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GUV 3.4 - Eisenbahn-Unfallkasse

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Unfallversicherung<br />

10<br />

Abklärung einer Lungenfibrose<br />

unter dem Verdacht<br />

auf eine Asbestose bei seit<br />

zwei bis drei Jahren zunehmender<br />

Atemstörung<br />

und verstärktem Hustenreiz.<br />

Der Patient berichtete,<br />

in den fünfziger Jahren<br />

auf verschiedenen Werften<br />

als Maschinenschlosser<br />

und anschließend bis zu<br />

seiner Berentung im Waggonbau<br />

der Deutschen<br />

Bundesbahn tätig gewesen<br />

zu sein. Unsere Untersuchungen<br />

ergaben, dass<br />

von einer Asbestose auszugehen<br />

ist. Bitte veranlassen<br />

Sie die weitere Abklärung“.<br />

Fall 2: „Der 65jährige M.<br />

wurde uns vom Hausarzt<br />

überwiesen, nachdem dieser<br />

im Rahmen einer konventionellenRöntgendiagnostik<br />

einen auffälligen Befund<br />

an der linken Lunge<br />

feststellte. Bei der Aufnahme<br />

berichtete der Patient<br />

über einen seit 5 Wochen<br />

bestehenden Husten mit<br />

geringem grün-gelben<br />

Auswurf sowie über<br />

Schmerzen im Halswirbelsäulen-Bereich<br />

mit Ausstrahlung<br />

in den Brustraum.<br />

Im Rahmen der Abklärung<br />

konnten wir ein<br />

kleinzelliges Bronchialkarzinom<br />

sichern. Der Patient<br />

gab an, beruflich bis ca.<br />

1980 mit Asbest gearbeitet<br />

zu haben. Mit diesem<br />

Brief erfolgt gleichzeitig eine<br />

Meldung an den Gewerbearzt“.<br />

Fall 3: „Die Aufnahme des<br />

Patienten erfolgte zur weiteren<br />

Abklärung der seit<br />

mehreren Wochen geklagten<br />

Schmerzen im linken<br />

Brustraumbereich und der<br />

massiven Gewichtsabnahme<br />

in den vergangenen<br />

sechs Monaten . Er berichtete,<br />

dass er in den siebziger<br />

Jahren im Rahmen seiner<br />

Malerlehre gelegentlich<br />

mit asbestgebundenen<br />

Heizkörperverkleidungen<br />

hantieren musste. Unsere<br />

Untersuchungen haben<br />

den bereits auswärtig geäußerten<br />

Verdacht eines<br />

Pleuramesothelioms bei<br />

dem 49-jährigen Patienten<br />

bestätigt. Wegen der fortgeschrittenenMetastasierung<br />

ist eine Therapie leider<br />

nicht mehr möglich“.<br />

Wenn man bedenkt, dass das<br />

heutige asbestbedingte Berufskrankheitengeschehen<br />

die Asbestfeinstaubgefährdung<br />

der<br />

sechziger und siebziger Jahre<br />

widerspiegelt, so machen diese<br />

Beispiele – ungeachtet des<br />

jeweiligen individuellen Schicksals<br />

– eines deutlich: Die Nachweisschwierigkeiten<br />

des UVTr<br />

hinsichtlich der Frage, ob ein<br />

Zusammenhang zwischen der<br />

versicherten Tätigkeit und der<br />

daraus resultierenden Einatmung<br />

von Asbest-feinstaub<br />

besteht. Während z.B. beim Arbeitsunfall<br />

die Dauer der ursächlich<br />

schädigenden Einwirkung,<br />

etwa bei einem Leitersturz nach<br />

Sprossenbruch, Sekundenbruchteile<br />

beträgt, kann diese<br />

bei asbestbedingten Erkrankungen<br />

Monate bis viele Jahrzehnte<br />

dauern. Außerdem tritt<br />

die Wirkung, das heißt der Körperschaden<br />

bzw. die Berufskrankheit,<br />

beim Arbeitsunfall<br />

zeitlich unmittelbar, bei asbestbedingten<br />

Erkrankungen jedoch<br />

erst nach jahrzehntelanger<br />

Latenzzeit (s.o.) ein.<br />

Asbestverursachte Erkrankungen<br />

sind deshalb typische<br />

Beispiele für industrielle<br />

Latenzschäden.<br />

Aus Erfahrungen, die<br />

man in den letzten Jahren<br />

gewonnen hat, weiß<br />

man heute, dass die mittleren<br />

Latenzzeiten für die<br />

Erkrankung an<br />

einer Lungenasbestose<br />

bis zum Beginn einer entschädigungspflichtigen<br />

Minderung der Erwerbsfähigkeit<br />

(MdE) ca. 21<br />

Jahre,<br />

einem Lungenkrebs<br />

nach Asbestfeinstaubgefährdung<br />

am Arbeits-<br />

platz bis zur Diagnose<br />

ca. 25 Jahre und<br />

einem asbestverursachten<br />

Mesotheliom bis zur<br />

Diagnose ca. 30 Jahre<br />

betragen.<br />

In diesem Sinne wurde auch<br />

der Begriff der „30-Jahres-<br />

Regel“ geprägt.<br />

In Extremfällen kommen sogar<br />

Latenzzeiten von 50 Jahren und<br />

mehr vor. Es liegt auf der Hand,<br />

dass nach so langer Zeit z.B.<br />

die entsprechenden Arbeitsplätze<br />

oft nicht mehr<br />

vorhanden und auch nicht<br />

mehr reproduzierbar sind,<br />

unter Berücksichtigung<br />

häufiger Arbeitsplatzwechsel<br />

in verschiedenen Gewerbezweigen<br />

in der Regel<br />

qualifizierte, sicherheitstechnisch<br />

objektivierte<br />

Messdaten für Jahrzehnte<br />

zurückliegende Arbeitsplatzverhältnisse<br />

fehlen,<br />

die technischen Aufsichtsdienste<br />

und Arbeitsmediziner<br />

die „Altsituation“ nur<br />

noch aus Büchern und Filmen<br />

kennen und<br />

die Betroffenen sich selbst<br />

oftmals an eine Belastung<br />

nicht erinnern können, weil<br />

sie um die Gefahren nicht<br />

wussten.<br />

Wie also kann der UVTr der<br />

vom Gesetzgeber aufgetragenen<br />

Ermittlungspflicht hinsichtlich<br />

der Asbestexposition gerecht<br />

werden (dies auch unter<br />

dem Gesichtspunkt einer einheitlichen<br />

Verwaltungspraxis<br />

bzw. Rechtsanwendung) und<br />

wie können aufwändige messtechnische<br />

Verfahren (auf die<br />

im Rahmen dieses Beitrages<br />

nicht eingegangen wird) zur Berechnung<br />

der Asbeststaubbelastung<br />

am Arbeitsplatz vermieden<br />

werden?<br />

Die Lösung findet sich im sog.<br />

BK-Report „Faserjahre“,<br />

d.h., zur Beurteilung der früheren<br />

und gegenwärtigen Asbeststaubbelastung,<br />

der sog.<br />

(Asbeststaubexposition), ha-<br />

ben sich die UVTr entschlossen,<br />

Expositionstabellen und<br />

Gefährdungskataster über Asbestfaserkonzentrationen<br />

zu<br />

erstellen, die alle zur Verfügung<br />

stehenden Messwerte der Berufsgenossenschaften<br />

und die<br />

Veröffentlichungen der nationalen<br />

und internationalen Asbestliteratur<br />

zu einzelnen Tätigkeiten<br />

berücksichtigen. Die entsprechenden<br />

Ergebnisse sind<br />

im BK-Report „Faserjahre“ veröffentlicht<br />

und werden durch<br />

die permanent neu gewonnenen<br />

Erkenntnisse ständig aktualisiert.<br />

Mit diesem Report können<br />

in einer Vielzahl von Fällen<br />

die Beweisschwierigkeiten, die<br />

beim Zustand der objektiven<br />

Beweislosigkeit sonst zu Lasten<br />

der Versicherten oder Hinterbliebenen<br />

gehen würden,<br />

überwunden werden.<br />

Keinesfalls dürfen jedoch die<br />

Konzentrationswerte in diesem<br />

Report ohne die vorherige Ermittlung<br />

der tatsächlichen Arbeitstätigkeit<br />

und der konkreten<br />

Arbeitsbelastungen am Arbeitsplatz<br />

angewendet werden.<br />

Ohne einen Nachweis zu Art,<br />

Dauer und Qualität der Tätigkeit<br />

mit Asbestexposition können<br />

Beweislücken nicht durch<br />

allgemeine Erfahrungswerte zu<br />

vermeintlichen berufstypischen<br />

Tätigkeiten aus diesem Report<br />

geschlossen werden. Es ist z.B.<br />

nicht zulässig, allein aus dem<br />

Beruf „Isolierer“ im Rentenversicherungsnachweis<br />

auf Tätigkeiten<br />

mit Asbestexposition<br />

standardmäßig rück zu schließen<br />

und Faserwerte im Mittelwert<br />

verschiedener Tätigkeiten<br />

hoch zu rechnen.<br />

Hieraus ergibt sich:<br />

Die schädigende Tätigkeit<br />

muss im Vollbeweis gesichert<br />

werden. Liegen keine<br />

Anknüpfungstatsachen für<br />

eine beruflich bedingte Asbestbelastung<br />

vor, kommt<br />

eine Anwendung von Konzentrationswerten<br />

nach dem<br />

Faserreport nicht in Betracht.<br />

Was aber hat es nun mit dem<br />

Begriff der „Faserjahre“, der uns<br />

EUKDialog 1/2003

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