Deduktion des Sittengesetzes - UK-Online
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Gutes und auf das rechtsphilosophische Prinzip der Publizität) anwendet. 5 -<br />
Welches ist dann aber das Problem, das der Gedanke einer <strong>Deduktion</strong>, oder<br />
gar transzendentalen <strong>Deduktion</strong> <strong>des</strong> <strong>Sittengesetzes</strong> für Kants praktische Philosophie<br />
mit sich führt? Und ist dieses Problem auf der Grundlage der Kantischen<br />
Überlegungen und mit den Kantischen Mitteln wirklich so unlösbar, wie<br />
dies zumin<strong>des</strong>t die Ausführungen der „Kritik der praktischen Vernunft“ vermuten<br />
lassen?<br />
Diese beiden Fragen lassen sich kaum durch eine bloße Analyse der Kantischen<br />
Haupttexte im 3. Abschnitt der ‚Grundlegung‘ und in der KdpV beantworten<br />
- nicht nur, weil Kant selbst nirgendwo deutlich erklärt, ob er die Position<br />
der KdpV wirklich als ein Revision der ‚Grundlegung‘ verstanden wissen<br />
will, sondern auch, weil diese Fragen letztlich systematische Fragen sind. Wir<br />
wollen uns <strong>des</strong>halb hier weniger eine vollständige Analyse der Texte und gar<br />
einen Vergleich der beiden Positionen zum Ziel setzen (so notwendig auch<br />
dies sein mag), sondern einmal versuchen, die systematischen Bedingungen für<br />
die Lösung <strong>des</strong> Problems so weit wie möglich in der Kantischen Philosophie<br />
freizulegen. Einer Antwort auf die beiden Fragen wollen wir uns in fünf<br />
Schritten nähern: Wir werden 1. den Begriff und das mit gewissem Recht<br />
„modaltheoretisch“ zu nennende Programm der Transzendentalphilosophie,<br />
insbes. nach der 2. Auflage der KdrV, skizzieren, soweit Kant bei<strong>des</strong> in der<br />
theoretischen Philosophie entwickelt. Wir werden 2. diese modaltheoretischen<br />
Strukturen in der Problemstellung der praktischen Philosophie Kants wiederzufinden<br />
versuchen. 3. werden wir die transzendentalphilosophische Durchführung<br />
<strong>des</strong> modaltheoretischen Programms in der KdrV, insbes. in der transzendentalen<br />
<strong>Deduktion</strong> der Kategorien, kurz charakterisieren. Dabei wollen wir vor allem<br />
die Strukturen herausarbeiten, die sich für Kant aus dem ‚transzendentalen‘<br />
Prinzip der Einheit ergeben, welches in gewisser Weise an die ‚Transzendentalphilosophie<br />
der Alten‘ 6 anknüpft, und 4. den Andeutungen <strong>des</strong> entsprechenden<br />
‚transzendentalen‘ Prinzips und der in ihm begründeten Strukturen in<br />
Kants praktischer Philosophie nachgehen und die damit verbundenen prinzipientheoretischen<br />
Schwierigkeiten verdeutlichen, um dann 5. den Versuch zu<br />
machen, durch eine systematische ‚Ausschöpfung‘ der Kantischen Ansätze die<br />
Möglichkeit einer transzendentalen <strong>Deduktion</strong> <strong>des</strong> <strong>Sittengesetzes</strong> nachzuweisen.<br />
5 Vgl. V 113‚5-12 und VIII 381-386, insbes. 381‚2 f. und 22-25 sowie 386‚10-13.<br />
6 Vgl. § 12 der 2. Auflage der KdrV, B 113 ff.; III 97,20-99‚6.<br />
1. Begriff und modaltheoretisches Programm<br />
der (theoretischen) Transzendentalphilosophie<br />
„Die eigentliche Aufgabe der reinen Vernunft ist ... in der Frage enthalten: Wie<br />
sind synthetische Urtheile a priori möglich?“ 7 . Aus dieser Frage ergibt sich „die Idee<br />
einer besondern Wissenschaft, die Kritik der reinen Vernunft heißen kann“ 8 und<br />
welche „die Propädeutik zum System der reinen Vernunft“ oder zur „Transscendental-Philosophie“<br />
9 darstellt. Bedenken wir, daß in der Frage nach der Möglichkeit<br />
gewisser Urteile auch die Frage nach der Möglichkeit der darin enthaltenen<br />
Begriffe vorausgesetzt ist, so ist der Begriff <strong>des</strong> Transzendentalen (zumin<strong>des</strong>t<br />
nach dem Text der 2. Auflage) letztlich durch die Ausgangsfrage der „Kritik<br />
der reinen Vernunft“, die ‚eigentliche Aufgabe der reinen Vernunft‘ bestimmt,<br />
wie dies auch in der Definition der transzendentalen Erkenntnis zum<br />
Ausdruck kommt:<br />
„Ich nenne alle Erkenntniß transscendental, die sich nicht sowohl mit Gegenständen,<br />
sondern mit unserer Erkenntnißart von Gegenständen, so fern diese<br />
a priori möglich sein soll, überhaupt beschäftigt.“ 10<br />
Worauf zielt nun genau der modale Begriff der Möglichkeit, der in der Ausgangsfrage<br />
und in der Definition der transzendentalen Erkenntnis benutzt<br />
wird? Hier müssen wir uns zunächst klarmachen, daß dasjenige, nach <strong>des</strong>sen<br />
Möglichkeit gefragt wird, von vornherein eine Geltungseinheit ist. Es geht um<br />
die Möglichkeit gültiger Urteile und die Möglichkeit gültiger, d.h. wahrhaft auf<br />
Gegenstände bezogener Begriffe, und nicht etwa nur um die Möglichkeit faktischer<br />
Behauptungen. So ist denn auch die Wirklichkeit synthetischer Urteile<br />
a priori, die Kant gemäß dem Text der „Prolegomena“ und der 2. Auflage der<br />
7 B 19; III 39‚27-29.<br />
8 Vgl. B 24; III 42‚29 f.<br />
9 Vgl. B 25; III 43‚11 f. und 19 f.<br />
10 B 25; III 43‚16-19; Die entsprechende Formulierung der 1. Auflage bezieht sich zumin<strong>des</strong>t weniger deutlich<br />
auf das Problem der synthetischen Urteile a priori, indem sie statt von der ‚Erkenntnisart‘ und ihrer<br />
Möglichkeit a priori nur von „Begriffen a priori von Gegenständen überhaupt“ spricht (vgl. A 11 f; IV 23‚8-<br />
11). Diese Formulierung ist offenbar in dem folgenden Satz auch noch der 2. Auflage vorausgesetzt, wenn<br />
es heißt: „Ein System solcher Begriffe würde Transscendental-Philosophie heißen.“ (B 25; III 43‚19 f.). - Zu der<br />
Frage, inwieweit Kant mit der Neuformulierung der Definition der transzendentalen Erkenntnis eine tiefgreifende<br />
Veränderung in der Konzeption der Transzendentalphilosophie vorgenommen hat, vgl. T. Pinder,<br />
Kants Begriff der transzendentalen Erkenntnis. Zur Interpretation der Definition <strong>des</strong> Begriffs „transzendental“<br />
in der Einleitung zur Kritik der reinen Vernunft (A 11 f./B 25), in: Kant-Stud. 77, 1986, S. 1-40. -<br />
Wir werden uns im folgenden hauptsächlich an der 2. Auflage der KdrV orientieren<br />
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