05.08.2013 Aufrufe

Deduktion des Sittengesetzes - UK-Online

Deduktion des Sittengesetzes - UK-Online

Deduktion des Sittengesetzes - UK-Online

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Handlungen her, und ... so ist dieses ein principium der freyen Handlungen<br />

in Beziehung auf ewige Dauer.“ 83<br />

Aber der Gedanke von der ewigen Dauer gibt Kant sogleich wieder einen Anlaß‚<br />

| auf die (wie wir wohl interpretieren müssen) zweite der aufgezählten<br />

Möglichkeiten zurückzukommen:<br />

„Wenn aber Menschen ewig leben solten, so würde das Wohlverhalten auch<br />

glüklich machen. die Selbstzufriedenheit der Vernunft vergilt auch die Verluste<br />

der Sinne.“ 84<br />

Die beiden zuletzt aufgezählten Möglichkeiten werden jedenfalls im folgenden<br />

miteinander verschmolzen, wenn Kant die Analogie zur theoretischen <strong>Deduktion</strong>sproblematik<br />

herstellt und die formale Identität <strong>des</strong> Wollens als transzendentale<br />

Bedingung eines Problemprinzips erscheint, das den Namen ‚Glückseligkeit<br />

aus mir selbst‘ trägt:<br />

„Gleichwie die identität der apperception ein (g principium der) synthesis<br />

a priori vor alle mögliche Erfahrung ist, so ist die identität meines wollens<br />

der Form nach ein principium der glückseeligkeit aus mich selbst, wodurch<br />

alle Selbstzufriedenheit a priori bestimmt wird.<br />

Ich kan nur, wenn ich nach principien a priori handle, immer eben derselbe<br />

in der Art meiner Zweke seyn, innerlich und äußerlich. Empirische Bedingungen<br />

machen verschiedenheiten.“ 85<br />

Ein späterer Zusatz zu diesen beiden Absätzen resümiert: „( g transscendentale<br />

Einheit im Gebrauch der freyheit.)“. 86 - Nun ist die hier hergestellte Verbindung<br />

zwischen der Sittlichkeit und der ‚Glückseligkeit aus mir selbst‘ ganz offenbar<br />

genau dasjenige, was Kant später in der ‚Dialektik der praktischen Vernunft‘<br />

unter dem Titel <strong>des</strong> ‚höchsten Gutes‘ behandelt, jedoch so, daß Glückseligkeit,<br />

das ‚zweite Element‘ in diesem ‚ganzen Objekt der reinen praktischen<br />

Vernunft‘, gerade nicht als Bestimmungsgrund der Sittlichkeit zugelassen wird,<br />

nicht einmal dann, wenn man die Glückseligkeit auf ihr ‚schon in diesem Leben‘<br />

mögliches Analogon (wie Kant nun vorsichtiger sagt), die moralische (intellektuelle)<br />

Selbstzufriedenheit, beschränkt. 87 Vielmehr ergibt die „kritische<br />

Aufhebung der Antinomie der praktischen Vernunft“ (welche übrigens als<br />

‚transzendentale <strong>Deduktion</strong> <strong>des</strong> Begriffs <strong>des</strong> höchsten Gutes‘ angekündigt<br />

83 ebda. Z. 23-28.<br />

84 ebda. Z. 29-31.<br />

85 XIX 283‚33-284‚6.<br />

86 ebda. 284‚7.<br />

87 Vgl. V 110 ff.; insbes. 116‚21-118‚1.<br />

155<br />

wird88 )‚<br />

„daß ... das oberste Gut (als die erste Bedingung <strong>des</strong> höchsten Guts) Sittlichkeit,<br />

Glückseligkeit dagegen zwar das zweite Element <strong>des</strong>selben ausmache,<br />

doch so, daß diese nur die moralisch bedingte, aber doch nothwendige Folge<br />

der ersteren sei.“ 89<br />

Wenn wir von hier aus noch einmal zur Reflexion 7204 zurückblicken, so<br />

scheinen uns die kritischen Differenzierungen, die Kant in der Dialektik der<br />

KdpV erarbeitet hat, ohne weiteres mit dem dritten <strong>Deduktion</strong>sgedanken der<br />

Reflexion | (aus der ‚bloßen Idee der Einheit‘) vereinbar zu sein: wenn wir<br />

nämlich statt der der Möglichkeit der ‚Glückseligkeit aus mir selbst‘ bzw. der<br />

‚Selbstzufriedenheit‘ (die nur die notwendige Folge, nicht der Grund der Sittlichkeit<br />

sein können) etwas anderes als Problemprinzip dieser Einheit finden<br />

und darüber hinaus diese Einheit auch als synthetische Einheit verstehen können.<br />

Versuchen wir zunächst, den letzteren Gesichtspunkt zu verfolgen: Ein<br />

gewisser Hinweis auf die in Frage kommende Synthesis scheint uns schon in<br />

der Rede <strong>des</strong> oben zitierten Textes von der ‚Einheit der Präkognition aller Handlungen‘<br />

zu liegen, zu der die (moralische) ‚Selbstbestimmung aus Prinzipien allein<br />

einen Grund‘ gebe. Dies mag uns an die ‚Synthesis der Rekognition im<br />

Begriffe‘ aus der transzendentalen <strong>Deduktion</strong> der 1. Auflage der KdrV erinnern<br />

90 156<br />

, wobei wir den Zukunftsbezug <strong>des</strong> Begriffs der Präkognition als ein<br />

Spezifikum der Praxis ansehen können.<br />

Neben den Gedanken der Präkognition stellt nun ein weiterer Zusatz zu dieser<br />

Reflexion zwei weitere Synthesisgedanken, indem er eine praktischphilosophische<br />

Interpretation aller drei Prinzipien der ‚Transzendentalphilosophie<br />

der Alten‘ formuliert:<br />

„*(g was kan mich dieses principium (g a priori) der allgemeinen Einstimung<br />

der freyheit mit sich selbst interessiren? Die freyheit nach principien empirischer<br />

Zweke hat keine durchgängige Einstimmung mit sich selbst; ich kan<br />

mir daraus nichts zuverläßiges in ansehung meiner selbst vorstellen. Es ist<br />

keine Einheit meines willens. Daher sind restringirende Bedingungen <strong>des</strong><br />

Gebrauchs derselben absolut nothwendig. Moralität aus dem principio der<br />

Einheit. Aus dem princip der warheit. Daß man sein principium, was man öffentlich<br />

bekennen darf, befolgt, was also vor jedermann gilt. Vollkommenheit<br />

88 Vgl. V 113‚5-12.<br />

89 Vgl. V 119‚7-10.<br />

90 Vgl. A 103; IV 79‚15 ff.<br />

XVI

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!