Evangelischer Gemeindebote Eibach - Evang.-Luth ...
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Mission und Partnerschaft<br />
Aktuelle Entwicklungen des Missionsverständnisses<br />
in den deutschen<br />
Kirchen<br />
Dies ist der zweite und letzte Teil von<br />
ausgewählten Abschnitten aus einem<br />
Vortrag von Dr. Hermann Vorländer, dem<br />
Direktor des Missionswerkes Neuendettelsau,<br />
das seit dem 1. Januar 2007 „Mission<br />
EineWelt, Centrum für Partnerschaft,<br />
Entwicklung und Mission” heißt.<br />
Den ersten Teil konnten Sie in unserem<br />
<strong>Gemeindebote</strong>n für Dezember 2006 / Januar<br />
2007 lesen.<br />
Mission und Entwicklung gehören zusammen<br />
In den 60er Jahren wuchs in Deutschland<br />
das Bewusstsein der Notwendigkeit<br />
von Entwicklungshilfe. Die Weltkirchenkonferenz<br />
in Uppsala forderte ein stärkeres<br />
Engagement der Kirchen. „Brot für<br />
die Welt”, die <strong>Evang</strong>elische Zentralstelle<br />
für Entwicklungshilfe, „Dienste in Übersee”<br />
und der Kirchliche Entwicklungsdienst<br />
wurden gegründet. Es entstand<br />
die Diskussion darüber, wie sich Mission<br />
und Entwicklung zueinander verhalten.<br />
Ist Entwicklung die neue Form von Mission?<br />
Manche Entwicklungsfreunde kritisierten<br />
die Missionswerke als „verstaubte”<br />
Institutionen. Ein wichtiger Impuls<br />
zum Weiterdenken war die Anfrage der<br />
äthiopischen Mekane-Jesus-Kirche<br />
nach dem Verhältnis von „Mission” als<br />
Glaubensweckung und „Brot für die<br />
Welt” als Entwicklungshilfe. Sie wollte<br />
wissen, warum die Kirchen plötzlich<br />
mehr Geld für Entwicklungshilfe als für<br />
Mission zur Verfügung stellen. <strong>Evang</strong>elikale<br />
Gruppen in Deutschland kritisierten<br />
die Einseitigkeit von „Brot für die Welt”<br />
und gründeten als Gegenorganisationen<br />
„Hilfe für Brüder”.<br />
Inzwischen hat sich in weiten Kreisen die<br />
Überzeugung durchgesetzt, dass Mission<br />
und Entwicklung zusammen gehören.<br />
Die Polemik von Anhängern beider<br />
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Richtungen hat an Schärfe verloren. Mission<br />
muss ganzheitlich verstanden werden,<br />
denn Jesus hat nicht nur Heil verkündet,<br />
sondern auch Heilung gebracht<br />
und Hungrige gespeist. Die Menschen<br />
im Süden haben wenig Verständnis für<br />
die abendländische Trennung von Körper<br />
und Seele. Die Missionswerke weisen<br />
darauf hin, dass Missionare die ersten<br />
Entwicklungshelfer waren und nicht<br />
nur Kirchen, sondern auch Schulen und<br />
Krankenhäuser gebaut haben. Unsere<br />
Partnerkirchen tragen vielfach entscheidend<br />
zur Entwicklung in ihren Ländern<br />
bei. Deshalb unterstützen wir mit erheblichen<br />
Mitteln die Arbeit in Krankenhäusern,<br />
Schulen, Ausbildungsstätten,<br />
Landwirtschaftsprojekten usw. Viele unserer<br />
Missionare arbeiten im Entwicklungsbereich<br />
und haben in Zusammenarbeit<br />
mit dem <strong>Evang</strong>elischen Entwicklungsdienst<br />
den Status von Entwicklungshelfern.<br />
Mission und Ökumene gehören zusammen<br />
Die Ökumenische Bewegung verdankt<br />
sich im Wesentlichen der weltweiten Arbeit<br />
der Mission. Deshalb setzen sich<br />
Missionsorganisationen für die Weiterentwicklung<br />
der ökumenischen Gemeinschaft<br />
von Kirchen ein. Dies gilt für uns<br />
als lutherisches Missionswerk zunächst<br />
im Hinblick auf den <strong>Luth</strong>erischen Weltbund,<br />
den wir als Koordinationsorgan für<br />
unsere Missionsaktivitäten und die Beteiligung<br />
an neuen missionarischen Herausforderungen<br />
verstehen. Wir brauchen<br />
aber auch den Ökumenischen Rat<br />
der Kirchen, weil er ein breiteres Spektrum<br />
von Kirchen umfasst. Unsere lutherischen<br />
Partnerkirchen bitten um unsere<br />
Mithilfe, ihre „lutherische Identität” zu<br />
stärken, jedoch nicht im Sinne eines engstirnigen<br />
Konfessionalismus. Sie befinden<br />
sich in oft heftigen Auseinandersetzungen<br />
mit pfingstlerischen und charismatischen<br />
Gruppen und Kirchen. Wir<br />
wollen sie jedoch auch ermutigen, sich<br />
der ökumenischen Zusammenarbeit vor<br />
Ort zu öffnen.<br />
In den letzten Jahren ist das ökumenische<br />
Engagement in unserem Land zurückgegangen.<br />
Dies hat viele Gründe,<br />
unter anderem, dass der Nahbereich<br />
und das persönliche Ergehen wieder an<br />
Bedeutung gewonnen haben und es hinsichtlich<br />
des Erfolgs von Entwicklungshilfe<br />
Enttäuschungen gibt. Auch ist die<br />
Euphorie über die Möglichkeiten des<br />
Einflusses von Christen auf die Politik<br />
teilweise verflogen. Wir müssen das Bewusstsein<br />
für unsere Verantwortung in<br />
der ökumenischen Gemeinschaft stärken.<br />
Der konziliare Prozess für Frieden,<br />
Gerechtigkeit und Bewahrung der<br />
Schöpfung muss weitergehen. Gottes<br />
Heilswille im Sinne der Missio Dei umfasst<br />
sein Wirken als Schöpfer, Erlöser<br />
und Mut machender Geist. Deshalb<br />
müssen wir unsere Öffentlichkeitsarbeit<br />
professionalisieren und verstärken und<br />
unsere Studienarbeit intensivieren. Wir<br />
wollen auch für mehr Interessenten für<br />
eine Mitarbeit in Übersee in unserer Kirche<br />
werben.<br />
Mission und Dialog gehören zusammen<br />
1910 wurde auf der ersten Weltmissionskonferenz<br />
in Edinburgh als Ziel formuliert,<br />
in einer Generation die gesamte<br />
Menschheit zu missionieren. Dieses Ziel<br />
wurde nicht erreicht. Heute gehört höchstens<br />
ein Drittel der Menschheit einer<br />
Kirche an. Bei uns nimmt die Zahl der<br />
Kirchenmitglieder ab, im Süden wächst<br />
sie vielfach noch. Doch entfalten andere<br />
Religionen neue Aktivitäten, insbesondere<br />
der Islam. Dort entsteht ein wachsender<br />
Fundamentalismus, der sich politisch<br />
auswirkt. Die religiöse Pluralität ist<br />
eine Realität, an der die Missionsarbeit<br />
nicht vorbei kommt. Es gilt, diese Pluralität<br />
ernst zu nehmen und darin eine Herausforderung<br />
für unser missionarisches<br />
Zeugnis zu entdecken. Deshalb kann<br />
Mission und Partnerschaft<br />
Mission heute nur im Dialog mit Menschen<br />
anderen Glaubens geschehen.<br />
Dialog ist für manche zum Reiz- oder<br />
Schimpf-Wort geworden, wobei viele<br />
Missverständnisse eine Rolle spielen.<br />
Keineswegs kann es darum gehen, dass<br />
der interreligiöse Dialog an die Stelle von<br />
Mission tritt. Vielmehr gehören Mission<br />
und Dialog zusammen. „Ohne interreligiösen<br />
Dialog wird keiner verständig.<br />
Durch interreligiösen Dialog ist noch niemand<br />
Christ geworden.” (Jürgen Moltmann,<br />
1999). „Zur Mission gehört die Bereitschaft<br />
zum Dialog mit Menschen anderen<br />
Glaubens und anderer Weltanschauungen”<br />
(VELKD-Leitlinien kirchlichen<br />
Lebens, 2002).<br />
Auch von evangelikaler Seite wird die<br />
Zusammengehörigkeit von Mission und<br />
Dialog immer mehr betont. Die Missionare<br />
haben erst die Religion der Einheimischen<br />
studiert, ihre Sprache erlernt, bevor<br />
sie mit der Verkündigung begannen.<br />
Unsere Partner im Süden hören nicht<br />
gern, wenn wir von ihren Vorfahren als<br />
„Heiden” sprechen. Sie verweisen darauf,<br />
dass auch sie eine Ahnung von Gott<br />
hatten und ihm durch ihre religiösen<br />
Praktiken zu dienen gesucht haben.<br />
Auch im Wirken Jesu gehören Zeugnis<br />
und Dialog zusammen. Er hat nicht nur<br />
gepredigt, sondern führte intensive Dialoge<br />
mit seinen jüdischen Gegnern und<br />
mit Andersgläubigen. Von einem römischen<br />
Hauptmann sagte er voller Hochachtung:<br />
„Solchen Glauben habe ich in<br />
Israel nicht gefunden.” (Matth. 8, 10).<br />
Ketzerische Samariter stellte er zu Vorbildern<br />
für wahre Nächstenliebe und<br />
Dankbarkeit hin.<br />
In der Theologie muss die Auseinandersetzung<br />
um eine Theologie der Religionen<br />
weitergehen. Der interreligiöse Aspekt<br />
sollte in der theologischen Ausbildung<br />
einen deutlicheren Platz einnehmen.<br />
Denn die Pfarrerinnen und Pfarrer<br />
werden später in den Gemeinden Men-<br />
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