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Michael Mitter- meier - Anna-Freud-Oberschule

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<strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>-Culture<br />

Horrorfahrt am Morgen<br />

eute nehme ich einen Bus früher!‘‘,<br />

„Hbefehle ich mir selbst am Morgen,<br />

um rechtzeitig in der Schule anzukommen,<br />

ohne Sprinterei, als ginge es um<br />

die Olympische Goldmedaille. Schnell<br />

die Kaffeetasse auf den Tisch, Jacke und<br />

Schuhe an und bloß nichts vergessen. Kaum<br />

aus dem Haus, bestürmen mich gefühlte<br />

minus 20 Grad. Um nicht zu erfieren,<br />

stapfe ich durch den hohen Schnee, während<br />

ich jede Minute auf die Uhr schaue,<br />

um ja nicht den Bus zu verpassen. Denn<br />

mit dem Anschluss muss es ja auch klappen.<br />

Aber mit Rennen ist nichts, denke<br />

ich mir, dann fällst du nur auf die Nase.<br />

Endlich angekommen, gibt mir die kleine<br />

Gruppe von ungefähr 10 Menschen die<br />

Hoffnung, dass mein Bus noch nicht weg<br />

ist. „Okay, jetzt müsste der Bus aber da<br />

sein!“, denke ich mir, als ich zum x-ten<br />

Mal auf die Uhr schaue. Abgesehen davon,<br />

dass meine Füße sich anfühlten wie<br />

Eisblöcke, trotz Strumpfhöschen und ein<br />

paar dicken Socken. Da kommt einem<br />

schon die dumme Idee, das nächste Mal<br />

professionelle Thermounterwäsche und Skianzug<br />

darüber anzuziehen, was so aussehen<br />

würde, als wenn man sich auf den Weg<br />

zum Teufelsberg macht, um paar Pisten<br />

abzufahren. Der Gedanke daran vertreibt<br />

weitere Minuten und es ist Zeit, dass der<br />

nächste Bus kommt. Aber wie Mutti immer<br />

sagt: „Gibt’s nisch, weil is nisch!“ In mir<br />

aufsteigende Unruhe, weil der Gedanke, zu<br />

spät zukommen, langsam Realität annimmt<br />

— Juni 2010 —<br />

und ich nicht weiß, wie meine Lehrerin<br />

reagieren wird: Hat sie Verständnis oder<br />

gibt es einen roten fetten Eintrag in unser<br />

sauberes, fehlerlosen Klassenbuch?<br />

Erleichterung, der Bus ist da. Kaum drin,<br />

fast wieder draußen, weil der Bus prallgefüllt<br />

mit Menschen ist. Von der hinteren<br />

Masse werde ich wie von einer Welle bis zur<br />

nächsten Tür gedrückt. „Danke dir Gott,<br />

dass ich klein und schmal bin.“, kommt mir<br />

in den Sinn und ich drängele mich zu dem<br />

Platz, wo die Kinderwagen hingehören. Der<br />

passt die nächsten Stationen sowieso nicht<br />

hier rein. Beim nächsten Halt schnappt<br />

jeder Mensch nach Luft, die kalt, aber<br />

wenigstens frisch ist. Obwohl keine Lücke<br />

mehr zu füllen ist, kommen immer mehr<br />

Menschen hinein, nach dem Motto: „Was<br />

nicht passt, wird passend gemacht.“ Sobald<br />

die Tür sich schließt, nimmt meine Nase<br />

von jeder Seite wunderbare Naturgerüche<br />

von Menschen wahr: den Döner mit viel<br />

Knoblauchsauce und Zwiebeln von gestern<br />

Abend und die Salamistulle mit einer Prise<br />

Undefinierbarem. Verzweifelt suche ich die<br />

Ecke mit dem Minze Geruch, doch vergebens.<br />

Halt eine andere Art von Parfümerie<br />

Unmöglich, aber wahr, quetschen sich<br />

immer mehr Menschen an den weiteren<br />

Stationen in den Bus. Nur die Ruhe<br />

bewahren, dieser Satz ist eher falsch am<br />

Platz. Wie jeden Morgen gibt es immer<br />

wieder Menschen, die bis heute nicht gelernt<br />

haben, dass die gelbe Markierung<br />

an der Tür kein Schönheitsfleck des<br />

BVG-Busses ist, sondern dazu dient, den<br />

Fahrgast zu bitten, vor dieser Markierung<br />

zurückzutreten, sonst schließt die Tür<br />

nicht. Der verzweifelte Akt, der vergeb-<br />

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