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ABCDEFG<br />

Seite


Hermann-Föttinger-Institut für Strömungsmechanik<br />

Technische Universität Berlin<br />

Lehrveranstaltung 1034L577<br />

Statistische Turbulenzmodellierung<br />

zweite, korrigierte Fassung vom WS 03/04<br />

Th. Rung<br />

Global Center of Competence Aerodynamic and Thermodynamic<br />

Bombardier Transportation<br />

Hermann-Föttinger-Institut für Strömungsmechanik, Sekr. HF 1,<br />

Müller-Breslau-Strasse 8, 10623 Berlin, Germany<br />

rung@pi.tu-berlin.de


Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Symbolverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iv<br />

Überblick 1<br />

1 Mathematische Grundlagen 8<br />

1.1 Transportgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.2 Materialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

1.3 Statistische Beschreibung turbulenter Strömungen . . . . . . . . . . . . 15<br />

1.3.1 Statistische Mittelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

1.3.2 Reynolds–gemittelte Transportgleichungen . . . . . . . . . . . . 18<br />

1.3.3 Fluktuations–Transportgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

1.3.4 Transportgleichungen zweiter statistischer Momente . . . . . . . 20<br />

1.3.5 Schließungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

1.4 Energiespektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

1.5 Instationäre Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

1.5.1 Instationäre RANS (URANS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

1.5.2 Hybride RANS/LES Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

1.5.3 Periodische Strömungen & Phasenmittelung . . . . . . . . . . . 34<br />

1.6 Grobstruktursimulation (LES; Beitrag von St. Schmidt) . . . . . . . . . 35<br />

1.6.1 Filtertechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

2 Wirbelzähigkeit 41<br />

2.1 Semi–empirische Wirbelzähigkeits–Turbulenzmodelle . . . . . . . . . . 41<br />

2.2 Isotrope und anisotrope Wirbelzähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

2.3 Isotrope Zwei–Parameter–Wirbelzähigkeitsmodelle . . . . . . . . . . . . 47<br />

2.3.1 k − ε Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

2.3.2 Alternative Zwei–Parameter–Formulierungen (k n − ζ Modelle) . 53<br />

2.3.3 Prallstrahlproblematik (Launder–Kato Modifikation) . . . . . . 54<br />

2.3.4 Turbulenter Wärmestrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

2.4 Primäre, sekundäre und tertiäre Stress–Strain Interaktion . . . . . . . . 56<br />

3 Rationale Modellierungstechniken 60<br />

3.1 Materielle Objektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

3.2 Realisierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

3.3 Darstellungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />

3.3.1 Funktions– und Integritätsbasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />

3.3.2 Anisotrope Wirbelzähigkeitsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />

i


4 Reynolds–Spannungsmodelle 82<br />

4.1 Lineare Transportgleichungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

4.2 Algebraische Spannungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

5 Lineare Druck–Scher–Korrelationsmodelle 88<br />

5.1 Modellbildung des langsamen Anteils Φij1 . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

5.2 Modellbildung des schnellen Anteils Φij2 . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

5.3 Kalibrierung linearer Druck–Scher–Korrelationsmodelle . . . . . . . . . 94<br />

5.4 Wandreflektionsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

5.5 Elliptic Relaxation Verfahren von Durbin . . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />

6 Projektionstechniken 102<br />

6.1 Illustratives Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102<br />

6.2 Gatski & Speziale Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />

6.3 Erweiterungen klassischer EASM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106<br />

7 Wandrandbedingung 108<br />

7.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109<br />

7.2 Lokal-orthogonale Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

7.3 Schnittlastbezogene Impuls- und Druckrandbedingungen . . . . . . . . 116<br />

7.3.1 Druck- und Druckkorrekturgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 117<br />

7.3.2 Impulsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120<br />

7.4 High-Re Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

7.4.1 Impulsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

7.4.2 Parameter der Wirbelzähigkeitsmodelle . . . . . . . . . . . . . . 125<br />

7.4.3 Reynoldspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127<br />

7.5 Low-Re Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129<br />

7.5.1 Impulsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130<br />

7.5.2 Parameter der Wirbelzähigkeitsmodelle . . . . . . . . . . . . . . 131<br />

7.5.3 Reynoldspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137<br />

7.6 Universelle high-Re Randbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138<br />

7.6.1 Zweiparameter-Turbulenzmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . 139<br />

7.6.2 Spalart-Allmaras Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140<br />

8 Eingleichungsmodelle 142<br />

8.1 Spalart–Allmaras Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142<br />

8.1.1 Edwards Modifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144<br />

8.2 Parameterreduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144<br />

8.2.1 Transportgleichung der Wirbelzähigkeit . . . . . . . . . . . . . . 145<br />

9 Schließung der Produktionsrate 150<br />

9.1 Iterative Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150<br />

9.2 Regularisierte Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153<br />

9.3 Selbstkonsistente Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155<br />

ii


9.4 Quasi–Selbstkonsistente Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158<br />

10 Analyse 164<br />

10.1 Homogene Scherturbulenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164<br />

10.2 Homogene Turbulenz in rotationsfreier Distorsion . . . . . . . . . . . . 173<br />

10.3 Realisierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181<br />

10.4 Rotierende homogene Scherströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191<br />

10.5 Turbulente Sekundärströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197<br />

Literaturverzeichnis 210<br />

A Invarianten des Anisotropietensors 211<br />

B Koordinatentransformation 214<br />

C Caley–Hamilton Theorem 217<br />

D Hintergrundmodelle 222<br />

E Greensche Integration 224<br />

F Zweipunktkorrelationen 226<br />

iii


Symbolverzeichnis<br />

Das Symbolverzeichnis erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es soll vielmehr<br />

nur die wichtigsten Symbole erklären, die über größere Textpassagen hinweg Verwendung<br />

finden. Ansonsten sei auf die Definition der Symbole im laufenden Text verwiesen.<br />

Über doppelt auftretende lateinische Indizes wird nach der Einsteinschen Summenkonvention<br />

summiert. Die Summenkonvention gilt jedoch ausdrücklich nicht in Verbindung<br />

mit griechischen Indizes. Zur Vereinfachung der Darstellung werden Mittelwerte und<br />

Schwankungsgrößen im Bedarfsfalle nicht weiter gekennzeichnet, sondern durch Großbzw.<br />

Kleinbuchstaben unterschieden. Die Koordinaten von Vektoren und Tensoren beziehen<br />

sich in der Regel auf ein kartesisches Basissystem.<br />

Lateinische Kleinbuchstaben<br />

Skalare<br />

a = √ γRT Schallgeschwindigkeit<br />

ca, cw<br />

Auftriebs– und Widerstandsbeiwert<br />

cp<br />

Druckbeiwert<br />

spezifische isobare Wärmekapazität<br />

cv<br />

spezifische isochore Wärmekapazität<br />

cµ, cµ<br />

Anisotropiekoeffizient des Wirbelzähigkeitsmodells, bzw. des<br />

konventionellen isotropen Wirbelzähigkeitsmodells (cµ = 0.09)<br />

e innere Energie<br />

kleinskaliger Anteile der Turbulenzenergie (Zwei-Skalen-Modell)<br />

g, ˜g, g selbstkonsistenter (g), quasi–selbstkonsistenter (˜g) bzw.<br />

regularisierter (g) Gleichgewichtsparameter,<br />

gravitative Erdfeldstärke (g)<br />

h Enthalpie<br />

k Turbulenzenergie<br />

ˆk Betrag des Wellenzahlvektors<br />

kp<br />

großskaliger Anteil der Turbulenzenergie (Zwei-Skalen-Modell)<br />

m Masse<br />

n Wandnormalenabstand<br />

p Druckfluktuation<br />

r lokaler Radius, radiale Zylinderkoordinate<br />

sφ<br />

volumenspezifischer Quellterm der Transportgleichung von φ<br />

t<br />

uτ =<br />

Zeitkoordinate<br />

τw/ρ Wandschubspannungsgeschwindigkeit<br />

x, y, z kartesische Raumkoordinaten<br />

Vektoren<br />

fi<br />

ki<br />

Volumenkraftdichte<br />

Wellenzahl<br />

iv


qi<br />

ui<br />

xi<br />

Tensoren<br />

bij = uiuj<br />

2k<br />

eijk<br />

− 1<br />

3 δij<br />

Wärmestromdichte<br />

Schwankungsgeschwindigkeit<br />

kartesische Raumkoordinaten<br />

Anisotropietensor der Reynolds-Spannungen<br />

Permutationstensor<br />

sij = Tt ˜ Sij dimensionloser, spurfreier Scherraten–Tensor<br />

Reynolds–Spannungstensor<br />

wij = Tt(Wij − eijkΩk) dimensionloser, objektiver Wirbeltensor<br />

uiuj<br />

w ∗ ij<br />

= TtW ∗<br />

ij<br />

Lateinische Großbuchstaben<br />

dimensionsloser, effektiver Wirbeltensor<br />

Skalare<br />

A, B, C Koeff. des expliziten algebraischen Spannungsmodells<br />

A0 . . . A4<br />

Koeff. der quasi–selbstkonsist. Formulierung von (P/ε)g<br />

C∗ 1<br />

Koeff. des Druck–Scher–Korrelationsmodells<br />

C1 . . . C4<br />

Koeff. des Druck–Scher–Korrelationsmodells<br />

Koeff. der Dissipationsratengleichung<br />

D diffusiver Fluß der Turbulenzenergie<br />

IIb, IIIb<br />

Hauptinvarianten des Anisotropietensors bij<br />

Beschleunigungsparameter<br />

Cε1, Cε2, C5<br />

K = ν<br />

U 2 δ<br />

Lt<br />

Ma, = |U|<br />

Mat =<br />

√<br />

a<br />

2k<br />

a<br />

∂Uδ<br />

∂x<br />

integrales turbulentes Längenmaß<br />

Machzahl<br />

Turbulenzmachzahl<br />

P Produktion von Turbulenzenergie<br />

statischer Druck<br />

µ cp<br />

P r = λ<br />

R<br />

Prandtlzahl<br />

spezifische Gaskonstante<br />

Außenradius einer achsensymmetrischen Konfiguration<br />

Re = UL<br />

ν<br />

Reynoldszahl<br />

Ret = k2<br />

lokale Turbulenz–Reynoldszahl<br />

ε<br />

√<br />

ν<br />

k n<br />

ν<br />

Rek =<br />

Ri =<br />

nicht–lokale Turbulenz–Reynoldszahl<br />

2Ω3<br />

S∗ 2Ω3 1 − S∗ <br />

<br />

Richardsonzahl<br />

S = 2s2 kk<br />

S<br />

skalierte Invariante des Tensors sij<br />

∗ <br />

= 2 ˜ S2 kk<br />

skalierte Invariante des Tensors ˜ Sij<br />

St = fL<br />

U =<br />

T<br />

L<br />

UTm<br />

Strouhalzahl (dimensionslose Frequenz)<br />

Temperatur<br />

Tt = k/ε integrales turbulentes Zeitmaß (eddy–turn–over–time)<br />

v


Tm<br />

Zeitmaß der transienten mittleren Geschwindigkeit<br />

U, V, W kartesische Geschwindigkeitskomponenten<br />

U + = |U|<br />

V, V, V<br />

uτ<br />

Tangentialgeschwindigkeit im Wandkoordinatensystem<br />

bewegtes, raumfestes und materielles Volumen<br />

Vt<br />

charakteristisches integrales Geschwindigkeitsmaß<br />

Y + = nuτ<br />

ν<br />

dimensionslose Wandkoordinate<br />

Vektoren<br />

Ui<br />

Tensoren<br />

Dij<br />

Pij<br />

Rij<br />

Sij = 0.5<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

˜Sij = Sij − 1<br />

Wij = 0.5<br />

3 Skk<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

<br />

∂Uj<br />

+ ∂xi<br />

− ∂Uj<br />

∂xi<br />

<br />

Reynolds–gemittelter Geschwindigkeitsvektor<br />

diffusiver Fluß der Reynolds-Spannungen<br />

Produktionstensor der Reynolds–Spannungen<br />

allgemeiner Korrelationstensor<br />

Scherraten–Tensor<br />

spurfreier Scherraten–Tensor<br />

Wirbeltensor<br />

W ∗<br />

ij = Wij − 4−C4<br />

2−C4 eijkΩk effektiver Wirbeltensor<br />

˜Wij = Wij − eijkΩk objektiver Wirbeltensor<br />

Griechische Buchstaben<br />

Skalare<br />

α Koeffizient<br />

β1,2,3<br />

Koeffizienten des algebraischen Spannungsmodells<br />

γ allg. Koeffizient<br />

Isentropenexponent<br />

δ, δ1, δ2<br />

Grenzschicht–, Verdrängungs–, Impulsverlustdicke<br />

ε isotrope Dissipationsrate<br />

ηk =<br />

ν 3<br />

ε<br />

1/4<br />

Kolmogorovsches Längemaß dissipativer Skalen<br />

η0 . . . η6<br />

Invarianten der Integritätsbasis bij(sij, wij)<br />

θ Drall- bzw. Azimutalkoordinate<br />

κ von–Kármán Konstante<br />

λ Eigenwert und isotrope Wärmeleitfähigkeit<br />

µ dynamische Zähigkeit<br />

µt<br />

dynamische turbulente Wirbelzähigkeit<br />

ν kinematische Zähigkeit<br />

νt<br />

kinematische turbulente Wirbelzähigkeit<br />

ρ<br />

τk =<br />

Dichte<br />

<br />

ν 1/2<br />

ε<br />

Kolmogorovsches Zeitmaß dissipativer Skalen<br />

Betrag der Wandschubspannung<br />

τw<br />

vi


˜φ, φ = φ Momentan–, Mittelwert einer generischen Variablen<br />

ϕ = φ ′ Schwankungswert einer generischen Variablen<br />

φd<br />

Druckdilatationsterm<br />

ϕ Koeffizient<br />

ψ<br />

ω =<br />

Parameter der quasi–selbstkonsist. Darstellung von (P/ε)g<br />

ε<br />

cµk<br />

spezifische isotrope Dissipationsrate<br />

Diffusionskoeffizient der Transportglg. von φ<br />

Γφ<br />

Ψ =<br />

Ω =<br />

Vektoren<br />

√<br />

6η3<br />

η1 1.5<br />

<br />

2w∗2 kk<br />

Schiefenparameter<br />

skalierte Invariante von w ∗ ij<br />

ωi = eijkUk,j Rotation des Geschwindigkeitsvektors<br />

Rotation des Basissystems<br />

Ωi<br />

Tensoren<br />

δij<br />

νijkl, νij<br />

φij<br />

τij<br />

εij<br />

Einheitstensor<br />

anisotrope kinematische Wirbelzähigkeit<br />

Tensor der Druck-Scher-Korrelationen<br />

Tensor der molekularen Reibungsspannungen<br />

Tensor der Dissipationsraten<br />

Symbolische Vektoren, Matrizen und Operatoren<br />

A , B , C Matrix, Tensor zweiter Stufe<br />

A , B , C Vektor<br />

U Geschwindigkeitsvektor<br />

∇ Gradientenoperator<br />

ei Basisvektor des kartesischen Koordiantensystems<br />

˜e i<br />

Basisvektor eines beliebigen Koordiantensystems<br />

êi Basisvektor eines Hauptachsensystems<br />

˜e r, ˜e θ, ˜e x<br />

physikalische Zylinderkoordinatenbasis<br />

T (1) . . . T (10) Generatoren der Funktionsbasis<br />

M Systemmatrix des Projektionsverfahrens<br />

G Gram–Matrix der Funktionsbasis<br />

untere Indizes<br />

(·)0<br />

(·)i<br />

(·)ij...<br />

(·)reg<br />

(·)ref<br />

(·)t<br />

(·),xyz<br />

Zeiger zur Kennzeichnung von Ruhegrößen<br />

Vektorkoordinate<br />

Tensorkoordinate<br />

Zeiger der regularisierten Modellbildung<br />

Referenzwert<br />

Zeiger zur Kennzeichnung turbulenter Größen<br />

partielle Ableitung nach kartesischen Koordinaten<br />

vii


(·) (NW)<br />

(·)R<br />

(·)∞<br />

Zeiger zur Kennzeichung wandnaher Größen<br />

Zeiger zur Kennzeichung äusserer radialer Werte<br />

Zeiger zur Kennzeichung von Anströmgrößen<br />

obere Indizes<br />

(·) (2D/3D) Zeiger für zwei– bzw. dreidimensionale Größen<br />

(·) ′ Zeiger zur Kennzeichnung von Fluktuationswerten<br />

(i) Zeiger zur Kennzeichnung von Koordinaten eines<br />

bestimmten, durch i gekennzeichneten Bezugssytems<br />

Sonstige Symbole<br />

O(·) von der Ordnung<br />

(·) T transponierte Matrix<br />

|(·)| Betrag eines Skalars, Determinante einer Matrix<br />

tr{·} Spur eines Tensors<br />

(·) Wert zur rückwertigen Iteration, konstanter Wert<br />

[·] von der Dimension<br />

O(V ) geschlossene Oberfläche des betrachteten Volumens<br />

ˆφ Koordinaten des Hauptachsenssystems<br />

φ Mittelwert bei konventioneller Mittelung<br />

φψ . . . höheres statistisches Moment<br />

φ Mittelwert bei dichtegewichteter Mittelung<br />

φ Momentanwert<br />

˙φ, Dφ<br />

Dt<br />

˜Γ j<br />

im<br />

+ U · (∇φ) substantielle Ableitung<br />

physikalische Christoffel-Symbole zweiter Art<br />

F Funktionsbasis<br />

FGS<br />

Drei–Generator–Basis nach Gatski und Speziale<br />

E Energie–Spektralfunktion<br />

N Integritätsbasis<br />

A → B Übergang von A nach B<br />

= ∂φ<br />

∂t<br />

Abkürzungen<br />

1D,2D,3D ein-, zwei- dreidimensional<br />

ASM algebraisches Spannungsmodell<br />

EVM Wirbelzähigkeitsmodell (engl.: eddy–viscosity model)<br />

EASM explizites algebraisches Spannungsmodell<br />

HOT Terme höherer Ordnung<br />

IP Druck-Scher–Korrelationsmodell nach<br />

dem Isotropization–of–Production Konzept<br />

LL Lien–Leschziner (1993) low-Re k − ε Modell<br />

QI Druck-Scher–Korrelationsmodell nach<br />

dem Quasi–Isotropization–of–Production Konzept<br />

viii


QS quasi-selbstkonsist. Darstellung des Parameters ˜g<br />

REG regularisierte Darstellung des Parameters ˜g<br />

RHS rechte Seite einer Gleichung<br />

RSTM Reynolds–Spannungs Transportgleichungsmodell<br />

SA Spalart–Allmaras Eingleichungsmodell<br />

SK selbstkonsist. Darstellung des Gleichgewichtsparameters g<br />

SST Shear–Stress Transport Modell (Menter, 1994)<br />

WC Wilcox (1988,1993) k − ω Modell<br />

Druck–Scher–Korrelationsmodelle<br />

FRLT Fu, Rung, Lübcke und Thiele (1999)<br />

GL Gibson und Launder (1978)<br />

GY Gibson und Younis (1986)<br />

GS linearisiertes SSG Modell nach Gatski und Speziale (1993)<br />

LRR Launder, Rodi, und Reece (1975)<br />

RO Rotta (1951)<br />

SSG Speziale, Sarkar und Gatski (1991)<br />

TB Druck–Scher–Korrelation nach Taulbee (1992)<br />

ix


Überblick<br />

Die Simulation komplexer Problemstellungen aus dem Entwurfsprozeß strömungstechnisch<br />

hochbelasteter Bauteile stellt hohe Anforderungen an die Genauigkeit der<br />

strömungsphysikalischen Modellbildung. Hierbei hängt die Güte der Simulation wesentlich<br />

von der Behandlung des Turbulenzproblems ab. Turbulente Austauschmechanismen<br />

basieren auf Schwankungen von Druck, Dichte und Geschwindigkeit. Aufgrund der<br />

Nichtlinearität der (Eulerschen) Transportgleichungen treten die Schwankungen miteinander<br />

in Wechselwirkung, weswegen selbst für geringe Schwankungsaktivitäten stark<br />

veränderte Transportvorgänge auftreten. Eine detaillierte Beschreibung der räumlichen<br />

und zeitlichen Fluktuationen ist sehr aufwendig, da sie sich über ein breites Wellenzahl–<br />

und Frequenzspektrum erstrecken. Eine vollständige Auflösung des Schwankungsspektrums<br />

durch die numerische Diskretisierung ist in industriellen Strömungen auch langfristig<br />

nicht realisierbar. Die Berechnung technischer Strömungen ist daher auf eine<br />

effizientere Berücksichtigung von Strömungsturbulenz durch mathematische Modelle<br />

angewiesen.<br />

Stand der technischen Turbulenz–Simulations–Forschung<br />

In technischen Anwendungen sind zumeist nur die statistischen Eigenschaften einer turbulenten<br />

Strömung von Bedeutung. Numerische Verfahren zur Berechnung praxisrelevanter<br />

turbulenter Strömungen basieren daher fast ausnahmslos auf einer statistischen<br />

Betrachtung der Strömung. Hierzu werden die Transportgleichungen nach einem Vorschlag<br />

von Reynolds (1895) punktweise statistisch gemittelt. Die Reynolds–gemittelten<br />

Impulsgleichungen (Reynolds–Averaged Navier–Stokes Gleichungen; RANS) enthalten<br />

aufgrund der Nichtlinearität des Konvektionsterms zusätzliche Unbekannte in Gestalt<br />

zweiter statistischer Momente von lokalen Geschwindigkeitsfluktuationen. Diese sogenannten<br />

Reynolds–Spannungen werden durch eigene Transportgleichungen beschrieben,<br />

in denen wiederum neue Unbekannte in Form höherer bzw. zusätzlicher statistischer<br />

Momente auftreten. Die Verkettung der Transportgleichungen, von niedrigeren<br />

zu höheren Momenten, ist kennzeichnend für die statistische Betrachtung, weswegen<br />

die Herleitung weiterer Transportgleichungen prinzipiell zu keiner Schließung des Gleichungssystems<br />

führt. Ausgangspunkt der statistischen Turbulenzmodellierung ist der<br />

zunächst willkürlich gewählte Abbruch der Schließungskette.<br />

Die Empfehlung eines optimalen Abbruchstadiums ist schwierig, da sich der Einfluß<br />

höherer Momentengrade pauschal nicht abschätzen läßt. Die Modellierung höherer Momente<br />

ist oftmals ungleich schwieriger, zudem stellen sie aufgrund ihrer komplexeren<br />

mathematischen Gestalt höhere Anforderungen an das Modell. Aus Effizienzgründen<br />

sind anwendungsorientierte Disziplinen auf einen Abbruch der Schließungskette im Bereich<br />

zweiter statistischer Momente angewiesen. In diesem Falle müssen entweder die<br />

Reynolds–Spannungen (Wirbelzähigkeitsmodelle), oder aber die in ihren Transportgleichungen<br />

auftretenden höheren statistischen Momente (Transportgleichungs–Reynolds–<br />

Spannungsmodelle) durch ein Turbulenzmodell geschlossen werden.<br />

1


KAPITEL<br />

Isotrope Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

Lineare niederparametrige Wirbelzähigkeits–Turbulenzmodelle (Baldwin und Lomax<br />

1978; Jones und Launder 1972; Wilcox 1993; Spalart und Allmaras 1992) bilden bis heute<br />

die Basis für die Mehrzahl industrieller Berechnungen turbulenter Strömungen. Ihre<br />

Popularität beruht vor allem auf programmtechnischen Aspekten. Die hohe numerische<br />

Stabilität des resultierenden Gesamtsystems und die algorithmisch einfache, effiziente<br />

Umsetzung des Ansatzes machen lineare isotrope Wirbelzähigkeitsmodelle (Eddy–<br />

Viscosity Modelle; EVM) äußerst attraktiv. Dies gilt insbesondere für industrielle Anwendungen,<br />

in denen keine wesentlichen Prioritätsunterschiede zwischen numerischer<br />

Effizienz und Genauigkeit existieren. Lineare Wirbelzähigkeitsmodelle stützen sich auf<br />

einen nach Boussinesq benannten isotropen Zusammenhang zwischen den Reynolds–<br />

Spannungen und den Scherraten. Der isotrope Wirbelzähigkeitsansatz besitzt erhebliche<br />

konzeptionelle Defizite in Bezug auf die Darstellung komplexer turbulenter Austauschmechanismen.<br />

Aussagen über strömungsmechanische Belastungen sind, vor allem<br />

im Hinblick auf deren kritische Grenzen, mit herkömmlichen Wirbelzähigkeitsmodellen<br />

nur unter starken Einschränkungen machbar (Leschziner 1995). Das diesbezüglich am<br />

häufigsten zitierte Beispiel für Modelldefizite von erheblicher industrieller Relevanz ist<br />

der klassische druckinduzierte turbulente Nichtgleichgewichtszustand mit stark variierendem<br />

Clauserparameter. Die erzielbare Vorhersagegenauigkeit im Bereich abgelöster<br />

oder ablösenaher Strömungssituationen unter Einfluß eines positiven Druckgradienten<br />

ist bei konventioneller Modellierung nahezu ausnahmslos unbefriedigend. Weitere<br />

(un)populäre Beispiele sind die unzulängliche Modellierung von anisotropiegetriebenen<br />

Sekundärströmungen und starke 3D Effekte, wie sie bei der Strömungssimulation in rotierenden<br />

Bauteilen oder als Folge von krümmungsinduzierten Variationen turbulenter<br />

Schubspannungen auftreten.<br />

Grobstruktursimulation<br />

Im Unterschied zur statistischen Modellierung ermöglicht die Grobstruktursimulation<br />

(Large–Eddy Simulation; LES) detaillierte Einsichten in die strömungsphysikalischen<br />

Prozesse. Während statistische Ansätze auch bei instationären Strömungen einen im<br />

Prinzip zeitlich gemittelten Prozess betrachten, versucht die LES die dreidimensionale<br />

instationäre Entwicklung aller makroskopisch relevanten (Wirbel–)Strukturen durch<br />

das numerische Verfahren aufzulösen. Hierzu werden entsprechend feine räumliche und<br />

zeitliche Maschenweiten benötigt. Die energetisch untergeordneten Beiträge von geringer<br />

zeitlicher und räumlicher Ausdehnung werden analog zur RANS–Technik über<br />

ein Turbulenzmodell (Subgrid–Scale–Modell; SGS) geschlossen. Die industrielle Anwendung<br />

von LES in wandgebundenen Strömungen ist gegenwärtig jedoch begrenzt<br />

auf geometrisch einfache Konfigurationen bei niedrigen Reynoldszahlen (Re ≤ 10 4 ).<br />

Die Gründe hierfür liegen im prohibitiven Aufwand zur Auflösung der extrem dünnen<br />

(δ ∼ Re −0.5 ), in ihren Details jedoch hoffnungslos komplizierten Wandgrenzschichten<br />

durch die LES. Chapman (1979) schätzt, daß der Aufwand zur Auflösung des Außenbereichs<br />

einer turbulenten Grenzschicht proportional zu Re 0.4 anwächst. Mit Annäherung<br />

an die viskose Unterschicht steigt diese Proportionalität auf Re 1.8 . Ein besonderes<br />

2


KAPITEL<br />

Problem ist die nahezu isotrope Struktur des benötigten wandnahen Rechengitters,<br />

weswegen vor allem die spannweitige (laterale) Auflösung aufwendiger als bei einer<br />

RANS Simulation ist. Für eine einfache Flügelumströmung bei einer Reynoldszahl von<br />

Re = 10 6 wird die Anzahl der benötigten Gitterpunkte in Spalart (1999) mit 10 11.5<br />

und die Anzahl der benötigten Zeitschritte mit 10 6.7 angegeben. Geht man von einer<br />

Verfünffachung der verfügbaren Rechenleistung in fünf Jahren aus, was eine realistische<br />

Abschätzung derzeitiger Zuwachsraten darstellt, so ist mit der Durchführbarkeit einer<br />

LES–Flügelsimulation nicht vor dem Jahr 2045 zu rechnen. Zudem ist die Qualität der<br />

LES mit steigender Reynoldszahl zunehmend von der Güte des Subgrid–Scale–Modells<br />

im Wandbereich abhängig. Um den qualitätsmindernden Einfluß des SGS zu reduzieren,<br />

entspricht das wandnahe Auflösungsvermögen aktueller LES Simulation häufig<br />

dem der direkten numerischen Simulation (DNS).<br />

Hochauflösende Turbulenz–Simulations–Verfahren werden üblicherweise auf massiv parallelen<br />

Systemen eingesetzt, welche heutzutage durch den Einsatz von Standardkomponenten<br />

aus dem PC–Bereich zu günstigen Preis–Leistungs–Verhältnissen installiert<br />

werden können. Aufgrund der konzeptionellen Unterschiede zwischen der vielfach nichtparallelen<br />

pre– und postprocessing Software und dem massiv parallelen Strömungslöser<br />

stellt die schlechte Skalierbarkeit der Gittergeneratoren und Visualisierungswerkzeuge<br />

ein weiteres, wesentliches Hindernis für den industriellen Einsatz hochauflösender<br />

Verfahren dar.<br />

In Hinblick auf eine physikalisch fundierte und zugleich praxisnahe Strategie galt die<br />

Grobstruktursimulation lange Zeit als Hoffnungsträger der ingenieurwissenschaftlich<br />

orientierten Turbulenzforschung. Aus den oben genannten Gründen zeichnet sich mittlerweile<br />

ein Paradigmenwechsel ab, durch den eine modellierungsbehaftete Vorgehensweise<br />

wieder stärker in den Blickpunkt des Interesses gerückt ist.<br />

Der Großteil industrieller Simulationen wird auch in Zukunft auf eine partiell statistische<br />

Betrachtung der Turbulenz angewiesen sein. Dies gilt insbesondere für die Berechnung<br />

wandnaher inhomogener Scherschichten, welche auch in instationären Strömungen<br />

häufig durch die spektrale Trennung von turbulenten und transienten mittleren<br />

Anteilen gekennzeichnet sind. Bei der industriellen Berechnung instationärer Probleme<br />

mit gebietsweise nichtlinearen Impuls– und Energieflüssen über das gesamte Spektrum<br />

zeichnet sich gegenwärtig die Verwendung hybrider RANS/LES Ansätze ab.<br />

Hierbei werden die wandfernen Wirbelstrukturen einer instationären Strömung im<br />

Grobstruktur–Modus simuliert, die wandnahen Grenzschichten jedoch im wesentlich<br />

effizienteren RANS–Modus berechnet. Nichtzonale hybride Techniken sind unter dem<br />

Namen Very Large–Eddy Simulation (VLES; Speziale 1997b) bzw. Detached–Eddy Simulation<br />

(DES; Spalart 1999, Shur et al. 1999) bekannt.<br />

Transportgleichungs–Reynolds–Spannungsmodelle<br />

Der Einsatz von Transportgleichungs–Reynolds–Spannungsmodellen (RSTM) anstelle<br />

defizitärer EVM fand im industriellen Kontext trotz ihrer Prädestinierung für komplexe<br />

Strömungssituationen und der jahrzehntelangen Verfügbarkeit solcher Ansätze (Launder<br />

et al. 1975; Gibson und Launder 1978; Fu et al. 1987; Speziale et al. 1991) kaum<br />

3


KAPITEL<br />

Verbreitung. Die primäre Ursache hierfür ist der hohe Kernspeicher– und Rechenbedarf,<br />

der mit den üblicherweise sieben zu lösenden Transportgleichungen des RSTM<br />

verbunden ist. Die quelltermdominierten, eng gekoppelten Transportgleichungen der<br />

RSTM sind stark nichtlinear und numerisch steif. Ihre formal konvektive Bindung an<br />

die gemittelten Impulsgleichung schwächt die numerische Stabilität und verursacht<br />

einen erheblichen Implementierungsaufwand (Obi, Perić und Scheuerer 1991; Lien und<br />

Leschziner 1994; Rung 2000). Einfache (lineare) RSTM vermögen erfahrungsgemäß<br />

nicht alle Defizite isotroper EVM zu vermeiden. Diesbezüglich existieren leider nur<br />

wenige systematische Untersuchungen, da die Modellbildung aufgrund ihrer wesentlich<br />

komplexeren Struktur schwieriger zu analysieren und modifizieren sind. Neuere<br />

Ad–hoc–Ansätze zur Erweiterung des Gültigkeitsbereichs der RSTM auf der Grundlage<br />

hochgradig nichtlinearer Umverteilungsterme werden vielfach mit Skepsis betrachtet<br />

(Speziale 1995). Ungeachtet ihrer theoretischen Vorteile steht die erfolgreiche Validierung<br />

fortschrittlicher Transportgleichungs–Reynolds–Spannungsmodelle in Bezug<br />

auf die genauere Darstellung von komplexen, praxisrelevanten Strömungen noch aus<br />

(Bradshaw et al. 1996). Erste vielversprechende Arbeiten hierzu findet man z.B. bei<br />

Batten et al. (1999) oder Hanjalić et al. (1999).<br />

Anisotrope Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

Zur Verbesserung der strömungsphysikalischen Modellbildung werden derzeit vielerorts<br />

nichtlineare Erweiterungen der Zwei–Parameter–Wirbelzähigkeitsmodelle untersucht.<br />

Diese gleichen in Bezug auf den Rechenaufwand und ihre numerischen Eigenschaften<br />

den isotropen Wirbelzähigkeitsmodellen. Sie sind daher besonders für den Einsatz<br />

in industriellen Simulationsverfahren geeignet. Gemeinsames Merkmal dieser Ansätze<br />

ist der im Unterschied zu isotropen EVM nichtlineare Zusammenhang zwischen den<br />

Reynolds–Spannungen und den Geschwindigkeitsgradienten (nichtlineare Stress–Strain<br />

Beziehung). Neben mehreren heuristisch motivierten Vorschlägen, z.B. von Speziale<br />

(1987) oder Craft et al. (1996), sind aus der Literatur eine Vielzahl unterschiedlicher<br />

Vorgehensweisen bekannt, welche sich bei der Konstruktion der nichtlinearen<br />

Wirbelzähigkeitsbeziehungen an einem übergeordneten mathematisch/physikalischen<br />

Prinzip orientieren. Nichtlineare Stress–Strain Beziehungen wurden beispielsweise auf<br />

der Grundlage von Renormalisierungsgruppen–Theorien (Rubinstein und Barton 1990;<br />

Yakhot et al. 1992), der Direct–Interaction–Approximation (Yoshizawa 1984), dem<br />

Realizability–Prinzip (Shih et al. 1993) oder der Rationalen Mechanik (Pope 1975; Taulbee<br />

1992; Gatski und Speziale 1993; Wallin und Johansson 2000) formuliert.<br />

Im Vergleich zu anderen Vorschlägen erscheinen die Expliziten Algebraischen Spannungsmodelle<br />

(EASM) überlegen. Die ursprünglich auf Pope (1975), Gatski und Speziale<br />

(1993) zurückgehende Entwicklung expliziter algebraischer Spannungsmodelle basiert<br />

auf der Vereinfachung linearer RSTM für strukturell stationäre Turbulenz. Durch<br />

diese Vereinfachung lassen sich die Transportgleichungen der Reynolds–Spannungen<br />

als System gekoppelter algebraischer Bilanzgleichungen darstellen (Rodi 1976), welche<br />

ergänzend zu den Transportgleichungen des Zwei–Parameter–Modells gelöst werden<br />

müssen. Die Algebraischen Spannungsmodelle (ASM) können mit Hilfe der Darstellungs–<br />

4


KAPITEL<br />

bzw. Invariantentheorie (Spencer 1971; Zheng 1994) in explizite nichtlineare Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

überführt werden. Der entscheidende Vorteil der EASM ist ihr strenger<br />

mathematischer Zusammenhang zu impliziten linearen RSTM, wodurch die exakte<br />

Darstellung der dominanten Produktionsterme und eine Berücksichtigung von Umverteilungsmechanismen<br />

gewährleistet ist. Die enge Beziehung zum impliziten Reynolds–<br />

Spannungsmodell ermöglicht eine verbesserte Vorhersage von Effekten, welche aus<br />

Spannungsanisotropie, Systemrotation oder extremer Stromlinienkrümmung gespeist<br />

werden, und erleichtert die Analyse der Modellbildung. Die EASM verfügen prinzipiell<br />

über ähnliche physikalische Gültigkeitsbereiche wie RSTM und besitzen im Vergleich<br />

zu Transportgleichungs–Reynolds–Spannungsmodellen Vorteile in Bezug auf die Integration<br />

des wandnahen low–Re Bereichs. In Anbetracht des engen Zusammenhangs<br />

zwischen RSTM und nichtlinearen EVM erscheint die klassische Gliederung statistischer<br />

Turbulenzmodelle nach Wirbelzähigkeits– und Reynolds–Spannungsmodellen unangemessen.<br />

Ein alternatives Kriterium wäre die Differenzierung nach expliziten und<br />

impliziten Reynolds–Spannungsmodellen.<br />

Gliederung und Zusammenfassung der Lehrveranstaltung<br />

Die Vorlesung widmet sich vornehmlich der Entwicklung und Analyse von statistischen<br />

Turbulenzmodellen aus der Ingenieurpraxis. Den Schwerpunkt der Vorlesung bilden<br />

isotrope (lineare), anisotrope (nichtlineare) Transportgleichungs–Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

sowie einfache lineare Transportgleichungs–Reynolds–Spannungsmodelle. Im Fokus<br />

der nichtlinearen Modellierung stehen vornehmlich explizite algebraische Spannungsmodelle,<br />

deren Diskussion gebräuchliche lineare Transportgleichungs–Reynolds–<br />

Spannungsmodelle einschließt.<br />

Neben der Erörterung konventioneller, empirisch/heuristischer Modellierungstechniken<br />

wird besonderer Wert auf die systematische Einordnung formal unterschiedlicher Modelle<br />

in eine kanonische Hierarchie statistischer Turbulenzmodelle gelegt. Die systematische<br />

Gliederung offenbart mathematische und physikalische Zusammenhänge zwischen<br />

verschiedenen Modelltypen. Der damit verbundene mathematische Formalismus wird<br />

zur Analyse der Modellbildung in vielerlei Hinsicht intensiv benutzt.<br />

Der natürlichen Gliederung folgend, befaßt sich das erste <strong>Kapitel</strong> den mathematischen<br />

Grundlagen. Neben den strömungsmechanischen Grundgleichungen werden hier insbesondere<br />

die Grundzüge der statistischen Turbulenzmodellierung dargelegt, und erste<br />

Modellierungstechniken, wie z.B. die Gradientendiffusion oder die Entwicklung der<br />

Transportgleichungen für konventionelle Zweigleichungsmodelle, erläutert.<br />

Im zweiten <strong>Kapitel</strong> erfolgt eine kritische Bewertung des linearen Wirbelzähigkeitskonzepts<br />

aus dem Blickwinkel der Darstellungstheorie. Das <strong>Kapitel</strong> strebt eine formale<br />

Erörterung von Defiziten konventioneller isotroper Wirbelzähigkeitsmodelle an, und<br />

versucht so die Motivation zur Verwendung einer im darstellungstheoretischen Sinne<br />

höherwertigen Modellbildung zu entwickeln. Daran anschließend wirden im dritten<br />

<strong>Kapitel</strong> ein Einblick in rationale Modellierungspraktiken, insbesondere die für die<br />

Entwicklung nichtlinearer Wirbelzähigkeitsmodelle relevanten Grundlagen der Darstel-<br />

5


KAPITEL<br />

lungstheorie erörtert. Die hierbei verwendeten vektoralgebraischen Hilfsmittel können<br />

Anhang C entnommen werden.<br />

<strong>Kapitel</strong> vier diskutiert implizite, lineare Reynolds–Spannungsmodelle. Letztere umfassen<br />

sowohl Transportgleichungsmodelle, als auch algebraische Spannungsmodelle. Die<br />

Schwerpunkte dieses <strong>Kapitel</strong>s liegen auf der Entwicklung von Modellen zur Beschreibung<br />

der Druck–Scher–Korrelationen.<br />

Im <strong>Kapitel</strong> fünf wird, ausgehend von den impliziten algebraischen Reynolds–Spannungsmodellen,<br />

eine Projektionstechnik zur Formulierung beliebig aufwendiger expliziter algebraischer<br />

Spannungsmodelle skizziert. Ein wichtiges Merkmal dieser Vorgehensweise<br />

ist ihre hohe Flexibilität in Hinblick auf die gezielte Modellierung einzelner physikalischer<br />

Mechanismen. Ferner eignet sich die Prozedur zur Erweiterung klassischer<br />

expliziter algebraischer Spannungsmodelle. Die explizite Darstellung der Reynolds–<br />

Spannungen verlangt zusätzliche Annahmen zur Schließung der spezifischen Produktionsrate<br />

P/ε innerhalb der Koeffizienten des expliziten algebraischen Spannungsmodells.<br />

<strong>Kapitel</strong> sechs diskutiert unterschiedliche Schließungstechnikenund erläutert den Begriff<br />

der asymptotischen Konsistenz.<br />

Ein Analysekapitel befaßt sich mit der Vorhersage fundamentaler Strömungszustände<br />

durch unterschiedliche explizite algebraische Spannungsmodelle. Im Vordergrund des<br />

<strong>Kapitel</strong>s stehen die Darstellbarkeit homogener Turbulenzfelder, die physikalische Realisierbarkeit<br />

der modellierten Reynolds–Spannungen sowie die Konsistenz zur Rapid–<br />

Distortion–Theorie. Daneben findet die Darstellung normalspannungsgetriebener Sekundärströmungen<br />

und krümmungsinduzierter Variationen von Schubspannungen besondere<br />

Beachtung. Die Betrachtungen ermöglichen eine Validierung des linearen Druck–<br />

Scher–Korrelationsmodells und eignen sich zur Formulierung von Restriktionen für<br />

die dazugehörigen Koeffizienten. Das achte <strong>Kapitel</strong> erörtert Optimierungsstrategien<br />

und befaßt sich mit der Erweiterung expliziter algebraischer Spannungsmodelle für<br />

Wandturbulenz, kompressible Medien, Mehrskalentheorien und dreidimensionale Strömungszustände.<br />

Daneben werden die traditionellen Schwierigkeiten von Wirbelzähigkeitsmodellen<br />

in Bezug auf die Vorhersage krümmungsbehafteter Strömungen analysiert.<br />

Im Anschluß daran wird der Modellkanon durch die Herleitung von Eingleichungsmodellen<br />

aus hierarchisch übergeordneten Zweigleichungsmodellen vervollständigt und<br />

die mathematisch/physikalischen Zusammenhänge zer schen einzelnen Modellen zusammengefasst.<br />

Im Rahmen eines abschließenden <strong>Kapitel</strong>s werden numerische Aspekte, welche zur Umsetzung<br />

der Modelle in finiten Approximationsverfahren wichtig sind, erörtert. Hierzu<br />

zählen insbesondere die Formulierung von geeigneten Randbedingungen im Bereich<br />

fester Wände, wie z.B. high-Re und Low-Re Bedingungen, sowie die Diskussion von<br />

Fernfeldrandbedingungseinflüssen im Zusammenhang mit unterschiedlichen Modellierungstechniken.<br />

Die Validierung bezieht sich vorwiegend auf akademische Beispiele, welche einen vertieften<br />

Einblick in isolierte physikalische Mechanismen erlauben. Die diesbezüglichen<br />

Anwendungen sind begleitend in den laufenden Text integriert. Hierzu zählen unter<br />

6


KAPITEL<br />

anderem die Berechnung von scherfreier und schergetriebener Turbulenz, die Simulation<br />

von Sekundärströmungsphänomenen und Wandturbulenz, sowie die Untersuchung<br />

von Strömungsdrall bzw. die Vorhersage von Strömungen in rotierenden Systemen.<br />

Weite Teile der Darstellung und Berurteilung von Ergebnissen erfolgen unter Verwendung<br />

der Invariantenkarte nach Lumley (1978) und der damit verbundenen skalaren<br />

Deskriptoren, deren Herleitung man Anhang A entnehmen kann.<br />

7


<strong>Kapitel</strong> 1 Mathematische Grundlagen<br />

??<br />

Für die Berechnung von Strömungsproblemen bieten die in einer Vielzahl bewährter<br />

Literaturstellen (z.B. Bird et al. 1962, Spurk 1989) angebotenen Ausgangsgleichungen<br />

einen attraktiven Einstieg in die Problematik. Der Vollständigkeit halber erfolgt zu<br />

Beginn dieses Manuskripts eine knappe Zusammenfassung der mathematischen Grundlagen.<br />

Der erste Abschnitt befaßt sich mit den fundamentalen Bilanzgleichungen. Die<br />

Schließung der Bilanzgleichungen stützt sich auf die Materialgesetze einfacher Navier–<br />

Stokes/Fourier Fluide und perfekter Gase, welche im zweiten Abschnitt wiedergegeben<br />

sind. Die folgenden Abschnitte stellen die Grundzüge der statistischen Modellierung<br />

turbulenter Strömungen dar, zu dessen Ergänzung bereits hier auf die Bücher von Hinze<br />

(1959), Tennekes und Lumley (1972), Launder und Spalding (1972), Rotta (1972),<br />

Wilcox (1993) und Hallbäck et al. (1996) hingewiesen sei. Zur Abgrenzung der statistischen<br />

Turbulenzmodellierung werden abschliessenwerden die Grundzüge der Grobstruktursimulation<br />

dargelegt.<br />

1.1 Transportgleichungen<br />

Im Rahmen der Strömungsmechanik werden die Bilanzgleichungen in der Regel nicht<br />

auf der Basis körperfester materieller oder Lagrange–Koordinaten, sondern auf der<br />

Basis raumfester Euler–Koordianten betrachtet. Die zeitliche Ableitung eines Integrals,<br />

dessen Grenzen und Integrand von der Zeit t abhängen, erfolgt unter Verwendung der<br />

Leibnitzschen Integrationsregel:<br />

d<br />

dt<br />

<br />

V<br />

<br />

φdV →<br />

V<br />

∂φ<br />

dV +<br />

∂t<br />

<br />

O(V)<br />

dA · (Uφ) = Sφ . (1.1)<br />

Hierin repräsentiert V den räumlichen Bereich, der momentan mit dem materiellem Volumen<br />

V zusammfällt, und Sφ eine spezifische rechte Seite, die aus sogenannten Quelltermen<br />

zur Erzeugung, Vernichtung oder Umverteilung von φ beiträgt. Die Leibnitzsche<br />

Integrationsregel für Volumina (1.1) ist auch als Reynoldssches Transporttheorem bekannt.<br />

Mit Hilfe des Gaußschen Satzes erhält man anstelle von (1.1) die alternative<br />

Darstellung:<br />

<br />

V<br />

∂φ<br />

∂t<br />

<br />

+ ∇ · (Uφ) dV = Sφ . (1.2)<br />

Im Rahmen der Kontinuumshypothese gilt (1.2) für beliebige Kontrollräume V, weswegen<br />

die differentielle Form der Bilanzgleichungen<br />

∂φ<br />

∂t + ∇ · (Uφ) = sφ<br />

<br />

, mit Sφ = sφdV (1.3)<br />

lautet. Die Gültigkeit der differentiellen Form beschränkt sich genaugenommen auf<br />

Punkte, in denen die Feldgrößen stetig sind, insbesondere also keine Diskontinuitätsflächen<br />

auftreten. Für die numerische Simulation von Strömungsproblemen wird die<br />

8


1.1. TRANSPORTGLEICHUNGEN<br />

konservative Integralform (1.1) zumeist bevorzugt. Die Herleitung der Transportgleichungen<br />

für die zweiten statistischen Momente stützt sich vorwiegend auf die differentielle<br />

Form, deren Notation im weiteren Verlauf des <strong>Kapitel</strong>s auf kartesischen Tensorkoordinaten<br />

basiert und die übliche Definition der substantiellen Ableitung verwendet<br />

Kontinuitätsgleichung<br />

˙φ = Dφ<br />

Dt<br />

= ∂φ<br />

∂t<br />

∂φ<br />

+ Uk .<br />

∂xk<br />

Der Satz von der zeitlichen Erhaltung der Masse in quellfreien Strömungsgebieten<br />

(Sρ=0) wird durch den Transport der Dichte (φ := ρ) in (1.1) beschrieben<br />

<br />

∂ρ<br />

dV + dA · (Uρ) = 0 . (1.4)<br />

∂t<br />

V<br />

O(V)<br />

Auf der Basis kartesischer Tensorkoordinaten lautet die entsprechende differentielle<br />

Form<br />

Impulsgleichung<br />

V<br />

∂ρ<br />

∂t<br />

+ ∂ ρ Ui<br />

∂xi<br />

= 0 . (1.5)<br />

Die Impulsgleichung ergibt sich aus dem 1. Newtonschen Grundgesetz, nach dem die<br />

Änderung des Impulses (φ := ρU) der Summe aller äußeren Kräfte auf das Fluid<br />

entspricht. Auf der rechten Seite der Eulerschen Beziehung (1.1) sind daher sämtliche,<br />

auf den flüssigen Körper wirkenden mechanischen Lasten zu bilanzieren:<br />

<br />

∂<br />

∂t (ρU)<br />

<br />

dV + ρU U · dA = − P dA + τ · dA + fdV . (1.6)<br />

O(V)<br />

Hierin ist P der statische Druck, τ der noch zu definierende (symmetrische) Tensor der<br />

Reibungsspannungen und f eine beliebige Volumenkraftdichte – z.B.(0, 0, −ρg) –. Mit<br />

Hilfe des Gaußschen Satzes lassen sich die Integrale über die Oberflächenkraftdichten<br />

in Volumenintegrale wandeln, und man erhält für beliebige Teilbereiche lokal stetiger<br />

Feldvariablen die folgende differentielle (kartesische) Koordinatenbeziehung<br />

ρ DUi<br />

Dt<br />

O(V)<br />

∂P<br />

= − +<br />

∂xi<br />

∂τij<br />

∂xj<br />

O(V)<br />

+ fi . (1.7)<br />

Im Falle eines mit der Winkelgeschwindigkeit Ω stationär um den Koordinatenursprung<br />

rotierenden Bezugsssystems ist die rechte Seite um Coriolis– (−2ρ Ω × U) und Zentrifugalbeschleunigungen<br />

(−ρ Ω × Ω × x) zu ergänzen, woraus sich<br />

ρ DUi<br />

Dt<br />

= −∂P ∗<br />

∂xi<br />

+ ∂τij<br />

∂xj<br />

9<br />

+ f ∗ i<br />

V<br />

(1.8)


KAPITEL<br />

ergibt. Hierin sind der um die Zentrifugalbeschleunigungen erweiterte Druck durch<br />

P ∗ = P − 0.5ρ (xmxm)(ΩkΩk) + 0.5ρ (Ωmxm)(Ωkxk) , (1.9)<br />

und die um die Coriolisbeschleunigung ergänzte Volumenkraftdichte durch<br />

f ∗ i = fi − 2ρ eijk ΩjUk (1.10)<br />

erklärt. Der in (1.10) auftretende Permutationstensor eijk folgt der Definition<br />

⎧<br />

⎪⎨ 1 für ijk = 123, 231, 312 ,<br />

eijk = −1<br />

⎪⎩<br />

0<br />

für ijk = 213, 132, 321 ,<br />

sonst .<br />

(1.11)<br />

Druckpoissongleichung<br />

Für die statistische Turbulenzmodellierung spielt die Poissongleichung des Drucks in<br />

inkompressiblen Medien eine zentrale Rolle. Diese gewinnt man mit Hilfe der Kontinuitätsaussage<br />

∇ · U = 0 aus der Divergenz von Gleichung (1.8)<br />

1<br />

ρ<br />

∂ 2 P ∗<br />

∂xi∂xi<br />

<br />

∂Uk ∂Ui<br />

= −<br />

∂xi ∂xk<br />

+ 2eijkΩj<br />

<br />

∂Uk<br />

∂xi<br />

+ 1<br />

ρ<br />

∂fi<br />

∂xi<br />

, (1.12)<br />

wobei der Reibungsspannungstensor dem in Abschnitt 1.2 notierten Materialgesetz<br />

(1.32) folgt.<br />

Wirbeltransportgleichung<br />

Die Transportgleichung des Wirbelvektors ωi = eijk ∂Uk repräsentiert ein weiteres,<br />

∂xj<br />

geeignetes Instrument zur Analyse turbulenter Strömungen<br />

<br />

D ωi D ∂Uk ∂ ∂ ∂Uk<br />

= eijk = + Um eijk<br />

Dt Dt ∂xj ∂t ∂xm ∂xj<br />

<br />

∂ DUk ∂Uk ∂Um<br />

= eijk<br />

− eijk . (1.13)<br />

∂xj Dt ∂xm ∂xj<br />

Für inkompressible Medien erhält man mit Hilfe des in Abschnitt 1.2 notierten Materialgesetzes<br />

(1.32) für den ersten Term der rechten Seite von Gleichung (1.13)<br />

<br />

∂ DUk<br />

(...)eijk<br />

=<br />

∂xj Dt<br />

eijk<br />

2 ∂ τkm<br />

+<br />

ρ ∂xm ∂xj<br />

∂ fk<br />

<br />

+ d<br />

∂xj<br />

eijk ∂ fk<br />

(1.14) .<br />

ρ ∂xj<br />

= (1.32) ν ∂2 ωi<br />

∂x 2 m<br />

Bei Verwendung statistischer Turbulenzmodelle ergibt sich im Volumenkraftdichtefreien<br />

Fall fk = (ukum),m. Der zweite Summand der rechten Seite von Gleichung (1.13)<br />

läßt sich für inkompressible Strömungen, wegen m = i, wie folgt vereinfachen<br />

eijk<br />

∂Uk<br />

∂xm<br />

∂Um<br />

∂xj<br />

= emjk<br />

∂Uk<br />

∂xm<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

10<br />

= −ejmk<br />

∂Uk<br />

∂xm<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

= −ωj<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

,


womit sich die Wirbeltransportgleichung schließlich in Form von<br />

ergibt.<br />

Energiegleichung<br />

D ωi<br />

Dt<br />

= ωk<br />

∂Ui<br />

∂xk<br />

+ ν ∂2 ωi<br />

∂x 2 k<br />

+ eijk<br />

ρ<br />

1.1. TRANSPORTGLEICHUNGEN<br />

∂ fk<br />

∂xj<br />

(1.15)<br />

Der energetische Transport durch einen Kontrollraum V wird durch den 1. Hauptsatz<br />

der Thermodynamik beschrieben. Hiernach ist die Änderung von kinetischer Energie<br />

K und innerer Energie E in V gleichgewichtig zur Summe aus Spannungsleistungen Ps,<br />

Wärmeflüssen über die Oberfläche ˙ Q sowie dem pro Zeiteinheit produzierten Anteil an<br />

eingeprägter Wärme ˙ Qe (beispielsweise aus Strahlung resultierend):<br />

˙E + ˙ K = Ps + ˙ Q + ˙ Qe . (1.16)<br />

Eingeprägte Wärmeanteile bleiben fortan unberücksichtigt. Da diese zumeist Quelltermgestalt<br />

besitzen, sind sie im Bedarfsfall leicht zu ergänzen. Mit Hilfe der Leistungsdichten<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

˙Q = − q · dA bzw. Ps = U · τ · dA − dA · (U P ) + U · fdV (1.17)<br />

erhält man unter Verwendung intensiver Feldgrößen<br />

dE := ρe dV und dK := ρ<br />

die Integralgleichung<br />

<br />

∂<br />

ρ e +<br />

∂t<br />

U 2 <br />

g<br />

dV +<br />

2<br />

<br />

V<br />

−<br />

<br />

O(V)<br />

O(V)<br />

2 U · U dV = ρU 2 g<br />

2<br />

dA ·<br />

dA · q + U P − τ T · U <br />

+<br />

V<br />

<br />

ρU e + U 2 <br />

g<br />

=<br />

2<br />

dV (1.18)<br />

U · fdV . (1.19)<br />

Die Beziehung (1.19) geht nach Wandlung der Oberflächenintegrale unter der Voraussetzung<br />

stetiger Feldgrößen in eine differentielle Formulierung über. Subtrahiert man<br />

hiervon die durch skalare Multiplikation mit der Geschwindigkeit erweiterte Impulsbilanz<br />

(1.7), so ergibt sich eine weitere differentielle Bilanzgleichung<br />

ρ De<br />

Dt<br />

∂qi<br />

= − − P<br />

∂xi<br />

∂Ui<br />

∂xi<br />

∂Ui<br />

+ τji . (1.20)<br />

∂xj<br />

<br />

Die hierin auftretende doppelte Überschiebung zwischen den Verzerrungsgeschwindigkeiten<br />

und den daran wirkenden Reibungsspannungen wird zumeist als Dissipationsfunktion<br />

φD bezeichnet und symbolisiert die volumenbezogene Spannungsleistung infolge<br />

von Kontrollraumverzerrung.<br />

11<br />

:=φD


KAPITEL<br />

Enthalpiegleichung<br />

Neben (1.20) finden eine Reihe weiterer Formulierungen der Energiegleichung Verwendung.<br />

Hierzu zählt beispielsweise die in Termen der Enthalpie h formulierte Variante,<br />

zu der man vermöge ρh := ρe + P gelangt<br />

ρ Dh<br />

Dt<br />

∂qi<br />

= − + φd +<br />

∂xi<br />

DP<br />

Dt<br />

. (1.21)<br />

Diese Beziehung geht für kalorisch ideale Medien (vgl. Abschnitt 1.3) in<br />

DT<br />

ρcp<br />

Dt<br />

∂qi<br />

= − + φd +<br />

∂xi<br />

DP<br />

Dt<br />

(1.22)<br />

über. Die Beziehung (1.22), bzw. deren konservative Integralform dienen im Folgenden<br />

als Ausgangsgleichung zur Berechnung kompressibler Probleme.<br />

Generische Transportgleichung<br />

Der Transport einer generischen Strömungsvariablen folgt der Beziehung<br />

ρ Dφ<br />

<br />

∂ ∂φ<br />

= Γφ + sφ . (1.23)<br />

Dt ∂xi ∂xi<br />

1.2 Materialgleichungen<br />

Im Rahmen der Lehrveranstaltung werden lediglich Strömungen einfacher Navier–<br />

Stokes–Fourier Fluide behandelt. Die mechanischen und thermodynamischen Konsequenzen<br />

aus dieser Vereinfachung sind allgemein bekannt und sollen daher im folgendem<br />

Abschnitt nur kurz skizziert werden. Das im vorangehenden Abschnitt notierte System<br />

von Bilanzgleichungen ist für alle Materialien und Strömungszustände gültig. Dennoch<br />

bildet es kein geschlossenes Gleichungssystem, sondern benötigt hierzu folgende Konstitutivbeziehungen<br />

• eine thermische Zustandsgleichung,<br />

• ein Stoffgesetz zur Verknüpfung von Zustandsgrößen,<br />

• Ansätze für die Transportkoeffizienten.<br />

Thermische Zustandsgleichung<br />

Vernachlässigt man die intermolekularen Phänomene, wir z.B. Binnendruck und Kovolumen,<br />

so spricht man von idealem oder auch perfektem Gas. Für dieses Fluid sind<br />

die Zustandsgrößen Druck p, Dichte ρ und Temperatur T durch die Zustandsgleichung<br />

P = ρRT (1.24)<br />

12


1.2. MATERIALGLEICHUNGEN<br />

beschrieben. Die medienspezifische Gaskonstante R bestimmt sich darin über<br />

R =<br />

˜ R/M<br />

˜R = universelle Gaskonstante = 8.3143 J<br />

mol K<br />

M = Molmasse des Strömungsmediums z.B. Luft = 29g<br />

mol<br />

. (1.25)<br />

Aus der Voraussetzung eines thermisch idealen Stoffverhaltens ergibt sich für die differentiellen<br />

Zustandsgrößen der inneren Energie de und der Enthalpie dh<br />

de = cvdT bzw. dh = cpdT = d(e + P/ρ) (1.26)<br />

mit (nicht notwendigerweise konstanten) isobaren bzw. isochoren Wärmekapazitäten<br />

cp und cv. Das Stoffgesetz (1.24) des Idealgases ergibt die Restriktion<br />

dh = de + d(P/ρ) → cpdT = cvdT + RdT → cp − cv = R , (1.27)<br />

welche sich bei Verwendung des Quotienten cp<br />

γ = cp<br />

cv<br />

cv<br />

(:= Isentropenexponent γ) zu<br />

→ cp = Rγ<br />

γ − 1 , cv = R<br />

γ − 1<br />

(1.28)<br />

notiert. Die in dieser Vorlesung berechneten kompressiblen Strömungen setzen zudem<br />

kalorisch ideales Verhalten voraus (cp und cv =konst.), weswegen sich die differentiellen<br />

Stoffgesetze (1.26) der inneren Energie und Enthalpie zu<br />

h − href = cp(T − Tref) und e − eref = cv(T − Tref) (1.29)<br />

integrieren lassen. Eine Modifikation für kalorisch reale Stoffe sollte mit Hilfe von Stoffgesetztabellen,<br />

z.B. Blanke (1989), leichterdings möglich sein. Für die Berechnungen<br />

benötigt man somit die Vorgabe einer spezifischen Gaskonstante R sowie eines Isentropenexponenten<br />

γ. Das verwendete numerische Verfahren ist vornehmlich zur Berechnung<br />

von Luftströmungen entwickelt worden. Für dieses, in der Hauptsache aus zweiatomigen<br />

Stickstoffmolekülen bestehende Medium, ist die Gültigkeit der thermischen<br />

Zustandsgleichung bei nicht zu hohen Drücken im wesentlichen vom lokalen Temperaturzustand<br />

abhängig. Bei Temperaturen oberhalb von 500 K wird vom Medium zusehends<br />

mehr Energie in die Nutzung des Vibrationsfreiheitsgrades des Hantelmodells<br />

umgesetzt. In diesem Fall kann nicht mehr mit konstanten spezifischen Wärmen gerechnet<br />

werden (kalorisch reales Verhalten). Oberhalb von ca. 2000 K ist die verstärkt<br />

einsetzende Dissoziation der Sauerstoffanteile zu berücksichtigen, von 5000 K an findet<br />

zudem Stickstoffdissoziation statt. Berechnungen für T > 2000 K erscheinen auch<br />

bei Berücksichtigung von Realgasfaktoren fragwürdig. Eine Abschätzung der maximal<br />

berechenbaren Temperaturen in Abhängigkeit der Anströmzahl kann mit Hilfe der<br />

Staupunkttemperatur erfolgen. Mit γ = 1.4 sowie T∞ ≈ 300 K ermittelt man (für in<br />

erster Näherung zu 1 gesetzte Recoveryfaktoren) aus:<br />

13


KAPITEL<br />

To<br />

T∞<br />

= 1 +<br />

γ − 1<br />

2 Ma2 ∞ , (1.30)<br />

die T0 ≈500 K Grenze bei Ma∞ ≈ 2 sowie den Realgasbereich bei Ma∞ ≈ 5. Die<br />

in (1.30) verwendete dimensionslose Kennzahl Ma∞ (Anströmmachzahl) ist durch das<br />

Verhältnis von Anströmgeschwindigkeitsbetrag Ug∞ zu Schallgeschwindigkeit der Anströmung<br />

a∞ definiert<br />

Stoffgesetz<br />

Ma := Ug<br />

a<br />

mit a 2 := γRT . (1.31)<br />

Der molekulare Reibungsspannungstensor τ wird im Rahmen einfacher Medien üblicherweise<br />

durch den Deformationsgeschwindigkeitsansatz nach Navier–Stokes beschrie-<br />

ben<br />

<br />

∂ Ui<br />

τij = µ +<br />

∂ xj<br />

∂ Uj<br />

<br />

+ µd −<br />

∂ xi<br />

2<br />

3 µ<br />

<br />

∂ Uk<br />

δij . (1.32)<br />

Hierin sind µ die molekulare Scherzähigkeit und µd die Druckzähigkeit. Die Symmetrie<br />

des Spannungstensors ist zwingend notwendig, wie die Analyse des Drehimpulserhaltungssatzes<br />

ergibt (Spurk 1989). Diese erlaubt die Redefinition der oben genannten<br />

Dissipationsfunktion (1.20)<br />

φD = Sij τij mit Sij = 0.5<br />

<br />

∂ Ui<br />

+ ∂ Uj<br />

∂ xj<br />

∂ xk<br />

<br />

∂ xi<br />

. (1.33)<br />

Die mittlere Gesamtnormalspannung entspricht für inkompressible Strömungen gerade<br />

dem negativen Druck. Damit dies für kompressible Strömungen auch gilt, muß die<br />

Druckzähigkeit µd gemäß der Stokesschen Hypothese verschwinden, wovon im Folgenden<br />

ausgegangen werden soll:<br />

τij = 2 µ Sij − 2<br />

3 µ<br />

<br />

∂ Uk<br />

δij mit µ = ρ ν . (1.34)<br />

∂ xk<br />

Die Druckzähigkeit dient üblicherweise zur Beschreibung der Anregung innerer Molekülfreiheitsgrade<br />

durch den Übergang von kinetischer Energie. Für einatomige Gase<br />

ohne innere Freiheitsgrade ist die Druckzähigkeit folglich null. Für die hier vorwiegend<br />

betrachteten Luftströmungen im Idealgasbereich ist der aus der Stokesschen Hypothese<br />

resultierende Fehler von untergeordneter Bedeutung.<br />

Die über die Oberfläche in den Kontrollraum einfließende Wärmemenge sei positiv für<br />

nach innen gerichtete Wärmeflüsse. Die Komponenten des Vektors der Wärmestromdichten<br />

q bestimmen sich dann aus dem nach Fourier benannten isotropen Gradienten-<br />

Diffusionsansatz:<br />

qi = −λ ∂T<br />

. (1.35)<br />

∂xi<br />

14


Transportkoeffizienten<br />

1.3. STATISTISCHE BESCHREIBUNG TURBULENTER STRÖMUNGEN<br />

Die (Scher-)Zähigkeit µ und die Wärmeleitfähigkeit λ von Fluiden sind im allgemeinen<br />

eine Funktion von Druck und Temperatur. Die Druckabhängigkeit spielt bei verdünnten<br />

Gasen (z.B. Luft bei mäßig hohen Drücken) nur eine untergeordnete Rolle. Die<br />

exakten Abhängigkeiten werden durch die kinetische Gastheorie beschrieben (Sommerfeld<br />

1988). Für die Viskosität wird zumeist eine von Sutherland (1893) angegebene<br />

Näherungsformel verwendet<br />

<br />

T<br />

µ(T ) = µref(Tref)<br />

Tref<br />

3<br />

2 Tref + ϑ<br />

T + ϑ<br />

. (1.36)<br />

Darin ist µref die Viskosität für die Referenztemperatur Tref und ϑ eine stoffabhängige<br />

Konstante. Für Luft findet man (Jischa 1982)<br />

5 kg<br />

ϑ = 110K Tref = 280K, µref = 1.75 · 10 . (1.37)<br />

ms<br />

Eine analoge Formel läßt sich zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit finden. Da die<br />

dynamische Viskosität und die Wärmeleitfähigkeit für verdünnte Gase in sehr ähnlicher<br />

Weise mit der Temperatur variieren, kann λ im interessierenden Temperaturbereich<br />

einfacher über die Definition der konstant gesetzten Prandtlzahl P r bestimmt werden:<br />

λ = µcp<br />

P r<br />

, mit P r ≈ 0.7 . (1.38)<br />

Abschließend sei bemerkt, daß sämtliche Stoffwerte als schwankungsfrei betrachtet werden.<br />

1.3 Statistische Beschreibung turbulenter Strömungen<br />

Die mathematische Beschreibung von Strömungsturbulenz ist die Grundlage für das<br />

Verständnis und die Optimierung technischer Strömungen. Dabei ist die Effizienz des<br />

verwendeten Ansatzes ebenso wichtig wie dessen Genauigkeit. Turbulente Austauschmechanismen<br />

basieren auf Wechselwirkungen der zeitlichen und räumlichen Schwankungen<br />

von Druck, Dichte und Geschwindigkeit, welche sich über ein großes Spektrum<br />

unterschiedlicher Skalen erstrecken. Eine präzise Simulation der Vorgänge verlangt die<br />

Auflösung sämtlicher Skalen durch die Diskretisierung. Dies ist aus Effizienzgründen<br />

für praxisnahe Anwendungen in absehbarer Zeit nicht möglich, darüber hinaus sind<br />

in technischen Anwendungen nur die statistischen Eigenschaften der Strömung von<br />

Interesse. Numerische Verfahren zur Berechnung praxisrelevanter Problemstellungen<br />

basieren daher fast ausnahmslos auf einer statistischen Betrachtung der Strömung unter<br />

Verwendung semi–empirischer Turbulenzmodelle zur Schließung der statistisch gemittelten<br />

Bilanzgleichungen. Der letzte Abschnitt des ersten <strong>Kapitel</strong>s diskutiert die<br />

mathematischen Grundlagen statistischer Turbulenzmodelle.<br />

15


KAPITEL<br />

1.3.1 Statistische Mittelung<br />

Bei den im Folgenden definierten Mittelungsoperatoren handelt es sich um die klassische<br />

Reynolds– oder Ensemblemittelung (Reynolds 1895) und die zur Behandlung kompressibler<br />

Strömungen vorteilhafte dichtegewichtete Favré–Mittelung (Favré 1965). Daneben<br />

werden die unter dem Oberbegriff Reynoldssche Mittelung firmierenden Derivativa<br />

der Ensemblemittelung für statistisch stationäre und homogene Strömungen skizziert.<br />

Die Definition der Mittelungsoperatoren macht von Hilfsgrößen Z(i) Gebrauch,<br />

die eine beliebige statistische Variable (U, P , T oder ρ) repräsentieren.<br />

Die Reynoldssche Mittelung ist die am häufigsten gebrauchte Mittelungstechnik.<br />

Ihre allgemeingültigste Definition gründet auf der klassischen Ensemblemittelung<br />

˜Z = Z + z mit ˜ Z = Z bzw. z = 0 . (1.39)<br />

Hierin kennzeichnen ˜ Z den Momentanwert, Z den Mittelwert und z den Schwankungswert<br />

von ˜ Z. Die Definition des Ensemblemittelwerts (·) lautet<br />

Z(x, t) = A E [ ˜ <br />

N<br />

<br />

1<br />

Z] = lim ˜Zn(x, t) . (1.40)<br />

N→∞ N<br />

Für einen im Mittel stationären Prozess geht der Ensemblemittelwert nach dem Ergoden–<br />

Theorem in den zeitlichen Mittelwert über<br />

Z(x) = A T [ ˜ Z] = lim<br />

δt→∞<br />

1<br />

δt<br />

n=1<br />

t+δt/2 <br />

t−δt/2<br />

˜Z(x, t ′ ) dt ′ . (1.41)<br />

Im Falle einer homogenen (translationsinvarianten) Strömung ist das Ensemblemittel<br />

äquivalent zu einem räumlichen Mittelwert, welcher durch<br />

Z(t) = A S [ ˜ <br />

1<br />

Z] = lim ˜Z(x, t) dV<br />

V→∞ V<br />

′ , (1.42)<br />

erklärt ist. Die Mittelwerte werden auch als erste statistische Momente bezeichnet. Aus<br />

der Definition der oben angeführten Mittelwerte lassen sich eine Reihe von Rechenregeln<br />

ableiten, die bei der Herleitung der statistisch gemittelten Transportgleichungen<br />

Verwendung finden<br />

˜Z = Z = Z , ˜ Z(1) + ˜ Z(2) = Z(1) + Z(2) , ˜ Z,x = Z ,x ,<br />

˜Zdx = Z dx , Z(1) . . . Z(i) z(k) = 0 , Z(1) . . . Z(i) z(k) . . . z(l) = 0 .<br />

V<br />

(1.43)<br />

Die Zerlegungen der wichtigsten im Verlauf dieser Vorlesung verwendeten Variablen<br />

lauten<br />

16


1.3. STATISTISCHE BESCHREIBUNG TURBULENTER STRÖMUNGEN<br />

Ũ = U + u , ˜ P = P + p , ˜ T = T + T ′ , ˜ρ = ρ + ρ ′ , ˜ f = f + f ′ , ˜ φ = φ + ϕ .<br />

Die homogene Turbulenz spielt bei der Entwicklung und Analyse von Turbulenzmodellen<br />

eine zentrale Rolle. Man beachte, daß die hiermit vebundene Translationsinvarianz<br />

statistisch gemittelter Größen auch für höhere statistische Momente z(i)...z(k) gilt. Neben<br />

der strengen Form der Homogenität existiert noch eine weniger restriktive Form,<br />

die homogene Gradienten von Mittelwerten zuläßt (vgl. Abschnitt 1.3.4). Der Begriff<br />

der Homogenität wird im Weiteren für beide Situationen verwendet.<br />

Die Favrésche Mittelung erleichtert die Formulierung der gemittelten Transportgleichungen<br />

für kompressible Medien. Anstelle der konventionellen Mittelungsoperationen<br />

(1.40–1.42) werden hierbei die entsprechenden dichtegewichteten Mittelwerte<br />

benutzt, deren Zusammenhang zur Reynoldsschen Mittelung durch<br />

ρ Z = ˜ρ ˜ Z , mit ˜ρ = ρ + ρ ′<br />

(1.44)<br />

erklärt ist. Unter Verwendung eines dichtegewichteten Mittelwertes Z lautet die Zerlegung<br />

des Momentanwertes<br />

˜Z = Z + z ′′<br />

mit ˜ Z = Z bzw. z ′′ = 0 und z ′′ = Z − Z . (1.45)<br />

Die Favrésche Mittelung ist eine rein mathematische Vereinfachung. Sie degeneriert<br />

unter Beschränkung auf schwach kompressible Medien zur Reynoldsschen Mittelung,<br />

wie die im Folgenden skizzierte Morkovin–Hypothese zeigt.<br />

Die Morkovin–Hypothese (1964) dient der Abschätzung der Dichtefluktuationen<br />

in schwach kompressiblen Medien. Die statistische Betrachtung der thermischen Zustandsgleichung<br />

(1.24) liefert nach Bildung der logarithmischen Ableitung<br />

d ˜ P<br />

P<br />

d˜ρ<br />

=<br />

ρ + d ˜ T<br />

T<br />

❀<br />

p<br />

P<br />

= ρ′<br />

ρ<br />

+ T ′<br />

T<br />

. (1.46)<br />

Die erste Aussage der Hypothese basiert auf der Analyse empirischer Daten und besagt,<br />

daß der Druckfluktuationsterm p/P vernachlässigbar ist. Im Weiteren ordnet die<br />

Hypothese den Schwankungen der Gesamtenthalpie<br />

˜h0 = cp ˜ T0 = cp ˜ T + 0.5 Ũ 2 g , mit ˜ h0 = h0 + h ′ 0 ,<br />

eine nachrangige Bedeutung zu. Die Reynoldssche Zerlegung der Gesamtenthalpie liefert<br />

damit<br />

˜h0 ≈ h0 ❀ T + U 2 g<br />

= T + T<br />

2cp<br />

′ + 1<br />

<br />

U<br />

2cp<br />

2 √ <br />

g + 2Ug 2k + 2k .<br />

17


KAPITEL<br />

In Gleichung (1.3.1) bezeichnet k = 0.5 uiui die kinetische Energie der turbulenten<br />

Schwankungsbewegung. Unterdrückt man hierin den von höherer Ordnung kleinen<br />

Term k/cp, dann lassen sich die Temperatur– und Dichtefluktuationen als Funktion<br />

der Machzahl darstellen<br />

ρ ′<br />

ρ<br />

= −T ′<br />

T<br />

√<br />

2k<br />

= (γ − 1) Ma 2<br />

Ug<br />

= (γ − 1) Ma Mat , mit Ma 2 t := 2k<br />

.<br />

a2 (1.47)<br />

Hierin kennzeichnen Mat die Turbulenzmachzahl, Ma die klassische Machzahl und a<br />

die Schallgeschwindigkeit, deren Definition bereits in <strong>Kapitel</strong> 1.2 erfolgte.<br />

Für die in dieser Vorlesung betrachteten geringen Machzahlen (Ma ≤ 2, Mat ≤ 0.2)<br />

können die Dichtefluktuationen vernachlässigt werden. Die Kompressibilitätseffekte beschränken<br />

sich dann auf Veränderungen der mittleren Dichte<br />

ρ ′ /ρ


1.3. STATISTISCHE BESCHREIBUNG TURBULENTER STRÖMUNGEN<br />

das Auftreten der zweiten statistischen Momente uiuj, uiT ′ und uiϕ . Die Reynolds–<br />

gemittelten Quellterme ergeben sich aus den in <strong>Kapitel</strong> 1.2 beschriebenen Materialgleichungen<br />

<br />

∂Ui<br />

τij = µ +<br />

∂xj<br />

∂Uj<br />

<br />

<br />

µcp ∂T<br />

= 2µ Sij , qi = −<br />

∂xi<br />

P r ∂xi<br />

, (1.53)<br />

φd = τijSij = 2µS 2 ii , f ∗<br />

i = f i − 2ρeijk ΩjUk . (1.54)<br />

Die turbulente Dissipationsrate ˜ε ist das turbulente Analogon der molekularen Dissipationsfunktion<br />

φd<br />

˜ε := 2ν S ′ 2<br />

ii , mit S ′ <br />

∂ui<br />

ik = 0.5 +<br />

∂xk<br />

∂uk<br />

<br />

<br />

∂ui ∂ui<br />

und ε := ν<br />

∂xi<br />

∂xk ∂xk<br />

<br />

∂ui ∂ui<br />

= ν<br />

∂xk ∂xk<br />

+ ∂ui<br />

∂xk<br />

<br />

∂uk<br />

=<br />

∂xi<br />

(1.49)<br />

ε + ν<br />

∂ 2 uiuk<br />

∂xi∂xk<br />

<br />

<br />

1<br />

= ε 1 + O<br />

Re<br />

(1.55)<br />

Der zweite Summand von ˜ε wird üblicherweise vernachlässigt. Die Vereinfachung ˜ε = ε<br />

ist sowohl für Wandturbulenz (Anhang D) als auch homogene Turbulenz exakt, weswegen<br />

ε vielfach auch homogenene Dissipationsrate genannt wird. Die homogene Dissipationsrate<br />

steht in engem Zusammenhang mit dem Begriff der Enstrophie, welche<br />

wie folgt definiert ist<br />

Homogenität : 2 W ′ 2<br />

ii ≈ 2 S′ 2 ε<br />

ii = . (1.56)<br />

ν<br />

Die zweiten statistischen Momente können entweder durch ein Wirbelzähigkeits– bzw.<br />

Wirbeldiffusivitäts–Turbulenzmodell oder eine höherwertige Modellierungstechnik geschlossen<br />

werden. Die höherwertige Modellbildung stützt sich auf die exakten Transportgleichungen<br />

der zweiten statistischen Momente, welche sich unmittelbar aus den<br />

Transportgleichungen der beiden an der Korrelation beteiligten Fluktuationen entwickeln<br />

lassen.<br />

1.3.3 Fluktuations–Transportgleichungen<br />

Die Differenz von Reynolds–gemittelten und Momentangleichungen führt zu Transportgleichungen<br />

für die Fluktuationen, von denen vor allem die Kontinuitätsbeziehung<br />

und die Transportgleichung einer Geschwindigkeitsfluktuation von Interesse sind<br />

∂ui<br />

∂xi<br />

D ui<br />

Dt<br />

≡ 0 , (1.57)<br />

= −uj<br />

∂Ui<br />

= − 1 ∂p<br />

ρ ∂xi<br />

∂xj<br />

+ ∂ui<br />

<br />

∂xj<br />

− 1 ∂p<br />

ρ ∂xi<br />

+ ∂ ′<br />

2νS ij + uiuj − 2eijkΩjuk +<br />

∂xj<br />

f ′ i<br />

ρ ,<br />

∂Ui<br />

− uj +<br />

∂xj<br />

∂<br />

(uiuj − uiuj) + ν<br />

∂xj<br />

∂2ui ∂x2 − 2eijkΩjuk +<br />

j<br />

f ′ i<br />

ρ<br />

19<br />

. (1.58)


KAPITEL<br />

Die Nichtlinearität des ersten Terms der rechten Seite von Gleichung (1.58) verursacht<br />

das Schließungsproblem der statistischen Modellierung. Dieses ist eine unmittelbare<br />

Konsequenz aus der Nichtlinearität des Transporttheorems und kann nur durch einen<br />

Wechsel in die Lagrangsche Betrachtung vermieden werden.<br />

Die Transportgleichung des Fluktuationswertes einer beliebigen skalaren statistischen<br />

Variablen lautet<br />

D ϕ<br />

Dt<br />

<br />

∂φ<br />

= − uj<br />

∂xj<br />

+ ∂ϕ<br />

<br />

+<br />

∂xj<br />

1<br />

ρ<br />

∂<br />

∂xj<br />

<br />

Γφ<br />

<br />

∂ϕ<br />

∂xj<br />

+ ∂(ujϕ)<br />

∂xj<br />

+ s′ φ<br />

ρ<br />

. (1.59)<br />

Die zu (1.12) analoge Poissongleichung des fluktuierenden Drucks ergibt sich aus<br />

1<br />

ρ<br />

∂ 2 p<br />

∂xi∂xi<br />

<br />

∂Ui<br />

= −2<br />

∂xk<br />

+ eijkΩj<br />

∂uk<br />

∂xi<br />

<br />

p schnell<br />

− ∂2 (uiuk)<br />

∂xk∂xi<br />

+ ∂2 (uiuk)<br />

∂xk∂xi<br />

<br />

p langsam<br />

1.3.4 Transportgleichungen zweiter statistischer Momente<br />

+ 1 ∂f<br />

ρ<br />

′ i<br />

∂xi<br />

<br />

p Auftrieb<br />

. (1.60)<br />

Die Fluktuations–Transportgleichungen (1.57)–(1.59) lassen sich in systematischer Weise<br />

zur Herleitung von Transportgleichungen für höhere statistische Momente verwenden.<br />

Die Transportgleichung der kinematischen Reynolds–Spannungen uiuj erhält<br />

man mit Hilfe der Transportgleichung der Geschwindigkeitsfluktuation (1.58) und der<br />

Abkürzung<br />

N(ui) =<br />

D ui<br />

Dt<br />

aus der Identität<br />

❀<br />

1 ∂p<br />

+<br />

ρ ∂xi<br />

∂Ui<br />

+ uj<br />

∂xj<br />

∂ui<br />

+ uj<br />

∂xj<br />

+ ∂ ′<br />

2νS ij − uiuj + 2eijkΩjuk −<br />

∂xj<br />

f ′ i<br />

ρ<br />

N(ui)uj + uiN(uj) = 0<br />

−Dij<br />

= 0<br />

D(uiuj)<br />

Dt + Gij = φij − εij + Pij − ∂<br />

<br />

D<br />

∂xk<br />

t ijk − ν ∂uiuj<br />

<br />

. (1.61)<br />

∂xk<br />

<br />

In Gleichung (1.61) symbolisieren φij, εij und Pij die Tensoren der Druck–Scher–Korrelation,<br />

viskosen Disspation und Produktion von Reynolds–Spannungen. Die Terme Gij<br />

und (D t ijk ),k benennen die Volumenkraftdichte–Geschwindigkeitskorrelationen und die<br />

turbulente Diffusion, deren Druckanteil von einigen Autoren auch als Druckdiffusion<br />

20


1.3. STATISTISCHE BESCHREIBUNG TURBULENTER STRÖMUNGEN<br />

bezeichnet wird. Die Definition der einzelnen Beiträge lautet:<br />

φij = 2<br />

ρ pS′ ij , Dt ijk = uiujuk + 1<br />

ρ p (uiδjk + ujδik) ,<br />

εij = 2ν ∂ui ∂uj<br />

∂xk ∂xk<br />

<br />

∂Ui<br />

, Pij = − ujuk<br />

∂xk<br />

Gij = 2Ωm(emkjuiuk + emkiujuk) − (uif ′ j )<br />

ρ − (ujf ′ i )<br />

ρ<br />

<br />

∂Uj<br />

+ uiuk ,<br />

∂xk<br />

. (1.62)<br />

In Gleichung (1.61) spielen die Transportterme D(uiuj)/Dt und Dij häufig eine untergeordnete<br />

Rolle. Die Transportgleichung wird zumeist von den Anteilen der Produktion,<br />

Dissipation und Druck–Scher–Korrelation dominiert. Die Dominanz von Pij<br />

und εij ist aufgrund ihrer energetischen Bedeutung für die Bilanzgleichung unmittelbar<br />

einsichtig; die Reynolds–Spannungen werden durch den Produktionsterm von<br />

der Grundströmung energetisch gespeist, der Dissipationsratentensor repräsentiert den<br />

Übergang von Schwankungsenergie in Wärme infolge viskoser Reibungskräfte.<br />

Im Gegensatz zu Pij und εij ist der Druck–Scher–Korrelationstensor φij in inkompressiblen<br />

Strömungsmedien von deviatorischem Charakter und tritt weder mit der<br />

Viskosität noch mit der Grundströmung in Wechselwirkung. Die Druck–Scher–Korrelationen<br />

sind primär für die Spannungsumverteilung, insbesondere den Abbau von anisotropen<br />

Normalspannungszuständen, verantwortlich. Man spricht in diesem Zusammenhang<br />

auch von einem return–to–isotropy Operator oder redistribution Term. Man<br />

beachte, daß die mathematisch–physikalischen Eigenschaften des Coriolisterms denen<br />

der Druck–Scher–Korrelation gleichen.<br />

Die Transportgleichung der massespezifischen Tubulenzenergie gewinnt man<br />

durch die Kontraktion der freien Indizes in Gleichung (1.61)<br />

Produktion:=P<br />

k := 0.5 uiui , mit (1.63)<br />

Dk<br />

Dt = −(uiuk) Sik−ε<br />

−<br />

<br />

∂<br />

<br />

0.5 uiuiuk +<br />

∂xk<br />

1<br />

ρ ukp − ν ∂k<br />

<br />

+<br />

∂xk<br />

<br />

1<br />

ρ pS′ ii<br />

<br />

Diffusion:=D<br />

Druckdilatation:=φd<br />

+ (uif ′ i )<br />

ρ<br />

. (1.64)<br />

Im weiteren Verlauf werden die Produktion, Diffusion und Druckdilatation von Turbulenzenergie<br />

durch P , D und φd gekennzeichnet. Die Diffusionsterme sind für die Entwicklung<br />

der Turbulenzenergie vielfach von untergeordneter Bedeutung. Die Druck–<br />

Scher–Korrelationen φij und die Coriolisterme haben aufgrund ihres deviatorischen<br />

Charakters keinen Einfluß auf die Transportgleichung der Turbulenzenergie, worin ein<br />

wichtiger Unterschied zur Transportgleichung der Reynolds–Spannungen besteht. Der<br />

Druckdilatationsbeitrag ist gemäß (1.57) zumeist vernachlässigbar klein.<br />

21


KAPITEL<br />

Die Transportgleichung einer beliebigen Doppelkorrelation (uiϕ) findet man<br />

unter Verwendung des Operators<br />

D ϕ<br />

N(ϕ) =<br />

Dt +<br />

<br />

∂φ<br />

ui +<br />

∂xi<br />

∂ϕ<br />

<br />

−<br />

∂xi<br />

1<br />

<br />

∂ ∂ϕ<br />

Γφ −<br />

ρ ∂xi ∂xi<br />

∂(uiϕ)<br />

−<br />

∂xi<br />

s′ φ<br />

= 0<br />

ρ<br />

aus der Identität<br />

D(uiϕ)<br />

Dt<br />

<br />

= −<br />

uiuk<br />

∂φ<br />

∂xk<br />

− (Γφ + ν) ∂ui<br />

∂xk<br />

N(ϕ)ui + ϕN(ui) = 0 ,<br />

+ ukϕ ∂Ui<br />

<br />

+<br />

∂xk<br />

(uisϕ)<br />

ρ − 2eijkΩj(ukϕ) + 1<br />

ρ<br />

∂ϕ<br />

−<br />

∂xk<br />

∂<br />

<br />

(ukuiϕ) +<br />

∂xk<br />

1<br />

ρ (pϕ) δik<br />

∂ϕ<br />

− Γφ ui<br />

∂xk<br />

∂ϕ<br />

p +<br />

∂xi<br />

(ϕf ′ i )<br />

ρ<br />

(1.65)<br />

− ν ϕ ∂ui<br />

<br />

∂xk<br />

Mit Ausnahme des Konvektionsterms der substantiellen Ableitung beeinflussen die<br />

Mittelwerte der ursprünglichen Variablen die Entwicklung der zweiten statistischen<br />

Momente nur durch ihren räumlichen Gradienten. Für konstante Gradienten der Mittelwerte<br />

lassen sich daher homogene höhere statistische Momente verwirklichen (homogene<br />

Turbulenz). In diesem Falle entkoppeln die Transportgleichungen der Mittelwerte<br />

(1.49)–(1.52) von den zweiten statistischen Momenten. Für die Entwicklung von Turbulenzmodellen<br />

ist dieser Zustand besonders attraktiv, weil er zu geschlossenen Lösungen<br />

führt.<br />

1.3.5 Schließungsproblem<br />

Aus den Transportgleichungen der zweiten statistischen Momente (1.61), (1.64) und<br />

(1.65) ergibt sich der Bedarf zur Schließung bzw. Modellierung weiterer statistischer<br />

Momente, deren Transportgleichungen sich analog zu den oben entwickelten Doppelkorrelations–Bilanzen<br />

herleiten lassen. Transportgleichungen für die in den Diffusionstermen<br />

auftretenden Trippelkorrelationen ϕ1ϕ2ϕ3 erhält man z.B. von<br />

ϕ1ϕ2Nφ3 + ϕ2ϕ3Nφ1 + ϕ3ϕ1Nφ2 = 0 .<br />

Der Transport der isotropen Dissipationsrate ε ergibt sich nach kurzer Zwischenrechnung<br />

von (Nui ),m (Nui ),m = 0 zu<br />

Dε<br />

Dt<br />

=<br />

<br />

−2ν Sij (ui,kuj,k + uk,iuk,j) + ∂2 <br />

Ui<br />

(ujui,k) + (ui,jui,kuj,k)<br />

∂xj∂xk<br />

−2ν<br />

(1.66)<br />

2 (ui,jkui,jk) − ∂<br />

<br />

ν (ui,jui,jum) +<br />

∂xm<br />

2<br />

ρ (p,ium,i)<br />

<br />

− ν ∂ε<br />

<br />

∂xm<br />

<br />

+2ν<br />

.<br />

<br />

1<br />

ρ (ui,mf ′ i,m ) − 2eijkΩj(ui,muk,m)<br />

22<br />

.


1.4. ENERGIESPEKTRUM<br />

Die Herleitung zusätzlicher Transportgleichungen führt zu keiner endgültigen Schließung<br />

des Gleichungssystems, weswegen die Schließungskette an geeigneter Stelle abgebrochen<br />

werden muß. Die Transportgleichungen höherer statistischer Momente sind den<br />

ursprünglichen Gleichungen zahlenmässig überlegen. In den drei Reynolds–gemittelten<br />

Impulsgleichungen treten 6 Reynolds–Spannungen auf, durch deren Bilanzgleichungen<br />

(1.61) weitere 22 Unbekannte in das Gleichungssystem eingeführt werden. Aufgrund<br />

ihres Konstruktionsprinzips sind die Gleichungen der höheren Momente hochgradig<br />

nichtlinear, eng gekoppelt und numerisch äußerst steif. Aus Effizienzgründen sind anwendungsorientierte<br />

Ingenieurwissenschaften auf einen Abbruch der Schließungskette<br />

im Bereich zweiter statistischer Momente angewiesen. In diesem Falle werden entweder<br />

die Reynolds–Spannungen (Wirbelzähigkeitsmodelle) oder die in ihren Transportgleichungen<br />

auftretenden höheren statistischen Momente (Transportgleichungs-Reynolds-<br />

Spannungsmodelle) durch ein mathematisches Modell geschlossen.<br />

1.4 Energiespektrum<br />

Die Verteilung der turbulenten Energie in Abhängigkeit des Längenmaßes wird als Turbulenzenergiespektrum<br />

E bezeichnet, welches üblicherweise im Fourierraum dargestellt<br />

wird. Der Zusammenhang zwischen der Energie–Spektralfunktion E – kurz: Turbulenzspektrum<br />

– und der Turbulenzenergie bzw. Dissipationsrate lautet<br />

Energiespektrum<br />

∞<br />

mit k = E dˆ ∞<br />

k , und ε = 2ν ˆk 2 E dˆ k. (1.67)<br />

0<br />

Die Einheit der Wellenzahl ist [ ˆ k] = m−1 , so daß die großräumigen Wirbelstrukturen,<br />

die ca. 90% der turbulenten kinetischen Energie enthalten, bei kleinen Wellenzahlen lie-<br />

Gleichgewichtsbereich<br />

k<br />

-5/3<br />

k<br />

k<br />

Wellenzahl<br />

4<br />

gen. Abbildung 1.1 illustriert<br />

eine klassische Verteilung der<br />

Energie–Spektralfunktion als<br />

Funktion der Wellenzahl. Aus<br />

Traegheitsbereich<br />

der Lage des Spektralmaxi-<br />

Dissipationsbereich mums kann eine integrale Län-<br />

energietragende<br />

Wirbel<br />

ge bestimmt werden, welche<br />

die Abmessungen der größten<br />

Wirbel charakterisiert. Da die<br />

großen Wirbelstruktuturen zumeist<br />

auch relativ langlebig<br />

Abbildung 1.1: Turbulenzenergiespektrum<br />

als Längenmaß interpretiert werden.<br />

sind, kann der Abszissenwert<br />

sowohl als Zeitmaß als auch<br />

23<br />

0


KAPITEL<br />

Energiekaskade<br />

Eine grundlegende Eigenschaft turbulenter Strömungen ist der Energieaustausch zwischen<br />

unterschiedlichen Skalen. Eine qualitativ korrekte Beschreibung des Mechanismus<br />

stützt sich auf die Veranschaulichung von Turbulenz als Überlagerung von Wirbelfäden<br />

(turbulent eddies) unterschiedlicher Größe in einem hierarchisch strukturierten Prozeß.<br />

Hiernach wird die Schwankungsbewegung durch großskalige Wirbelfäden niedriger Frequenz<br />

(Wellenzahl) eingeleitet. Diese beziehen ihre kinetische Energie von der Hauptströmung<br />

und reichen sie an immer kleinskaligere eddies weiter, bis hin zur Wandlung<br />

von mechanischer Energie in Wärme. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von<br />

einer Energiekaskade infolge Wirbelfadenstreckung. Der Mechanismus läßt sich anhand<br />

der laminaren Wirbeltransportgleichung (1.15) veranschaulichen<br />

Dωi<br />

Dt<br />

=<br />

∂Ui<br />

ωk<br />

∂xk <br />

+ ν<br />

Wirbelstreckungsterm<br />

∂2ωi ∂x2 k <br />

viskose Dissipation<br />

• Wirbelfäden großen Durchmessers werden durch die Geschwindigkeitsgradienten<br />

der Hauptströmung gestreckt. Durch den Wirbelstreckungsmechanismus wird<br />

Energie von der Hauptströmung in die Schwankungsbewegung eingespeist (Produktionsbereich).<br />

Für näherungsweise reibungsfreie Prozesse vergrößert sich die<br />

Wirbelstärke in Richtung der gestreckten Achse. Wegen der Erhaltung des Drehimpulses<br />

(1. Helmholtzscher Wirbelsatz) verringern sich gleichzeitig die Querschnitte<br />

der gestreckten Wirbelfäden.<br />

• Kleinere Wirbelfäden werden über die vergrößerte Wirbelstärke anders gerichteter,<br />

großer eddies ihrerseits gestreckt. Die ursprünglich der Hauptströmung entzogene<br />

Energie wird so von größeren zu kleineren Turbulenzelementen transferiert<br />

(Trägheitsbereich).<br />

• Am Ende des Kaskadenprozesses wird die Viskosität aufgrund des stark angewachsenen<br />

räumlichen Geschwindigkeitgradienten im Bereich kleiner Strukturen<br />

wirksam (Dissipationsbereich). Energie wird hier der Schwankungsbewegung entzogen<br />

(ε–Term in Glg. (1.64)) und in Wärme gewandelt (ρ ˜ε–Term in Glg. (1.51)).<br />

Lokale Isotropiehypothese<br />

Das oben beschriebenen Kaskadenmodell ist mit der Hypothese von der lokalen Isotropie<br />

der kleinen, dissipativen Skalen verbunden. Am Ende von hinreichend vielen<br />

Kaskadenstufen verteilt sich die Energie, wie in Abbildung 1.2 dargestellt, zu gleichen<br />

Teilen auf kleinskalige eddies aller drei Richtungen. Die Anzahl der Kaskadenstufen<br />

ist proportional zur Anzahl der beteiligten Wellenzahlen, welche ihrerseits mit<br />

der Reynoldszahl zunimmt. Die Hypothese impliziert, daß turbulente eddies nur dann<br />

miteinander in Wechselwirkung treten, wenn sie von der selben Größenordnung sind.<br />

Die großkalige Schwankungsbewegung kommuniziert mit den kleinskaligen, dissipativen<br />

24


1.4. ENERGIESPEKTRUM<br />

Fluktuationen über eine Vielzahl von Skalen. Daraus ergibt sich, daß die großskalige<br />

Bewegung nahezu reibungsfrei und daher unabhängig von der Reynoldszahl ist. Die in<br />

statistischen Turbulenzmodellen auftretenden Vernichtungsterme (z.B. ε) symbolisieren<br />

die Änderung des Energieinhalts der großen Skalen, und beschreiben daher nicht<br />

nur Dissipationsprozesse sondern auch Transfermechanismen.<br />

Ω1<br />

Ω2<br />

Ω2 Ω3 Ω2<br />

Ω1 Ω3<br />

Ω1 Ω2 Ω3 Ω1<br />

Ω2 Ω3<br />

Ω1<br />

Ω3<br />

Ω3<br />

Ω1<br />

Ω1 Ω2<br />

Ω1<br />

Ω2<br />

Ω3<br />

Ω1<br />

Ω3<br />

Ω2<br />

Ω1 Ω3<br />

Ω2<br />

Ω3<br />

Ω1<br />

Ω2<br />

Ω1 Ω2 Ω3<br />

1 0 0<br />

0<br />

2 1<br />

2<br />

1 1<br />

1<br />

3 3<br />

6 5 5<br />

Abbildung 1.2: Veranschaulichung der Hypothese von der lokalen Isotropie dissipativer<br />

Strukturen nach Bradshaw.<br />

Energiespektrum homogener Turbulenz<br />

Eine allgemeingültigere statistische Beschreibung der Turbulenz basiert auf der Formulierung<br />

von Korrelationen zwischen den Fluktuationen zweier Geschwindigkeitskomponenten<br />

an zwei Punkten zu zwei verschiedenen Zeiten (Rotta 1972)<br />

Rij = ui(x, t)uj(x + r, t + τ) = uiuj , analog Rijk = uiujuk etc. .<br />

Der Vorteil von Zwei–Punkt–Korrelationen ist die Erfassung von Transfermechnismen,<br />

die eine Einsicht in die physikalische Bedeutung der modellierten Disspationsratengleichung<br />

ermöglichen. Der Einfacheit halber beruft man sich dabei auf homogene<br />

Zustände, für die man (vgl. Rotta, 1972) in Analogie zu Gleichung (1.61)<br />

bzw.<br />

∂Rij<br />

∂t = ∂(Rikj − Rijk)<br />

− 2ν<br />

∂rk<br />

∂2Rij ∂rk∂rk<br />

∂Rii<br />

∂t = ∂(Riki − Riik)<br />

∂rk<br />

<br />

Transferterm<br />

− 2ν ∂2 Rii<br />

∂rk∂rk<br />

<br />

Dissipation<br />

− 1<br />

ρ<br />

∂puj<br />

∂ri<br />

− ∂pui<br />

<br />

∂rj<br />

(1.68)<br />

(1.69)<br />

findet. Man beachte, daß die Produktionsterme unter der Voraussetzung homogener<br />

Geschwindigkeiten nicht auftreten. Im Grenzübergang zur punktweisen Betrachtung<br />

(lim rk, τ → 0) genügen die Trippelkorrelationen dem Kommutativitätsgesetz Riki =<br />

Riik , und die Gleichung (1.69) geht in ˙ k = ε über.<br />

25


KAPITEL<br />

Für das tiefere Verständnis der energetischen Prozesse empfiehlt sich die Analyse der<br />

Beziehung (1.69) auf der Grundlage einer Fouriertransformation der Doppelkorrelation<br />

Rij<br />

Φij( ˆ k) = 1<br />

(2π) 3<br />

<br />

Rij e<br />

V (r)<br />

−i (ˆ k·r)<br />

dr , Rij(r) =<br />

<br />

V ( ˆ Φij e<br />

k)<br />

i (ˆ k·r)<br />

dk ˆ ,<br />

in der ˆ k [m−1 ] den Wellenzahlvektor und dˆ k = dˆ k1dˆ k2dˆ k3 ein Volumenelement im Wellenzahlraum<br />

kennzeichnen. Die Fouriertransformation ermöglicht die wellenzahlspezifische<br />

Zuordnung von (Energie-)Anteilen. Insbesondere gilt für r = 0<br />

<br />

lim<br />

r→o Rij = uiuj =<br />

V ( ˆ Φij d<br />

k)<br />

ˆ k ,<br />

weshalb Φij die spektrale Verteilungsdichte der Reynoldsspannungen im Wellenzahlraum<br />

repräsentiert. Obwohl zur Beschreibung des momentanen Geschwindigkeits– und<br />

Turbulenzfelds eine dreidimensionale Fourier–Zerlegung notwendig ist, läßt sich eine<br />

qualitative Analyse der Turbulenzenergie mit Hilfe einer eindimensionalen Beschreibung<br />

durchführen, in der lediglich der Betrag des Wellenzahlvektors ˆ <br />

k = ˆki ˆ ki von<br />

Bedeutung ist. Unter Verwendung einer sogenannten Energie–Spektralfunktion (Rotta<br />

1972)<br />

E( ˆ k, t) := 0.5 ˆ k 2<br />

<br />

Φii dΩ , mit E[m 3 s −2 ]<br />

findet man ein Fourier–transformiertes Pendant zur Beziehung (1.69), dessen Gestalt<br />

in homogenen oder isotropen Strömungen besonders einfach ist:<br />

∂E( ˆ k, t)<br />

∂t<br />

= T ( ˆ k, t)<br />

<br />

Transfer<br />

− 2ν ˆ k 2 E( ˆ k,t)<br />

<br />

Dissipation<br />

Die Energie–Spektralfunktion E( ˆ k, t) ist der Anteil der Turbulenzenergie, der aus den<br />

Fourierkomponenten aller Wellenzahlbeträge zwischen ˆ k und ˆ k + d ˆ k resultiert. In Gleichung<br />

(1.70) bezeichnen dΩ den Raumwinkel ( dΩ = 4π) und T das wellenzahlspezifische<br />

Transferdefizit, welches die Änderung des Energieflusses F( ˆ k, t) zwischen zwei<br />

benachbarten Skalen kennzeichnet<br />

T ( ˆ k, t) = − ∂F(ˆ k, t)<br />

∂ ˆ k<br />

Trägt man das Energiespektrum doppelt logarithmisch über der Wellenzahl auf, so<br />

findet man typischerweise den in Abbildung 1.3 skizzierten Verlauf. Das in der Abbildung<br />

auftretende makroskopische Turbulenzlängenmaß entspricht der Abmessung<br />

energietragender Wirbel. Das ergänzend angeführte transiente Längenmaß Lm kennzeichnet<br />

die charakteristische Länge der Strukturen einer möglicherweise transienten<br />

Grundströmung (z.B. Lm = UrefTm). Das dissipative Längenmaß ηk entspricht dem<br />

26<br />

.<br />

.


log E<br />

Produktionsbereich<br />

-1<br />

L m<br />

Gleichgewichtsbereich<br />

-1<br />

L t<br />

3<br />

-5<br />

Traegheitsbereich Dissipationsbereich<br />

η-1 k<br />

log k<br />

L t<br />

η k<br />

1.4. ENERGIESPEKTRUM<br />

: makroskopisches Laengenmass<br />

L : transientes Laengenmass<br />

m<br />

: dissipatives Laengenmass<br />

F<br />

k E<br />

2<br />

log k<br />

Abbildung 1.3: Schematische Darstellung des Energiespektrums im Wellenzahlbereich bei<br />

doppelt logarithmischer Auftragung.<br />

unten definierten Grenzwert für die Ausdehnung der kleinsten turbulenten Strukturen<br />

nach Kolmogorov.<br />

Üblicherweise unterteilt man das Spektrum in Wellenzahlbereiche. Den unterschiedlichen<br />

Wellenzahlbereichen lassen sich verschiedenartige Beiträge zum Turbulenzenergiehaushalt<br />

– Energieeintrag, Energietransfer und Energiedissipation – zuordnen. Im<br />

Zusammenhang mit der statistischen Turbulenzmodellierung und der Interpretation<br />

des Modellparameters ε ist die in Tabelle 1.1 skizzierte Dreiteilung des Spektrums<br />

dienlich.<br />

Tabelle 1.1: Dreiteilung des Wellenzahlbereichs eines turbulenten Energiespektrums.<br />

Produktionsbereich Gleichgewichtsbereich<br />

Trägheitsbereich Dissipationsbereich<br />

Primär– Produktion Transfer Dissipation<br />

beitrag<br />

Basis– ε, S ∗ ε, ˆ k ε, ν<br />

parameter<br />

Länge Lt = (ε/S ∗ 3 ) 1/2 ∼ k 3/2 /ε 1/ ˆ k ηk = (ν 3 /ε) 1/4<br />

Geschwind. Vt = (ε/S ∗ ) 1/2 ∼ √ k (ε/ ˆ k) 1/3 vk = (νε) 1/4<br />

Zeit 1/S ∗ ∼ k/ε (ε ˆ k 2 ) −1/3 Tk = (ν/ε) 1/2<br />

Die Definition des Produktionsbereichs ist unmittelbar einleuchtend. Im Gleichgewichtsbereichs<br />

spielen makroskopische Details, wie z.B. die Produktion von Turbulenzenergie<br />

durch große eddies, bereits keine Rolle mehr (Hinze 1959), weswegen die<br />

Gleichung (1.70) Aussagekraft besitzt. Der Gleichgewichtsbereich umfasst seinerseits<br />

27


KAPITEL<br />

zwei Anteile, in denen die lokale Änderung ∂E des Energiespektrums zumeist ver-<br />

∂t<br />

nachlässigbar ist, so daß man von einem statistischen Gleichgewicht der Turbulenz<br />

ausgehen kann. Der Trägheitsbereich wird von einem konstanten Energiefluß (T = 0)<br />

bei gleichzeitig vernachlässigbarer Dissipation bestimmt. Im Dissipationsbereich großer<br />

Wellenzahlen treten nennenswerte Anteile von Energiedissipation auf, welche den lokalen<br />

Transferüberschuß kompensieren.<br />

Im Produktionsbereich der großen, energietragenden Wirbel ( ˆ k


1.4. ENERGIESPEKTRUM<br />

Der Trägheitsbereich ist der klassische Arbeitsbereich der Grobstruktursimulation, die<br />

Direkte Numerische Simulation löst sämtliche Skalen bis in den Dissipationsbereich<br />

auf. Mit Hilfe der oben durchgeführten Größenordnungsabschätzung (1.70) läßt sich<br />

der Rechenaufwand einer DNS beziffern<br />

DNS : Knotenpunkte ∼ Re 9/4 , Zeitschritte ∼ Re 1/2 .<br />

Chapman (1979) schätzt, daß der Aufwand zur Auflösung des Außenbereichs einer turbulenten<br />

Grenzschicht bei der Grobstruktursimulation proportional zu Re 0.4 anwächst.<br />

Mit Annäherung an die viskose Unterschicht steigt diese Proportionalität jedoch auf<br />

Re 1.8 . Spalart (1999) schätzt den Rechenaufwand einer wandauflösenden LES bei Re =<br />

10 6 auf NP ∼ Re 1.92 und NT ∼ Re 1.1 .<br />

Aufgrund des konstanten Energieflusses sind weder viskose, noch Produktionsmechanismen<br />

im Trägheitsbereich bedeutend. Der Bereich nimmt für hinreichend große Reynoldszahlen<br />

den größten Teil des Spektrums ein. Der Verlauf des Energiespektrums kann<br />

durch Anpassung der Funktionen g(Lt ˆ k) und f(ηk ˆ k) aus den beiden benachbarten<br />

Bereichen gewonnen werden<br />

ν −5/4 = η −5/3<br />

k ε −5/12 , und S ∗ 5/2 = L −5/3<br />

t<br />

ε 5/6 ,<br />

❀ f(ηk ˆ k) = γ [ηk ˆ k] −5/3 , und g(Lt ˆ k) = γ [Lt ˆ k] −5/3 , (1.71)<br />

Dissipation von Turbulenzenergie<br />

❀ E = γ ε 2/3 ˆ k −5/3<br />

γ ≈ 1.5 . (1.72)<br />

Die Transportgleichung der Energie–Spektralfunktion erfüllt im Gleichgewichtsbereich<br />

die Beziehung<br />

˙<br />

E ≈ 0 . (1.73)<br />

Aus der Integration der Gleichgewichtsbeziehung (1.73) über hinreichend große Wellenzahlen<br />

(T ( ˆ k (1) )


KAPITEL<br />

daher in der unter (1.74) angezeigten weise mit makroskopischen Turbulenzgrößen skalieren.<br />

Die Beziehung (1.74) besagt, daß die Dissipationsrate auch im Falle einer unendlich<br />

großen Reynoldszahl (ν → 0) nicht veschwindet, und daher für große Reynoldszahlen<br />

unabhängig von der Zähigkeit sein muß.<br />

Die skalare Größe ε ist das Maß für die Vernichtung von Turbulenzenergie. Nach dem<br />

Impulssatz ist der Widerstand eines Turbulenzballens der durchschnittlichen räumlichen<br />

Ausdehnung Lt proportional zum Quadrat der Relativgeschwindigkeit (∼ k) des<br />

beteiligten Massenstroms gegen die Umgebung. Der Massenstrom zerfällt seinerseits in<br />

das Produkt aus Dichte, Querschnittsfläche (∼ L 2 t ) und Schwankungsgeschwindigkeit<br />

(∼ √ k). Für den massespezifischen Widerstand spezifiziert man den obigen Ansatz<br />

daher zu<br />

ε ∼ k · (ρ √ k L 2 t )<br />

ρ L 3 t<br />

1.5 Instationäre Strömungen<br />

= k3/2<br />

Lt<br />

. (1.75)<br />

Die Entwicklung statistischer Turbulenzmodelle zur Schließung der Reynolds–gemittelten<br />

Bilanzgleichungen basiert nahezu ausschließlich auf statistisch stationären Strömungen,<br />

weshalb bei deren Anwendung auf instati-<br />

U<br />

Tt onäre Probleme Vorsicht geboten ist.<br />

Grundsätzlich sind die Ergebnisse der statistischen<br />

Modellierung solange vertrauenswürdig, wie<br />

der zeitliche Mittelwert (1.41) in guter Näherung<br />

anstelle des Ensemblemittelwerts verwendet wer-<br />

Tm den kann. Der zeitliche Mittelwert kann zur Be-<br />

t schreibung von statistisch instationären Strömungen<br />

herangezogen werden, sofern die Existenz einer<br />

Abbildung 1.4: Zeitschrieb einer in– spektralen Lücke (engl. spectral gap) gewährleistet<br />

stationären, turbulenten Strömung mit<br />

langwellig schankendem Mittelwert.<br />

ist. In solchen Fällen liegt das Frequenz– und Wellenzahlband<br />

der numerisch aufgelösten transienten<br />

Grundströmung, klar getrennt von den turbulenten Fluktuationen, um ein bis zwei zeitliche<br />

Größenordnungen unterhalb des modellierten Turbulenzspektrums<br />

Tm<br />

Tt<br />

= O(10 1 ) − O(10 2 ) .<br />

Für Tm/Tt ≤ 1 führt das Bestreben, die transienten (deterministischen) Schwankungen<br />

der Strömung zeitgenau numerisch aufzulösen und gleichzeitig die turbulente Schwankungsbewegung<br />

(zeit)gemittelt zu erfassen zu formalen Konflikten in Gestalt einer<br />

spektralen Überlappung. Eine Veranschaulichung dieses Sachverhalts im Zeit– bzw. Frequenzbereich<br />

kann man den Abbildungen 1.4 und 1.5 entnehmen.<br />

30


log. Energie<br />

transiente Frequenzen<br />

Simulation<br />

spektrale Luecke<br />

Turbulenzmodell<br />

log. Frequenz<br />

log. Energie<br />

1.5. INSTATIONÄRE STRÖMUNGEN<br />

transiente Frequenzen<br />

Simulation<br />

Turbulenzmodell<br />

spektrale Ueberlappung<br />

log. Frequenz<br />

Abbildung 1.5: Schematische Darstellung des Energiespektrums im Frequenzbereich: Vergleich<br />

einer statistisch modellierbaren Strömung mit ausgeprägter spektraler Lücke (links),<br />

und einer durch spektrale Überlappung für konventionelle statistische Methoden unzugänglichen<br />

instationären Strömung (rechts).<br />

Ein anschauliches Beispiel für eine ausgeprägte spektrale Lücke ist der ozeanische Tiedenhub,<br />

dessen Rhytmus von 12h bzw. 24h die im Hz–Bereich liegenden Wellenschwankungen<br />

um mehrere Größenordnungen übersteigt (White 1990). Die spektrale Trennung<br />

von transienten und turbulenten Mechanismen berechtigt zur Vernachlässigung<br />

nichtlinearer Impuls– und Energieflüsse über das gesamte Spektrum. Das Turbulenzfeld<br />

anliegender Wandgrenzschichten operiert typischerweise unter diesen quasi–stationären<br />

Bedingungen. Die Existenz der spektralen Lücke ist in vielen technischen Anwendungen<br />

zumindest gebietsweise nicht mehr zu gewährleisten. Das bekannteste Beispiel hierfür<br />

sind instationäre, oszillierende Nachlaufströmungen hinter stumpfen Körpern. Ebenso<br />

sollte die Anwendung statistischer Turbulenzmodelle zur Simulation von Turbomaschinenströmungen<br />

mit Skepsis betrachtet werden (Eulitz 2000). Für Maschinendrehzahlen<br />

im Bereich von 10 4 U/min und Schaufelzahlen von ca. 60 findet man transiente Grundfrequenzen<br />

von etwa 10 kHz. Diese können zwar von der Simulation aufgelöst werden,<br />

liegen jedoch bereits deutlich oberhalb experimentell ermittelter Energiemaxima, welche<br />

typischerweise bei ca. 1 kHz und somit im Bereich der Modellbildung liegen.<br />

Mit Verringerung des Quotienten aus dem (kleinsten) Zeitmaß der transienten Grundströmung<br />

Tm und größtem turbulenten Zeitmaß (eddy–turn–over time) Tt kommt es zu<br />

nichtlinearen Wechselwirkungen zwischen Turbulenz und transienter Grundströmung.<br />

Der Arbeitsbereich des statistischen Turbulenzmodells deckt in diesem Falle auch einen<br />

Teil des transienten Spektrums ab. Die vielzitierten Schwierigkeiten statistischer Turbulenzmodelle<br />

bei der Behandlung von Strömungen, in denen es zu einer Überlagerung<br />

von transienten und turbulenten Phänomenen im Wellenzahlbereich kommt, resultieren<br />

aus dem dissipativen Charakter des Modells.<br />

Der Ursprung der dissipativen Modelleigenschaften ist die Vorstellung von einem einsei-<br />

31


KAPITEL<br />

tig gerichteten Energietransfer. Das statistische Turbulenzmodell entzieht der transienten<br />

Grundströmung Energie und transferiert diese in Anlehnung an das Kaskadenmodell<br />

von kleineren zu größeren Wellenzahlen. Sämtliche in das Modell eingespeiste Energie<br />

dissipiert folglich unwiderruflich in Wärme. Ein Rücktransfer (engl. back–scatter)<br />

zur Grundströmung ist nicht möglich. Die Analyse der Energie–Spektralfunktion in<br />

<strong>Kapitel</strong> 1.4 offenbarte den Transfercharakter der modellierten Dissipationsrate. Analoge<br />

Überlegungen führen zu einer ähnlichen Interpretation des effektiven Produktionsterms<br />

in transienten Strömungen. Die Existenz solcher Rücktransferterme wird durch<br />

das Auftreten transienter Produktions– und Konvektionsterme<br />

DRij<br />

Dt<br />

∂Ui<br />

= −Rkj<br />

∂xk<br />

− Rik<br />

∂Uj<br />

∂xk<br />

− (Uk − Uk) ∂Rij<br />

∂rk<br />

+ . . .<br />

in den Rottaschen (1972) Korrelations–Transportgleichungen bestätigt, deren Übersetzung<br />

wie folgt lauten könnte<br />

D uiuj<br />

Dt = Pij − ∂Um<br />

<br />

<br />

∂ uiuj<br />

γ1Uk (uiuk δmj + ujuk δmi) + γ2Tt δkm + . . . .<br />

∂t<br />

∂xk<br />

1.5.1 Instationäre RANS (URANS)<br />

Die einfachste Form instationärer Prozesse ist die Relaxation stark gestörter (nichtgleichgewichtiger)<br />

Anfangszustände in den Gleichgewichtszustand. Hierbei wird die<br />

zeitliche Entwicklung des Turbulenzfeldes von zumeist sehr einfachen, z.B. homogenen,<br />

Strömungen beobachtet. Für eine angemessene Modellierung instationärer Phänomene<br />

ist die adequate Darstellung der Relaxation aus einem stark nichtgleichgewichtigen<br />

Anfangszustand ein notwendiges Kriterium, daß natürlich weder hinreichend noch allgemeingültig<br />

ist. Die Dastellung von Relaxationsprozessen gelingt wesentlich besser<br />

auf der Basis von Modellen, die sich zur Simulation von Nichtgleichgewichtszuständen<br />

eignen. Ungeachtet der spectral–gap Problematik ergibt sich daraus eine mögliche Erklärung<br />

für den Erfolg von Nichtgleichgewichtsmodellen in instationären Anwendungen<br />

(vgl. <strong>Kapitel</strong> 7.1 und 8.1).<br />

Instationäre Anwendungen offenbaren besonders deutlich evt. Schwächen eines Turbulenzmodells<br />

in Bezug auf die Darstellung komplexer stationärer Phänomene. Beispiele<br />

hierfür sind die Vernachlässigung von Krümmungseffekten, oder die vielzitierte<br />

Überschätzung der Produktion von Turbulenzenergie P im Staupunktbereich, wie exemplarisch<br />

in Abbildung 2.4 illustriert. Im Zuge der Simulation instationärer Nachlaufströmungen<br />

hinter stationär angeströmten Körpern kann die Prallstrahlproblematik<br />

aus <strong>Kapitel</strong> 2.3.3 zu völlig unrealistischen Ergebnissen führen. Abbildung 1.6 verdeutlicht<br />

dies anhand der Umströmung eines quadratischen Zylinders, welche von Lyn,<br />

Einav, Rodi und Park (1995) experimentell untersucht worden ist.<br />

Spalart (1999) weist darauf hin, daß das Turbulenzmodell in Zonen ohne spektrale<br />

Lücke (Tt >> Tm) kaum Zeit hat die transiente gemittelte Strömung zu manipulieren,<br />

weswegen sich der Fehler einer falschen Modellbildung hier kaum zu Buche schlägt. Ein<br />

32


Y<br />

Y<br />

Y<br />

Y<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

Phase 01<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Phase 05<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Phase 09<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Phase 11<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

¡<br />

¢<br />

Y<br />

Y<br />

Y<br />

Y<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

¡<br />

£<br />

Phase 01<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Phase 05<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Phase 09<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Phase 11<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

¢<br />

¤<br />

1.5. INSTATIONÄRE STRÖMUNGEN<br />

Y<br />

Y<br />

Y<br />

Y<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

-1<br />

-1.5<br />

<br />

¨©<br />

§<br />

¥¦<br />

Phase 01<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Phase 05<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Phase 09<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Phase 11<br />

-1 0 1 2 3<br />

X<br />

Abbildung 1.6: Umströmung eines quadratischen Zylinders (Re= 22 000, Lyn et al. 1995):<br />

Vergleich der (phasengemittelten) Stromlinien. Der Terminus ”LES” kennzeichnet die Grobstruktursimulation,<br />

”EASM” die Ergebnisse des Nichtgleichgewichtsmodells (RANS) und<br />

”Wilcox” die Resultate des entsprechenden Gleichgewichtsmodells (RANS) (Simulationen<br />

von Schmidt et al. 1999).<br />

bleibender Nachteil instationärer RANS Techniken ist ihre Neigung zur Unterschlagung<br />

dreidimensionaler Erscheinungen.<br />

1.5.2 Hybride RANS/LES Techniken<br />

In welchem Frequenzbereich sich das deterministische Spektrum und das turbulente<br />

Spektrum möglicherweise überlagern hängt neben einer evt. Erregerfrequenz auch von<br />

der Reynoldszahl und dem betrachteten Ort ab. Beispielsweise weisen die wandnahen<br />

Scherschichten instationär umströmter Körper im Unterschied zu ihren Nachläufen<br />

oftmals die spektrale Lücke auf (Abbildung 1.7). Zur Berechnung nichtlinearer, instationärer<br />

Probleme empfiehlt sich folglich die Anwendung zonaler oder lokal adaptiver<br />

Techniken. Die in letzter Zeit populäre hybride, adaptive RANS/LES–Vorgehensweise<br />

(DES, VLES) von Spalart (1999) bzw. Speziale (1997) versucht den Arbeitsbereich des<br />

Turbulenzmodells im Spektrum zu beschneiden. Hierbei werden die modellinhärenten<br />

turbulenten Zeit– und Längenmaße in Abhängigkeit von der Diskretisierung limitiert,<br />

wodurch eine Trennung zwischen aufgelösten und modellierten Frequenzen<br />

gewährleistet werden kann. Man beachte, daß sich diese Vorgehensweise fundamental<br />

von den URANS–Techniken unterscheidet. Im Falle einer Verfeinerung der numerischen<br />

Diskretisierung ermöglichen hybride Verfahren ein gesteigertes physikalisches<br />

Auflösungsvermögen von Strömungsdetails, wie z.B. koherente Strukturen, wohingegen<br />

instationäre URANS–Methoden lediglich zu einer genaueren numerischen Approxima-<br />

33


KAPITEL<br />

k/ε = ~ 0.01s<br />

k/ε = ~ 0.08s<br />

k/ε = ~ 0.001s k/ε = ~ 0.01s<br />

Abbildung 1.7: Umströmung eines oszillierenden NACA 0015 Tragflügelprofils (Piziali<br />

1993, αo = 11.0 o , ∆α = 4.2 o , Re = 2 · 10 6 , Ma = 0.29, Str = 0.1/π); Exemplarische<br />

Angabe berechneter turbulenter Zeitmaße Tt = k/ε bei einer Simulationszeitschrittweite von<br />

∆t ≈ Tm/15 = 5 · 10 −4 (Simulation von Bunge, 2000).<br />

tion führen.<br />

1.5.3 Periodische Strömungen & Phasenmittelung<br />

Einen Sonderfall instationärer Strömungen stellen die periodischen Strömungen dar.<br />

Das Energiespektrum einer quasi–harmonischen Grundströmung beschränkt sich im<br />

Unterschied zum turbulenten Spektrum auf einen engen Wellenzahlbereich (Abbildung<br />

1.3). Im Falle einer spektralen Lücke ist daher die Superposition beider Anteile möglich.<br />

Hierzu erweitert man die Zerlegung (1.39) um einen nichtturbulenten zeitabhängigen<br />

(periodischen) Term ˜z(x, t)<br />

˜Z = Z(x) + ˜z(x, t) +z(x, t) mit Z ˜ = Z bzw. z = ˜z = 0 . (1.76)<br />

<br />

Z ∗ (x,t)<br />

Neben dem zeitlichen Mittelwert Z(x) wird in diesem Falle oftmals ein Phasenmittel<br />

Z∗ (x, t), dessen Definiton auf der Periodenlänge Tm der Grundströmung basiert,<br />

verwendet<br />

Z ∗ (x, t) =< ˜ Z >= A P [ ˜ Z] = lim<br />

N→∞<br />

<br />

1<br />

N<br />

N−1 <br />

n=0<br />

˜Zn(x, t + nTm)<br />

<br />

. (1.77)<br />

Die Anwendung der Operation (1.77) auf verschiedene Variablenkombinationen ergibt<br />

< ˜ Z >= Z + ˜z(x, t) , < Z >= Z , < z >= 0 , < ˜z(i) z(k) >= 0 (1.78)<br />

˜z(i) z(k) = 0 , < ˜z(i) ˜ Z(k) >= ˜z(i) < ˜ Z(k) > < Z(i) ˜ Z(k) >= Z(i) < ˜ Z(k) > .<br />

In der Regel werden die zeitabhängigen Transportgleichungen, beispielsweise für U ∗ i (x, t),<br />

numerisch gelöst, und der dabei auftretende phasengemittelte turbulente Spannungstensor<br />

< uiuj > mangels geeigneter Alternativen durch ein konventionelles Turbulenzmodell<br />

geschlossen. Prinzipiell kann man bei der Formulierung des Problems auch<br />

34


1.6. GROBSTRUKTURSIMULATION (LES; BEITRAG VON ST. SCHMIDT)<br />

von der Dreifachzerlegung (1.76) Gebrauch machen. Die stationären Transportgleichungen<br />

der zeitlich gemittelten Größe Ui enthalten dann zusätzlich zu den Reynolds–<br />

Spannungen uiuj einen deterministischen Spannungstensor ũiũj. Die Schließung der<br />

deterministischen Schwankungsbewegung ũi geschieht mittels dreier instationärer, phasengemittelter<br />

Transportgleichungen in denen weitere sechs Unbekannte in Form des<br />

phasengemittelten turbulenten Reynolds–Spannungstensors < uiuj > auftreten. Die<br />

Vorgehensweise ist aufgrund des damit verbundenen Lösungsaufwands nicht sehr verbreitet,<br />

ihre Anwendung ist zudem auf Probleme mit ausgeprägter Grundfrequenz und<br />

vernachlässigbaren höheren Moden beschränkt.<br />

Zur Abschätzung der Güte einer Simulation periodischer Strömungen mit Hilfe statistischer<br />

Turbulenzmodelle mag die folgende Näherung dienen<br />

Tm<br />

Tt<br />

≈ γ Re1/5<br />

St<br />

, mit St = fL<br />

U<br />

= L<br />

UTm<br />

Wandgrenzschicht : γ ∈ [1, 10] freie Scherschicht : γ ∈ [0.1, 1] .<br />

(1.79)<br />

1.6 Grobstruktursimulation (LES; Beitrag von St. Schmidt)<br />

Die Direkte Numerische Simulation (DNS) basiert auf der instationären, dreidimensionalen<br />

Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen. Da bei diesem Ansatz alle turbulenten<br />

Zeit- und Längenskalen bis zur Kolmogorofflänge ηk (vgl. <strong>Kapitel</strong> 1.4) durch das Gitter<br />

aufgelöst werden müssen, sind zur Durchführung einer DNS mindestens<br />

<br />

L<br />

NDNS =<br />

ηk<br />

3<br />

= Re 9/4<br />

L<br />

(1.80)<br />

Punkte notwendig. Bei einer Reynolds-Zahl von ReL = 10 5 ergeben sich demnach rund<br />

NDNS = 10 11 Punkte, was aus heutiger Sicht in naher Zukunft nicht mit den zur<br />

Verfügung stehenden Höchstleistungsrechnern bewältigt werden kann. Daher können<br />

mit dieser Methode derzeit nur akademische Strömungskonfigurationen kleiner und<br />

mittlerer Reynolds-Zahlen untersucht werden.<br />

Für einfache wandgebundene Scherströmungen bei moderaten Reynolds-Zahlen (Re ≈<br />

10 4 ) existieren bereits einige DNS–Lösungen, z.B. die von Kim, Moin und Moser (1987)<br />

veröffentlichte Kanalströmungssimulation. Diese erfüllen mit Punktzahlen von N ≈ 10 6<br />

zwar nicht obiges Kriterium (NDNS = 10 9 ), durch die gezielte Verdichtung des Rechengitters<br />

zur Wand hin konnten die turbulenten Strukturen auch in diesen Gebieten<br />

vollständig erfaßt werden. Aus den umfangreichen Daten können wertvolle Strömungsdetails<br />

gewonnen werden, die meßtechnisch gar nicht oder nur sehr begenzt zugänglich<br />

sind. Für die ingenieurmäßige Untersuchung technischer Strömungen kommt die DNS<br />

aus den vorher diskutierten Gründen in näherer Zukunft nicht in Frage. Ihre Daten stellen<br />

jedoch eine hervorragende Basis für die Weiterentwicklung von Turbulenzmodellen<br />

zur Verfügung.<br />

35


KAPITEL<br />

Eine Möglichkeit, die Auflösungsproblematik der DNS zu umgehen, ist die Large Eddy<br />

Simulation (LES). Bei dieser Methode werden nur die größten, energiereichsten Wirbel<br />

(Grobstruktur, engl. large eddies) des Turbulenzspektrums aufgelöst und deren<br />

räumlich-zeitliche Entwicklung verfolgt. Die kleinskalige Bewegung unterhalb einer bestimmten<br />

Größe wird modelliert und als Feinstruktur (engl. subgrid-scales) bezeichnet.<br />

Die Motivation für dieses Vorgehen liegt in der Tatsache begründet, daß die dissipierenden<br />

Wirbel – wie in <strong>Kapitel</strong> 1.4 dargestellt – praktisch keine Vorzugsrichtung aufweisen<br />

und bei hohen Reynoldszahlen unabhängig von den gewählten Randbedingungen und<br />

der Geometrie des Strömungsgebietes sind. Es kann davon ausgegangen werden, daß<br />

das Verhalten dieser Feinstruktur weitaus universeller, d.h. allgemeingültiger zu beschreiben<br />

ist als als das gesamte Turbulenzspektrum.<br />

Für die Durchführung einer LES ist es notwendig, die turbulenten Skalen in Grobund<br />

Feinstruktur aufzuspalten. Im Trägheitsbereich des Turbulenzspektrums, in dem<br />

hauptsächlich Transportvorgänge eine Rolle spielen, wird aus diesem Grund eine Trennungslinie<br />

bei einer Cut-Off Wellenzahl (kCut−Off) gezogen. Der Feinstrukturanteil<br />

(k > kCut−Off) wird hierbei von der Grobstruktur (k < kCut−Off) getrennt, wobei<br />

sichergestellt werden muß, daß sich in den aufgelösten Skalen der größte Energieanteil<br />

befindet, damit das Prinzip der LES Gültigkeit behält.<br />

Bei der LES ist es ebenso wie bei der DNS notwendig, das Strömungsfeld durch eine<br />

instationäre, dreidimensionale Simulation zu bestimmen. Die Vorteile gegenüber einer<br />

DNS liegen im geringeren numerischen Aufwand und der damit verbundenen Anwendbarkeit<br />

auf höhere Reynoldszahlen. Die LES stellt trotz dessen einen relativ zeitaufwendigen<br />

Kompromiß zwischen der DNS und RANS dar, dem erst in der jüngsten<br />

Vergangenheit aufgrund verfügbarer Hochleistungscomputer großes wissenschaftliches<br />

Interesse gewidmet wurde.<br />

1.6.1 Filtertechnik<br />

Bei der Large-Eddy Simulation werden die Transportgleichungen 1.5 und 1.7 gefiltert,<br />

d.h. die aufgelösten Längenskalen werden durch einen Filter von den zu modellierenden<br />

Längenskalen getrennt. Dies wird durch eine Filterfunktion G(xi, x ′<br />

i) erreicht, die die<br />

Form der Filterkurve festlegt. Die gefilterte Geschwindigkeit ergibt sich zu:<br />

<br />

U i(xk) =<br />

Ω<br />

G(xk, x ′<br />

′<br />

k) Ũi(x k) dx ′<br />

k, (1.81)<br />

wobei sich die Integration über das gesamte Rechengebiet Ω erstreckt. Für den Filterkern<br />

G muß dabei gelten:<br />

<br />

G(xk, x ′<br />

k) dx ′<br />

k = 1 (1.82)<br />

Einen allgemeinen Einblick in Filtertechniken bei turbulenten Strömungen gibt Germano<br />

(1992). Bei der Grobstruktursimulation kommen im wesentlichen folgende Filtertypen<br />

zum Einsatz:<br />

36


1.6. GROBSTRUKTURSIMULATION (LES; BEITRAG VON ST. SCHMIDT)<br />

Gauß-Filter Zur Trennung von Grob- und Feinstruktur wird eine Gaußsche Glockenkurve<br />

verwendet, die zu einer weiten spektralen Überlappung von beiden Längenskalen<br />

führt, was bei bestimmten Feinstrukturmodellen zu Fehlern führt. Die<br />

Größe ∆ legt die Filterweite fest und wird üblicherweise gleich der Gitterweite<br />

gewählt.<br />

G(xk, x ′<br />

1/2 6<br />

<br />

k) = exp −6(xk − x<br />

π ∆<br />

′<br />

k) 2 /∆ 2<br />

<br />

(1.83)<br />

Box-Filter (Top Hat) Es wird lediglich ein Mittelwert über ein Kontrollvolumen<br />

gebildet. Der so gewonnene Funktionswert ist ein stufenweise konstanter Wert.<br />

Dieser Filter bietet sich bei der Verwendung von Finiten-Volumen Verfahren an.<br />

G(xk, x ′<br />

<br />

1 ; |xk − x<br />

k) =<br />

′<br />

k | < ∆/2<br />

0 ; sonst<br />

(1.84)<br />

Eine wiederholte Filterung elimiert schrittweise die kleinsten Skalen aus dem<br />

Turbulenzspektrum. Dies ist für das tiefere Verständnis der Wirkungsweise der<br />

dynamischen Modelle sehr wichtig.<br />

Cut-Off-Filter Dieser Filter gilt in Verbindung mit Spektralverfahren, da dieser ab<br />

einer Grenzwellenzahl alle höherfrequenten Spektralanteile abschneidet. Grobund<br />

Feinstrukturanteile werden mit diesem Filter sauber voneinander getrennt.<br />

Mehrfache Anwendung des Cut-Off-Filters verändert die gefilterte Größe nicht.<br />

Gitterfilter Bei diesem Filter werden die Bewegungsgleichungen nicht explizit gefiltert,<br />

d.h. es wird an keiner Stelle im Verfahren eine Filterfunktion auf irgendeine<br />

Größe (z.B. Geschwindigkeit) angewendet.<br />

Bei der Herleitung der gefilterten Gleichungen (Gl. 1.87) wird davon ausgegangen,<br />

daß bei der realen LES eine gröbere Lösung als bei einer DNS erzeugt wird<br />

(daher der Ausdruck Grobstruktursimulation) und das Rechengitter bereits einen<br />

Filter der angestrebten Ziellösung (nämlich die der DNS) darstellt. Die Analogie<br />

eines Box-Filters zu den diskreten Kontrollvolumen einer Finiten-Volumen-<br />

Approximation erlaubt die Anwendung dieser impliziten Filtertechnik auf die<br />

Differentialgleichungen 1.5 bzw. 1.7, zumal die bei dynamischen Modellen angewandte<br />

explizite Filterung mit einem Box-Filter ähnliche spektrale Eigenschaften<br />

wie der Gitterfilter aufweist. Aus diesem Grund gibt es im Frequenzspektrum keine<br />

exakte Cut-Off Wellenzahl (kCut−Off), sondern es tritt eine spektrale Überlappung<br />

zwischen großen und kleinen Skalen im Bereich dieser Cut-Off Wellenzahl<br />

auf. Diese spektrale Verschmierung der Fein- und Grobstruktur ist wichtiger Bestandteil<br />

der dynamischen Modellierung.<br />

37


KAPITEL<br />

Mit Hilfe eines dieser Filter ist es möglich, die Momentangeschwindigkeit Ũi in einen<br />

Grobstrukturanteil U i bzw. U gs<br />

i und einen Feinstrukturanteil ui bzw. u sgs<br />

i aufzuspalten.<br />

In dieser Arbeit wird keine explizite Filterung der Grundgleichungen vorgenommen.<br />

Ũi = U i + ui bzw. Ũi = U gs<br />

i<br />

+ usgs<br />

i<br />

(1.85)<br />

Diese Zerlegung ist nicht zu verwechseln mit der von Reynolds üblicherweise verwendeten<br />

Aufspaltung von Momentanwert Ũi in Mittel- U i und Schwankungswert ui.<br />

Die Anwendung der Filterfunktion 1.81 auf die Gleichungen 1.5 und 1.7 ergeben die<br />

für die Grobstruktursimulation gültigen inkompressiblen Beziehungen 1.86 und 1.87:<br />

∂U i<br />

∂t + ∂(U i U j)<br />

∂xj<br />

= − 1 ∂p<br />

ρ ∂xi<br />

∂U k<br />

∂xk<br />

+ ∂<br />

∂xj<br />

= 0 , (1.86)<br />

<br />

∂U i<br />

ν +<br />

∂xj<br />

∂U <br />

j<br />

−<br />

∂xi<br />

∂qij<br />

∂xj<br />

. (1.87)<br />

Die Größe qij im letzten Term der Gleichung 1.87 stellt den anisotropen Teil des<br />

Feinstruktur-Spannungstensors τij dar, der den Einfluß der unaufgelösten Längenskalen<br />

(u ′<br />

i/u sgs<br />

i ) auf die aufgelösten Skalen (U i/u gs<br />

i ) beschreibt. Die einfachsten Wirbelviskositätsmodelle<br />

beschreiben lediglich den anisotropen Teil des Spannungstensors, da sie<br />

auf der Annahme beruhen, daß die Feinstrukturspannungen proportional zu dem Tensor<br />

der Scherrate der aufgelösten Längenskalen sind.<br />

qij ∼ Sij = 1<br />

<br />

∂U i<br />

+<br />

2 ∂xj<br />

∂U <br />

j<br />

∂xi<br />

(1.88)<br />

Bei inkompressiblen Strömungen ist die Spur der Scherrate gleich Null (Gl. 1.86), so daß<br />

diese auch für die Spur des Spannungstensors τij gelten muß. Dies wird erreicht, indem<br />

dessen Spur τkk dem Druck beaufschlagt wird und einen neuen ” Pseudo“-Druck P<br />

ergibt. Im Folgenden wird dieser nach wie vor als Druck bezeichnet. Die resultierenden<br />

Größen lauten:<br />

qij = τij − 1<br />

3 τkk δij<br />

(1.89)<br />

P = p + 1<br />

3 τkk , (1.90)<br />

wobei δij das Kroneker-Symbol ist und nur für i = j den Wert δi i = 1 annimmt. Die unbekannte<br />

Größe τij kann nicht aus den Grobstrukturwerten (ui, p) gebildet werden, d.h.<br />

dieser Term muß modelliert werden. Die Modellierung dieser Feinstrukturspannungen<br />

wird im nächsten Abschnitt ausführlich erläutert (Kap.1.6.1)<br />

τij = uiuj − uiuj . (1.91)<br />

38


1.6. GROBSTRUKTURSIMULATION (LES; BEITRAG VON ST. SCHMIDT)<br />

Dieser Tensor τij kann in drei Anteile zerlegt werden, die eine physikalische Interpretation<br />

dieses Terms erleichtern. Dabei wird der erste Term entsprechend der Zerlegung<br />

(Gl. 1.85) in Grob- ui und Feinstrukturanteil u ′ i aufgespalten (?), wodurch sich<br />

τij = uiuj − uiujLij + uiu ′ j + u′ i ujCij + u ′ i u′ j Rij<br />

(1.92)<br />

ergibt. Die Terme können zu neuen Tensoren zusammengefaßt werden und bezeichnen<br />

die Leonard-Spannungen Lij, die die Wechselwirkung zwischen Grobstrukturgrößen<br />

beschreiben und die Clark- bzw. Kreuz-Spannungen Cij, die Interaktionen zwischen<br />

Fein- und Grobstruktur erfassen. Beide Tensoren liefern im zeitlichen Mittel positiven<br />

Energietransport von großen zu kleinen Skalen, während Cij im Momentanfeld<br />

auch rückwärtigen Energietransport (auch Rückstreuung, engl. backscatter) von kleinen<br />

zu großen Skalen zuläßt. Die Feinstruktur-Reynoldsspannungen Rij beeinhalten<br />

dagegen auch im Zeitmittel lokale Rückstreuung von kinetischer Energie und setzen<br />

sich ausschließlich aus Feinstrukturgrößen zusammen. Da Lij explizit aus den Grobstrukturgrößen<br />

berechnet werden kann, sollte die Aufspaltung von τij die Modellierung<br />

der beiden verbleibenden unbekannten Terme (Cij + Rij) erleichtern. Dieser Ansatz<br />

ist jedoch aufgrund fehlender Galilei-Invarianz der Einzelterme Lij bzw. Cij verworfen<br />

worden, weil diese in starkem Maße vom verwendeten Filtertyp abhängen. Eine<br />

neue Definition hat Germano (?) vorgeschlagen, bei der die Tensoren (Gl. 1.92) leicht<br />

modifiziert werden und damit Galilei-invariant sind. Diese Terme lauten<br />

L ∗ ij = uiuj − ui uj (1.93)<br />

C ∗ ij = uiu ′ j + u′ i uj − ui u ′ j − u′ i uj (1.94)<br />

R ∗ ij = u ′ i u′ j − u′ i u′ j (1.95)<br />

und ergeben in der Summe τ ∗ ij = L ∗ ij + C ∗ ij + R ∗ ij ≡ τij mit L ∗ ij + C ∗ ij = Lij + Cij und<br />

R ∗ ij = Rij. Im Folgenden werden diese Modifikationen nicht verwendet, sondern τij in<br />

der ursprünglichen Form (Gl. 1.91) verwendet.<br />

Feinstrukturmodellierung<br />

Grundsätzlich basiert das Prinzip der Grobstruktursimulation darauf, die großräumigen<br />

Wirbel direkt zu simulieren, und die kleinsten Wirbelstrukturen durch ein Modell<br />

wiederzugeben. Da der größte Teil der turbulenten kinetischen Energie in den voll aufgelösten<br />

Wirbelstrukturen steckt, kann eine weniger aufwendige Form der Turbulenzmodellierung<br />

für die Feinstrukturen gewählt werden. Dies ist möglich, da die Feinstrukturen,<br />

die ihre Energie über Wirbelstreckungsmechanismen größerer Wirbel erhalten,<br />

immer weniger von der ursprünglichen Lage der größten Wirbel mitbekommen. Anders<br />

ausgedrückt bedeutet dies, daß durch das Durchreichen der Energie von größten<br />

zu kleinsten Skalen anisotrope Spannungszustände, aufgeprägt durch die Randbedingungen,<br />

abgebaut werden. Im Allgemeinen ist daher ein Modell, welches von isotroper<br />

Turbulenz ausgeht, nicht zwangsläufig schlechter, als eines, welches diese Anisotropien<br />

berücksichtigt.<br />

39


KAPITEL<br />

In diesem Abschnitt werden die verwendeten Feinstrukturmodelle vor- und gegenübergestellt.<br />

Dies sind algebraische Modelle, die lokale Strömungsgrößen und in der Regel<br />

eine Modellkonstante zu einer Spannung τij verrechnen und dadurch ihren Einfluß<br />

in die Gleichung übertragen. Bei einfachen Wirbelzähigkeitsmodellen geschieht dies<br />

über die Zähigkeit, die mit einer turbulenten Scheinzähigkeit (auch Wirbelviskosität,<br />

engl. eddy-viscosity) modifiziert wird. Das Smagorinsky-Modell (Kap. ??) weist eine<br />

Modellkonstante auf, die unabhängig vom Strömungstyp universell zu wählen ist. Damit<br />

einhergehende Modellunstimmigkeiten lassen sich entweder durch Korrektur dieser<br />

Konstante oder durch Adaption an die lokale Strömungskonfiguration erreichen, wie es<br />

bei dynamischen Modellen praktiziert wird (Kap. ??). Diese sind in der Lage sich an<br />

die lokale Strömungskonfiguration und Turbulenzstruktur anzupassen und beheben somit<br />

die Parameterschwäche des Smagorinsky-Modells. Das dynamische Modell in seiner<br />

Grundform ist jedoch numerisch labiler, was in komplexen Gebieten unter Umständen<br />

zur Divergenz des Lösungsverfahrens führen kann. Eine Kopplung des dynamischen<br />

Modellparameters mit der Feinstrukturenergie beseitigt diese Probleme, bewahrt aber<br />

die wichtigsten Eigenschaften des dynamischen Modells (Kap. ??). In den nächsten<br />

Abschnitten werden diese Modelle sowie ihre grundlegenden physikalischen und numerischen<br />

Eigenschaften vorgestellt.<br />

40


<strong>Kapitel</strong> 2 Wirbelzähigkeit<br />

Numerische Methoden zur Simulation turbulenter aerodynamischer Problemstellungen<br />

werden gegenwärtig sowohl zur Leistungssteigerung bestehender Konfigurationen,<br />

als auch zur Entwicklung und Optimierung neuer Flugzeuge in zunehmendem Umfang<br />

genutzt. Die numerische Simulation turbulenter Strömungen ist im Wesentlichen<br />

durch drei Primärthemenkreise gekennzeichnet (Spalart 1999). Hierzu zählen neben<br />

der Vorhersage von Strömungstransition (I) die Berechnung anliegender und quasi–<br />

stationär abgelöster Grenzschichten im Einflußbereich von Körperberandungen (II),<br />

sowie die Simulation stark instationärer (periodischer) Strömungszustände, in denen<br />

keine ausgeprägte Zeitskalentrennung zur Unterscheidung von Hintergrundturbulenz<br />

und transienten Strukturen eines gemittelten Feldes auftritt (III).<br />

Die Vorhersage von Strömungstransition auf der Basis statistischer Turbulenzmodelle<br />

ist, mit Ausnahme der By–Pass Transition, gegenwärtig nur eingeschränkt möglich. Die<br />

Simulation instationärer Prozesse mit kontinuierlichen Energiespektren stößt ebenfalls<br />

auf die konzeptionellen Grenzen statistischer Ansätze. Der überwiegende Teil industrieller<br />

Anwendungen ist jedoch einer stationären Simulation bzw. einer instationären<br />

Simulation, in denen das Turbulenzmodell aufgrund der vorhandenen spektralen Lücke<br />

im quasi-stationären Modus operiert, formal zugänglich.<br />

Die Qualität der Simulation komplexer dreidimensionaler, quasi-stationärer Strömungen<br />

hängt entscheidend von der Darstellbarkeit fundamentaler Strömungsphänomene<br />

durch das zu Grunde liegende Turbulenzmodell ab. Isotrope Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

bilden bis heute die Basis für die industrielle Berechnung komplexer turbulenter<br />

Strömungen. Obwohl sich diese Modelle durch eine einfache, robuste und vor allem<br />

numerisch effiziente Formulierung auszeichnen, sind sie oft nicht in der Lage, komplexe<br />

turbulente Austauschmechanismen korrekt vorherzusagen. Der folgende Abschnitt befaßt<br />

sich daher ebenfalls mit den strukturellen Defiziten isotroper Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

und versucht, die Motivation für eine im darstellungstheoretischen Sinne höherwertige<br />

Modellbildung zu entwickeln.<br />

2.1 Semi–empirische Wirbelzähigkeits–Turbulenzmodelle<br />

Im Zentrum des zweiten <strong>Kapitel</strong>s stehen klassische Wirbelzähigkeitsmodelle zur Berechnung<br />

der Reynolds–Spannungen. Hierbei wird der Tensor der kinematischen Reynolds–Spannungen<br />

in Anlehnung an das Materialgesetz (1.32) durch den symmetrischen<br />

Anteil des Geschwindigkeitsgradienten–Tensors und eine isotrope turbulente Wirbelzähigkeit<br />

νt modelliert (vgl. <strong>Kapitel</strong> 2.2)<br />

uiuj ∼ νt<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

+ ∂Uj<br />

<br />

∂xi<br />

. (2.1)<br />

Die Wirbelzähigkeit (eddy–viscosity) wird aus Dimensionsgründen zumeist in ein tur-<br />

41


KAPITEL<br />

bulentes Längemaß Vt und ein turbulentes Geschwindigkeitsmaß Lt zerlegt<br />

νt ∼ Lt · Vt . (2.2)<br />

Durch den Ansatz (2.1) verlagert sich das Problem der unbekannten Reynolds–Spannungen<br />

uiuj in ein Schließungsproblem zur Bestimmung der Wirbelzähigkeit νt bzw.<br />

der damit assoziierten turbulenten Längen– und Geschwindigkeitsmaße. Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

unterscheidet man üblicherweise nach der Anzahl der abhängigen Turbulenzvariablen<br />

zur Bestimmung von Lt und Vt. Verwendet man hierzu einen Ansatz,<br />

der mit Hilfe rein algebraischer Beziehungen das System aus Impuls– und Kontinuitätsgleichung<br />

schließt, so spricht man von einem algebraischen oder Nullgleichungs–<br />

Turbulenzmodell (Baldwin und Lomax 1978; Cebeci und Smith 1974). Analog nennt<br />

man Modelle auf der Basis einer oder zweier zusätzlicher Transportgleichungen zur<br />

Berechnung von νt Eingleichungs– (Wolfshtein 1969; Baldwin und Barth 1991; Spalart<br />

und Allmaras 1992) bzw. Zweigleichungsmodelle.<br />

Algebraische Modelle und Eingleichungsmodelle lassen sich mit Hilfe der Hypothese<br />

vom lokalen Gleichgewicht (P ≡ ε) aus Zweigleichungsmodellen rekonstruieren (Rung<br />

1998a). Dabei werden die Turbulenzvariablen durch Fixierung der Invarianten des Wirbelzähigkeitsansatzes<br />

(2.1) sukzessive reduziert. Wirbelzähigkeitsmodelle mit weniger<br />

als zwei Freiheitsgraden zur Bestimmung von Lt und Vt verschliessen sich einer darstellungstheoretischen<br />

Betrachtung und finden daher in dieser Vorlesung wenig Verwendung.<br />

WET–Hypothese von Launder<br />

Einen einfachen, intuitiven Weg zur Formulierung des Wirbelzähigkeitsansatzes (2.1)<br />

wurde von Launder (1987) angegeben. Aufbauend auf der Erfahrung, daß die wichtigsten<br />

Beiträge der Reynolds–Spannungs–Transportgleichung (1.61) aus den Produktionstermen<br />

stammen, formulierte Launder die WET–Hypothese<br />

Wealth = Earnings × Time ,<br />

deren Bezug zu allgemeinen Erfahrungen (Guthaben = Einkommen × Zeit) unmittelbar<br />

einsichtig ist. Übertragen auf den Wert der Reynolds–Spannungen lautete die<br />

WET–Hypothese<br />

<br />

<br />

∂Uj ∂Ui<br />

uiuj ∼ Pij × Tt = −Tt uiuk + ujuk . (2.3)<br />

∂xk ∂xk<br />

Vereinfacht man die obige Beziehung weiter, indem man die Reynolds–Spannungsterme<br />

der rechten Seite von (2.3) durch eine isotrope Darstellung (ukuj = 2k/3 δkj) approximiert,<br />

so ergibt sich erneut das lineare Wirbelzähigkeitsgesetz (vgl. auch Tabelle 1.1)<br />

<br />

∂Uj<br />

uiuj ∼ Tt k<br />

∂xi<br />

+ ∂Ui<br />

∂xj<br />

<br />

, mit Tt k ∼ Tt V 2<br />

t ∼ Lt Vt .<br />

42


Phänomenologische Analyse einachsiger Scherungen<br />

KAPITEL<br />

Ausgangspunkt der Betrachtungen ist das illustrative Beispiel einer einfachen, zweidimensionalen<br />

Scherschicht auf der Basis raumfester, kartesischer Koordinaten. Die<br />

additive Zerlegung des Geschwindigkeitsgradienten–Tensors<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

= Sij + Wij<br />

nach symmetrischem (Sij) und antimetrischem (Wij) Anteil lautet in diesem Fall:<br />

mit<br />

⎛<br />

Sij = ⎝<br />

0 S12 0<br />

S12 0 0<br />

0 0 0<br />

⎞<br />

Sij = 1<br />

<br />

∂Ui<br />

+<br />

2 ∂xj<br />

∂Uj<br />

<br />

∂xi<br />

⎛<br />

⎠ und Wij = ⎝<br />

0 W12 0<br />

−W12 0 0<br />

0 0 0<br />

Wij = 1<br />

<br />

∂Ui<br />

−<br />

2 ∂xj<br />

∂Uj<br />

<br />

∂xi<br />

.<br />

⎞<br />

(2.4)<br />

⎠ , (2.5)<br />

Der symmetrische Anteil wird im Folgenden als Deformationgeschwindigkeiten- oder<br />

Scherraten– (Strain–Rate) Tensor, der antimetrische Anteil als Drehgeschwindigkeitenoder<br />

Wirbeltensor bezeichnet. Im Falle kompressibler Strömungen läßt sich der Deformationsgeschwindigkeitentensor<br />

in einen kugelsymmetrischen Dilatationsbeitrag und<br />

einen Deviator zur Beschreibung der Distorsionsanteile zerlegen<br />

Sij =<br />

1<br />

3 δijSkk +<br />

<br />

Dilatationsbeitrag<br />

<br />

Sij − 1<br />

3 Skkδij<br />

<br />

<br />

Distorsionsbeitrag<br />

= 1<br />

3 δijSkk + ˜ Sij . (2.6)<br />

Der einfachheithalber stelle man sich beispielsweise eine ungekrümmte, zweidimensionale<br />

Grenzschicht– oder Kanalströmung mit S12 = W12 = 0.5 U,y vor. Wertet man das<br />

nach Boussinesq (1877) benannte klassische isotrope Wirbelzähigkeitsprinzip<br />

uiuj = 2<br />

3 δijk − 2νt<br />

<br />

Sij − 1<br />

3 Skk<br />

<br />

δij<br />

, (2.7)<br />

für den Strömungstyp (2.5) aus, so erkennt man unmittelbar die in extremem Widerspruch<br />

zur Realität stehende Vorhersage isotroper kinematischer Normalspannungen<br />

u2 1 = u2 2 = u2 3 = 2<br />

k . (2.8)<br />

3<br />

43


KAPITEL<br />

k + , u 2+ , v 2+ , w 2+ , 10uv +<br />

8.0<br />

6.0<br />

4.0<br />

2.0<br />

0.0<br />

DNS k +<br />

DNS u 2+<br />

DNS v 2+<br />

DNS w 2+<br />

DNS 10 |uv| +<br />

0 50 100 150 200 250 300 350<br />

Y +<br />

Abbildung 2.1: Turbulente Kanalströmung (Reτ =395); Reynolds-Spannungen aus direkter<br />

numerischer Simulation (Kim et al. 1987).<br />

Hierin repräsentieren uiuj die kartesischen Komponenten des kinematischen Reynolds–<br />

Spanungstensors und k die massespezifische Turbulenzenergie, deren Definition in (1.61)<br />

und (1.63) erfolgte. Tatsächlich liegt das Verhältnis zwischen kleinster und größter Normalspannung<br />

bei diesem Strömungstyp in vollturbulenten Zonen erfahrungsgemäß im<br />

Bereich von 3–10 (Abbildung 2.1). Bei genauerer Betrachtung der Normalspannungsanomalie<br />

(2.8) linearer Wirbelzähigkeitsmodelle tritt ein weiteres eigenartiges Phänomen<br />

zu Tage:<br />

• Der strukturell einfachste Zustand mit dem höchstmöglichen Symmetriegrad ist<br />

die isotrope Turbulenz, deren Korrelationstensor invariant gegen eine Drehung<br />

des Koordinatensystems ist. Isotrope Turbulenz wird daher mit kugelsymmetrischen<br />

Korrelationstensoren verbunden (Rotta 1972). Im Grenzfall isotroper<br />

Normalspannungszustände sollten folglich sämtliche Schubspannungskomponenten<br />

aus Konsistenzgründen verschwinden, was bei einem expliziten linearen Wirbelzähigkeitsansatz<br />

(2.7) augenscheinlich nur im trivialen Grenzfall S12=0 gelingt.<br />

Kennzeichnend für die in dieser Lehrveranstaltung schwerpunktmäßig diskutierten anisotropen,<br />

nichtlinearen Wirbelzähigkeitsmodelle ist das Bemühen, die strukturellen Eigenschaften<br />

der Turbulenz besser zu erfassen. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei<br />

der Turbulenz in Scherströmungen gewidmet, deren Struktur im wesentlichen durch<br />

den Grad der (An)Isotropie der Reynolds–Spannungen gekennzeichnet ist. Dieser wird<br />

geeigneterweise mit Hilfe des spurfreien, dimensionslosen Anisotropietensors der Rey-<br />

nolds–Spannungen<br />

bij :=<br />

uiuj<br />

2k<br />

1<br />

−<br />

3 δij<br />

<br />

und dessen Invarianten beschrieben (vgl. Anhang A).<br />

, (2.9)<br />

Der nächste Abschnitt erörtert die beiden theoretisch möglichen Wirbelzähigkeitskonzepte<br />

auf der Basis einer isotropen bzw. anisotropen Wirbelzähigkeit. Daran anschlie-<br />

44


2.2. ISOTROPE UND ANISOTROPE WIRBELZÄHIGKEIT<br />

ßend werden klassische Mängel der herkömmlichen isotropen Modellbildung in praxisrelevanten<br />

Scherströmungen zusammengetragen.<br />

2.2 Isotrope und anisotrope Wirbelzähigkeit<br />

Das Wirbelzähigkeitskonzept verknüpft definitionsgemäß den Geschwindigkeitsgradienten–Tensor<br />

mit dem Tensor der Reynolds–Spannungen<br />

u u ∼ U ∇ .<br />

Isotrope und anisotrope Techniken unterscheiden sich dabei durch die tensorielle Stufe<br />

der Verknüpfung. Prinzipiell kommen Wirbelzähigkeitsansätze auf der Basis ungerader<br />

Tensorenstufen zur Verknüpfung zweier Tensoren zweiter Stufe nicht in Frage, weswegen<br />

letztlich die unten angeführten drei Möglichkeiten verbleiben<br />

⎧<br />

⎪⎨ νt (Sij + Wij) isotrope Wirbelzähigkeit,<br />

uiuj ∼<br />

⎪⎩<br />

νik (Skj + Wkj) schwach anisotrope Wirbelzähigkeit,<br />

νijkl (Skl + Wkl) anisotrope Wirbelzähigkeit.<br />

In der Regel wird nur der Beitrag des Scherraten–Tensors zur Verknüpfung berücksichtigt,<br />

da man zur Abbildung der maximal sechs verschiedenen Reynolds–Spannungen<br />

höchstens sechs Geschwindigkeitsgradientenbeiträge benötigt.<br />

Der wesentliche Vorteil anisotroper Wirbelzähigkeitsmodelle ist die linear unabhängige<br />

Modellierung individueller Reynolds–Spannungen. Erste Hinweise zur Formulierung<br />

einer anisotropen Wirbelzähigkeit durch nichtlineare Geschwindigkeitsgradiententerme<br />

gehen auf Neuzgliadov (1960) zurück. Ziel der Überlegungen ist die Formulierung<br />

anisotroper Wirbelzähigkeitstensoren νijkl in Gestalt von nichtlinearen Stress–Strain<br />

Beziehungen, deren Herleitung auf algebraischen Spannungsmodellen basiert.<br />

Für eine erste Beurteilung der oben genannten Wirbelzähigkeitsalternativen ist deren<br />

Konsistenz zu den untenstehenden simplen Symmetrie– und Kontraktionseigenschaften<br />

des Reynolds–Spannungstensors von zentraler Bedeutung<br />

Anisotrope Modellierung<br />

uiuj = ujui und uiui = 2k .<br />

Der allgemeinste Ansatz zur Formulierung einer Wirbelzähigkeit wird, analog zu anisotropen<br />

linear-elastischen Materialgesetzen, durch einen Tensor vierter Stufe (Hinze<br />

1959; Gatski und Speziale 1993) beschrieben<br />

uiuj = 2<br />

3 δijk − νijkl (Skl + Wkl) . (2.10)<br />

45


KAPITEL<br />

Der kugelsymmetrische erste Summand erleichtert die Formulierung einer homogenen<br />

Kontraktionsrestriktion (bkk = 0), das Vorzeichen des zweiten Summanden fußt auf<br />

Kontinuitätsüberlegungen von Prandtl (1925) für das oben angesprochene Beispiel einer<br />

ebenen Scherströmung (uv ∼ −U,y ). Die vorstehend zitierten Kontraktions– und<br />

Symmetriebedingungen ergeben<br />

νijkl = νjikl und νiikl = 0 .<br />

Aus dem Blickwinkel des Scherraten–Tensors ist eine zusätzliche Symmetrie des Wirbelzähigkeitstensors<br />

νijkl in Bezug auf die hinteren beiden Indizes einleuchtend, da Skl<br />

und Slk letztlich denselben Beitrag zu uiuj leisten sollten<br />

uiuj = 2<br />

3 δij k − νijkl Skl , (2.11)<br />

νijkl = νjikl , νiikl = 0 , νijkl = νijlk .<br />

Die doppelte Überschiebung von symmetrischen und antimetrischen Indizes bleibt wirkungslos.<br />

Der antimetrische Wirbeltensor muß daher in Gleichung (2.11) nicht mehr<br />

mitgeführt werden, was die o.g. Aussagen zur Vernachlässigbarkeit eines expliziten<br />

Wij–Beitrags bestätigt. Nichtsdestoweniger können die Koordinaten des Wirbeltensors<br />

zur Definition der Koordinaten des Wirbelzähigkeitstensors beitragen.<br />

Schwach anisotrope Modellierung<br />

Im Rahmen der zweiten Möglichkeit wird die Wirbelzähigkeit durch einen Tensor zweiter<br />

Stufe beschrieben<br />

uiuj = 2<br />

3 δijk − νik (Skj + Wkj) . (2.12)<br />

Anhand der Kontraktionsbedingung erkennt man unmittelbar die Defizite des Ansatzes<br />

0 = νik (Ski + Wki) .<br />

Da die Geschwindigkeitsgradienten i. Allg. linear unabhängig sind, degeneriert der Wirbelzähigkeitstensor<br />

zweiter Stufe bei Beachtung der Kontraktionsbedingung zu einem<br />

Nulltensor.<br />

Isotrope Modellierung<br />

Die anisotrope Wirbelzähigkeit νijkl wird im Rahmen linearer Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

(EVM) einer Isotropiehypothese unterworfen. Mit Hilfe der allgemeinen Darstellung<br />

eines isotropen Tensors vierter Stufe findet man anstelle von (2.10)<br />

ν EVM<br />

ijkl := Aδijδkl + Bδikδjl + Cδilδjk ,<br />

❀ uiuj = 2<br />

3 δij k − [ AδijSkk + (B + C)Sij + (B − C)Wij ] . (2.13)<br />

46


2.3. ISOTROPE ZWEI–PARAMETER–WIRBELZÄHIGKEITSMODELLE<br />

Hieraus ergibt sich vermöge der Symmetrierestriktion B = C, bzw. des Kontraktionszwangs<br />

A = −2B/3 das lineare Boussinesqgesetz (νt := B)<br />

uiuj = 2<br />

3 δijk<br />

<br />

− 2νt Sij − 1<br />

3 Skkδij<br />

<br />

, (2.14)<br />

mit νt := isotrope Wirbelzähigkeit = cµkT t .<br />

Modelle von Typ (7.20) werden aufgrund der skalaren Wirbelzähigkeit auch isotrope<br />

Wirbelzähigkeitsmodelle genannt. Die in Gleichung (7.20) gewählte Zerlegung der isotropen<br />

kinematischen Wirbelzähigkeit ist willkürlich und erleichtert die im Folgenden<br />

bevorzugte dimensionslose Darstellung. Hierin repräsentiert Tt ein geeignet gewähltes<br />

turbulentes Zeitmaß und cµ den – i. Allg. nicht notwendigerweise konstanten – dimensionslosen<br />

Anisotropieparameter, auf dessen Bedeutung später näher eingegangen wird.<br />

Typische turbulente (high–Re) Zeitmaße einer Zwei–Parameter–Modellierung sind<br />

⎧<br />

k k − ε Modell (Jones und Launder 1972) ,<br />

Tt =<br />

⎪⎨<br />

ε<br />

1<br />

cµ ω<br />

k − ω Modell (Wilcox 1993) ,<br />

τ k − τ Modell (Speziale, Abid und Anderson 1992) ,<br />

⎪⎩ l k − l Modell (Rotta 1968) .<br />

√<br />

cµ k<br />

Der strukturelle Nachteil (expliziter) isotroper EVM läßt sich aus der Definition der<br />

isotropen Wirbelzähigkeit ergründen<br />

νt(k, Tt, b, ∇U) = −k bαβ<br />

˜Sαβ<br />

. (2.15)<br />

Hiernach ist die Wirbelzähigkeit eine Funktion des mittleren Geschwindigkeitsfeldes<br />

und des Turbulenzfeldes, letzteres in Form von sowohl isotropen (k) als auch anisotropen<br />

(bij) Beiträgen. Eine allgemeingültige Modellierung der Wirbelzähigkeit verlangt<br />

folglich neben der Berücksichtigung geeignet gewählter Normen des Distorsionsfeldes<br />

und isotropen Turbulenzgrößen auch die Einarbeitung des Anisotropiezustands der<br />

Reynolds–Spannungen, was zu einer impliziten Wirbelzähigkeitsformulierung führen<br />

würde.<br />

2.3 Isotrope Zwei–Parameter–Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

Den aus der Lösung zweier gekoppelter partieller Differentialgleichungen bestehenden<br />

Schließungsansatz nennt man Zwei–Parameter– oder Zweigleichungs–Modell. Zweigleichungsmodelle<br />

basieren ursprünglich auf dem isotropen Wirbelzähigkeitsprinzip.<br />

Sie lassen sich jedoch, wie in dieser Arbeit gezeigt, in höherwertige anisotrope Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

auf der Grundlage nichtlinearer Stress–Strain Kopplungen (2.1)<br />

47


KAPITEL<br />

überführen. Zweigleichungsmodelle unterscheidet man nach dem Typ der gewählten<br />

abhängigen Turbulenzvariabeln. Die am weitesten verbreitete Formulierung basiert auf<br />

modellierten Transportgleichungen für die Turbulenzenergie k und die Dissipations–<br />

bzw. Transferrate ε (k−ε Modell). Alle weiteren in der Literatur verfügbaren Formulierungen<br />

sind weitestgehend äquivalent und lassen sich prinzipiel ineinander überführen.<br />

Ein natürliches turbulentes Geschwindigkeitsmaß ist die Wurzel der turbulenten kinetischen<br />

Energie √ k. Zur Schließung der Turbulenzenergiegleichung (1.64) werden die<br />

diffusiven Beiträge nach dem Gradienten–Diffusionsmodell modelliert<br />

− ukuiϕ − 1<br />

ρ pϕ δik = 1) k<br />

Cφ<br />

ε ukul<br />

<br />

∂ uiϕ<br />

=<br />

∂xl<br />

2) C ∗ k<br />

φ<br />

2<br />

ε δkl<br />

<br />

∂ uiϕ<br />

=<br />

∂xl<br />

νt<br />

<br />

∂ uiϕ<br />

.<br />

P rφ ∂xk<br />

(2.16)<br />

Der Druckdiffusionsbeitrag ist in der Regel von untergeordneter Bedeutung. Die Symmetrieeigenschaften<br />

der verbleibenden Trippelkorrelation werden vom Gradienten–Diffusionsmodell<br />

gebrochen, was jedoch aufgrund der untergeordneten Bedeutung der Diffusionsterme<br />

in der Regel akzeptiert wird. Die algorithmische Struktur der meisten<br />

numerischen Verfahren basiert auf isotropen Diffusionsprozessen, weswegen sich die<br />

Anwendung des zweiten, isotropisierenden Modellierungschrittes empfiehlt. Unter Vernachlässigung<br />

von Volumenkraftdichten ergibt sich für inkompressible Medien die modellierte<br />

Turbulenzenergiegleichung<br />

<br />

Dk<br />

∂<br />

= P − ε + ν +<br />

Dt ∂xk<br />

νt<br />

<br />

∂k<br />

, mit P rk = O(1) . (2.17)<br />

P rk ∂xk<br />

2.3.1 k − ε Modell<br />

Die Schließung der modellierten Turbulenzenergiegleichung (2.17) bedarf einer Vorschrift<br />

zur Berechnung der isotropen Dissipationsrate ε. Die in Gleichung (1.66) notierte<br />

exakte Transportgleichung der Dissipationsrate enthält eine Vielzahl ungeschlossener<br />

Beiträge und ist in ihren Details inakzeptabel komplex. Daneben kommt der modellierten<br />

Dissipationsrate nach Gleichung (1.74) eine andere physikalische Bedeutung<br />

als der ursprünglichen Dissipationsrate zu. Die Modellierung der Energietransferbilanz<br />

geht auf Jones und Launder (1972) zurück und lehnt sich eng an die Modellgleichung<br />

der Turbulenzenergie (2.17) an<br />

Dε<br />

Dt<br />

= ε<br />

k<br />

<br />

<br />

Cε1P − Cε2 ε<br />

+ ∂<br />

<br />

ν +<br />

∂xk<br />

νt<br />

<br />

∂ε<br />

P rε ∂xk<br />

. (2.18)<br />

Die Basisgleichung (2.18) gilt ausdrücklich nur für voll–turbulente (sog. high–Reynolds<br />

number) Bereiche in hinreichender Entfernung fester Berandungen. Im Wandbereich<br />

sollte die Transferrate mit der isotropen Dissipationsrate übereinstimmen, wozu –wie<br />

in Anhang D skizziert– eine Manipulation ihrer Transportgleichung notwendig ist. Die<br />

48


2.3. ISOTROPE ZWEI–PARAMETER–WIRBELZÄHIGKEITSMODELLE<br />

Kalibrierung der Koeffizienten P rε, Cε1 und Cε2 basiert auf Erfahrungswerten. Hierzu<br />

werden üblicherweise die im folgenden skizzierten drei aussagekräftigen Referenzströmungen<br />

betrachtet.<br />

Gittertubulenz (Bestimmung von Cε2)<br />

Der Wert des Parameters Cε2 bestimmt sich aus dem experimentell untersuchten Abklingverhalten<br />

der homogenen Turbulenz in einer scherfreien Grundströmung.Die modellierten<br />

Differentialgleichungen von k und ε degenerieren in diesem Fall zu einer<br />

Balance zwischen instationären und dissipativen Termen<br />

Dk<br />

Dt<br />

= −ε , und Dε<br />

Dt<br />

die sich analytisch lösen läßt<br />

ε<br />

= −Cε2<br />

2<br />

k<br />

k = k0 (t − t0) −n<br />

❀ D2k Cε2<br />

=<br />

Dt2 k<br />

mit n =<br />

1<br />

Cε2 − 1<br />

2 Dk<br />

Dt<br />

, (2.19)<br />

. (2.20)<br />

Das oben skizzierte Abklingverhalten entspricht dem Abklingverhalten von Gitterturbulenz,für<br />

das man D/Dt = U0 d/dx findet, woraus sich unmittelbar k ∼ (x − x0) −n<br />

folgt (Abbildung 2.2). Experimentelle Untersuchungen von Comte-Bellot und Corrsin<br />

(1966) weisen dem Exponenten einen Wert von n = 1.1–1.3 zu, woraus man Cε2 = 1.8–<br />

2.0 erhält.<br />

U o<br />

k<br />

Abbildung 2.2: Bestimmung des Koeffizienten Cε2; Veranschaulichung von Gitterburbulenz.<br />

Homogene Scherturbulenz (Kalibirierung von Cε1)<br />

Die Kalibirierung des Koeffizienten Cε1 folgt aus der Betrachtung einer homogenen<br />

Scherung im Gleichgewichtszustand. Die Analyse der berechneten Gleichgewichtswerte<br />

des Reynolds–Spannungstensors für homogene Scherturbulenz zählt zu den wichtigsten<br />

49<br />

x


KAPITEL<br />

Eckpfeilern einer Beurteilung von Turbulenzmodellen. Die einzige von Null verschiedene<br />

Komponente des Geschwindigkeitsgradienten–Tensors ∂U/∂y = S ∗ sei hierbei positiv,<br />

und ebenso wie alle statistischen Turbulenzgrößen räumlich konstant<br />

D = Diffε = 0 , und ∇ U = const .<br />

Für homogene Scherturbulenz lauten die modellierten Transportgleichungen der Turbulenzenergie<br />

(2.17) und Disspationsrate (2.18)<br />

<br />

<br />

∂k<br />

∂ε ε<br />

= P − ε ,<br />

= Cε1 P − Cε2 ε mit P = cµ S<br />

∂t ∂t k<br />

2 ε , (2.21)<br />

deren Langzeitverhalten (Index ∞) durch den strukturellen Gleichgewichtszustands für<br />

die homogene Scherturbulenz charakterisiert ist<br />

<br />

Dε D(ε/k)k<br />

=<br />

=<br />

Dt ∞ Dt ∞<br />

ε<br />

<br />

Dk D(ε/k)<br />

+ k<br />

. (2.22)<br />

k Dt ∞ Dt ∞<br />

<br />

limt→∞=0<br />

Aus Gleichung (2.22) ergibt sich unmittelbar der Gleichgewichtswert für die spezifische<br />

Produktionsrate<br />

C5 := Cε2 − 1<br />

Cε1 − 1 =<br />

<br />

P<br />

. (2.23)<br />

ε ∞<br />

Experimentelle Untersuchungen von Tavoularis und Corrsin (1981) spezifizieren den<br />

Gleichgewichtswert zu (P/ε) ∞ = 1.9, woraus man Cε1 = 1.45 schließt.<br />

Logarithmischer Bereich einer Wandgrenzschicht (Bestimmung von Prε)<br />

Die Bestimmung der turbulenten Prandtl–Zahl Prε stützt sich auf die Analyse der ingenieurwissenschaftlich<br />

wichtigsten Referenzströmung, dem logarithmischen Bereich einer<br />

ebenen, druckgradientenfreien Wandgrenzschicht. In diesem Falle lassen sich die substantiellen<br />

Änderungen in guter Näherung vernachlässigen und das gesamte Strömungs–<br />

und Turbulenzfeld kann mit der Wandschubspannung uτ parametrisiert werden (Rung<br />

1999). Wertet man die Modellgleichungen für k und ε unter Verwendung der experimentell<br />

belegten lokalen Gleichgewichtsbeziehungen (P = ε)<br />

|uv| = 0.3 k = u 2 τ , νt = Lt Vt = κn uτ ,<br />

❀ P = −uiuj Sij = −uv ∂U<br />

∂y = u2 τ<br />

uτ<br />

κy<br />

= ε (2.24)<br />

∂ ∂<br />

und den üblichen Grenzschichtabschätzungen (V


2.3. ISOTROPE ZWEI–PARAMETER–WIRBELZÄHIGKEITSMODELLE<br />

Mit Hilfe der oben gefundenen Werte für Cε1 und Cε2 und dem üblichen Wert der von–<br />

Kármán Konstanten κ = 0.4–0.41 ergibt sich aus der Verträglichkeitsbeziehung (2.25)<br />

ein Wert für die Prandtlzahl der ε–Gleichung (P rε = 1.1–1.4) .<br />

Eine Variation des Koeffizienten Cε1<br />

ist für die erfolgreiche Berechnung von Nichtgleichgewichts–Zuständen oftmals notwendig.<br />

Der Parameter Cε1 wird von vielen Autoren in ähnlicher Weise an den Wert des<br />

dimensionslosen Scherratenparameters S = (k/ε) 2SijSij gekoppelt. Abbildung 2.3<br />

veranschaulicht die Verläufe dreier populärer Ansätze zur Formulierung eines scherpa-<br />

rameterabhängigen Koeffizienten Cε1<br />

Shih et al.(1995a) : Cε1 = max<br />

<br />

0.43, S<br />

<br />

1<br />

5 + S 0.3 ,<br />

Menter (SST k − ω, 1994) : Cε1 = 1 + 0.44 max(1, 0.3 S) ,<br />

Yakhot et al. (RNG, 1992) : Cε1 = 1.42 −<br />

Chen et al. (1987) : Cε1 = 1.15 + S2<br />

44.4<br />

S (1 − 0.2283 S)<br />

1 + 0.015 S 3<br />

. (2.26)<br />

Die Anwendung der Cε1–Modifikationen ist mit erheblichen Konsequenzen für die Entwicklung<br />

der Wirbelzähigkeit verbunden. Rung (1998a) weist darauf hin, daß die aus<br />

dem Zweigleichungsmodell entwickelte Formulierung einer Transportgleichung für νt<br />

im Falle von Cε1 > 2 mit einem negativen Produktionsterm behaftet ist<br />

Pνt ∼ νt<br />

<br />

k<br />

S<br />

ε<br />

2 <br />

ε<br />

<br />

<br />

ii (Cε2 − 2) + (2 − Cε1)<br />

P<br />

was rasch zum vollständigen Zusammenbruch des vorhergesagten Turbulenzfeldes führen<br />

kann.<br />

Die Realisierbarkeit des turbulenten Zeitmaßes<br />

ist eine weitere, vielfach berücksichtigte Zwangsbedingung. Der Quotient (k/ε) läßt<br />

sich als Zeitmaß Tt der energietragenden Wirbel (eddy–turn–over time) interpretieren.<br />

Das turbulente Zeitmaß Tt ist, in Anlehnung an die oben dargestellte Skalenanalyse,<br />

einer Realisierbarkeitsbeziehung unterworfen. Diese besagt, daß das turbulente Zeitmaß<br />

nie unterhalb des Kolmogorov–Zeitmaßes der viskosen Dissipation liegen darf. Da<br />

die höchste Frequenz im Energiespektrum durch die viskose Dissipation begrenzt ist,<br />

leuchtet die Restriktion physikalisch unmittelbar ein<br />

<br />

ε −1<br />

k ν<br />

→ Tt , mit Tt := max , α Durbin (1991) : α ≈ 6 . (2.27)<br />

k ε ε<br />

51<br />

,


KAPITEL<br />

C ε1<br />

2.2<br />

2.0<br />

1.8<br />

1.6<br />

1.4<br />

Shih et al. (1995)<br />

SST (Menter 1994)<br />

RNG (Yakhot et al. 1992)<br />

0 2 4 6 8 10<br />

S<br />

Abbildung 2.3: Populäre Ansätze für die Entwicklung des Koeffizienten Cε1 als Funktion<br />

des dimensionslosen Scherparameters S = (k/ε) 2SijSij.<br />

Eine einfache Dimensionanalyse der Wirbelzähigkeit<br />

ergibt für das k − ε Modell die Proportionalität (vgl. Glg. 2.2 und Tabelle 1.1)<br />

νt ∼ k ·<br />

<br />

k<br />

ε<br />

k<br />

❀ νt = cµ<br />

2<br />

ε .<br />

Den dazugehörigen Proportionalitätsfaktor bestimmt man üblicherweise aus den bereits<br />

unter (2.24) angegebenen Zusammenhängen für den Gleichgewichtsbereich einer<br />

Wandgrenzschicht<br />

<br />

<br />

<br />

−1<br />

∂U<br />

<br />

νt = |uv| = κn uτ = cµ<br />

∂y<br />

❀ cµ = u4τ =<br />

k2 |uv|<br />

k<br />

2<br />

k 2<br />

ε<br />

, (2.28)<br />

= 0.09 . (2.29)<br />

Der Faktor cµ wird aufgrund seiner Definition üblicherweise Anisotropieparameter genannt.<br />

Der am häufigsten verwendete Koeffizientensatz einfacher k − ε Modelle lautet<br />

damit<br />

k − ε Modell : cµ = 0.09 , Cε1 = 1.44 , Cε2 = 1.92 , P rε = 1.3 , P rk = 1 .<br />

52


2.3. ISOTROPE ZWEI–PARAMETER–WIRBELZÄHIGKEITSMODELLE<br />

2.3.2 Alternative Zwei–Parameter–Formulierungen (k n − ζ Modelle)<br />

Prinzipiell sind sämtliche Variablenkombinationen k n und ζ, deren Darstellung der<br />

Wirbelzähigkeit<br />

die Restriktion<br />

ζ = c 1−a<br />

µ<br />

k 2−b ε −1 1/c = c 1−a<br />

µ<br />

νt = c a µ k b ζ c<br />

T 2b−1<br />

t<br />

L 2b−21/c<br />

1−a<br />

t = cµ V 1−2b 1/c t Lt<br />

(2.30)<br />

(2.31)<br />

erfüllt, zur Modellierung geeignet. Die Transportgleichungen der Variablen k n und ζ<br />

gewinnt man durch Anwendung der Kettenregel auf die oben angeführten Gleichungen<br />

(2.17) und (2.18) für k bzw. ε<br />

Dkn Dt = nk n−1 Dk<br />

Dt<br />

Dζ<br />

Dt =<br />

2 − b<br />

c<br />

, (2.32)<br />

<br />

c 1−a<br />

µ<br />

k2−b−c <br />

1/c<br />

ε<br />

Dk<br />

Dt<br />

− 1<br />

c<br />

<br />

c 1−a<br />

µ<br />

k2−b ε1+c 1/c Dε<br />

Dt<br />

. (2.33)<br />

Die Transformationsbeziehungen zur Formulierung der ζ–Gleichung erleichtern sich<br />

erheblich durch die Annahme von P rk =P rε in (2.33). Die tatsächlich verwendete<br />

Prandtl–Zahl wird im Anschluß an die Herleitung der Transportgleichung durch die<br />

Formulierung einer zu (2.25) analogen Verträglichkeitsbeziehung fixiert.<br />

Neben dem k − ε Modell ist vor allem das von Wilcox (1988) entwickelte k − ω Modell<br />

νt = k<br />

ω<br />

❀ n = b = −c = 1 und a = 0<br />

weit verbreitet. Die aus der Transformationsbeziehung (2.33) abgeleitete Transportgleichung<br />

der spezifischen Dissipationsrate ω = ε/(cµk) lautet<br />

<br />

<br />

Dω ω<br />

= (Cε1 − 1) P − cµ(Cε2 − 1) ω k +<br />

Dt k<br />

1<br />

<br />

ν +<br />

∂xk<br />

νt<br />

<br />

∂ω<br />

(2.34)<br />

P rω ∂xk<br />

<br />

2 ∂k ∂ω<br />

+<br />

.<br />

ω P rω ∂xk ∂xk<br />

In der von Wilcox (1988) angegebenen Form wird der letzte Summand der Gleichung<br />

(2.34) unterdrückt. Wilcox (WC) bevorzugt die Koeffizientenkombination<br />

Wilcox k − ω Modell : cµ = 0.09 , Cε2 = 1.83 , Cε1 = 1.55 , P rk = P rω = 2 .<br />

Der Vorteil des k−ω Modells ist dessen inhärente Konsistenz zu den Gesetzmäßigkeiten<br />

des semi–viskosen und voll–turbulenten logarithmischen Bereichs (vgl. Anhang D oder<br />

53


KAPITEL<br />

Wilcox 1993). Daneben zeichnet sich das Modell durch die geringe Variation der o.a.<br />

Verträglichkeitsbeziehung in kompressiblen und inkompressiblen Wandgrenzschichten<br />

aus (Huang et al. 1994). Hieraus resultiert die Möglichkeit zur Handhabung beider<br />

Strömungszustände mit einem einheitlichen Koeffizientensatz.<br />

Die Vernachlässigung des letzten Summanden aus (2.34) steht in ursächlichem Zusammenhang<br />

zu den Vorteilen der k − ω Formulierung. Die Unterdrückung des Kreuzdiffusionsterms<br />

erhöht jedoch gleichzeitig die Sensitivität des Modells für die Fernfeld–<br />

und Zuströmrandbedingungen der Längenmaßvariablen, da sich der Kreuzdiffusionsterm<br />

als negativer Entrainmentbeitrag interpretieren läßt (Menter 1992; Wilcox 1993;<br />

Rung 1998b). Die Vorgabe der Fernfeldwerte von Lt ist keineswegs trivial. Eine geringe<br />

Fernfeldsensitivität ist daher erstrebenswert. In letzter Zeit sind zonal–hybride Kombinationen<br />

von k − ε und k − ω Modellen (Menter 1994) oder zonale Berücksichtigungen<br />

des Kreuzdiffusionsterms, welche die spezifischen Formulierungsvorteile kombinieren,<br />

in den Blickpunkt des Interesses geraten.<br />

Weitere Zweigleichungsmodelle sind z.B. von Rotta (1968), Speziale, Abid und Anderson<br />

(1992) oder Gibson, Harper und Dafa’Alla (1994) entwickelt worden.<br />

2.3.3 Prallstrahlproblematik (Launder–Kato Modifikation)<br />

Ein prinzipielles Problem konventioneller Wirbelzähigkeitsmodelle liegt in der unbefriedigenden<br />

Darstellung rotationsfreier Deformationzustände. Besonders kritisch wird<br />

das Modellverhalten wenn die Deformationsgeschwindigkeiten annähernd winkeltreu<br />

(scherfrei) sind:<br />

Sαβ = Wαβ = 0 für α = β .<br />

Sämtliche Staupunktströmungen, wie z.B. Prallstrahlen oder Bereiche in der Nähe des<br />

Staupunkts von Tragflügelprofilen, gehören zu diesem Strömungstyp. Erfahrungsgemäß<br />

kommt es in diesen Situationen zu einer deutlichen Überschätzung der Produktion von<br />

Turbulenzenergie durch übliche Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

P = 0.5Pkk = −uiuk (Sik + Wik) = −uiuk Sik ∼ 2 νt S 2 kk , (2.35)<br />

oftmals mit weitreichenden Konsequenzen für das gesamte Strömungsfeld. Die Überschätzung<br />

der Produktion von Turbulenzenergie im Staupunktbereich kann, wie exemplarisch<br />

in Abbildung 2.4 illustriert, zur extrem unrealistischen Vorhersage der aerodynamischen<br />

Güte von Tragflügel- oder Schaufelprofilen führen. Die lokalen Turbulenzspitzen<br />

im Nasenbereich der Profile werden dabei durch Konvektion den stromabliegenden<br />

auftriebserzeugenden Saugbereichen zugeführt. Sie bewirken dort infolge<br />

der unrealistisch hohen Turbulenzintensität eine deutliche Unterschätzung der Saugspitzen,<br />

bei gleichzeitig überschätzten Reibungswiderständen. Die Grenzschichtprofile<br />

besitzen wesentlich mehr Energie, was sich vor allem bei der Berechnung ablösenaher<br />

Strömungszustände negativ auf die Vorhersagequalität stromab liegender Grenzschichtprofile<br />

auswirkt. In jüngster Zeit sind diesbezüglich eine Reihe populärer Gegenmaßnahmen<br />

veröffentlicht worden, z.B. von Kato und Launder (1993), Jin und Braza (1994)<br />

54


Stroemung um A310.HIGH-Lift,TURBO,a=20G,64m/s,kin=1m2/s2<br />

TURB.ENE.(%)[k]<br />

Turbulence Intensity from 0−5%<br />

Present Realizable<br />

Stroemung um A310.HIGH-Lift,TURBO,a=20G,64m/s,kin=1m2/s2<br />

2.3. ISOTROPE ZWEI–PARAMETER–WIRBELZÄHIGKEITSMODELLE<br />

TURB.ENE.(%)[k]<br />

Turbulence Intensity from 0−5%<br />

Standard Model<br />

Abbildung 2.4: Box from ( -0.15, Umströmung -0.22) to ( 0.20, 0.16) von Mehrelemente-Tragflügelprofilen: Box from ( -0.16, -0.22) to ( 0.21, 0.18) Vergleich der Turbu-<br />

lenzintensitäten im Vorflügelbereich (”Present Realizable” entspricht einem Nichtgleichgewichtsmodel,<br />

”Standard Model” einem Gleichgewichtsmodell).<br />

oder Durbin (1996), die eine Manipulation der Produktion in (2.35) vorschlagen. Diese<br />

Manipulationen ersetzen S2 kk in (2.35) durch −W 2 kk , bzw. −S2 kk W 2 kk , was jedoch in<br />

formalem Widerspruch zum Wirbelzähigkeitsansatz (2.1) steht. Ferner läßt sich zeigen,<br />

daß diese Manipulation mit der Annahme antimetrischer Reynolds–Spannungstensoren<br />

in (2.35) verknüpft ist. Hierzu stelle man sich vor, der Reynolds–Spannungstensor wäre<br />

antimetrisch. Das Wirbelzähigkeitsgesetz zur Modellierung antimetrischer Reynolds–<br />

Spannungen wäre folglich durch<br />

uiuk ∗ = −ukui ∗<br />

❀ uiuk ∗ ∼ 2 νt Wik<br />

erklärt. Setzt man die zuletzt notierte Gleichung in die Beziehung (2.36) ein, dann<br />

ergibt sich die oben genannte, häufig verwendete Launder–Kato Modifikation<br />

P ∗ = −uiuk ∗ (Sik + Wik) = −uiuk ∗ Wik ∼ 2 νt W 2 kk . (2.36)<br />

Offenbar gelangt man zu der von vielen Autoren favorisierten wirbeltensorbasierten<br />

Darstellung der Produktion von Turbulenzenergie nur unter der falschen Vorraussetzung,<br />

daß die Reynolds–Spannungen durch einen antimetrischen Tensor repräsentiert<br />

werden. Wegen des positiven Einflusses auf das Ergebnis, erfreut sich die Launder–Kato<br />

Modifikation jedoch großer Beliebtheit.<br />

2.3.4 Turbulenter Wärmestrom<br />

Zur Berechnung des turbulenten Wärmestroms werden in der Regel isotrope Wirbeldiffusivitätsmodelle<br />

verwendet. Diese lassen sich unmittelbar aus dem Gradienten–<br />

Diffusions–Ansatz (2.16) entwickeln<br />

−ukT ′ = 1) CT<br />

<br />

k<br />

ε<br />

ukul<br />

<br />

∂T<br />

∂xl<br />

= 2) νt<br />

<br />

∂T<br />

P r ∂xk<br />

. (2.37)<br />

Der turbulenten Prandtlzahl wird zumeist der Wert P r = 0.9 zugewiesen. Die hiermit<br />

verbundenen Annahmen offenbaren sich durch die Rekonstruktion der Gleichung (2.37)<br />

55


KAPITEL<br />

aus der exakten Skalartransportgleichung (1.65). Für den Zustand des lokalen Gleichgewichts<br />

lassen sich sämtliche Transportterme in (1.65) vernachlässigen. Unterdrückt<br />

man ferner sämtliche Quellterme und Volumenkraftdichtebeiträge, dann ergibt sich<br />

uiuk<br />

∂T<br />

∂xk<br />

∂Ui<br />

= −ukT ′<br />

∂xk<br />

+ 1<br />

ρ<br />

p∂T ′<br />

∂xi<br />

− ν<br />

<br />

cp ∂ui<br />

+ 1<br />

P r ∂xk<br />

Im Falle einer nahezu isotropen Feinstruktur müssen die (viskosen) Dissipationsterme<br />

der zuletzt notierten Gleichung ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Die Druck–<br />

Skalargradienten–Korrelation wird üblicherweise analog zur Druck–Scher–Korrelation<br />

modelliert (Craft und Launder 1996). Der einfachste Ansatz ist der lineare Relaxationsansatz,<br />

bei dem nur der langsame Anteil berücksichtigt wird<br />

1<br />

ρ<br />

p∂T ′<br />

∂xi<br />

= −γ ∗ T −1<br />

t uiT ′ ❀ uiuk<br />

T ′ uk<br />

∂Ui<br />

∂xk<br />

∂T<br />

∂xk<br />

∂T<br />

∂xk<br />

∂Ui<br />

= −ukT ′<br />

∂xk<br />

− γ ∗<br />

∂T ′<br />

∂xk<br />

.<br />

<br />

ε<br />

<br />

uiT<br />

k<br />

′ .<br />

Das Gradienten–Diffusions–Gesetz (2.37) ergibt sich schließlich unter der Voraussetzung<br />

uiuk<br />

1<br />

= γ , mit γ =<br />

γ∗CT − 1 .<br />

Die Erweiterung der Technik auf anisotrope Wirbeldiffusivitäts– oder explizite algebraische<br />

Modelle zur Berechnung turbulenter Wärmeströme ist möglich. Näheres hierzu<br />

findet man z.B. bei Shabany und Durbin (1997), Adumitroaie, Ristorcelli und Taulbee<br />

(1998) oder Wikström, Wallin und Johansson (2000).<br />

2.4 Primäre, sekundäre und tertiäre Stress–Strain Interaktion<br />

Die Wechselwirkungen zwischen Turbulenz und Geschwindigkeitsgradienten sind eng<br />

mit bekannten physikalischen Mechanismen einer turbulenten Scherströmung verknüpft.<br />

Diese lassen sich ihrer Bedeutung nach in primäre, sekundäre und tertiäre Erscheinungen<br />

gliedern und können von den verschiedenartigen Wirbelzähigkeitskonzepten<br />

unterschiedlich gut wiedergegeben werden.<br />

Primäre Strömungsmerkmale sind durch die Wechselwirkung einander zugeordneter<br />

Reynoldsscher Schubspannungen und Scherraten bestimmt. Sie lassen sich<br />

in lokal zweidimensionalen Scherströmungen<br />

durch isotrope Wirbelzähigkeitsansätze hinreichend<br />

genau beschreiben. Die zweidimensionale<br />

Scherströmung ist keinesfalls nur akademischer<br />

Natur. Vielmehr läßt sich die Mehrheit<br />

der in der Praxis auftretenden Strömungen<br />

näherungsweise dadurch beschreiben. Hierzu<br />

gehört die in Abbildung 2.5 durch schwar-<br />

Abbildung 2.5: Hauptströmungskompoze Farbwerte gekennzeichnete druckinduzierte<br />

nente einer abgelösten Profilumströmung<br />

Hinterkantenablösung über der Saugseite ei-<br />

56


2.4. PRIMÄRE, SEKUNDÄRE UND TERTIÄRE STRESS–STRAIN INTERAKTION<br />

nes Tragflügelprofils. Eine adäquate Modellierung primärer Phänomene im Rahmen isotroper<br />

Ansätze geschieht beispielsweise durch die besondere Berücksichtigung der Realisierbarkeit<br />

der modellierten Reynolds–Spannungen (Schumann 1977). Ein Bestandteil<br />

der Realisierbarkeitsbedingungen ist die Gewährleistung positiver Normalspannungen,<br />

eine Anforderung, die von dem isotropen Wirbelzähigkeitsansatz nur durch<br />

die umgekehrte Proportionalität des Anisotropieparameters zum Scherratenparameter<br />

S = Tt<br />

<br />

2 ˜ Sij ˜ Sij befriedigt werden kann (Shih, Zhu und Lumley 1993; Rung 1998b).<br />

u 2 α = 2<br />

3 k − 2 cµ kTt ˜ Sαα , ❀ lim<br />

S→∞ cµ ≤ 1<br />

1.5 S .<br />

Die so formulierte Wirbelzähigkeit erfüllt den in Gleichung (2.15) geforderten umgekehrt–<br />

proportionalen Zusammenhang von νt und Sij zumindest im integralen Mittel. Analoge<br />

Überlegungen, in denen der Anisotropieparameter umgekehrt proportional zur zweiten<br />

Invariante des Wirbeltensors ist, führen zu den sogenannten Shear–Stress–Transport<br />

Modellen von Menter (1993). Die Darstellbarkeit von ebenen Krümmungseffekten gelingt<br />

ebenfalls bereits mit linearen Stress-Strain Beziehungen (vgl. <strong>Kapitel</strong> 7.4).<br />

Ein illustratives Beispiel für die Schwächen einer isotropen Modellierung bei der Darstellung<br />

primärer Strömungsmerkmale ist die zweiachsige Scherung, die in dreidimensionalen<br />

Grenzschichtströmungen relevant ist. Die komplementäre Schubspannungkomponente<br />

vw einer 3D Grenzschicht ist in isotropen Wirbelzähigkeitsmodellen in gleicher<br />

Weise an die Entwicklung der Querströmungskomponente W gekoppelt wie die<br />

Primärschubspannung uv an die Hauptströmungsgeschwindigkeit U. Experimentelle<br />

Untersuchungen, z.B. Schwartz und Bradshaw (1994), zeigen dagegen oftmals eine Abweichung<br />

zwischen dem Schubspannungswinkel und dem Strömungsgradientenwinkel<br />

Exp. : γτ = γg , mit γτ = tan −1<br />

vw<br />

uv<br />

<br />

und γg = tan −1<br />

∂W/∂y<br />

∂U/∂y<br />

Offenkundig versagt die starre isotrope Kopplung ganz allgemein bei der Vorhersage<br />

von mehreren, linear unabhängigen Komponenten des Reynolds–Spannungstensors.<br />

Sekundäre Strömungsformen bilden sich durch Normalspannungsdifferenzen in einer<br />

turbulenten Scherströmung aus. Die eingangs angesprochene Normalspannungsanomalie<br />

wird durch die unzulängliche Modellierung der Diagonalbeiträge der Scherturbulenz<br />

durch isotrope Ansätze verursacht. Im Sinne einer Polynomdarstellung<br />

uiuj = P δij, Sij, S 2 ij, SikWkj + SjkWki, W 2<br />

ij, S 3 ij, ... <br />

(2.38)<br />

werden die Normalspannungen für das betrachtete Scherströmungsbeispiel nur von nullter<br />

Ordnung in den Geschwindigkeitsgradienten genau approximiert, wohingegen die<br />

Schubspannungen von erster Ordnung genau approximiert werden. Allgemein findet<br />

man:<br />

57<br />

<br />

.


KAPITEL<br />

Die Normalspannungen werden in schwach–gekrümmten Scherströmungen<br />

von den geraden Potenzen einer Polynomdarstellung beschrieben, die<br />

Schubspannungen hingegen von den ungeraden Potenzen.<br />

Eine präzisere Modellierung der Normalspannungsanisotropie verlangt folglich mindestens<br />

einen quadratischen Wirbelzähigkeitsansatz. Ein eindrucksvolleres Beispiel für<br />

die Unterschlagung signifikanter sekundärer<br />

Strömungsmerkmale durch isotrope Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

ist die in Abbildung 2.6<br />

skizzierte Sekundärströmung in Gestalt von<br />

vier longitudinalen Eckenwirbelpaaren bei der<br />

U1 Durchströmung rechteckiger Rohre (Bradshaw<br />

1987; vgl. <strong>Kapitel</strong> 7.5). Derartige Sekundär-<br />

X 3<br />

strömungen werden durch die Normalspan-<br />

X 1<br />

X 2<br />

nungsdifferenzen einer ansonsten scherdominierten<br />

Strömung gespeist. Sie sind daher nur<br />

bei Berücksichtigung der quadratischen Glie-<br />

Abbildung 2.6: Turb. Sekundärströmung der des Wirbelzähigkeitsansätzes darstellbar.<br />

Tertiäre Effekte entstehen in zweiachsigen Scherströmungen durch die Interaktion<br />

einander nicht zugeordneter Komponenten der Reynoldschen Schubspannungen und<br />

des Scherraten–Tensors. Ein Beispiel hierfür ist die krümmungsinduzierte Varia-<br />

W(r)<br />

U(r)<br />

2R<br />

V, r<br />

U, x<br />

W,<br />

Ωx<br />

Abbildung 2.7: Vollentwickelte rot. Rohrströmung<br />

tion turbulenter Schubspannungen<br />

in Strömungen durch axial rotierende<br />

Rohre. Die in Abbildung 2.7<br />

skizzierte vollentwickelte Strömung<br />

(∂/∂z=∂/∂θ =0, V =0) wurde von<br />

einer Vielzahl von Autoren theoretisch,<br />

numerisch und experimentell<br />

untersucht (Kikuyama et al. 1983; Reich und Beer 1989; Imao et al. 1996; Orlandi und<br />

Fatica 1997; Oberlack 1999). Sie zeichnet sich durch die folgenden beiden Strömungsmerkmale<br />

aus, welche von linearen oder quadratischen Wirbelzähigkeitsmodellen nicht<br />

wiedergegeben werden können:<br />

• Mit steigender Drallzahl WR/UB sinkt der Betrag der Primärschubspannung uv<br />

und das Axialgeschwindigkeitsprofil relaminarisiert.<br />

• Der radiale Verlauf der Azimutalgeschwindigkeit W (r) erfährt in Folge der von<br />

Null verschiedenen Drall–Schubspannung vw eine parabolische Überhöhung<br />

W (r)/WR ≈ (r/R) 2 .<br />

58


2.4. PRIMÄRE, SEKUNDÄRE UND TERTIÄRE STRESS–STRAIN INTERAKTION<br />

Zur Illustration der Defizite linearer Wirbelzähigkeitsansätze in krümmungsbehafteten<br />

Strömungen wird das Beispiel eines Starrkörperwirbels diskutiert, das durch den<br />

z<br />

y<br />

θ<br />

e<br />

θ<br />

W(r)<br />

Abbildung 2.8: Starrkörperwirbel<br />

e<br />

r<br />

isotropen Wirbelzähigkeitsansatz identisch erfüllt<br />

wird. Die Betrachtungen basieren auf der in Abbildung<br />

(2.8) skizzierten Konfiguration in rotierenden<br />

zylindrischen Koordinaten U = W (r) e θ =<br />

(αr) e θ . Anhang B enthält eine Zusammenstellung<br />

der transformierten Bilanzgleichungen verdrallter<br />

Strömungen in zylindrischen Koordinaten.<br />

Die Kontinuitätsgleichung ist in diesem besonders<br />

einfachen Beispiel identisch erfüllt. Die einzig ver-<br />

bleibende Impulsgleichung ist die Transportgleichung der Azimutalgeschwindigkeit<br />

<br />

∂<br />

νr<br />

∂r<br />

∂W<br />

<br />

− vw r − vw − ν<br />

∂r W<br />

r<br />

=<br />

<br />

∂<br />

r<br />

r ∂r<br />

2<br />

<br />

νr ∂<br />

<br />

W<br />

− vw<br />

∂r r<br />

= 0 .(2.39)<br />

Nach einmaliger partieller Integration von (2.39) mit W (0) = 0 findet man für den<br />

Starrkörperwirbel wegen Srθ = 0 verschwindende Drall–Schubspannungskomponenten<br />

vw = νr ∂<br />

<br />

W<br />

= 2 νSrθ = 0 . (2.40)<br />

∂r r<br />

In Bezug auf die Vorhersage von krümmungsinduzierten Variationen der turbulenten<br />

Schubspannungen entnimmt man Gleichung (2.39), daß der isotrope Boussineq–Ansatz<br />

(7.20) immer mit einem Starrkörperprofil für die Umfangsgeschwindigkeit verbunden<br />

ist<br />

vwEVM = −2 νtSrθ ❀ (2.39)<br />

2 (νt + ν) r ∂<br />

<br />

W<br />

= 0 ❀ Srθ = 0 (2.41)<br />

∂r r<br />

und folglich auch stets verschwindende Drall–Schubspannungen vorhersagt. Der tertiäre<br />

Effekt eines parabolisch überhöhten Azimutalgeschwindigkeitsprofils ist daher unvereinbar<br />

mit dem isotropen Wirbelzähigkeitskonzept. Ein in der Praxis auftretendes<br />

nichtlineares Azimutalgeschwindigkeitsprofil ist nur durch kubische Wirbelzähigkeitsansätze<br />

simulierbar.<br />

59


<strong>Kapitel</strong> 3 Rationale Modellierungstechniken<br />

Die Mehrzahl der bekannten Strategien zur Erweiterung des Gültigkeitsbereichs von<br />

statistischen Turbulenzmodellen basiert letztlich auf den Prinzipien der rationalen Mechanik,<br />

insbesondere der Darstellungs- oder Invariantentheorie (Gatski und Speziale<br />

1993; Lumley 1978; Spencer 1971; Zheng 1994), die im Zentrum des letzten Abschnitts<br />

dieses <strong>Kapitel</strong>s steht. Im Unterschied zu empirisch/heuristischen Modellierungstechniken<br />

wird dabei eine allgemeingültige analytische Bestimmung der Modellkoeffizienten<br />

angestrebt. Mathematisch betrachtet sind die Koeffizienten des Turbulenzmodells dimensionslose<br />

Skalare und somit unabhängig (invariant) von der Wahl des Koordinatensystems.<br />

Es ist daher naheliegend, die Koeffizienten nicht konstant zu setzen, sondern<br />

als skalare Funktion aller im mathematischen Modell enthaltenen linear unabhängigen<br />

(irreduziblen) Invarianten der Tensorkoordinaten darzustellen. Die Invariantentheorie<br />

reduziert analog zur Dimensionsanalyse die Anzahl der beteiligten Parameter. Neben<br />

der Identifikation der im System auftretenden Einflussparameter müssen zu deren Bestimmung<br />

ergänzende Zwangsbedingungen, aus möglichst übergeordneten Prinzipien<br />

oder Axiomen, formuliert werden. Die Formulierung der Zwangsbeziehungen basiert<br />

typischerweise auf dem Realizability-Prinzip (Schumann 1977; Lumley 1978), der Rapid<br />

Distortion Theorie (RDT) (Reynolds 1987), der Renormalisierungsgruppentheorie<br />

(RNG) (Yakhot et al. 1992) oder der strengen darstellungstheoretischen Behandlung<br />

von linearisierten algebraischen Reynolds-Spannungsmodellen (Gatski und Speziale<br />

1993). Die Zwangsbedingungen setzen die Koeffizienten des Turbulenzmodells in<br />

Verhältnis zu den dimensionslosen irreduziblen Invarianten des Parameterraums.<br />

Der erste Abschnitt dieses <strong>Kapitel</strong>s beschäftigt sich mit Invarianzeigenschaften der<br />

Reynolds–Spennungen und ihrer Transportgleichungen gegenüber einer Bewegung des<br />

Beobachtersystems. Es zeigt sich, daß die Transportgleichungen der Reynolds–Spannungen<br />

invariant gegenüber einer erweiterten Galileitranformation sind, weshalb die Berücksichtigung<br />

des Wirbeltensors im Turbulenzmodell – entgegen vieler anderslautender<br />

Meinungen – zulässig ist. Der zweite Abschnitt erläutert exemplarisch die Grundgedanken<br />

des Realisierbarkeits–Prinzips am Beispiel des isotropen Wirbelzähigkeitsmodells,<br />

und vermittelt einen ersten Einblick in rationale Modellierungstechniken. Im Anschluß<br />

daran werden die Grundlagen der Darstellungstheorie erörtert, welche im Zentrum einer<br />

verallgemeinerten Modellierungspraxis steht.<br />

3.1 Materielle Objektivität<br />

Die systematische Entwicklung von Turbulenzmodellen stützt sich auf einige grundlegende<br />

Axiome zur Gewährleistung der mathematischen und physikalischen Widerspruchsfreiheit.<br />

Das Axiom der materiallen Objektivität – oder auch Beobachterindifferenz<br />

– ist Gegenstand vieler Diskussionsbeiträge zur Konstruktion von Turbulenzmodellen,<br />

weswegen es hier Berücksichtigung findet.<br />

60


3.1. MATERIELLE OBJEKTIVITÄT<br />

Genügt ein Turbulenzmodell dem Prinzip der materiellen Objektivität, dann dürfen die<br />

Modellgleichungen nicht von der Wahl des Bezugssystems abhängen. Hierzu betrachtet<br />

man zwei Bezugssysteme e und ê, welche durch eine Starrkörperbewegung und eine<br />

Zeittransformation miteinander verbunden sind<br />

ê(x, ˆt) = Q(t) · e(x, t) + b(t) , ˆt = t − to , Q · Q T = δ . (3.1)<br />

Dabei ist Q(t) ein beliebiger, zeitabhängiger orthogonaler Tensor, der entweder eine<br />

Drehung (|Q(t)| = 1) oder eine Spiegelung (|Q(t)| = −1) darstellt und t0 ein konstanter<br />

Zeitpunkt. Die Bewegung b(t) kennzeichnet eine allgemeine zeitabhängige Translation.<br />

In der oben skizzierten allgemeinen Darstellung repräsentiert die Gleichung (3.1)<br />

eine sog. euklidische Transformation. Beschränkt man sich auf die Kombination aus<br />

Starrkörperrotation (Q = const.) und beschleunigungsfreier Translation (b(t) = U 0 t),<br />

dann spricht man von einer Galileitransformation.<br />

Skalare, Vektoren und Tensoren sind objektive räumliche Größen, wenn für deren Darstellung<br />

in den unterschiedlichen Bezugssystemen ê und e folgenden Aussagen gelten<br />

Skalare : ˆy = y (3.2)<br />

Vektoren : ˆy = Q(t) · y<br />

Tensoren zweiter Stufe : ˆy = Q(t) · y · Q T (t)<br />

Wichtige Beispiele für objektive und nichtobjektive Größen lauten:<br />

1) Länge:<br />

dx = x − x0 <br />

❀ dˆx = Q · x + b −<br />

<br />

Q · x0 + b<br />

Das gerichtete Längenelement ist ein objektiver Vektor.<br />

2) Geschwindigkeitsvektor:<br />

❀<br />

= Q · dx (3.3)<br />

U = dx<br />

dt<br />

dˆx d<br />

<br />

Û = = Q · x + b<br />

dˆt dˆt<br />

= Q · U + ˙ Q · x + ˙ b (3.4)<br />

61


KAPITEL<br />

Der Geschwindigkeitsvektor ist kein objektiver Vektor.<br />

3) Geschwindigkeitsgradient:<br />

ˆ∇ Û = ∇ Û · QT<br />

= Q · ∇ U · Q T + ˙ Q · Q T<br />

Der Geschwindigkeitsgradient ist kein objektiver Tensor.<br />

(3.5)<br />

Für den Geschwindigkeitsgradiententensor ergibt sich aus (3.5) ein interessanter Zusammenhang<br />

für die symmetrischen und antimetrischen Anteile des Tensors. Mit Hilfe<br />

von<br />

folgt für den symmetrischen Anteil<br />

ˆS = 0.5<br />

<br />

ˆ∇ Û + ( ˆ ∇ Û)T<br />

<br />

( ˆ ∇ Û)T = Q · (∇ U) T · Q T + Q · ˙<br />

Q T (3.6)<br />

= 0.5<br />

= 0.5<br />

<br />

Q · ∇ U + (∇ U) T · Q T<br />

<br />

+ d<br />

<br />

dˆt<br />

Q · Q T<br />

<br />

<br />

δ<br />

<br />

<br />

Q · ∇ U + (∇ U) T · Q T<br />

<br />

= Q · S · Q T . (3.7)<br />

Die nichtobjektiven Beiträge zum Geschwindigkeitsgradiententensor lassen sich folglich<br />

dem antimetrischen Wirbeltensor W = 0.5 (∇ U − (∇ U) T ) zuordnen<br />

ˆW = ( ˆ ∇ Û) − ˆ S = 0.5<br />

<br />

Q · ∇ U − (∇ U) T · Q T<br />

<br />

+ ˙ Q · Q T .<br />

Die Anwendung des Objektivitätsprinzips auf die Modellgleichungen ist nur gerechtfertigt,<br />

sofern auch der Tensor der Reynoldsspannungen materiell objektiv ist. Die<br />

ensemblegemittelte Darstellung der Gleichung (3.4) lautet<br />

ˆ<br />

U = Q · U + ˙ Q · x + ˙ b = Q · U + ˙ Q · Q T · (ˆx − b) + ˙ b , (3.8)<br />

woraus für den Vektor der Geschwindigkeitsfluktuation Beobachterindifferenz gefolgert<br />

werden kann<br />

û = Q · u . (3.9)<br />

62


3.1. MATERIELLE OBJEKTIVITÄT<br />

Das dyadische Produkt zweier objektiver Geschwindigkeitsfluktuationsvektoren<br />

folgt somit dem Objektivitätszwang (3.2c). Zur Modellierung eines objektiven<br />

Reynolds–Spannungenstensors können nur objektive Tensoren und deren Invarianten<br />

verwendet werden, weswegen sich ein Zusammenhang zwischen dem<br />

Wirbeltensor und dem Reynolds–Spannungstensor – entgegen der üblichen Modellierungpraxis<br />

– verbieten würde.<br />

Ein anderes Bild ergibt sich aus der Analyse der Implusgleichungen für Û bzw. Û. Mit<br />

Hilfe der oben angeführten Transformationsbeziehungen ergibt sich<br />

˙Û = Q · ˙ <br />

U + ˙Q · U + Q ¨ T<br />

· Q · ˆx + Q ˙ T<br />

· Q · ˆx ˙ − Q ¨ T<br />

· Q · b − Q ˙ T<br />

· Q · b ˙ + ¨b = Q · ˙ <br />

U + ˙Q ·<br />

= Q · ˙ U +<br />

Q T · Û − QT · ˙ Q · Q T · ˆx + Q T · ˙ Q · Q T · b − Q T · ˙ b<br />

+ ¨ Q · Q T · ˆx + ˙ Q · Q T · ˙ ˆx − ¨ Q · Q T · b − ˙ Q · Q T · ˙ b + ¨ b<br />

<br />

ˆx · ¨Q T<br />

· Q − Q ˙ T<br />

· Q · Q ˙ T<br />

· Q + ˙ b ·<br />

<br />

+b · ˙Q T<br />

· Q · Q ˙ T T<br />

· Q − Q · Q ¨ T<br />

· Q<br />

<br />

<br />

<br />

˙Q T<br />

· Q · Q ˙ T<br />

· Q − Q ˙ T<br />

· Q<br />

<br />

+ ¨ <br />

b + 2 ˙ Q · Q T · Û<br />

= Q · ˙ U + A + 2 ˙ Q · Q T · Û (3.10)<br />

Der erste Term der rechten Seite von Gleichung (3.10) repräsentiert den objektiven<br />

Anteil. Nach dem Impulssatz (1.7) entspricht die Impulsänderung ˙ U der Summe aller<br />

Kräfte auf das Fluid ∇ · T total . Da das Stoffgesetz (1.32) nur auf dem symmetrischen<br />

Anteil des Geschwindigkeitsgradiententensors basiert, ist der Spannungstensor T total<br />

materiell objektiv<br />

Q · ˙ U = Q ·<br />

<br />

∇ · T =<br />

total<br />

ˆ ∇· ˆ T .<br />

total<br />

Für die momentane und Reynolds–gemittelte Änderung des Impulses ergibt sich somit<br />

˙Û = ˆ ∇· ˆ T +<br />

total A + 2 ˙ Q · Q T · Û ,<br />

˙ˆ<br />

U = ˆ ∇· ˆ T +<br />

total A + 2 ˙ Q · Q T · Û .<br />

Hieraus läßt sich für die Änderung des fluktuierenden Geschwindigkeitsvektors ein, im<br />

Unterschied zu Gleichung (3.9) nichtobjektiver Zusammenhang ableiten<br />

˙û = Q · ˙u + 2 ˙ Q · Q T · û . (3.11)<br />

Eine analoge Aussage findet man für die substantielle Änderung der Reynolds–Spannungen.<br />

In Bezug auf die Modellierung steht die Beziehung (3.11) im Widerspruch zur<br />

Beziehung (3.9).<br />

63


KAPITEL<br />

Für die Beantwortung der Frage, ob man zur Modellbildung auch nichtobjektive<br />

Größen verwenden kann ist die präzise Definition der Aufgabe des Turbulenzmodells<br />

von großer Relevanz. Ein Turbulenzmodell dient üblicherweise nicht<br />

der direkten Bestimmung von Reynolds–Spannungen, sondern der Schließung<br />

ihrer Transportgleichung. Die eingesetzten Modelle müssen daher lediglich die<br />

unter (3.11) notierte Beziehung befriedigen.<br />

Die Transportgleichung der Geschwindigkeitsfluktuationen ist unabhängig von der Wahl<br />

zweier Bezugssysteme, welche durch die folgende erweiterte Galilei–Transformation<br />

miteinander verbunden sind<br />

ê(x, ˆt) = Q · e(x, t) + b(t) . (3.12)<br />

Im Unterschied zur klassischen Galilei–Transformation erlaubt die erweiterte Galilei–<br />

Transformation (3.12) eine translatorische Beschleunigung (b(t) = U o t). Man beachte,<br />

daß die Darstellung des Wirbeltensors Wij für Q = const gemäß Gleichung (3.8)<br />

ebenfalls unabhängig gegen einen durch (3.12) beschriebenen Wechsel des Beobachtersystems<br />

ist und daher für die Modellbildung verwendet werden kann.<br />

3.2 Realisierbarkeit<br />

Bei der ins Auge gefassten Modellbildung handelt es sich um eine statistische Betrachtung.<br />

Ausgangspunkt der Vorgehensweise ist die in <strong>Kapitel</strong> 1.3.1 dargestellte Zerlegung<br />

der Momentanwerte ˜ φ in einen (Ensemble–)Mittelwert φ und eine entsprechende Fluktuation<br />

ϕ<br />

˜φ = φ + ϕ .<br />

Die Reynolds-Spannungen genügen folglich fundamentalen statistischen Zusammenhängen,<br />

die im Rahmen der numerischen Strömungsmechanik häufig unter dem Begriff<br />

Realizability– oder auch Realisierbarkeits–Prinzip zusammengefaßt werden:<br />

u 2 α ≥ 0 → keine negative Varianz, (3.13)<br />

u 2 α u 2 β − (uαuβ) 2 ≥ 0 → Ungleichung nach Schwartz. (3.14)<br />

Da es sich bei u 2 α um Anteile turbulenter kinetischer Energie handelt, ist die erste der<br />

beiden Realizability-Restriktionen auch physikalisch einsichtig: Energie ist nie negativ.<br />

Die Schwartzsche Ungleichung (3.14) ergibt sich mathematisch aus der Tatsache, daß<br />

die Reynolds-Spannungen durch einen symmetrischen, positiv semi-definiten Tensor<br />

64


3.2. REALISIERBARKEIT<br />

repräsentiert werden. Diese Aussage trifft prinzipiell auf die Korrelationsmatrix zweier<br />

beliebiger fluktuierender physikalischer Größen ˜ Γ und ˜ φ zu:<br />

⎛<br />

γ<br />

A = ⎝<br />

2 γϕ<br />

γϕ ϕ2 ⎞<br />

⎠ . (3.15)<br />

Ein symmetrisch positiv semi-definiter Tensor besitzt die Eigenschaft, daß seine Determinante<br />

und seine (stets reelen) Eigenwerte nie negativ werden können:<br />

det(A) ≥ 0 ❀ γ 2 ϕ 2 − (ϕγ) 2 ≥ 0 . (3.16)<br />

Physikalisch läßt sich die Schwartzsche Ungleichung dadurch erklären, daß zwei unterschiedliche,<br />

statistisch fluktuierende Größen ϕ und γ in ihrem Verhalten vollkommen<br />

korreliert sind, wenn sie sich statistisch gleich verhalten. Die Entwicklung der beiden<br />

Größen ließe sich in diesem Falle, in dem das zweite statistische Moment der beiden<br />

Größen maximal wäre, beispielsweise durch dieselbe Fourierreihe darstellen, z.B.<br />

ϕ = ∞<br />

n=0 αc cos (nπt) + αs sin (nπt) ,<br />

γ = ζ ∞<br />

n=0 αc cos (nπt) + αs sin (nπt) ,<br />

❀ (ϕγ) 2 = (ϕϕ) (γγ) . (3.17)<br />

Eine allgemeinere Formulierung der Schwartzschen Ungleichung, welche die Korrelation<br />

zwischen einem Skalar und einem Vektor beschreibt, ergibt sich aus:<br />

<br />

ϕiϕj γ2 <br />

− (ϕiγ) (ϕjγ) ≥ 0 . (3.18)<br />

Insbesondere leitet man von (3.18) exemplarisch folgende, häufig verwendete Aussagen<br />

ab:<br />

uv θ 2 − uθ vθ ≥ 0 ,<br />

u2 θ2 − uθ 2 ≥ 0 ,<br />

v2 u2 2 − uv ≥ 0 ,<br />

w2 <br />

uv − uw vw ≥ 0 . (3.19)<br />

Ein strengeres Realisierbarkeitskriterium fokussiert die untere Schranke der Beziehungen<br />

(3.13, 3.14), bei denen die Terme der linken Seiten den Nullzustand erreichen. Um<br />

sich von diesem Zustand in pyhysikalisch realisierbarer Weise zu erholen, muß die erste<br />

Zeitableitung der linken Seite verschwinden, und die erste von Null verschiedene höhere<br />

Zeitableitung positiv sein.<br />

65


KAPITEL<br />

Auf die Bedeutung des Realisierbarkeitsprinzips wurde zuerst von Schumann (1977)<br />

hingewiesen. Eine umfangreichere Einführung in die Thematik ist dem Betrag von<br />

Shih (Hallbäck, Henningson, Johansson und Alfredson 1996) zu entnehmen. Weitere<br />

Arbeiten zur Realisierbarkeit wurden unter anderem von Lumley (1978), Shih und<br />

Lumley (1985), Johansson und Hallbäck (1994), Speziale, Abid und Durbin (1993) und<br />

Pope (1993) veröffentlicht.<br />

3.2.1 Realisierbarkeit isotroper Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

Die Gewährleistung plausibler Stress-Strain Beziehungen mit Hilfe des Wirbelzähigkeitsprinzips<br />

(7.20) verlangt die Konsistenz der modellierten Reynolds-Spannungen<br />

zum Realizability-Prinzip (3.18). Der folgende Abschnitt befaßt sich mit der Entwicklung<br />

einer physikalisch tragfähigeren Formulierung auf der Basis des isotropen Wirbelzähigkeitsansatzes<br />

(7.20). Die Ergebnisse ermöglichen eine exakte Darstellung achsensymmetrischer<br />

Turbulenzzustände sowie eine verbesserte Darstellung von schergetriebenen<br />

Strömungen, vermögen jedoch nicht sämtliche der in <strong>Kapitel</strong> 2 geschilderten<br />

Anomalien des isotropen EVM Konzeptes zu korrigieren.<br />

Der primäre Fokus dieses Abschnittes ist das Verhalten der in Anhang A skizzierten Invarianten<br />

des Spannungsanisotropietensors bei isotroper Wirbelzähigkeitsmodellierung<br />

bij = −cµ sij .<br />

Die von Null verschiedenen Invarianten des modellierten Anisotropietensors lauten<br />

IIb = −1/2 b 2 kk = −1/2 c 2 µ s 2 kk = −1/2 c 2 µ η1 ,<br />

IIIb = 1/3 b 3 kk = −1/3 c 3 µ s 3 kk = −1/3 c 3 µ η3 . (3.20)<br />

Hierin repräsentieren b2 kk and b3kk die Spur der Tensoren b2ik und b3ik , z.B. b2kk = bkmbmk.<br />

Die Invarianten des Ansiotropietensors werden üblicherweise im Zusammenhang mit<br />

Lumley’s (Lumley 1978) Invariantenkarte studiert. Die Herleitung der Invarianten ist<br />

in Anhang A skizziert. Anhand von Abbildung 3.1 erkennt man, daß die physikalisch<br />

realisierbaren Invariantenzustände auf einen engen Bereich begrenzt sind. Dieses Merkmal<br />

ist von Bedeutung für die Konstruktion von cµ<br />

Asymptotisch konsistente Formulierungen müssen auch im Grenzübergang<br />

extrem starker Distorsion noch sinnvolle Lösungen für IIb und IIIb liefern.<br />

Hauptachsentransformation<br />

Für die Analyse der Vorhersagekraft isotroper Wirbelzähigkeitsmodelle ist eine Betrachtung<br />

auf der Basis der Hauptachsen von sij hilfreich. Bekanntermaßen besitzt die<br />

Säkulargleichung eines positiv semi-definiten Tensors<br />

66


1/3<br />

1/12<br />

−II b<br />

0.30<br />

0.25<br />

0.20<br />

0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.00<br />

isotropic 2−component<br />

turbulence<br />

−1/108<br />

1−component turbulence<br />

plane strain (PS)<br />

9II b +27III b +1=0 2−component turbulence<br />

axissymmetric expansion (AE)<br />

axissymmetric contraction (AC)<br />

(II b /3) 3 +(III b /2) 2 =0<br />

isotropic 3−component turbulence<br />

0.00 0.02 0.04 0.06<br />

III b<br />

2/27<br />

3.2. REALISIERBARKEIT<br />

X 2<br />

X 1<br />

X 2 X 1<br />

X 3<br />

X 3 X 1<br />

Abbildung 3.1: Lösungspfade dreier verschiedener rotationsfreier Distorsionen bei isotroper<br />

Wirbelzähigkeitsmodellierung in der Invariantenkarte von Lumley (1978).<br />

(PS)<br />

(AC)<br />

(AE)<br />

det (sij − λkδij) = 0 (3.21)<br />

drei reelle Lösungen λk (k=1,2,3). Den drei Eigenwerten λk sind drei paarweise orthogonale<br />

Eigenvektoren zugeordnet. Wählt man die Eigenvektoren als Basisvektoren, so<br />

kann sij durch eine Hauptachsentransformation auf Diagonalgestalt gebracht werden<br />

ˆsij =<br />

⎛<br />

⎝<br />

λ1 0 0<br />

0 λ2 0<br />

0 0 λ3<br />

⎞<br />

X 2<br />

⎠ , (3.22)<br />

wobei wegen der Spurfreiheit des Deviators s zusätzlich λ1 + λ2 + λ3 = 0 gilt. Sortiert<br />

man die Eigenwerte nach der Größe ihres Betrags, z.B. |λ1| > |λ2|; |λ3|, so ergibt sich<br />

unter der Voraussetzung nicht–trivialer Situationen λ1 = 0:<br />

λ2 + λ3 = −λ1 → λ2 = −0.5(â + 1)λ1 und<br />

Damit läßt sich (3.22) wie folgt notieren (ˆs11 = λ1)<br />

λ3 = −0.5(â − 1)λ1 , −1 ≤ â ≤ 1 . (3.23)<br />

67


KAPITEL<br />

ˆsij =<br />

⎛<br />

⎝<br />

1 0 0<br />

0<br />

0 − 1+â<br />

2<br />

0 0 − 1−â<br />

2<br />

⎞<br />

⎠ ˆs11 . (3.24)<br />

Hierin kennzeichnet ˆs11 die dimensionslose Primärdistorsionsgeschwindigkeit im Hauptachsensystem<br />

und â einen Parameter zur Beschreibung der Abweichung vom zweidimensionalen<br />

Distorsionszustand. Die folgenden Untersuchungen konzentrieren sich auf<br />

die drei relevanten Grenzfälle des transformierten Scherratentensors (3.24) (vgl. Abbildung<br />

3.2):<br />

• zweidimensionale Distorsion: â 2 = 1 und ˆs11 > 0 ,<br />

• achsensymmetrische Kontraktion: â = 0 und ˆs11 > 0 ,<br />

• achsensymmetrische Expansion: â = 0 und ˆs11 < 0 .<br />

X 2<br />

X 1<br />

X 2 X 1<br />

Abbildung 3.2: Veranschaulichung der zweidimensionalen Distorsion (links) und achsensymmetrischen<br />

Kontraktion (rechts).<br />

Durch den linearen Zusammenhang zwischen sαβ und bαβ müssen die Eigenrichtungen<br />

der beiden Tensoren übereinstimmen. Die Gestalt des Spannungsanisotropietensors<br />

ändert sich daher beim Übergang in das Hauptachsensystem von sij in ähnlicher Weise<br />

wie die des dimensionslosen spurfreien Scherratentensors. Notiert man die Reynolds-<br />

Spannungen mit Hilfe des linearen Wirbelzähigkeitsprinzips (7.20) für das Hauptachsensystem,<br />

so ergeben sich lediglich für die Normalspannungskomponenten von Null<br />

verschiedene Werte. Hieraus folgt eine zentrale Eigenschaft linearer EVM:<br />

Die Schwartzsche Ungleichung (3.14) ist für lineare Wirbelzähigkeitsmodelle durch<br />

die Gewährleistung positiver Normalspannungsanteile (3.13) automatisch befriedigt.<br />

Die weitere Analyse konzentriert sich daher auf die Normalspannugsforderung (3.13).<br />

Für den Spannungsanisotropietensor erhält man nach Transformation in das Hauptachsensystem<br />

von (3.13) unmittelbar 2/3 ≥ bαα ≥ −1/3 , und daher<br />

1<br />

3 ≥ −IIb ≥ 0 bzw.<br />

68<br />

2<br />

27 ≥ IIIb ≥ − 1<br />

108<br />

X 3<br />

. (3.25)


3.2. REALISIERBARKEIT<br />

Um auch im Grenzübergang η1 → ∞ realisierbare Invariantenwerte gewährleisten zu<br />

können fordert man c 2 µ ∼ η −1<br />

1<br />

cµ =<br />

1<br />

√<br />

A0 + A1 η1<br />

mit A1(η1, η3) . (3.26)<br />

Der Koeffizient A0 verhindert singuläre cµ-Werte für scherfreie Turbulenz. die Zwangsbedingungen<br />

für A1 lassen sich aus der Untersuchung der Beziehung (3.26) für verschiedene<br />

rotationsfreie Distorsionszustände herleiten.<br />

Achsensymmetrische Turbulenz<br />

Ungeachtet seiner eingeschränkten praktischen Relevanz, ist der achsensymmetrische<br />

Turbulenzzustand aufgrund des damit verbundenen einfachen Stress–Strain Zusammenhangs<br />

von großem Interesse für die Modellbildung (Rotta 1972)<br />

bij = α (3 δi1δ1j − δij) , (3.27)<br />

sij = −0.5 s11 (3 δi1δ1j − δij) . (3.28)<br />

Der achsensymmetrische Anisotropietensor (3.27) verfügt über lediglich eine linear unabhängige<br />

Koordinate. Der lineare Wirbelzähigkeitsansatz ist deshalb darstellungstheoretisch<br />

vollständig und befriedigt wegen<br />

η1 = 1.5 ˜s 2 11, η3 = 0.75 ˜s 3 11 , (3.29)<br />

– ungeachtet der Wahl des Ansitropieparameters cµ – die den achsensymmetrischen<br />

Zustand kennzeichnende Identität<br />

2 3 IIIb IIb<br />

+ ≡ 0 . (3.30)<br />

2 3<br />

Eine eingehendere Diskussion der darstellungstheoretischen Aspekte erfolgt in <strong>Kapitel</strong><br />

3.3. Im weiteren beschränkt man sich daher auf die Realisierbarkeit der zweiten<br />

Invariante IIb im Grenzübergang unendlich großer Scheraten (rapid–distortion limit)<br />

η1 → ∞<br />

lim<br />

η1→∞ IIb = − 1<br />

2 A2 1<br />

. (3.31)<br />

Wie in Abbildung 3.1 dargestellt, besteht der primäre Unterschied zwischen den beiden<br />

möglichen achsenssymmetrischen Zuständen (achsensymmetrische Kontraktion (AC)<br />

und achsensymmetrische Expansion (AE)) im Vorzeichen der dritten Invariante IIIb<br />

und bzw. der analogen Scherrateninvariante η3 (vgl. Gleichung 3.20). Im Grenzübergang<br />

extremer Kontraktion (˜s11 > 0) strebt die Turbulenz einem Zweikomponentenzustand,<br />

z.B. u 2 2 = u 2 3 = k, zu.<br />

lim<br />

η1→∞ IIAC b = − 1<br />

12<br />

69<br />

oder (A 2 1) AC = 6 . (3.32)


KAPITEL<br />

Im Unterschied hierzu stellt sich bei extremer Expansion (˜s11 < 0) der Zustand der<br />

Einkomponententurbulenz, z.B. u 2 1 = 2k, ein<br />

Ebene Streckung<br />

lim<br />

η1→∞ IIAE b = − 1<br />

3<br />

oder (A 2 1) AE = 1.5 . (3.33)<br />

Turbulenz unter dem Einfluß rotationsfreier, ebener Streckung (PS) ist ein weiteres,<br />

klassisches Beispiel zur Kalibirierung von Turbulenzmodellen. Der lineare Wirbelzähigkeitsansatz<br />

ist in diesem Fall darstellungstheoretisch unvollständig, weswegen die modellierten<br />

Reynolds–Spannungen auf einer vertikalen Linie IIIb = 0 in der Invariantenkarte<br />

(Abbildung 3.1) verlaufen. Die modellierten Reynolds–Spannungen sollten jedoch<br />

niemals den physikalisch realisierbaren Schwellwert der Zweikomponenten–Turbulenz<br />

(2CT) überschreiten<br />

2CT : 9 II 2CT<br />

b<br />

+ 27 III 2CT<br />

b<br />

+ 1 = 0 ,<br />

η3=0<br />

lim<br />

η1→∞<br />

IIP S<br />

b<br />

Realisierbares isotropes Wirbelzähigkeitsmodell<br />

= − 1<br />

9<br />

oder (A 2 1) P S = 9<br />

2 . (3.34)<br />

Die oben diskutierten rotationsfreien Deformationszustände differieren in Bezug auf<br />

den Wert der Scherrateninvariante η3. Reynolds (1987) empfahl zur formalen Befriedigung<br />

der drei widersprüchlichen Restriktionen (3.32–3.34), den Koeffizienten A1 als<br />

Funktion des Quotienten η3/η1 zu parametrisieren<br />

A1 = Ã1 ψ mit ψ = cos<br />

<br />

1<br />

3 cos−1<br />

√ 6 η3<br />

η 1.5<br />

1<br />

<br />

, (3.35)<br />

woraus man vermöge ψ AC = 1 , ψ AE = 0.5 , und ψ P S = √ 3/2 schließlich eine<br />

realisierbare Darstellung des isotropen Wirbelzähigkeitsansatzes erhält<br />

Ã1 = √ 6 ,<br />

cµ =<br />

1<br />

A0 + ( √ 6ψ) √ η1<br />

Modellierung rotatonsbehafteter Zustände (ebene Scherung)<br />

. (3.36)<br />

Das wesentliche Defizit der oben gemachten Ausführungen ist die Vernachlässigung<br />

rotatorischer Beiträge. Eine einfache Erweiterung der realisierbaren isotropen Wirbelzähigkeitsformulierung<br />

(3.36) für rotationsbehaftete Zustände gelingt in Bezug auf<br />

das zentrale Beispiel der ebenen Scherung U = U(y) e x. Der entscheidende Unterschied<br />

70


3.2. REALISIERBARKEIT<br />

zwischen einer zweidimensionalen, rotationsbehafteten und einer dreidimensionalen, rotationsfreien<br />

Distorsion besteht im Wert der Wirbeltensorinvarianten η2 = w2 kk . Diese<br />

verschwindet im rotationsfreien Fall, im Fall der ebenen Scherung gilt η2 = −η1.<br />

Bei der Modellierung zweidimensionaler Scherströmungen ist die korrekte Darstellung<br />

der turbulenten Schubspannung von zentraler Bedeutung für die Simulationsgüte. Die<br />

Schubspannungen werden in einer ebenen Streckung, auch bei nichtlinearer Modellierung,<br />

einzig durch den linearen Term beschrieben, weshalb der isotrope Wirbelzähigkeitsansatz<br />

zur Modellierung der primären Effekte geeignet ist, sofern die Invariante η2<br />

bei der Formulierung des Anisotropieparameters cµ berücksichtigt wird. Die Übereinstimmung<br />

der Invariantenbeträge |η1| = |η2| motiviert den Ansatz<br />

Bradshaw–Hypothese<br />

cµ =<br />

A0 + A1<br />

1<br />

√<br />

η1 − A2η2<br />

. (3.37)<br />

Abid und Speziale (1993) wiesen auf die geringe Variation von b12 mit der Scherrate<br />

s12 = η1/2 hin. Die Relevanz dieser Aussage wird durch den Erfolg mehrerer<br />

Wirbelzähigkeitsturbulenzmodelle (Menter 1994; Johnson und King 1984; Spalart und<br />

Allmaras 1992) bestätigt, die sich explizit auf die sogenannte Bradshawhypothese beziehen<br />

(Bradshaw und Ferris 1972)<br />

|b12| = 0.15<br />

<br />

mit b12 = −cµ η1/2 =<br />

1<br />

(2A 2 0)/η1 + 3 √ 1 + A2<br />

Ein konstanter Rapid–Distortion Wert für b12 führt zu der benötigten Zwangsbedingung<br />

für A2<br />

η2=−η1<br />

lim<br />

η1→∞ |b12| = 0.15 oder A2 =<br />

Distorsionsfreie Strömung<br />

1<br />

− 1 = 3.94 . (3.38)<br />

(0.15 · 3) 2<br />

Eine weitere Schließungsbeziehung wird zur Wahl des Koeffzienten A0 benötigt. Dieser<br />

wird beispielsweise so gewählt, daß beim Grenzübergang zur scherfreien Strömung<br />

(η1 = η2 = 0) das Ergebnis des Rottaschen Transportgleichungsmodells (Rotta 1951a)<br />

reproduziert werden kann<br />

η2→0<br />

lim<br />

η1→0 cµ = 1<br />

6 . . . 8<br />

71<br />

≈ 1<br />

A0<br />

. (3.39)<br />

.


KAPITEL<br />

C μ<br />

0.18<br />

0.15<br />

0.12<br />

0.09<br />

0.06<br />

0.03<br />

0<br />

invariant based model<br />

1 10<br />

η 1 =−η 2<br />

Abbildung 3.3: Verlauf des Anisotropieparamters cµ nach Gleichung (3.40) bei homogener<br />

Scherung.<br />

Die spezifische Wahl des Rotta Modells (vgl. <strong>Kapitel</strong> 4) ist darauf zurückzuführen, daß<br />

dieses Druck–Scher–Korrelationsmodell für doe o.g. Situation kalibriert wurde. Daneben<br />

sollte für einfache Gleichgewichtszustände (η1 = −η2 = 5.445) der traditionelle<br />

Wert des Ansiotropieparameters cµ = 0.09 hinreichend genau wiedergegeben werden<br />

(vgl. Abbildung 3.3), und damit<br />

bij =<br />

1<br />

A0 + ( √ 6 ψ) √ η1 − 3.94 η2<br />

A0 = 6.25 [1 − tanh(0.764 √ η1)] , ψ = cos<br />

<br />

1<br />

3 cos−1<br />

3.2.2 Integrale Form der Schwartzschen Ungleichung<br />

sij , (3.40)<br />

√ 6 η3<br />

η 1.5<br />

1<br />

Die Schwartzsche Ungleichung (3.14) ist für positive Normalspannungskomponenten im<br />

Rahmen isotroper Wirbelzähigkeitsmodelle identisch erfüllt. Die schwächere integrale<br />

Darstellung der Schwartzschen Ungleichung<br />

(uiuj) (uiuj) ≤ u 2 i u2 j<br />

= 4k2<br />

<br />

.<br />

(3.41)<br />

läßt sich jedoch zur Formulierung einer unteren Schranke für die Zeit– bzw. Längenmaßvariable<br />

konventioneller isotroper Wirbelzähigkeitsmodelle auf der Basis von cµ =<br />

cµ = 0.09 verwenden. Ersetzt man den Reynolds–Spannungstensor auf der linken Leite<br />

der Gleichung (3.41) durch den linearen Wirbelzähigkeitsansatz (7.20), dann ergibt sich<br />

c 2 µη1 ≤ 2<br />

3<br />

und daher T −1<br />

t<br />

72<br />

≥<br />

3SijSij<br />

2<br />

cµ . (3.42)


Im einzelnen erhält man mit S ∗ = 2 SijSij<br />

ω ≥ 0.5 √ 3 S ∗ , bzw. ε ≥ 0.5 cµ k √ 3 S ∗<br />

woraus sich ferner eine sinnvolle Limitierung des Verhältnisses P/ε ergibt<br />

P<br />

ε = cµ(Tt S ∗ ) 2 < 4<br />

3 cµ<br />

73<br />

3.2. REALISIERBARKEIT<br />

, (3.43)<br />

≈ 15 . (3.44)


KAPITEL<br />

3.3 Darstellungstheorie<br />

Die Koeffizienten eines Turbulenzmodells sind dimensionslose Skalare und somit unabhängig<br />

von der Wahl des Koordinatensystems. Diese Anforderung wird nicht nur von<br />

Konstanten, sondern auch von allen aus den Tensorkoordinaten abgeleiteten Skalaren<br />

erfüllt. Die Darstellungs- oder Invariantentheorie versucht, die an der Parametrisierung<br />

der Koeffizienten beteiligten Skalare systematisch einzugrenzen.<br />

Einen ersten Eindruck von der Vielzahl möglicher Einflussparameter vermittelt der<br />

Versuch zur Bestimmung des Anisotropiekoeffizienten cµ. Hierzu betrachtet man die<br />

dimensionslose Darstellung der isotropen Wirbelzähigkeitsbeziehung (2.15)<br />

− cµsij = bij mit sij = Tt ˜ Sij , bzw. wij = Tt ˜ Wij = Tt(Wij − eijkΩk) , (3.45)<br />

in der eijk den Permutationstensor und Ωk eine evtl. Rotation des Bezugssystems gegen<br />

ein Inertialsystem kennzeichnet. Eine unmittelbare Bestimmung des Koeffizienten cµ<br />

aus der tensorwertigen Gleichung (3.45) gelingt nicht. Es lassen sich jedoch durch<br />

entsprechende Überschiebungen, z.B. −cµs 2 ii = bijsji (mit s 2 ij = sikskj), mögliche<br />

Abhängigkeiten erkennen. Da die Beziehung der isotropen Wirbelzähigkeit aus dem<br />

allgemeingültigeren anisotropen Wirbelzähigkeitsansatz (2.10) folgt, hängt cµ von allen<br />

Skalaren ab, welche sich aus den Tensoren sij, wij und bij bilden lassen. Hierzu zählen<br />

unter anderen<br />

cµ(s 2 ii, b 2 ii, w 2 ii, sijbij, s 2 ikbki, b 2 ikski, bijw 2 ji, sijw 2 ji, s 3 ii, b 3 ii, s 2 ikb 2 ki, s 2 ikw 2 ki, . . . ) . (3.46)<br />

Als weitere Einflussparameter kommen in voll–turbulenten Bereichen vor allem der<br />

Anisotropietensor der Dissipationsrate εij/ε − 2/3 δij oder ein zweites Zeitmaß in<br />

Betracht. Daneben treten in wandnahen low–Re Bereichen weitere skalare Parameter<br />

(z.B. Ret = k Tt/ν) in Erscheinung. Das Beispiel belegt die Komplexität einer allgemeingültigen<br />

Bestimmung von Koeffizienten als Funktion der linear unabhängigen<br />

Skalare.<br />

3.3.1 Funktions– und Integritätsbasen<br />

Grundsätzlich besteht anfangs das Problem der Formulierung einer Relevanzliste, in<br />

der man sich auf die zulässigen Einflussgrößen des physikalischen Modells verständigt,<br />

z.B.<br />

bij = bij (Aij, Bij, Cij, ai, bi, . . . )<br />

<br />

Relevanzliste<br />

. (3.47)<br />

Die Zusammensetzung der Relevanzliste basiert auf physikalischen Überlegungen. Mit<br />

Hilfe der Darstellungstheorie gelingt die Formulierung von sog. Generatoren, die den<br />

konkreten Aufbau der Polynomglieder einer Funktionsbasis zu (3.47) beschreiben, z.B.<br />

74


anT<br />

n<br />

(n)<br />

ij<br />

= a1sij + a2 (sikwkj − wikskj)<br />

bij = bij(sij, wij) = <br />

<br />

2. Generator<br />

+ a4 (w 2 ij − δij(w 2 kk)/3)<br />

<br />

4. Generator<br />

+a3 (s 2 ij − δij(s 2 kk)/3)<br />

<br />

3. Generator<br />

+a5 (s 2 ikwkj − wiks 2 kj)<br />

<br />

5. Generator<br />

3.3. DARSTELLUNGSTHEORIE<br />

+ . . . (3.48)<br />

Im Zentrum der Formulierung von Funktionsbasen steht der Satz von Spencer (1959).<br />

Dieser beschreibt die Funktionsbasis F = T (1) (2) (n)<br />

ij , T ij , . . . T ij nach Grad und Extension.<br />

Hierbei bezeichnet der Grad eines Matrixpolynoms die maximal mögliche Anzahl von<br />

Skalarmultiplikationen zur Bildung eines Generators, und die Extension (Vielfachheit)<br />

die höchste Anzahl der Beteiligungen eines Elements aus der Relevanzliste an einem<br />

Generator:<br />

Jedes Matrixprodukt aus R 3×3 Matrizen (Elementen der Relevanzliste)<br />

kann als Matrixpolynom mit der Extension ≤ R + 1 und dem Grad ≤ G<br />

ausgedrückt werden. Der Grad des Polynoms wird durch den Umfang der<br />

Relevanzliste bestimmt. Für R = 1 gilt G = 2 und für alle R ≥ 2 findet<br />

man G = max(5, R + 2) .<br />

Ein Beweis gelingt mit Hilfe des verallgemeinerten Caley–Hamilton Theorems (Anhang<br />

C). Für R = 1 folgt der Satz von Spencer unmittelbar aus der ursprünglichen Form<br />

des Caley–Hamilton Theorems<br />

A 3 ij = Akk A 2 ij − 0.5(AkkAll − A 2 kk)Aij + (det[Aij]) δij . (3.49)<br />

Neben der Bestimmung der Generatoren stellt sich die Frage nach der Spezifikation der<br />

Koeffizienten a1 . . . an. Leider vermag die Darstellungstheorie ohne zusätzliche Zwangsbedingungen<br />

keine präzisen Angaben über die Gestalt der Koeffizienten zu machen. Die<br />

Koeffizienten können Funktionen aller möglichen linear unabhängigen (irreduziblen)<br />

skalaren Kombinationen ηi von Tensorkoordinaten der Generatoren sein. Die Menge<br />

der Kombinationen N = η1, η2, . . . ηk nennt man Integritätsbasis, die einzelnen Elemente<br />

Invarianten.<br />

3.3.2 Anisotrope Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

Die im Rahmen der Ingenieurwissenschaften allgemeinste statistische Modellbildung<br />

basiert auf Transportgleichungen für Reynolds–Spannungen. Diese verknüpfen in ihrer<br />

einfachsten Form die Tensoren bij, sij, und wij (vgl. <strong>Kapitel</strong> 4). Für die Entwicklung<br />

verallgemeinerter Wirbelzähigkeitsmodelle ist bij = bij(sij, wij) folglich ein sehr wichtiges<br />

Beispiel. Hierfür findet man nach Spencer eine Funktionsbasis vom Grade fünf und<br />

75


KAPITEL<br />

der Vielfachheit drei, welche zunächst auf 62 zu berücksichtigende spurfreie Generatoren<br />

führt. Zu einer kompakteren Darstellung auf der Basis von 16 Generatoren gelangt<br />

man durch Reduktion der linearen Abhängigkeiten mit Hilfe des Caley–Hamilton Theorems.<br />

Abschließende Symmetriebedingungen schränken die Funktionsbasis formal auf<br />

10 Generatoren ein (Spencer 1971; Gatski und Speziale 1993; Lübcke und Rung 1999):<br />

T (1)<br />

ij = sij T (2)<br />

ij = sikwkj − wikskj<br />

T (3)<br />

ij = s2 ij − 1<br />

3 δij s 2 kk<br />

T (4)<br />

ij = w2 ij − 1<br />

3 δij w 2 kk<br />

T (5)<br />

ij = s2 ik wkj − wiks 2 kj T (6)<br />

ij = w2 ik skj + sikw 2 kj<br />

T (7)<br />

ij = w2 ik sklwlj − wiksklw 2 lj T (8)<br />

ij = s2 ik wklslj − sikwkls 2 lj<br />

T (9)<br />

ij = w2 ik s2 kj + s2 ik w2 kj<br />

− 2<br />

3 δij s 2 kl w2 lk<br />

T (10)<br />

ij<br />

− 2<br />

3 δij sklw 2 lk<br />

= w2 ik s2 kl wlj − wiks 2 kl w2 lj .<br />

(3.50)<br />

Die Integritätsbasis setzt sich in diesem Falle aus fünf irreduziblen Invarianten zusammen<br />

η1 = s 2 ii , η2 = w 2 ii , η3 = s 3 ii , η4 = sikw 2 ki , η5 = s 2 ikw 2 ki . (3.51)<br />

Aufgrund der Tatsache, daß bij als spurfreier symmetrischer Tensor nur fünf linear unabhängige<br />

Elemente (zwei Normalspannungs– und drei Schubspannungskomponenten)<br />

besitzt, gelingt eine weitere Reduktion der Funktionsbasis auf fünf Generatoren, z.B.<br />

die in Glg. (3.48) angegebene Form (Rivlin und Ericksen 1955; Zheng 1994; Lübcke<br />

und Rung 1999). Dabei ist zu beachten, daß die Zusammensetzung der minimalen<br />

Funktionsbasis nicht eindeutig ist und die jeweils gewählte Basis in bestimmten pathologischen<br />

Strömungssituationen linear abhängige Generatoren aufweisen kann (Jongen<br />

und Gatski 1998). Ein weiterer Nachteil der minimalen Basis ist, daß im Zuge der Reduktion<br />

überzähliger Generatoren eine aufwendig zu berechnende höhere irreduzible<br />

Invariante<br />

η6 = sijwjks 2 klw 2 li , mit ˜η1 = 0.5η1 , ˜η2 = 0.5η2 , ˜η3 = η3/3 und<br />

(η6) 2 = (˜η2) 3 [4(˜η1) 3 + (˜η3) 2 ] + 4˜η1(˜η2) 2 [˜η3η4 − 2˜η1η5] + ˜η1(η4) 2 [η5 − ˜η1˜η2]<br />

+5(η5) 2 ˜η1˜η2 − 3η4η5˜η2˜η3 − ˜η3(η4) 3 − (η5) 3<br />

(3.52)<br />

auftritt, die lediglich betragsmäßig durch die fünf in Gleichung (3.51) angeführten Invarianten<br />

substituiert werden kann (Lund und Novikov 1992). Dessen ungeachtet ist<br />

eine reduzierte Basis mit weniger als fünf Generatoren das adäquate Mittel ingenieurtechnischer<br />

Berechnungen.<br />

Daß es sich bei Ansätzen der Form (3.48) um anisotrope Wirbelzähigkeitsansätze handelt,<br />

erkennt man beispielsweise an der Identität<br />

bij = a1sij<br />

<br />

=<br />

isotroper Anteil<br />

<br />

+a2(sikwkj − wikskj) + a3(s 2 ij − δij(s 2 kk)/3)<br />

<br />

sikδjl − 1<br />

<br />

a1δikδjl + a2 (δilwkj − wikδjl) + a3<br />

3 δijskl<br />

<br />

anisotrope Wirbelzähigkeit 2 νijkl (kTt) − skl<br />

1<br />

76<br />

. (3.53)


Anwendungbereich und Gültigkeitsrestriktionen<br />

3.3. DARSTELLUNGSTHEORIE<br />

Bei der Anwendung und Beurteilung von Stress–Strain Beziehungen muß zwischen<br />

zwei grundsätzlich verschiedenen Approximationstechniken und den damit verbundenen<br />

Einschränkungen differenziert werden:<br />

• Durch die Festlegung der Relevanzliste trifft man eine einschränkende Auswahl<br />

der berücksichtigten physikalischen Effekte. Dies betrifft gleichermaßen die Integritäts–<br />

und die Funktionsbasis und daher sämtliche Koordinaten von bij.<br />

• Die Vernachlässigung hochgradig nichtlinearer Glieder einer Funktionsbasis beinhaltet<br />

zweifellos auch die Vernachlässigung physikalischer Phänomene, ist jedoch<br />

nicht unbedingt in der gleichen Weise restriktiv wie die Vernachlässigung bestimmter<br />

Einflussgrößen in der Relevanzliste. Da die Generatoren oftmals mit<br />

der Modellierung spezifischer Koordinaten von bij assoziiert werden können, betrifft<br />

die Änderung der Funktionsbasis nicht alle Koordinaten gleichermaßen.<br />

Der entscheidende Unterschied liegt im Umfang der berücksichtigten Integritätsbasis<br />

N . Häufig können einzelne physikalische Mechanismen an bestimmte Invarianten<br />

gekoppelt werden und erhalten damit Einzug in den Modellierungsprozess. Die wichtigsten<br />

Kopplungsaussagen lauten:<br />

– Nichtgleichgewichts–Effekte lassen sich durch das Deformationsmaß η1 = s 2 ii<br />

quantifizieren.<br />

– Abweichungen vom zweidimensionalen Deformationszustand werden durch die<br />

Invariante η3 = s 3 ii beschrieben.<br />

– Krümmungseffekte sind mit der zweiten Invarianten des Wirbeltensors<br />

η2 = w 2 ii verknüpft.<br />

– Eine zweiachsige Scherung läßt sich durch die Abweichung der Invarianten η5 vom<br />

zweidimensionalen Zustand η5 = 0.5η1η2 charakterisieren.<br />

– Zweiachsige Krümmung ist mit von Null verschiedenen Invarianten η4 verbunden.<br />

Die nichtlineare Stress–Strain Beziehung (3.48) läßt sich als Reihenentwicklung, deren<br />

Glieder mit steigender Nichtlinearität an Bedeutung verlieren, auffassen. Die Koeffizienten<br />

der dominanten Terme hängen jedoch in der Regel nicht ausschließlich von den<br />

Invariaten der schwach nichtlinearen Generatoren ab. Zur Verdeutlichung dienen die<br />

folgenden vier Beispiele.<br />

A) Zweidimensionale Betrachtung<br />

Beschränkt man seine Betrachtungen auf zweidimensionale Reynolds–gemittelte Geschwindigkeitsfelder,<br />

dann verschwinden zwei der drei Schubspannungskomponenten<br />

von bij, und es verbleiben lediglich drei linear unabhängige Elemente (vgl. Anhang C).<br />

77


KAPITEL<br />

Analog reduziert sich die Funktionsbasis (3.48) auf drei linear unabhängige Generatoren<br />

und die Integritätsbasis auf zwei irreduzible Invarianten (Gatski und Speziale<br />

1993)<br />

η3 = 0 , η4 = 0 , η6 = 0 , η5 = 0.5η1η2 , (3.54)<br />

<br />

bij = −cµ sij + β2(sikwkj − wikskj) − β3(s 2 ik − 1/3 δijs 2 kk) <br />

cµ, β2, β3 = f(η1, η2) .<br />

, (3.55)<br />

Eine Unterscheidung zwischen zwei– und dreidimensionalen Deformationszuständen ist<br />

durch die Vernachlässigung von η3 kaum mehr möglich. Die Invariante η3 kann aber<br />

z.B. zur Vermeidung der bekannten ’round–to–plane jet anomaly’ von Bedeutung sein.<br />

Eine bessere Vorhersagefähigkeit unterbestimmter Funktionsbasen ist bei formal nicht<br />

reduzierten Integritätsbasen zu erwarten. Dies gilt insbesondere für dreidimensionale<br />

Zustände (Jongen und Gatski 1998).<br />

B) Ein– und zweiachsige Scherung<br />

Für das wichtige Beispiel einer einachsigen ebenen Scherung (Couette Strömung) mit<br />

s12 = w12 = 0.5 S verdeutlicht die quadratische Stress–Strain Beziehung (3.56) unmittelbar<br />

die oben erwähnte Entkopplung von Generatoren und bij–Koordinaten<br />

<br />

<br />

b12 = −0.5 cµS , b11 = 0.5 cµS 2<br />

β2 + β3<br />

3<br />

, b22 = −0.5 cµS 2<br />

β2 − β3<br />

3<br />

. (3.56)<br />

Die Verwendung quadratischer Wirbelzähigkeitsmodelle vermag offenkundig die Anomalie<br />

scherverträglicher Normalspannungsisotropie zu vermeiden. Gleichzeitig wird<br />

deutlich, daß eine quadratische Modellierung gegenüber dem linearen Ansatz keine<br />

Vorteile in Bezug auf die Darstellung turbulenter Schubspannungen besitzt. Druckinduzierte<br />

Strömungsablösung wird daher vom linearen und quadratischen Ansatz gleichermaßen<br />

gut oder schlecht vorhergesagt. Die Berücksichtigung kubischer Terme wäre<br />

mit einer Korrektur der Schubspannungsverteilung im Falle gekrümmter zweiachsiger<br />

Scherströmungen verbunden, ohne nennenswerten Einfluss auf die Vorhersage der Normalspannungen<br />

zu nehmen (vgl. <strong>Kapitel</strong> 8.5). Die Stress–Strain Beziehung gliedert sich<br />

somit für Scherströmungen in einen normalspannungsbezogenen Anteil (gerade Potenzen)<br />

und einen schubspannungsbezogenen Anteil (ungerade Potenzen).<br />

C) Zweiachsige Scherung<br />

Zweiachsige Scherströmungen treten beispielweise in dreidimensionalen Grenzschichtströmungen<br />

auf. Die für diese Strömungen charakteristische Belegung der Scherraten–<br />

und Wirbeltensoren auf vier Nebendiagonalenelementen (mit α = β = γ)<br />

sij =sαβ(δiα δjβ + δiβ δjα) + sαγ(δiα δjγ + δiγ δjα) ,<br />

wij =wαβ(δiα δjβ − δiβ δjα) + wαγ(δiα δjγ − δiγ δjα) ,<br />

78<br />

(3.57)


führt unmittelbar auf<br />

η1 = 2 (s 2 αβ + s 2 αγ) , η2 = 2 (ω 2 αβ + ω 2 αγ) η3 = η4 = 0 ,<br />

η5 = 0.5 η1η2 − s 2 αγw 2 αβ + w 2 αγs 2 αβ − 2sαγsαβwαγwαβ<br />

3.3. DARSTELLUNGSTHEORIE<br />

≥ 0.25 η1η2 . (3.58)<br />

Die Abweichung der Invarianten η5 vom 2D Zustand (3.54) ist ein Maß für die lokale<br />

Krümmung. Für krümmungsarme Zustände gilt wαγ ≈ sαγ bzw. wαβ ≈ sαβ, und man<br />

erhält lokal zweidimensionale Strömungen mit η5 = 0.5 η1η2. Der zweiachsige Zustand<br />

liesse sich in diesem Falle durch Drehung des Koordinatensystems in einen einachsigen<br />

Zustand überführen.<br />

Ein weiteres, für die Modellierung wichtiges Beispiel bezieht sich auf die eingangs<br />

erwähnte Durchströmung eines um die Symmetrieachse rotierenden Rohres (vergleiche<br />

Abbildung 2.7). Der vollentwickelte Strömungszustand ist in Bezug auf die Umfangs–<br />

und Axialkoordinate (θ bzw. x) symmetrisch. Die in Anhang B notierte Darstellung<br />

der Geschwindigkeitsgradienten–Tensoren in physikalischen < dr, r dθ, dx > Zylinderkoordinaten<br />

reduzieren sich in diesem Falle auf<br />

sij = Tt<br />

2<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

0 r ∂(W/r)<br />

∂r<br />

∂U<br />

∂r<br />

r ∂(W/r)<br />

∂r 0 0<br />

∂U 0 0<br />

∂r<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ , wij = Tt<br />

2<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

0 − 1 ∂(rW )<br />

r ∂r<br />

− ∂U<br />

∂r<br />

1 ∂(rW )<br />

r ∂r 0 0<br />

∂U<br />

∂r 0 0<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ . (3.59)<br />

Experimentelle Untersuchungen und direkte numerische Simulationen (Kikuyama et al.<br />

1983; Reich und Beer 1989; Imao et al. 1996; Orlandi und Fatica 1997) belegen einen<br />

quadratischen Verlauf der Umfangsgeschwindigkeit W = WR(r/R) 2 , die nach Glei-<br />

chung (2.39) durch<br />

νr ∂<br />

<br />

<br />

W<br />

<br />

= 2 k brθ = 2 k aγ T<br />

∂r r<br />

γ<br />

(γ)<br />

<br />

rθ<br />

(3.60)<br />

bestimmt ist. Keiner der in Gleichung (3.50) angeführten quadratischen Generatoren<br />

T (2,3,4)<br />

ij leistet einen Beitrag zu brθ. Der lineare Generator kann durch die linke Seite<br />

absorbiert werden und vermag daher keine Starrkörperlösung zu unterdrücken<br />

(ν − 2a1 kTt) r ∂<br />

<br />

10<br />

W<br />

= 2 k aγ T<br />

∂r r<br />

(γ)<br />

<br />

rθ .<br />

Der erste weitere Generator mit von Null verschiedener rθ–Komponente ist T (5)<br />

ij . Daraus<br />

ergibt sich z.B. eine Beziehung zur Evaluierung der gewählten Koeffizienten a1 und a5<br />

<br />

= a5 k s 2 rx(srθ − wrθ) = 0.25 a5 kT 3<br />

2 t<br />

.<br />

(ν − 2a1 kTt) r ∂<br />

∂r<br />

W<br />

r<br />

γ=5<br />

W<br />

r<br />

+ ∂W<br />

∂r<br />

∂U<br />

∂r<br />

❀ a1<br />

≈ −<br />

a5<br />

3<br />

4 η1 .<br />

Eine etwas elaboriertere Strategie zur Formulierung eines kubischen Modells wird in<br />

<strong>Kapitel</strong> 8.5 dargestellt.<br />

79


KAPITEL<br />

D) Linearisierter Ansatz<br />

Für den Ansatz bij = bij(sij) liefert die Darstellungstheorie unter Verwendung der<br />

Kontraktionsbedingung bii = 0 unmittelbar<br />

<br />

bij = −cµ sij + β(s 2 ij − 1/3 δijs 2 kk) <br />

mit cµ, β = f(η1, η3) . (3.61)<br />

Aufgrund der mangelhaften Relevanzliste bleiben Krümmungsmechanismen, die formal<br />

von den Invarianten des Wirbeltensors getragen werden, hierin unberücksichtigt.<br />

Linearisierung<br />

Aus dem Blickwinkel der Darstellungstheorie sind die linearen Wirbelzähigkeitsansätze<br />

vierfach unterbestimmt. Sie können prinzipiell nur eine der im allgemeinen fünf Komponenten<br />

des Anisotropietensors zufriedenstellend modellieren. Im Zusammenhang mit<br />

ingenieurtechnischen Anwendungen ist die Modellierung der dominanten Reynoldsschen<br />

Schubspannung das primäre Ziel. Das lineare Wirbelzähigkeitsprinzip sollte hierzu<br />

nicht aus der Form bij(sij) entwickelt, sondern durch den führenden Term einer<br />

weitergehenden Modellbildung bij(sij, wij, εij, . . . ) approximiert werden. Die Qualität<br />

der Modellbildung läßt sich im Rahmen der o.g. Einschränkungen durch die möglichst<br />

umfangreiche Berücksichtigung aller Invarianten des linearen Koeffizienten gezielt verbessern.<br />

Ein populärer Sonderfall, welcher durch den linearen Ansatz exakt beschrieben wird,<br />

ist die achsensymmetrische Turbulenz. Diese ist nach dem isotropen Zustand der zweite<br />

strukturell einfache Grenzfall von Interesse. Die Voraussetzungen für achsensymmetrische<br />

Turbulenz sind weniger restriktiv als für isotrope Turbulenz. Aufgrund der<br />

strukturellen Übereinstimmung zwischen bij und sij wird der achsensymmetrische Turbulenzzustand<br />

durch das lineare Wirbelzähigkeitsgesetz exakt beschrieben. Sowohl der<br />

Anisotropietensor der Reynolds-Spannungen bij als auch der Scherraten–Tensor sij lassen<br />

sich durch denselben achsensymmetrischen Tensor zweiter Stufe beschreiben, welcher<br />

im Hauptachsensystem die folgende Darstellung besitzt (Rotta 1972)<br />

ˆsij = − (3δi1δ1j − δij) 1<br />

2 ˆs11 ,<br />

ˆ bij = (3δi1δ1j − δij) A . (3.62)<br />

Hierin kennzeichnet ˆs11 die dimensionslose Primärdistorsionsgeschwindigkeit in Richtung<br />

der Symmetrieachse. Aus Gleichung (3.62) läßt sich auch ohne explizite Kenntnis<br />

des Hauptachsensystems eine zunächst implizite Wirbelzähigkeitsbeziehung formulieren<br />

η1 = sijsjk δik = 3<br />

2 ˆs2 11<br />

II ∗ b = bijbjk δik = −2IIb = 6 A 2<br />

80<br />

❀<br />

❀<br />

<br />

δi1δ1j − 1<br />

3 δij<br />

<br />

= − √ 6<br />

√ η1<br />

ˆsij ,<br />

<br />

ˆbij = − (II ∗ b /η1) ˆsij . (3.63)


3.3. DARSTELLUNGSTHEORIE<br />

Tabelle 3.1: Evaluierung der achsensymmetrischen Modellbildung (3.64) in relevanten<br />

Scherströmungen: Vergleich berechneter spezifischer Produktionsraten und Schubspannungen<br />

mit direkten numerischen Simulationen von Kim et al. (1987) bzw. Rogers et<br />

al. (1986).<br />

DNS Glg. (3.64)<br />

II ∗ b P/ε −b12 cµ P/ε = cµS 2 −b12<br />

DNS (S=3.3) 0.303 1.00 0.143 0.130 1.41 0.215<br />

DNS (S=5.7) 0.351 1.85 0.158 0.087 2.83 0.248<br />

Der Vergleich mit herkömmlichen Wirbelzähigkeitsmodellen ergibt die u.a. Definiton<br />

des Anisotropieparameters<br />

<br />

II<br />

cµ =<br />

∗ b . (3.64)<br />

Die Besonderheiten achsensymmetrischer Turbulenz werden von der Darstellungstheorie<br />

korrekt wiedergegeben. Wegen wij = 0 verbleiben von den in Gleichung (3.50)<br />

als einziger linear unabhängiger Generator in<br />

angegebenen Tij wahlweise T (1)<br />

ij<br />

oder T (3)<br />

ij<br />

achsensymmetrischen Distorsionsfeldern. Die Beziehung (3.64) degeneriert in Kenntnis<br />

der darstellungstheoretischen Vollständigkeit eines linearen Ansatzes bij = −cµsij, zu<br />

einem trivialen Äquivalent der Kontraktionsbedingung b 2 kk = II∗ b .<br />

Im Unterschied zu herkömmlichen Vorschlägen weist die Beziehung (3.64) sowohl die<br />

geforderte Abhängigkeit der Wirbelzähigkeit vom Anisotropiezustand der Reynolds–<br />

Spannungen, als auch eine umgekehrte Proportionalität der Wirbelzähigkeit zum Distorsionsmaß<br />

auf (vgl. Glg. 2.15). Die Wirbelzähigkeit verschwindet im Falle isotroper<br />

Spannungszustände und die Normalspannungsanomalie tritt formal nicht in Erscheinung.<br />

Für die praktische Anwendung ist die Formulierung (3.64) aus mehreren Gründen<br />

unzweckmäßig:<br />

• Gleichung (3.64) ist implizit und daher nur wenig hilfreich.<br />

• Die Gültigkeit von (3.64) beschränkt sich auf achsensymmetrische Zustände.<br />

η1<br />

• Im wichtigen Fall der ebenen Scherströmungen findet man wegen cµS ≈ 0.3 eine<br />

etwa um den Faktor √ 2 zu hohe Wirbelzähigkeit (Tabelle 3.1). Abhilfe könnte<br />

eine semi-empirische Beziehung für den Transport des Anisotropieparameters II ∗ b<br />

schaffen, welche jedoch die Komplexität des Modells steigert.<br />

<strong>Kapitel</strong> 7.2 und 8.1 befassen sich eingehend mit der Vorhersage achsensymmetrischer<br />

Turbulenz durch explizite algebraische Spannungsmodelle.<br />

81


<strong>Kapitel</strong> 4 Reynolds–Spannungsmodelle<br />

Die vorangehenden Ausführungen belegen, daß die Darstellungtheorie ohne zusätzliche<br />

Informationen zu keiner expliziten Stress–Strain Beziehung führt. Die zur Schließung<br />

der unbekannten Koeffizienten von Gleichung (3.48) notwendigen Informationen<br />

können auf unterschiedlichen Wegen gewonnen werden, von denen einer die explizite<br />

algebraische Spannungsmodellierung nach Pope (1975) ist.<br />

Die Transportgleichungsmodelle der Reynolds–Spannungen, bzw. ihre algebraischen<br />

Derivativa (Rodi 1976) besitzen bekanntermaßen vielfältige Vorteile gegenüber herkömmlichen<br />

Wirbelzähigkeitsmodellen. Hierzu zählen insbesondere die exakte Darstellung der<br />

oftmals dominanten Produktionsterme von bij und die Fähigkeit zur Erfassung von Umverteilungsmechanismen.<br />

Der Nachteil der Reynolds–Spannungs–Transportgleichungsmodelle<br />

ist der damit verbundene hohe Rechen– und Kernspeicheraufwand und die<br />

notwendige umfangreiche Anpassung des Lösungsverfahrens (Obi, Perić und Scheuerer<br />

1991). Eine numerisch effizientere Modellierung auf der Basis nichtlinearer Erweiterungen<br />

des Wirbelzähigkeitsprinzips ist folglich erstrebenswert.<br />

4.1 Lineare Transportgleichungsmodelle<br />

Die Transportgleichung der Reynolds–Spannungen uiuj läßt sich unmittelbar aus<br />

den Navier–Stokes Gleichungen herleiten (vgl. <strong>Kapitel</strong> 1.3). Für ein inkompressibles<br />

Medium notiert man unter Vernachlässigung von Volumenkraftdichte–Fluktuationen<br />

gemäß (1.61)<br />

∂uiuj<br />

∂t + Cij + 2Ωm(emkjuiuk + emkiujuk) − Dij = Pij + φij − εij . (4.1)<br />

In Gleichung (4.1) kennzeichnen Cij = Uk ∂(uiuj)/∂xk die Konvektion und Pij die<br />

Produktion der kinematischen Reynolds–Spannungen, deren halbe Spur der Produktion<br />

von Turbulenzenergie entspricht (vgl. Gleichung 1.62)<br />

∂Uj<br />

Pij = −uiuk<br />

∂xk<br />

− ujuk<br />

∂Ui<br />

∂xk<br />

= − [uiuk (Sjk + Wjk) + ujuk (Sik + Wik)] .<br />

= −2k [(bikSkj + Sikbkj) − (bikWkj − Wikbkj) + ( 2<br />

3 Sij)]<br />

P = 0.5 Pkk = −2k (bklSkl + 1<br />

3 Skk) . (4.2)<br />

Der Beitrag des Permutationstensors emjk berücksichtigt die Corioliskräfte des mit<br />

der Winkelgeschwindigkeit Ωm stationär um das Inertialsystem rotierenden Bezugssystems.<br />

Diese Terme liegen, anders als die restlichen Terme, in geschlossener Form<br />

82


4.1. LINEARE TRANSPORTGLEICHUNGSMODELLE<br />

vor. Die zu modellierenden Terme umfassen neben dem Diffusionstensor Dij die Tensoren<br />

der Druck–Scher–Korrelation φij und der viskosen Dissipation ɛij, welche die<br />

Umverteilungs– und Vernichtungsmechanismen des Turbulenzfeldes beschreiben.<br />

4.1.1 Diffusion Dij<br />

Der quantitative Beitrag der Diffusion zur Transportgleichung (4.1) ist in der Regel<br />

von untergeordneter Bedeutung. Der Diffusionstensor Dij spielt darüber hinaus für<br />

die Inhalte dieser Lehrveranstaltung keine Rolle. Für seine Modellierung wird von den<br />

meisten Autoren die einfachste Form nach Daly und Harlow (1970) favorisiert<br />

D DH<br />

ij = ∂<br />

<br />

<br />

k ukul ∂uiuj<br />

νδkl + Cs<br />

, mit Cs = 0.22 . (4.3)<br />

∂xk<br />

ε ∂xl<br />

Den wichtigsten Beitrag zur Diffusion Dij liefert nach Gleichung (1.62) die turbulenten<br />

Diffusion ∂(uiujuk)/∂xk. Im Unterschied zur Tripelkorrelation uiujuk ist das Argument<br />

des Gradientenoperators DDH ij in der Formulierung (4.3) nicht unabhängig von der<br />

Indexstellung (i, j, k). Alternative Vorschläge, wie z.B. der von Hanjalić und Launder<br />

(1972) veröffentlichte Ansatz<br />

D HL<br />

ij = ∂<br />

<br />

˜Cs k<br />

uiul<br />

∂xk ε<br />

∂ujuk<br />

∂xl<br />

+ ujul<br />

∂uiuk<br />

∂xl<br />

<br />

<br />

∂uiuj ∂uiuj<br />

+ ukul + νδkl<br />

∂xl<br />

∂xl<br />

(4.4)<br />

( ˜ Cs = 0.11), weisen diesen formalen Nachteil nicht auf. Eine Unabhängigkeit von der<br />

Indexstellung führt jedoch zu wesentlich komplexeren Formulierungen.<br />

Im Unterschied zur Wirbelzähigkeitsmodellierung treten im Zusammenhang mit Reynoldsspannungsmodellen<br />

anisotrope effektive Zähigkeiten auf, deren Implementierung<br />

signifikante Modifikationen des numerischen Algorithmus erfordert. Für das oben notierte<br />

Diffusionsmodell nach Daly-Harlow findet man beispielsweise<br />

ν eff<br />

11 = ν + Cs<br />

k u 2<br />

ε<br />

, νeff<br />

22 = ν + Cs<br />

k v 2<br />

ε<br />

k uv<br />

, νeff 12 = ν + Cs<br />

ε<br />

Die i.Allg. geringe Bedeutung der turbulenten Diffusion steht im Widerspruch zur Komplexität<br />

ihrer numerischen Umsetzung und motiviert weitere, isotropisierende Vereinfachungen<br />

des Diffusionsmodells, welche bereits im Zusammenhang mit der Gradientendiffusion<br />

(2.16) erläutert wurden<br />

D iso<br />

ij = ∂<br />

<br />

δkl ν +<br />

∂xk<br />

Ĉs<br />

<br />

k ukul ∂uiuj<br />

=<br />

ε ∂xl<br />

∂<br />

<br />

k<br />

ν + cµ<br />

∂xk<br />

2 <br />

∂uiuj<br />

. (4.5)<br />

ε ∂xk<br />

83<br />

.


KAPITEL<br />

Tabelle 4.1: Koeffizienten exemplarisch gewählter linearer Transportgleichungs–Reynolds–<br />

Spannungsmodelle<br />

Kurzform Typ C1 C ∗ 1 C2 C3 C4<br />

Launder, Reece und Rodi (1975) LR QI 1.5 — 0.80 1.75 1.31<br />

Taulbee (1992) TB QI 1.8 — 0.80 2.00 1.11<br />

Speziale, Sarkar und Gatski (1991) SSG QI 1.7 0.9 0.36 1.25 0.40<br />

lin. Gatski und Speziale (1993) GS QI 3.4 — 0.36 1.25 0.40<br />

Fu, Rung, Lübcke und Thiele (1999) FRLT QI 2.5 — 0.39 1.25 0.45<br />

Gibson und Launder (1978) GL IP 1.8 — 0.80 1.20 1.20<br />

Gibson und Younis (1986) GY IP 3.0 — 0.40 0.60 0.60<br />

Rotta (1951) RO IP 5.0 — 0.00 0.00 0.00<br />

4.1.2 Dissipation εij und Druck–Scher–Korrelation φij<br />

In dieser Lehrveranstaltung werden nur einfache lineare Umverteilungs– oder Druck–<br />

Scher– (engl. pressure–strain) Korrelationsmodelle (PS Modelle) berücksichtigt, welche<br />

in inkompressiblen Medien alle der unten stehenden Beziehung (4.6) genügen (Reynolds<br />

1987)<br />

φij − εijD = φijw − 2(C1 + C ∗ 1P/ε) ε bij + C2kSij<br />

+C3k(bikSkj + bjkSki − 2<br />

3 δijblkSkl)<br />

+C4k(bik ˜ Wjk + bjk ˜ Wik),<br />

εij = 2<br />

3 δijε + εijD .<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

⎪⎭<br />

(4.6)<br />

Hierin kennzeichnet ˜ Wij = Wij − eijkΩk den objektiven Wirbeltensor. Der Dissipationsratentensor<br />

wird üblicherweise in einen isotropen Beitrag 2/3 δij ε und einen deviatorischen<br />

Beitrag εijD zerlegt. Letzterer wird im Rahmen linearer PS Modelle in der<br />

Regel dem Druck–Scher–Korrelationsmodell zugeordnet.<br />

Die Transportgleichung der isotropen Dissipationsrate ε kann weitestgehend vom Zwei—<br />

Parameter–Wirbelzähigkeitsmodell (2.18) übernommen werden, z.B. im high–Re Fall<br />

∂ε ∂ε<br />

+ Uk +<br />

∂t ∂xk<br />

∂<br />

<br />

<br />

k ukul ∂ε<br />

νδkl + Ce<br />

=<br />

∂xk<br />

ε ∂xl<br />

ε<br />

<br />

<br />

Cε1P + Cε2ε ,<br />

k<br />

mit z.B. Ce = 0.18 , Cε1 = 1.45 , und Cε2 = 1.90 . (4.7)<br />

Die populärsten Varianten linearer PS Modelle gehen auf Gibson und Launder (1978)<br />

und Launder, Reece und Rodi (1975), bzw. die linearisierte Form des Vorschlags von<br />

Speziale, Sarkar und Gatski (1991) zurück. Die dazugehörigen Koeffizienten sind, ergänzt<br />

84


4.2. ALGEBRAISCHE SPANNUNGSMODELLE<br />

durch weitere im EASM Kontext gebräuchliche lineare Vorschläge, in Tabelle 4.1 zusammengefasst.<br />

Man beachte, daß sich der Koeffizient C1 auf den nach Rotta benannten<br />

langsamen Beitrag, alle übrigen Koeffizienten aber auf den schnellen Beitrag zum<br />

Druck–Scher–Korrelationtionsmodell beziehen.<br />

Der Term φijw repräsentiert den sogenannten Wandreflektionsterm. Dieser korrigiert<br />

die Druck–Scher getriebene Umverteilung von Normalspannungen zu Ungunsten der<br />

wandnormalen Komponente. Der Wandreflektionsterm wird im Rahmen der expliziten<br />

algebraischen Spannungsmodelle in der Regel vernachlässigt. Die Grundlagen einfacher<br />

linearer Druck–Scher–Korrelationsmodelle werden im fünften <strong>Kapitel</strong> erläutert.<br />

4.2 Algebraische Spannungsmodelle<br />

Die algebraischen Spannungsmodelle basieren auf linearen Transportgleichungsmodellen<br />

(4.1), deren Differentialoperationen unter Annahme des strukturellen Gleichgewichts<br />

auf die entsprechenden Terme der isotropen Turbulenzenergie k reduziert worden<br />

sind (Rodi 1976). Ausgehend von den impliziten Reynolds–Spannungs–Transportgleichungsmodellen<br />

in einem zunächst beliebigen orthonormalen Koordinatensystem ˜e i<br />

D ũ ũ<br />

Dt<br />

=<br />

<br />

2k D ˜ bij<br />

Dt<br />

<br />

+ 2 ˜bij + 1<br />

3 δij<br />

<br />

Dk<br />

Dt<br />

<br />

˜e i˜e j + ũiũj<br />

D (˜e i˜e j)<br />

findet man in Bezug auf eine kartesische Basis ei die Koordinatenbeziehung<br />

∂uiuj<br />

∂t + Cij =<br />

<br />

D bij<br />

2k + 2 bij +<br />

Dt 1<br />

3 δij<br />

<br />

(P − ε + D) ,<br />

=<br />

<br />

D bij<br />

2k + 2 bij +<br />

Dt 1<br />

3 δij<br />

<br />

<br />

(P − ε) + 2D bij + 1<br />

3 δij<br />

<br />

,<br />

<br />

und damit<br />

Dt<br />

≈Dij<br />

∂uiuj<br />

∂t + Cij − Dij ≈<br />

<br />

D bij<br />

2k + bij +<br />

Dt<br />

<br />

Term 1<br />

1<br />

3 δij<br />

<br />

2 (P − ε)<br />

<br />

Term 2<br />

, (4.8)<br />

. (4.9)<br />

Zu den algebraischen Spannungsmodellen gelangt man über eine algebraische Abschätzung<br />

der Differentialoperatoren (Term 1). Algebraische Spannungsmodelle, und<br />

damit prinzipiell auch alle (nicht)linearen Wirbelzähigkeitsmodelle, basieren fast ausnahmslos<br />

auf der hypothetischen Annahme des strukturellen Turbulenzgleichgewichts<br />

für die kartesischen Koordinaten des Anisotropietensors<br />

D bij<br />

Dt<br />

= ∂bij<br />

∂t<br />

∂bij<br />

+ Uk<br />

∂xk<br />

85<br />

≈ 0 . (4.10)


KAPITEL<br />

Wie sich in einem späteren <strong>Kapitel</strong> zeigen wird, ist die Formulierung der Aussage (4.10)<br />

auf der Basis des Stromlinienkoordinatensystems e (s)<br />

i wesentlich realistischer. Die durch<br />

Einsetzen von (4.9) und (4.10) in die Transportgleichung der Reynolds–Spannungen<br />

(4.1) gewonnenen impliziten algebraischen Spannungsmodelle (ASM)<br />

uiuj<br />

k (P − ε) + 2Ωm(emkjuiuk + emkiujuk) = Pij + φij − εij (4.11)<br />

lassen sich für inkompressible Medien alle in der unten angeführten Form darstellen<br />

<br />

gbij = β1sij − β2 bikw∗ kj − w∗ ikbkj <br />

+ β3 bikskj + sikbkj − 2<br />

3δijblkskl <br />

,<br />

β1 = 0.5 (C2 − 4/3) , β2 = 0.5 (C4 − 2) , β3 = 0.5 (C3 − 2) ,<br />

w ∗ ij = Tt<br />

<br />

Wij − 4−C4<br />

2−C4 eijmΩm<br />

<br />

, g = [P/ε (1 + C ∗ 1) + C1 − 1] .<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

(4.12)<br />

Die hierin verwendeten Koeffizienten folgen den in Tabelle 4.2 angegebenen Werten.<br />

Tabelle 4.2: ASM Koeffizienten der in Tabelle 4.1 exemplarisch aufgelisteten linearen<br />

Transportgleichungs–Reynolds–Spannungsmodelle.<br />

Kurzform β1 β2 β3 (C1 − 1) C ∗ 1<br />

Launder, Reece und Rodi LRR -0.267 -0.345 -0.125 0.5 —<br />

Taulbee (Wallin et al., 2000) TB -0.267 -0.444 0.00 0.8 —<br />

Speziale, Sarkar und Gatski SSG -0.487 -0.80 -0.375 0.7 0.9<br />

lin. Gatski und Speziale GS -0.487 -0.80 -0.375 3.4 —<br />

Fu, Rung, Lübcke und Thiele FRLT -0.472 -0.775 -0.375 1.5 —<br />

Gibson und Launder GL -0.267 -0.40 -0.40 0.8 —<br />

Gibson und Younis GY -0.467 -0.70 -0.70 2. —<br />

Rotta RO -0.667 -1.00 -1.00 4. —<br />

Alternative Darstellung der turbulenten Diffusion<br />

Der klassischen Herleitung des algebraischen Spannungsmodells liegt die isotrope Zähig-<br />

keitsdarstellung für den Diffusionsterm D iso<br />

ij nach Glg. (4.5) unter der Voraussetzung<br />

einer homogenen Turbulenzstruktur ∂bij/∂xk = 0 zugrunde<br />

D ASM<br />

ij = ∂<br />

<br />

k<br />

ν + cµ<br />

∂xk<br />

2 <br />

∂uiuj<br />

≈<br />

ε ∂xk<br />

∂<br />

<br />

k<br />

ν + cµ<br />

∂xk<br />

2 <br />

2(bij + δij/3)<br />

ε<br />

∂k<br />

=<br />

<br />

+ . . . 0<br />

∂xk<br />

<br />

2 bij + δij<br />

<br />

D =<br />

3<br />

uiuj<br />

D . (4.13)<br />

k<br />

86<br />

⎪⎭


4.2. ALGEBRAISCHE SPANNUNGSMODELLE<br />

Die Beziehung (4.13) verwendet zwar eine isotrope Darstellung der effektiven Zähigkeit,<br />

enthält neben dem isotropen Anteil jedoch auch noch einen deviatorischen Beitrag. Für<br />

die Formulierung expliziter algebraischer Spannungsmodelle ist die Linearität des ASM<br />

(4.12) wichtig. In Hinblick auf EASM sind daher prinzipiell sämtliche Erweiterungen<br />

der klassischen Modellbildung (4.13) denkbar,<br />

D ASM<br />

ij<br />

2 δij<br />

= 2bij(D − γ) + D<br />

3<br />

, (4.14)<br />

welche die Linearitätsbedingung γ = γ(bij) befriedigen. Die damit vebundene Modifikation<br />

des ASM beschränkt sich auf die Darstellung des Koeffizienten g<br />

<br />

g = (C1 − 1) + P<br />

ε (C∗ 1 + 1) + γ D<br />

<br />

= (C1 − 1) +<br />

ε<br />

P<br />

ε (C∗ 1 + 1 − γ) + γ<br />

<br />

Dk<br />

+ ε<br />

ε Dt<br />

Nähert man den letzten Summanden aus Gleichung (4.15) durch seinen Gleichgewichtswert<br />

für homogene Scherturbulenz (D = 0), so ergibt sich die technisch wichtige Vari-<br />

ante<br />

<br />

g = (C1 − 1) + P<br />

ε (C∗ 1 + 1) + γ<br />

<br />

P P<br />

−<br />

ε ∞ ε<br />

Den isotropen Spezialfall der Erweiterung (4.14) erhält man für γ = −1.<br />

Abschliessende Bemerkungen<br />

(4.15)<br />

Ziel der expliziten algebraischen Spannungsmodelle ist die explizite Darstellung der<br />

Gleichung (4.12) mit Hilfe von Projektionstechniken. Für die Entwicklung der EASM<br />

ist ein besonderes Merkmal der Gleichung (4.12) von Bedeutung, welches sich aus dem<br />

Zusammenhang zwischen der Definition des Koeffizienten g und der Beziehung (4.2)<br />

ergibt:<br />

Das algebraische Spannungsmodell ist in der Notation (4.12) schwach nichtlinear.<br />

Die im sechsten <strong>Kapitel</strong> geschilderte Projektion des ASM (4.12) in eine Funktionsbasis<br />

F verlangt konsequenterweise eine analoge Projektion der spezifischen Produktionsrate<br />

P/ε in diese Basis.<br />

87


<strong>Kapitel</strong> 5 Lineare Druck–Scher–Korrelationsmodelle<br />

Die Druck–Scher–Korrelationen bilden seit langem den Kernpunkt der Forschungsaktivitäten<br />

zur Modellierung der Transportgleichungen von Reynolds–Spannungen. Sie<br />

sind daher auch ein wesentlicher Bestandteil anisotoper Wirbelzähigkeitsmodelle. Die<br />

grundsätzliche Strategie zur Modellierung der Druck–Scher–Korrelationen geht auf<br />

Chou (1945) zurück, der eine Technik zur Eliminierung des fluktuierenden Druckes<br />

in inkompressiblen Strömungsfeldern erarbeitete. Die Vorgehehensweise fußt auf der<br />

Greenschen Integration der Druckpoissongleichung (1.60)<br />

p<br />

ρ<br />

=<br />

<br />

1 ∂<br />

2<br />

4π<br />

δV<br />

Ûl<br />

<br />

∂ûk<br />

+ elmkΩm +<br />

∂ˆxk<br />

∂ˆxl<br />

∂2 (ûkûl)<br />

−<br />

∂ˆxk∂ˆxl<br />

∂2 +<br />

(ûkûl)<br />

∂ˆxk∂ˆxl<br />

1<br />

<br />

1 ∂ ˆp ∂ 1<br />

− ˆp dÔ ,<br />

4πρ r ∂ˆn ∂ˆn r<br />

O(δV )<br />

in der ˆx die Integrationsvariable und r = |r| = |ˆx−x| der Abstand vom Festpunkt x der<br />

Integration ist. Hiermit gelingt die Gliederung der Druck–Scher–Korrelation in einen<br />

langsamen rein turbulenten Anteil und einen schnellen Anteil zur Beschreibung der<br />

Interaktion zwischen den Gradienten der fluktuierenden und der mittleren Geschwindigkeit.<br />

Der fluktuierende Druck tritt in dieser Darstellung nur noch im Wandterm<br />

auf. Unter Beschränkung auf homogene höhere statistische Momente und f ′ = 0 notiert<br />

man<br />

φij = 1<br />

ρ p<br />

<br />

∂ui<br />

∂xj<br />

+ ∂uj<br />

<br />

∂xi<br />

+ 1<br />

4πρ<br />

<br />

O(δV )<br />

− 1<br />

ρ<br />

∂ ˆ f ′ m<br />

∂ˆxm<br />

d ˆ V<br />

r<br />

= 1<br />

<br />

4π<br />

δV<br />

<br />

∂ui<br />

∂xj<br />

+ ∂uj<br />

<br />

<br />

∂2ûkûl dVˆ ∂xi ∂ˆxk∂ˆxl r<br />

<br />

(5.1)<br />

+<br />

langsamer Anteil φij1<br />

1<br />

<br />

4π<br />

δV<br />

<br />

∂ui<br />

2 +<br />

∂xj<br />

∂uj<br />

<br />

∂ûk ∂<br />

∂xi ∂ˆxl<br />

Ûl<br />

<br />

d Vˆ<br />

+ elmkΩm<br />

∂ˆxk<br />

r<br />

<br />

schneller Anteil φij2<br />

∂ui<br />

∂xj<br />

+ ∂uj<br />

<br />

1<br />

∂xi r<br />

∂ ˆp ∂<br />

− ˆp<br />

∂ˆn ∂ˆn<br />

<br />

1<br />

d<br />

r<br />

Ô<br />

<br />

inhomogener Wandterm φijw<br />

Das folgende <strong>Kapitel</strong> erläutert die Grundlagen der linearen Druck–Scher–Korrelationsmodellierung<br />

zur Bestimmung der Koeffizienten C1 . . . C4 in Gleichung (4.6). Die lineare<br />

Druck–Scher–Korrelationsmodellierung basiert auf der Annahme einer lokal homogenen<br />

Turbulenz, welche das Gegenstück zur lokalen Isotropiehypothese aus <strong>Kapitel</strong> 1.4<br />

88<br />

.


darstellt. Die Modellierung der Druck–Scher–Korrelationsterme geht im wesentlichen<br />

auf Rotta (1951a) zurück. Die traditionelle Vorgehensweise unterscheidet auch in Bezug<br />

auf die Modellierung der in Gleichung (5.1) angegebenen Druck–Scher–Korrelation<br />

ebenfalls zwischen langsamen φij1 und schnellen Anteilen φij2<br />

φij − εijD = φijw + φij1<br />

<br />

langsam<br />

+ φij2<br />

<br />

schnell<br />

5.0.<br />

(5.2)<br />

Daneben treten im Zusammenhang mit Wandturbulenz Korrekturen der langsamen<br />

und schnellen Anteile auf, welche i.Allg. als Wandreflektionsterme φijw bezeichnet werden.<br />

Die Modellierung der Druck–Scher–Korrelationen geschieht traditionell für φij1<br />

und φij2 separat und folgt üblicherweise dem Ansatz<br />

Modell<br />

=⇒ φijw + φij1(bij, k, Tt) + Mijkl(bij, k, Tt) ∂Uk<br />

∂xl<br />

. (5.3)<br />

Die bekanntesten Druck–Scher–Korrelationmodelle sind die (quasi-)linearen Modelle<br />

von Gibson und Launder (1978), Launder et al. (1975) und Speziale et al. (1991). Daneben<br />

existieren eine Reihe von nichtlinearen Vorschläge für φij2, die z.B. von Shih<br />

und Lumley (1985), Fu et al. (1987), Johansson und Hallbäck (1994), Pfuderer et al.<br />

(1997) und Batten et al. (1999) entwickelt wurden. Die nichtlineare Modellierung von<br />

φij2 ist in Hinblick auf die Darstellung bestimmter Extremsituationen, z.B. die in Anhang<br />

A erläuterte Zwei–Komponenten–Turbulenz, von Vorteil. Nichtlineare Ansätze<br />

sind oftmals instabil, numerisch aufwendig und versagen bei der Berechnung einfacherer<br />

Strömungstypen. Ein allgemeiner Schwachpunkt der nichtlinearen Φij2 Modellierung<br />

ist die von Speziale (1995) bemängelte Inkonsistenz zwischen nichtlinearem strömungsphysikalischen<br />

Modell und linearem Ausgangsterm (zweite Zeile der Gleichung 5.1). Alternativ<br />

hierzu sind invariantenbasierte, nichtkonstante Koeffizienten denkbar (Jakirlić<br />

1997, vgl. <strong>Kapitel</strong> 9.1).<br />

Illuistratives Beispiel<br />

Die große Bedeutung der Druck–Scher–Korrelationsmodellierung beruht auf der besonderen<br />

Relevanz der Druck–Scher–Korrelationen für den Energiehaushalt. Dies sei<br />

anhand des folgenden, auf Rotta (1972) zurückgehenden Beispiels der homogenen<br />

Scherturbulenz (U = U(y) e x) illustriert. Hierfür lassen sich, wie bereits mehrfach<br />

erwähnt, konvektive und diffusive Beiträge in guter Näherung vernachlässigen und<br />

man findet das in Abbildung (5.1) dargestellte Gleichgewicht zwischen Produktion,<br />

Dissipation und Umverteilung (Druck–Scher–Korrelation). Hiernach wir die Turbulenzenergie<br />

über die u 2 –Bilanz eingespeist (−uv U,y). Die produzierte Energie entspricht<br />

etwa der Disspationsrate ε, welche zu gleichen Teilen über jede der drei Normalspannungskomponenten<br />

in Form von Wärme abgeführt wird. Da die v 2 – und w 2 –<br />

Bilanzen über keine eigenen Produktionsterme verfügen findet man aus Kontiniutätsgründen<br />

−p(u,x ) = p(v,y ) + p(w,z ) und p(v,y ) = p(w,z ) = ε/3. Die Schwankungen<br />

89


KAPITEL<br />

Produktion<br />

Umverteilung<br />

isotrope<br />

Dissipation<br />

ww Bilanz/2<br />

=P<br />

ε/3 ε/3<br />

( p w, z)<br />

ρ ( p u, ) ρ<br />

p v, x+u,<br />

x<br />

( p v, y ) ρ<br />

( y)<br />

ε/3<br />

Grundstroemung<br />

ε/3<br />

P<br />

uu Bilanz/2<br />

P= uv U, y<br />

ε<br />

Waerme<br />

vv Bilanz/2<br />

ε/3<br />

uv Bilanz<br />

Abbildung 5.1: Schematische Darstellung des Energieflusses in einer lokalisotropen homogenen<br />

Scherturbulenz nach Rotta (1972).<br />

in y– oder z–Richtung verdanken ihre Existenz somit einzig der Existenz der Druck–<br />

Scher–Korrelationen. Die w 2 –Komponente bleibt weitestgehend passiv und dissipiert<br />

die durch die Druck–Scher–Korrelation transferierte Energie. Die v 2 –Komponente trägt<br />

zur Produktion der Schubspannung uv bei (−v 2 U,y), welche ihrerseits den Energieeintrag<br />

aus der Grundströmung ermöglicht (−uv U,y).<br />

Das Beispiel ist für die Modellbildung in technischen Strömungen von großer Relevanz.<br />

Man erkennt, daß die Druck–Scher–Korrelationen bei isotroper Dissipation die<br />

einzige Senke der Schubspannungsbilanzen repräsentieren. Ferner findet man P12 ∼<br />

v 2 S12 ∼ γkS12. Eine Modellierung der für die Berechnung der Grundströmung sehr<br />

wichtigen turbulenten Schubspannung mit Hilfe der skalaren Parameter k und Tt, auf<br />

der Grundlage der unter 1.5.1 skizzierten WET–Hypothese, erscheint für dieses Beispiel<br />

gerechtfertigt.<br />

5.1 Modellbildung des langsamen Anteils Φij1<br />

Die Modellbildung des langsamen Anteils φij1 basiert auf Rotta (1951a) (1951b) und<br />

bezieht sich explizit auf das return–to–isotropy Konzept, das durch die Relaxation<br />

anisotroper Turbulenz getragen wird. Rotta (1972) weist darauf hin, daß ...<br />

in jedem sich selbst überlassenen Turbulenzfeld die isotrope Verteilung der<br />

Geschwindigkeitsschwankungen die wahrscheinlichste ist. Anisotropie der<br />

Turbulenz kann nur durch äußere Einflüsse erzeugt bzw. aufrechterhalten<br />

werden, z.B. durch eine inhomogene Grundströmung”.<br />

90<br />

vv<br />

U,<br />

y<br />

ρ


5.2. MODELLBILDUNG DES SCHNELLEN ANTEILS ΦIJ2<br />

Die Formulierung einer zum Grad der Anisotropie proportionalen Senke, welche auch<br />

bei homogener Grundströmung wirkt, ist daher ein naheliegender linearer Ansatz (??)<br />

zur Modellierung des langsamen Anteils Φij1<br />

φij1 = −2 C1 T −1<br />

t k bij = −2 C1ε bij .<br />

Typische Werte des Koeffiziente C1, welche durch Messungen von Uberoi (1956) bestätigt<br />

werden, kann man Tabelle 4.1 entnehmen. Weitere Hinweise zur Modellierung ergeben<br />

sich aus den unter 5.3.3 gemachten Bemerkungen, sowie der in <strong>Kapitel</strong> 8 erörterten<br />

Analyse des Druck–Scher–Korrelationsmodells.<br />

5.2 Modellbildung des schnellen Anteils Φij2<br />

Ausgangspunkt für die Modellierung des schnellen PS Modells Φij2 ist der Tensor der<br />

Zweipunkt–Korrelation Rij = ui(xk) uj(ˆxm) = ui ûj. Mit Hilfe der in Anhang G skizzierten<br />

Rechenregel (F.4) findet man<br />

∂<br />

∂rl<br />

∂Rij<br />

∂xk<br />

− ∂Rij<br />

∂rk<br />

<br />

= ∂<br />

<br />

∂ui<br />

ûj =<br />

∂rl ∂xk<br />

∂ui<br />

∂xk<br />

Die Modellbildung setzt, wie bereits erwähnt, geringe Abweichungen vom Zustand der<br />

lokal homogenen Turbulenz voraus, für den sich die zuletzt notierte Gleichung stark<br />

vereinfacht<br />

− ∂2 Rij<br />

∂rk∂rl<br />

= ∂ui<br />

∂xk<br />

∂ûj<br />

∂ˆxl<br />

∂ûj<br />

∂ˆxl<br />

.<br />

. (5.4)<br />

Die Beziehung (5.4) dient der Modellierung des schnellen Druck–Scher–Korrelationsanteils<br />

aus Gleichung (5.1)<br />

<br />

1<br />

2π<br />

δV<br />

∂ui<br />

∂xj<br />

+ ∂uj<br />

<br />

∂ûl<br />

∂xi ∂ˆxk<br />

∂ Ûk<br />

∂ˆxl<br />

d ˆ V<br />

r<br />

≈ − 1<br />

2π<br />

= Mijlk<br />

∂Uk<br />

∂xl<br />

∂Uk<br />

∂xl<br />

<br />

δV<br />

∂ 2 Ril<br />

∂rj∂rk<br />

+ ∂2 <br />

Rjl dVˆ ∂ri∂rk r<br />

= (aijkl + ajikl) ∂Uk<br />

∂xl<br />

(5.5)<br />

Der zu modellierende Tensor aijkl genügt aufgrund der Symmetrie der Reynolds–<br />

Spannungen und der Kommutativität der partiellen Ableitung einer Reihe von Symmetriebedingungen<br />

aijkl = aljki = alkji = aikjl . (5.6)<br />

Mit Hilfe des in Anhang F erläuterten Greenschen Satzes (E.4) läßt sich ferner zeigen,<br />

daß<br />

aijjl = 2 Ril ≈ 2 uiul . (5.7)<br />

91


KAPITEL<br />

Daneben ist bei der Modellierung von aijlk noch der inkompressible Kontinuitätszwang<br />

(S ′ ii = 0) zu beachten<br />

aiilk = 0 . (5.8)<br />

Die allgemeinste Form einer in den Reynoldsspannungen linearen Modellbildung lautet<br />

aijkl ∼ P 1<br />

ijkl , mit Rij = uiuj und<br />

P 1<br />

ijkl = k (A1δikδjl + A2δijδlk + A3δilδjk)<br />

+ A4Rikδjl + A5Rijδlk + A6Rilδjk<br />

+ A7Rjkδil + A8Rjlδik + A9Rklδij . (5.9)<br />

In Bezug auf die oben genannten Symmetriebedingungen empfiehlt sich ein Ansatz,<br />

welcher die Restriktionen (5.6) identisch befriedigt, beispielsweise<br />

aijkl = P 1<br />

ijkl + P 1<br />

ljki + P 1<br />

ikjl + P 1<br />

lkji<br />

= a1δjkRil<br />

+ a2 (δlkRij + δljRik + δikRjl + δijRlk)<br />

+ a3δilRkj + k [a4δliδkj + a5 (δlkδij + δljδik)] . (5.10)<br />

Die Anwendung der Kontinuitätsbeziehung (5.8) auf den Ansatz (5.10) ergibt<br />

0 = Rkl (a1 + 5a2 + a3) + k δkl (4 a5 + a4 + 2 a2) . (5.11)<br />

Die Kontraktionsbedingung (5.7) liefert zusätzlich<br />

0 = Ril (3 a1 + 4a2 − 2) + k δil (2 a5 + 3 a4 + 2 a3) . (5.12)<br />

I : a1 + 5 a2 + a3 = 0 , II : a4 + 2 a2 + 4 a5 = 0 ,<br />

III : 3 a1 + 4 a2 − 2 = 0 , IV : 3 a4 + 2 a3 + 2 a5 = 0 . (5.13)<br />

Sämtliche Koeffizienten des linearen Modells lassen sich somit als Funktion eines einzigen<br />

Parameters, z.B. a3, darstellen<br />

<br />

10 + 4 a3<br />

aijkl =<br />

11<br />

<br />

3 a3 + 2<br />

−<br />

11<br />

<br />

50a3 + 4<br />

− k<br />

55<br />

δjkRil + a3δilRkj<br />

δlkRij + δljRik + δikRjl + δijRlk<br />

δliδkj −<br />

92<br />

<br />

20a3 + 6<br />

55<br />

<br />

(δlkδij + δljδik)<br />

<br />

. (5.14)


5.2.1 Quasi–Isotropization Modelle<br />

5.2. MODELLBILDUNG DES SCHNELLEN ANTEILS ΦIJ2<br />

Das aus rein kinematischen Überlegungen abgeleitete Modell (5.14) wurde von Launder,<br />

Reece und Rodi (1975) veröffentlicht. Um zu der unter (4.6) angegebenen Notation zu<br />

gelangen, muss (5.14) nochmals umgeformt werden<br />

φij2 = (aijkl + ajikl) (Skl + Wkl) , (5.15)<br />

mit (aijkl + ajikl) Wkl =<br />

=<br />

2(a1 − a3) k (bikWjk + bjkWik)<br />

<br />

20 − 14a3<br />

k (bikWjk + bjkWik) ,<br />

11<br />

und (aijkl + ajikl) Skl =<br />

<br />

2(a4 + a5) + 4<br />

3 (a1<br />

+<br />

<br />

+ 2a2 + a3) k Sij<br />

<br />

[2(a1 + 2a2 + a3)] bikSkj + bjkSki − 2<br />

3 δij<br />

+<br />

<br />

bkmSkm<br />

<br />

4<br />

3 (5a2<br />

=<br />

<br />

+ a1 + a3) k bklSkl δij<br />

4<br />

5 k Sij + 18a3<br />

<br />

+ 12<br />

k bikSkj + bjkSki −<br />

11<br />

2<br />

3 δij<br />

<br />

bkmSkm<br />

Für die Koeffizienten der Notation (4.6) ergibt sich damit<br />

C2 = 4<br />

5 , C3 = 18a3 + 12<br />

11<br />

, C4 =<br />

20 − 14a3<br />

11<br />

Launder, Reece und Rodi (1975) stimmten ihr Modell auf die von Champagne, Harris<br />

und Corrsin (1970) durchgeführten experimentellen Untersuchungen einer quasi–<br />

homogenen Scherturbulenz ab, und wählten a3 = 0.4. Neuere Arbeiten, z.B. Taulbee<br />

(1992), gehen von leicht höheren Werten a3 ≈ 0.55 − 0.6 aus. Die in <strong>Kapitel</strong> 8.4 betrachtete<br />

rotierende homogene Scherung verlangt C4 = 0, bzw. a3 = 20/14. Dieser Wert<br />

erfüllt zwar die Konsistenz zur sog. Rapid–Distortion–Theorie (aijkl + ajikl)Wkl = 0,<br />

liefert jedoch in konventionellen Strömungen weniger gute Ergebnisse. Eine genauere<br />

Analyse der Koeffizienten des linearen Druck-Scher–Korrelationsmodells erfolgt in den<br />

<strong>Kapitel</strong>n 5.3 und 8.<br />

5.2.2 Isotropization–of–Production Modelle<br />

Bei der linearen Modellierung von φij2 wird im Allgemeinen zwischen zwei prinzipiell<br />

verschiedenen Ansätzen unterschieden. Neben den Quasi–Isotropen (QI) Modellen,<br />

beispielsweise dem unter 4.2.2 skizzierten Modell von Launder, Reece und Rodi (1975),<br />

existiert eine weitere populäre Klasse von Modellen, die sogennanten Isotropization–<br />

of–Production (IP) Modelle.<br />

93<br />

.<br />

.


KAPITEL<br />

Mit Hilfe algebraischer Umformungen erhält man den zur Beziehung (4.6) äquivalenten<br />

Ausdruck (5.16)<br />

φij − εijD = −2C1εbij + C2 − 2<br />

3C4 <br />

kSij + φijw<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

,<br />

⎪⎭<br />

(5.16)<br />

indem<br />

−0.25 (C3 + C4) (Pij − 2<br />

3 δijP )<br />

−0.25 (C3 − C4) (Gij − 2<br />

3 δijP )<br />

<br />

Pij = −2 k bik + 1<br />

3 δik<br />

<br />

∂Uj<br />

+ bjk +<br />

∂xk<br />

1<br />

3 δjk<br />

<br />

∂Ui<br />

,<br />

∂xk<br />

<br />

Gij = −2 k bik + 1<br />

3 δik<br />

<br />

∂Uk<br />

+ bjk +<br />

∂xj<br />

1<br />

3 δjk<br />

<br />

∂Uk<br />

,<br />

∂xi<br />

kennzeichnen. Die Koeffizienten des Isotropization–of–Production Ansatzes genügen<br />

der Restriktion<br />

C3 = C4 = 1.5 C2 , (5.17)<br />

weswegen sich die Formulierung des PS Modells im Unterschied zu den Quasi–Isotropization<br />

Ansätzen vereinfacht<br />

(φij − εijD )(IP ) = φijw − 2(C1 + C ∗ 1P/ε) ɛbij −<br />

<br />

C3 + C4<br />

Pij −<br />

4<br />

2<br />

<br />

P δij<br />

3<br />

. (5.18)<br />

Anhand von Tabelle 4.1 erkennt man, daß sich die Vorschläge von Gibson und Launder<br />

(1978), Gibson und Younis (1986) oder Rotta (1951a) in der IP–Form darstellen lassen.<br />

5.3 Kalibrierung linearer Druck–Scher–Korrelationsmodelle<br />

Die wichtigsten Validierungs– und Kalibirierungsbeispiele für Turbulenzmodelle sind<br />

die isotrope Turbulenz (bij = 0), die Scherturbulenz im lokalen Gleichgewicht (P = ε)<br />

bei eingefrorener Turbulenzstruktur und die homogene Scherturbulenz im strukturellen<br />

Gleichgewicht (Dε/Dt = ε/kDk/Dt). Die ersten beiden Strömungssituationen werden<br />

in diesem <strong>Kapitel</strong> diskutiert, die homogene Scherturbulenz wird im Rahmen von <strong>Kapitel</strong><br />

8 näher betrachtet.<br />

5.3.1 Isotrope Turbulenz in inhomog. Grundströmung (Crow–Constraint)<br />

Ein weitverbreitentes Kriterium zur Bestimmung der Koeffizienten des schnellen PS–<br />

Modells bezieht sich auf das von Crow (1968) experimentell untersuchte Verhalten einer<br />

ursprünglich isotropen Turbulenz in einer inhomogenen Grundströmung. Aufgrund der<br />

Isotropie des Turbulenzfeldes (bij = 0), läßt sich daraus eine Zwangsbeziehung für den<br />

94


5.3. KALIBRIERUNG LINEARER DRUCK–SCHER–KORRELATIONSMODELLE<br />

Koeffizienten C2 angeben, welche in der englischsprachigen Literatur auch als Crow–<br />

Constraint bekannt ist<br />

Crow (1968) : φij2 = 0.8 k Sij , ❀ C2 = 0.8 . (5.19)<br />

Da sich die Crow–Restriktion explizit auf den Zustand der isotropen Turbulenz bezieht,<br />

sollte sie im Zusammenhang mit der Modellierung technischer Strömungen nicht<br />

überbewertet werden. Im Falle des IP–Modells sind durch die Crow–Restriktion (5.19)<br />

auch die beiden anderen Koeffizienten von φij2 festgelegt<br />

IP − Modell : C2 = 0.8 ❀ C3 = C4 = 1.2 . (5.20)<br />

Die letzten beiden Gleichungen liegen offenkundig dem Modell von Gibson und Launder<br />

(1978) zugrunde.<br />

5.3.2 Scherturbulenz im lokalen Gleichgewicht<br />

Eine weitere Kalibrierungsmöglichkeit ergibt sich aus der Betrachtung einer einachsigen<br />

Scherung U = Ux(y) im lokalen Turbulenzgleichgewicht bei eingefrorener Turbulenz-<br />

struktur (4.9)<br />

P = ε ,<br />

D uiuj<br />

Dt − Dij =<br />

<br />

uiuj Dk<br />

− D<br />

k Dt<br />

. (5.21)<br />

Die o.a. Strömungssituation dient der näherungsweisen Analyse des logarithmischen<br />

Gleichgewichtsbereich einer einfachen turbulenten Wandgrenzschicht und ist daher besonders<br />

relevant. Die Vorraussetzungen (5.21) liefern die Gleichgewichtsbeziehung<br />

0 = Pij + φij − εij . (5.22)<br />

IP–Modelle<br />

Für Druck–Scher–Korrelationsmodelle vom IP–Typ (5.18) ergibt sich eine Verknüpfung<br />

zwischen den Koeffizienten ddes PS–Modells<br />

<br />

C3+C4 1 − 4<br />

bij =<br />

2 (C1 + C∗ Pij 2<br />

−<br />

1) ε 3 δij<br />

<br />

= γφ<br />

Pij<br />

2 P<br />

1<br />

−<br />

3 δij<br />

<br />

. (5.23)<br />

Mit Hilfe von experimentellen Untersuchungen findet man γφ ≈ 0.225 , und daher<br />

QI−Modell : C1 + C ∗ 1 ≈ 4 − (C3 + C4)<br />

0.9<br />

IP−Modell : C1 + C ∗ 1 ≈<br />

4 − 2 C4<br />

0.9<br />

. (5.24)<br />

Abbildung 5.2 gibt Aufschluß über die Konsistenz der Koeffizienten verschiedener PS–<br />

Modelle zu Gleichung (5.24). Die beiden freien Koeffizienten der betrachteten IP–<br />

Modelle, C1 und C4(= C3 = 1.5C2), folgen offenkundig alle der Zwangsbeziehung<br />

(5.24), deren Verlauf in der Grafik durch eine Orientierungsgerade wiedergeben ist.<br />

Es fällt auf, daß drei populäre QI–Varianten (LRR, TB, GS) offenkundig der IP–<br />

Gesetzmäßigkeit in (5.24) genügen.<br />

95


KAPITEL<br />

*<br />

C1 +C1 5.0<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

0.0 0.8 1.6<br />

C3 + C4 2.4 3.2<br />

Abbildung 5.2: Koeffizienten verschiedener Reynolds–Spannungsmodelle nach (5.24).<br />

QI–Modelle<br />

Die Eigenschaften der betrachteten Strömung gleichen dem logarithmischen Bereich<br />

einer einfachen, druckgradientenfreien, inkompressiblen Grenzschicht. Mit Hilfe von<br />

P/ε = −4 b12 s12 = 1 und g = C1 + C ∗ 1 läßt sich die ASM–Beziehung (4.12) explizit<br />

auflösen<br />

Rotta<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

SSG<br />

GS<br />

TB<br />

LRR<br />

GS IP<br />

TB IP<br />

LRR IP<br />

b11 = − β2 + β3/3<br />

2(C1 + C ∗ 1) , b22 = β2 − β3/3<br />

2(C1 + C ∗ 1) , b33 = −(b11 + b22) ,<br />

b 2 12 =<br />

1<br />

4(C1 + C∗ <br />

β<br />

1)<br />

2 3<br />

3(C1 + C∗ 1) −<br />

β2 2<br />

C1 + C ∗ 1<br />

− β1<br />

<br />

. (5.25)<br />

Für gegebene Koordinatenwerte des Anisotropietensors lassen sich aus den unter (5.25)<br />

angegebenen Beziehungen drei linear unabhängige Gleichungen zur Bestimmung der<br />

vier bzw. fünf unbekannten Koeffzienten des Druck–Scher–Korrelationsmodells ableiten.<br />

Zusammenfassung<br />

Tabelle 5.1 vergleicht die Ergebnisse der Gleichung (5.25) mit den Daten der direkten<br />

numerischen Simulation einer Kanalströmung von Kim, Moin und Moser (1987). Für<br />

die FRLT und SSG QI–Modelle wurden offenkundig die Daten der Kanalströmung zur<br />

Bestimmung der Koeffizienten berücksichtigt.<br />

Aufgrund der in (5.17) vorab getroffenen Koeffizientenreduktion vermögen IP–Modelle<br />

bereits einfache Strömungssituationen nicht mehr präzise darzustellen. Unter Couette–<br />

Strömungsbedingungen (unidirektionale Scherung) sind IP–Modelle a priori mit achsensymetrischen<br />

Normalspannungszuständen (b22 = b33) verbunden. Abhilfe verschafft<br />

nur das in <strong>Kapitel</strong> 5.4 beschriebene Wandreflektionsmodell.<br />

96


5.3. KALIBRIERUNG LINEARER DRUCK–SCHER–KORRELATIONSMODELLE<br />

Tabelle 5.1: Turbulenstruktur im Gleichgewichtsbereich einer zweidimensionalen<br />

turbulenten Scherströmung nach Gleichung (5.25).<br />

Typ γφ -b12 b11 b22 b33<br />

GL IP 0.222 0.17 0.15 -0.07 -0.07<br />

GY IP 0.233 0.17 0.16 0.08 -0.08<br />

RO IP 0.200 0.16 0.13 -0.07 -0.07<br />

LRR QI 0.157 0.18 0.13 -0.10 -0.03<br />

TB QI 0.123 0.15 0.12 -0.12 0.0<br />

GS QI 0.173 0.15 0.14 -0.10 -0.04<br />

SSG QI 0.226 0.16 0.17 -0.13 -0.05<br />

FRLT QI 0.230 0.16 0.18 -0.13 -0.05<br />

Kanal DNS (Kim et al. 1987) 0.15 0.18 -0.13 -0.05<br />

5.3.3 Realisierbarkeitsbedingung des Rotta–Koeffizienten<br />

Die oben betrachtete Scherung eignet sich ebenfalls zur Evaluierung einer physikalisch<br />

plausiblen Schranke für den Rotta–Koeffizienten des langsamem Druck–Scher–<br />

Korrelationsmodells φij1. Eine strenge Analyse der physikalisch realisierbaren Koeffizientenwerte<br />

von C1 wurde von Sarkar und Speziale (1990) veröffentlicht. An dieser Stelle<br />

soll lediglich die analoge Aussage am Beispiel der b11–Koordinate einer einachsigen<br />

Scherung entwickelt werden. Im Unterschied zu den oben angestellten Überlegungen<br />

sei die Turbulenzenergieproduktion jedoch wesentlich geringer als die Dissipationsrate<br />

1 >> P<br />

> 0 .<br />

ε<br />

Die Erfahrung lehrt, daß homogene Scherturbulenz mit anisotropen Normalspannungen,<br />

inbesondere b11 > 0 vebunden ist (vgl. Tabelle 5.1). Anhand der Bestimmungsgleichung<br />

der b11–Koordinate<br />

b11 = − <br />

β2 β3 + 2 6<br />

(5.26)<br />

C1−1<br />

P/ε + C∗ 1 + 1<br />

erkennt man zunächst, daß der Zähler der rechten Seite aufgrund von βi < 0 stets<br />

positiv ist. Für endlich große C ∗ 1 > 0 wird das Vorzeichen der Koordinatenwerte b11<br />

im Grenzfall lim P/ε → 0 vom Vorzeichen der Differenz C1 − 1 diktiert. Physikalisch<br />

plausible, positive Koordinatenwerte lassen sich unabhängig von P/ε folglich nur<br />

vermöge<br />

C1 ≥ 1 (5.27)<br />

realisieren. Ferner zeigt sich, daß im Falle von C1 = 1 der Wert von b11 unabhängig<br />

vom Wert der spezifischen Produktionsrate ist. Analoge Aussagen lassen sich für alle<br />

anderen Koordinaten des Anisotropietensors bij formulieren (vgl. <strong>Kapitel</strong> 8.1).<br />

97


KAPITEL<br />

5.4 Wandreflektionsmodelle<br />

Zur Erfassung der richtungsabhängigen Wanddämpfungsmechanismen dient bei einigen<br />

linearen Druck–Scher–Korrelationsmodellen eine Korrektur der durch das PS–Modell<br />

induzierten Isotropie durch den Wandreflektionsterm. Die Formulierung des Wandreflektionsterms<br />

basiert ebenfalls auf der Zerlegung in einen schnellen und einen langsamen<br />

Anteil. Im Zusammenhang mit der IP–Modellierung sind die Wandreflektionsterme<br />

– wie in <strong>Kapitel</strong> 5.3 diskutiert – besonders wichtig, da ansonsten fundamentale<br />

Scherströmungszustände nicht hinreichend genau abgebildet werden können (vgl. auch<br />

<strong>Kapitel</strong> 7.5). Die gängigen Wandreflektionsterme der IP–Modelle lauten<br />

φijw = φijw1 + φijw2<br />

φijw1 = 2C1wε<br />

φijw2 = C ∗ 2w<br />

<br />

<br />

bklnknlδij − 1.5bkinknj − 1.5bkjnkni<br />

φkl2nknlδij − 1.5φki2nknj − 1.5φkj2nkni<br />

fn = k3/2<br />

κc −3/4<br />

µ<br />

n ε<br />

<br />

<br />

fn<br />

fn<br />

mit κc −3/4<br />

µ ≈ 2.5 . (5.28)<br />

In (5.28) symbolisieren ni den Wandstellungsvektor und n den skalaren Wandnormalenabstand.<br />

Die Bestimmung des Wandnormalenabstandes ist weder eindeutig noch trivial,<br />

die Berechnung von Wandstellungsvektoren noch komplexer. Mit dem Wandreflektionsmodell<br />

sind somit weitreichende algorithmische Probleme vebunden. In kommerziellen<br />

Strömungssimulationsverfahren wird deshalb auf deren Implementierung verzichtet<br />

wird.<br />

Man beachte, daß die Entwicklung des Wandreflektionsterms eng an die Betrachtung einer<br />

einfachen zweidimensionalen Wandgrenzschicht im lokalen Gleichgewicht geknüpft<br />

ist. Insbesondere findet man für den wandnahen logarithmischen Bereich unter Verwendung<br />

von (5.22) die folgenden Zusammenhänge zwischen den Koeffizienten des IP<br />

Druck–Scher–Korrelationsmodells (mit C ∗ 2 = 0.5C3 = 0.5C4) und den sich ausbilden-<br />

den Reynoldsspannungen<br />

b11 = 1<br />

<br />

(2γφ + a) +<br />

3<br />

b (1 − γφ<br />

<br />

− 2a)<br />

1 + 2b<br />

b22 = − 1<br />

<br />

γφ + 2a + 2b<br />

3 1 + 2b<br />

b12 =<br />

<br />

2γφ + 3a (1 − γφ − 2a)<br />

−<br />

2 + 3b 3(2 + 4b)<br />

98


5.5. ELLIPTIC RELAXATION VERFAHREN VON DURBIN<br />

Tabelle 5.2: Koeffizienten häufig verwendeter IP Druck–Scher–Korrelationsmodelle.<br />

C1 C ∗ 2 = 0.5 C3 γφ C1w C2w<br />

Gibson und Launder (GL, 1978) 1.8 0.60 0.22 0.5 0.3<br />

Gibson und Younis (GY, 1986) 3.0 0.30 0.23 0.75 0.5<br />

mit : γφ = 1 − C∗ 2<br />

C1<br />

, a = C∗ 2C2W<br />

C1<br />

, b = C1W<br />

C1<br />

. (5.29)<br />

Tabelle 5.2 fasst die beiden populärsten Vorschläge zur Wahl der Koeffizienten des IP–<br />

Modells zusammen, Tabelle 5.3 dokumentiert die positiven Auswirkungen des Wandreflektionsmodelles<br />

am Beispiel zweier IP–Modelle. Eine alternative Formulierung für<br />

Tabelle 5.3: Turbulenstruktur im Gleichgewichtsbereich einer zweidimensionalen Scherung<br />

nach Gleichung (5.25).<br />

-b12 b11 b22 b33<br />

GL 0.17 0.15 -0.07 -0.07<br />

GL + φijw 0.13 0.22 -0.21 -0.01<br />

GY 0.17 0.16 0.08 -0.08<br />

GY + φijw 0.13 0.21 -0.18 -0.03<br />

Kanal DNS (Kim et al. 1987) 0.15 0.18 -0.13 -0.05<br />

φijw, welche eine verbesserte Vorhersage von Prallstrahleffekten ermöglichen, ist im<br />

Zusammenhang mit IP–Modellen von Craft und Launder (1992) publiziert worden. Im<br />

Falle des LRR Modells lautet der Wandreflektionsterm<br />

<br />

<br />

φijw = 0.625 ε bij fn + 0.0375 (Pij − Gij)<br />

(5.30)<br />

5.5 Elliptic Relaxation Verfahren von Durbin<br />

Durbin (1991) versucht die Druck–Scher–Korrelationterme des IP–Transportgleichungs–<br />

Reynolds–Spannungsmodells zur Bestimmung von geometrieunabhängigen low–Re Formulierungen<br />

für Zweiparametermodelle zu nutzen. Ausgangspunkt des von Durbin<br />

(1995) veröffentlichten Viergleichungs– k − ε − v 2 − f–Modells ist die Analyse der<br />

in <strong>Kapitel</strong> 2.1 skizzierten WET–Hypothese (2.3) für das Beispiel der Schubspannung<br />

in einer einachsigen Scherung<br />

uv ∼ Puv × k<br />

ε<br />

k ∂U k<br />

= −v2 ×<br />

ε ∂y ε ,<br />

<br />

k ∂U<br />

v2 ε ∂y<br />

uv = −c ′ µ<br />

99<br />

fn<br />

. (5.31)


KAPITEL<br />

Der wandinduzierte anisotrope Beitrag wird üblicherweise mit Hilfe einer i.Allg. geometrieabhängigen<br />

Wanddämpfungsfunktion fµ(n) modelliert<br />

c ′ k<br />

µ v2 ε = fµ<br />

k<br />

cµ<br />

2<br />

ε .<br />

Im Unterschied hierzu vesucht Durbin das Wirbelzähigkeitsprinzip in Anlehnung an<br />

= 2.45)<br />

die anisotrope Formulierung (k/v 2 = κ c −0.75<br />

µ<br />

νt = c ′ ν v 2 Tt mit c ′ ν = 0.22 (5.32)<br />

um eine Gleichung für die subdominate Normalspannungskomponente senkrecht zur<br />

Wand zu erweitern<br />

D k<br />

Dt<br />

D ε<br />

Dt<br />

D v 2<br />

Dt<br />

=<br />

<br />

∂<br />

P − ε + (ν + νt)<br />

∂xk<br />

∂k<br />

=<br />

<br />

,<br />

∂xk<br />

P ε<br />

Cε1 − Cε2 +<br />

Tt Tt<br />

∂<br />

ν +<br />

∂xk<br />

νt<br />

<br />

∂ε<br />

,<br />

1.3 ∂xk<br />

<br />

=<br />

v2 ∂<br />

k f − ε +<br />

k ∂xk<br />

(ν + νt) ∂v2<br />

<br />

∂xk<br />

. (5.33)<br />

Die Definition des turbulenten Zeitmaßes folgt der bereits unter (2.27) skizzierten Realisierbarkeitsbedingung.<br />

Die Koeffizienten der Transportgleichungen für k und ε entsprechen<br />

den üblichen Werten<br />

<br />

Cε1 = 1.44 1. + 0.045 k/v2 <br />

<br />

k ν<br />

, Cε2 = 1.9 , Tt = max , 6<br />

ε ε<br />

<br />

. (5.34)<br />

Der zur Wand ansteigende Wert des Koeffizienten Cε1 dient der Vermeidung der im<br />

Anhang D skizzierten Singularität. Der Koeffizienten Cε1 bestätigt im Gleichgewichtsbereich<br />

k/v 2 = 2.45 den von Wilcox im Zusammenhang mit dem k − ω Modell angegebenen<br />

Wert Cε1 = 1.55. Zur Schliessung der drei Modellgleichungen (5.33) benötigt<br />

man eine Vorschrift zur Berechnung des nichtlokalen Parameters f, der den Einfluss<br />

von Produktions– und Umverteilungsmechanismen wiedergibt.<br />

Die Idee zur Formulierung einer Berechnungsvorschrift für f fußt auf der Gleichgewichtsaussage<br />

(5.22). In Bezug auf die Wandnormalenkoordinate b22 findet man im<br />

100


Rahmen von IP–Modellen (5.18)<br />

P22 + φ22 − ε22 = −2 ε C1 b22 + 2 C∗ 2<br />

3<br />

= −2 ε C1 b22 + 2 C∗ 2<br />

3<br />

5.5. ELLIPTIC RELAXATION VERFAHREN VON DURBIN<br />

2<br />

P −<br />

3 ε<br />

<br />

P + 2 ε b22 − v2<br />

<br />

2k<br />

= −2 ε b22 (C1 − 1) + 2 C∗ 2 v2<br />

P − ε<br />

3 k<br />

<br />

∗ 2 C2 P b22<br />

≈ k − 2 (C1 − 1) −ε<br />

3 k Tt<br />

<br />

:=f<br />

v2<br />

k<br />

= k f − ε v2<br />

k<br />

Anstelle der ursprünglichen RSTM–Transportgleichung für die Koordinate v 2<br />

(5.35)<br />

Dv 2<br />

Dt = P22 + φ22 − ε22 + D22<br />

kann somit näherungsweise die unter 5.33 zuletzt angegebene Beziehung numerisch<br />

gelöst werden. Die Koeffizienten des von Durbin verwendeten Umverteilungsmodells<br />

lauten<br />

C1 = 1.4 , C ∗ 2 = 0.45 , ❀ γφ = 0.393 . (5.36)<br />

Man beachte, daß die Koeffizienten C1 und C ∗ 2 einfacher als in einem PS–Modell zu kalibrieren<br />

sind, da sie lediglich der genauen Vorhersage der wandnormalen Diagonalkomponente<br />

des Reynolds–Spannungstensors dienen. Insbesondere sollten die Koeffizienten<br />

den Gleichgewichtswert von v 2 auch ohne Wandreflektionsterme korrekt wiedergeben.<br />

Vermöge der in Gleichung (7.51) notierten Gleichgewichtsbeziehungen erkennt man,<br />

daß die o.g. Koeffizienten mit<br />

b22 = −γφ/3 = −0.131<br />

verbunden sind, was sehr gut mit dem in Tabelle 5.3 angegebenen Wert der DNS von<br />

Kim, Moin und Moser (1987) übereinstimmt. Um zu einer praxistauglichen Beziehung<br />

für beliebige Koordinaten zu gelangen, in der v 2 ≡ u 2 n, wird die Umverteilungsfunktion<br />

f über eine räumliche Relaxationbeziehung (Yukawagleichung)<br />

L 2 <br />

∗ 2 C2 P b22<br />

t ∆(f) = f − − 2 (C1 − 1) , (5.37)<br />

3 k<br />

mit<br />

berechnet.<br />

Lt = 0.25 max<br />

<br />

k 3/2<br />

ε<br />

101<br />

Tt<br />

<br />

3 1/4<br />

ν<br />

, 85<br />

ε<br />

(5.38)


<strong>Kapitel</strong> 6 Projektionstechniken<br />

Die minimale Funktionsbasis des Ansatzes bij = bij(sij, w ∗ ij) basiert, wie bereits in <strong>Kapitel</strong><br />

3 erwähnt, in dreidimensionalen Strömungen auf mindestens fünf linear unabhängigen<br />

Generatoren, im Falle zweidimensionaler Reynolds–gemittelter Strömungszustände<br />

genügen drei Generatoren. Der folgende Abschnitt befaßt sich in Anlehnung an Jongen<br />

und Gatski (1998) mit der Projektion des algebraischen Spannungsmodells (4.12) in<br />

eine beliebig gewählte Funktionsbasis.<br />

6.1 Illustratives Beispiel<br />

Ausgangspunkt für die Darstellung des Prinzips von Projektionstechniken sei die zunächst<br />

nicht näher spezifizierte unterbestimmte Zwei–Generator–Funktionsbasis<br />

bij = A T (1)<br />

ij<br />

+ B T (2)<br />

ij . (6.1)<br />

Das gewählte Beispiel soll belegen, daß bei der Projektion des ASM (4.12) in einfache,<br />

unterbestimmte Basen F die dazugehörige Integritätsbasis N nicht in gleicher<br />

Weise reduziert wird. Häufig treten darin sogar fast alle irreduziblen Invarianten einer<br />

vollständigen Funktionsbasis auf, was die oben gemachten Aussagen zum Qualitätsverlust<br />

im Zusammenhang mit stark vereinfachten Integritätsbasen unterstreicht.<br />

Da A und B Skalare sind, müssen die Generatoren sämtliche strukturellen Eigenschaften<br />

des Anisotropietensors der Reynolds–Spannungen wiedergeben:<br />

Alle Generatoren T (n)<br />

ij<br />

müssen spurfrei und symmetrisch sein.<br />

Man überzeugt sich leicht, daß die in (3.50) notierten Generatoren diese Restriktion<br />

befriedigen. Setzt man den Zwei–Generator–Ansatz (6.1) in die ASM–Beziehung (4.12)<br />

ein, dann ergibt sich die sogenannte Projektionsgleichung<br />

<br />

g A T (1)<br />

<br />

(2)<br />

ij + B T ij = β1sij −<br />

<br />

β2 A<br />

<br />

+ B<br />

+ β3<br />

<br />

T (1)<br />

ik w∗ kj − w ∗ ikT (1)<br />

kj<br />

<br />

T (2)<br />

ik w∗ kj − w ∗ ikT (2)<br />

<br />

kj<br />

<br />

A T (1)<br />

ik skj + sikT (1)<br />

<br />

kj + B T (2)<br />

ik skj + sikT (2)<br />

<br />

kj<br />

− 2<br />

3 β3<br />

<br />

δij A T (1)<br />

mkskm + B T (2)<br />

mkskm <br />

. (6.2)<br />

Die Schließungsbeziehungen für die unbekannten Koeffizienten A und B gewinnt man<br />

durch Skalarmultiplikation der Projektionsgleichung (6.2) mit den verwendeten Generatoren<br />

<br />

I : g A T (1)<br />

ij<br />

<br />

II : g A T (1)<br />

ij<br />

<br />

(2)<br />

+ B T ij T (1)<br />

(1)<br />

jp = β1sijT jp − β2 [. . . ] T (1)<br />

jp + β3 [. . . ] T (1)<br />

jp<br />

+ B T (2)<br />

ij<br />

<br />

T (2)<br />

(2)<br />

jp = β1sijT jp − β2 [. . . ] T (2)<br />

jp + β3 [. . . ] T (2)<br />

jp<br />

102<br />

− . . . ,<br />

− . . . , (6.3)


6.1. ILLUSTRATIVES BEISPIEL<br />

und anschliessender Kontraktion der freien Indizes (i = p). Beachtet man weiterhin, daß<br />

die Spur zyklisch vertauschbar ist (AijBjkCki = BijCjkAki = CijAjkBki) und darüber<br />

hinaus die Symmetrie– bzw. Antimetriezusammenhänge<br />

sijT (1) (2)<br />

jk T ki<br />

(2) (1)<br />

= sijT<br />

jk T<br />

ki , w ∗ ijT (1)<br />

jk<br />

T (2)<br />

ki = −w∗ ijT (2) (1)<br />

jk T ki , (6.4)<br />

dann ergeben sich im gewählten Beispiel die folgenden Schließungsbeziehungen zur<br />

Bestimmung der skalaren Unbekannten A und B<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

<br />

<br />

β1<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

gT (1)<br />

ij<br />

gT (2)<br />

ij<br />

sijT (1)<br />

ji<br />

sijT (2)<br />

ji<br />

T (1)<br />

ji<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ = (6.5)<br />

− 2β3sijT (1)<br />

jk<br />

T (1)<br />

ji + 2β2w ∗ ij<br />

(1)<br />

T ki<br />

(2) (1)<br />

T jk T ki<br />

<br />

gT (1)<br />

ij<br />

− 2β3sijT (2)<br />

jk<br />

(2)<br />

T ji + 2β2w∗ ij<br />

<br />

(1)<br />

T ki<br />

(1) (2)<br />

T jk T ki<br />

gT (2)<br />

ij<br />

T (2)<br />

ji<br />

− 2β3sijT (1)<br />

jk<br />

− 2β3sijT (2)<br />

jk<br />

<br />

(2)<br />

T ki<br />

(2)<br />

T ki<br />

⎞ ⎛ ⎞<br />

A<br />

⎟<br />

⎠ ⎝ ⎠ .<br />

B<br />

Die oben skizzierte Vorgehensweise läßt sich für Funktionsbasen mit beliebig vielen<br />

zusätzlichen Generatoren in derselben Weise durchführen. Die in (6.5) auftretenden<br />

Spuren von Skalarprodukten lassen sich für auf s und w ∗ basierende Relevanzlisten mit<br />

Hilfe des im Anhang C notierten generalisierten Caley–Hamilton Theorems auf die in<br />

(3.51) notierten irreduziblen Invarianten zurückführen.<br />

Projektion in die lineare Basis<br />

Für das einfachste Beispiel eines linearen Wirbelzähigkeitsmodells mit T (1)<br />

ij = sij und<br />

T (2)<br />

ij = 0 wird das Gleichungssystem (6.5) singulär. Betrachtet man jedoch nur die erste<br />

Zeile, dann ergibt sich unmittelbar<br />

A = −cµ =<br />

β1<br />

g − 2β3 (η3/η1)<br />

, (6.6)<br />

Die explizite Abhängigkeit vom Deformationsmaß (η1) verbirgt sich im Koeffizienten g.<br />

Dieser ist nach (4.2) und (4.12) seinerseits eine Funktion der spezifischen Produktion<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

P/ε = −2<br />

❀ g = C1 − 1 − 2<br />

. (6.7)<br />

bijsij + 1<br />

3 skk<br />

bijsij + 1<br />

3 skk<br />

Die Lösung der Projektionsgleichung ist aufgrund der schwachen Nichtlinearität<br />

des ASM nicht implizit, bzw. im Falle einer vorab getroffenen Approximation von<br />

g nicht selbstkonsistent.<br />

Eine grobe Verletzung der Selbstkonsistenz ist entgegen vieler anders argumentierender<br />

Veröffentlichungen, z.B. ?), mit fundamentalen Defiziten für die Güte eines EASM<br />

verbunden. Die Thematik wird im anschließenden <strong>Kapitel</strong> sechs genauer erörtert.<br />

103


KAPITEL<br />

Projektion in eine quadratische Zwei–Generator–Basis<br />

Für das Beispiel der exemplarisch gewählten quadratischen Funktionsbasis<br />

<br />

F =<br />

T (1)<br />

ij<br />

<br />

(2)<br />

, T ij = sij, (sikw ∗ kj − w ∗ ikskj) <br />

(6.8)<br />

vereinfachen sich die in Gleichung (6.5) auftretenden Spuren für inkompressible Strömungen<br />

durch Anwendung des in Anhang C skizzierten Caley–Hamilton Theorems. Hiermit<br />

erhält man schließlich anstelle von (6.5)<br />

β1<br />

<br />

η1 [gη1 − 2β3η3] [2β2 (3η5 − 0.5η1η2)]<br />

=<br />

0 [2β2 (0.5η1η2 − 3η5)] [g (η1η2 − 6η5) + β3 (η2η3 + η1η4)]<br />

Gleichung (6.9) läßt sich mit Hilfe der Cramerschen Regel direkt auflösen<br />

A =<br />

B =<br />

<br />

A<br />

B<br />

η1β1[g(η1η2 − 6η5) + β3(η2η3 + η1η4)]<br />

[β3(η2η3 + η1η4) + g(η1η2 − 6η5)][gη1 − 2β3η3] + 4β2 ,<br />

2[3η5 − 0.5η1η2] 2<br />

η1β1β2(6η5 − η1η2)<br />

[β3(η2η3 + η1η4) + g(η1η2 − 6η5)][gη1 − 2β3η3] + 4β 2 2[3η5 − 0.5η1η2] 2<br />

. (6.9)<br />

.(6.10)<br />

Man erkennt deutlich, daß im Zusammenhang mit der Projektion des ASM in eine<br />

einfache quadratische Basis mit Ausnahme von η6 bereits alle irreduziblen Invarianten<br />

auftreten.<br />

Vereinfacht man die Beziehung (6.10) für zweidimensionale und achsensymmetrische<br />

Scherströmungen, dann ergibt sich mit Hilfe der näherungsweise gültigen Beziehungen<br />

− η1 = η2 , η5 = 0.5 η1η2 , η3 = −1.5 S33 η1 , η4 = −0.5 S33 η2 ,<br />

die Lösung<br />

Aachs = −cµ =<br />

<br />

g − 2 β3<br />

β1<br />

<br />

η3<br />

η1<br />

<br />

− 2 β2 2 η2<br />

g−β3 2 η 3<br />

3 η 1<br />

−β2<br />

, Bachs = Aachs ⎣<br />

g − β3<br />

Im Falle zweidimensionaler mittlerer Strömungszustände folgt aus (3.54)<br />

A2D =<br />

β1<br />

g − 2β 2 2 η2/g , B2D =<br />

104<br />

β1β2<br />

−2g 2 + 4β 2 2η2<br />

= A2D<br />

⎡<br />

<br />

−β2<br />

g<br />

2 η3<br />

3 η1<br />

<br />

⎤<br />

⎦ (6.11) .<br />

. (6.12)


6.2 Gatski & Speziale Modell<br />

6.2. GATSKI & SPEZIALE MODELL<br />

Das von Gatski und Speziale (1993) vorgestellte Modell basiert auf der dreidimensionalen<br />

Generalisierung eines in zweidimensionalen, inkompressiblen Strömungszuständen<br />

exakten quadratischen Ansatzes<br />

bij = A T (1)<br />

ij<br />

+ B T (2)<br />

ij<br />

+ C T (3)<br />

ij , mit<br />

T (1)<br />

ij = sij , T (2)<br />

ij = sikw ∗ kj − w ∗ ikskj , T (3)<br />

ij = s2 ij − 1<br />

3 δij s 2 kk . (6.13)<br />

Die zusätzlichen Spuren der um die entsprechenden T (3)<br />

ij –Anteile erweiterten Gleichung<br />

(6.5) lassen sich wiederum mit Hilfe des Caley–Hamilton Theorems vereinfachen. Unter<br />

Verwendung der in Anhang C notierten algebraischen Umformungen ergibt sich die zu<br />

(6.5) analoge symbolische Beziehung<br />

β1<br />

⎛<br />

⎝<br />

in der die Systemmatrix M durch<br />

⎛<br />

⎝<br />

η1<br />

0<br />

η3<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎠ = M · ⎝<br />

A<br />

B<br />

C<br />

⎞<br />

⎠ , (6.14)<br />

<br />

[gη1 − 2β3η3] [2β2 (3η5 − 0.5η1η2)]<br />

gη3 − 1<br />

3β3η 2 <br />

1<br />

[−2β2 (3η5 − 0.5η1η2)] [g (η1η2 − 6η5) + β3 (η2η3 + η1η4)] [−β2 (η1η4 <br />

+ η2η3)]<br />

gη3 − 1<br />

3β3η 2 <br />

g<br />

1<br />

[β2 (η1η4 + η2η3)]<br />

6η2 1 − 1<br />

3β3η1η3 <br />

definiert ist. Gleichung (6.14) läßt sich wieder mit Hilfe der Cramerschen Regel auflösen<br />

A = (β1η1) M22M33 + M 2 32<br />

− (β1η3) (M12M32 − M13M22) det M −1<br />

⎞<br />

⎠<br />

(6.15)<br />

, (6.16)<br />

B = [ (β1η1) (M12M33 − M32M13) + (β1η3) (M11M32 − M13M12)] det M −1 ,<br />

C = −(β1η1) (M12M32 + M22M13) + (β1η3) M11M22 + M 2 −1 12 det M .<br />

Im Falle einer lokal zweidimensionalen Reynolds–gemittelten Strömung findet man die<br />

entsprechend vereinfachte Beziehung (6.14)<br />

β1<br />

⎛<br />

⎝<br />

η1<br />

0<br />

0<br />

⎞<br />

⎛<br />

gη1 2β2η1η2 − 1<br />

3 β3η 2 1<br />

⎠ = ⎝ −2β2η1η2 −2gη1η2<br />

0<br />

0<br />

− 1<br />

3 β3η 2 1<br />

g<br />

6 η2 1<br />

⎞ ⎛<br />

⎠ ⎝<br />

A<br />

B<br />

C<br />

⎞<br />

⎠ , (6.17)<br />

deren Lösung die bereits von Gatski und Speziale (1993) angegebenen Koeffizienten<br />

des Drei–Generator–Ansatzes FGS liefert<br />

105


KAPITEL<br />

bij =<br />

A = −cµ =<br />

β1<br />

g − 2β2 2<br />

g η2 − 2β2 3<br />

3g η1<br />

β1<br />

g − 2β2 2<br />

g η2 − 2β2 3<br />

3g η1<br />

<br />

sij − β2<br />

g<br />

, B = A<br />

<br />

−β2<br />

g<br />

, C = A<br />

<br />

2β3<br />

g<br />

<br />

sikw ∗ kj − w ∗ <br />

2β3<br />

ikskj + s<br />

g<br />

2 ij − 1<br />

3 δij s 2 <br />

kk<br />

. (6.18)<br />

Ein wichtiger Unterschied zwischen dem oben skizzierten Lösungsweg auf der Basis<br />

von Projektionstechniken und der von Gatski und Speziale (GS) praktizierten Vorgehensweise<br />

ist der Lösungsaufwand. Die GS–Strategie basiert auf der zweidimensionalen<br />

Vereinfachung der exakten Lösung für einen Ansatz auf der Basis von zehn Generatoren.<br />

Die Herleitung der 10 × 10 Systemmatrix für diesen Ansatz ist äußerst aufwendig<br />

und verlangt profunde Kenntnisse in Tensoralgebra (Details findet man z.B. bei Lübcke<br />

und Rung 1999). Die Invertierung des algebraischen 10×10 Gleichungssystems ist ohne<br />

die Verwendung entsprechender Hilfsmittel, wie z.B. Mathematica (?) nicht mehr zu<br />

bewältigen. Demgegenüber ist der oben skizzierte Lösungsweg vergleichsweise einfach,<br />

da er das ASM direkt in die gewählte Basis projeziert. Es sei jedoch bemerkt, daß<br />

die Auswahl der Generatoren von FGS auf dem Resultat algebraischer Manipulationen<br />

einer vollständigen Basis mit Hilfe des 2D Caley–Hamilton Theorems basiert (vgl.<br />

Anhang C).<br />

Ein weiterer Unterschied ist die Tatsache, daß die Lösung (6.16) auf der Basis der<br />

vollständigen Integritätsbasis N eine bessere Näherung für dreidimensionale Zustände<br />

ist, als die ursprüngliche GS–Formulierung (6.18), bzw. eine gute Ausgangsbasis zur<br />

kompakten Erweiterung in Hinblick auf 3D Strömungszustände repräsentiert.<br />

6.3 Erweiterungen klassischer EASM<br />

Bei Betrachtung der ASM–Beziehung (4.12) erkennt man unmittelbar eine Möglichkeit<br />

zur Erweiterung klassischer, expliziter algebraischer Spannungsmodelle durch die Projektionstechnik.<br />

Diese läßt sich in analoger Weise auf die um einen beliebigen Tensor<br />

Tij erweiterte ASM–Beziehung anwenden<br />

<br />

gbij = Tij + β1sij − β2 bikw ∗ kj − w ∗ <br />

ikbkj + β3<br />

<br />

bikskj + sikbkj − 2<br />

3 δijblkskl<br />

<br />

(6.19)<br />

. (6.20)<br />

Der zusätliche Term Tij muß, wie alle anderen Tensoren der Beziehung (6.20), spurfrei<br />

und symmetrisch sein. Zur Gewährleistung eines linearen Gleichungssystems sollte Tij<br />

ferner unabhängig von bij sein.<br />

106


6.3. ERWEITERUNGEN KLASSISCHER EASM<br />

Im Rahmen der klassischen Darstellungstheorie müssten sämtliche T (1)<br />

ij . . . T (n)<br />

ij<br />

in die<br />

Relevanzliste aufgenommen werden. Nach dem Satz von Spencer (vgl. <strong>Kapitel</strong> 3.1)<br />

wäre dies mit zusätzlichen Generatoren in der Funktionsbasis verbunden, was den Rechenaufwand<br />

stark vergrößern würde. Im Sinne einer effizienten Näherung sind auch<br />

unveränderte Funktionsbasen denkbar, wodurch sich lediglich der Lösungsvektor des<br />

Gleichungssystems zur Bestimmung der EASM–Koeffizienten ändern würde, z.B. an-<br />

stelle von (6.14)<br />

β1<br />

⎛<br />

⎝<br />

η1<br />

0<br />

η3<br />

⎞<br />

⎠ +<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

T (1)<br />

ij<br />

T (1)<br />

ij<br />

T (1)<br />

ij<br />

T (1)<br />

ji<br />

T (2)<br />

ji<br />

T (3)<br />

ji<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ + . . . + ⎝<br />

T (n)<br />

ij<br />

T (n)<br />

ij<br />

T (n)<br />

ij<br />

⎞<br />

(1) ⎛<br />

T ji<br />

(2) ⎟<br />

T ji ⎠ = M · ⎝<br />

(3)<br />

T<br />

Denkbare Anknüpfungspunkte einer Erweiterung klassischer EASM wären<br />

• Die Einarbeitung von Wandreflektionstermen<br />

Tij = φijw<br />

2 ε .<br />

ji<br />

A<br />

B<br />

C<br />

⎞<br />

⎠ . (6.21)<br />

• Die Berücksichtigung anisotroper Dissipationsratentensoren, wie z.B. von Jakirlić<br />

(1997), ?), ?) oder ?) vorgeschlagen<br />

Tij = 2<br />

3 δij − εij<br />

ε .<br />

Die Mehrzahl statistischer Turbulenzmodelle geht von der Gültigkeit der Kolmogorov–Hypothese<br />

(Rotta 1972) aus, welche die lokale Isotropie kleinskaliger Bewegungen<br />

bei hinreichend großen Reynoldszahlen annimmt. ?) konnten anhand<br />

der exakten Transportgleichung für εij in homogener, inkompressibler Turbulenz<br />

nachweisen, daß die isotrope Darstellung des Dissipationsratentensors nur im trivialen<br />

Fall verschwindender Deformationsgeschwindigkeiten korrekt ist.<br />

• Daneben ist auch die Einarbeitung von Transporttermen oder nichtlinearen Druck–<br />

Scher–Korrelationsmodellen denkbar, sofern man diese im iterativen Sinne von<br />

den aktuellen bij Werten entkoppelt. Im Falle expliziter numerischer Verfahren<br />

ist dies möglicherweise mit Zeitschrittrestriktionen verbunden.<br />

Tij = γ1 b 2 ij + γ2 b 3 ij + . . . oder Tij = −Tt<br />

107<br />

Dbij<br />

Dt<br />

.


<strong>Kapitel</strong> 7 Wandrandbedingung<br />

??<br />

Der Entwurfsprozeß strömungstechnisch hochbelasteter Bauteile, wie z.B. Diffusoren,<br />

Hochauftriebssysteme oder aber Schaufelprofile, stellt besonders hohe Anforderungen<br />

an die Genauigkeit des verwendeten Turbulenzmodells. Wandturbulenzmechanismen<br />

(low-Reynolds number Mechanismen) sind für die Berechung kritischer Strömungszustände<br />

häufig von zentraler Bedeutung. Turbulenzfelder erfahren im wandnahen Bereich<br />

starke, dämpfende Einflüsse von anisotropem Charakter, folglich sind die Randbedingungen<br />

der Modellgleichungen nahe fester Berandungen für die Güte des Modells<br />

wesentlich.<br />

Bei der Simulation turbulenter Strömungen unter Verwendung eines statistischen Turbulenzmodells,<br />

treten im Wandbereich sehr steile Gradienten auf. Mit den normalerweise<br />

eingesetzten, von zweiter Ordnung genauen, Simulationsverfahren können diese<br />

nur durch ein sehr feines Rechengitter numerisch aufgelöst werden. Der damit<br />

verbundene Rechenaufwand kann durch den Einsatz spezieller lokaler Ansatzfunktionen<br />

in der wandbenachbarten Schicht des Rechengitters vermieden werden. Üblicherweise<br />

basieren die Randbedingungen in industriellen Simulationsverfahren daher auf<br />

der sogenannten high-Reynolds number (high-Re) Hypothese. Diese ermöglicht eine<br />

Überbrückung der wandnahen, schwach-turbulenten (semi-viskosen) Strömungsbereiche<br />

durch die vollständige Parametrisierung aller Strömungsgrößen mit der Wandschubspannung.<br />

Die parametrischen Beziehungen zwischen einzelnen Strömungsgrößen und<br />

der Wandschubspannung werden vielfach auch als Wandfunktionen bezeichnet. Wandfunktionen<br />

sind zwar effizient, ihre extrem hypothetischen Grundlagen verlieren jedoch<br />

mit zunehmender Abweichung des Turbulenzenergiehaushalts vom lokalen Gleichgewichtszustand<br />

an Gültigkeit. Aussagen über strömungsmechanische und thermische<br />

Belastungen sind daher –vor allem im Hinblick auf deren kritische Grenzen– nur unter<br />

starken Einschränkungen zulässig. Low-Reynolds number (low-Re) Randbedingungen<br />

ermöglichen demgegenüber die Fortsetzung der numerischen Integration durch die<br />

semi-viskosen Grenzschichtbereiche bis zur Wand. Sie erfordern aufgrund der starken<br />

Variation der Turbulenzgrößen im wandnahen Bereich eine extreme Verdichtung des<br />

Rechengitters und versagen bei unzureichender Auflösung der semi-viskosen Bereiche.<br />

In zweidimensionalen Konfigurationen führt dies typischerweise zu 35 % höheren Knotenpunktanzahlen.<br />

Beide o.a. Randbedingungstechniken sind nicht universell einsetzbar, weil sie bestimmte<br />

Strömungsverhältnisse in den wandnahen Gitterschichten voraussetzen. Insbesondere<br />

müssen zur Gittergenerierung Kenntnisse über die Ausmaße der sich ausbildenden<br />

semi-viskosen Strömungsbereiche zur Verfügung stehen, worin der entscheidende Nachteil<br />

beider Methoden besteht. Die Ausdehnung der Wandturbulenz hängt nicht nur von<br />

dem zu simulierenden Strömungsfeld ab, sondern variiert erfahrungsgemäß auch stark<br />

entlang von Körperkonturen. Nahezu diskontinuierliche Variationen können z.B. durch<br />

Stoß/Grenzschicht Wechselwirkungen auftreten. Eine lokale Verletzung des Gültigkeitsbereichs<br />

der verwendeten Randbedingung kann mit erheblichen globalen Nachteilen<br />

108


7.1. GRUNDLAGEN<br />

für die Stabilität und Qualität der Simulation verbunden sein. Ferner ist mit starken<br />

Einschränkungen bei der Verwendung von Mehrgittertechniken, deren Gitter teilweise<br />

stark unterschiedliche Auflösungsvermögen besitzen, zu rechnen. Eine Adaption des<br />

Rechengitters an das Turbulenzfeld ist zwar oftmals hilfreich aber nicht heilsbringend.<br />

Das <strong>Kapitel</strong> befaßt sich mit der Herleitung und Implementierung konventioneller highund<br />

low-Re Randbedingungen am Beispiel eines Finite-Volumen Verfahrens mit zellzentrierter<br />

Variablenspeicherung. Die Dokumentation stützt sich primär auf ausgewählte<br />

Ein- und Zweiparametermodelle (Spalart–Allmaras, k−ɛ, k−ω), die Randbedingungen<br />

für einzelne Reynoldspannungskomponenten werden hieraus mit Hilfe einer Spannungstransformation<br />

abgeleitet.<br />

7.1 Grundlagen<br />

Bei einem Finite-Volumen Verfahren mit zellzentrierter Variablenanordnung existieren<br />

prinzipiell zwei verschiedene Möglichkeiten Wandrandbedingungen vorzugeben (Abbildung<br />

7.1):<br />

Typ A: Integration der Randkontrollvolumina<br />

Dem Finite-Volumen Verfahren müssen, wie in Abbildung (7.1 links) skizziert,<br />

zur Bestimmung der konvektiven und diffusiven Flüße an den Rändern sowohl<br />

die Variablenwerte (Konvektion), als auch deren Ableitungen (Diffusion)<br />

bekannt gemacht werden:<br />

Dirichlet − Rrandbedingung : Φ = ϕ auf Γ1 ,<br />

Neumann − Randbedingung : ∇ Φ = ∇ ϕ auf Γ2 . (7.1)<br />

Verfahren von höherer als zweiter Genauigkeitsordnung benötigen darüberhinaus<br />

weitere Informationen, z.B. höhere Randableitungen aus schiefsymmetrischen<br />

Differenzenformeln.<br />

Typ B: Vorgabe der Werte in den Randkontrollvolumina<br />

Hierbei werden nicht die Randwerte, sondern die Werte in den randbenachbarten<br />

Gitterzellen fixiert. Die Integration der Randkontrollvolumen ist überflüssig.<br />

Man benötigt keine Flüsse in Rändern und daher auch keine Variablenwerte<br />

oder Gradienten in B. Die numerische Integration muß hierzu manipuliert<br />

werden. Derartige Randbedingungen basieren häufig auf den Grenzwerten<br />

asymptotischer Entwicklungen.<br />

Die Herleitung konventioneller high- und low-Re Randbedingungen für die Impuls-,<br />

Druck- und Turbulenzgleichungen stützt sich auf das Beispiel einer einfachen, zweidimensionalen<br />

(2D) turbulenten Scherströmung<br />

109


KAPITEL<br />

Typ A: Integration des KV um P<br />

P<br />

B<br />

Fluss<br />

Typ B: Fixierung in P<br />

Abbildung 7.1: Prinzipielle Randbedingungstypen entlang fester Wände.<br />

U = U(y) e x oder U = U(η) e ξ . (7.2)<br />

Diese, stark idealisierte Strömungsform, findet man beispielsweise in 2D Wandgrenzschichten<br />

ohne Druckgradienten und ebenen, vollentwickelten Kanalströmungen. In Abwesenheit<br />

größerer äußerer Kräfte, z.B. starken Druckgradienten, stellen sich in Hauptströmungsrichtung<br />

quasi-ähnliche Profile ein, weswegen sich die Zahl der unabhängigen<br />

Veränderlichen auf Eins reduziert (Schlichting 1982). Die Strömungsform ist durch ein<br />

besonders einfaches Turbulenzfeld gekennzeichnet, in dem sich über weite Bereiche<br />

näherungsweise ein bestimmter Gleichgewichtszustand einstellt. Hierbei neutralisieren<br />

sich die beiden dominanten Terme des Turbulenzenergiehaushalts, Produktion P und<br />

Dissipation ε, lokal (vgl. Abbildung 7.3). Die Strömungsform ist, zumindest in Bezug<br />

auf den Wandbereich, weniger realitätsfern ist als dies zunächst erscheint. Die Attraktivität<br />

dieses Beispiels für die Formulierung turbulenter Randbedingungen beruht auf<br />

der damit verbundenen minimalen Variablenanzahl.<br />

Üblicherweise formuliert man die Randbedingung für die Impulsbilanzen in Form der<br />

Wandhaftbedingung. An ruhenden Wänden verschwinden bei statistischer Betrachtung<br />

der Feldgrößen nicht nur die mittleren Geschwindigkeiten Ui, sondern auch deren<br />

Schwankungskomponenten ui. Parallel zu den Schwankungskomponenten reduziert sich<br />

im wandnächsten Bereich der Einfluß der Reynolds-Spannungen uiuj auf die Impulsgleichungen<br />

und es verbleiben nur noch die viskosen Spannungen. Mit zunehmendem<br />

Abstand von der Wand wachsen die turbulenten Austauschmechanismen und übersteigen<br />

in ihrer Wirkung rasch die molekularen Effekte, ehe sie im Bereich der gleichförmigen<br />

Kernströmung wieder in den Hintergrund treten.<br />

Betrachtet man anhand von Abbildung (7.2) das mittlere Geschwindigkeitsprofil einer<br />

inkompressiblen, vollentwickelten Kanalströmung in einfach–logarithmischer Auftragung,<br />

dann erkennt man die klassische Aufteilung des Geschwindigkeitsprofils in eine<br />

viskose Unterschicht, einen Übergangsbereich, einen vollturbulenten logarithmischen<br />

Bereich und einen Nachlaufbereich. Die in der Grafik verwendeten dimensionslosen<br />

110<br />

P


U +<br />

20.0<br />

15.0<br />

10.0<br />

5.0<br />

0.0<br />

U + =Y +<br />

U + =[(ln Y + )/0.41] + 5.2<br />

DNS (Kim et. al)<br />

semi−viskoser Bereich<br />

viskose Unterschicht<br />

logarithmischer<br />

Bereich<br />

Uebergangsbereich<br />

0 1 10 100 1000<br />

Y +<br />

7.1. GRUNDLAGEN<br />

Nachlauf−<br />

bereich<br />

Abbildung 7.2: Mittleres Geschwindigkeitsprofil aus direkter numerischer Simulation (Kim<br />

et al. 1987) einer turbulenten Kanalströmung (Reτ =395).<br />

Größen folgen der üblichen Definition von charakteristischen Wandvariablen<br />

U + = U<br />

Uτ<br />

Y + =<br />

y Uτ<br />

ν<br />

mit Uτ = τw/ρ , (7.3)<br />

in der Uτ die Wandschubspannungsgeschwindigkeit kennzeichnet. Daneben werden im<br />

Verlauf der Diskussion folgende, dimensionslose Terme der statistischen Turbulenzmodellierung<br />

verwendet<br />

uiuj + = uiuj<br />

U 2 τ<br />

k + = uiui<br />

2 U 2 τ<br />

ε + =<br />

ε ν<br />

U 4 τ<br />

P + = −uv<br />

+<br />

+ ∂U<br />

. (7.4)<br />

∂Y +<br />

Hierin repräsentieren k = uiui/2 die Turbulenzenergie, P und ε deren Produktionsbzw.<br />

Dissipationsrate und uiuj die Komponenten des Reynoldsspannungstensors (Launder<br />

und Spalding 1972). Prinzipiell sind alle turbulenten Kanalströmungen mit Ausnahme<br />

des Übergangs zwischen logarithmischem und Nachlaufbereich gleich aufgebaut.<br />

Der Nachlaufbereich, der sich mit steigender Reynoldszahl zu höheren Y + verschiebt,<br />

kennnzeichnet den Übergang in die Kernströmung. Hier spielen Turbulenzeinfüsse nur<br />

noch eine untergeordnete Rolle, weswegen der Bereich für die Formulierung turbulenter<br />

Wandrandbedingungen bedeutungslos ist. Der Nachlaufbereich wird vielfach auch<br />

Aussenbereich genannt, alle darunter liegenden Schichten bilden den Innenbereich. Im<br />

weiteren Verlauf der Diskussion wird vielfach auf das Kanalströmungsbeispiel zurückgegriffen.<br />

Die Definition der dabei verwendeten Reynoldszahlen lautet<br />

Reτ = UτH<br />

2ν<br />

Reδ = UδH<br />

2ν<br />

mit H = Kanalhöhe und Uδ = U(H/2) .<br />

111


KAPITEL<br />

k +<br />

, u 2+ , v 2+ , w 2+ , 10|uv| + , 5 P/ε<br />

10.0<br />

8.0<br />

6.0<br />

4.0<br />

2.0<br />

0.0<br />

1 10 100<br />

Y +<br />

DNS k +<br />

DNS u 2+<br />

DNS v 2+<br />

DNS w 2+<br />

DNS 10 |uv| +<br />

DNS 5 P/ε<br />

Abbildung 7.3: Normierte Reynoldsspannungen aus direkter numerischer Simulation (Kim<br />

et al. 1987) einer turbulenten Kanalströmung (Reτ =395).<br />

Für die Formulierung von high-Re Wandrandbedingungen ist der weite logarithmische<br />

Bereich wesentlich. Die high-Re Hypothese basiert auf einer universellen Parametrisierung<br />

des gesamten wandnahen Strömungsfelds mit der Wandschubspannungsgeschwindigkeit<br />

Uτ. Diese Wandfunktionen sind in guter Näherung für den logarithmischen<br />

Bereich (12 ≤ Y + ≤ 300) einer gleichgewichtsnahen, turbulenten Wandgenzschicht<br />

gültig. Der low-Re Bereich (Y ≤ 12) wird bei der Verwendung von Wandfunktionen<br />

nicht durch die Simulation abgedeckt sondern parametrisch geschlossen.<br />

Er ist für die Formulierung der Randbedingungen belanglos, da der Simulation vollturbulente<br />

Randbedingungen aufgeprägt werden. Die high-Re Hypothese gilt unter<br />

keinen Umständen in wandnahen, semi-viskosen Zonen, weswegen das verwendete Rechengitter<br />

diesen Bereich nicht erfassen sollte. Idealerweise übersteigt die wandnormale<br />

Ausdehnung der Randgitterzelle die Dicke der viskosen Unterschicht um ein Vielfaches.<br />

Umgekehrt verhält es sich mit low-Re Randbedingungen, deren Anwendung die<br />

die rechnerische Auflösung des semi-viskosen Bereichs vorschreibt. Die meisten numerischen<br />

Verfahren sind in den räumlichen Koordinaten von zweiter Ordnung genau.<br />

Eine adäquate Auflösung der im low-Re Bereich stark variierenden Profile (vgl. Abbildungen<br />

7.2 und 7.3) durch die numerische Simulation verlangt daher eine extrem hohe<br />

Konzentration von Knotenpunkten. Der semi-viskosen Strömungsbereich sollte mit ca.<br />

5–10 Rechenknoten in Wandnormalenrichtung aufgelöst werden, und die wandnächsten<br />

Punkte in einem bestimmtem Abstand (Y + ≈ 1) zur Wand liegen. Für Reynoldszahlen<br />

im Bereich von 10 5 ≤ ReL ≤ 10 8 liegt dieser typischerweise bei 10 −1 − 10 1 L/ReL.<br />

Durch die low-Re Erweiterungen versteifen sich die Differentialgleichungen des Turbulenzmodells<br />

oftmals erheblich.<br />

In Bezug auf das Rechengitter besitzen beide Techniken analoge Nachteile. Die Gewähr-<br />

112


7.2. LOKAL-ORTHOGONALE KOORDINATEN<br />

leistung eines bestimmten Mindestabstands ist jedoch offenkundig leichter als die gleichmäßige<br />

Anreicherung von Punkten entlang fester Berandungen, weswegen die high-Re<br />

Randbedingung aus Sicht der Gittergenerierung weniger anspruchsvoll ist.<br />

Besonderes Augenmerk wird im weiteren Verlauf dieses Beitrags der Entwicklung einer<br />

einheitlichen Struktur für high-Re und low-Re Formulierungen gewidmet. Bei einem<br />

Wechsel der Randbedingungstechnik muß dadurch lediglich der spezifische Randwert,<br />

nicht aber der Typ der Randbedingung (z.B. Dirichlet), modifiziert werden. Diese Eigenschaft<br />

ist eine notwendige strukturelle Voraussetzung für die Entwicklung einer universellen,<br />

hybriden Randbedingung. Im nächsten Abschnitt werden hierfür die Grundlagen<br />

der schnittlastenbezogenen Randbedingungen im lokal-orthogonalen Wandkoordinatensystem<br />

erarbeitet.<br />

7.2 Lokal-orthogonale Koordinaten<br />

Bei einer Bilanzierung der Transportgleichungen in allgemein krummlinigen Koordinaten<br />

basiert die Formulierung der Wandrandbedingung geeigneterweise auf einem<br />

lokal-orthogonalen < t, n > Basissystem.<br />

Die kinematischen Beziehungen<br />

U<br />

vereinfachen sich wesentlich in diesem<br />

Koordinatensystem, in dem t durch<br />

n<br />

den Vektor der resultierenden Wandtangentialgeschwindigkeit<br />

U t = U −<br />

(n · U) n definiert ist, und n den<br />

Stellungsvektor des Wandelements re-<br />

Ut<br />

präsentiert (Abbildung 7.4). An der<br />

Wand verschwindet aufgrund der Haftbedingung<br />

der konvektive Fluß, und<br />

die Geschwindigkeit nimmt den Wert<br />

Abbildung 7.4: Lokal-orthogonale Zerlegung der der Wandgeschwindigkeit an. Darüber<br />

Geschwindigkeit<br />

hinaus verbleibt im < t, n > System,<br />

bei Vernachlässigung von Krümmungseffekten, auch oberhalb der Wand nur eine<br />

Tangentialgeschwindigkeitskomponente. Für schwach gekrümmte Strömungssituationen<br />

erhält man im Wandkoordinatensystem daher näherungsweise das oben skizzierte<br />

1D Szenario mit der resultierenden Tangentialgeschwindigkeitskomponente als Funktion<br />

des Wandnormalenabstands.<br />

Besonders einfach wird die Zerlegung für zweidimensionale oder umfangssymmetrische<br />

(verdrallte) Strömungsprobleme, welche im Folgenden näher betrachtet werden sollen.<br />

113


KAPITEL<br />

Die resultierende Tangentialkomponente<br />

der Geschwindigkeit läßt sich in diesem<br />

Fall, wie in Abbildung (7.5) veranschaulicht,<br />

nochmals in eine Azimutalkompnente<br />

(W ) und eine planare Komponente<br />

(Us) zerlegen. Details des zweidimensionalen<br />

Wandkoordinatensystems sind,<br />

auf der Grundlage einer zellzentrierten<br />

Variablenanordnung, in Abbildung (7.6)<br />

skizziert. Die kartesische Darstellung der<br />

Basisvektoren zweidimensionaler Konfigurationen<br />

lautet<br />

γ<br />

U<br />

Us<br />

n<br />

W<br />

δϕ =1<br />

Abbildung 7.5: Zweidimensionale Zerlegung<br />

n := (−β, α, 0) , t := cos γ t p + sin γ e z , t p := (α, β, 0) (7.5)<br />

mit α = ∆x<br />

∆s<br />

∆y<br />

, β =<br />

∆s , Us = αU + βV , γ = tan −1<br />

<br />

ζW<br />

Die in Gleichung (7.5) verwendeten Längen und Flächenelemente ergeben sich aus<br />

∆x = (x v B − x c B) · e x , ∆y = (x v B − x c B) · e y ,<br />

∆s = ∆x 2 + ∆y 2 , ∆A = 2R ζ ∆s . (7.6)<br />

Hierin repräsentieren Us und W die Planar- bzw. Azimutalkomponenten der Geschwindigkeit,<br />

R den Radius und ζ einen Parameter zur Kennzeichung achsensymetrischer<br />

(ζ = 1) Zustände. Die oberen Indizes v und c dienen als Zeiger zur Kennzeichung von<br />

Ecken bzw. Zentren der Kontrollräume des Rechengitters. Die Formulierung der im<br />

Wandpunkt B, bzw. der dazugehörigen Wandfläche ∆A, wirkenden Randbedingungen<br />

benötigt teilweise die Funktionswerte im Durchstoßpunkt P ′ des Lotes von xc B auf den<br />

Vektor (xc P − xcN ), und den dazugehörige Abstand ∆n des Durchstoßpunktes von der<br />

Wand (vgl. Abbildung 7.6)<br />

Φ(P ′ <br />

r · tp<br />

) = Φ(N)ψ + Φ(P ) (1 − ψ) mit ψ = , (7.7)<br />

s · tp ∆n = n · (x c P − x c B) − Ψ [n · (x c P − x c N)] . (7.8)<br />

Daneben werden im weiteren Verlauf Transformationsbeziehungen für die Koordinaten<br />

von Vektoren und Tensoren benötigt<br />

˜Φi = (˜e i · e k) Φk bzw. ˜ Φij = (˜e i · e k) (˜e j · e m) Φkm . (7.9)<br />

114<br />

R<br />

Us<br />

<br />

.


n tp<br />

Δ y<br />

Δ x<br />

Δs<br />

Y<br />

X<br />

7.2. LOKAL-ORTHOGONALE KOORDINATEN<br />

N<br />

ΔV<br />

P’<br />

¡ ¢¡¢<br />

Δn ¢¡¢ ¡<br />

P<br />

B<br />

ΔA=2R<br />

Δ s<br />

Abbildung 7.6: Lokal-orthogonales Wandkoordinatensystem in 2D Konfigurationen (zellzentrierte<br />

Variablenspeicherung).<br />

Beschränkt man sich auf zweidimensionale Probleme, so empfiehlt sich zur besseren<br />

Unterscheidung ebener und verdrallter Strömungen das < t, n > System durch ein<br />

< t p, n, e z > Dreibein zu ersetzen. Im einzelnen ergeben sich dadurch von (7.9) folgende<br />

Transformationsbeziehungen<br />

Vektorkomponenten Φn = αΦy − βΦx , Φs = αΦx + βΦy ,<br />

Φy = αΦn + βΦs , Φx = αΦs − βΦn . (7.10)<br />

Tensorkomponenten Φss = α 2 Φxx + β 2 Φyy + αβ(Φxy + Φyx) ,<br />

Φsn = α 2 Φxy − β 2 Φyx + αβ(Φyy − Φxx) ,<br />

Φsz = αΦxz + βΦyz ,<br />

Φns = α 2 Φyx − β 2 Φxy + αβ(Φyy − Φxx) ,<br />

Φnn = α 2 Φyy + β 2 Φxx − αβ(Φyx + Φxy) ,<br />

Φnz = αΦyz − βΦxz ,<br />

Φzs = αΦzx + βΦzy ,<br />

Φzn = αΦzy − βΦzx ,<br />

Φxx = α 2 Φss + β 2 Φnn − αβ(Φsn + Φns) ,<br />

Φxy = α 2 Φsn − β 2 Φns + αβ(Φss − Φnn) ,<br />

Φxz = αΦsz − βΦnz ,<br />

115<br />

s<br />

r<br />

Y<br />

X


KAPITEL<br />

Φyx = α 2 Φns − β 2 Φsn + αβ(Φss − Φnn) ,<br />

Φyy = α 2 Φnn + β 2 Φss + αβ(Φns + Φsn) ,<br />

Φyz = αΦnz + βΦsz ,<br />

Φzx = αΦzs − βΦzn ,<br />

Φzy = αΦzn + βΦzs . (7.11)<br />

7.3 Schnittlastbezogene Impuls- und Druckrandbedingungen<br />

Schneidet man das System entlang der Wand frei, dann erhält man die Wandrandbedingungen<br />

der Impulsgleichungen in Gestalt der freigelegten Schnittlasten. Die Schnittlasten<br />

wirken, wie in Abbildung (7.7a) dargestellt, in Form von Schub- (τ w) und Druckkräften<br />

(σ w), und entsprechen im wesentlichen dem diffusiven Impulsstrom in Normalenrichtung<br />

a)<br />

σw<br />

<br />

B<br />

∆V<br />

P’<br />

<br />

D(ρU)<br />

dV = fdV + dA ·<br />

Dt ∆V<br />

∆A<br />

τ − p δ <br />

<br />

Us<br />

τw<br />

U<br />

U<br />

ξ =klein<br />

V<br />

Un<br />

b)<br />

Diffusion<br />

φ =klein<br />

U<br />

. (7.12)<br />

n<br />

Ut τ w<br />

Abbildung 7.7: Bestimmung der Impulsrandbedingung aus Schnittlasten und Veranschaulichung<br />

der Voraussetzung von schwacher Krümmung.<br />

Die Berechnung der Schnittlasten setzt, in Anlehnung an das eingangs betrachtete<br />

Kanalströmungsbeispiel, in der Regel vernachlässigbare Längs- und Querkrümmungseffekte<br />

voraus (Grenzschichttheorie erster Ordnung (Schlichting 1982)). Längskrümmung<br />

–oder ebene Stromlinienkrümmung– tritt prinzipiell immer in Verbindung mit stark anwachsenden<br />

Relativgeschwindigkeitsbeträgen normal zur Wand auf. Diese können beispielsweise<br />

durch signifikante Drucknormalgradienten nicht hydrostatischen Ursprungs<br />

oder extrem schlecht aufgelöste Konturkrümmungen induziert werden (Abbildung 7.7a).<br />

Darüber hinaus seien (dreidimensionale) Querkrümmungseffekte, die eine Abweichung<br />

116


7.3. SCHNITTLASTBEZOGENE IMPULS- UND DRUCKRANDBEDINGUNGEN<br />

des Wandschubspannungswinkels von der Projektion der resultierenden Tangentialgeschwindigkeit<br />

oberhalb der Wand beschreiben, von untergeordneter Bedeutung (Abbildung<br />

7.7b). Letzteres ist bei hinreichend feiner Auflösung des Wandbereichs durch low-<br />

Re Randbedingungen akzeptabel, im Rahmen der Parametrisierung des semi-viskosen<br />

Bereichs durch die Wandfunktionen des high-Re Ansatzes sind Zweifel berechtigt.<br />

Kinematische Zwänge<br />

In Kombination mit der Haftbedingung erlauben die oben angeführten Voraussetzungen<br />

die Formulierung von Zwangsbedingungen für die Relativgeschwindigkeiten im<br />

wandorthogonalen System.<br />

Wandhaftung U (R)<br />

(B) = 0 ,<br />

❀ U (R) (R) (R) (R)<br />

s(B) = U n(B) = W (B) = ρ U (B) · dA = 0 . (7.13)<br />

Krümmungsfreiheit t · ∇ U (B) = 0 n · ∇ U (B) · n = 0 ,<br />

❀<br />

∂Un(B)<br />

∂n<br />

= ∂Us(B)<br />

∂t<br />

= ∂Un(B)<br />

∂t<br />

= ∂W(B)<br />

∂t<br />

= 0 . (7.14)<br />

Man beachte, daß die Stellung der lokal-orthogonalen Basis zwar veränderlich ist, die<br />

Änderungen im Rahmen der Voraussetzungen aber als lokal klein angesehen werden.<br />

Die in Gleichung (7.13) auftretenden Relativgeschwindigkeiten sind durch<br />

U (R)<br />

(B) = U (B) − U wand(B)<br />

(7.15)<br />

definiert. Das durch (7.13) und (7.14) beschriebene Geschwindigkeitsfeld entspricht<br />

dem der ebenen Couette-Strömung.<br />

7.3.1 Druck- und Druckkorrekturgleichung<br />

Die Druckrandbedingung gehört dem eingangs erwähnten Randbedingungstyp A an.<br />

Durch die Vorgabe von Dirichlet-Randbedingungen für die Geschwindigkeiten in Gleichung<br />

(7.13) ist der Druck in inkompressiblen Strömungen nicht mehr frei wählbar. An<br />

der Wand werden daher i.Allg. Neumann-Randbedingungen für die Verträglichkeitsbeziehung<br />

zur Bestimmung des Drucks vereinbart. Der Beitrag der Wandfläche zur<br />

Druckkorrekturbilanz des Knotens P lautet beispielsweise<br />

U (B) = U wand ❀ ∆A (ρ U ′ <br />

∆A<br />

)(B) = − ρ ∇p ′<br />

<br />

= 0 . (7.16)<br />

Die Voraussetzung vernachlässigbarer Krümmungseffekte verlangt in aerodynamischen<br />

Strömungen aus Konsistenzgründen ebenfalls Neumann-Randbedingungen für den Druck<br />

117<br />

Ap<br />

(B)


KAPITEL<br />

bzw. dessen Korrektur<br />

n · ∇p ′<br />

(BP )<br />

= ∂p′<br />

(BP )<br />

∂n<br />

n · ∇p (BP ) = ∂p (BP )<br />

∂n<br />

= 0 , (7.17)<br />

= 0 . (7.18)<br />

Alternativ zu Gleichung (7.18) wird für die Berechnung des Wanddrucks vielfach<br />

n · ∇p (BP ) = ∂p (BP )<br />

∂n = const → p(B)<br />

<br />

= p − ∂p<br />

<br />

∂n (P )<br />

= (p − n · ∇p) (P ) (7.19)<br />

angenommen. Die Aussage (7.19) ist vor allem in Hinblick auf hydrodynamische Probleme,<br />

in denen zusätzlich zu dynamischen auch statische Druckvariationen auftreten,<br />

von Vorteil. Hierdurch ist die Mindestanforderung zur Simulierung hydrodynamischer<br />

Probleme, die Konsistenz zum ruhenden System<br />

f = ∇p = const. ,<br />

gewährleistet. Für aerodynamische Probleme ist diese Vorgehensweise ebenfalls vertretbar,<br />

da nennenswerte wandnormale Druckgradienten erst bei drastischer Stromlinienkrümmung<br />

in Erscheinung treten. Der tatsächlich im Programm implementierte Druck<br />

hängt häufig von der Wahl des Turbulenzmodells ab, worauf im nächsten Abschnitt<br />

kurz eingegangen wird.<br />

Wirbelzähigkeitsmodellierung<br />

Der überwiegende Teil der numerischen Verfahren verwendet zur Turbulenzmodellierung<br />

das Wirbelzähigkeitsprinzip (Boussinesq 1877)<br />

ρuiuj = 2<br />

3 δijρk<br />

<br />

− 2µt Sij − 1<br />

3 Skkδij<br />

<br />

µt := Wirbelzähigkeit = ρcµkTt<br />

Tt = z.B. k<br />

ε<br />

oder<br />

1<br />

cµω ,<br />

(7.20)<br />

dessen isotroper Anteil innerhalb der Impulsbilanz üblicherweise in einen effektiven<br />

Durckterm absorbiert wird<br />

mit p EVM<br />

eff<br />

D(ρU)<br />

Dt<br />

= −∇pEVM<br />

eff<br />

+ ∇ ·<br />

<br />

τ + τ<br />

t<br />

+ f (7.21)<br />

= p + 2<br />

3 (ρk + µt ∇ · U) , τ t = µt (∇ U + U ∇) .<br />

118


7.3. SCHNITTLASTBEZOGENE IMPULS- UND DRUCKRANDBEDINGUNGEN<br />

Die Divergenz des Geschwindigkeitsfelds ist, wie die Dichtevariation, im wandnächsten<br />

Grenzschichtbereich auch bei kompressiblen Strömungen in guter Näherung vernachläßigbar<br />

(im Fall adiabater Wände sogar Null). Die Randbedingung für die den effektiven<br />

Druck bestimmende Gleichung sollte aber in Abstimmung mit dem wandnahen<br />

Verhalten der Turbulenzenergie k formuliert werden. Bei low-Re Randbedingungen ist<br />

∂k/∂n = 0, in Einklang mit Gleichung (7.18), eine asymptotisch korrekte Annahme.<br />

Dies wird durch die Ergebnisse der in Abbildung (7.8) dargestellten direkten numerischen<br />

Simulation einer turbulenten Kanalströmung (Kim et al. 1987) bestätigt. Die<br />

Gültigkeit der Annahme wird häufig auch bei der Überbrückung des semi-viskosen Bereichs<br />

mit Wandfunktionen unterstellt, da die dadurch unterdrückte Diffusion von k<br />

im logarithmischen Bereich vergleichsweise klein ist.<br />

Die Variation des turbulenten Anteils von peff ist darüber hinaus meist wesentlich<br />

kleiner als die des statischen Drucks. Der turbulente Beitrag bereitet folglich keine<br />

Probleme in Bezug auf die Bestimmung des Wanddrucks nach Gleichung (7.19)<br />

∂p EVM<br />

eff(BP )<br />

∂n<br />

= const . (7.22)<br />

Er kann jedoch möglicherweise Konvergenzprobleme erzeugen, vor allem wenn unplausible<br />

Werte auftreten. Abbildung (7.8) verdeutlicht, daß die Verhältnisse im Übergangsbereich<br />

(5 < Y + < 12) deutlich schwieriger werden, was die Zweckmäßigkeit von highoder<br />

low-Re Randbedingungen untermauert.<br />

2.00<br />

1.00<br />

0.00<br />

−1.00<br />

1 10 100<br />

Y +<br />

Dissipation/ε<br />

Produktion/ε<br />

Diffusion/ε<br />

(P+ε+D k )/ε<br />

Re t /200<br />

Abbildung 7.8: direkte numerische Simulation einer turbulenten Kanalströmung (Kim et<br />

al. 1987, Reτ = 395). Zerlegung der Turbulenzenergiebilanz in normierte Einzelterme.<br />

Reynoldspannungsmodellierung<br />

Im Zusammenhang mit Reynoldsspannungs–Turbulenzmodellen ermöglicht das apparent-pressure/viscosity<br />

Prinzip (Obi, Perić und Scheuerer 1991) eine zur Wirbelzähigkeitsmodellierung<br />

analoge Formulierung der Randbedingungen. Im Unterschied zum<br />

119


KAPITEL<br />

Wirbelzähigkeitsmodell setzt sich der effektive Druck hier aus statischem Druck und<br />

vollständigem Normalspannungsanteil zusammen<br />

p RSTM<br />

eff = p + ρ unun . (7.23)<br />

In Anlehnung an die vorstehenden Ausführungen haben sich Neumann–Randbedingungen<br />

für die Verträglichkeitsbeziehung des Drucks (7.17, 7.18) in inkompressiblen Strömun-<br />

gen bewährt. Die Berechnung des Wanddrucks erfolgt analog zu Gleichung (7.19)<br />

p RSTM<br />

<br />

eff(B) = p RSTM<br />

<br />

eff<br />

. (7.24)<br />

− ∂pRSTM eff<br />

∂n<br />

Letzteres begründet sich darauf, daß die Normalspannungskomponente unun in viskosen<br />

Bereichen von vierter Ordnung klein ist und in high-Re Zonen durch die Spannungstransformation<br />

an die Turbulenzenergie gekoppelt ist.<br />

7.3.2 Impulsgleichungen<br />

Die kartesischen Komponenten der Schnittkräfte müssen bei streng konservativer Formulierung<br />

der Impulsgleichungen als äussere Lasten bilanziert werden. Die in den Randflächen<br />

wirkenden Schub- und Druckkräfte lauten (vgl. Abbildung 7.7)<br />

σw = peff(B) ∆A n τ w = −π · n ∆A = − <br />

πsn tp + πnn n + ζ πzn ez ∆A .(7.25)<br />

Eine erste Abschätzung der Komponenten des Wandschubspannungstensors π folgt,<br />

auch im Falle der Reynoldsspannungsmodellierung, aus der formalen Anwendung der<br />

Wirbelzähigkeitshypothese<br />

(P )<br />

π = µw (∇ U + U ∇) (B) . (7.26)<br />

Für undurchlässige, unbewegte Wände ergibt sich wegen der Zwangsbeziehungen (7.14)<br />

im wandorthogonalen System<br />

<br />

<br />

∂Us<br />

∂W<br />

πsn = µw<br />

, πnn = 0 , πzn = µw<br />

. (7.27)<br />

∂n (B)<br />

∂n (B)<br />

Die kartesischen Schnittlastbeiträge (σw + τ w) · ei erhält man aus (7.10), woraus sich<br />

die folgenden Quellterme der Impulsgleichungen ergeben<br />

U(P) : −∆A V(P) : −∆A<br />

<br />

α πsn + β peff(B) ,<br />

<br />

β πsn − α peff(B) ,<br />

W(P) : −∆A [ζ πzn] . (7.28)<br />

Die Geschwindigkeiten folgen damit ebenfalls dem Randbedingungstyp A. Die konkrete<br />

Berechnung der Schubkraftbeiträge zu (7.28) orientiert sich am Typ der zu Grunde<br />

liegenden Wandrandbedingung.<br />

120


7.4 High-Re Randbedingungen<br />

7.4. HIGH-RE RANDBEDINGUNGEN<br />

Die high-Re Hypothese strebt, wie bereits erwähnt, eine Parametrisierung des Strömungsfeldes<br />

mit der Wandschubspannungsgeschwindigkeit an. Hierzu werden zunächst<br />

die Randbedingungen der Geschwindigkeit und daran anschließend die Randbedingungen<br />

verschiedener Turbulenzmodelle skizziert.<br />

7.4.1 Impulsgleichungen<br />

Im Anschluß an die Zwangsbedingungen (7.13, 7.14) ist lediglich der wandnahe Verlauf<br />

der Tangentialgeschwindigkeiten unbekannt. Dieser wird im Rahmen der high-Re<br />

Hypothese mit Hilfe von Wandfunktionen geschlossen. Die Wandfunktionen werden<br />

zumeist als universell angesehen, d.h. Krümmungseffekte werden nicht berücksichtigt.<br />

Sie können bei Bedarf nachträglich z.B. nach Van den Berg (1975) eingebracht werden,<br />

einen ausführlichen Vergleich unterschiedlicher Vorschläge für dreidimensionale Wandfunktionen<br />

führen Ölcmen und Simpson (1992) durch. Die vorausgesetzte Krümmungsfreiheit<br />

(→ Couette-Strömung) mündet letztlich in der Forderung nach Konstanz der<br />

effektiven Schubspannung zwischen B und P ′<br />

τw = τlam + τturb = const. für n < ∆n .<br />

Die Gültigkeit der Wandfunktionen erstreckt sich erfahrungsgemäß jedoch weit über<br />

den Gültigkeitsbereich konstanter Schubspannungen hinaus. Galbraith, Sjolander und<br />

Head (1977) weisen auf die Tauglichkeit von Wandfunktionen in Situationen, in denen<br />

sich die effektive Schubspannung und die Wandschubspannung um einen Faktor vier<br />

unterscheiden, hin. Der allgemein dreidimensionale Fall folgt üblicherweise der zunächst<br />

beschriebenen Vorgehensweise für die planare Strömung. In Bezug auf die Behandlung<br />

verdrallter Strömungen wird daran anschließend eine von Kind, Yowakim und Sjolander<br />

(1989) vorgeschlagene Wandfunktion skizziert.<br />

Planare Strömung<br />

Die resultierende (relative) planare Wandtangentialgeschwindigkeit U (R)<br />

s<br />

nimmt im<br />

Rahmen der high-Re Hypothese einen logarithmischen Verlauf in Wandnormalenrichtung<br />

an, den man als Wandfunktion der Geschwindgkeit bezeichnet<br />

∂U (R)<br />

s<br />

∂n<br />

folgt U (R)<br />

s<br />

= Uτ<br />

κn<br />

= Uτ<br />

κ<br />

mit Y + = Uτ Y<br />

n ,<br />

loge Y + + κB = Uτ<br />

κ<br />

loge(E Y + ) ,<br />

κ = 0.41 , B = 5.2 , E = e κB . (7.29)<br />

Die Implementierung der Wandrandbedingung für die Geschwindigkeiten bedarf nach<br />

Gleichung (7.28) der Bestimmung einer effektiven planaren Schubspannungskompo-<br />

121


KAPITEL<br />

nente πsn. Dies geschieht üblicherweise mit Hilfe der planaren Wandschubspannungsgeschwindigkeit<br />

Uτ<br />

πsn = ρU 2 τ = Uτ<br />

<br />

κ ρ U (R)<br />

s<br />

log e (E Y + )<br />

<br />

(P ′ )<br />

πsn = τw := |τ w| . (7.30)<br />

Die verbleibende Abhängigkeit von Uτ mit Hilfe der Parametrisierung des Turbulenzfelds<br />

aufgelöst.<br />

Die angenommene Konstanz der effektiven Schubspannungen zwischen turbulentem<br />

und semi-viskosem Bereich liefert für das ins Auge gefasste Strömungsbeispiel unmittelbar<br />

− (ρ unus)(P ′ ) = τw = ρ(P ′ )U 2 τ ❀ Uτ 2 = τw/ρ = |usun|(P ′ ) . (7.31)<br />

Der Wertebereich der Reynolds’schen Schubspannung unterliegt keiner einfachen Restriktion.<br />

Er ist i.Allg. proportional zur Distorsionsgeschwindigkeitskomponente Ssn<br />

(7.20) und kann dadurch im Bereich von Strömungsablösung, nach entsprechendem<br />

Nulldurchgang, sogar das Vorzeichen wechseln. Für die Modellbildung ist eine stets<br />

positive Größe aus dem Variablensatz von Vorteil. In einem zweiten Schritt wird hierzu<br />

ein Zusammenhang zwischen der Turbulenzenergie und der Reynolds’schen Schubspannung<br />

postuliert<br />

k(P ′ ) = |uv|(P ′ )<br />

√<br />

cµ<br />

❀ Uτ = c 0.25<br />

µ<br />

<br />

k(P ′ ) . (7.32)<br />

Die Proportionalitätskonstante cµ wird im Zusammenhang mit Wibelzähigkeitsmodellen<br />

üblicherweise als das Quadrat des Anisotropiefaktors angesehen<br />

c EVM<br />

µ<br />

= 0.09 ≈ (u1u2) 2 + (u2u3) 2 + (u1u3) 2<br />

k 2 . (7.33)<br />

Die Annahme, es handele sich bei dieser Relation um eine universelle Konstante, ist<br />

zweifelsfrei falsch (Rung 1998b), für die Formulierung von high-Re Randbedingungen<br />

aber zweckmäßig. Der Vergleich mit Abbildung (7.3) empfielt zur Gewährleistung einer<br />

ausreichenden Gültigkeit den wandnächsten Knoten im Bereich von Y + ≈ 60 zu wählen<br />

πsn =<br />

c 0.25<br />

µ<br />

κ √ k ρ U (R)<br />

s<br />

log e (E Y + )<br />

<br />

(P ′ )<br />

mit U (R)<br />

s(P ′ ) ≈ Us(P ′ ) − Us(B) . (7.34)<br />

Aufgeteilt nach expliziten und impliziten Beiträgen ergeben sich die kartesischen Last-<br />

122


terme aus (7.10, 7.28, 7.34) für das Randkontrollvolumen zu<br />

U(P) : −<br />

⎡ √<br />

0.25 κ c<br />

∆A ⎣α<br />

µ k ρ<br />

loge(E Y + <br />

)<br />

V(P) : − ∆A<br />

mit θHR =<br />

(P ′ )<br />

− ∆A α 2 θHR (1 − ψ) U(P )<br />

<br />

implizit<br />

Us(P ′ ) − Us(B)<br />

<br />

+ ∆A α θHR βV(B) − βV(P ′ <br />

) + αU(B) − αψU(N)<br />

<br />

explizit<br />

− ∆A β peff(B) ,<br />

<br />

explizit<br />

⎡ √<br />

0.25 ρ κ c<br />

⎣β<br />

µ k<br />

loge(E Y + <br />

)<br />

(P ′ )<br />

− ∆A β 2 θHR (1 − ψ) V(P )<br />

<br />

implizit<br />

Us(P ′ ) − Us(B)<br />

<br />

+ ∆A β θHR αU(B) − αU(P ′ <br />

) + βV(B) − βψV(N)<br />

<br />

explizit<br />

+ ∆A α peff(B) ,<br />

<br />

explizit<br />

√<br />

0.25 κ cµ k ρ<br />

loge(E Y + <br />

)<br />

(P ′ )<br />

Y +<br />

(P ′ ) =<br />

7.4. HIGH-RE RANDBEDINGUNGEN<br />

∆n c 0.25<br />

µ<br />

⎤<br />

<br />

+ β peff(B) ⎦ =<br />

⎤<br />

<br />

− α peff(B) ⎦ =<br />

µ<br />

√ <br />

k ρ<br />

c EVM<br />

µ = 0.09 , κ = 0.41 , E = 8.432 . (7.35)<br />

Verdrallte Strömung<br />

Im Zusammenhang mit verdrallten Strömungen schlagen Kind et al. (1989) vor, die<br />

Wandfunktionen nach planarem und azimutalem Anteil zu unterscheiden. Mit Hilfe<br />

der Definition individueller Wandschubspannungsgeschwindigkeiten<br />

U ∗ τ<br />

Y +<br />

U<br />

= U 2 τ<br />

Qτ , W ∗ τ = W 2 τ<br />

Qτ<br />

= U ∗ τ<br />

κn<br />

, Y +<br />

W = W ∗ τ<br />

κn ,<br />

mit Uτ = πsn/ρ , Wτ = πzn/ρ ,<br />

,<br />

(P ′ )<br />

Qτ = τw/ρ , τw = π 2 sn + π 2 zn , (7.36)<br />

123<br />

,


KAPITEL<br />

lassen sich wiederum logarithmische Wandfunktionen für die beiden Tangentialgeschwindigkeiten<br />

definieren<br />

n ∂<br />

<br />

∂n<br />

∂U (R)<br />

s<br />

∂n<br />

<br />

W (R)<br />

s<br />

n<br />

= U ∗ τ<br />

κn<br />

= W ∗ τ<br />

κn<br />

, ❀ U (R)<br />

s<br />

, ❀ W (R)<br />

s<br />

= U ∗ τ<br />

κ<br />

= Ψw W ∗ τ<br />

κ<br />

loge(E Y +<br />

U ) ,<br />

loge(E Y +<br />

W /Ψw) .(7.37)<br />

Zur Gewährleistung des logarithmischen Wandgesetzes (7.37) für die Azimutalkomponente<br />

wird die Funktion Ψw wie folgt erklärt (Abbildung 7.9)<br />

Aussenwand : Ψwa = 1 + n/rw Innenwand : Ψwi = 1 − n/rw . (7.38)<br />

Hieraus ergibt sich analog zu (7.30) unmittelbar die Definition der Wandschubspannungskomponenten<br />

πsn = (ρκQτ)<br />

∂U (R)<br />

s<br />

∂n<br />

∗2<br />

= ρUτ , πzn = (ρκQτ) n ∂<br />

<br />

W<br />

∂n<br />

(R)<br />

<br />

s<br />

= ρW<br />

n<br />

∗2<br />

τ . (7.39)<br />

Die Umsetzung der Randbedingungen geschieht analog zu den vorstehend diskutierten<br />

planaren Anwendungen. Wegen (7.37) erhält man von (7.39, 7.34)<br />

πsn = ρQτ<br />

πzn = ρQτ<br />

2 Uτ<br />

Qτ<br />

2 Wτ<br />

Qτ<br />

κ U (R)<br />

s<br />

+ =<br />

loge E Y U<br />

Ψw log e<br />

κ W (R)<br />

s<br />

<br />

ΨwE Y + =<br />

W<br />

Uτ<br />

Qτ<br />

√ <br />

2 0.25<br />

(R)<br />

κ cµ k ρ U s<br />

+<br />

loge E Y U<br />

Wτ<br />

Qτ<br />

2 κ c 0.25<br />

µ<br />

Ψw log e<br />

(P ′ )<br />

√ (R)<br />

k ρ W s<br />

<br />

ΨwE Y +<br />

<br />

<br />

W<br />

,<br />

(P ′ )<br />

.<br />

(7.40)<br />

Setzt man die zuletzt notierten Beziehungen in die Gleichungen (7.28) ein, dann notieren<br />

sich die Impulsrandbedingungen analog zu (7.35).<br />

Innenwand<br />

r<br />

n<br />

n<br />

r<br />

Aussenwand<br />

Abbildung 7.9: Illustration von Aussen- und Innenwand .<br />

124


7.4.2 Parameter der Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

7.4. HIGH-RE RANDBEDINGUNGEN<br />

Turbulenzenergie k<br />

Die Randbedingungen für die Turbulenzenergie entsprechen dem Randbedingungstyp<br />

A, d.h. die wandnächsten Werte folgen aus der Integration der Transportgleichung.<br />

Im Unterschied zu den Impuls und Druckbilanzen werden im wandnächsten Bereich<br />

zusätzlich die Quellterme manipuliert.<br />

Bei der Formulierung der Druckrandbedingungen in Abschnitt 2.2.1 wurde bereits von<br />

der Neumann-Randbedingung für die Turbulenzenergiegleichung Gebrauch gemacht<br />

<br />

∂k<br />

= 0 und k(B) = k(P ) . (7.41)<br />

∂n<br />

(BP ′ )<br />

Die Turbulenzenergie war darüber hinaus in Gleichung (7.32) an die Wandschubspannungsgeschwindigkeit<br />

gekoppelt worden. Diese Beziehung wird im Rahmen der Transportgleichung<br />

für k nur mittelbar, zur Manipulation der Produktion und Dissipationsterme,<br />

verwendet. Die Güte beider Annahmen läßt sich mit Hilfe der Abbildungen (7.3)<br />

und (7.8) beurteilen.<br />

Für die zur Formulierung der Randbedingung betrachtete Couette-Strömung lautet die<br />

Definition der Turbulenzenergieproduktion<br />

P = − (utun) ∂Ut<br />

∂n<br />

❀ (ρ P )(P ) = τw<br />

= τw<br />

ρ<br />

Qτ<br />

κn ,<br />

√ <br />

0.25 k cµ κ∆n<br />

(P )<br />

, (7.42)<br />

wobei τw aus (7.31) bzw. (7.36) folgt. Ergänzend zur Neumann-Randbedingung (7.41)<br />

und der Manipulation des Produktionsterms (7.42) wird in der wandnächsten Gitterzelle<br />

der Vernichtungsterm (zumeist ε oder ω) in der unten dargestellten Weise fixiert.<br />

Dissipationsrate ε<br />

Die Randbedingungen für die Dissipationsrate entspricht dem Randbedingungstyp B,<br />

d.h. die wandnächsten Werte sind durch physikalische Zwänge festgelegt.<br />

Das logarithmische Wandgesetzes basiert auf der Hypothese des lokalen Gleichgewichts<br />

von Produktion und Dissipation in der wandnächsten Gitterzelle (vgl. Abbildung 7.8).<br />

Die Anwendung der Couette-Strömungsbedingung (7.14) und (7.41) auf die Transportgleichung<br />

der Turbulenzenergie bestätigt die Gleichgewichtshypothese<br />

0 = P − ε<br />

unmittelbar, da sämtliche Transportterme verschwinden. Die Konsistenz zu den Modellgleichungen<br />

ist natürlich kein Beweis für die Existenz des lokalen Gleichgewichts,<br />

aber notwendige Voraussetzung für die Tauglichkeit der Randbedingung.<br />

125


KAPITEL<br />

Ersetzt man in (7.42) den Betrag der Wandschubspannung τw durch die Beziehungen<br />

(7.32) bzw. (7.36), dann ergibt sich eine Dirichlet-Randbedingung für den wandnächsten<br />

Feldknoten<br />

τw = ρQ 2 τ = ρ √ cµk ❀ ε(P ) (= P(P )) =<br />

<br />

0.75 cµ k3/2 <br />

κ∆n<br />

(P )<br />

. (7.43)<br />

In Zusammenhang mit (7.43) ist der Wandwert von ε für das Ergebnis der Simulation<br />

ohne Bedeutung, was explizt sichergestellt werden muß. Aus kosmentischen Gründen<br />

ergänzt man in der Regel<br />

ε(B) = ε(P ) . (7.44)<br />

Setzt man die wandnahen Werte der Dissipationsrate (7.43) und Turbulenzenergie<br />

(7.32) in die Definition der Wirbelzähigkeit (7.20) des k − ɛ Modells ein, so findet<br />

sich<br />

<br />

ρ cµ k<br />

µw = µt =<br />

2 <br />

= κ∆n ρ Qτ . (7.45)<br />

ε<br />

Letzteres ist ein Indiz für die Zerlegbarkeit der turbulenten Zähigkeit in ein charakteristisches<br />

Längenmaß Lt und ein charakteristisches Geschwindigkeitsmaß Vt im Rahmen<br />

des logarithmischen Wandgesetzes<br />

(P )<br />

µt = ρ Lt Vt = ρ κn Qτ , mit Lt = κn und Vt = Qτ . (7.46)<br />

Spezifische Dissipationsrate ω nach Wilcox<br />

Der Transfer zwischen der Dissipationsrate ε und der spezifischen Dissipatonsrate ω<br />

nach Wilcox (1988) resultiert aus den unterschiedlichen Definitionen der turbulenten<br />

Zähigkeit für das k − ε bzw. das k − ω Modell<br />

µt = ρ k<br />

ω = ρ cµ k2 ε<br />

<br />

ε<br />

❀ ω(P ) =<br />

cµ k<br />

<br />

(P )<br />

1/2 k<br />

=<br />

κ ∆n<br />

c 0.25<br />

µ<br />

(P )<br />

. (7.47)<br />

Da sich die Beziehung (7.47) wiederum auf den wandnächsten Punkt bezieht, ist auch<br />

der Wandwert von ω ohne Bedeutung und darf im Lösungsalgorithmus keine Berücksichtigung<br />

finden. Der Vollständigkeit halber ergänzt man analog zu (7.44)<br />

ω(B) = ω(P ) . (7.48)<br />

Die Randbedingungen für die spezifische Dissipationsrate entspricht dem Randbedingungstyp<br />

B.<br />

126


Spalart-Allmaras Modell<br />

7.4. HIGH-RE RANDBEDINGUNGEN<br />

Das Turbulenzmodell von Spalart und Allmaras (1992) ist im Ursprung ein low-Re<br />

Modell. Auf seine Erweiterung für high-Re Bereiche wird erst im Abschnitt ????????<br />

eingegangen.<br />

7.4.3 Reynoldspannungen<br />

Die wandnahen Werte der Reynoldsspannungen lassen sich im Wandkoordinatensystem<br />

nach Lien und Leschziner (1994) aus einer für 2D Couetteströmungen bzw. Gleichgewichtsgrenzschichten<br />

vereinfachten Form der Transportgleichungen des Reynoldspannungsmodells,<br />

in denen Transportterme vernachlässigbar sind, ableiten<br />

Pij + Φij − 2<br />

3 ε δij = 0<br />

∂Uj<br />

mit ε = P , P = 0.5Pkk , Pij = uiuk<br />

∂xk<br />

∂Ui<br />

+ ujuk<br />

∂xk<br />

. (7.49)<br />

Φij bezeichnet den Tensor der Druck-Scherkorrelationen, welcher die Umverteilung von<br />

Turbulenzenergie zwischen einzelnen Spannungsanteilen beschreibt. Für lineare Druck-<br />

Scherkorrelationsmodelle Φij läßt sich die Gleichung (7.49), beginnend mit unun, für<br />

sämtliche Reynoldspannungskomponenten des wandorthogonalen Systems sukzessive<br />

lösen. Für das Beispiel des IP-Modells von Gibson und Launder (1978)<br />

Φij = Φ 1 ij + Φ 2 ij + Φ 1W<br />

ij + Φ 2W<br />

ij<br />

Φ 1 <br />

uiuj<br />

ij = −C1ε<br />

k<br />

Φ 2 ij = −C2<br />

<br />

2<br />

−<br />

3 δij<br />

<br />

Pij − 2<br />

<br />

P δij<br />

3<br />

Φ 1W ε<br />

ij = C1W<br />

k (ukumnknmδij − 1.5(uiumnjnm + ukujnkni)) fwall<br />

Φ 2W 22<br />

ij = C2W Φkmnknmδij − 1.5(Φ 22<br />

imnjnm + Φ 22<br />

kjnkni) fwall<br />

mit : C1 = 1.8 , C2 = 0.6 , C1W = 0.5 , C2W = 0.3 (7.50)<br />

127


KAPITEL<br />

ergibt sich, unter Verwendung der kinematischen Vereinfachungen (7.14) und fwall ≈ 1,<br />

eine Randbedingung vom Typ B<br />

unun<br />

k<br />

<br />

(P )<br />

<br />

usus<br />

k (P )<br />

<br />

uzuz<br />

k (P )<br />

<br />

|usun|<br />

k<br />

(P )<br />

mit : φ =<br />

= 2<br />

3<br />

<br />

1 − φ − 2a<br />

1 + 2b<br />

= 2<br />

<br />

(1 + 2φ + a) +<br />

3<br />

= 2<br />

<br />

(1 − φ + a) +<br />

3<br />

= −<br />

<br />

C1<br />

2φ + 3a<br />

2 + 3b<br />

<br />

b (1 − φ − 2a)<br />

1 + 2b<br />

<br />

b (1 − φ − 2a)<br />

1 + 2b<br />

<br />

2 (1 − φ − 2a)<br />

3(1 + 2b)<br />

1 − C2<br />

, a = C2C2W<br />

, b = C1W<br />

. (7.51)<br />

Die oben entwickelte Randbedingung (7.51) für die Komponenten des Reynoldspannungstensors<br />

birgt naturgemäß sämtliche Vor- und Nachteile des zu Grunde liegenden<br />

Druck-Scherkorrelationsmodells in sich. Ein oft zitierter Kritikpunkt ist die symmetrische<br />

Wandlung wandnormaler Energiebeiträge unun in Tangentialanteile uzuz und<br />

usus. Dies steht im Widerspruch zu experimentellen Befunden, welche eine bevorzugte<br />

Speisung der Hauptströmungskomponente usus wiedergeben. Von den in (7.51) auftretenden<br />

freien Parametern ist i.Allg. nur der Parameter φ ≈ 0.23 bei linearen Modellen<br />

näherungsweise konstant. Die unten notierten Zahlenwerte werden trotzdem auch im<br />

Zusammenhang mit komplexeren Druck-Scherkorrelationsmodellen, z.B. Speziale, Sarkar<br />

und Gatski (1991) oder Fu, Launder und Tselepidakis (1987), verwendet<br />

unun<br />

k<br />

<br />

(P )<br />

<br />

uzuz<br />

k (P )<br />

= 0.25<br />

= 0.65<br />

C1<br />

<br />

usus<br />

= 1.10<br />

k (P )<br />

<br />

|usun|<br />

k<br />

(P )<br />

C1<br />

= 0.256 , (7.52)<br />

im Falle von Konvergenzproblemen empfiehlt sich eine Konsistenzprüfung. Das Vorzeichen<br />

der Schubspannungskomponente usun richtet sich, in Anlehnung an das Wirbelzähigkeitsprinzip<br />

(7.20), nach dem Vorzeichen des Tangentialgeschwindigkeitsgradienten<br />

usun · ∂Us<br />

∂n = usun · Us(P ) − Us(B)<br />

∆n<br />

128<br />

≤ 0 (7.53)


7.5. LOW-RE RANDBEDINGUNGEN<br />

Auffällig ist der im Vergleich zum EVM (7.32) und (7.33) niedrigere Anisotropieparameter<br />

c RSTM<br />

µ = (0.256) 2 = 0.0655 . (7.54)<br />

Dieser offenbart deutlich die Kalibirierung der RSTM für freie Scherschichten (z.B.<br />

ebene Freistrahlen), in denen man typischerweise 25-30% niedrigere Werte des Anisotropieparameters<br />

findet. Vielfach werden bei der Verwendung des Reynoldspannungsmodells<br />

daher auch die oben auftretenden Potenzen von cµ entsprechend (7.54) angepaßt.<br />

Die kartesischen Komponenten des Reynoldsspannungtensors erhält man nach<br />

Transformation mittels (7.11).<br />

U +<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

10 0<br />

Re δ =48460<br />

10 1<br />

10 2<br />

Y +<br />

SSG−RSTM<br />

GL −RSTM<br />

FLT−RSTM<br />

10 3<br />

k +<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

k−ε Modell<br />

k−ω Modell<br />

0<br />

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />

Y/δ<br />

uv +<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

DNS Kim et. al (Re δ =7700)<br />

0.0<br />

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />

Abbildung 7.10: Simulation einer voll-entwickelten turbulenten Kanalströmung mit high-<br />

Re Randbedingungen. Vergleich zwischen unterschiedlichen Wirbelzähigkeits- (k − ε, k − ω)<br />

und Reynolds-Spannungsmodellen (GL: Gibson und Launder (1978), SSG: Speziale et al.<br />

(1991), FLT: Fu et al. (1987)).<br />

7.5 Low-Re Randbedingungen<br />

Die Definition des low-Re Bereichs schwacher Turbulenzintensität wird häufig an einen<br />

Schwellwert für die Turbulenz-Reynoldszahl Ret gekoppelt (vgl. Abbildung 7.8)<br />

Ret := k2<br />

<br />

=<br />

ν ε<br />

k<br />

<br />

=<br />

cµ ν ω<br />

k+2<br />

≤ 100 . (7.55)<br />

ε +<br />

Low-Re Techniken erlauben die Vorgabe von ’natürlichen’, viskosen Randbedingungen<br />

für die Transportgleichungen. Die Formulierung natürlicher Randbedingungen ist vielfach<br />

einfacher als die Formulierung von wandfunktionsgestützten Randbedingungen.<br />

Aus strukturellen Gründen empfiehlt sich jedoch die oben entwickelte Formulierungstechnik<br />

prinzipiell beizubehalten und lediglich spezifische Werte zu modifizieren. Die<br />

Aussagen beschränken sich im Folgenden auf inkompressible, ebene oder allgemein<br />

dreidimensionale Konfigurationen. Analoge Beziehungen ergeben sich für verdrallte<br />

Strömungsfälle.<br />

129<br />

Y/δ


KAPITEL<br />

7.5.1 Impulsgleichungen<br />

Die mittlere Tangentialgeschwindigkeit verläuft in der viskosen Unterschicht linear zum<br />

Wandabstand<br />

U + s = Y +<br />

❀ Us = U 2 τ n<br />

. (7.56)<br />

ν<br />

Der einzige Unterschied zur wandfunktionsbasierten Formulierung der Randbedingungen<br />

liegt in der Berechnung der Wandschubspannung. Diese ergibt sich im low-Re Fall<br />

aus dem Newton’schen Schubspannungsansatz<br />

πsn = τw := |τ w| = ρU 2 τ = µ ∂Us<br />

∂n = µ Us(P ′ ) − Us(B)<br />

.<br />

∆n<br />

(7.57)<br />

Die kartesischen Lasten für die Randkontrollvolumina erhält man durch Kombination<br />

von (7.10, 7.28, 7.57). Aufgeteilt nach expliziten und impliziten Beiträgen notiert man,<br />

analog zur Gleichung (7.35)<br />

U(P) : −<br />

<br />

∆A α µ <br />

Us(P<br />

∆n<br />

′ <br />

) − Us(B) + β peff(B) =<br />

V(P) : − ∆A<br />

mit θLR = µ<br />

∆n<br />

− ∆A α 2 θLR (1 − ψ) U(P )<br />

<br />

implizit<br />

<br />

+ ∆A α θLR βV(B) − βV(P ′ <br />

) + αU(B) − αψU(N)<br />

<br />

explizit<br />

− ∆A β peff(B) ,<br />

<br />

explizit<br />

<br />

β µ <br />

Us(P<br />

∆n<br />

′ <br />

) − Us(B) − α peff(B)<br />

− ∆A β 2 θLR (1 − ψ) V(P )<br />

<br />

implizit<br />

<br />

+ ∆A β θLR αU(B) − αU(P ′ <br />

) + βV(B) − βψV(N)<br />

<br />

explizit<br />

+ ∆A α peff(B) ,<br />

<br />

explizit<br />

Y +<br />

(P ′ ) =<br />

∆n c 0.25<br />

µ<br />

µ<br />

√ <br />

k ρ<br />

(P ′ )<br />

=<br />

≤ 5 ,<br />

c EVM<br />

µ = 0.09 , κ = 0.41 , E = 8.432 . (7.58)<br />

130


7.5.2 Parameter der Wirbelzähigkeitsmodelle<br />

7.5. LOW-RE RANDBEDINGUNGEN<br />

Für low-Re Formulierungen spielt das asymptotische Verhalten der Turbulenzvariablen<br />

für n → 0 eine entscheidende Rolle. Den low-Re Randbedingungen der Turbulenzvariablen<br />

wird daher eine kurze Erläuterung ihres asymptotischen Verhaltens vorangestellt.<br />

Asymptotisches wandnahes Verhalten<br />

Aus der Wandhaftbedingung (7.13) und (7.14) schließt man für die Schwankungsgeschwindigkeiten<br />

einer im Mittel zweidimensionalen Grundströmung<br />

<br />

∂us <br />

=<br />

∂t<br />

∂uz<br />

<br />

<br />

= 0 , (7.59)<br />

∂z<br />

n=0<br />

und weiter aus der Kontinuitätsbeziehung für inkompressible Medien<br />

∇ · u = 0 ❀<br />

<br />

∂un <br />

<br />

∂n<br />

= 0 . (7.60)<br />

Die Entwicklung der wandnahen Fluktuationen in Potenzen des Wandabstands lautet<br />

somit<br />

n=0<br />

n=0<br />

us = a1n + a2n 2 + a3n 3 + ...<br />

un = b2n 2 + b3n 3 + ...<br />

uz = c1n + c2n 2 + c3n 3 + ... , (7.61)<br />

weswegen sich die Reynoldsspannungen wie folgt darstellen lassen<br />

u 2 s = a 2 1n 2 + 2a1a2n 3 + (a 2 2 + 2a1a2)n 4 + ...<br />

u 2 n = b 2 2n 4 + ...<br />

u 2 z = c 2 1n 2 + 2c1c2n 3 + (c 2 2 + 2c1c2)n 4 + ...<br />

−usun = a1b2n 3 + (a2b2 + a1b3)n 4 + ... . (7.62)<br />

Für die Turbulenzenergie egibt sich in wandnähe ein quadratischer Anstieg<br />

k = 1<br />

2 (a2 1 + c 2 1)n 2 + 1<br />

2 (a1a2 + c1c2)n 3 + ... . (7.63)<br />

Die Koeffizienten der führenden Reihenglieder lassen sich z.B. durch Vergleich mit<br />

den bereits mehrfach zitierten Daten der direkten numerischen Simulation einer vollentwickelten<br />

Kanalströmung (Kim et al. 1987) ermitteln (Abbildung 7.11). Die auf<br />

diesem Wege gewonnenen Koeffizienten sind in Tabelle 7.1 zusammengetragen. Man<br />

beachte, daß sich die Summe der führenden Normalspannungskoeffizienten in sehr guter<br />

Übereinstimmung mit dem führenden Koeffizient der Turbulenzenergie befindet,<br />

der Vergleich zwischen a 2 1 b 2 2 und dem führenden Schubspannungskoeffizienten a1b2<br />

demgegenüber deutliche Inkonsistenzen aufweist.<br />

131


KAPITEL<br />

Tabelle 7.1: Koeffizienten der asymptotischen Entwicklung (7.62) durch<br />

Auswertung der DNS Ergebnisse für die Kanalströmung nach Abbildung<br />

(7.11).<br />

a 2 1 b 2 2 c 2 1 a1b2 0.5(a 2 1 + c 2 1)<br />

1.5 · 10 −1 9.5 · 10 −5 4.9 · 10 −2 9.0 · 10 −4 1.0 · 10 −1<br />

ε +<br />

10 2 |uv| +<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

ε + =0.199<br />

|uv| +<br />

=9*10 −4<br />

Y +3<br />

Y +<br />

10 0<br />

10 0<br />

k +<br />

u 2+<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

k + =0.1 Y +2<br />

u 2+<br />

=0.15 Y +2<br />

Y +<br />

10 0<br />

10 0<br />

w 2+<br />

10 3 v 2+<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

w 2+ =0.049 Y +2<br />

v 2+<br />

=9.5*10 −5<br />

Y +4<br />

Abbildung 7.11: Asymptotisches Verhalten normierter statistischer Turbulenzvariablen<br />

aus direkter numerischer Simulation (Kim et al. 1987) einer turbulenten Kanalströmung<br />

(Reτ =395).<br />

Zwei der drei Hauptdiagonalenelemente des Dissipationstensors εij besitzen einen endlichen<br />

Wandwert, wohingegen die Nebendiagonalenelemente einen in n linearen Wert<br />

besitzen (vgl. Abbildung 7.11)<br />

<br />

∂ui ∂uj<br />

εij := = 2ν<br />

∂xk ∂xk<br />

❀ εss = 2ν a 2 1 , εnn = 0 , εzz = 2ν c 2 1 , aber z.B. εsn = 4ν a1b2n .<br />

Y +<br />

10 0<br />

10 0<br />

(7.64)<br />

Abbildung (7.11) verdeutlicht, daß eine Abschätzung der Turbulenzterme durch die<br />

führenden Glieder der Reihenentwicklung im Bereich von Y + ≤ 2 − 3 zulässig ist.<br />

132


7.5. LOW-RE RANDBEDINGUNGEN<br />

k − ε Modell<br />

Die einfachste Randbedingung für die Turbulenzenergiegleichung ist sicherlich die Dirichlet-Bedingung<br />

k(B) = 0 , (7.65)<br />

die unmittelbar aus der Wandhaftbedingung folgt. Zur Gewährleistung der strukturellen<br />

Konsistenz von high-Re und low-Re Randbedingungen wird die asymptotisch<br />

richtige Neumann-Beziehung (7.41) empfohlen<br />

<br />

∂k<br />

= 0 , (7.66)<br />

∂n<br />

(BP ′ )<br />

die formal k(B) = k(P ) impliziert. Der Unterschied zwischen (7.65) und (7.66) beschränkt<br />

sich mangels konvektiver Wandflüsse auf die Berücksichtigung der molekularen<br />

Diffusion. Der Wandwert k(B) ist daher in Verbindung mit (7.66) ohne Bedeutung<br />

und kann zu Null gesetzt werden. Die Variante (7.66) besitzt, wie Abbildung (7.12)<br />

zeigt, aufgrund ihrer höheren Toleranz für unzureichend aufgelöste low-Re Bereiche<br />

Vorteile gegenüber der Dirichlet-Randbedingung (7.65).<br />

U +<br />

20.0<br />

10.0<br />

0.0<br />

k−ω Dirichlet−Randbedingung<br />

k−ω Neumann−Randbedingung<br />

k−ε Dirichlet−Randbedingung<br />

k−ε Neumann−Randbedingung<br />

Re δ =177750<br />

Re τ = 6400<br />

0 1 10 100 1000<br />

Y +<br />

Abbildung 7.12: Einfluß der Wandrandbedingung für die Turbulenzenergie auf die<br />

mittleren Geschwindigkeitsprofile einer vollentwickelten Kanalströmung bei unzureichender<br />

Auflösung des low-Re Bereichs.<br />

Für die isotrope Dissipationsrate ε ergibt sich aus der asymptotischen Entwicklung<br />

(7.64) ein von Null verschiedener Wandwert<br />

εw = 1<br />

2 (εss<br />

<br />

∂<br />

+ εnn + εzz)w = 2ν<br />

√ 2 2<br />

kw ∂ kw<br />

= ν<br />

∂n<br />

∂n2 <br />

. (7.67)<br />

133


KAPITEL<br />

Anstelle der Beziehung (7.67) wird zumeist die asymptotisch korrekte Randbedingung<br />

für den ersten Feldpunkt der Dissipationsrate favorisiert<br />

<br />

ε(P ) = 2ν k<br />

∆n2 <br />

. (7.68)<br />

Gleichung (7.68) vermeidet numerisch ungünstige Gradientenoperationen, und ist gegenüber<br />

alternativen Vorschlägen in (7.67) wegen der strukturellen Analogie zur high-<br />

Re Randbedingung (7.43) von Vorteil. Der Wandwert der Dissipationsrate ist für die<br />

numerische Integration bedeutungslos (was zu gewährleisten ist!), und kann in Einklang<br />

mit der asymptotischen Entwicklung dem benachbarten Feldwert gleichgesetzt<br />

werden.<br />

In Anlehnung an die unter 2.3.2 gemachten Bemerkungen soll auch für das k − ε Modell<br />

die Konsistenz der Modellgleichungen zu den Randbedingungen überprüft werden.<br />

Mit Hilfe der asymptotischen Entwicklung (7.62) sowie der Geschwindigkeitsbeziehung<br />

(7.56) lassen sich die einzelnen Terme in dem betrachteten Couette-Strömungsbeispiel<br />

nach ihrer Größenordnung in der viskosen Unterschicht abschätzen<br />

D k<br />

Dt<br />

= P − ε − Diffk<br />

mit<br />

(P )<br />

D k<br />

Dt<br />

= 0 . (7.69)<br />

Die Beiträge der Turbulenzenergieproduktion P = usun ∂Us/∂n sind nach (7.62) von<br />

dritter Ordnung, diejenigen aus turbulenter Diffusion Diffk = (cµ k 2 /ε ∂k/∂n),n von<br />

vierter Ordnung klein. Im allgemeinen geht man daher vom Gleichgewicht zwischen<br />

molekular-diffusiven und dissipativen Termen der Turbulenzenenergiegleichung aus<br />

0 = ν ∂2k − ε . (7.70)<br />

∂n2 Dies steht in Einklang mit den oben genannten Randbedingungen und wird auch durch<br />

die in Abbildung (7.8) gezeigten Resultate belegt.<br />

Eine Abschätzung einzelner Terme der Basisgleichung der Dissipationsrate verdeutlicht<br />

die Problematik von einfachen k − ε Formulierungen im low-Re Bereich<br />

D ε<br />

Dt = 0 = Pε − Dissε + Diffε ,<br />

Pε ∼ ε<br />

k P ∼ n , Dissε ∼ ε2<br />

k ∼ n−2 , Diffε ≈ 0 . (7.71)<br />

Gleichung (7.71) läßt sich ohne low-Re Modifikation nicht lösen. Um das Gleichgewicht<br />

wieder herzustellen wird im semi-viskosen Bereich entweder ein zusätzlicher<br />

Produktions- bzw. Quellterm (z.B. Lien und Leschziner (1993)), oder aber eine Reduktion<br />

des Vernichtungsterms (ε → ε − εw) durch entsprechende low-Re Funktionen<br />

eingebracht (z.B. Jones und Launder (1972), Chien (1982), Jakirlić (1997)).<br />

134


U +<br />

k +<br />

25.0<br />

20.0<br />

15.0<br />

10.0<br />

5.0<br />

0.0<br />

5.0<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

10 0<br />

10 0<br />

DNS Kim et al. (1987)<br />

LEA k−ε<br />

LL k−ε<br />

10 1<br />

10 1<br />

numerical mesh<br />

Re δ =7700<br />

Re τ =395<br />

Y +<br />

10 2<br />

10 2<br />

|uv| +<br />

ε +<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

0.20<br />

0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.00<br />

10 0<br />

10 0<br />

7.5. LOW-RE RANDBEDINGUNGEN<br />

Abbildung 7.13: Simulation einer voll-entwickelten turbulenten Kanalströmung: Ergebnisse<br />

zweier linearer k − ε Modelle bei Verwendung der oben skizzierten low-Re Randbedingung<br />

(LL k − ε: Lien et al. 1993, LEA k − ε: siehe Anhang Glg. ??).<br />

k − ω Modell<br />

Die low-Re Randbedingung der Turbulenzenergiegleichung orientiert sich an den Gesetzmäßigkeiten<br />

des k − ε Modells. Dabei wird aus Konsistenzgründen und wegen der<br />

höheren Gittertoleranz wiederum eine Neumann-Randbedingung (7.66) bevorzugt. Der<br />

Wandwert der spezifischen Dissipationsrate<br />

ω = ε<br />

cµk<br />

wird aufgrund der Reziprozität zur Turbulenzenergie definitionsgemäß singulär. Eine<br />

Randbedingung für den ersten Feldpunkt ergibt sich aus der Analyse der Transportgleichungen<br />

des k − ω Modells in der viskosen Unterschicht. Ausgangspunkt der Überlegungen<br />

ist wiederum das für kleine Turbulenz-Reynoldszahlen gültige Gleichgewicht<br />

zwischen molekularer Diffusion und Dissipation<br />

0 = −β ∗ ωk + ∂<br />

<br />

ν<br />

∂n<br />

∂k<br />

<br />

, β<br />

∂n<br />

∗ = cµ = 0.09 , (7.72)<br />

0 = −βω 2 + ∂<br />

<br />

ν<br />

∂n<br />

∂ω<br />

<br />

∂n<br />

Hierfür lassen sich mit Hilfe der Ansatzfunktionen<br />

, β = 3<br />

40<br />

10 1<br />

10 1<br />

Y +<br />

10 2<br />

10 2<br />

. (7.73)<br />

ω = ζn p , k = ζ ∗ n q , (7.74)<br />

135


KAPITEL<br />

geschlossene analytische Lösungen angeben<br />

(7.72) : ζ = 6ν<br />

β<br />

(7.73) :<br />

und p = −2 ❀ ω(P ) = 6ν(P )<br />

, (7.75)<br />

β ∆n2 β<br />

β∗ (q2 <br />

− q) = 6 ❀ q = 0.5 1 + 1 + 24 β∗<br />

<br />

β<br />

≈ 3.23 .(7.76)<br />

Die Beziehung (7.75) dient als Randbedingung für die spezifische Dissipationsrate im<br />

wandnächsten Feldpunkt P . Der Wandwert ist ohne Bedeutung und kann nach seiner<br />

Entkopplung vom Gleichungssystem dem benachbarten Feldwert gleichgesetz werden.<br />

Alternativ hierzu schlägt Menter (1994) vor, den Wandwert im Gleichungssystem zu<br />

belassen, und diesen (anstelle des Feldwertes) auf den zehnfachen Wert (7.75) zu setzten.<br />

Wilcox (1988) gibt darüberhinaus eine Möglichkeit zur Behandlung rauher Oberflächen<br />

an. Für mäßige Oberflächenrauhigkeiten (kleine Rauhigkeitshöhen ∆r) läßt sich (7.75)<br />

wir folgt modifizieren<br />

ω(P ) = 6ν<br />

⎛<br />

min ⎝1,<br />

βn2 2500 β<br />

6<br />

⎞<br />

2<br />

˜∆r<br />

⎠ , mit ∆r<br />

˜ = min<br />

n<br />

<br />

∆r, 25ν<br />

<br />

Uτ<br />

. (7.77)<br />

Die Beziehung (7.77) verlangt die Kenntnis der Wandschubspannungsgeschwindigkeit,<br />

deren Berechnung entsprechende Anforderungen an das Auflösungsvermögen stellen.<br />

Gleichung (7.76) deutet auf ein asymptotisches Fehlverhalten der Turbulenzenergiegleichung<br />

mit abnehmendem Wandabstand hin (q = −2). Das Problem läßt sich, wie<br />

Abbildung (7.14) verdeutlicht, durch eine low-Re Modifikation des Verhältnisses β ∗ /β<br />

bereinigen (z.B. Wilcox (1994) oder Peng, Davidson und Holmberg (1997) )<br />

β<br />

lim<br />

Ret→0<br />

∗<br />

β<br />

= 1<br />

3<br />

❀ β ∗ LR → 1<br />

40<br />

= 5<br />

18 βHR . (7.78)<br />

Spalart-Allmaras Modell<br />

Für die turbulente Zähigkeit findet man aus (7.62) und (7.56) einen in wandnähe<br />

kubischen Werteabfall<br />

νt = |usun|<br />

−1 ∂Us<br />

∼ n<br />

∂n<br />

3<br />

❀ νt(B) = ∂ν t(BP )<br />

∂n<br />

= 0 , (7.79)<br />

deswegen ist sowohl die Dirichlet- als auch Nullgradientenbedingung asymptotisch korrekt.<br />

Die Herleitung der Transportgleichung nach Spalart und Allmaras (1992) für<br />

136


U +<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

10 0<br />

standard Wilcox (1988)<br />

Re τ =395<br />

Re δ =7700<br />

10 1<br />

Y +<br />

10 2<br />

k +<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

10 0<br />

modified Wilcox (1994)<br />

10 1<br />

Y +<br />

10 2<br />

7.5. LOW-RE RANDBEDINGUNGEN<br />

uv +<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

10 0<br />

DNS Kim et. al (1987)<br />

10 1<br />

Y +<br />

Abbildung 7.14: Simulation einer voll-entwickelten turbulenten Kanalströmung: Vergleich<br />

zwischen modifiziertem (Wilcox, 1994) und herkömmlichen k − ω (Wilcox, 1988) Modell.<br />

die turbulente Zähigkeit ˜νt lehnt sich eng an die Transportgleichungen des k − ε Modells<br />

an (Rung 1998a), und zeigt ein ähnliches Verhalten in Bezug auf die unzureichende<br />

numerische Auflösung semi-viskoser Bereiche. Die Verwendung einer Neumann-<br />

Randbedingungen erscheint daher geeigneter.<br />

7.5.3 Reynoldspannungen<br />

Die Formulierung der low-Re Wandrandbedingung einzelner Reynoldsspannungskomponenten<br />

erfolgt analog zum high-Re Fall (7.51). Die im wandnächsten Rechenknoten<br />

eingesetzten Werte gewinnt man aus der asymtotischen Entwicklung (7.62)<br />

<br />

<br />

<br />

u 2 s<br />

k<br />

u 2 n<br />

<br />

k<br />

<br />

u 2 z<br />

k<br />

|usun|<br />

k<br />

<br />

<br />

(P )<br />

(P )<br />

(P )<br />

(P )<br />

=<br />

=<br />

=<br />

= 2 a1b2<br />

2 a 2 1<br />

a 2 1 + c 2 1<br />

2 b 2 2<br />

a 2 1 + c 2 1<br />

2 c 2 1<br />

a 2 1 + c 2 1<br />

a 2 1 + c 2 1<br />

+ ... ≈ 1.5<br />

n 2 + ... ≈ 0<br />

+ ... ≈ 0.5<br />

10 2<br />

n + ... ≈ 0 (7.80)<br />

Einen ausführlichen Vergleich verschiedener low-Re RSTM, inklusiver einer weiterführenden<br />

Diskussion ihrer Randbedingungen und etwaiger Modifikationen der Dissipationsratengleichung,<br />

findet man bei Jakirlić (1997). Abbildung (7.15) und (7.16) geben<br />

einen Überblick über die Leistungsfähigkeit einiger Reynoldsspannungs-Transportgleichungsmodelle<br />

in Bezug auf Wandturbulenz. Dabei handelt es sich um den Vergleich<br />

zwischen drei nicht wandmodifizierten Modellen (GL: Gibson und Launder (1978); SSG<br />

137


KAPITEL<br />

U +<br />

|uv| +<br />

30.0<br />

20.0<br />

10.0<br />

0.0<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

10 0<br />

10 0<br />

FLT−RSTM<br />

HJ −RSTM<br />

mod. SSG<br />

10 1<br />

10 1<br />

Y +<br />

10 2<br />

10 2<br />

k +<br />

u 2+<br />

6.0<br />

5.0<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

8.0<br />

6.0<br />

4.0<br />

2.0<br />

0.0<br />

10 0<br />

10 0<br />

DNS (Kim, 1987)<br />

10 1<br />

10 1<br />

Y +<br />

10 2<br />

10 2<br />

ε +<br />

v 2+<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

10 0<br />

10 1<br />

10 2<br />

GL −RSTM<br />

SSG−RSTM<br />

1 10 100<br />

Y +<br />

Abbildung 7.15: Simulation einer voll-entwickelten turbulenten Kanalströmung bei Reτ =<br />

395: Ergebnisse der verschiedener low-Re Reynoldsspannungsmodelle.<br />

Speziale et al. (1991); FLT: Fu et al. (1987)) und zwei Modellen mit Wandmodifikation<br />

(HJ: Jakirlić (1997); modifiziertes SSG Modell). Man beachte, daß die meisten Druck-<br />

Scherkorrelationmodelle ohne explizite Wandmodifikation des Rotta-Terms Φ 1 ij die an<br />

der Wand vorherrschende Zwei-Komponenten-Turbulenz nicht wiedergeben. Deutlich<br />

erkennt man, daß die starke Spannungsanisotropie im low-Re und Übergangsbereich<br />

nur mit Hilfe einer besonderen Modifikation des Rotta-Terms, die letztlich die Gestalt<br />

einer bereichsweise anisotropen Behandlung der Dissipation annimmt, rechnerisch<br />

nachvollzogen werden kann (HJ-Modell & mod. SSG). Die Modelle ohne Wandmodifikation<br />

wurden in Kombination mit dem Wilcox (1988) k − ω Modell gelöst, was<br />

zumindest eine korrekte Vorhersage der turbulenten Schubspannungen gewährleistet.<br />

7.6 Universelle high-Re Randbedingung<br />

Grotjans und Menter (1998) schlagen vor, anstelle der konventionellen high-Re Randbedingung<br />

eine Randbedingung zu eingefrorenen Werten Y + zu verwenden. Hintergrund<br />

dieser Bemühungen ist die Stabilisierung von Mehrgitter-Beschleunigungstechniken in<br />

industriellen Anwendungen. Große Variationen von Y + können die Effizienz des Mehrgitterzyklus<br />

drastisch herabsetzen, vor allem wenn der Gültigkeitsbereich der high-Re<br />

Hypothese dabei verletzt wird. Die Autoren schlagen vor, den Rand der numerischen<br />

Integration strömungsmechanisch nicht durch die Wand zu definieren, sondern durch<br />

138


U +<br />

|uv| +<br />

30.0<br />

20.0<br />

10.0<br />

0.0<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

10 0<br />

10 0<br />

10 1<br />

10 1<br />

HJ −RSTM<br />

mod. SSG<br />

10 2<br />

10 2<br />

Y +<br />

10 3<br />

10 3<br />

k +<br />

u 2+<br />

6.0<br />

5.0<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

8.0<br />

6.0<br />

4.0<br />

2.0<br />

0.0<br />

10 0<br />

10 0<br />

10 1<br />

10 1<br />

10 2<br />

10 2<br />

Y +<br />

7.6. UNIVERSELLE HIGH-RE RANDBEDINGUNG<br />

10 3<br />

10 3<br />

ε +<br />

v 2+<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

2.0<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

10 0<br />

10 0<br />

Re τ =2200<br />

10 1<br />

10 1<br />

10 2<br />

GL −RSTM<br />

SSG−RSTM<br />

10 2<br />

Y +<br />

Abbildung 7.16: Simulation einer voll-entwickelten turbulenten Kanalströmung bei Reτ =<br />

2200: Ergebnisse der verschiedener low-Re Reynoldsspannungsmodelle (offene Kreise entsprechen<br />

skalierten DNS-Daten (Reτ = 395) und dienen nur zur Orientierung).<br />

den Rand des semi-viskosen Bereichs. Bei der Umsetzung wird davon Ausgegangen, daß<br />

das der Rand des, i.Allg. extrem dünnen semi-viskosen Bereichs, in guter Näherung der<br />

Körperkontur folgt.<br />

7.6.1 Zweiparameter-Turbulenzmodelle<br />

Anstelle der Fixierung des Wandknotens, wird im Folgenden eine dementsprechende<br />

Korrektur der high-Re Randbedingung dargestellt. Die Implementierung einer universell<br />

einsetzbaren high-Re Randbedingung verlangt im wesentlichen zwei Änderungen<br />

• Modifikation des dimensionslosen Wandabstands Y + aus (7.35)<br />

ˆY +<br />

(P ′ √ <br />

0.25 ∆n cµ k ρ<br />

) = 11.6 +<br />

µ<br />

. (7.81)<br />

• konsistente Korrektur des dimensionsbehafteten Wandabstands ∆n<br />

∆ˆn =<br />

c 0.25<br />

µ<br />

µ<br />

√<br />

k ρ<br />

139<br />

(P ′ )<br />

10 3<br />

10 3<br />

ˆY +<br />

(P ′ ) . (7.82)


KAPITEL<br />

Zusätzlich ist die wandtangentiale Relativgeschwindigkeit U (R)<br />

s(B) durch<br />

U (R) Uτ<br />

s(B) =<br />

κ log +<br />

e EY <br />

festgelegt, was jedoch nur kosmetische Auswirkungen hat.<br />

(7.83)<br />

Eine etwas andere Variante ergibt sich aus der unten stehenden Modifikation des dimensionslosen<br />

Wandabstands<br />

˜Y +<br />

(P ′ ⎡<br />

√ ⎤<br />

0.25 ∆n c<br />

) = max ⎣ µ k ρ<br />

, 11.6⎦<br />

. (7.84)<br />

µ<br />

Aus Konsistenzgründen bedarf es wiederum einer Korrektur des dimensionsbehafteten<br />

Wandnormalenabstands ∆n<br />

Ɩ =<br />

c 0.25<br />

µ<br />

µ<br />

√<br />

k ρ<br />

(P ′ )<br />

˜Y +<br />

(P ′ ) , (7.85)<br />

auf eine Korrektur des Wandgeschwindigkeitswerts kann verzichtet werden. Alle weiteren<br />

Randbedingungen entsprechen denen der konventionellen high-Re Randbedingung.<br />

Die hiermit erzielten Ergebnisse für eine voll-entwickelte turbulente Kanalströmung<br />

sind in Abbildung (7.17) für unterschiedliche Turbulenzmodelle dargestellt.<br />

U +<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

10 0<br />

Re δ =12000<br />

10 1<br />

10 2<br />

Y +<br />

SSG−RSTM<br />

GL −RSTM<br />

FLT−RSTM<br />

10 3<br />

k +<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

k−ε Modell<br />

k−ω Modell<br />

0<br />

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />

Y/δ<br />

uv +<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

DNS Kim et. al (Re δ =7700)<br />

0.0<br />

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />

Abbildung 7.17: Simulation einer voll-entwickelten turbulenten Kanalströmung: Ergebnisse<br />

der universellen high-Re Randbedingung (Grotjans et al., 1998) auf einem low-Re Gitter (vgl.<br />

z.B. Abbildung 7.14) in Kombination mit unterschiedlichen Turbulenzmodellen.<br />

7.6.2 Spalart-Allmaras Modell<br />

Die Anwendung der unversellen high-Re Technik auf Einparametermodelle setzt deren<br />

Lokalität voraus; die Formulierung des Basismodells sollte den Wandnormalenabstand<br />

folglich nicht explizit verwenden. Das Eingleichungsmodell von Spalart-Allmaras<br />

(1992) verletzt diese Voraussetzung, da es den Wandnormalenabstand n nicht nur<br />

140<br />

Y/δ


7.6. UNIVERSELLE HIGH-RE RANDBEDINGUNG<br />

zur Bestimmung der low-Re Dämpfungsfunktionen, sondern auch zur Berechnung des<br />

Produktions- und Vernichtungsterms benutzt<br />

Prod˜νt = Cb1 ˜νt<br />

<br />

2WijWij<br />

˜νt<br />

+ fν2<br />

κn<br />

Diss˜νt = Cw1 fw(n)<br />

2 ˜νt<br />

n<br />

.(7.86)<br />

Die universelle high-Re Technik kann zwar formal, durch Kombination der oben beschriebenen<br />

Y + und ∆n Modifikationen zur Bestimmung der Impulsrandbedingungen<br />

zusammen mit der Dirichlet-Randbedingungen für die Transportvariable ˜νt<br />

<br />

˜νt = ν κ (P ) ˆ Y +<br />

<br />

(7.87)<br />

verwendet werden, bei starkem Unterschreiten des tatsächliche Y + Wertes durch ˆ Y +<br />

versagt diese Modellbildung jedoch (vgl. Abbildung 7.18) wegen der zunehmenden Inkonsistenz<br />

zwischen der Feldfunktion des Wandnormalenabstands und den korrigierten<br />

Werten ˆ ∆n. Die in (7.81) und (7.84) auftretenden Werte der Turbulenzenergie lassen<br />

sich konsistent zur im SA Modell verankerten Hypothese vom lokalen Gleichgewicht<br />

durch<br />

abschätzen.<br />

U +<br />

20.0<br />

10.0<br />

0.0<br />

k(P ) =<br />

<br />

2SijSij<br />

c EVM<br />

µ<br />

Hybrid Adaptiv Approach<br />

Universal High−Re Approach<br />

Re τ =760, Re δ =16075<br />

Y +<br />

P =5<br />

(P )<br />

νt<br />

<br />

(P )<br />

0 1 10 100 1000<br />

Y +<br />

(7.88)<br />

Abbildung 7.18: approximierte mittlere Geschwindigkeitsprofile: Vergleich zwischen universeller<br />

und hybrider Technik im Zusammenhang mit dem Eingleichungsmodell von Spalart<br />

et al. (1992).<br />

141


<strong>Kapitel</strong> 8 Eingleichungsmodelle<br />

Die Simulation industrieller Strömungsprobleme basiert aus Effizienz- und Stabilitätsgründen<br />

zumeist auf linearen niederparametrigen Wirbelzähigkeits–Turbulenzmodellen<br />

(EVM). Hierzu zählen beispielsweise das algebraische Baldwin–Lomax Modell (1978),<br />

das Spalart–Allmaras (1992) Einparametermodell und das k–ε Zweiparametermodell<br />

(Jones und Launder 1972). Für den Einsatz in extrem kostenintensiven Simulationsaufgaben,<br />

beispielsweise der Untersuchung instationärer Strömungsphänomene an hochbelasteten<br />

dreidimensionalen Konfigurationen, besteht gegenwärtig ein Trend zur Verwendung<br />

von Einparametermodellen. Ungeachtet ihrer simplen Formulierung und der<br />

numerischen Vorteile ist die Einparametermodellierung mit Defiziten in Bezug auf die<br />

physikalisch korrekte Darstellung von Nichtgleichgewichtszuständen behaftet. Die Formulierung<br />

von Eingleichungsmodellen basiert in der Regel auf der hypothetischen Annahme<br />

des lokalen Gleichgewichtszustands zwischen Produktion(P ) und Dissipation(ε)<br />

von Turbulenzenergie(k):<br />

P ≡ ε .<br />

Dabei handelt es sich nicht um eine partiell in den Modellierungsprozess eingebrachte<br />

Annahme zur Vereinfachung einzelner Terme, sondern vielmehr um einen inhärenten<br />

Bestandteil der Modellierungspraxis. Die Güte der numerischen Simulation auf der<br />

Basis von Eingleichungsmodellen ist folglich in besonderer Weise von der Gültigkeit<br />

dieser Voraussetzung abhängig. Exemplarisch für diesen Sachverhalt soll im Folgenden<br />

das Eingleichungsmodell von Spalart und Allmaras (1992) analysiert werden. Durch<br />

Herleitung des Modells aus hierarchisch übergordneten Zweiparametermodellen wird<br />

zunächst die besondere Problematik der Parameterreduktion in Hinblick auf die Erweiterung<br />

des Gültigkeitsbereichs mit rationalen Techniken herausgearbeitet.<br />

8.1 Spalart–Allmaras Modell<br />

Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchungen ist das Eingleichungsmodell von Spalart<br />

und Allmaras (1992). Die wesentlichen Bestandteile des Spalart–Allmaras (SA)<br />

Modells sind zum einen eine modifizierte Variante des Wirbelzähigkeitsprinzips für<br />

inkompressible Medien (Boussinesq 1877):<br />

uiuj = −νt Sij ,<br />

νt = fν1 ˜νt , (8.1)<br />

sowie zum anderen eine semi-empirische Transportgleichung zur Bestimmung der Wirbelzähigkeit<br />

˜νt:<br />

D˜νt<br />

Dt<br />

<br />

∂<br />

− ν +<br />

∂xk<br />

νt<br />

<br />

∂˜νt<br />

= P˜νt +<br />

P r˜νt ∂xk <br />

Produktion<br />

∂˜νt ∂˜νt Cb2<br />

∂xk ∂xk P r˜νt<br />

<br />

nicht konserv. Diffusion<br />

142<br />

− fw<br />

Cb1<br />

˜ν 2 t<br />

κ2 1 + Cb2<br />

+<br />

P r˜νt l2 n<br />

Vernichtung<br />

.(8.2)


KAPITEL<br />

Die Darstellung des Produktionsterms in (8.2) ist im Verlauf der weiteren Diskussion<br />

von Bedeutung. Die Originalformulierung des Terms lautet:<br />

P˜νt = Cb1˜νt ˜ <br />

S mit S ˜ = 2WijWij + ˜ f2Ψ , Ψ = ˜νt<br />

κ2 l2 . (8.3)<br />

n<br />

Die in den Beziehungen (8.1)–(8.3) verwendeten Dämpfungsfunktionen ergeben sich<br />

aus:<br />

fν1 =<br />

(ν + t ) 3<br />

C 3 ν1 + (ν + t ) 3 , fν2 = 1 −<br />

ν + t = ˜νt<br />

ν , g = r 5<br />

1 + Cw2 r − 1<br />

ν + t<br />

1 + fν1ν + t<br />

6 1 + Cw3 , fw = g<br />

g6 + C6 1/6 w3<br />

r = Ψ<br />

˜S<br />

. (8.4)<br />

In den Gleichungen (8.2)–(8.4) kennzeichnet κ die von-Kármán-Konstante, ln den<br />

Wandnormalenabstand und Sij bzw. Wij den symmetrischen und antimetrischen Anteil<br />

des Geschwindigkeitsgradiententensors:<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

= Sij + Wij , Sij = 1<br />

2<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

+ ∂Uj<br />

<br />

∂xi<br />

Die von Spalart & Allmaras verwendeten Koeffizienten lauten:<br />

Cb1 = 0.1355, Cb2 = 0.622, Cν1 = 7.1,<br />

, Wij = 1<br />

<br />

∂Ui<br />

−<br />

2 ∂xj<br />

∂Uj<br />

<br />

∂xi<br />

,<br />

. (8.5)<br />

Cw2 = 0.3, Cw3 = 2, κ = 0.41, P r˜νt = 2<br />

. (8.6)<br />

3<br />

Das Spalart–Allmaras Modell weist drei formale Besonderheiten auf:<br />

(a) Im Rahmen der verwendeten Konstitutivgleichung (8.1) entspricht die Turbulenzenergie<br />

nicht der Summe der Normalspannungen. Vielmehr liefert die Kontraktion<br />

von (8.1) im inkompressiblen Fall Null, bzw. im kompressiblen Fall (−νt∇ · U).<br />

(b) Die Definition von ˜ S läßt im wandnahen Bereich negative Produktionsterme zu,<br />

was im Rahmen von Wirbelzähigkeitsmodellen zumindest unüblich ist und destabilisierend<br />

auf das numerische Verfahren wirkt.<br />

(c) Ferner steht die Proportionalität des Produktionsterms zur zweiten Invarianten<br />

des Wirbeltensors im Widerspruch zum Boussinesq-Ansatz bzw. zum Drehimpulserhaltungssatz<br />

auf der Ebene des Zweiparametermodells (Rung 1998b). Diese<br />

Vorgehensweise wurde in jüngster Zeit von vielen Autoren zur verbesserten<br />

Modellierung von Prallstralleffekten im Rahmen der Zweiparametermodellierung<br />

eingeführt (Kato und Launder 1993; Jin und Braza 1994), da die klassische, scherbezogene<br />

Formulierung vielfach mit einer Überschätzung der Produktionsterme<br />

in rotationsarmen Zonen verbunden ist.<br />

143


KAPITEL<br />

8.1.1 Edwards Modifikation<br />

Edwards (1996) modifizierte das Spalart–Allmaras Modell in Hinblick auf eine Stabilisierung<br />

des Verhaltens im semi–viskosen Bereich (SAE Modell). Kernpunkt der<br />

Edwardsmodifikationen ist eine veränderte Dämpfungsfunktion zur Definition einer ef-<br />

fektiven Scherrate<br />

˜S = S ∗<br />

<br />

1<br />

ν + <br />

+ fν1 . (8.7)<br />

t<br />

Die Beziehung (8.7) gewährleistet, im Unterschied zur Originalformulierung, einen positiven<br />

Produktionsterm. Darüber hinaus greift Edwards das o.a. Merkmal (c) auf und<br />

verwendet die übliche Norm des divergenzfreien Distorsionsgeschwindigkeitentensors<br />

˜Sij zur Definition der Produktionsterme<br />

S ∗ <br />

= 2 ˜ Sij ˜ Sij , mit Sij<br />

˜ = Sij − 1<br />

3 δijSkk . (8.8)<br />

Abschließend erfolgt noch eine Modifikation des Arguments des Dämpfungsparameters<br />

g im Rahmen der Edwardsmodifikationen<br />

g = r <br />

5 Ψ<br />

1 + Cw2 r − 1 r = 1.313 tanh . (8.9)<br />

˜S<br />

Das SAE Modell zeichnet sich vor allem durch seine höhere numerische Stabilität aus.<br />

Die Qualität der Ergebnisse entspricht in der Regel derjenigen des Originalmodells.<br />

Das SAE Modell bildet daher die zweite Grundlage der vorliegenden Arbeit.<br />

8.2 Parameterreduktion<br />

Die Tubulenzmodellierung auf der Basis von Eingleichungsmodellen läßt sich sowohl<br />

auf empirischem als auch auf rationalem Wege beschreiten. Letzteres beinhaltet die systematische<br />

Reduktion eines hierarchisch übergeordneten Zweiparametermodells um<br />

einen Modellparameter. Zur Verdeutlichung dieser Methode konzentrieren sich die<br />

Ausführungen des folgenden Abschnitts auf die Herleitung des Produktionsterms des<br />

Spalart–Allmaras Modells aus einem Zweiparametermodell. Analoge Betrachtungen<br />

können für sämtliche anderen Bestandteile der Formulierung gemacht werden. Die Analyse<br />

des Produktionsterms ist jedoch besonders dienlich für die Erweiterung des Modells<br />

auf Nichtgleichgewichtszustände.<br />

Im Unterschied zu Baldwin und Barth (1991) haben Spalart und Allmaras die rationale<br />

Vorgehensweise bewußt nicht mit letzter Konsequenz verfolgt. Tatsächlich ist eine<br />

strenge Herleitung der Transportgleichung der Wirbelzähigkeit aus einem Zweiparametermodell<br />

nur für die differentiationsfreien Terme empfehlenswert. Der folgende Abschnitt<br />

zeigt, daß sich sämtliche Produktions- und Vernichtungsbeiträge des Zweigleichungsmodells<br />

im Rahmen der Parameterreduktion zu einem einzigen Term verjüngen<br />

lassen. Die Reduktion der scheinbar weniger bedeutenden Diffusionsterme des Zweigleichungsmodells<br />

führt auf ergänzende Diffusions- und Vernichtungsterme im Einparameterkontext.<br />

144


8.2.1 Transportgleichung der Wirbelzähigkeit<br />

KAPITEL<br />

Ausgangspunkt der Untersuchungen ist die Entwicklung einer Transportgleichung für<br />

νt aus der Definition der Wirbelzähigkeit für ein beliebiges Zweiparametermodell, hier<br />

exemplarisch das k-ε Modell (Jones und Launder 1972):<br />

<br />

νt := cµ<br />

k 2<br />

ε<br />

❀<br />

D νt<br />

Dt =<br />

D<br />

cµk 2<br />

Dt<br />

ε<br />

. (8.10)<br />

Mit Hilfe der Kettenregel ergibt sich ein Zusammenhang zwischen der gesuchten Transportgleichung<br />

für νt und den Transportgleichungen des zu Grunde liegenden Zweipa-<br />

rametermodells:<br />

D νt<br />

Dt<br />

= cµ<br />

2k<br />

ε<br />

D k<br />

Dt −<br />

k<br />

ε<br />

<br />

2<br />

D ε<br />

. (8.11)<br />

Dt<br />

8.2.1.1 Produktionsterm (Bradshaw–Hypothese)<br />

Im weiteren Verlauf wird zunächst der Produktionsterm der Transportgleichung für νt<br />

analysiert. Dieser setzt sich aus der Summe der Produktions- und Vernichtungstermen<br />

des Hintergrundmodells zusammen:<br />

(8.11) ❀ Pνt = cµ<br />

2k<br />

ε<br />

<br />

(P − ε) −<br />

2 k<br />

(Cε1P − Cε2ε)<br />

ε<br />

<br />

ε<br />

<br />

k<br />

<br />

. (8.12)<br />

Im Rahmen des Eingleichungsmodells ist νt die einzige abhängige Veränderliche. Zur<br />

Schließung der Transportgleichung für νt, hier insbesondere der in (8.12) skizzierten<br />

Produktionsanteile, müssen die ursprünglichen Veränderlichen k und ε auf die neue<br />

Veränderliche νt abgebildet werden. Dies geschieht in zwei Schritten. Im ersten Schritt<br />

wird die Dissipationrate ε unter Verwendung der Definition der isotropen Wirbelzähigkeit<br />

als Funktion der Turbulenzenergie und der Wirbelzähigkeit dargestellt:<br />

k<br />

ε = cµ<br />

2<br />

. (8.13)<br />

νt<br />

Hieraus ergibt sich ein neues Zweiparametermodell auf der Basis der abhängigen Veränderlichen<br />

k und νt. Der Produktionsterm der νt Gleichung lautet darin:<br />

<br />

2 νt k<br />

Pνt = cµ<br />

P − cµ<br />

2 <br />

νt<br />

k<br />

− Cε1P − Cε2cµ<br />

2 <br />

. (8.14)<br />

k cµ<br />

νt<br />

Daran anschließend wird die zweite abhängige Veränderliche k auf die Wirbelzähigkeit<br />

νt abgebildet. Dies geschieht in Anlehnung an die Strömungsverhältnisse im logarithmischen<br />

Bereich einer zweidimensionalen Grenzschichtströmung, der sogennanten<br />

Bradshaw–Hypothese (Bradshaw und Ferris 1972):<br />

145<br />

k cµ<br />

νt


KAPITEL<br />

2D Log-Law: k = |u′ v ′ |<br />

√ cµ<br />

❀ k =<br />

= νt<br />

<br />

<br />

<br />

dU <br />

√cµ dy <br />

νtS ∗<br />

√ cµ<br />

νt<br />

= √cµ S ∗<br />

mit S ∗ = 2SijSij ,<br />

und ε = νtS ∗2 . (8.15)<br />

Setzt man die in (8.15) vereinbarte Parameterreduktion in die Beziehung (8.14) ein, so<br />

ergibt sich für die Produktion von νt = ˜νt:<br />

P˜νt = √ cµ (˜νtS ∗ ) [(2 − Cε1) − (2 − Cε2)]<br />

= √ cµ (˜νtS ∗ ) [Cε2 − Cε1] . (8.16)<br />

Mit Hilfe des Koeffizientensatzes Cε2 = 1.90, Cε1 = 1.45 und cµ = 0.09 verifiziert man<br />

die von Spalart und Allmaras (1992) angegebene Formulierung des Produktionsterms<br />

in Gestalt von:<br />

P˜νt = 0.135 (˜νtS ∗ ) . (8.17)<br />

Die Diffusions- und Vernichtungsterme der Transportgleichung für ˜νt lassen sich in<br />

analoger Weise nachrechnen.<br />

Auswirkungen der Bradshaw–Hypothese<br />

Die oben skizzierte Parameterreduktion mit Hilfe der Bradshaw–Hypothese ist mit<br />

einer strukturellen Veränderung des Produktionsterms verbunden. Üblicherweise führt<br />

die Herleitung von Transportgleichungen für skalare Turbulenzvariablen (k, ε, ω, etc.)<br />

im Zweiparameterkontext auf Produktionsterme der Form<br />

PΦ = ΦS ∗ (αΦS) mit S = TtS ∗ = k<br />

ε S∗ ,<br />

z.B. αk = 0.09 , αε = 0.13 , αω = 0.05 . (8.18)<br />

Dies gilt ursprünglich auch für den Produktionsterm (8.12) einer νt–Transportgleichung,<br />

für den man<br />

Pνt =<br />

k<br />

cµ<br />

ε P<br />

<br />

ε<br />

P Cε2<br />

<br />

− Cε1 + 2 1 − ε<br />

<br />

P<br />

mit P = νtS ∗2 ,<br />

= νtS ∗ <br />

ε<br />

S cµ<br />

P Cε2<br />

<br />

− Cε1 + 2 1 − ε<br />

<br />

P <br />

z.B. ε = P ,<br />

= νtS ∗<br />

αν t<br />

(0.0405 S) (8.19)<br />

146


KAPITEL<br />

findet. Orientiert man sich bei der Eliminierung des dimensionslosen Scherparameters<br />

S an einer turbulenten Wandgrenzschicht im lokalen Gleichgewichtszustand (S = 3.3),<br />

dann ergibt sich wieder die von Spalart und Allmaras angegebene Formulierung. Die<br />

im SA Modell verwendete Substitution Scµ = 0.3 hat turbulenzdämpfende Eigenschaften,<br />

da der übliche Anstieg der Produktion parallel zum dimensionslosen Scherratenparameter<br />

unterbunden wird. Die Strategie ist vorteilhaft für die Berechnung<br />

strömungsmechanisch hochbelasteter Bauteile, deren Vorhersage oftmals unter einer<br />

Überschätzung der Turbulenzintensität leidet. Bereits einfachste Invariantentheorien,<br />

z.B. Rung (1998b), belegen einen reziproken Zusammenhang zwischen cµ und S, weswegen<br />

die Substitution prinzipiell korrekt ist.<br />

Die Bradshaw–Hypothese wurde bereits von Johnson und King (1984) zur Entwicklung<br />

eines Halbgleichungsmodells erfolgreich eingesetzt, und gewinnt neuerdings auch im<br />

Zusammenhang mit Zweiparametermodellen an Bedeutung. Beispielsweise erhält man<br />

von<br />

<br />

|uv|<br />

νt = min<br />

= (8.15) cµ<br />

, cµ<br />

S∗ k2 <br />

k<br />

= cµ<br />

ε<br />

2<br />

k2 ε min<br />

<br />

1<br />

√cµ , 1<br />

S<br />

ε min<br />

= k2<br />

<br />

|uv|<br />

, 1<br />

cµ k S<br />

ε min<br />

<br />

0.3<br />

S<br />

,<br />

<br />

, 0.09<br />

<br />

c ∗ µ<br />

, (8.20)<br />

die populäre Shear–Stress–Transport (SST) Modifikation von Menter (1994). Bemerkenswerterweise<br />

beinhaltet die SST–Modifikation, analog zu der in (8.19) skizzierten<br />

Vorgehensweise, eine Linearisierung der Turbulenzenergieproduktion<br />

Pk = P = kS ∗ (c ∗ µS) → 0.3 kS ∗ .<br />

❀ P<br />

ε<br />

= 0.3 S (8.21)<br />

Die Bradshaw–Hypothese ermöglicht vor allem die verbesserte Vorhersage von druckinduzierter<br />

Strömungsablösung, welche für die industrielle Aerodynamik von maßgeblicher<br />

Bedeutung ist. Die Einarbeitung der Bradshaw–Hypothese in die Modellbildung<br />

erklärt den Erfolg der Einparametermodelle bei der Berechnung von Strömungen unter<br />

dem Einfluß positiver Druckgradienten. Die positive, schubspannungslimitierende Eigenschaft<br />

kann man exemplarisch daran erkennen, daß das Spalart–Allmaras Modell,<br />

im Unterschied zu konventionellen Zweiparametermodellen, die integrale Schwartzsche<br />

Ungleichung<br />

(3.41) erfüllt.<br />

ui 2 uj 2 ≥ (uiuj)(uiuj) ❀<br />

147<br />

4<br />

3 ≥<br />

νtS ∗<br />

k<br />

2<br />

(8.22)


KAPITEL<br />

8.2.1.2 Diffusions- und Vernichtungsterme<br />

Die Anwendung der Reduktionsvorschriften (8.11) und (8.15) auf die Diffusionterme<br />

des k − ε Modells liefert nach kurzer Zwischenrechnung das Ergebnis<br />

cµ<br />

<br />

2 k<br />

ε Diffk −<br />

2 k<br />

Diffε<br />

ε<br />

<br />

=<br />

<br />

2P rε − P rk ∂<br />

<br />

νt<br />

<br />

∂νt<br />

<br />

P rk P rε ∂xk ∂xk<br />

<br />

P rε − P<br />

<br />

rk νt<br />

+ 6<br />

P rk P rε S∗ ∗ ∂S ∂νt<br />

∂xk ∂xk<br />

2 P rε − P rk νt +2<br />

P rk P rε S∗ 2 ∗ ∂ S<br />

∂x2 k<br />

− 2<br />

<br />

νt<br />

P rε S∗ 2 ∂S ∗ ∂S<br />

∂xk<br />

∗ <br />

. (8.23)<br />

∂xk<br />

Wertet man die Gleichung (8.23) für lokales turbulentes Gleichgewicht aus,<br />

S ∗ = uτ<br />

κln<br />

❀<br />

νt = uτκln ❀<br />

∂S ∗<br />

∂xk<br />

∂νt<br />

∂xk<br />

= − 1<br />

ln<br />

S ∗ ,<br />

∂ 2 S ∗<br />

∂x 2 k<br />

= 2<br />

l2 S<br />

n<br />

∗ ,<br />

= νt<br />

, (8.24)<br />

ln<br />

so ergibt sich:<br />

<br />

cµ 2 k<br />

ε Diffk<br />

<br />

2 <br />

k<br />

2P rε − P rk<br />

− Diffε =<br />

:<br />

ε<br />

P rkP rε<br />

∂<br />

<br />

∂νt<br />

νt<br />

∂xk ∂xk<br />

<br />

−<br />

<br />

konservative Diffusion<br />

2<br />

2 νt<br />

,<br />

P rk ln<br />

<br />

Vernichtung<br />

P r˜νt = P rε P rk<br />

2P rε − P rk<br />

= 0.81 . (8.25)<br />

Wie der Vergleich der einzelnen Terme zeigt, weicht das Ergebnis der Reduktion von der<br />

Transportgleichung (8.2) ab. Im Unterschied zur Beziehung (8.25) verwenden Spalart<br />

und Allmaras eine nicht-konservative Darstellung der Diffusion von ˜νt<br />

Diff ˜νt = 1<br />

P r˜νt<br />

∂<br />

∂xk<br />

<br />

νt<br />

<br />

<br />

∂˜νt ∂˜νt ∂˜νt<br />

+ Cb2 . (8.26)<br />

∂xk ∂xk ∂xk<br />

Die nicht-konservative Darstellung hat, bei geeigneter Wahl der Koeffizienten, eine Reihe<br />

numerischer Vorteile, beispielsweise die Unempfindlichkeit gegen Freistromwerte von<br />

˜νt (Spalart und Allmaras 1992). Dies erkennt man deutlich anhand der Grenzschicht-<br />

formulierung der Transportgleichung für ˜νt<br />

U ∂˜νt<br />

∂x +<br />

<br />

V − Cb2<br />

P r˜νt<br />

∂˜νt<br />

∂y<br />

∂˜νt<br />

∂y = Cb1˜νt ˜ S + ∂<br />

∂y<br />

<br />

ν + νt<br />

P r˜νt<br />

<br />

∂˜νt<br />

∂y<br />

˜ν<br />

− fwCw<br />

2 t<br />

. (8.27)<br />

y2 Der zusätzliche Diffusionsterm läßt sich für Cb2 > 0 als negativer Entrainmentbeitrag<br />

interpretieren, der eine Kontamination des Grenzschichtrandes durch möglicherweise<br />

148


KAPITEL<br />

falsch vorgegebenen Freistromwerte verhindern soll. Die Autoren favorisieren daher eine<br />

Stärkung der Diffusionsbeiträge vermöge:<br />

P r˜νt = 2/3 (→ P rε = 2) , Cb2 = 0.622 . (8.28)<br />

Die Koeffizienten können im Anschluß daran natürlich nicht mehr durch die Parameterreduktion<br />

(8.25) aufeinander abgestimmt werden. Für gegebene Koeffizienten (8.28)<br />

des Diffusionsmodells orientiert sich die Bestimmung eines verträglichen Koeffizienten<br />

für den Vernichtungsterms in (8.2) wiederum an dem durch (8.24) beschriebenen<br />

lokalen Gleichgewichtszustand:<br />

D˜νt<br />

Dt<br />

= 0<br />

(8.24) ❀ Cb1 ˜ S˜νt + ∂<br />

∂xk<br />

νt<br />

P r˜νt<br />

<br />

∂˜νt<br />

∂xk<br />

+ ∂˜νt ∂˜νt<br />

∂xk ∂xk<br />

Cb2<br />

P r˜νt<br />

− β ˜ν2 t<br />

l 2 n<br />

= 0 (8.29) .<br />

Hiervon gewinnt man zur Schließung des Koeffizienten β die Verträglichkeitsbedingung:<br />

<br />

Cb1<br />

❀ β =<br />

κ2 <br />

1 + Cb2<br />

+ .<br />

P r˜νt<br />

(8.30)<br />

Die Reduktion des Entrainments hat Konsequenzen für den Verlauf der Strömungsprofile<br />

am Aussenrand der Scherschicht. Der randnahe Anstieg der Strömungsprofile für<br />

die mittlere Geschwindigkeit und Wirbelzähigkeit lautet (Cazalbou et al. 1994)<br />

U ∼ (Yδ − Y ) 1.43 , ˜νt = νt ∼ (Yδ − Y ) . (8.31)<br />

Diese können vom SA Modell nur partiell wiedergegeben werden. Eine Ähnlichkeitstransformation<br />

des parabolisierten Differentialgleichungssystems zur Beschreibung von<br />

Scherströmungen (Rung 1998b) liefert für den Aussenrand der Scherschicht bei SA Modellierung<br />

˜νt ∼ (Yδ − Y ) , U ∼ (Yδ − Y ) a−1<br />

149<br />

mit a − 1 =<br />

1 + Cb2<br />

P r˜νt<br />

≈ 2.43 . (8.32)


<strong>Kapitel</strong> 9 Schließung der Produktionsrate<br />

Die im vorangehenden Abschnitt skizzierten Projektionen des ASM in eine quadratische<br />

Funktionsbasis F sind aufgrund der Abhängigkeit der EASM–Koeffizienten (A, B, C)<br />

von P/ε zunächst implizit. Ein explizites algebraisches Spannungsmodell ergibt sich<br />

nach Schließung der spezifischen Produktionsrate in g, die im Folgenden als (P/ε)g<br />

bezeichnet wird. Hierzu sind in der Literatur verschiedene Techniken unterschiedlichen<br />

Ursprungs bekannt.<br />

Die selbstkonsistente Formulierung basiert auf der Projektion der spezifischen Produktionsrate<br />

P/ε = −2(bklskl + smm/3) in die gewählte Funktionsbasis. Diese Technik<br />

führt auf hochgradig nichtlineare Bestimmungsgleichungen für (P/ε)g und verlangt eine<br />

physikalisch sinnvolle Selektion der mathematisch mehrdeutigen Lösung. Daneben<br />

ist die quasi–selbstkonsistente Projektion in eine niederwertigere Funktionsbasis, die<br />

gleichgewichtsorientierte Fixierung von (P/ε)g, oder auch eine iterative Vorgehensweise<br />

denkbar. Ausschlaggebend für die Bewertung der verschiedenen Vorschläge ist das<br />

asymptotisch korrekte Verhalten des Modells für große Deformationsgeschwindigkeiten,<br />

bzw. eventuelle Singularitäten des Anisotropiekoeffizienten.<br />

Die unten skizzierten Überlegungen beziehen sich auf die von Gatski und Speziale<br />

(1993) vorgeschlagene inkompressible, zweidimensionale Repräsentation (6.19) der<br />

Drei–Generator–Basis (6.13). Es sei darauf hingewiesen, daß eine Singularität des Anisotropiekoeffizienten<br />

cµ mit dem Verschwinden der Koeffizientendeterminante von M<br />

verbunden ist.<br />

9.1 Iterative Technik<br />

Taulbee (1992) schlug vor, die in (4.12) auftretende Abhängigkeit des Koeffizienten g<br />

von der spezifischen Produktionsrate nicht aufzulösen, sondern das ASM im Rahmen<br />

eines iterativen Ansatzes durch das Ergebnis der letzten Iteration, bzw. des zurückliegenden<br />

Zeitschritts zu linearisieren<br />

<br />

P<br />

= −2 bijsij ❀ g = C1 − 1 − 2(C<br />

ε<br />

∗ 1 + 1) bijsij .<br />

g<br />

Diese Vorgehensweise wird, neben einer Reihe anderer Autoren, vor allem von ?) aufgrund<br />

der unten beschriebenen Mehrdeutigkeit der selbstkonsistenten Lösung kritisiert.<br />

Im Zentrum der Diskussion steht die Frage, ob die physikalisch unsinnigen Lösungsanteile<br />

der (kubischen) Bestimmungsgleichung für P/ε im Rahmen der iterativen Technik<br />

ausgeschlossen werden können, oder ob singuläre Anisotropiekoeffizienten auftreten<br />

können<br />

cµ =<br />

1 − 2<br />

3 η1<br />

β3<br />

g<br />

−β1/g<br />

2<br />

− 2η2<br />

2 β2<br />

g<br />

> 0 . (9.1)<br />

Im Folgenden wird versucht, die Wahrscheinlichkeit eventueller Singularitäten eines<br />

iterativen Ansatzes zu evaluieren. Die Analyse bezieht sich auf die Vorhersage von<br />

150


9.1. ITERATIVE TECHNIK<br />

high–Re Bereichen mit vernachlässigbaren Diffusionsprozessen auf der Grundlage einer<br />

k − ε Formulierung (2.17) bzw. (2.18)<br />

Dk<br />

Dt<br />

= P − ε , und<br />

Dε<br />

Dt = (P Cε1 − εCε2) ε<br />

k .<br />

Die Transportgleichung des turbulenten Zeitmaßes Tt lautet damit<br />

D(k/ε)<br />

Dt<br />

= DTt<br />

Dt<br />

= P<br />

ε (1 − Cε1) − (1 − Cεε2) .<br />

Beschränkt man die Betrachtungen auf lokal zweidimensionale, inkompressible Strömungen<br />

mit P/ε = 2cµη1, dann ergibt sich mit ˜ C1 = (Cε1 − 1) und ˜ C2 = (Cε2 − 1)<br />

DTt<br />

Dt = −2cµη1 ˜ C1 + ˜ C2<br />

=<br />

=<br />

2 (β1/g) ˜ S2 2<br />

kkTt ˜ C1<br />

1 − 2<br />

3 ˜ S2 2 2 β3<br />

kkTt − 2 g<br />

˜ W 2 2<br />

kkTt ˜C2 − T 2<br />

<br />

˜S t<br />

2 <br />

kk 2 ˜ <br />

−β1<br />

C1 + g<br />

˜ C2 2<br />

3<br />

<br />

1 − ˜S 2 2 2 β3<br />

kk + 2 3 g<br />

˜ W 2 kk<br />

2 +<br />

β2<br />

g<br />

˜ C2<br />

<br />

2<br />

β3 + 2 g<br />

˜ W 2 kk<br />

<br />

2<br />

β2 T g<br />

2<br />

t<br />

<br />

2<br />

β2 ˜C2<br />

g<br />

In Lagrangescher Betrachtungsweise besitzt die Gleichung (9.3) die Struktur<br />

∂Tt<br />

∂t = ˜ C2 − B∗ T 2<br />

t<br />

1 − A∗ T 2<br />

t<br />

(9.2)<br />

mit B ∗ = ˜ C2A ∗ − 2 ˜ β1<br />

C1<br />

g ˜ S 2 kk . (9.3)<br />

Von besonderem Interesse ist der Nenner (1 − A ∗ T 2<br />

t ), der dem Nenner des Anisotropieparameters<br />

cµ entspricht. Im Weiteren wird versucht, einen Nachweis dafür zu<br />

erbringen, daß eine Nullstelle des Nenners sehr unwahrscheinlich ist. Hierzu werden, für<br />

anfänglich vorausgesetzte g > 0, mehrere Fallunterscheidungen von B ∗ durchgeführt.<br />

A) negative Parameterwerte B ∗<br />

Im Falle B ∗ ≤ 0 folgt, für von Null verschiedene Initiallösungen von g, wegen ˜ C1, ˜ C2 > 0<br />

und β1 < 0 (vgl. Tabelle 4.2)<br />

˜C2A ∗ ≤ 2 ˜ β1<br />

C1<br />

g ˜ S 2 kk ❀ A ∗ ≤ 0 und 1 − A∗T 2<br />

t > 0 . (9.4)<br />

B) positive Parameterwerte B ∗<br />

Setzt man voraus, daß das turbulente Zeitmaß Tt eine kontinuierliche Funktion ist,<br />

dann läßt sich (9.3) wie folgt integrieren<br />

<br />

˜C2 +<br />

<br />

<br />

√ B∗Tt ˜C2 − √ B∗ <br />

<br />

<br />

<br />

Tt = eγ <br />

, mit γ = t − A∗<br />

B∗ Tt<br />

<br />

2 ˜C2B<br />

+ Const.<br />

∗<br />

1 − A∗<br />

B∗ ˜ . (9.5)<br />

C2<br />

151


KAPITEL<br />

Der Exponent γ ist wegen A ∗ /B ∗ − 1 = 2 ˜ C1β1S 2 kk /( ˜ C2B ∗ g) < 0 zumindest für hinreichend<br />

große Zeiten t positiv. Zur Auflösung der Beträge unterscheidet man zwei<br />

Fälle<br />

B1) √<br />

C2<br />

˜ − Tt B∗ > 0<br />

<br />

√<br />

<br />

√<br />

˜C2 + Tt B∗ γ<br />

= e ( ˜C2 − Tt B∗ )<br />

❀ Tt =<br />

<br />

˜C2<br />

B ∗<br />

e γ − 1<br />

e γ + 1<br />

. (9.6)<br />

Im Fall B1) beobachtet man somit stetig steigende Werte des turbulenten Zeitmaßes<br />

Tt, welche im Grenzübergang gegen folgendes Maximum streben<br />

∂Tt<br />

> 0 und lim<br />

∂t t→∞ Tt<br />

<br />

˜C2<br />

= . (9.7)<br />

B∗ Mit Hilfe von (9.3) folgt schließlich<br />

∂Tt<br />

∂t = ˜ C2 − B∗ T 2<br />

t<br />

1 − A∗ T 2<br />

t<br />

= positive Größe<br />

1 − A ∗ T 2<br />

t<br />

> 0 ❀ 1 − A ∗ T 2<br />

t > 0 . (9.8)<br />

B2) √<br />

C2<br />

˜ − Tt B∗ < 0<br />

Analog erhält man für √<br />

C2<br />

˜ − Tt B∗ < 0 die Lösung<br />

<br />

Tt =<br />

˜C2<br />

B∗ eγ + 1<br />

eγ ,<br />

− 1<br />

(9.9)<br />

und beobachtet stetig fallende Werte des turbulenten Zeitmaßes Tt. Diese streben<br />

im Grenzübergang gegen das unten angeführte Minimum<br />

∂Tt<br />

< 0 und lim<br />

∂t t→∞ Tt<br />

<br />

˜C2<br />

= . (9.10)<br />

B∗ Mit Hilfe von (9.3) folgt wiederum<br />

∂Tt<br />

∂t = ˜ C2 − B∗ T 2<br />

t<br />

1 − A∗ T 2<br />

t<br />

= negative Größe<br />

1 − A ∗ T 2<br />

t<br />

< 0 ❀ 1 − A ∗ T 2<br />

t > 0 . (9.11)<br />

Die Möglichkeit, negative Werte des Anisotropiekoeffizenten zu erhalten, wird daher<br />

vom Autor der vorliegenden Arbeit als äußerst gering angesehen. Es sei daran erinnert,<br />

daß die oben gemachten Aussagen aus den Annahmen einer lokal zweidimensionalen<br />

Reynolds–gemittelten Strömung mit vernachlässigbarer Diffusion und korrekter Initialösung<br />

für hinreichend große Beobachtungszeiten abgeleitet wurden, und ein allgemeingültigerer<br />

Beweis leider nicht gelingt.<br />

152


9.2 Regularisierte Technik<br />

9.2. REGULARISIERTE TECHNIK<br />

Gatski und Speziale (1993) schlagen in der ursprünglichen Variante ihres EASM eine<br />

Fixierung des Wertes der spezifischen Produktionsrate (P/ε) g vor. Der dabei festgelegte<br />

Wert lehnt sich an das strukturelle Gleichgewicht an (vgl. <strong>Kapitel</strong> 7.1)<br />

<br />

P P<br />

= = const =<br />

ε g ε equil.<br />

<br />

1 − Cε2<br />

≈ 2 , (9.12)<br />

1 − Cε1<br />

welches der Herleitung des ASM zu Grunde liegt. Diese Vorgehensweise ist mit erheblichen<br />

Nachteilen verbunden und wurde von den Autoren in späteren Arbeiten mehrfach<br />

korrigiert (?; ?). Tabelle 9.1 vergleicht die daraus resultierenden Werte des Gleichgewichtsparameters<br />

g für unterschiedliche RSTM.<br />

Die Problematik konstanter (P/ε)g Werte läßt sich unmittelbar aus der Betrachtung<br />

des Anisotropiekoeffizienten für (P/ε)g ≈ 2 erkennen<br />

<br />

1 − Cε2<br />

g =<br />

(C<br />

1 − Cε1<br />

∗ 1 + 1) + (C1 − 1) ❀ ĉµ =<br />

1 − 2<br />

3 η1<br />

β3<br />

g<br />

−β1/g<br />

2<br />

− 2η2<br />

2 . (9.13)<br />

β2<br />

g<br />

Deutlich erkennt man, daß im Falle einer rotationsfreien Distorsion (η2 = 0) mit steigendem<br />

η1 eine Singularität von cµ droht. Hiervon ausgenommen ist das von Taulbee<br />

vorgeschlagene modifizerte LRR–Modell – welches auch von Wallin und Johansson<br />

(2000) propagiert wird –, für das wegen β3 ≡ 0 keine Singularität auftreten kann.<br />

Mit dem Nulldurchgang des Nenners von (9.13) ist ein im RANS–Kontext physikalisch<br />

unsinniger Wert des isotropen Wirbelzähigkeitsanteils verbunden. Offenkundig strebt<br />

das EASM in diesem Falle rasch gegen asymptotisch falsche Werte. Gatski und Speziale<br />

(1993) schlugen daher eine Regularisierung des Anisotropieparameters (bzw. des<br />

Koeffizienten A) auf der Grundlage einer Padé–Approximation erster Ordnung vor<br />

2 β3<br />

η1 ≈<br />

g<br />

2 β3<br />

η1 g<br />

<br />

β3<br />

g<br />

2<br />

η1 + 1<br />

❀ ˜cµ =<br />

1 + 1<br />

3 η1<br />

<br />

2<br />

β3<br />

−β1<br />

η1 + 1<br />

g<br />

g<br />

2 β3 − 2<br />

g<br />

2 β3<br />

η1 + 1<br />

g<br />

<br />

η2<br />

.<br />

2<br />

β2<br />

g<br />

(9.14)<br />

Tabelle 9.1: Werte des fixierten Gleichgewichtsparameters g für verschiedene lineare<br />

Transportgleichungs–Reynolds–Spannungsmodelle.<br />

LLR TB SSG/GS FRLT GL GY RO<br />

g 2.5 2.8 4.3 3.5 2.8 3.9 6.0<br />

(β3/g) 2<br />

2.5 10 −3 0.0 7.6 10 −3 11.4 10 −3 20.4 10 −3 32.2 10 −3 27.8 10 −3<br />

153


KAPITEL<br />

Die Güte der Padé–Aproximation ist an die Gültigkeit von<br />

2 β3<br />

η1 ≤ 10<br />

g<br />

−1<br />

❀ 2η1 = S 2 ≤ 2 · 10 −1<br />

<br />

g<br />

β3<br />

2<br />

≈ 10 1<br />

(9.15)<br />

gebunden. Das GS–EASM entspricht somit für nichtgleichgewichtige Zustände nicht<br />

mehr der ursprünglichen Formulierung. Angesichts der Tatsache, daß eine Singularität<br />

der Ausgangsgleichung (9.13) erst bei η1 = 1.5 (β3/g) 2 auftritt, weicht die Padé–<br />

Aproximation unnötigerweise bereits für völlig unkritische Distorsionzustände von der<br />

Ausgangsformulierung ab. Unglücklicherweise hängt die Güte der Padé–Approximation<br />

von der Wahl der Koeffizienten C1, C ∗ 1 und C3 ab. Die Werte des hierfür relevanten<br />

Parameters (β3/g) 2 sind in der zweiten Zeile von Tabelle 9.1 angeführt. Mit steigendem<br />

(β3/g) 2 sinkt die Güte der Approximation. Die Auswirkungen der Padé–<br />

Approximation hängen, wie im <strong>Kapitel</strong> 7.1 demonstriert, zudem stark vom gewählten<br />

Rotta–Koeffizienten ab.<br />

Einfache, gleichgewichtsnahe Zustände können bereits mit herkömmlichen Zwei–Parameter–Modellen<br />

recht gut vorhergesagt werden. Die Motivation zur Entwicklung einer<br />

höherwertigen Modellierung ist eng mit dem Bestreben verbunden, Nichtgleichgewichtssituationen<br />

besser darstellen zu können. Die aus der Regularisierung resultierenden<br />

erheblichen Genauigkeitsverluste bei der Vorhersage von Nichtgleichgewichtszuständen<br />

sind von einer Reihe von Autoren (z.B. Rumsey et al. 1999) festgestellt<br />

worden. Vor diesem Hintergrund sollte die vorgeschlagene Regularisierung mit großer<br />

Skepsis betrachtet werden. Ferner drohen bei der Behandlung stark nichtgleichgewichtiger<br />

Strömungen negative Normalspannungskomponenten, welche in Einzelfällen (?)<br />

zu einer Verfahrensdivergenz führen können.<br />

Der Anisotropieparameter sollte mit steigenden η1 sinken. Ein kontrollierter Abfall von<br />

cµ zu endlich kleinen positiven Grenzwerten kann nach Gleichung (9.1) jedoch nur für<br />

g ∼ √ η1 ❀ cµ ∼ η −1/2<br />

1<br />

(9.16)<br />

realisiert werden. Die Beziehung (9.16) gewährleistet zudem die Konsistenz zur RDT<br />

und zum Realizability–Prinzip (siehe <strong>Kapitel</strong> 7). Demgegenüber besitzen sowohl die<br />

auf der Basis einer einfachen Padé–Approximation (9.14) regularisierte Variante, als<br />

auch die nicht regularisierte Variante des Anisotropieparameters ein falsches, teilweise<br />

sogar uneinheitliches, asymptotisches Verhalten<br />

ĉµ(η1 = 0) ∼ η −1<br />

2 , ˜cµ(η2 = 0) ∼ η 0 1 bzw. ˜cµ(η1 ≈ −η2) ∼ η −1<br />

1 . (9.17)<br />

Verbesserte, asymptotisch korrekte Regularisierungsvorschläge, auf die hier nicht näher<br />

eingegangen werden soll, findet man beispielsweise bei ?) oder ?). Eine Regularisierung<br />

erscheint im Vergleich zu den unten skizzierten selbstkonsistenten bzw. quasi–<br />

selbstkonsistenten Techniken nicht ratsam.<br />

154


9.3 Selbstkonsistente Technik<br />

9.3. SELBSTKONSISTENTE TECHNIK<br />

Die selbstkonsistente Formulierung erhält man durch die Projektion der exakten Produktionsbeziehung<br />

(4.2) in die gewählte Funktionsbasis. Beschränkt man sich dabei<br />

der Einfachheit halber erneut auf inkompressible Strömungen, dann ergibt sich<br />

P<br />

ε<br />

<br />

g<br />

=<br />

P<br />

ε<br />

<br />

= −2bijsij = −2A T (1)<br />

ij sij − 2B T (2)<br />

ij sij − 2C T (3)<br />

ij sij . . . , (9.18)<br />

ohne daß Ad–hoc–Annahmen für die spezifische Produktionsrate gemacht werden müssen.<br />

Projektion in die lineare Basis<br />

Im Falle eines linearen Ansatzes (6.6) enthält die selbstkonsistente Bestimmungsgleichung<br />

der spezifischen Produktionsrate<br />

<br />

P<br />

−2β1η1<br />

=<br />

ε C1 − 1 + P/ε − 2β3 (η3/η1)<br />

g<br />

formal zwei Lösungen, von denen hier nur die positive Wurzel sinnvoll ist<br />

<br />

P<br />

ε g<br />

= − 1<br />

2<br />

<br />

C1 − 1 − β3<br />

η3<br />

η1<br />

<br />

+<br />

<br />

1<br />

4<br />

<br />

C1 − 1 − β3<br />

2 η3<br />

η1<br />

− 2β1η1<br />

0.5<br />

. (9.19)<br />

Der Ansatz (9.19) ist wegen g ∼ √ η1 mit einem asymptotisch korrekten Verhalten des<br />

Anisotropieparameters verbunden. Die Güte des o.a. Lösung prüft man geeigneterweise<br />

am Beispiel konventioneller, zweidimensionaler, homogener Scherströmungen, deren<br />

Richtwerte in Tabelle 9.2 zusammengefasst sind. Ein Vergleich mit Tabelle 4.2 ergibt,<br />

daß keines der aufgelisteten RSTM im Zusammenhang mit (9.19) befriedigende Lösungen<br />

erzielt. Die Gründe hierfür liegen in der unterbestimmten Funktionsbasis, weswegen<br />

eine Manipulation der Koeffizienten (z.B. C1=3.0 und C2=0.8) angebracht ist. Darüber<br />

hinaus fehlt der linearen Projektion die Sensitivität für Krümmungsmechanismen, da<br />

die Invarianten des Wirbeltensors nicht in Erscheinung treten.<br />

Tabelle 9.2: Richtwerte der spezifischen<br />

Produktionsrate in einer ebenen (homogenen)<br />

Scherung.<br />

S η1 η2 η3 P/ε<br />

6.0 18 -18 0 ≈ 2<br />

3.3 5.445 -5.445 0 ≈ 1<br />

155


KAPITEL<br />

Projektion in die zweidimensionale Basis<br />

Aus dem Aufbau der Systemmatrixen (6.15) und (6.17) bzw. ihrer Determinanten<br />

erkennt man, daß höherwertige nichtlineare Funktionsbasen auch mit komplexeren,<br />

hochgradig nichtlinearen Polynomen zur Bestimmung selbstkonsistenter g–Werte verbunden<br />

sind. Für eine Funktionsbasis N–ten Grades ergibt sich ein Polynom (N+1)–<br />

ten Grades zur Bestimmung von g. Die Selektionsproblematik der zumeist mehrdeutigen<br />

Lösung motiviert eine Beschränkung der Betrachtungen auf zweidimensionale<br />

Reynolds–gemittelte Strömungszustände, bei denen zur Bestimmung von (P/ε) ein<br />

kubisches Polynom gelöst wird. Die unten skizzierte Vorgehensweise wurde zuerst von<br />

?) bzw. Wallin und Johansson (2000) vorgeschlagen.<br />

Für die quadratische Drei–Generator–Funktionsbasis (6.13) ergibt sich in lokal zweidimensionalen<br />

Zuständen die unten stehende kubische Gleichung<br />

(C ∗ <br />

P<br />

1 + 1) = (C<br />

ε<br />

∗ 1 + 1) P<br />

ε = −2(C∗ 1 + 1)A η1 = g − (C1 − 1) , (9.20)<br />

❀ g − (C1 − 1)<br />

<br />

g 3 − K1g 2 −<br />

<br />

η1<br />

K1<br />

g<br />

=<br />

−2 η1 β ∗ 1g<br />

g 2 − 2<br />

3 η1β3 2 − 2η2β2 2<br />

mit β ∗ 1 = β1(C ∗ 1 + 1) ,<br />

<br />

2<br />

3 β3 2 − 2β ∗ <br />

1 + 2η2β2 2<br />

<br />

2<br />

g + K1<br />

3 η1β3 2 + 2η2β2 2<br />

<br />

= 0 .<br />

Mit Hilfe der Substitution G = g − K1/3 ergibt sich eine einfachere Beziehung, in der<br />

der quadratische Term nicht mehr auftritt<br />

G 3 + p G + q = 0 ,<br />

mit p = − 1<br />

Mit P1 = − q<br />

2<br />

⎧<br />

1<br />

⎨<br />

g =<br />

⎩ 1<br />

q =<br />

3<br />

K1<br />

3<br />

K 2 1 + 2β3 2 − 6β ∗ 1<br />

<br />

4β 2 2η2 − 2<br />

<br />

η1 + 6β 2 <br />

2η2 ,<br />

2 <br />

K1<br />

+<br />

3<br />

2β ∗ 1 + 4 2<br />

β3<br />

3<br />

<br />

η1<br />

<br />

. (9.21)<br />

Die Wurzeln der Beziehung (9.21) werden durch die Cardanische Lösungsformel (?)<br />

beschrieben.<br />

<br />

q<br />

2 <br />

p<br />

3 und P2 = + folgt (9.22)<br />

2 3<br />

3K1 + 3 P1 + √ P2 + sign(P1 − √ P2) 3 | P1 − √ P2 | wenn P2 > 0<br />

3K1 + 2 6 P 2 <br />

1<br />

1 − P2 cos 3 cos−1<br />

<br />

P1<br />

wenn P2 < 0<br />

√ P 2 1 −P2<br />

Die Lösung für P2 < 0 setzt sich eigentlich aus drei reellen Wurzeln zusammen, von<br />

denen eine keine stetige Fortsetzung für P2 > 0 besitzt und eine weitere durch die Koeffizienten<br />

des Druck–Scher–Korrelationsmodells entfällt. Im Falle einer Modifikation der<br />

156


c μ<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

9.3. SELBSTKONSISTENTE TECHNIK<br />

SSG<br />

LRR<br />

RO<br />

FRLT<br />

GY<br />

GL<br />

TB<br />

FRLT (quasi)<br />

0.1 1.0 10.0<br />

S=Ω<br />

Abbildung 9.1: Verhalten des Anisotropieparameters für geringe Deformationsgeschwindigkeiten<br />

bei selbstkonsistenter Technik ( FRLT(quasi) quasi-selbstkonsistente Lösung nach<br />

(9.24)).<br />

Funktions– bzw. Integritätsbasis in (9.20) sollte die vollständige Lösung (?; Lübcke und<br />

Rung 1999) konsultiert werden. Man erkennt leicht, daß mit g ∼ 6√ P2 asymptotisch korrekte<br />

Eigenschaften verbunden sind. Lübcke und Rung (1999) zeigen, daß im Rahmen<br />

der selbstkonsistenten Technik keine negativen Anisotropiewerte auftreten können. Der<br />

Nachteil der so ermittelten Beziehung für (P/ε)g ist ihre Komplexität und die mangelnde<br />

Sensitivität gegenüber 3D Strömungszuständen durch die Reduktion von N , hier<br />

insbesondere das Fehlen von η3. Ein weiteres Problem der selbstkonsistenten Technik<br />

ist der Wert des Anisotropiekoeffizienten cµ im Grenzübergang P/ε → 0 (vgl. Abbildung<br />

9.1 und Tabelle 9.3). Das selbstkonsistente EASM neigt in deformationsfreien<br />

Zonen teilweise zu sehr hohen Werten des Anisotropieparameters, was zu Problemen bei<br />

der Darstellung der Grenzbereiche zwischen turbulentem und nichtturbulentem Fluid<br />

führt. Leider sind keine strengen mathematisch/physikalischen Zwangsbedingungen zur<br />

Formulierung dieses Grenzwertes bekannt. Die empfohlenen Erfahrungswerte liegen im<br />

Bereich von 0.1–0.2, wobei der Grenzwert des Rotta–Modells (RO) aufgrund des exklusiven<br />

Bezugs der Modellbildung auf langsame Umverteilungsprozesse am plausibelsten<br />

erscheint.<br />

Tabelle 9.3: Grenzwerte des Anisotropieparameters cµ für P/ε → 0 im Rahmen der selbstkonsistenten<br />

Technik.<br />

LRR TB SSG GS FRLT GL GY RO<br />

limP/ε→0 cµ = −β1/(C1 − 1) 0.53 0.33 0.70 0.143 0.31 0.33 0.23 0.167<br />

157


KAPITEL<br />

12<br />

8<br />

4<br />

Ω<br />

present Ω present Ω 2D−analytical Ω 2D−analytical<br />

approximation approximation of g evolution of g of gevolution<br />

of g<br />

12<br />

2 4 6 28 4 6 8<br />

g<br />

8<br />

4<br />

10<br />

12<br />

g<br />

S<br />

10<br />

2 4 6 8 10<br />

4 8 124<br />

8 12 4 8 124<br />

8 12<br />

g<br />

12<br />

S<br />

12<br />

g<br />

S<br />

2 4 6 8 10<br />

Abbildung 9.2: Verlauf des Gleichgewichtsparameters g; links: Approximation mit Hilfe<br />

der quasi–selbstkonsistenten 2D Formulierung (9.24); rechts: Verlauf der selbstkonsistenten<br />

2D Lösung nach (9.22).<br />

9.4 Quasi–Selbstkonsistente Technik<br />

Die oben skizzierte selbstkonsistente Technik ist trotz ihrer Beschränkung auf einfache,<br />

zweidimensionale Strömungszustände mit relativ komplexen Lösungen verbunden.<br />

Dies motiviert die Bestimmung der spezifischen Produktionsrate (P/ε)g durch einen<br />

weniger aufwendigen linearen Ansatz. Ein solches Vorgehen entspricht im Grunde der<br />

Projektion der spezifischen Produktionsrate in eine reduzierte, niederwertigere Funktionsbasis.<br />

Neben der oben skizzierten Lösung (9.19) ist die Berechnung von (P/ε)g<br />

durch folgenden etablierten Alternativansatz (?; Rung 1998b) denkbar<br />

mit c ∗ µ =<br />

A0 + A1<br />

<br />

P<br />

= 2 c<br />

ε g<br />

∗ µη1 , (9.23)<br />

<br />

1<br />

η3<br />

√ und A1 = A1<br />

A2η1 − A3η2<br />

(η1) 1.5<br />

<br />

.<br />

Man beachte, daß die Formulierung (9.23) über den Schiefen–Parameter A1 dreidimensionale<br />

Einflüsse zu berücksichtigen vermag, worauf in <strong>Kapitel</strong> 8.1 näher eingegangen<br />

wird. Die Approximation der spezifischen Produktionsrate führt zu asymptotisch korrekten<br />

Eigenschaften gemäß (9.16) und berücksichtigt darüber hinaus Krümmungseffekte.<br />

Quasi–selbstkonsistente 2D Formulierung<br />

Der Ansatz (9.23) eignet sich in vielerlei Hinsicht zur Vereinfachung der selbstkonsistenten<br />

Technik. Neben der partiellen Linearisierung einer hochgradig nichtlinearen,<br />

158<br />

12<br />

S


9.4. QUASI–SELBSTKONSISTENTE TECHNIK<br />

3D Formulierung läßt er sich zur Entwicklung einer simplen quasi–selbstkonsistenten<br />

Formulierung nutzen, deren Entwicklung im Weiteren erläutert werden soll.<br />

<br />

2η1<br />

˜g = fC1 C1 − 1 + √ , mit A1(2D) = 1.83 . (9.24)<br />

4. + A1 0.4η1 − 1.6η2<br />

FRLT<br />

Die hier vorgeschlagene Formulierung (9.24) ist auf die Koeffizienten des FRLT–Modells<br />

(vgl. Tabelle 4.2) abgestimmt. Abbildung 9.2 veranschaulicht den Verlauf des quasi–<br />

selbstkonsistenten Gleichgewichtsparameters in der S − Ω Ebene (mit S = √ 2η1 und<br />

Ω = √ −2η2) für zweidimensionale Strömungszustände. Bei der Wahl der freien Parameter<br />

von (9.23) wurden die unten angeführten Restriktionen beachtet.<br />

I Beschränkung von cµ im Grenzübergang η1 = η2 → 0<br />

Wallin und Johansson (2000) bzw. Taulbee (1992) berichten über Probleme der selbstkonsistenten<br />

Formulierung in deformationsfreien Strömungsgebieten. Das selbstkonsistente<br />

EASM neigt in deformationsfreien Zonen zu sehr hohen Werten des Anisotropieparameters<br />

(vgl. Tabelle 9.3), was Schwierigkeiten bei der Modellierung des<br />

Übergangs zwischen turbulenter Grenzschicht und schwach turbulenter Kernströmung<br />

bereitet. Viele Autoren modifizierten daher die Prandtlzahlen des Zwei–Parameter–<br />

Hintergrundmodells. Um eine Trennung zwischen Hintergrundmodell und Stress–Strain<br />

Beziehung zu erhalten, wird in dieser Arbeit eine empirische Funktion fC1 eingeführt,<br />

die den Wert des Parameters g in deformationsfreien Bereichen stützt<br />

fC1 = 1 + 0.95<br />

<br />

1−tanh<br />

<br />

2<br />

S<br />

2.15<br />

❀ lim<br />

η1=η2→0 cµ = 0.161 . (9.25)<br />

Die Wirkungsweise der Funktion fC1 geht deutlich aus Abbildung 9.2 hervor. Mit abnehmenden<br />

Scherraten S tritt eine verstärkte Abweichung der quasi–selbskonsistenten<br />

Formulierung von der selbstkonsistenten Lösung auf. Für das Beispiel einer ebenen<br />

Scherströmung schmiegt sich die hier vorgeschlagene Lösung im Grenzübergang zu<br />

kleinen Deformationsgeschwindigkeiten an die Lösung des Rotta–Modells an, welches<br />

allein die langsamen Umverteilungsbeiträge berücksichtigt (Abbildung 9.1).<br />

II Konsistenz zum SSG Druck–Scher–Korrelationsmodell<br />

Das SSG Druck–Scher–Korrelationsmodell von Speziale et al. (1991) besitzt in vollturbulenten<br />

Bereichen (fC1 = 1) neben dem klassischen linearen Rotta–Beitrag zum<br />

Gleichgewichtsparameter g einen weiteren Anteil, der von P/ε abhängt<br />

<br />

P<br />

gSSG := 0.7 + 1.9<br />

ε<br />

<br />

P<br />

❀<br />

ε<br />

g<br />

g<br />

= ˜g , (9.26)<br />

1.05 η1<br />

= 0.421 +<br />

4. + 1.83 √ . (9.27)<br />

0.4η1 − 1.6η2<br />

159


KAPITEL<br />

Von der Güte der Approximation (9.24) überzeugt man sich beispielsweise anhand der<br />

in Tabelle 10.2 wiedergegebenen Ergebnisse für homogene Scherturbulenz.<br />

III Konsistenz zur Schwartzschen Ungleichung<br />

Die Schwartzsche Ungleichung für zwei verschiedene Geschwindigkeitsfluktuationen<br />

(uαuβ) 2 ≤ u 2 α u 2 β<br />

, (9.28)<br />

ist ein Bestandteil des in <strong>Kapitel</strong> 7.3 ausführlicher behandelten Realizability–Prinzips.<br />

Die Herleitung einer integralen Form der Schwartzschen Ungleichung basiert auf der<br />

doppelten Überschiebung des Reynolds–Spannungstensors mit sich selbst<br />

uiuj uiuj ≤ u 2 i u2 j = (2k)2 . (9.29)<br />

Gleichung<br />

√<br />

(9.29) dient im Rahmen dieser Arbeit zur Bestimmung der Kombination<br />

A2 in (9.23).<br />

A1<br />

Mit Hilfe des quadratischen Drei–Generator–Ansatzes FGS und der zweidimensionalen<br />

Koeffizienten (6.18) ergibt sich von (9.29)<br />

c 2 µ<br />

<br />

❀ c 2 µ<br />

T (1) (1)<br />

ij T ji +<br />

<br />

η1 +<br />

2 β2<br />

˜g<br />

−2 β2<br />

˜g<br />

T (2) (2)<br />

ij T ji + 4<br />

(1) (2)<br />

T ij T ji<br />

+ 4β3<br />

˜g<br />

2 β3<br />

˜g<br />

(1) (3)<br />

T ij T ji<br />

T (3) (3)<br />

ij T ji<br />

− 4β2β3<br />

˜g<br />

(2)<br />

T 2 ij<br />

<br />

(3)<br />

T<br />

ji<br />

≤ 2<br />

3 ,<br />

2 2 β2<br />

β3 1<br />

(η1η2 − 6η5) + 4<br />

˜g<br />

˜g 6 η2 1 + 4 β3<br />

˜g η3<br />

<br />

≤ 2<br />

3<br />

. (9.30)<br />

Unterwirft man die hierin auftretenden Invarianten den bereits mehrfach zitierten 2D<br />

Restriktionen (3.54), dann ergibt sich<br />

⎡<br />

⎣<br />

β1/˜g<br />

1 − 2 β2 2<br />

˜g 2 η2 − 2 β<br />

3<br />

2 3<br />

˜g 2 η1<br />

⎤<br />

⎦<br />

2 <br />

η1<br />

<br />

1 − 2 β2 2<br />

˜g 2 η2 + 2<br />

3<br />

β2 <br />

3<br />

η1 ≤<br />

˜g 2 2<br />

3<br />

. (9.31)<br />

Von besonderem Interesse ist das Verhalten des Parameters ˜g für große Werte der<br />

Wirbel– und Scherraten–Invarianten η1 bzw. η2, bei denen eine Verletzung der Ungleichung<br />

(9.31) zu befürchten ist. Eine Beschränkung der linken Seite kann in diesem Falle<br />

nur für<br />

˜g 2 ∼ α1 η1 − α2η2<br />

160<br />

(9.32)


9.4. QUASI–SELBSTKONSISTENTE TECHNIK<br />

gewährleistet werden, was vom gewählten Ansatz (9.23) befriedigt wird. Die restriktivste<br />

Situation tritt in Verbindung mit lim η1 → ∞ und η2 → 0 auf<br />

<br />

1<br />

<br />

α1<br />

β1<br />

β<br />

3<br />

2 3<br />

α1<br />

1 − 2<br />

2 <br />

1 + 2<br />

3<br />

β 2 3<br />

α1<br />

<br />

α1 + 2<br />

= β2 1 3β2 3<br />

<br />

α1 − 2<br />

3β2 2 3<br />

α 2 1 + 3<br />

2 β2 1α1 + 2<br />

3 β2 <br />

2<br />

3<br />

3 β2 3 − 3<br />

2 β2 <br />

1 − 2<br />

für die man folgende Einschränkung der Parameterwerte α1 findet<br />

2<br />

3 β2 3 + 3<br />

4 β2 1 − γ > α1<br />

<br />

2<br />

mit γ =<br />

oder<br />

3 β2 3 + 3<br />

4 β2 2 1<br />

2<br />

3 β2 3 + 3<br />

+ 2<br />

3 β2 3<br />

Im Falle des hier propagierten FRLT–Modells ergibt sich<br />

<br />

≤ 2<br />

3 ,<br />

4 β2 1 + γ < α1<br />

<br />

3<br />

2 β2 1 − 2<br />

3 β2 <br />

3 .<br />

≥ 0 , (9.33)<br />

(9.34)<br />

α1 > 0.5613 bzw. α1 < −0.0401 , (9.35)<br />

wobei generell nur positive Werte sinnvoll sind. Der Vergleich mit (9.24) zeigt, daß der<br />

implementierte Wert für α1 ungefähr dem Grenzwert der Schwartzschen Ungleichung<br />

entspricht<br />

α1 = A1(2D)<br />

√<br />

A2<br />

= 0.5787 > 0.5613 .<br />

2<br />

Für die ebene Scherturbulenz mit η1 = −η2 erkennt man sofort, daß die Schwartzsche<br />

Ungleichung immer erfüllt ist, weswegen diesbezüglich für cµ die Konsistenz zur<br />

Bradshaw–Hypothese im Grenzübergang lim η1 → ∞ verlangt wird.<br />

Die Gewährleistung positiver Anisotropieparameter ist mit der Forderung nach einem<br />

positiven Nenner verbunden<br />

−β1/˜g<br />

1 − 2 β2 2<br />

˜g 2 η2 − 2 β<br />

3<br />

2 3<br />

˜g 2 η1<br />

> 0 ❀ β 2 3 < 1.5 α1 . (9.36)<br />

Man erkennt deutlich, daß die Konsistenz zur Schwartzschen Ungleichung für das FRLT<br />

Modell auch positive Anisotropieparameter gewährleistet.<br />

IV Asymptotische Konsistenz zur Bradshaw–Hypothese in ebenen Scherströmungen<br />

Betrachtet man im Weiteren den wichtigen Fall einer ebenen Scherung, dann ergibt<br />

der Ansatz (9.23) für große Werte des Scherparameters S<br />

η1 = −η2 = 0.5S 2<br />

❀ lim ˜g<br />

S→∞ 2 <br />

=<br />

161<br />

A1<br />

2 2<br />

2 S<br />

√ . (9.37)<br />

A2 + A3 2


KAPITEL<br />

Setzt man hier die plausible Nebenbedingung<br />

ein, dann ergibt sich für den Anisotropiekoeffizienten<br />

cµ =<br />

−β1/˜g<br />

1 + 0.5 2β2 2 − 2<br />

3β2 <br />

2<br />

3 A1 A2 + A3 = 2 (9.38)<br />

=<br />

−β1A1<br />

S 1 + 0.5 2β2 2 − 2<br />

3β2 . (9.39)<br />

2<br />

3 A1 Fordert man weiterhin für große Scherparameterwerte die Konsistenz zur sogenannten<br />

Bradshaw-Hypothese (Bradshaw und Ferris 1972), bzw. der daraus folgenden Linearisierung<br />

der Produktion P von Turbulenzenergie (Rung 1998a)<br />

P<br />

ε = cµS 2 = 0.3 S ❀ cµ = 0.3/S , (9.40)<br />

dann ergibt sich aus den Gleichungen (9.39) und (9.40) eine quadratische Beziehung<br />

zur Bestimmung von A1<br />

<br />

0.5 2β 2 2 − 2<br />

<br />

A<br />

3<br />

2 1 + 3.3β1A1 + 1 = 0 . (9.41)<br />

Für das FRLT–Modell gewinnt man aus einer der beiden Wurzeln von (9.41) unmittelbar<br />

den Wert des Koeffizienten A1(2D)<br />

A1(2D) = 1.82 .<br />

Nachdem man zunächst den Koeffizienten A1(2D) mit Hilfe von (9.41) bestimmt, erfolgt<br />

die Berechnung von A2 und A3 durch (9.34) bzw. (9.38). Die Verträglichkeit zum<br />

SSG–Modell bzw. zu den in Tabelle 9.2 notierten Richtwerten bestimmt die abschließende<br />

Wahl von A0. Zur Überprüfung der Koeffizienten wird das EASM im nächsten<br />

<strong>Kapitel</strong> neben der eingehenden Analyse fundamentaler Strömungszustände auch einer<br />

Realisierbarkeits–Untersuchung unterzogen.<br />

Quasi–selbstkonsistente 3D Formulierung<br />

Eine weitere Möglichkeit zum Einsatz einer Näherung ˜g findet sich bei der 3D Erweiterung<br />

der selbstkonsistenten Formulierung von (P/ε)g. Durch den partiellen Einsatz<br />

von ˜g läßt sich der kubische Grad der Bestimmungsgleichung für g auch bei hochgradig<br />

nichtlinearen Modellen erhalten.<br />

Erweitert man z.B. den quadratischen GS–Ansatz durch eine ergänzende Gruppe T λ<br />

ij<br />

(vgl. <strong>Kapitel</strong> 8.5)<br />

⎛<br />

bij =<br />

⎝<br />

<br />

β1<br />

g − 2β2 2<br />

g η2 − 2β2 3<br />

3g η1<br />

sij − β2<br />

g<br />

⎞<br />

⎠<br />

sikw ∗ kj − w ∗ ikskj<br />

+ 2β3<br />

g<br />

<br />

s 2 ij − 1<br />

3 δij s 2 <br />

kk<br />

162<br />

+ bλ(ηi, βi)<br />

g2 T (λ)<br />

<br />

ij<br />

,


9.4. QUASI–SELBSTKONSISTENTE TECHNIK<br />

dann läßt sich der kubische Grad des Polynoms durch die Linearisierung<br />

erhalten:<br />

<br />

P<br />

=<br />

ε g<br />

P<br />

ε = ˜g3D − (C1 − 1)<br />

<br />

und damit<br />

˜g 3 3D − K1˜g 2 3D −<br />

<br />

η1<br />

+ K1<br />

2<br />

2<br />

K1<br />

3 β3 2 − 2β ∗ 1<br />

bλ(ηi, βi)<br />

g 2<br />

→ bλ(ηi, βi)<br />

g˜g<br />

= −2A (C ∗ <br />

η3 bλ/˜g<br />

1 + 1) η1 + 2β3 +<br />

g g<br />

<br />

+ 2η2β2 2<br />

<br />

˜g3D<br />

3 η1β3 2 + 2η2β2 2 + 4 β∗ 1β3<br />

K1<br />

η3 + 2 β∗ 1bλ/˜g<br />

K1<br />

<br />

T (λ)<br />

ij sij<br />

<br />

T (λ)<br />

ij sij<br />

= 0 . (9.42)<br />

Die Lösung von (9.42) gelingt wiederum mit Hilfe der Cardanischen Lösungsformel. Im<br />

Unterschied zu (9.22) kann P1 prinzipiell auch negative Werte annehmen, weswegen<br />

man eine dritte reelle Wurzel findet<br />

˜g3D =<br />

⎧<br />

1<br />

3<br />

⎪⎨<br />

⎪⎩<br />

K1 + 3 P1 + √ P2 + sign(P1 − √ P2) 3 | P1 − √ P2 | wenn P2 > 0<br />

1<br />

3K1 + 2 6 P 2 <br />

1<br />

1 − P2 cos 3 cos−1<br />

<br />

P1 √ wenn P2 < 0 und P1 > 0<br />

P 2<br />

1 −P2<br />

1<br />

3K1 + 2 6 P 2 <br />

1<br />

1 − P2 cos 3 cos−1<br />

<br />

P1 + 2π<br />

<br />

wenn P2 < 0 und P1 < 0<br />

3<br />

163<br />

√ P 2 1 −P2<br />

,<br />

(9.43)


<strong>Kapitel</strong> 10 Analyse<br />

Dieses <strong>Kapitel</strong> befaßt sich mit der formalen Untersuchung des quadratischen Drei–<br />

Generator–Ansatzes (6.13) von Gatski und Speziale. Das Hauptaugenmerk der Untersuchungen<br />

gilt der Leistungsfähigkeit unterschiedlicher Techniken zur Darstellung von<br />

(P/ε)g, insbesondere der hier entwickelten quasi–selbstkonsistenten (QS) Approximation,<br />

in fundamentalen inkompressiblen Strömungszuständen. Einen weiteren Schwerpunkt<br />

des <strong>Kapitel</strong>s bildet die Validierung der Koeffizienten des vorgeschlagenen FRLT–<br />

EASM in Konkurrenz zu herkömmlichen (linearen) Druck–Scher–Korrelationsmodellen.<br />

Die Untersuchungen widmen sich zunächst der Vorhersage von elementaren homogenen<br />

Turbulenzfeldern bei moderater und starker Distorsion. Anhand des illustrativen<br />

Beispiels der achsensymmetrischen Distorsion wird die dem EASM zugrunde liegende<br />

Funktionsbasis kritisch beleuchtet. Daran anschliessend wird die Realisierbarkeit der<br />

Modellbildung für fundamentale Strömungszustände demonstriert. Abschließend werden<br />

die Koeffizienten des Druck–Scher–Korrelationsmodells in Hinblick auf die Darstellbarkeit<br />

von Stromlinienkrümmung und sekundären Strömungsmerkmalen analysiert.<br />

10.1 Homogene Scherturbulenz<br />

Die Analyse der berechneten Gleichgewichtswerte des Reynolds–Spannungstensors für<br />

homogene Scherturbulenz zählt zu den wichtigsten Eckpfeilern einer Beurteilung von<br />

Turbulenzmodellen. Die einzige von Null verschiedene Komponente des Geschwindigkeitsgradienten–Tensors<br />

∂U/∂y = S ∗ sei hierbei positiv, und ebenso wie alle statistischen<br />

Turbulenzgrößen räumlich konstant.<br />

Gleichgewichtszustand<br />

Für homogene Scherturbulenz lauten die modellierten Transportgleichungen der Turbulenzenergie<br />

(2.17) und Disspationsrate (2.18)<br />

∂k<br />

∂t<br />

= P − ε ,<br />

∂ε<br />

∂t<br />

= ε<br />

k<br />

<br />

<br />

Cε1 P − Cε2 ε<br />

mit P = cµ S 2 ε , (10.1)<br />

deren Langzeitverhalten (Index ∞) durch folgende Gleichgewichtsbeziehung charakterisiert<br />

ist<br />

<br />

∂ε<br />

=<br />

∂t ∞<br />

ε<br />

<br />

∂k<br />

. (10.2)<br />

k ∂t ∞<br />

Aus Gleichung (10.2) ergibt sich unmittelbar der bereits in <strong>Kapitel</strong> 6.2 verwendete<br />

Gleichgewichtswert für die spezifische Produktionsrate<br />

<br />

P<br />

=<br />

ε ∞<br />

Cε2 − 1<br />

Cε1 − 1 := C5 , (10.3)<br />

164


10.1. HOMOGENE SCHERTURBULENZ<br />

Tabelle 10.1: Berechnete Gleichgewichtswerte des Scherparameters für die ebene homogene<br />

Scherung (k − ε Modell). Vergleich der Ergebnisse mit quasi-selbstkonsistenter Approximation<br />

von ˜g nach (9.24) mit der regularisierten Technik cµ(g) nach (9.13) bzw. (9.14) und der<br />

selbstkonsistenten Technik (SK) nach Gleichung (9.22). Die Ergebnisse des linearen Standardmodells<br />

nach Jones et al. (1972) sind durch den Terminus lin. gekennzeichnet.<br />

k − ε LRR TB GS FRLT GL GY RO lin. Exp.<br />

cε1 1.44 1.44 1.44 1.44 1.44 1.40 1.44 1.44<br />

cε2 1.90 1.90 1.83 1.83 1.92 1.80 1.92 1.92<br />

C5 2.05 2.05 1.89 1.89 2.09 2.00 2.09 2.09<br />

S∞(˜g) 5.51 6.93 5.98 6.01 5.75 5.12 5.39 4.82 6.08<br />

S∞(g) (Reg. nach (9.14)) 5.45 6.84 6.02 6.36 5.79 5.36 5.62 — —<br />

S∞(g) (SK nach (9.22)) 5.45 6.84 5.99 6.25 5.65 5.13 5.39 — —<br />

und damit von (10.1) ein exponentielles Wachstum für die Turbulenzenergie<br />

<br />

τ<br />

k∞(τ) = k0 exp<br />

S<br />

<br />

Cε2 − Cε1<br />

,<br />

Cε1 − 1<br />

mit τ = t S ∗ = t <br />

2 η1 . (10.4)<br />

Experimentelle Untersuchungen von Tavoularis und Corrsin (1981) ordnen dem Gleich-<br />

= 6.08 zu, direkte nume-<br />

gewichtszustand einen Scheratenparameterwert S∞ = √ 2η1∞<br />

rische Simulationen von ?) ermitteln demgegenüber leicht geringere Werte (S∞ = 5.7).<br />

Die von den unterschiedlichen EASM berechneten Gleichgewichtswerte S∞ sind in Tabelle<br />

10.1 zusammengefasst. Da sich alle Techniken zur Darstellung von (P/ε)g auf<br />

den Gleichgewichtszustand beziehen, variieren die Ergebnisse einzelner Druck–Scher–<br />

Korrelationsmodelle diesbezüglich nur geringfügig. Die größten Abweichungen treten<br />

im Zusammenhang mit den GY–, RO– und FRLT–EASM auf. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />

daß sich die Wahl des Rotta–Koeffizienten des FRLT–Modells nach Geichung<br />

(9.27) eng an die Darstellung von (P/ε)g anlehnt. Auffällig ist die mit fallendem β3 einsetzende<br />

Abweichung zwischen selbstkonsistentem und regularisiertem Ergebnis, welche<br />

durch den bereits in Gleichung (9.14) erörterten Einfluß des Koeffizienten β3 auf die<br />

Güte der Padé–Approximation erklärt werden kann.<br />

Anisotropietensor der Reynolds–Spannungen im Gleichgewichtszustand<br />

Tabelle 10.2 vergleicht die von verschiedenen EASM berechneten Reynolds–Spannungen<br />

mit Experimenten und direkten numerischen Simulationen für drei verschiedene Scherraten.<br />

Die beiden höheren Scherraten beziehen sich auf die ebene homogene Scherung,<br />

der niedrigere Wert S = 3.3 entspricht dem logarithmischen Bereich einer Kanalströmung.<br />

Hierbei ist zu beachten, daß bei einer Kanalströmung genau genommen<br />

natürlich keine homogene Scherung vorliegt, ein Vergleich aber durchaus zweckmäßig<br />

ist. Da es sich bei den betrachteten Beispielen um Gleichgewichtszustände handelt, in<br />

denen Transportterme von untergeordnetem Einfluß sind, dürften sich die Ergebnisse<br />

165<br />

Tt


KAPITEL<br />

der Transportgleichungsmodelle kaum von den hier gezeigten EASM–Ergebnissen unterscheiden.<br />

Die berechneten Werte basieren auf der quasi–selbstkonsistenten Bestimmung<br />

des Gleichgewichtsparameters ˜g nach Gleichung (9.24). Zur Verdeutlichung der<br />

Bedeutung einer selbstkonsistenten bzw. quasi–selbstkonsistenten Vorgehensweise sind<br />

die Ergebnisse des regularisierten GS–Modells im Zusammenhang mit dem konstanten<br />

Gleichgewichtswert g nach Gleichung (9.13) unter der Kurzform GSreg ergänzend<br />

aufgeführt.<br />

Abid und Speziale (1993) weisen darauf hin, daß sowohl für die Kanalströmung als<br />

auch für die homogene Scherströmung ähnliche Anisotropiewerte berechnet werden<br />

sollten. Diese Aussage läßt sich durch den Vergleich der DNS einer Kanalströmung<br />

(Kim et al., 1987) mit den Messungen von Laufer (1951) nicht bestätigt. Trotzdem<br />

ist ein solches Vorhersageverhalten positiv zu bewerten. Dies gilt insbesondere für die<br />

elementar wichtige Schubspannungskomponente b12.<br />

Der Vergleich der GSreg– und SSG–Variante in Tabelle 10.2 deutet an, daß nahezu konstante<br />

Schubspannungskomponenten mit einem regularisierten EASM nicht zu verwirklichen<br />

sind. Eine Erklärung hierzu ergibt sich aus der Analyse des Rotta–Koeffizienten<br />

C1. Die Unabhängigkeit der Schubspannungskomponente von der Scherrate ist nur bei<br />

hinreichend kleinen Rotta–Koeffizienten zu gewährleisten, was z.B. deutlich aus der<br />

vergleichenden Betrachtung der GL– und GY–Ergebnisse hervorgeht. Je geringer der<br />

im Modell verankerte Rotta–Koeffizient ist, desto einflußreicher ist der Unterschied zwischen<br />

variablem oder konstantem (P/ε)g auf den Gleichgewichtskoeffizienten g. Eine<br />

gleichmäßig gute Vorhersage der homogenen Scherturbulenz und der Kanalturbulenz<br />

ist daher mit regularisierten Modellen nicht möglich.<br />

Der Einfluß des Rotta–Koeffizienten C1 auf den Grad der Anisotropie einer homogenen<br />

Scherströmung ist verblüffend. Mit Hilfe des EASM läßt leicht sich leicht zeigen,<br />

daß die Koordinaten des Anisotropietensors für eine Scherströmung (η1 = 2(s12) 2 ) im<br />

Falle von C1 = 1 zu Konstanten degenerieren<br />

<br />

η1<br />

b11 = −cµ β2 +<br />

g<br />

β3<br />

<br />

3<br />

<br />

η1<br />

, b22 = cµ β2 −<br />

g<br />

β3<br />

<br />

3<br />

, |b12| = cµ<br />

η1<br />

2<br />

. (10.5)<br />

Die exakte Gleichung (9.20) zur Bestimmung des Gleichgewichtsparameters g lautet in<br />

Scherströmungen<br />

g = (C ∗ 1 + 1) P<br />

ε = 2 (C∗ 1 + 1) cµη1 =<br />

❀ g = √ 2 β3 η1 2<br />

g + 2η1<br />

g<br />

3 − β2 2 − β ∗ 1<br />

−2β ∗ 1η1<br />

<br />

<br />

:=γ<br />

166<br />

<br />

β 2 2 − β2 3<br />

3<br />

.<br />

,


10.1. HOMOGENE SCHERTURBULENZ<br />

Setzt man dieses Ergebnis in die Definition des Anisotropieparameters cµ ein<br />

cµ =<br />

√ η1<br />

−β1<br />

<br />

γ + 2<br />

<br />

β γ<br />

2 2 − β2 ,<br />

3<br />

3<br />

dann ergeben sich gemäß (10.5) unmittelbar von der Scherrate unabhängige bij-Werte.<br />

Aus der nachfolgenden kurzen Beurteilung unterschiedlicher Vorgehensweisen zur Modellierung<br />

der Druck–Scher–Korrelationen ergeben sich weitere konzeptionelle Defizite.<br />

IP–Modelle<br />

Sämtliche IP–Modelle offenbaren Schwierigkeiten bei der Berechnung der scheinbar<br />

einfachen homogenen Scherturbulenz. Die Schubspannungskomponente wird von allen<br />

Formulierungen deutlich überschätzt, die Spannungsanisotropie jedoch unterschätzt,<br />

woraus sich ein struktureller Widerspruch ableiten läßt. Insbesondere die fehlerhafte<br />

Berechnung von b12 ist zu bemängeln. Wegen C3 = C4 = 1.5 C2 sind IP–Modelle in<br />

ebenen Scherströmungen unweigerlich mit der Anomalie b22 = b33 verbunden. Daraus<br />

resultieren signifikante Defizite bei der Vorhersage von Wandturbulenz oder turbulenten<br />

Sekundärströmungen in scherdominierten Strömungszuständen (vgl. <strong>Kapitel</strong> 7.5). Die<br />

im IP–Modell verankerte Kopplung zwischen den Koeffizienten des schnellen Druck–<br />

Scher–Korrelationsmodells erscheint daher fragwürdig. Das GL–Modell ist den GY–<br />

und RO–Vorschlägen in ebenen Scherströmungen tendenziell überlegen.<br />

QI–Modelle<br />

Das LRR–Modell führt aufgrund der mangelhaften Abstimmung der Koeffizienten zu<br />

ähnlich unbefriedigenden Ergebnissen wie die IP–Modelle. Die Schubspannungskomponente<br />

wird deutlich überschätzt, was für die Berechnung von Scherströmungen fatale<br />

Auswirkungen haben kann. Die Normalspannungsanisotropie wird weit unterschätzt.<br />

Die von Taulbee vorgeschlagene Modifikation des LRR–Modells, die auch von Wallin<br />

und Johansson (2000) zur Formulierung eines EASM benutzt wird, erweist sich der<br />

ursprünglichen LRR–Formulierung in Bezug auf die Schubspannung überlegen. Die<br />

Normalspannungen werden demgegenüber noch schlechter als vom LRR–Modell vorhergesagt.<br />

Das TB–Modell unterscheidet sich für ebene Scherströmungen daher faktisch<br />

nicht von guten linearen Wirbelzähigkeitsmodellen. Die Wahl von C3 = 2 führt darüber<br />

hinaus in diesen Strömungen unsinnigerweise immmer auf b33 = 0, weswegen sich der<br />

physikalisch wichtige Umverteilungsmechanismus auf zwei Komponenten beschränkt.<br />

Die Vernachlässigung der dritten Komponente ist von Nachteil für die Darstellung von<br />

Anisotropiezuständen, beispielsweise in Zusammenhang mit der Integration des wandnahen<br />

low–Re Bereichs.<br />

Die FRLT– und SSG–Varianten sind für alle drei Scherraten mit bemerkenwert guten<br />

Resultaten verbunden. Die gute Übereinstimmung der Vorhersagen dieser beiden<br />

Modelle belegt die Qualität der quasi–selbstkonsistenten FRLT–Modellbildung.<br />

167


KAPITEL<br />

Tabelle 10.2: Berechnete Werte des Anisotropietensors für die ebene homogene Scherung.<br />

Aufgelistete P/ε = −2b12S. Mit Ausnahme von GSreg wurden alle Ergebnisse mit der quasiselbstkonsistenten<br />

Approximation des Gleichgewichtsparameters g nach (9.24) berechnet.<br />

k − ε S b11 b22 b12 P/ε cµ<br />

Launder, Reece und Rodi (LRR) 6.08 0.148 -0.116 -0.185 2.001 0.061<br />

5.7 0.149 -0.117 -0.186 1.886 0.065<br />

3.3 0.149 -0.117 -0.186 1.227 0.112<br />

Taulbee (TB) 6.08 0.123 -0.123 -0.147 1.788 0.049<br />

5.7 0.122 -0.122 -0.147 1.676 0.052<br />

3.3 0.112 -0.112 -0.145 0.957 0.088<br />

Speziale, Sarkar und Gatski (SSG) 6.08 0.217 -0.159 -0.156 1.897 0.052<br />

5.7 0.214 -0.155 -0.157 1.790 0.055<br />

3.3 0.179 -0.131 -0.158 1.043 0.096<br />

lin. reg. Gatski und Speziale (GSreg) 6.08 0.205 -0.149 -0.157 1.909 0.052<br />

5.7 0.193 -0.141 -0.157 1.790 0.055<br />

3.3 0.099 -0.072 -0.138 0.911 0.084<br />

Fu, Rung, Lübcke und Thiele (FRLT) 6.08 0.218 -0.157 -0.157 1.909 0.052<br />

5.7 0.215 -0.155 -0.157 1.790 0.055<br />

3.3 0.180 -0.130 -0.158 1.043 0.096<br />

Gibson und Launder (GL) 6.08 0.182 -0.091 -0.182 2.213 0.060<br />

5.7 0.181 -0.090 -0.182 2.075 0.064<br />

3.3 0.163 -0.081 -0.175 1.155 0.106<br />

Gibson und Younis (GY) 6.08 0.253 -0.126 -0.198 2.408 0.065<br />

5.7 0.247 -0.123 -0.197 2.246 0.069<br />

3.3 0.179 -0.089 -0.181 1.195 0.110<br />

Rotta (RO) 6.08 0.248 -0.124 -0.197 2.396 0.065<br />

5.7 0.238 -0.119 -0.196 2.234 0.069<br />

3.3 0.143 -0.072 -0.168 1.109 0.102<br />

lineares Standardmodell 6.08 0.0 0.0 -0.273 3.320 0.09<br />

(cµ =const) 5.7 0.0 0.0 -0.257 2.930 0.09<br />

3.3 0.0 0.0 -0.149 0.983 0.09<br />

Exp. Tavoularis und Corrsin (1981) 6.08 0.210 -0.151 -0.155 1.88 0.051<br />

DNS Rogers et al.(1986) 5.7 0.215 -0.153 -0.158 1.85 0.055<br />

Kanal DNS Kim et al. (1987) 3.3 0.179 -0.127 -0.143 0.996 0.087<br />

Kanal Exp. Laufer (1951) 3.1 0.220 -0.150 -0.160 0.992 0.103<br />

168


10.1. HOMOGENE SCHERTURBULENZ<br />

Instationäres Verhalten bei langsamer und schneller Variation der Scherrate<br />

Im Folgenden werden eine gleichgewichtsnahe und eine stark nichtgleichgewichtige homogene<br />

Scherung verglichen, welche sich durch die zeitliche Änderung der dimensionslosen<br />

Scherrate S = S ∗ k/ε unterscheiden (Abbildung 10.1). Aufgrund der geringfügigen<br />

Abweichung der Anfangsbedingung S0 vom Gleichgewichtszustand S∞ ist die gleichgewichtsnahe<br />

Scherung mit einer langsamen Änderung der Scherrate verbunden. Die<br />

Realisierung der nichtgleichgewichtigen Strömung geschieht durch entsprechend große<br />

Abweichungen der Anfangsbedingung vom Gleichgewichtszustand.<br />

S<br />

100<br />

10<br />

1<br />

0<br />

S *<br />

k 0 /ε 0 =2.36 (approximate equilibrium)<br />

S * k 0 /ε 0 =50. (non−equilibrium)<br />

t<br />

Abbildung 10.1: Zeitliche Entwicklung des Scherratenparameters S in einer homogenen<br />

Scherung bei zwei verschiedenen Anfangsbedingungen (S ∗ k0/ε0 = 2.36 bzw. S ∗ k0/ε0 = 50).<br />

Gleichgewichtsnaher Fall (schwache Distorsion)<br />

Abbildung 10.2 zeigt die zeitliche Entwicklung der Reynolds–Spannungen in einer homogenen<br />

Scherung zur Anfangsbedingung S0 = 2.36. Der Vergleich der Resultate unterschiedlicher<br />

EASM–Varianten mit der von ?) publizierten direkten numerischen Simulation<br />

untermauert die oben gezogenen Schlußfolgerungen. Keines der in Abbildung<br />

10.2 (unten) zusammengefassten IP–Modelle vermag zwischen den beiden sekundären<br />

Normalspannungskomponenten zu differenzieren. Das FRLT–Modell (Abbildung 10.2<br />

oben) besitzt trotz der eher moderaten Scherung deutliche Vorteile gegenüber den anderen<br />

Varianten bei der Vorhersage dieser Strömung.<br />

Auffällig sind die signifikanten Abweichungen aller EASM–Ergebnisse im frühen transienten<br />

Bereich (St ≤ 5). Diese resultieren aus der Vernachlässigung der substantiellen<br />

Änderung des Anisotropietensors im Rahmen des hypothetisch angenommenen strukturellen<br />

Gleichgewichts (Gleichung 4.10). Aufgrund der nicht verschwindenden Anfangsscherrate<br />

startet die RANS im Unterschied zur DNS aus anisotropen Zuständen. Sie<br />

durchläuft nur eine kurze transiente Phase, in der sich der Scherratenparameter S dem<br />

Gleichgewichtswert S∞ nähert, der Grad der Spannungsanisotropie folgt unmittelbar<br />

aus den aktuellen Parameterwerten von S. Untersuchungen zum transienten Verhalten<br />

sind demnach allenfalls für isotrope Turbulenzgrößen sinnvoll. Mit zunehmender Be-<br />

169


KAPITEL<br />

deutung der substantiellen Änderung des Anisotropietensors kommt es darüber hinaus<br />

zu Fehlern bei der Berechnung der Produktionsterme, worunter auch die Vorhersage<br />

isotroper Größen leidet. Dies betrifft weniger die Simulation von Scherturbulenz als die<br />

weiter unten diskutierte Vorhersage der rotationsfreien Distorsion, da die Normalspannungsanisotropie<br />

dort über entsprechende Gradienten die Entwicklung der spezifischen<br />

Produktionsrate (P/ε ∼ bijsij) nachhaltig beeinflußt.<br />

Ein praxisbezogenes Beispiel für die Bedeutung der Transportterme ist die Berechnung<br />

konfluenter Scherschichten, die beispielsweise im Zusammenhang mit der Simulation<br />

aerodynamischer Hochauftriebskonfigurationen (?) relevant sind. Hierbei kommt es in<br />

Ermangelung von Transporttermen zu deutlichen Qualitätseinbußen. ?) schlagen zur<br />

Berücksichtigung der lokalen Änderung das in <strong>Kapitel</strong> 8.1 skizzierte Relaxationsmodel<br />

vor, dessen Gültigkeitsbereich auf krümmungsarme, quasi–isotrope Zustände bechränkt<br />

ist. Alternativ hierzu können die vollständigen Transportterme (vgl. <strong>Kapitel</strong><br />

5.3) berücksichtigt werden, wovon in dieser Arbeit jedoch kein Gebrauch gemacht wird.<br />

Nichtgleichgewichtsfall (starke Distorsion)<br />

Die Simulation einer stark nichtgleichgewichtigen homogenen Scherung ist aufgrund<br />

der hohen Anfangsscherrate S0 = 50 von Interesse. Das Beispiel eignet sich primär<br />

zur Evaluierung der im Rahmen von <strong>Kapitel</strong> 6 angestellten Überlegungen zum sog.<br />

Rapid–Distortion–Limit (lim η1 → ∞) des Anisotropieparameters cµ und ermöglicht eine<br />

Überprüfung der quasi–selbstkonsistenten Approximation von (P/ε)g. Inkonsistenzen<br />

eines Turbulenzmodells im Rapid–Distortion–Limit sind häufig mit fehlerhaften<br />

Simulationsergebnissen in Nichtgleichgewichtsströmungen verknüpft und sollten daher<br />

vermieden werden. Da eine transiente Analyse allenfalls für die isotropen Turbulenzgrößen<br />

sinnvoll ist, beschränken sich die gezeigten Resultate an dieser Stelle auf die<br />

zeitliche Entwicklung der Turbulenzenergie.<br />

Abbildung 10.3 vergleicht die diesbezüglich vorhergesagten Werte mit den Ergebnissen<br />

der Rapid–Distortion–Theorie (RDT), welche der Arbeit von ?) entnommen wurden.<br />

Verglichen mit der zuvor untersuchten gleichgewichtsnahen Anwendung verschlechtert<br />

sich die Qualität der Ergebnisse deutlich unter dem Einfluß der phasenweise extrem<br />

hohen Scherrate. Das regularisierte Modell unterschätzt das Wachstum der Turbulenzenergie<br />

aufgrund des bereits in Gleichung (9.17) konstatierten niedrigen asymptotischen<br />

Grenzwertes des Anisotropieparameters. Das herkömmliche k − ε Modell überschätzt<br />

demgegenüber das Wachstum der Turbulenzenergie entsprechend der Überproportionalität<br />

des asymptotischen Grenzwertes. Im Gegensatz zur regularisierten Formulierung,<br />

bzw. dem linearen k − ε Modell, sind mit den asymptotisch korrekten (quasi–) selbstkonsistenten<br />

Modellen deutliche Verbesserungen zu erzielen.<br />

Die Ursache für die verminderte Simulationsgüte bei hohen Scherraten liegt partiell in<br />

der isotropen, gleichgewichtsorientierten Modellbildung des Dissipationsraten–Tensors.<br />

Für den isotropen Anteil des Spannungstensors k/k0 verbessern sich die Ergebnisse<br />

170


R ij /2k<br />

R ij /2k<br />

R ij /2k<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to homogeneous shear<br />

S *<br />

k0 /ε0 =2.36<br />

0.0 5.0 10.0 15.0 20.0<br />

St<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to homogeneous shear<br />

S *<br />

k0 /ε0 =2.36<br />

0.0 5.0 10.0 15.0 20.0<br />

St<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to homogeneous shear<br />

S *<br />

k0 /ε0 =2.36<br />

0.0 5.0 10.0 15.0 20.0<br />

St<br />

10.1. HOMOGENE SCHERTURBULENZ<br />

R 11 /2k<br />

R 22 /2k<br />

R 33 /2k<br />

R 12 /2k<br />

GS<br />

TB<br />

LRR<br />

R 12 /2k<br />

R 11 /2k<br />

R 22 /2k<br />

R 33 /2k<br />

GL<br />

GY<br />

RO<br />

R 12 /2k<br />

R 11 /2k<br />

R 22 /2k<br />

R 33 /2k<br />

Abbildung 10.2: Zeitliche Entwicklung der Reynolds–Spannungen in einer ebenen, homogenen<br />

Scherung (Anfangsbedingung S ∗ k0/ε0 = 2.36); Vergleich der quasi–selbstkonsistenten<br />

EASM–Ergebnisse mit der direkten numerischen Simulation von Rogers et al. (1986).<br />

171


KAPITEL<br />

k/k 0<br />

20.0<br />

15.0<br />

10.0<br />

5.0<br />

homogeneous shear flow in<br />

the rapid distortion limit<br />

S *<br />

k0 /ε0 =50.<br />

0.0<br />

0.0 2.0 4.0 6.0 8.0 10.0<br />

St<br />

FRLT<br />

FRLT + RNG ε<br />

reg. GS<br />

k−ε<br />

self−consist. GS<br />

self−consist. SSG<br />

RDT<br />

Abbildung 10.3: Zeitliche Entwicklung der Turbulenzenergie bei einer ebenen homogenen<br />

Scherung im Rapid–Distortion–Limit (Anfangsbedingung S ∗ k0/ε0 = 50); Vergleich unterschiedlicher<br />

EASM–Ergebnisse mit der Rapid–Distortion–Theorie (Rogers et al. 1991).<br />

trotz isotroper Modellbildung bereits deutlich bei der Verwendung einer nichtgleichgewichtsbasierten<br />

Formulierung der Dissipationsratengleichung. Abbildung 10.3 belegt<br />

dies anhand des Resultats einer modifizierten Dissipationsratengleichung (FRLT +<br />

RNG ε)<br />

Cε1 = 1.44 −<br />

S(1 − S/S∞)<br />

1 + 0.015 · S 3 , mit S∞ nach Tabelle 10.1 ,<br />

welche von Yakhot et al. (1992) entwickelt wurde und auf die Renormalisierungsgruppen–<br />

(RNG) Theorie zurück geht (?). Analoge Verbesserungen können von ähnlich konstruierten<br />

Cε1 erwartet werden.<br />

Die hiermit erzielbaren quantitativen Verbesserungen für die Turbulenzenergieentwicklung<br />

in einer homogenen, stark gescherten Turbulenz mögen derartige Ansätze legitimieren.<br />

Eine detaillierten Betrachtung der Resultate offenbart jedoch, daß Modifikationen<br />

aus dem Bereich isotroper Wirbelzähigkeitsmodelle das eigentliche Defizit<br />

teilweise maskieren, und der anisotropen Modellbildung nur in Strömungen, die<br />

von primären Strömungsmerkmalen dominiert werden, dienlich sind. Im Zuge stark<br />

erhöhter Scherraten kommt es zu einer deutlichen Umorientierung der Turbulenzstruktur<br />

zur Einkomponenten–Turbulenz, welche vom vorliegenden EASM ungeachtet der<br />

spezifischen Cε1–Formulierung nicht nachvollzogen werden kann. Die fehlerhafte Vorhersage<br />

der Turbulenzstruktur spielt mangels entsprechender Geschwindigkeitsgradienten<br />

für die Entwicklung der Turbulenzenergie in diesem Beispiel jedoch keine Rolle.<br />

Allgemeingültigere Verbesserungen sind nur von anisotropen Dissipationsraten (?; ?)<br />

oder aber direkten Korrekturen der Koeffizienten (vgl. <strong>Kapitel</strong> 8.1) zu erwarten.<br />

172


10.2. HOMOGENE TURBULENZ IN ROTATIONSFREIER DISTORSION<br />

10.2 Homogene Turbulenz in rotationsfreier Distorsion<br />

Der folgende Abschnitt analysiert die Vorhersagekraft unterschiedlicher EASM–Varianten<br />

für verschiedene homogene rotationsfreie (wij ≡ 0) Scherratenfelder. Hierbei wird<br />

wiederum von räumlich konstanten Geschwindigkeitsgradienten und homogenen Turbulenzfeldern<br />

ausgegangen. Für die Analyse ist eine Betrachtung auf der Basis der<br />

Hauptachsen von sij hilfreich. Bekanntermaßen besitzt die Säkulargleichung eines positiv<br />

semi-definiten Tensors<br />

det (sij − λkδij) = 0 (10.6)<br />

drei reelle Lösungen λk (k=1,2,3). Den drei Eigenwerten λk sind drei paarweise orthogonale<br />

Eigenvektoren zugeordnet. Wählt man die Eigenvektoren als Basisvektoren, so<br />

kann sij durch eine Hauptachsentransformation auf Diagonalgestalt gebracht werden<br />

ˆsij =<br />

⎛<br />

⎝<br />

λ1 0 0<br />

0 λ2 0<br />

0 0 λ3<br />

⎞<br />

⎠ , (10.7)<br />

wobei wegen der Spurfreiheit des Deviators s zusätzlich λ1 + λ2 + λ3 = 0 gilt. Sortiert<br />

man die Eigenwerte nach der Größe ihres Betrags, z.B. |λ1| > |λ2|; |λ3|, so ergibt sich<br />

unter der Voraussetzung nicht–trivialer Situationen λ1 = 0:<br />

λ2 + λ3 = −λ1 → λ2 = −0.5(â + 1)λ1 und<br />

Damit läßt sich (10.7) wie folgt notieren (ˆs11 = λ1)<br />

ˆsij =<br />

⎛<br />

⎝<br />

λ3 = −0.5(â − 1)λ1 , −1 ≤ â ≤ 1 . (10.8)<br />

1 0 0<br />

0<br />

0 − 1+â<br />

2<br />

0 0 − 1−â<br />

2<br />

⎞<br />

⎠ ˆs11 . (10.9)<br />

Hierin kennzeichnet ˆs11 die dimensionslose Primärdistorsionsgeschwindigkeit im Hauptachsensystem<br />

und â einen Parameter zur Beschreibung der Abweichung vom zweidimensionalen<br />

Distorsionszustand. Die folgenden Untersuchungen konzentrieren sich auf<br />

die drei relevanten Grenzfälle des transformierten Scherratentensors (10.9) (vgl. Abbildung<br />

10.4):<br />

• zweidimensionale Distorsion: â 2 = 1 und ˆs11 > 0 ,<br />

• achsensymmetrische Kontraktion: â = 0 und ˆs11 > 0 ,<br />

• achsensymmetrische Expansion: â = 0 und ˆs11 < 0 .<br />

173


KAPITEL<br />

Die achsensymmetrische Distorsion ist, wie bereits in <strong>Kapitel</strong> 3.2 diskutiert, mit achsensymmetrischer<br />

Turbulenz verbunden. Durch den exakten linearen Stress–Strain–<br />

Zusammenhang (3.63) ist die Evaluierung der hier untersuchten, formal aufwendigeren<br />

nichtlinearen expliziten Modellbildung von Interesse. Man beachte, daß die über den<br />

quadratischen Ansatz FGS hinausgehenden Generatoren T (4−10)<br />

ij wegen wij ≡ 0 verschwinden,<br />

und die Analyse sich somit ohne Einschränkung auf Allgemeingültigkeit<br />

auf FGS beschränkt.<br />

X 2<br />

X 1<br />

X 2 X 1<br />

Abbildung 10.4: Veranschaulichung der zweidimensionalen Distorsion (links) und achsensymmetrischen<br />

Kontraktion (rechts).<br />

Formale Betrachtung der achsensymmetrische Distorsion<br />

Die Betrachtung der rotationsfreien, achsensymmetrischen Distorsion liefert Einblicke<br />

in eventuell vorhandene konzeptionelle Defizite der Funktionsbasis (3.48) eines expliziten<br />

algebraischen Spannungsmodells<br />

bij = <br />

k<br />

X 3<br />

akT (k)<br />

ij , (10.10)<br />

ohne die Projektion in ein ASM durchführen zu müssen. Die darstellungstheoretische<br />

Tauglichkeit der gewählten Funktionsbasis ist an die lineare Unabhängigkeit ihrer Generatoren<br />

T (k)<br />

ij gebunden. Diese läßt sich, unabhängig von der ins Auge gefaßten Projektion,<br />

mit Hilfe einer doppelten Überschiebung verifizieren<br />

<br />

bijT (p)<br />

ji<br />

<br />

= ak<br />

<br />

T (k)<br />

<br />

(p)<br />

T<br />

<br />

ij ji<br />

<br />

Gram−Matrix Gkp<br />

. (10.11)<br />

Eine Invertierung des Gleichungssystems (10.11) gelingt nur für reguläre Gram–Matrizen.<br />

Linear abhängige Generatoren erzwingen demgegenüber einen Rangabfall der Gram–<br />

Matrix, der mit entsprechend vielen Nullstellen der Gram–Determinate einhergeht.<br />

Dreidimensionale Integritätsbasis<br />

Für das Beispiel des quadratischen Drei–Generator–Ansatzes FGS (6.13) lautet die<br />

174


Gram–Matrix und deren Determinante<br />

⎛<br />

⎞<br />

Gkp =<br />

⎜<br />

⎝<br />

η1 0 η3<br />

0 (η1η2 − 6η5) 0<br />

η3 0 η 2 1/6<br />

10.2. HOMOGENE TURBULENZ IN ROTATIONSFREIER DISTORSION<br />

⎟<br />

⎠ , det[Gkp] =<br />

Im Falle der achsensymmetrischen Kontraktion findet man<br />

T (1)<br />

ij = sij =<br />

⎛<br />

⎝<br />

1 0 0<br />

0 −1/2 0<br />

0 0 −1/2<br />

⎞<br />

⎠ ˆs11 , T (2)<br />

ij<br />

1<br />

(η1η2 − 6η5)( η3 1<br />

6 − η2 3)<br />

(3)<br />

≡ 0 , T ij =<br />

<br />

1<br />

2 ˆs11<br />

<br />

. (10.12)<br />

und für die Invarianten η2 = η4 = η5 = 0 , η1 = 1.5 ˆs 2 11 , η3 = 0.75 ˆs 3 11 . Hieraus ergibt<br />

sich eine doppelte Nullstelle der Gram–Determinate, weswegen das Gleichungssystem<br />

auch in der unten dargestellten vereinfachten Form stets singulär wird<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

a1<br />

a2<br />

a3<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

η 2 1<br />

η 3 1 −6η2 3<br />

0<br />

6 η3<br />

6η 2 3 −η3 1<br />

0<br />

1<br />

η1η2−6η5<br />

0<br />

6 η3<br />

6η 2 3 −η3 1<br />

0<br />

6η1<br />

η 3 1 −6η2 3<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟<br />

⎠ ·<br />

⎜<br />

⎝<br />

bijsij<br />

0<br />

(0.5ˆs11) bijsij<br />

Die Übertragung dieser Aussage auf die EASM überprüft man wegen T (2)<br />

ij<br />

⎞<br />

sij ,<br />

⎟<br />

⎠ . (10.13)<br />

≡ 0 ge-<br />

eigneterweise anhand der Beziehung (6.5). Dabei begünstigt die spezielle Struktur der<br />

rechten Seite (bijT (1)<br />

ij , bijT (3)<br />

ij ) die Berechnung der EASM Koeffizienten, weil sich in diesem<br />

Falle auch die zweite Nullstelle der Determinante von M im Zuge der Invertierung<br />

kürzen läßt. Hiervon kann i.Allg. (Tij = 0) jedoch nicht ausgegangen werden.<br />

Zweidimensionale Integritätsbasis<br />

Die Problematik der Funktionsbasis FGS erkennt man deutlich aus der Untersuchung<br />

der zunächst regulären Gestalt von (10.13), welche man nach Vereinfachung der Integritätsbasis<br />

für zweidimensionale Zustände gemäß (3.54) erhält<br />

a1 = bijsij<br />

η1<br />

a2 = 0 , a3 = 6<br />

und damit von (10.10) : bij =<br />

η 2 1<br />

bijT (3)<br />

ij<br />

<br />

2<br />

η1<br />

= 3 ˆs11<br />

η1<br />

bkmskm<br />

<br />

a1 , (10.14)<br />

sij . (10.15)<br />

Die implizite Beziehung (10.15) birgt einen deutlichen Widerspruch (P/ε = 2P/ε) in<br />

sich, deren Ursachen in der Verwendung linear abhängiger Generatoren liegt. Das Gleichungssystem<br />

(10.13) entkoppelt in diesem Falle zu zwei Gleichungen bij = a1sij und<br />

175


KAPITEL<br />

1/3<br />

1/12<br />

−II b<br />

0.30<br />

0.25<br />

0.20<br />

0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.00<br />

Achsensymmetrische Turbulenz (S=0...100)<br />

1−Komponenten−Turbulenz<br />

Isotrope 2−Komponenten−<br />

Turbulenz<br />

−1/108<br />

regularisierte Trajektorie<br />

qs−FRLT Trajektorie<br />

Kontraktion<br />

Expansion<br />

Isotrope 3−Komponenten−Turbulenz (S=0)<br />

0.00 0.02 0.04 0.06<br />

III b<br />

Abbildung 10.5: Achsensymmetrische Turbulenz (S = 0 bis 100); Vergleich der Invariantenpfade<br />

für die quasi–selbstkonsistente und die regularisierte EASM–Technik (FRLT–Modell).<br />

bij = a3T (3)<br />

ij . Jede dieser Gleichungen erfüllt die Fundamentalgleichung achsensymmetrischer<br />

Turbulenz (3.63), eine Überlagerung beider Anteile ist nicht zulässig und führt<br />

zum Widerspruch.<br />

Explizites algebraisches Spannungsmodell<br />

Die im EASM verankerten Koeffizienten (A, B, C) sind, im Gegensatz zu den Koeffizienten<br />

(a1, a2, a3), keine Funktion des Spannungsanisotropietensors. Die oben angestellten<br />

Überlegungen lassen sich folglich nur bedingt auf die EASM übertragen. Gegenüber<br />

einer mehrgliedrigen impliziten Formulierung besitzt die explizite Formulierung des<br />

EASM den entscheidenden Vorteil der Konsistenz zur Fundamentalbeziehung (3.63)<br />

achsensymmetrischer Turbulenz<br />

<br />

bij = A + C ˆs11<br />

<br />

2<br />

<br />

−c µ(eff)<br />

sij ❀ II∗ b<br />

η1<br />

=<br />

2/27<br />

<br />

A + C ˆs11<br />

2 = c<br />

2<br />

2 µ(eff) , (10.16)<br />

weswegen die achsensymmetrische Turbulenz prinzipiell durch ein EASM darstellbar<br />

ist. Im Zusammenhang mit einer selbstkonsistenten (3D) Darstellung von P/ε für diese<br />

Funktionsbasis sind jedoch Zweifel angebracht. Einschränkend muß bemerkt werden,<br />

176


10.2. HOMOGENE TURBULENZ IN ROTATIONSFREIER DISTORSION<br />

daß sich bei steigender Distorsion in Zusammenhang mit der quasi–selbstkonsistenten<br />

Technik eine frühzeitige Stagnation der Invarianten einstellt.<br />

Abbildung 10.5 verdeutlicht, daß das QS–FRLT–Modell in der vorliegenden Form zwar<br />

die korrekten Lösungspfade<br />

IIb = −0.75 ˜s 2 11 c 2 µ(eff) , IIIb = 0.25 ˜s 3 11 c 3 µ(eff)<br />

❀<br />

2 IIIb<br />

+<br />

2<br />

3 IIb<br />

≡ 0 . (10.17)<br />

3<br />

beschreibt (vgl. Anhang A), ein großer Teil der physikalisch möglichen Zustände aber<br />

außerhalb des Arbeitsbereichs liegt. <strong>Kapitel</strong> 8.1 befaßt sich im Rahmen einer Koeffizientenoptimierung<br />

mit der Eliminierung dieses Defizites. Ferner entnimmt man der Grafik,<br />

daß die regularisierte Technik für große η1 zu nicht realisierbaren Lösungen führt, deren<br />

Trajektorien über die Eckpunkte des grauunterlegten Dreiecks hinauslaufen.<br />

Simulation schwacher rotationsfreier Distorsionen<br />

Der in den Abbildungen 10.6–10.8 illustrierte quantitative Vergleich stellt den Ergebnissen<br />

unterschiedlicher EASM die von ?) durchgeführten direkten numerischen Simulationen<br />

der oben diskutierten drei charakteristischen rotationsfreien Distorsionen<br />

gegenüber. Die direkten numerischen Simulationen wurden dabei erneut aus dem isotropen<br />

Turbulenzzustand gestartet.<br />

Abbildungen 10.6 und 10.7 geben Aufschluß über die Simulationgüte verschiedener<br />

selbstkonsistenter EASM bei schwacher achsensymmetrischer Kontraktion (S0 = 0.56)<br />

bzw. Expansion (S0 = 0.41). Durch die schwache Ausgangsbelastung weicht die anfängliche<br />

Turbulenzstruktur der RANS nur geringfügig vom isotropen Zustand ab. Obwohl<br />

sich die Ausgangsbelastungen der untersuchten Fälle nur wenig unterscheiden, erkennt<br />

man bereits eine Verschlechterung der vorhergesagten Turbulenzenergie für die höhere<br />

Belastung (achsensymmetrische Expansion). Insgesamt sind die Ergebnisse auf der<br />

Basis der FRLT und GS Koeffizienten den anderen Alternativen leicht überlegen. Die<br />

überraschend gute Vorhersage des RO–Modells ist auf die geringe Intensität der Distorsion<br />

zurückzuführen. Analoge Aussagen ergeben sich aus der Betrachtung der in<br />

Abbildung 10.8 gezeigten Ergebnisse für die ebene Streckung (S0 = 0.50). Man be-<br />

achte, daß die Wahl von C3 = 2 (TB–Modell) a priori mit der Neutralisierung des<br />

verbunden ist, welcher im Falle der ebenen Streckung einen von zwei<br />

linear unabhängigen Generatoren des Problems repräsentiert.<br />

Generators T (3)<br />

ij<br />

177


KAPITEL<br />

b ij<br />

b ij<br />

b ij<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to axisymmetric contraction<br />

S *<br />

k 0 /ε 0 =0.56<br />

1.0 2.0<br />

e<br />

3.0 4.0 5.0<br />

(St)<br />

−0.4<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to axisymmetric contraction<br />

S *<br />

k0 /ε0 =0.56<br />

1.0 2.0<br />

e<br />

3.0 4.0 5.0<br />

(St)<br />

−0.4<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to axisymmetric contraction<br />

S *<br />

k0 /ε0 =0.56<br />

1.0 2.0<br />

e<br />

3.0 4.0 5.0<br />

(St)<br />

−0.4<br />

Computed k/k 0<br />

Computed b 11<br />

Computed b 22 =b 33<br />

DNS k/k 0<br />

DNS b 11<br />

DNS b 22 =b 33<br />

GS<br />

TB<br />

LRR<br />

DNS k/k 0<br />

DNS b 11<br />

DNS b 22 =b 33<br />

GL<br />

GY<br />

RO<br />

DNS k/k 0<br />

DNS b 11<br />

DNS b 22 =b 33<br />

Abbildung 10.6: Achsensymmetrische Kontraktion (Anfangsbedingung S ∗ k0/ε0 = 0.56);<br />

Vergleich der vom quasi–selbstkonsistenten FRLT–EASM (oben) und den QI–EASM (mitte)<br />

bzw. IP–EASM (unten) vorhergesagten Ergbnisse mit der direkten numerischen Simulation<br />

von Lee et al. (1985).<br />

178


ij<br />

b ij<br />

b ij<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

10.2. HOMOGENE TURBULENZ IN ROTATIONSFREIER DISTORSION<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to axisymmetric expansion<br />

S *<br />

k0 /ε0 =0.41<br />

1.0 2.0<br />

e<br />

3.0 4.0 5.0<br />

(St)<br />

−0.4<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to axisymmetric expansion<br />

S *<br />

k0 /ε0 =0.41<br />

1.0 2.0<br />

e<br />

3.0 4.0 5.0<br />

(St)<br />

−0.4<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to axisymmetric expansion<br />

S *<br />

k0 /ε0 =0.41<br />

1.0 2.0<br />

e<br />

3.0 4.0 5.0<br />

(St)<br />

−0.4<br />

Computed k/k 0<br />

Computed b 11<br />

Computed b 22 =b 33<br />

DNS k/k 0<br />

DNS b 11<br />

DNS b 22 =b 33<br />

GS<br />

TB<br />

LRR<br />

DNS k/k 0<br />

DNS b 11<br />

DNS b 22 =b 33<br />

GL<br />

GY<br />

RO<br />

DNS k/k 0<br />

DNS b 11<br />

DNS b 22 =b 33<br />

Abbildung 10.7: Achsensymmetrische Expansion (Anfangsbedingung S ∗ k0/ε0 = 0.41);<br />

Vergleich der vom quasi–selbstkonsistenten FRLT–EASM (oben) und den QI–EASM (mitte)<br />

bzw. IP–EASM (unten) vorhergesagten Ergbnisse mit der direkten numerischen Simulation<br />

von Lee et al. (1985).<br />

179


KAPITEL<br />

b ij<br />

b ij<br />

b ij<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to plane strain<br />

S *<br />

k0 /ε0 =0.50<br />

1.0 2.0<br />

e<br />

3.0 4.0 5.0<br />

(St)<br />

−0.4<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

1.0 2.0<br />

e<br />

3.0 4.0 5.0<br />

(St)<br />

−0.4<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to plane strain<br />

S * k 0 /ε 0 =0.50<br />

Initially isotropic turbulence<br />

subjected to plane strain<br />

S * k 0 /ε 0 =0.50<br />

1.0 2.0<br />

e<br />

3.0 4.0 5.0<br />

(St)<br />

−0.4<br />

Computed FRLT<br />

DNS k/k 0<br />

DNS b 11<br />

DNS b 22<br />

DNS b 33<br />

Abbildung 10.8: Ebene Streckung (Anfangsbedingung S ∗ k0/ε0 = 0.50); Vergleich der vom<br />

quasi–selbstkonsistenten FRLT–EASM (oben) und den QI–EASM (mitte) bzw. IP–EASM<br />

(unten) vorhergesagten Ergbnisse mit der direkten numerischen Simulation von Lee et al.<br />

(1985).<br />

180<br />

GS<br />

TB<br />

LRR<br />

k/k 0<br />

b 11<br />

b 22<br />

b 33<br />

GL<br />

GY<br />

RO<br />

k/k 0<br />

b 11<br />

b 22<br />

b 33


10.3 Realisierbarkeit<br />

10.3. REALISIERBARKEIT<br />

Die Reynolds–Spannungen entsprechen den zweiten statistischen Momenten von Geschwindigkeitsfluktuationen<br />

und genügen daher fundamentalen statistischen Zusammenhängen.<br />

Diese werden im Rahmen der numerischen Strömungsmechanik häufig<br />

unter dem Begriff Realisierbarkeit oder dem englischen Terminus Realizability–Prinzip<br />

zusammengefaßt (Schumann 1977; Lumley 1978). Neben der bereits in <strong>Kapitel</strong> 6.4<br />

skizzierten Schwartzschen Ungleichung zählt insbesondere die Gewährleistung positiver<br />

Varianzen zu den Inhalten des Realizability–Prinzips<br />

u 2 α ≥ 0 → keine negative Varianz, (10.18)<br />

u 2 α u 2 β − (uαuβ) 2 ≥ 0 → Ungleichung nach Schwartz. (10.19)<br />

Da es sich bei den Varianzen um Anteile kinetischer Turbulenzenergie handelt, ist<br />

die Realizability-Restriktion (10.18) auch physikalisch einsichtig: Energie ist nie negativ.<br />

Die Schwartzsche Ungleichung ergibt sich aus der Tatsache, daß die Reynolds-<br />

Spannungen durch einen symmetrischen, positiv semi-definiten Tensor repräsentiert<br />

werden bzw. Korrelationskoeffizienten größer Eins unzulässig sind. Eine strengere Form<br />

der Realisierbarkeit befaßt sich mit dem Verhalten der Reynolds–Spannungen bei Erreichen<br />

der Minima von (10.18) und (10.19). Das absolute Minimum ist in diesem Falle<br />

das einzige physikalisch realisierbare Szenario, weswegen die erste zeitliche Ableitung<br />

der beiden linken Seiten verschwinden, und die erste von Null verschiedene Zeitableitung<br />

positiv sein muß.<br />

X 2<br />

X 2<br />

(a)<br />

X 1<br />

X 1<br />

X 2<br />

X 2<br />

Ω3<br />

X 1<br />

X 2 X 1<br />

(b) (c)<br />

Abbildung 10.9: Illustration der Anwendungsbeispiele der Realisierbarkeitsuntersuchung;<br />

(a) ebene Scherströmung, (b) rotierende bzw. gekrümmte Scherströmung, (c) rotationsfreie<br />

Distorsion (Beschleunigung).<br />

Für die im Folgenden durchgeführte Realizability–Untersuchung spielt die strenge Form<br />

der Realisierbarkeit keine Rolle. Da die Gewährleistung der Schwartzschen Ungleichung<br />

bereits in <strong>Kapitel</strong> 6.4 ausführlich erörtert wurde, beschränken sich die anschließenden<br />

Untersuchungen auf die Normalspannungs–Realizability u 2 α ≥ 0.<br />

181<br />

X 1<br />

X 2<br />

X 1<br />

X 3


KAPITEL<br />

Häufig bezieht man sich bei der Realizability–Untersuchung auf ein ausgezeichnetes Koordinatensystem,<br />

um darin eine allgemeingültige Aussage zu entwickeln. Ein Beispiel<br />

hierfür ist die von Rung (1998a) durchgeführte Untersuchung linearer Wirbelzähigkeitsbeziehungen<br />

auf der Basis der Hauptachsen des Scherraten–Tensors, die auch in<br />

zahlreichen Arbeiten von Shih verwendet wurden (Shih et al. 1993; ?; ?). Vor dem Hintergrund<br />

einer beliebig komplexen Funktionsbasis wird die Definition eines ausgezeichneten<br />

Koordinatensystems zusehends schwieriger. Deswegen soll hier, in Anlehnung an<br />

die von ?) skizzierte Vorgehensweise, nur die Realisierbarkeit der in Abbildung 10.9<br />

skizzierten Strömungszustände exemplarisch behandelt werden. Bei den betrachteten<br />

Strömungen handelt es sich um Grundbausteine der klassischen Modellbildung, deren<br />

Realisierbarkeit zu den Mindestanforderung an die Turbulenzmodellierung gehören<br />

sollte. Die untersuchten Strömungen behandeln zweidimensionale und achsensymmetrische<br />

Probleme, weshalb sich die Analyse auf den quadratischen Drei–Generator–Ansatz<br />

(6.13) mit den in (6.18) notierten Koeffizienten stützt. ?) zeigten, daß die regularisierte<br />

Technik unweigerlich mit einer Verletzung des Realizability–Prinzips einhergeht,<br />

weshalb hier vorwiegend die quasi–selbstkonsistente Technik untersucht wird. Um den<br />

Einfluß einer höherwertigen (P/ε)g Approximation zu unterstreichen, werden die Ergebnisse<br />

der regularisierten und selbstkonsistenten Technik der Vollständigkeit halber<br />

hinzugefügt.<br />

Realisierbarkeit ebener Scherströmungen<br />

Die ebene, wandgebundene oder freie Scherschicht nach Abbildung 10.9(a) gehört sicherlich<br />

zu den wichtigsten Strömungsbeispielen. Anhand von Abbildung 2.1 erkennt<br />

man, daß der überwiegende Teil der Turbulenzenergie einer Grenzschicht U1(x2) in der<br />

Hauptströmungskomponente u 2 1 zu finden ist, wohingegen der am meisten gedämpfte<br />

Energieanteil aus kinematischen Gründen die wandnormale Komponente u 2 2 ist. Das<br />

Realizability–Prinzip verlangt, daß keine Komponente der Normalspannungen negativ<br />

werden darf. Mit Hilfe von (2.5), (6.13) und (6.18) findet man für die kritische<br />

Normalspannung u 2 2 und die Querströmungskomponente u 2 3 in dieser Strömung<br />

u2 2 = 2<br />

3 k − 2 cµ<br />

<br />

k − β2<br />

˜g η1 + β3<br />

3˜g η1<br />

<br />

, bzw. u2 3 = 2<br />

3 k − 2 cµ<br />

<br />

k − β3<br />

3˜g η1<br />

<br />

(10.20)<br />

und damit<br />

❀ lim<br />

η1→∞<br />

lim<br />

η1→∞<br />

<br />

u 2 2<br />

<br />

2k<br />

<br />

u 2 3<br />

2k<br />

= 1<br />

3 +<br />

= 1<br />

3 +<br />

182<br />

cµ η1<br />

˜g<br />

<br />

<br />

cµ η1 2β3<br />

˜g 3<br />

β2 − β3<br />

3<br />

<br />

≥ 0 , (10.21)<br />

≥ 0 .


10.3. REALISIERBARKEIT<br />

Tabelle 10.3: Grenzwerte der Normalspannungskomponenten in ebenen Scherströmungen<br />

bei hohen Scherraten; alle Ergebnisse basieren, mit Ausnahme von<br />

LRRreg, auf der Basis der quasi–selbstkonsistenten Technik (9.24).<br />

limη1→∞<br />

<br />

u2 1<br />

2k<br />

shear<br />

u2 2<br />

2k<br />

shear<br />

LLR<br />

0.459<br />

0.235<br />

TB<br />

0.453<br />

0.214<br />

GS<br />

0.585<br />

0.150<br />

FRLT<br />

0.583<br />

0.153<br />

GL<br />

0.510<br />

0.245<br />

GY<br />

0.682<br />

0.159<br />

RO<br />

0.794<br />

0.103<br />

LRRreg.<br />

0.766<br />

-0.006<br />

0.306 0.333 0.265 0.264 0.245 0.159 0.103 0.240<br />

u 2 3<br />

2k<br />

shear<br />

Durch die Abschätzung<br />

lim<br />

η1→∞<br />

<br />

cµ η1<br />

=<br />

˜g<br />

−β1<br />

2<br />

(1.83) 2 <br />

+ 2 β2 2 − β2 <br />

3<br />

3<br />

ergeben sich die in Tabelle 10.3 notierten Grenzwerte der Normalspannungs–Komponenten<br />

in Abhängigkeit vom zugrunde liegenden Druck–Scher–Korrelationsmodell. Abbildung<br />

10.10 veranschaulicht den monotonen Abfall der kritischen Normalspannungskomponente<br />

u 2 2/(2k) mit η1 für die Mehrzahl der quasi–selbstkonsistenten EASM Varianten.<br />

Der in Abbildung 10.11 unten deutlich sichtbare Nulldurchgang der kritischen<br />

Normalspannung des regularisierten LRR–EASM verdeutlicht die Problematik einer<br />

niederwertigen Approximation von (P/ε)g. Eine Verletzung des Realizability–Prinzips<br />

tritt jedoch nur in Zusammenhang mit dem regularisierten LRR–Modell auf. Auffällig<br />

2 u2 /2k<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

quasi self−consistent model<br />

1 10 100 1000<br />

η 1<br />

GS<br />

RO<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

TB<br />

LRR<br />

Abbildung 10.10: Entwicklung der dimensionslosen Normalspannung u2 2 /(2k) bei ebener<br />

Scherung und quasi–selbstkonsistenter Technik.<br />

ist ferner die bereits in <strong>Kapitel</strong> 7.1 angesprochene schwache Normalspannungsanisotropie<br />

der TB und LRR Varianten, sowie die mangelhafte Unterscheidung von Quer– und Nor-<br />

183


KAPITEL<br />

malkomponenten durch IP–Modellen. Daneben stellt man fest, daß die Normalspannung<br />

bei quasi–selbstkonsistenter Modellbildung vorzeitig stagniert, wohingegen die<br />

Resultate der selbstkonsistenten Modellierung über einen weiteren Invariantenbereich<br />

variieren.<br />

2 u /2k 2<br />

2 u2 /2k<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

−0.1<br />

self−consistent model<br />

1 10 100 1000<br />

η 1<br />

regularized model<br />

1 10 100 1000<br />

η 1<br />

GS<br />

RO<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

TB<br />

LRR<br />

GS<br />

RO<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

TB<br />

LRR<br />

Abbildung 10.11: Entwicklung der dimensionslosen Normalspannung u2 2 /(2k) bei ebener<br />

Scherung; Resultate der selbstkonsistenten Technik (oben) bzw. regularisierten Technik (unten).<br />

Realisierbarkeit gekrümmter und rotierender Scherströmungen<br />

Die zweidimensional gekrümmte oder rotierende Scherströmung nach Abbildung 10.9(b)<br />

ist das nächste Anwendungsbeispiel der Realisierbarkeitsuntersuchung. Da es sich hierbei<br />

um Krümmungseffekte innerhalb der Hauptströmungsebene handelt, folgt die Belegung<br />

der Scherraten– und Wirbeltensoren dem in (2.5) notierten Beispiel der ebenen<br />

Scherströmung. Im Unterschied zur krümmungsfreien Situation lautet die Definition<br />

der von Null verschiedenen Komponenten einer gekrümmten Scherströmung<br />

S12 = 1<br />

2<br />

∂U1<br />

∂x2<br />

− U1<br />

x2<br />

<br />

und<br />

184<br />

˜ W12 = 1<br />

2<br />

∂U1<br />

∂x2<br />

+ U1<br />

x2<br />

<br />

, (10.22)


2<br />

u2 /2k<br />

0.40<br />

0.30<br />

0.20<br />

0.10<br />

quasi self−consistent FRLT−EASM<br />

η 1<br />

attenuation of the<br />

wall−normal component<br />

due to curved shear<br />

1 10 100 1000<br />

−η 2 /η 1<br />

10.3. REALISIERBARKEIT<br />

Abbildung 10.12: Abhängigkeit der kritischen Normalspannungsverläufe u2 2 /(2k) von der<br />

Scherrate in gekrümmten Scherströmungen (quasi–selbstkonsistentes FRLT–EASM).<br />

bzw. im Falle der rotierenden Scherströmung (vgl. <strong>Kapitel</strong> 7.4)<br />

S12 = 1<br />

2<br />

∂U1<br />

∂x2<br />

und<br />

˜ W12 = 1<br />

2<br />

∂U1 4 − C4<br />

−<br />

∂x2 2 − C4<br />

Ω3 . (10.23)<br />

Im Rahmen der Realizability–Untersuchung ist die Stabilisierung der Strömung von<br />

besonderem Interesse. Aus diesem Grunde konzentrieren sich die Ausführungen auf<br />

die am stärksten gedämpfte Normalspannungskomponente u 2 2 entlang der konvexen<br />

Berandung einer gekrümmten Scherschicht, bzw. der Saugseite einer rotierenden Ka-<br />

nalströmung<br />

u2 2 = 2<br />

<br />

η1<br />

k + 2 k cµ β2γ −<br />

3 ˜g<br />

β3<br />

<br />

3<br />

, mit γ = w∗ 12<br />

s12<br />

. (10.24)<br />

Da alle Koeffizienten βi negativ sind, und der Term (cµη1/˜g) den oben angestellten<br />

Überlegungen folgend stets positiv ist, sind negative Werte der kritischen Normalspannung<br />

nur für positive γ zu erwarten. Abbildung 10.12 skizziert die Kurvenschar der<br />

kritischen Normalspannung (10.24) am Beispiel des quasi–selbstkonsistenten FRLT–<br />

Modells, analoge Verläufe erhält man für die anderen quasi–selbstkonsistenten EASM–<br />

Varianten. Die Grafik belegt, daß die niedrigsten Werte von u 2 2/(2k) für hohe Invariantenwerte<br />

η1 zu erwarten sind. Untersucht man die Beziehung (10.24) für den Grenzwert<br />

lim η1 → ∞, dann ergibt sich aus<br />

lim ˜g =<br />

η1→∞<br />

√ η1<br />

1.83 0.1 + 0.4γ 2<br />

die Zwangsbedingung<br />

γ 2 <br />

− 1.5 β1<br />

<br />

β1β3<br />

γ +<br />

β2 2 β2 −<br />

2<br />

β2 3<br />

3 β2 2<br />

<br />

η1<br />

bzw. lim<br />

η1→∞ ˜g 2<br />

<br />

= (1.83) 2 0.1 + 0.4γ 2<br />

+ 1<br />

2 β 2 2<br />

2 ˜g<br />

≥ 0 . (10.25)<br />

Schätzt man hierin den Term (˜g 2 /η1) im Sinne der Ungleichung durch den kleinsten<br />

185<br />

η1


KAPITEL<br />

2 u2 /2k<br />

u 2 2 /2k<br />

2 u2 /2k<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

−0.1<br />

−0.2<br />

quasi self−consistent model<br />

1 10 100 1000<br />

−η 2 /η 1<br />

self−consistent model<br />

1 10 100 1000<br />

−η 2 /η 1<br />

regularized model<br />

1 10 100 1000<br />

−η 2 /η 1<br />

GS<br />

RO<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

TB<br />

LRR<br />

GS<br />

RO<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

TB<br />

LRR<br />

GS<br />

RO<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

TB<br />

LRR<br />

Abbildung 10.13: Verhalten der kritischen Normalspannung u2 2 /(2k) in gekrümmten Scherströmungen<br />

im Grenzübergang lim η1 → ∞; oben: quasi-selbstkonsistente Technik, mitte:<br />

selbstkonsistente Technik, unten: regularisierte Technik.<br />

186


10.3. REALISIERBARKEIT<br />

möglichen Wert (0.1 · 1.83 2 ) ab, so finden sich mit Ausnahme des RO–Variante keine<br />

reellen Nullstellen zur Beziehung (10.25), weswegen auch keine negativen Normalspannungen<br />

auftreten können. Abbildung 10.13 (oben) bestätigt dies anhand der grafischen<br />

Verläufe der kritischen Normalspannung als Funktion von −η2/η1. Die selbstkonsistente<br />

Technik besitzt für das RO–EASM ein Minimum im Bereich verschwindender u 2 2,<br />

die regularisierte Technik verletzt das Realizability–Prinzip für die GS–, FRLT– und<br />

LRR– Varianten (Abbildung 10.13 unten).<br />

Tabelle 10.4: Grenzwerte der Normalspannungskomponenten in 2D und achsensymmetrischen<br />

(AK) rotationsfreien Beschleunigungen bei hoher Primärdistorsion;<br />

alle Ergebnisse basieren, mit Ausnahme von LRRreg, auf der quasi–<br />

selbstkonsistenten Technik (9.24).<br />

limη1→∞<br />

<br />

u2 1<br />

2k<br />

2D<br />

u2 2<br />

2k<br />

2D<br />

LLR<br />

0.228<br />

0.447<br />

TB<br />

0.224<br />

0.443<br />

GS<br />

0.149<br />

0.560<br />

FRLT<br />

0.154<br />

0.553<br />

GL<br />

0.233<br />

0.459<br />

GY<br />

0.160<br />

0.589<br />

RO<br />

0.078<br />

0.780<br />

LRRreg.<br />

∞/2<br />

∞/2<br />

0.325 0.333 0.291 0.293 0.308 0.251 0.142 −∞<br />

<br />

u2 3<br />

2k<br />

<br />

u2 1<br />

2k<br />

<br />

u2 2<br />

2k<br />

<br />

<br />

2D<br />

AK<br />

AK<br />

0.214 0.208 0.138 0.144 0.228 0.168 0.120 ∞<br />

0.393 0.396 0.431 0.429 0.386 0.416 0.440 −∞/2<br />

Realisierbarkeit rotationsfreier Beschleunigungen<br />

Starke Strömungsbeschleunigung stabilisiert die Strömung und schwächt das Turbulenzfeld.<br />

Betrachtet man das durch (10.9) definierte rotationsfreie Distorsionsfeld, dann<br />

ergeben sich für positiv angenommene Primärdistorsionen unmittelbar die beiden in<br />

Abbildung 10.9(c) skizzierten Beschleunigungsgrenzfälle<br />

ebene (2D) Streckung : s22 = −s11 , (10.26)<br />

achsensymmetrische Kontraktion : s22 = s33 = −0.5s11 .<br />

Die durch die Beschleunigung der Strömung am stärksten gedämpfte Normalspannungskomponente<br />

u 2 1 weist in Richtung der Primärdistorsion, die am stärksten angefachte<br />

Komponente in x2–Richtung. Mit Hilfe von η1 = 2 s 2 11 und η2 = 0 gelangt man<br />

für den Fall der ebenen Streckung<br />

187


KAPITEL<br />

u 2 1<br />

2k<br />

u 2 2<br />

2k<br />

<br />

1 √ 1<br />

= − cµ η1 √2 +<br />

3<br />

<br />

1 √ −1<br />

= − cµ η1 √2 +<br />

3<br />

√ η1β3<br />

3˜g<br />

√ η1β3<br />

bzw. mit η1 = 1.5 s 2 11 für den Fall der achsensymmetrischen Kontraktion<br />

2<br />

u1 /2k<br />

2<br />

u1 /2k<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

−0.4<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

−0.2<br />

−0.4<br />

u 2 1<br />

2k<br />

u 2 2<br />

2k<br />

3˜g<br />

<br />

, (10.27)<br />

√<br />

1 √ 2<br />

= − cµ η1 √3 +<br />

3 2√ <br />

η1β3<br />

, (10.28)<br />

3˜g<br />

<br />

1 √ −1<br />

= − cµ η1 √6 −<br />

3<br />

regularized model<br />

plane acceleration<br />

√ η1β3<br />

3˜g<br />

1 10 100 1000<br />

η 1<br />

regularized model<br />

axissymmetric contraction<br />

1 10 100 1000<br />

η 1<br />

<br />

<br />

.<br />

,<br />

GS<br />

RO<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

TB<br />

LRR<br />

Abbildung 10.14: Verlauf der dimensionslosen Normalspannung u2 1 /(2k) bei rotationsfreier<br />

Distorsion; oben: ebene Streckung, unten: achsensymmetrische Kontraktion (regularisierte<br />

Technik).<br />

188


Hieraus ergeben sich vermöge<br />

lim<br />

η1→∞ (cµ<br />

√<br />

η1) =<br />

−β1<br />

2<br />

1.83 √ 0.4 − 1.83 √ 0.4 β 3<br />

2 3<br />

, bzw. lim<br />

η1→∞<br />

√ η1<br />

10.3. REALISIERBARKEIT<br />

˜g<br />

<br />

= 1.83 √ 0.4<br />

2<br />

die in Tabelle 10.4 notierten Grenzwerte für starke Strömungsbeschleunigung. Abbildung<br />

10.14 belegt, daß die regularisierte Technik die Realisierbarkeitsbedingung im Zusammenhang<br />

mit allen EASM–Varianten verletzt. Anhand von Abbildung 10.14 und<br />

2<br />

u1 /2k<br />

2<br />

u1 /2k<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

plane acceleration<br />

quasi self−consistent model<br />

1 10 100 1000<br />

η 1<br />

axissymmetric contraction<br />

quasi self−consistent model<br />

1 10 100 1000<br />

η 1<br />

GS<br />

RO<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

TB<br />

LRR<br />

Abbildung 10.15: Verlauf der dimensionslosen Normalspannung u2 1 /(2k) bei rotationsfreier<br />

Distorsion; oben: ebene Streckung, unten: achsensymmetrische Kontraktion (quasi–<br />

selbstkonsistente Technik).<br />

der in Tabelle 10.4 exemplarisch angeführten Werte des regularisierten LRR–EASM<br />

erkennt man ferner, daß die Regularisierung für das ebene Problem irrtümlicherweise<br />

einer nicht vorhandenen Symmetrie zustrebt, und die u 2 1/(2k) Komponente für hohe<br />

Scherraten nicht die kleinste Normalspannung ist. Die Grenzwerte lim η1 → ∞<br />

kennzeichnen nicht immer das absolute Minimum von u 2 1/(2k). Im Zusammanhang<br />

mit der quasi–selbstkonsistenten Technik ergibt sich das absolute Minimum für die<br />

ebene Streckung aus den Nullstellen des unten notierten nichtlinearen Polynoms (mit<br />

189


KAPITEL<br />

γ = 0.25 · 1.83 · √ 0.4)<br />

<br />

0 = 1 + γ 2β3<br />

<br />

3<br />

<br />

η1<br />

8 + √ 2γ √ −<br />

η1<br />

4β2 √ <br />

3<br />

η1<br />

4 + γ √2<br />

3<br />

√<br />

η1<br />

+ √2 + 2β3<br />

√ <br />

η1<br />

4 + γ √2<br />

3<br />

<br />

4β2 √<br />

3<br />

η1<br />

γ +<br />

3 4 √ 2 + γ √ <br />

γ<br />

η1<br />

√ η1<br />

4 √ 2 + γ √ <br />

− 2 .<br />

η1<br />

Anstelle einer analytischen Lösung werden hier nur die grafischen Ergebnisse in den<br />

Abbildungen 10.14–10.16 aufgetragen. In Übereinstimmung mit ?) verdeutlichen die<br />

Darstellungen, daß die rotationsfreie Beschleunigung die restriktivste der hier untersuchten<br />

Anwendungen kennzeichnet. Sowohl die regularisierte als auch die selbstkon-<br />

2<br />

u1 /2k<br />

2<br />

u1 /2k<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

−0.1<br />

−0.2<br />

−0.3<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

−0.1<br />

−0.2<br />

−0.3<br />

plane acceleration<br />

self−consistent model<br />

1 10 100 1000<br />

η 1<br />

axissymmetric contraction<br />

self−consistent model<br />

1 10 100 1000<br />

η 1<br />

GS<br />

RO<br />

GY<br />

GL<br />

FRLT<br />

TB<br />

LRR<br />

Abbildung 10.16: Verlauf der dimensionslosen Normalspannung u2 1 /(2k) bei rotationsfreier<br />

Distorsion; oben: ebene Streckung, unten: achsensymmetrische Kontraktion (selbstkonsistente<br />

Technik).<br />

sistente Technik (Abbildung 10.16) sind über weite Bereiche mit physikalisch nicht<br />

realisierbaren Lösungen verbunden. Die Verletzung des Realizability-Prinzips kann –<br />

in Abhängigkeit von der gewählten EASM–Variante – bereits bei moderaten Distorsionszuständen<br />

(η1 ≈ 12) auftreten. Man beachte, daß lineare RSTM die Realisierbarkeitsbedingungen<br />

ebenfalls verletzen.<br />

190


10.4 Rotierende homogene Scherströmung<br />

10.4. ROTIERENDE HOMOGENE SCHERSTRÖMUNG<br />

Die Schwächen einfacherer Turbulenzmodelle offenbaren sich bereits bei kleineren Abweichungen<br />

vom ebenen Strömungszustand. Der Einfluß von Krümmungsmechanismen<br />

auf das Turbulenzfeld geht am deutlichsten aus der Analyse der Produktions–<br />

und Konvektionsterme der Reynolds–Spannungen im Stromlinienkoordinatensystem<br />

hervor. Anhang A gibt einen Überblick über die krümmungsinduzierten Veränderungen<br />

einzelner Beiträge der Transportgleichungen am Beispiel des in Abbildung 10.17<br />

illustrierten Starrkörperwirbels. Hierzu zählen, neben der Manipulation der Produktionsterme,<br />

die mit zunehmender Krümmung verstärkt auftretenden Coriolisbeschleunigungen<br />

aus der Rotation der Basisvektoren des Stromlinienkoordinatensystems (vgl.<br />

<strong>Kapitel</strong> 8.6). Diese sind ihrem Charakter nach deviatorisch und dienen ausschließlich<br />

der Spannungsumverteilung. Da sie keinen Beitrag zum Transport isotroper Größen<br />

leisten, ist ihre Behandlung im Rahmen expliziter algebraischer Spannungsmodelle auf<br />

der Basis von (4.10) schwierig.<br />

Zur Validierung des Turbulenzmodells in Bezug auf die Vorhersage von Krümmungseffekten<br />

bedient man sich deswegen der in Abbildung 10.17 dargestellten Analogie zwischen<br />

Starrkörperwirbeln und rotierenden homogenen Scherströmungen. Die Transformation<br />

des Starrkörperwirbels in ein rotierendes Koordinatensystem ermöglicht die gezielte<br />

Analyse des Druck–Scher–Korrelationsmodells in krümmungsbehafteten Strömungen.<br />

Die Coriolisterme werden durch die mathematisch exakten Transformationsbeziehungen<br />

zwischen dem konventionellen und dem effektiven Wirbel–Tensor in (4.12)<br />

wiedergegeben. Man beachte, daß der effektive Wirbeltensor<br />

W ∗ 4 − C4<br />

ij = Wij − eijk Ωk ❀ wij → w<br />

2 − C4<br />

∗ ij = Tt W ∗<br />

ij . (10.29)<br />

nicht mehr objektiv ist (vgl. <strong>Kapitel</strong> 8.6). Der folgende Abschnitt befaßt sich mit dem<br />

Verhalten der EASM bei der Simulation einer stationär rotierenden homogenen Scherströmung.<br />

Die Untersuchungen konzentrieren sich auf die Verträglichkeit der unterschiedlichen<br />

Druck–Scher–Korrelationsmodelle zu den Ergebnissen der Stabilitätanalyse<br />

dieser Strömung.<br />

y<br />

S*=0<br />

x<br />

z<br />

y<br />

ω 3<br />

S*=dU/dy<br />

Abbildung 10.17: Starrkörperwirbel (links) und rotierende homogene Scherströmung<br />

(rechts).<br />

191<br />

x


KAPITEL<br />

Stabilitätsuntersuchung<br />

Der Gleichgewichtszustand einer homogenen Scherströmung ist nach Gleichung (10.4)<br />

durch das exponentielle Anwachsen der Turbulenzenergie k∞ gekennzeichnet<br />

∂k∞<br />

∂τ =<br />

<br />

Cε2 − Cε1<br />

Cε1 − 1<br />

S −1<br />

<br />

∞<br />

k , mit τ = t S ∗ = t<br />

Tt<br />

2 η1 .<br />

Die einzige Möglichkeit, die Strömungssituation zu stabilisieren, ist mit den Nullstellen<br />

des inversen Scherratenparameters S −1<br />

∞ = (S ∗ k/ε) −1<br />

∞ verbunden. Eine Stabilisierung<br />

gelingt offenkundig nur im trivialen Fall der verschwindenden Scherrate bzw. Turbulenzenergie.<br />

Betrachtet man die Strömung nicht im Inertialsystem, sondern in einem<br />

mit Ω3 stationär rotierenden Bezugssystem, dann läßt sich aus der Untersuchung der<br />

Nullstellen von S −1<br />

∞ ein Verzweigungsproblem ableiten. Ausgangspunkt der Analyse ist<br />

die Definition der spezifischen Produktionsrate nach Gleichung (10.3)<br />

<br />

P<br />

lim =<br />

τ→∞ ε ∞<br />

Cε2 − 1<br />

Cε1 − 1 := C5 , mit<br />

P<br />

ε<br />

= −uv S∗<br />

ε = cµ S 2 . (10.30)<br />

Mit Hilfe der in Gleichung (10.23) notierten Belegung der Wirbel– und Scherratentensoren<br />

ergibt sich<br />

η1 = 0.5S 2 <br />

<br />

4 − C4 2Ω3<br />

, η2 = −η1 1 −<br />

2 − C4 S∗ <br />

<br />

:=γ<br />

cµ =<br />

−β1/g<br />

1 + S2 (β2/g) 2 (1 − γ) 2 − 1/3 (β3/g)<br />

2 , (10.31)<br />

und damit von (10.30) für den reziproken Gleichgewichtswert des Scherratenparameters<br />

S −1<br />

∞<br />

=<br />

−C5 β1<br />

g<br />

−0.5 2 β2 1 − C5<br />

{1 − γ}<br />

−g β1<br />

2 − 1<br />

3<br />

2<br />

,<br />

β2 3<br />

β2 0.5 2<br />

. (10.32)<br />

Der erste Faktor von (10.32) ist stets positiv und kommt für eine Stabilisierung nicht in<br />

Frage. Der zweite Faktor besitzt jedoch zwei reelle Nullstellen, die bei Durchlaufen der<br />

in Tabelle 10.5 angegebenen charakteristischen Rotationsraten (Ω3/S ∗ )1,2 auftreten.<br />

Zwischen diesen beiden Rotationsraten ist S −1<br />

∞ > 0, und die Turbulenz wird angefacht.<br />

Außerhalb des durch die Nullstellen festgelegten Intervalls<br />

192


10.4. ROTIERENDE HOMOGENE SCHERSTRÖMUNG<br />

Tabelle 10.5: Charakteristische Rotationsraten der Stabilitätsanalyse rotierender homogener<br />

Scherschichten aus Gleichung (10.33) bzw. (10.34).<br />

charakteristische LRR TB GS FRLT GL GY RO lineare<br />

Rotationsraten Theorie<br />

(Ω3/S ∗ ) 1 -0.09 -0.06 -0.08 -0.05 -0.09 -0.10 -0.13 ≈ 0.00<br />

(Ω3/S ∗ ) 2 0.34 0.36 0.52 0.49 0.37 0.51 0.63 ≈ 0.50<br />

(Ω3/S ∗ ) max 0.13 0.15 0.22 0.22 0.14 0.21 0.25 ≈ 0.25<br />

(Ω3/S ∗ )1,2 = 0.5<br />

<br />

Ω3<br />

S∗ <br />

<<br />

1<br />

<br />

Ω3<br />

S∗ <br />

<<br />

<br />

C4 − 2<br />

C4 − 4<br />

⎡<br />

⎣1 + <br />

1<br />

−<br />

3<br />

<br />

Ω3<br />

S∗ <br />

2<br />

2 β3<br />

β2<br />

, mit<br />

−<br />

g β1<br />

β2 2 C5<br />

0.5 ⎤<br />

⎦ (10.33)<br />

stabilisiert der Einfluß der Systemrotation die Strömung. Die charakteristischen Rotationsraten<br />

sind die Verzweigungspunkte des in Abbildung 10.18 dargestellten Bifurkationsdiagramms.<br />

Die stärkste Anfachungsrate innerhalb der Ellipse ist an die dritte<br />

charakteristische Rotationsrate (Ω3/S ∗ )max der Tabelle 10.5 geknüpft. Diese bestimmt<br />

sich aus<br />

∂(S −1<br />

∞ )<br />

∂(Ω3/S ∗ ) = 0 ❀ (Ω3/S ∗ )max = 0.5 C4 − 2<br />

C4 − 4<br />

. (10.34)<br />

Die Ergebnisse der linearen Stabilitätstheorie und der Rapid–Distortion–Theorie (?;<br />

Reynolds 1987) sagen eine maximale Anfachungsrate für die charakteristische Rotationsrate<br />

(Ω3/S ∗ )max = 0.25 voraus, was nach Gleichung (10.34) mit C4 = 0 verknüpft<br />

ist. Das Modell wäre in diesem Falle mit einer Richardsonzahlähnlichkeit verbunden.<br />

Die Richardsonzahl ist durch<br />

Ri = 2Ω3<br />

S ∗<br />

<br />

1 − 2Ω3<br />

S∗ <br />

(10.35)<br />

definiert und dient zur Beschreibung von Rotationseinflüssen. Bei einer Richardsonzahlähnlichkeit<br />

vermag das Modell gemäß (10.35) nicht mehr zwischen den beiden Zuständen<br />

(Ω3/S ∗ ) = 0 und (Ω3/S ∗ ) = 0.5 zu unterscheiden. Dies steht im Widerspruch<br />

zu den Ergebnissen der Grobstruktursimulationen von ?), und theoretischen Untersuchungen<br />

von Speziale und Mac Giolla Mhuiris (1989a,b), welche für (Ω3/S ∗ ) = 0.5<br />

193


KAPITEL<br />

deutlich stabilere Strömungsverhältnisse als für (Ω3/S ∗ ) = 0 prognostizieren. Im Allgemeinen<br />

wird der Koeffizient C4 daher so gewählt, daß sich eine leichte Verlagerung<br />

der maximalen Anfachung zu kleineren Werten ergibt<br />

(Ω3/S ∗ )max ≈ 0.21 ❀ C4 ≈ 0.5 . (10.36)<br />

Die lineare Stabilitätsanalyse (?; Speziale 1995) bestätigt instabile Strömungsverhältnisse<br />

im Bereich positiver Richardsonzahlen. Erfahrungsgemäß erweitert sich der instabile<br />

Bereich im Rahmen einer nichtlinearen Betrachtung.<br />

(ε/kS*) oo<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

Unrealizable Regime<br />

−0.1<br />

−0.1 0.0 0.1 0.2<br />

Ω3 /S*<br />

0.3 0.4 0.5<br />

FRLT<br />

SSG<br />

GL<br />

LRR<br />

GY<br />

TB<br />

RO<br />

Abbildung 10.18: Bifurkationsdiagramm der rotierenden homogenen Scherströmung nach<br />

Gleichung (10.32).<br />

Anhand der in Tabelle 10.5 verzeichneten Ergebnisse der GL, TB und LRR Druck–<br />

Scher–Korrelationsmodelle erkennt man deutlich die Nachteile einer exzessiven Abweichung<br />

von der Richardsonzahlähnlichkeit. Infolge zu großer Koeffizientenwerte C4<br />

sagen diese drei Modelle eine verfrüht einsetzende Restabilisierung der Strömung voraus.<br />

Daraus resultieren unbefriedigende Simulationsergebnisse bei der Berechnung von<br />

drallbehafteten Strömungen, die unter dem exklusiven Einfluß der Wirbelstärke stehen<br />

(weak swirl). Das Rotta–Modell überschätzt demgegenüber den instabilen Bereich,<br />

die GY–, FRLT– und GS–Modelle stimmen wiederum gut mit den Ergebnissen der<br />

linearen Stabilitätstheorie überein.<br />

Simulationsergebnisse<br />

Die Resultate der Stabilitätsuntersuchung erlauben die Interpretation der Simulationsergebnisse<br />

für eine rotierende homogene Scherströmung. Abbildung 10.19 zeigt die<br />

194


k/k 0<br />

k/k 0<br />

4.0<br />

2.0<br />

0.0<br />

0 2 4 6 8 10<br />

4.0<br />

2.0<br />

0.0<br />

(a)<br />

(c)<br />

FRLT<br />

GS<br />

GL<br />

RO<br />

0 2 4 6 8 10<br />

S* t<br />

10.4. ROTIERENDE HOMOGENE SCHERSTRÖMUNG<br />

4.0<br />

2.0<br />

0.0<br />

0 2 4 6 8 10<br />

4.0<br />

2.0<br />

0.0<br />

(b)<br />

(d)<br />

LRR<br />

GY<br />

TB<br />

LES<br />

0 2 4 6 8 10<br />

S* t<br />

Abbildung 10.19: Berechnete zeitliche Entwicklung der normierten Turbulenzenergie in<br />

einer rotierenden homogenen Scherung; Vergleich der EASM–Resultate mit Ergebnissen der<br />

Grobstruktursimulation (LES) von Bardina et al. (1983) zur Anfangsbedingung ε0/(S ∗ k0) =<br />

0.296 für vier verschiedene Rotationsraten: (a) Ω3/S ∗ = −0.5; (b) Ω3/S ∗ = 0.; (c) Ω3/S ∗ =<br />

0.25; (d) Ω3/S ∗ = 0.5.<br />

Entwicklung der Turbulenzenergie im Vergleich zu der von ?) durchgeführten Grobstruktursimulation<br />

für vier verschiedene Rotationsraten Ω3/S ∗ = −0.5, 0., 0.25, 0.5.<br />

Die zeitliche Integration der Transportgleichungen (10.1) wurde ausgehend von der<br />

Anfangsbedingung ε0/(S ∗ k0) = 0.296 mit Hilfe eines Runge–Kutta Verfahrens durchgeführt.<br />

Die FRLT–, GS– und GY–Modelle sind den anderen EASM Varianten deutlich überlegen.<br />

Mit Ausnahme des Anfangsstadiums führen diese drei Formulierungen zu befriedigenden<br />

Simulationsergebnissen. Die defizitäre Wiedergabe der frühen transienten Phase<br />

lässt sich auf die fehlerhafte Annahme des strukturellen Gleichgewichts in instationären<br />

Strömungen zurückführen (vgl. <strong>Kapitel</strong> 7.1 und 8.1). In Anlehnung an die Ergebnisse<br />

der Stabilitätsuntersuchung zeigen die GL–, TB– und LRR– Varianten bereits bei<br />

Ω3/S ∗ = 0.25 (Abbildung 10.19c) Restabilisierungstendenzen. Für die im Rahmen der<br />

Grobstruktursimulation und der linearen Stabilitätstheorie schwach instabilen Rotationsrate<br />

Ω3/S ∗ = 0.5 hat sich die Strömung im Zusammenhang mit den GL–, TB–<br />

und LRR–EASM bereits erkennbar stabilisiert (Abbildung 10.19d). Das Rotta–Modell<br />

(RO) sagt demgegenüber ein deutlich verzögertes Einsetzen der Strömungsstabilisierung<br />

voraus.<br />

195


KAPITEL<br />

Ein weiteres populäres Validierungsbeispiel für die Vorhersage der krümmungsinduzierten<br />

Variation von Schubspannungen ist die von ?) vermessene Durchströmung eines in<br />

der Haupströmungsebene rotierenden Kanals. Abbildung 10.20 zeigt die berechneten<br />

Geschwindigkeitsprofile der zweidimensionalen, voll–entwickelten Strömung für eine<br />

Reynoldzahl von Re = UBH/ν = 11500 und eine Rosbyzahl von Ro = Ω3H/UB =<br />

0.21. Die in der Abbildung gezeigten Ergebnisse bestätigen erneut die Resultate der<br />

Stabilitätsuntersuchung. Auffällig sind die X verbleibenden Diskrepanzen zwischen den<br />

2<br />

Y<br />

Messwerten und den Simulationen auf der Druckseite (Y/H < 0.3), welche nur durch<br />

Y<br />

wesentlich geringere C4 korrigiert werden können (ohne Abbildung).<br />

X<br />

X<br />

U/U 0<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

LRR<br />

RO<br />

FRLT<br />

standard k−ε<br />

Measurements<br />

Re=11 500, Ro=0.21<br />

(Johnston et al., 1972)<br />

0.4<br />

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8<br />

Y/H<br />

Y<br />

(a)<br />

X<br />

Y<br />

Ω3<br />

X<br />

Y X<br />

(b) (c)<br />

Abbildung 10.20: Voll–entwickelte rotierende Kanalströmung (Re=11 500, Ro=0.21, Johnston<br />

et al. 1972); Vergleich der berechneten Geschwindigkeitsprofile in Hauptströmungsrichtung<br />

für unterschiedliche quasi–selbstkonsistente EASM.<br />

Anmerkungen zum IP–Modell<br />

Die Untersuchungen rechtfertigen die von Gibson und Younis (1986) heuristisch entwickelte<br />

Modifikation des klassischen IP–Models (GL) für schwach verdrallte Strömungen.<br />

Jüngere Arbeiten, z.B. ?), favorisieren die sog. Isotropization–of–Production–and–<br />

Convection (IPC) Variante des GL–Modells. Hierin werden die konvektiven Terme<br />

in das schnelle Druck–Scher–Korrelationsmodell integriert. Die Motivation der IPC<br />

Formulierung ist die Verschmelzung der Konvektions– und Produktionsterme in stark<br />

gekrümmten Strömungen (vgl. Anhang B). ?) zeigt den engen mathematischen Zusammenhang<br />

zwischen den IPC–, RO– und GY–Modellen.<br />

In Bezug auf die korrekte Darstellung verdrallter Strömungen sei hier erwähnt, daß die<br />

klassische Unterscheidung zwischen starkem und schwachem Drall der Beurteilung von<br />

IP–Modellen nicht förderlich ist. Schwacher Drall ist, im Unterschied zu starkem Drall,<br />

üblicherweise nicht mit Rezirkulation aufgrund von vortex–breakdown verbunden. Typische,<br />

schwach verdrallte Strömungen stehen daher unter dem exklusiven Einfluß von<br />

196<br />

X 1<br />

X 3


10.5. TURBULENTE SEKUNDÄRSTRÖMUNG<br />

Wirbelstärke, welche in erster Linie mit dem Koeffizienten C4 zusammenwirkt. Mit<br />

dem Auftreten von Strömungsrezirkulation treten signifikante Scherraten auf, die modellseitig<br />

mit den Koeffizienten C2 und C3 interagieren. Im Zusammenhang mit der IP–<br />

Modellierung ist eine unabhängige Wahl beider Koeffizienten nicht möglich. Kalibriert<br />

man das schnelle Druck–Scher–Korrelationsmodell – wie beim GY–Modell geschehen<br />

– für den Einfluß der Rotation, dann treten Defizite bei der Wiedergabe komplexer<br />

scherdominierter Phänomene auf. Umgekehrt verhält es sich bei dem klassischen IP<br />

Model von Gibson und Launder (1978).<br />

10.5 Turbulente Sekundärströmung<br />

Die Simulation turbulenter Strömungen unter dem Einfluß von sekundären Strömungsmerkmalen<br />

ist, wie bereits in <strong>Kapitel</strong> 2.2 erläutert, mit linearen Wirbelzähigkeitsmodellen<br />

nicht realisierbar. Der folgende<br />

Abschnitt befaßt sich mit dem Einfluß<br />

der Koeffizienten des Reynolds–<br />

Spannungsmodells bei der Berechnung<br />

einer vollentwickelten turbulenten Strö-<br />

U1 mung durch ein gerades Rohr mit rechteckigem<br />

Querschnitt. Hierbei bildet sich<br />

X 3<br />

die in Abbildung 10.21 skizzierte Sekundärströmung<br />

in Gestalt von vier<br />

Paaren longitudinaler Eckenwirbel aus.<br />

X 1<br />

X 2<br />

Diese werden primär durch die Normalspannungsdifferenzen<br />

(u<br />

Abbildung 10.21: Turbulente Sekundärströmung.<br />

2 2 − u2 3) in der<br />

Querschnittsebene gespeist. Die in der<br />

Abbildung veranschaulichte turbulente<br />

Sekundärströmung oder Prandtlsche Sekundärströmung zweiter Art (Bradshaw 1987;<br />

?) wird durch die Transportgleichung der Wirbelstärkekomponente Ω1 beschrieben<br />

DΩ1<br />

Dt<br />

2 ∂U1 ∂<br />

= Ωj −<br />

∂xj<br />

<br />

u2u3 + ∂2<br />

<br />

u<br />

∂x3∂x2<br />

2 2 − u2 <br />

3 + ν∆ 2 Ω1 . (10.37)<br />

∂x 2 2<br />

− ∂2<br />

∂x 2 3<br />

Der erste Term der rechten Seite von Gleichung (10.37) beschreibt den reibungsfreien<br />

Wirbelstreckungsmechanismus, der zweite und dritte Term kennzeichnen die turbulente<br />

Erzeugung mittlerer Longitudinalwirbelstärke, und der letzte Term repräsentiert deren<br />

viskose Vernichtung. Mit Ausnahme des zweiten und dritten Terms können alle Summanden<br />

der rechten Seite im betrachteten Beispiel näherungsweise vernachlässigt werden.<br />

Die durch die Anisotropie der Normalspannungen getriebene Wirbelstärke kann<br />

von linearen Wirbelzähigkeitsmodellen nicht erfaßt werden, da diese der Scherturbulenz<br />

a priori isotrope Normalspannungen zuordnen (vgl. <strong>Kapitel</strong> 2).<br />

Die präzise Vorhersage des mit dem dritten Term verbundenen physikalischen Mechanismus<br />

ist nicht nur von akademischer Bedeutung. Die laterale Ausbreitungsrate<br />

eines dreidimensionalen Wandstrahls wird beispielsweise wesentlich von diesem Term<br />

197


KAPITEL<br />

kontrolliert (?). Die Untersuchung ist damit beispielsweise von erheblicher technischer<br />

Bedeutung für die Auslegung der Belüftungsaggregate von Kraftfahrzeugscheiben mit<br />

numerischen Verfahren.<br />

Analyse der vollentwickelten Rohrströmung<br />

Die turbulente Sekundärströmung krümmungsarmer, rechteckiger Rohre besitzt ihren<br />

Ursprung im Bereich der Ecken. Der Geschwindigkeitsgradienten–Tensor wird in diesem<br />

Falle von zwei Komponenten dominiert<br />

∂U1<br />

∂x2<br />

= A und<br />

∂U1<br />

∂x3<br />

= B , mit S ∗ = √ A 2 + B 2 .<br />

Die darauf aufbauende Vereinfachung beider Gradiententensoren ist besonders nützlich<br />

für die Untersuchung der primären Mechanismen dieser Strömung<br />

Sij = 1<br />

⎛<br />

⎝<br />

2<br />

0 A B<br />

A 0 0<br />

B 0 0<br />

⎞<br />

⎠ und Wij = 1<br />

2<br />

⎛<br />

⎝<br />

0 A B<br />

−A 0 0<br />

−B 0 0<br />

⎞<br />

⎠ . (10.38)<br />

Aus dem Aufbau der Wirbel– und Scherraten–Tensoren nach Gleichung (10.38) erkennt<br />

man, daß die Strömung nur moderate dreidimensionale Effekte besitzt; beide<br />

Tensoren sind im betrachteten Beispiel nur vom Rang zwei. Eine zweidimensionale<br />

Darstellung beider Gradiententensoren erhält man beispielsweise nach Transformation<br />

in ein Hauptachsensystem der Scherraten, z.B.<br />

ˆSkl = Sij (e i · q k ) (e j · q l ) , ˆ Wkl = Wij (e i · q k ) (e j · q l ) , mit (10.39)<br />

q 1 = (0, 1, −A/B) , q 2 = (S ∗ /A, 1, B/A) , q 3 = (S ∗ /A, −1, −B/A) .<br />

Die Untersuchung kann sich, in Anlehnung an die in Anhang C gemachten Bemerkungen,<br />

daher auf die im R 2 verbleibende quadratische Drei–Generator–Basis (6.13)<br />

stützen. Alle nichtlinearen Generatoren und Invarianten höheren Grades lassen sich<br />

im R 2 durch Kombinationen linearer und quadratischer Terme abbilden, weswegen<br />

die unten angegebenen Schlußfolgerungen auf beliebige NLEVM übertragbar sind. Da<br />

die Transportterme in einer vollentwickelten Strömung nur eine untergeordnete Rolle<br />

spielen, sollten die Resultate dieser Untersuchung auch für RSTM gelten.<br />

Die turbulente Sekundärströmung ist im Zusammenhang mit expliziten algebraischen<br />

Spannungsmodellen mit der Interaktion zwischen Sekundärgeschwindigkeiten und Primärgeschwindigkeitsgradienten<br />

verknüpft. Dies erkennt man unmittelbar anhand der<br />

198


10.5. TURBULENTE SEKUNDÄRSTRÖMUNG<br />

Impulsgleichung der sekundären Geschwindigkeitskomponente U2<br />

∂U2 ∂U2<br />

U2 + U3 = −<br />

∂x2 ∂x3<br />

∂<br />

<br />

P 2<br />

Tt<br />

+ k + 2νtβ3<br />

∂x2 ρ 3<br />

g S2 <br />

kk + 2 ∂<br />

<br />

νtS22 + 2<br />

∂x2<br />

∂<br />

<br />

νtS23<br />

∂x3<br />

+ ∂<br />

<br />

Tt<br />

4νt<br />

∂x2 g (β3S2kS2k<br />

<br />

− β2S2kWk2)<br />

+ ∂<br />

<br />

Tt<br />

2νt<br />

∂x3 g {2β3S2kS3k<br />

<br />

− β2(S2kWk3 + S3kWk2)} . (10.40)<br />

Die erste Zeile der Gleichung (10.40) enthält im Unterschied zu den beiden folgenden<br />

Zeilen keine der beiden primären Geschwindigkeitsgradienten. Für die korrekte Darstellung<br />

von Sekundärströmungen mit statistischen Turbulenzmodellen sind die letzten<br />

beiden Zeilen der Gleichung (10.40) von besonderer Bedeutung. Vernachlässigt man<br />

hierin die von höherer Ordnung kleinen Terme, dann ergibt sich<br />

<br />

∂ νtTt<br />

. . .<br />

∂x2 g (β3<br />

<br />

2<br />

∂U1<br />

− β2) +<br />

∂x2<br />

∂<br />

<br />

νtTt<br />

∂x3 g (β3 − β2) ∂U1<br />

<br />

∂U1<br />

. (10.41)<br />

∂x2 ∂x3<br />

a) Isotropization-of-Production<br />

b) Speziale, Sarkar and Gatski<br />

Abbildung 10.22: Vergleich der turbulenten Sekundärströmung im Querschnitt eines rechteckigen<br />

Rohres (Re = 4200); links: IP–EASM von Gibson und Launder (1978); rechts: SSG–<br />

EASM von Speziale et al. (1991) (die Darstellung des IP–Modells basiert auf zehnfach vergrößerten<br />

Vektoren).<br />

Der Vergleich von Gleichung (10.41) und Abbildung 10.22 offenbart die Relevanz der in<br />

Tabelle 10.6 angegebenen Koeffizientendifferenz (β3 − β2) für die Intensität und Orientierung<br />

(Drehsinn) der Sekundärströmung. Die Koeffizientendifferenz veschwindet bei<br />

allen IP–Modellen aufgrund der gleichgewichtigen Berücksichtigung von Scherraten–<br />

und Wirbelbeiträgen im Druck–Scher–Korrelationsmodell (4.6). IP–Modelle sind daher<br />

ohne zusätzliche (nicht–lokale) Wandreflektionsterme nicht in der Lage, die turbulente<br />

Sekundärströmung zu erfassen. Die in Abbildung (10.22) gezeigten SSG–Resultate<br />

199


KAPITEL<br />

Tabelle 10.6: Wert der zur Vorhersage turbulenter Sekundärströmungen<br />

relevanten Koeffizientendifferenz für verschiedene<br />

(lineare) Druck–Scher–Korrelationsmodelle.<br />

LLR TB GS/SSG FRLT GL GY RO<br />

β3 − β2 0.22 0.444 0.425 0.4 0 0 0<br />

belegen, daß eine positive Koeffizientendifferenz ein korrektes Vorzeichen der Longitudinalwirbelstärke<br />

gewährleistet, so daß den Ecken Fluid über die Diagonale zugeführt<br />

wird. Hieraus schließt man für Scherströmungen<br />

β3 < β2 oder C3 > C4 . (10.42)<br />

Abbildung (10.23) gibt einen Überblick über die mit FRLT–Modellen unterschiedli-<br />

2X 2 /D<br />

2X 2 /D<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

0.0 Exp. 0.5 Cheesewright 1.0 0.0 et 0.5al. 1990 1.0<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

linear k−ε Re=4200<br />

Exp. Cheesewright et al. 1990<br />

2X 3 /D=.1<br />

2X 3 /D=.16<br />

−0.01 0.00 0.01<br />

2X 3 /D=.3<br />

2X 3 /D=.3<br />

−0.01 0.00 0.01<br />

2X 3 /D=.5<br />

0.0 0.5 1.0<br />

U 1 /U b<br />

2X 3 /D=.5<br />

−0.01 0.00 0.01<br />

U 3 /U b<br />

quadratic k−ε Re=4200<br />

cubic k−ε<br />

2X 3 /D=.7<br />

0.0 0.5 1.0<br />

2X 3 /D=.7<br />

−0.01 0.00 0.01<br />

2X 3 /D=1.0<br />

0.0 0.5 1.0 1.5<br />

2X 3 /D=.8<br />

−0.01 0.00 0.01<br />

Abbildung 10.23: Vollentwickelte Durchströmung eines rechteckigen Rohres (Re =<br />

4200) bei linearer quadratischer und kubischer Modellierung (FRLT–EASM); oben:<br />

Primärströmungsprofile; unten: Sekundärströmungsprofile.<br />

chen Grades erzielbare Vorhersagequalität im Vergleich zu den von ?) durchgeführten<br />

200


10.5. TURBULENTE SEKUNDÄRSTRÖMUNG<br />

experimentellen Untersuchungen bei Re = 4200. Die in Abbildung (10.23) aufgetragenen<br />

Sekundärströmungsprofile entlang mehrerer Schnitte x3 = const. empfehlen, die<br />

Koeffizientendifferenz im Bereich von<br />

β3 − β2 ≈ 0.4 , bzw. C3 − C4 ≈ 0.8 .<br />

zu wählen. Die Ergebnisse des TB– und SSG–Modells unterscheiden sich wegen der<br />

prinzipiell ähnlichen Werte der Koeffizientendifferenz hiervon nur geringfügig. Deutlich<br />

erkennt man, daß sich im Zusammenhang mit einer linearen Modellierung keine Sekundärströmung<br />

ausbildet, für die Primärströmung aber zufriedenstellende Ergebnisse<br />

erzielt werden können. Die in der Abbildung ergänzend aufgetragenen Ergebnisse einer<br />

kubischen Modellbildung stimmen gut mit denen der quadratischen Modellierung<br />

überein, was den untergeordneten Einfluß dreidimensionaler Effekte und die Güte der<br />

oben durchgeführten Näherung belegt.<br />

Abschließend sei bemerkt, daß die oben entwickelte Zwangsbedingung (10.42) zum Verständnis<br />

vieler in jüngster Zeit publizierter Studien zur Berechnung von Rohrströmungen<br />

veränderlichen Querschnitts mit Hilfe von RSTM beiträgt (round–to–square duct,<br />

Davis und Gessner 1992). Ein gemeinsames Merkmal dieser von ?) (?), ?) sowie ?)<br />

durchgeführten Arbeiten ist die Verwendung von IP–Modellen. Die oben angestellten<br />

Überlegungen mögen eine Erkärung für die von allen Autoren beobachtete drastische<br />

Unterschätzung der durch die Querschnittstransition induzierten Sekundärströmung<br />

geben.<br />

Ein wichtiger Unterschied zwischen dem EASM und den in den zitierten Untersuchungen<br />

eingsetzten RSTM ist die Vernachlässigung von Wandreflektionstermen durch<br />

das EASM. Diese bewirken – per Definition – eine lokale Manipulation der Koeffizienten<br />

im Sinne der Zwangsbedingung (10.42). Das Wandreflektionsmodell wird aufgrund<br />

seiner geringen Universalität und der starken Abhängigkeit der Formulierung<br />

von nicht–lokalen, geometrischen Termen, wie z.B. Wandstellungsvektoren, aber oftmals<br />

als Schwachpunkt der Modellbildung angesehen. Eine weitreichende Unabhängigkeit<br />

der Modellbildung von spezifischen Details des Wandreflektionsmodell gilt i.Allg.<br />

als erstrebenswert. Den oben gemachten Ausführungen folgend, kann dieses Ziel mit<br />

IP–Modellen nicht realisiert werden.<br />

201


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210


Anhang A Invarianten des Anisotropietensors<br />

Der Anisotropietensor der Reynolds–Spannungen (2.9) besitzt als symmetrischer Tensor<br />

zweiter Stufe drei reelle Lösungen ξk (k=1,2,3) zur Säkulargleichung<br />

det (bij − ξkδij) = 0<br />

= ξ 3 k − Ibξ 2 k + IIbξk − IIIb = 0 . (A.1)<br />

Die in (A.1) verwendeten skalaren Ausdrücke Ib,IIb und IIIb sind die Invarianten des<br />

Tensors bij, deren Definition unmittelbar aus der Säkulargleichung folgt:<br />

Ib = bkk = tr{b} = 0 , (A.2)<br />

IIb = 1<br />

2 (bkkbmm − bkmbmk) = 1<br />

2<br />

tr 2 {b} − tr{b 2 } = − 1<br />

2 tr2 {b} ,<br />

IIIb = det (bij) = 1<br />

6 (bkkbmmbnn − 3bkkbmnbnm + 2bkmbmnbnk)<br />

= 1 3 2 3 1<br />

tr {b} − 3tr{b}tr{b } + 2tr{b } =<br />

6<br />

3 tr{b3 } .<br />

Die erste Invariante Ib verschwindet aufgrund der Spurfreiheit von bij. Den drei Eigenwerten<br />

ξk sind drei paarweise orthogonale Eigenvektoren zugeordnet. Wählt man die<br />

Eigenvektoren als Basisvektoren, dann kann bij durch eine Hauptachsentransformation<br />

auf Diagonalgestalt gebracht werden<br />

⎛<br />

bij = ⎝<br />

ξ1 0 0<br />

0 ξ2 0<br />

0 0 ξ3<br />

⎞<br />

⎠ . (A.3)<br />

Von Interesse ist die Darstellung der Invarianten im Hauptachsensystem von bij<br />

Ib = bkk = ξ1 + ξ2 + ξ3 = 0 , (A.4)<br />

2<br />

ξ1 + ξ<br />

2<br />

2 2 + ξ 2 3 , (A.5)<br />

3<br />

ξ1 + ξ 3 2 + ξ 3 3 . (A.6)<br />

IIb = − 1<br />

2 (bkmbmk) = − 1<br />

IIIb = 1<br />

3 (bkmbmnbnk) = 1<br />

3<br />

Wie man leicht überprüfen kann, gilt für die Diagonalelemente des Anisotropietensors:<br />

2<br />

3 ≥ bαα ≥ − 1<br />

3<br />

→ 2<br />

3 ≥ ξk ≥ − 1<br />

. (A.7)<br />

3<br />

Das Realizability-Prinzip legt die Grenzen möglicher Reynolds–Spannungszustände<br />

präzise fest. Diese Grenzen lassen sich auf der Basis signifikanter Extrema der beiden<br />

Hauptinvarianten IIb und IIIb im Hauptachsensystem diskutieren<br />

211


ANHANG A<br />

• Zwei—Komponenten–Turbulenz: ξ3 = −1/3 ,<br />

• achsensymmetrische Turbulenz: 1/6 ≥ ξ2 = ξ3 ≥ −1/3 .<br />

Für achsensymmetrische Turbulenz empfiehlt sich die Unterscheidung nach ξ2, ξ3 ≥ 0<br />

und ξ2, ξ3 ≤ 0. Die Bereichsgrenzen bilden in der Invariantenkarte (Abbildung A.1) die<br />

Kanten eines Dreiecks.<br />

1/3<br />

1/12<br />

−II b<br />

0.30<br />

0.25<br />

0.20<br />

0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.00<br />

−1/108<br />

Isotrope 2−Komponenten−<br />

Turbulenz (ξi,k =1/6)<br />

1−Komponenten−Turbulenz<br />

(ξi,k =−1/3)<br />

2−Komponenten−Turbulenz<br />

9IIb +27IIIb +1=0<br />

Σξ i =0<br />

2/3


INVARIANTEN DES ANISOTROPIETENSORS<br />

I: Im Falle der ebenen oder Zwei–Komponenten–Turbulenz uiu3 = 0 lautet die<br />

Säkulargleichung (A.1)<br />

<br />

− 1<br />

<br />

− ξk [(b11 − ξk) (b22 − ξk) − b12] = 0 ,<br />

3<br />

❀ z.B. : ξ3 = − 1<br />

3<br />

(A.4) → ξ1 = 1<br />

3 − ξ2 . (A.8)<br />

Die Hauptinvarianten bestimmen sich in diesem Falle zu<br />

<br />

1<br />

IIb = −<br />

9 + ξ2 2 − ξ2<br />

<br />

, IIIb =<br />

3<br />

ξ2<br />

<br />

ξ2 −<br />

3<br />

1<br />

<br />

3<br />

. (A.9)<br />

Die Linearkombination der Hauptinvarianten repräsentiert eine Geradengleichung<br />

IIb + 3IIIb = − 1<br />

9<br />

(A.10)<br />

in der IIIb/−IIb Ebene. Die Endpunkte dieser Geraden ergeben sich aus zwei<br />

spezifischen Zuständen zweifach entarteter Eigenwerte. Der erste Endpunkt repräsentiert<br />

den Zustand der Ein–Komponenten–Turbulenz<br />

1 − C Turbulenz : ξ2 = ξ3 = − 1<br />

3 , ❀ IIIb = 2<br />

27 , IIb = − 1<br />

, (A.11)<br />

3<br />

der zweite Eckpunkt den Zustand isotroper zweidimensionaler Turbulenz<br />

2 − C Isotropie : ξ2 = ξ3 = 1<br />

6 , ❀ IIIb = −1<br />

108 , IIb = − 1<br />

. (A.12)<br />

12<br />

II: Achsensymmetrische Turbulenz ist durch den allgemeinen Zustand zweifach<br />

entarteter Eigenwerte gekennzeichnet<br />

achsensym. Turbulenz : ξ2 = ξ3<br />

(A.4) → ξ1 = −2ξ2 . (A.13)<br />

Hieraus ergibt sich die Verknüpfung der beiden von Null verschiedenen Hauptinvarianten<br />

als kubische Beziehung<br />

IIb = −3ξ 2 2 , IIIb = −2ξ 3 2 →<br />

2 IIIb<br />

+<br />

2<br />

3 IIb<br />

= 0 . (A.14)<br />

3<br />

Isotrope dreidimensionale Turbulenz liegt im Falle dreifach entarteter Eigenwerte<br />

vor<br />

3 − C Isotropie : ξ1 = ξ2 = ξ3 = 0 ❀ IIIb = 0 , IIb = 0 . (A.15)<br />

213


Anhang B Koordinatentransformation<br />

Das Strömungsfeld einer verdrallten Scherströmung wird, aufgrund der hypothetisch<br />

vorausgesetzten Achsensymmetrie, in geeigneter Weise durch physikalische Zylinderkoordinaten<br />

beschrieben<br />

˜e i = [˜e r; ˜e θ; ˜e x] ,<br />

mit ˜e x = e x , ˜e r = cos θe y + sin θe z , ˜e θ = − sin θe y + cos θe z . (B.1)<br />

Die Problemstellung ist in Abbildung (B.1) skizziert. Die räumlichen Ableitungen er-<br />

y<br />

U(r)<br />

x<br />

Abbildung B.1: Verdrallte Strömung auf der Basis von Zylinderkoordinaten < r, θ, x >.<br />

geben sich aus<br />

∂<br />

∇ = ˜e i<br />

∂˜xi<br />

mit<br />

∂<br />

∂˜xi<br />

=<br />

z<br />

<br />

∂ ∂ ∂<br />

; ;<br />

∂r r∂θ ∂x<br />

y<br />

θ<br />

e<br />

θ<br />

W(r)<br />

e<br />

r<br />

. (B.2)<br />

Obwohl das Strömungsfeld in Umfangsrichtung homogen ist, kann die Ableitung nach θ<br />

wegen der Rotation der Basisvektoren ˜e i nicht vernachlässigt werden. Die Ableitungen<br />

der Basisvektoren notieren sich unter Verwendung physikalischer Christoffelsymbole<br />

˜Γ k ij zu<br />

∂˜e i<br />

∂˜xj<br />

= ˜ Γ k ij˜e k mit ˜ Γ 2 12 = − ˜ Γ 1 22 = 1<br />

r<br />

. (B.3)<br />

Mit Hilfe der in (B.3) definierten Koordinatenableitung erhält man die unten notierte<br />

Darstellung häufig verwendeter Differentialoperationen<br />

∇ ˜ <br />

∂<br />

φ =<br />

˜ φi<br />

+<br />

∂˜xj<br />

˜ φk ˜ Γ j<br />

<br />

ki ˜e i˜e j , ∇ ˜ <br />

∂<br />

φ =<br />

˜ φjk<br />

+<br />

∂˜xi<br />

˜ φmk ˜ Γ j<br />

mi + ˜ φjm ˜ Γ k <br />

mi ˜e i˜e j˜e k . (B.4)<br />

Vernachlässigt man im Weiteren die Ableitungen in Umfangsrichtung, dann ergeben<br />

sich die unten genannten transformierten Bilanzgleichungen.<br />

214


Kontinuitätsgleichung<br />

Impulsgleichungen<br />

x :<br />

θ :<br />

r :<br />

∂(rUU)<br />

∂x<br />

∂(rUV )<br />

∂x<br />

∂(rUW )<br />

∂x<br />

+ ∂(rV U)<br />

∂r<br />

+ ∂(rV V )<br />

∂r<br />

+ ∂(rV W )<br />

∂r<br />

∂(U)<br />

∂x<br />

+ ∂(rV )<br />

r ∂r<br />

= − 1<br />

<br />

∂(rP ) ∂<br />

+ νr<br />

ρ ∂x ∂x<br />

∂U<br />

= − 1 ∂(rP ) ∂<br />

+<br />

ρ ∂r ∂x<br />

Geschwindigkeitsgradienten–Tensoren<br />

KOORDINATENTRANSFORMATION<br />

= 0 . (B.5)<br />

<br />

νr ∂V<br />

∂x<br />

∂x − u2 <br />

r<br />

<br />

− uv r<br />

+ ∂<br />

<br />

νr<br />

∂r<br />

∂U<br />

∂r<br />

+ ∂<br />

∂r<br />

<br />

− uv r<br />

<br />

νr ∂V<br />

∂r − v2 r<br />

+ P<br />

ρ + W 2 − ν V<br />

r + w2 ,<br />

= + ∂<br />

<br />

νr<br />

∂x<br />

∂W<br />

<br />

− uw r +<br />

∂x ∂<br />

<br />

νr<br />

∂r<br />

∂W<br />

<br />

− vw r<br />

∂r<br />

−V W − vw − ν W<br />

. (B.6)<br />

r<br />

Die additive Zerlegung des Geschwindigkeitsgradienten–Tensors nach symmetrischem<br />

und antimetrischem Anteil lautet<br />

mit<br />

und<br />

∂Ui<br />

∂xj<br />

Sij = 1<br />

<br />

∂Ui<br />

2 ∂xj<br />

⎛<br />

=<br />

⎝<br />

+ Uk ˜ Γ i kj = Sij + Wij ,<br />

+ ∂Uj<br />

∂xi<br />

∂V<br />

∂r<br />

0.5r ∂(W/r)<br />

∂r<br />

0.5 ∂U<br />

∂r<br />

+ ∂V<br />

∂x<br />

Wij = 1<br />

<br />

∂Ui<br />

−<br />

2 ∂xj<br />

∂Uj<br />

∂xi<br />

⎛<br />

=<br />

⎝<br />

0.5<br />

r<br />

0.5 ∂U<br />

∂r<br />

+ Uk<br />

<br />

+ Uk<br />

0 − 0.5<br />

<br />

˜Γ i<br />

kj + ˜ Γ j<br />

<br />

ki<br />

<br />

0.5r ∂(W/r)<br />

∂r<br />

V<br />

r<br />

0.5 ∂W<br />

∂x<br />

,<br />

0.5 ∂U<br />

∂r<br />

<br />

˜Γ i<br />

kj − ˜ Γ j<br />

<br />

ki<br />

<br />

∂(rW )<br />

∂r<br />

0.5 ∂W<br />

∂x<br />

∂U<br />

∂x<br />

,<br />

0.5 ∂V<br />

∂x<br />

r<br />

∂(rW )<br />

0 0.5 ∂r ∂W<br />

∂x<br />

∂V<br />

∂W<br />

− −0.5 0<br />

∂x<br />

∂x<br />

215<br />

<br />

∂V + ∂x<br />

<br />

∂U − ∂r<br />

⎞<br />

⎠ , (B.7)<br />

⎞<br />

⎠ . (B.8)<br />

<br />

,


ANHANG B<br />

Transportgleichungen des linearen Reynolds–Spannungsmodells<br />

Mit Hilfe der Transformationsvorschriften (B.1–B.4) ergeben die einzelnen Terme des<br />

linearen Reynolds–Spannungsmodells in physikalischen Zylinderkkordinaten zu<br />

Konvektion : ˜ Cxx = U ∂u2<br />

∂x<br />

˜Crr = U ∂v2<br />

∂x<br />

˜Cθθ = U ∂w2<br />

∂x<br />

˜Cxr = U ∂uv<br />

∂x<br />

˜Crθ = U ∂vw<br />

∂x<br />

˜Cxθ = U ∂uw<br />

∂x<br />

+ V ∂u2<br />

∂r ,<br />

+ V ∂v2<br />

∂r<br />

+ V ∂w2<br />

∂r<br />

+ V ∂uv<br />

∂r<br />

+ V ∂vw<br />

∂r<br />

+ V ∂uw<br />

∂r<br />

<br />

Produktion : Pxx<br />

˜ 2 ∂U<br />

= −2 u<br />

∂x<br />

<br />

˜Prr = −2 uv ∂V<br />

∂x<br />

<br />

∂U<br />

+ uv<br />

∂r<br />

− 2vw W<br />

r ,<br />

+ 2vw W<br />

r ,<br />

− uw W<br />

r ,<br />

<br />

+ v2 − w2 <br />

W<br />

r ,<br />

+ uv W<br />

, (B.9)<br />

r<br />

,<br />

<br />

∂V<br />

+ v2 + 2vw<br />

∂r<br />

W<br />

r ,<br />

˜Pθθ =<br />

<br />

−2 uw ∂W<br />

˜Pxr =<br />

<br />

∂W V<br />

+ vw + w2 ,<br />

∂x ∂r r<br />

<br />

<br />

2 ∂V ∂U V<br />

− u + v2 − uv + uw<br />

∂x ∂r r<br />

W<br />

r ,<br />

˜Prθ =<br />

<br />

− uw ∂V<br />

<br />

∂W ∂W ∂U<br />

+ uv + v2 − vw<br />

∂x ∂x ∂r ∂x<br />

W<br />

+ w2 r ,<br />

˜Pxθ =<br />

<br />

− vw ∂U<br />

<br />

∂W ∂W ∂V<br />

+ uv + u2 − uw .<br />

∂r ∂r ∂x ∂r<br />

(B.10)<br />

Die Druck–Scher–Korrelationsterme und Dissipationsterme verändern sich im Rahmen<br />

der Transformation nicht unmittelbar weswegen sie hier nicht nochmals gesondert aufgeführt<br />

werden sollen. Die Diffusionsbeiträge spielen im Rahmen der (E)ASM eine<br />

untergeordnete Rolle (vgl. <strong>Kapitel</strong> 4).<br />

216


Anhang C Caley–Hamilton Theorem<br />

Die allgemein bekannte Form des Caley–Hamilton Theorems zur Reduktion höherer<br />

Vielfacher von Tensoren des R 3 lautet<br />

A 3 ij = (Akk) A 2 ij − 0.5(AkkAll − A 2 kk) Aij + (det[Aij]) δij . (C.1)<br />

Diese charakteristische Gleichung für Tensoren läßt sich unmittelbar aus der Definitionsgleichung<br />

des Kotensors ableiten (Schade 1996). Eine für drei unterschiedliche,<br />

nicht notwendigerweise reguläre Tensoren generalisierte Variante ergibt sich aus<br />

AilBlkCkj + AilClkBkj + BilClkAkj + BilAlkCkj + CilBlkAkj + CilAlkBkj =<br />

Aij(BlkCkl) + Bij(AlkCkl) + Cij(AlkBkl) + δij(AlmBmkCkl + ClmBmkAkl) +<br />

+δij(AllBkkCmm − AllBmkCkm − BllCmkAkm − CllAmkBkm) +<br />

(AikBkj + BikAkj)Cll + (AikCkj + CikAkj)Bll + (BikCkj + CikBkj)All −<br />

Aij(BllCkk) − Bij(AllCkk) − Cij(AllBkk) , (C.2)<br />

wobei die letzten drei Zeilen für spurfreie Tensoren (Aii = Bii = Cii = 0) verschwinden.<br />

Die Beziehungen (C.1–C.2) lassen sich unmittelbar aus den Rechenregeln für Determinanten<br />

ableiten (siehe unten). Für die in <strong>Kapitel</strong> 5 benutzten Umformungen sind vor<br />

allem folgende symbolische Zusammenhänge für zwei spurfreie Tensoren, von denen<br />

einer symmetrisch und einer antimetrisch sei, von Bedeutung<br />

A 3 = 0.5 tr{A 2 } A + 1<br />

3 tr{A3 } δ (C.3)<br />

A · B · A + A 2 · B + B · A 2 = 0.5 tr{A 2 } B + tr{A 2 · B} δ , (C.4)<br />

A · B 2 · A + A 2 · B 2 + B 2 · A 2 = tr{B 2 } A 2 + tr{A · B 2 } A + 0.5 tr{A 2 } B 2<br />

+ tr{A 2 · B 2 } − 0.5 tr{A 2 } tr{B 2 } δ , (C.5)<br />

A 2 · B · A 2 = −0.5 tr{A 2 } A · B · A − (A · B + B · A) det(A)<br />

+ tr{A 2 · B} A 2 . (C.6)<br />

Hierin ist die Spurbildung (Kontraktion der freien Indizes) durch geschweifte Klammern<br />

gekennzeichnet (z.B. tr{A 2 } = A 2 ii = AikAki).<br />

217


ANHANG C<br />

Caley–Hamilton Theorem im R 2<br />

Viele Strömungssituationen sind zumindest näherungsweise durch den analogen (einfachen)<br />

Rangabfall des Scherraten– und Wirbeltensors gekennzeichnet. In diesem Fall<br />

genügen beide Tensoren einer zweidimensionalen Form<br />

⎡<br />

C = ⎣<br />

⎤<br />

C11 C12 0<br />

C21 C22 0<br />

0 0 0<br />

⎦ , (C.7)<br />

welche teilweise einer vorhergehenden Hauptachsentransformation bedarf. Für 3 × 3<br />

Matrizen vom Rang Zwei kann eine restriktivere Form des Caley–Hamilton Theorems<br />

formuliert werden, mit Hilfe dessen sich Tensoren zweiten Grades auf lineare Terme<br />

zurückführen lassen. Die mit einem Rangabfall verbundene Verringerung des Grades<br />

erkennt man deutlich anhand von Gleichung (C.1); für verschwindende Determinanten<br />

(det Aij) läßt sich die klassische Caley–Hamilton Beziehung zu einer quadratischen<br />

Gleichung kürzen.<br />

Die allgemeine Herleitung der zweidimensionalen Caley–Hamilton Gleichung geschieht<br />

analog zur Entwicklung des oben skizzierten Theorems für quadratische Matrizen vom<br />

Rang Drei. Sie verknüpft aufgrund des geringeren Ranges jedoch nur noch zwei Matrizen<br />

Aij und Bij. Die Indizes der 2×2 Matrizen Aij und Bij können nur zwei veschiedene<br />

Werte (1, 2) annehmen, dies gilt auch für eine entsprechend definierte Einheitsmatrix<br />

δ (2) des R 2<br />

⎡<br />

δ<br />

⎢<br />

⎣<br />

(2)<br />

ip<br />

δ (2)<br />

jp<br />

δ (2)<br />

kp<br />

δ (2)<br />

iq<br />

δ (2)<br />

jq<br />

δ (2)<br />

kq<br />

δ (2)<br />

ir<br />

δ (2)<br />

jr<br />

δ (2)<br />

kr<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦ ❀ δ pqr<br />

<br />

<br />

δ<br />

(2) <br />

ijk = <br />

<br />

<br />

(2)<br />

ip<br />

δ (2)<br />

jp<br />

δ (2)<br />

kp<br />

δ (2)<br />

iq<br />

δ (2)<br />

jq<br />

δ (2)<br />

kq<br />

δ (2)<br />

ir<br />

δ (2)<br />

jr<br />

δ (2)<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

= 0 , (C.8)<br />

<br />

<br />

weswegen die Determinante δ pqr(2)<br />

ijk in (C.8) verschwindet. Multipliziert man hierin die<br />

erste Zeile mit Api und die zweite Zeile mit Bqj, dann ergibt sich<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

δ<br />

(2)<br />

App Apq Apr<br />

Bqp Bqq Bqr<br />

kp<br />

δ (2)<br />

kq<br />

δ (2)<br />

kr<br />

kr<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

= 0 . (C.9)<br />

<br />

Löst man die zuletzt notierte Determinante nach der dritten Zeile auf, dann ergibt sich<br />

die gesuchte Caley–Hamilton Beziehung des R 2<br />

AikBkj + BikAkj = AijBkk + BijAkk − δ (2)<br />

ij (AkkBll − AlkBkl) . (C.10)<br />

Hieraus läßt sich mit Hilfe von A = B das Pendant zur Gleichung (C.1) gewinnen<br />

A 2 ij = Aij (Akk) − 0.5 δ (2) <br />

ij AkkAll − A 2 <br />

kk . (C.11)<br />

218


CALEY–HAMILTON THEOREM<br />

Multipliziert man (C.10) mit B, dann ergibt sich mittels (C.11)<br />

<br />

<br />

Bik Akl Blj = 0.5<br />

<br />

<br />

+ Bij AlkBkl . (C.12)<br />

Aij − δ (2)<br />

ij All<br />

BkkBll − B 2 kk<br />

Für spurfreie Tensoren A und B, von denen einer symmetrisch und einer antimetrisch<br />

ist, findet man die besonders einfachen Zusammenhänge in symbolischer Schreibweise<br />

A · B = −B · A , (C.13)<br />

A 2 = 0.5 tr{A 2 } δ (2) , (C.14)<br />

B · A · B = −0.5 tr{B 2 } A . (C.15)<br />

Mit derselben Technik lassen sich analoge Beziehungen zur Reduktion der N–ten Potenzen<br />

von N Matrizen des R N aus<br />

entwickeln.<br />

δ ijk...N+1(N)<br />

pqr...N+1(N) = 0<br />

Reduktion der dreidimensionalen Funktionsbasis im R 2<br />

Mit Hilfe der oben zusammengetragenen zweidimensionalen Caley–Hamilton Formeln,<br />

hier insbesondere der Gleichung (C.14), lassen sich die zehn Generatoren der dreidimensionalen<br />

Funktionsbasis (3.50) auf die ersten drei Generatoren reduzieren<br />

T (1) = s , (C.16)<br />

T (2) = s · w − w · s ,<br />

T (3) = s 2 − 1<br />

3 tr{s2 } δ = 0.5 tr{s 2 } δ (2) − 1<br />

3 tr{s2 } δ = 0.5 η1<br />

T (4) = w 2 − 1<br />

3 tr{w2 } δ = 0.5 tr{w 2 } δ (2) − 1<br />

3 tr{w2 } δ = η2<br />

T (5) = w · s 2 − s 2 · w = 0.5 tr{s 2 } w − w = 0 ,<br />

T (6) = w 2 · s + s · ω 2 − 2<br />

3 tr{s · w2 }δ = η2 s = η2 T (1) ,<br />

T (7) = w 2 · s · w − w · s · w 2 = 0.5 η2 T (2) ,<br />

T (8) = s 2 · w · s − s · w · s 2 = −0.5 η1 T (2) ,<br />

T (9) = s 2 · w 2 + w 2 · s 2 − 2<br />

3 tr{s2 · w 2 } δ = 0.5 η1η2 δ (2) − 1<br />

T (10) = w · s 2 · w 2 − w 2 · s 2 · w = 0.25 η1η2<br />

219<br />

w − w = 0 .<br />

η1<br />

<br />

δ (2) − 2<br />

3 δ<br />

<br />

T (3) ,<br />

3 η1η2 δ = η2 T (3) ,<br />

,


ANHANG C<br />

In derselben Weise vereinfachen sich die Invarianten (3.51) im R 2 zu<br />

η0 = skk = 0 , (C.17)<br />

η1 = s 2 kk ,<br />

η2 = w 2 kk ,<br />

η3 = s 3 kk = 0.5 η1 skk = 0 ,<br />

η4 = sklw 2 lk = 0.5 η2 skk = 0 ,<br />

η5 = s 2 klw 2 lk = 0.5 η1 η2 .<br />

In zweidimensionalen Reynolds–gemittelten Strömungsfeldern verbleiben daher nur<br />

zwei Invarianten (η1, η2) und drei Generatoren. Als dritter Generator kann wahlweise<br />

die zweidimensionale Einheitsmatrix δ (2) oder s 2 verwendet werden, weswegen die<br />

Integritätsbasis ein Element weniger als die Funktionsbasis besitzt.<br />

Häufig verwendete algebraische Umformungen<br />

Beachtet man, daß die Spur einer Matrix zyklisch vertauschbar ist, d.h.<br />

{A · B · C} = {B · C · A} = {C · A · B} ,<br />

dann finden sich für die quadratische Drei–Generator–Basis FGS<br />

T (1) = s , T (2) = s · w ∗ − w ∗ · s , T (3) = s 2 − η1<br />

3 δ<br />

die folgenden häufig verwendeten algebraischen Umformungen<br />

{T (1) · T (1) } = η1 , {T (2) · T (2) } = η1η2 − 6η5 ,<br />

{T (1) · T (2) } = 0 , {T (2) · T (3) } = 0<br />

{T (1) · T (3) } = η3 , {T (3) · T (3) } = η 2 1/6 ,<br />

{s · T (1) · T (1) } = η3 , {w · T (1) · T (1) } = 0 ,<br />

{s · T (1) · T (2) } = 0 , {w · T (1) · T (2) } = 3η5 − 0.5η1η2 ,<br />

{s · T (1) · T (3) } = η 2 1/6 , {w · T (1) · T (3) } = 0 ,<br />

{s · T (2) · T (1) } = 0 , {w · T (2) · T (1) } = 0.5η1η2 − 3η5 ,<br />

{s · T (2) · T (2) } = −0.5(η2η3 + η1η4) , {w · T (2) · T (2) } = 0 ,<br />

{s · T (2) · T (3) } = 0 , {w · T (2) · T (3) } = −0.5(η2η3 + η1η4) ,<br />

{s · T (3) · T (1) } = η 2 1/6 , {w · T (3) · T (1) } = 0 ,<br />

{s · T (3) · T (2) } = 0 , {w · T (3) · T (2) } = 0.5(η2η3 + η1η4) ,<br />

{s · T (3) · T (3) } = η1η3/6 , {w · T (3) · T (3) } = 0 ,<br />

{T (2) · T (2) · T (2) } = 0 , {T (3) · T (3) · T (3) } = −η1/36 + η 2 3/3 ,<br />

{T (2) · T (3) · T (3) } = 0 , {T (3) · T (2) · T (2) } = −1.5η1η5 + 5<br />

12 η1η2 − 2<br />

3 η3η4 .<br />

220


CALEY–HAMILTON THEOREM<br />

Zur Herleitung der vereinfachten dreidimensionalen Formulierung aus <strong>Kapitel</strong> 8.5 wurden<br />

folgende algebraische Identitäten benutzt<br />

{T (1) · T (4) } = η4 , {T (4) · T (4) } = η 2 2/6 ,<br />

{T (2) · T (4) } = 0 , {T (5) · T (4) } = 0 ,<br />

{T (3) · T (5) } = η5 − η1η2/3 ,<br />

{T (1) · T (5) } = 0 , {T (4) · T (5) } = 0 ,<br />

{T (2) · T (5) } = η1η4 + η2η3 , {T (5) · T (5) } = η1(η5 − 0.5 η1η2) − 2η3η4 ,<br />

{T (3) · T (5) } = 0 ,<br />

{s · T (1) · T (4) } = η5 − η1η2/3 , {s · T (4) · T (4) } = −η2η4/6 ,<br />

{s · T (2) · T (4) } = 0 , {s · T (5) · T (4) } = −η6 ,<br />

{s · T (3) · T (4) } = η1η4/6 ,<br />

{w · T (1) · T (4) } = 0 , {w · T (4) · T (4) } = 0 ,<br />

{w · T (2) · T (4) } = 0 , {w · T (5) · T (4) } = 0 ,<br />

{w · T (3) · T (4) } = 0 ,<br />

{s · T (1) · T (5) } = 0 , {s · T (4) · T (5) } = −η6 ,<br />

{s · T (2) · T (5) } = η1<br />

2 (η5 − 0.5η1η2) − η3η4 , {s · T (5) · T (5) } = 5η1η2η3<br />

12<br />

{s · T (3) · T (5) } = 0 ,<br />

{w · T (1) · T (5) } = 1<br />

2 (η1η4 + η2η3) , {w · T (4) · T (5) } = 0 ,<br />

{w · T (2) · T (5) } = 3η6 , {w · T (5) · T (5) } = 0 ,<br />

{w · T (3) · T (5) } = − η1<br />

2 (η5 − 0.5η1η2) + η3η4 .<br />

221<br />

− η2 1 η4<br />

4 + η3η5 ,


Anhang D Hintergrundmodelle<br />

Der Anhang gibt einen Überblick über die in dieser Arbeit verwendeten Zwei–Parameter–Modelle.<br />

Die Auswahl der Modelle erfolgte exemplarisch unter Berücksichtigung<br />

der gegenwärtig gebräuchlichsten k − ε bzw. k − ω Formulierungen.<br />

Lien–Leschziner (LL) k − ε Modell (1993)<br />

Das von Lien und Leschziner (1993) entwickelte low-Re k −ɛ Modell empfiehlt sich aufgrund<br />

seiner hohen numerischen Stabilität und seiner günstigen wandnahen Längenmaßeigenschaften.<br />

Das Modell verfolgt eine ähnliche Philosophie wie die sogenannten<br />

Zweischichtenmodelle (Rodi 1991), ohne jedoch explizit zwischen zwei verschiedenen<br />

Bereichen mit unterschiedlichen Modellierungstechniken zu differenzieren. Die low–Re<br />

Funktionen sind so formuliert, daß beim Übergang in den wandnahen Bereich Konsistenz<br />

zu einem Eingleichungsmodell gewährleistet wird (hier z.B. nach Wolfshtein<br />

(1969)).<br />

∂ ρk<br />

∂t<br />

∂ ρε<br />

∂t<br />

+ ∇ · (ρ U k) − ∇ ·<br />

+ ∇ · (ρ U ε) − ∇ ·<br />

<br />

(µ + µt<br />

P rk<br />

<br />

) ∇k<br />

<br />

(µ + µt<br />

<br />

) ∇ε<br />

P rε<br />

= ρP − fk ρε , (D.1)<br />

= ρ ε<br />

k (f1Ce1P − f2Ce2ε) .<br />

Die hierin auftretenden Turbulenz–Reynoldszahlen und Dämpfungsfunktionen lauten<br />

f1 = 1 + P<br />

Pk∗ , f2 = 1 − 0.3 e −Re2 t , fµ =<br />

P ∗ =<br />

f2Ce2k 1.5<br />

Ce1Lε<br />

Ret = kTt<br />

ν , Rek =<br />

1 − e−αµRek<br />

1 − e −αεRek<br />

, fk =<br />

e −αdRe2 k Lε = κc −3/4<br />

µ n 1 − e −αεRek<br />

<br />

,<br />

√ k n<br />

ν<br />

, Tt = k<br />

ε<br />

γ + Ret/91<br />

1 + Ret/91 .<br />

, κ = 0.41 . (D.2)<br />

Die dazugehörigen Koeffizienten können Tabbelle D.1 entnommen werden. Aus Konsistenzgründen<br />

wurden in dieser Arbeit anstelle der Originalkoeffizienten teilweise leicht<br />

modifizierte Koeffizienten verwendetet.<br />

Tabelle D.1: Koeffizienten des low–Re LL k − ε Modells (Lien und Leschziner, 1993) .<br />

Model cµ Ce1 Ce2 γ αε αµ αd P rk P rε<br />

EASM 0.09 1.44 1.83 0.45 0.2041 0.017 0.0025 1.0 1.3<br />

Lien et al. (1993) 0.09 1.45 1.92 1.0 0.2630 0.016 0.0022 1.0 1.3<br />

222


Wilcox k − ω Modell (1994)<br />

HINTERGRUNDMODELLE<br />

Zur Verbesserung der Vorhersagefähigkeit im low-Re Bereich modifizierte Wilcox (1994)<br />

das k − ω Basismodell (Wilcox 1988) in Bezug auf das asymptotisch korrekte Wandverhalten<br />

(vgl. Anhang D)<br />

∂ ρk<br />

∂t<br />

∂ ρω<br />

∂t<br />

+ ∇ · (ρ U k) − ∇ ·<br />

+ ∇ · (ρ U ω) − ∇ ·<br />

<br />

(µ + µt<br />

<br />

) ∇k<br />

P rk<br />

<br />

(µ + µt<br />

<br />

) ∇ω<br />

P rω<br />

= ρPk − fkβ ∗ ρωk ,<br />

= ρ ω<br />

k (fωαPk − βωk) . (D.3)<br />

Die hierin auftretenden Turbulenz–Reynoldszahlen und Dämpfungsfunktionen lauten<br />

fk = β/(3β∗ ) + (Reω/Rk) γ<br />

1 + (Reω/Rk) γ , fω = βω0 + Reω/2.7<br />

fµ (1 + Reω/2.7)<br />

fµ =<br />

β/3 + Reω/6<br />

1 + Reω/6 , Reω = k<br />

ω ν .<br />

, (D.4)<br />

Die dazugehörigen Koeffizienten können Tabelle D.2 entnommen werden. Da der Anisotropieparameter<br />

cµ des isotropen Modell in die Definition der spezifischen Disspationsrate<br />

absorbiert wurde, ergibt sich für das turbulente Zeitmaß Tt die in (D.5) notierte<br />

Definition<br />

ω := ε<br />

cµk<br />

˜g − 2β2 2<br />

˜g η2 − 2β2 3<br />

3˜g η1<br />

❀ Tt = 1<br />

cµω<br />

. (D.5)<br />

Man beachte, daß das anisotrope Stress–Strain Gesetz mit cµ normiert werden muß.<br />

Für die low–Re Variante des Basismodell ergibt sich z.B.<br />

⎛<br />

⎞<br />

<br />

bij = −fµ ⎝<br />

(β1/cµ)<br />

⎠ sij − β2 <br />

sikw<br />

˜g<br />

∗ kj − w ∗ <br />

2β3<br />

ikskj + s<br />

˜g<br />

2 ij − η1<br />

3 δij<br />

.<br />

(D.6)<br />

Die Koeffizienten βi folgen den in Tabelle 4.2 bzw. Gleichung (??) angegebenen Beziehungen.<br />

Tabelle D.2: Koeffizienten des low-Re k − ω Modells (Wilcox, 1994).<br />

Modell β ∗ = cµ α β βω0 Rk γ P rk P rω<br />

EASM 0.09 5/9 3/40 0.1 10 2 2.0 2.0<br />

Wilcox (1994) 0.09 5/9 3/40 0.1 8 4 2.0 2.0<br />

223


Anhang E Greensche Integration<br />

Der Anhang beschreibt die Herleitung der Greenschen Funktion, welche zur Modellierung<br />

der Druck–Scher–Korrelation verwendet wird. Die Greensche Funktion ergibt sich<br />

aus dem Greenschen Satz, den man aus der Anwendung des Intergalssatzes von Gauß<br />

<br />

<br />

∇ · ψ dV = dA · ψ , (E.1)<br />

auf eine Funktion ψ = Φ∇B − B∇Φ<br />

❀<br />

<br />

O(V)<br />

V<br />

O(V)<br />

dA · (Φ∇B − B∇Φ) =<br />

=<br />

<br />

V<br />

<br />

V<br />

∇ · (Φ∇B − B∇Φ) dV<br />

(Φ∆B − B∆Φ) dV (E.2)<br />

erhält. Im speziellen Falle von B = r −1 ergibt sich unter Verwendung von Kugelkoordinaten<br />

für isotrope Funktionen Φ = Φ(r), mit ∆Φ = Φ,rr +2Φ,r /r und ∇Φ = Φ,r e r,<br />

−<br />

<br />

O(V)<br />

<br />

Φ Φ,r<br />

dA · er +<br />

r2 r<br />

= −<br />

= −<br />

<br />

V<br />

<br />

V<br />

<br />

1<br />

Φ,rr +2<br />

r<br />

Φ,r<br />

<br />

r<br />

∆Φ dV<br />

r<br />

dV<br />

. (E.3)<br />

Man beachte, daß B = r −1 die Laplacegleichung identisch erfüllt, weswegen der erste<br />

Term des Volumenintegrals verschwindet. Das Oberflächendifferential lautet<br />

dAr = r 2 sin(θ) dθdφ , dAθ = r 2 sin(θ) drdφ , dAφ = r 2 sin(θ) dθdr ,<br />

Das Volumenintergral ergibt sich aus dV = r2 sin(θ) dr dθ dφ . Da die Gewichtsfunktion<br />

B = r−1 für r = 0 singulär ist, wird dieser Punkt aus der Integration ausgeschlos-<br />

sen. Man integriert anstelle dessen über einen<br />

dA zweifach zusammenhängendes Gebiet, welches<br />

neben der äusseren Schale noch eine innere<br />

dA<br />

Schale mit dem Radius 1 >> a > 0 umfasst.<br />

a<br />

(Abbildung E.1).<br />

Für Funktionen, die für r → ∞ hinreichend<br />

r<br />

schnell gegen Null streben verschwindet die<br />

Integration über die äussere Kugeloberfläche.<br />

Zur Integration der inneren Fläche trägt im<br />

Abbildung E.1: Greensche Integration. Grenzübergang a → 0 lediglich der erste Sum-<br />

224


mand des Oberflächenintegrals bei<br />

Φ(r = 0) = − 1<br />

4π<br />

<br />

V<br />

∆Φ dV<br />

r<br />

GREENSCHE INTEGRATION<br />

. (E.4)<br />

Im Zusammenhang mit der Modellierung der Druck-Scher Korrelationen φij verwendet<br />

man die oben skizzierte Vorgehensweise zur Berechnung des fluktuierenden Drucks p<br />

aus der Druckpoissongleichung (1.60).<br />

Substituiert man für inkompressible Medien Φ = p/ρ in Gleichung (E.4) und vewendet<br />

weiterhin die Druckpoissongleichung (1.60)<br />

∆p<br />

ρ<br />

<br />

∂Ui ∂uk<br />

= −2 + eijkΩj<br />

∂xk ∂xi<br />

− ∂2 (uiuk)<br />

∂xk∂xi<br />

+ ∂2 (uiuk)<br />

∂xk∂xi<br />

zur Formulierung des Integranden in (E.4), so findet sich eine einfache Beziehung für<br />

den fluktuierenden Druck<br />

<br />

p 1 ∂<br />

= 2<br />

ρ 4π<br />

Ûi<br />

<br />

∂ûk ∂<br />

+ eijkΩj<br />

∂ˆxk<br />

∂ˆxi<br />

2 (ûiûk)<br />

+<br />

∂ˆxk∂ˆxi<br />

∂2 (ûiûk)<br />

−<br />

∂ˆxk∂ˆxi<br />

1 ∂<br />

ρ<br />

ˆ f ′ <br />

i d<br />

∂ˆxi<br />

ˆ V<br />

. (E.5)<br />

r<br />

Die Funktion<br />

V<br />

G(r = |ˆxi − xi|) = − 1<br />

4π<br />

1<br />

|ˆxi − xi|<br />

+ 1<br />

ρ<br />

nennt man auch Greensche Funktion. Man beachte, daß (E.5) and die Gültigkeit<br />

lim<br />

r→∞ p & p,r → 0<br />

gebunden ist, andernfalls tritt noch ein zweites Oberflächenentegral in Gleichung (E.5)<br />

auf.<br />

225<br />

∂f ′ i<br />

∂xi


Anhang F Zweipunktkorrelationen<br />

Der Anhang beschreibt elementare Rechenregeln für die Behandlung von Zweipunktkorrelationen,<br />

wie sie zur Modellierung der Druck–Scher–Korrelationenen verwendet<br />

werden. Mit Hilfe der Transformation<br />

ergibt sich<br />

Von (F.3) folgt<br />

∂<br />

∂rl<br />

∂(uiûj)<br />

∂rk<br />

∂Rij<br />

∂rk<br />

∂(uiûj)<br />

∂xk<br />

∂Rij<br />

∂xk<br />

∂Rij<br />

∂xk<br />

=<br />

=<br />

ˆxi = xi + ri und (F.1)<br />

ˆΦ = Φ(ˆxi) Φ = Φ(xi)<br />

<br />

∂ui<br />

ûj + ui<br />

∂rk<br />

<br />

∂ui ∂xm<br />

∂xm<br />

∂rk<br />

<br />

0<br />

<br />

∂ûj<br />

∂rk<br />

ûj + ui<br />

<br />

∂ûj ∂ˆxm<br />

,<br />

∂ˆxm ∂rk <br />

<br />

∂ûj<br />

= ui , (F.2)<br />

∂ˆxk<br />

=<br />

=<br />

=<br />

<br />

∂ui<br />

∂xk<br />

<br />

∂ui<br />

∂xk<br />

<br />

∂ui<br />

∂xk<br />

ûj + ui<br />

ûj + ui<br />

ûj + ∂Rij<br />

<br />

∂ûj<br />

∂xk<br />

<br />

∂ûj ∂ˆxm<br />

,<br />

∂ˆxm ∂xk <br />

∂rk<br />

δmk<br />

− ∂Rij<br />

<br />

=<br />

∂rk<br />

∂<br />

<br />

∂ui<br />

ûj =<br />

∂rl ∂xk<br />

∂ui<br />

∂xk<br />

226<br />

δmk<br />

. (F.3)<br />

∂ûj<br />

∂ˆxl<br />

. (F.4)

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