingestellt sind.
Dass Polen in der politischen Denkweise
dermaßen enorm gespalten ist,
habe ich nie zuvor so stark empfunden.
Julia Cyranowski