September 2002 - Evang.-Luth. Kirchengemeinde Nürnberg-Eibach
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Der Monatsspruch zum August<br />
„Welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen,<br />
dass wir Gottes Kinder heißen sollen - und es<br />
auch sind!“ 1. Johannes 3,1<br />
Liebe Leserinnen<br />
und Leser!<br />
Das Leben ist<br />
kein Kinderspiel,<br />
sondern leider all<br />
zu oft all zu ernst.<br />
Nicht von<br />
ungefähr<br />
sprechen wir ja<br />
auch vom Ernst<br />
des Lebens. Ich<br />
selbst kann mich<br />
noch genau an<br />
den Tag erinnern, an dem ich erstmals<br />
das Wort „Ernst des Lebens“ hörte. Es<br />
war am Tag meiner Einschulung. „Bald“,<br />
so mein Großvater damals, „weht ein<br />
anderer Wind. Morgen fängt für dich der<br />
Ernst des Lebens an!“ An jenem<br />
<strong>September</strong>tag des Jahres 1974 bin ich<br />
entsetzlich erschrocken. Bereits im Alter<br />
von noch nicht einmal sechs Jahren<br />
sollte das Spiel aus und meine Kindheit<br />
vorüber sein? Eine fürchterliche<br />
Vorstellung! Ich beschloss daraufhin<br />
trotzig, das Wort vom Ernst des Lebens<br />
so ernst auch wieder nicht zu nehmen<br />
und so lange als möglich Kind zu bleiben<br />
und zu spielen. Im Lauf der Jahre musste<br />
ich aber zu meinem großen Befremden<br />
registrieren (und registriere es bis<br />
heute), dass es anderen Kindern gar<br />
nicht schnell genug gehen kann, sich in<br />
Erwachsene zu verwandeln. Und was<br />
noch schlimmer ist: manche<br />
Erwachsene sehen so aus, als seien sie<br />
niemals Kinder gewesen.<br />
Dabei kommt doch der Mensch erst<br />
richtig zu sich selbst, wenn er spielt.<br />
Spiele versetzen uns sogar in eine<br />
andere Welt. Wer spielt, nimmt zwar<br />
2<br />
bitter ernst, was er gerade tut, aber er<br />
schlägt doch der Welt um sich herum ein<br />
Schnippchen, indem diese Welt ihm<br />
getrost gestohlen bleiben kann. Und sei<br />
es für einen Augenblick. Wer spielt, kann<br />
vergessen, was ihm das Leben nimmt.<br />
Wer spielt, hat den rettenden Ausweg<br />
aus dem Todernst des Lebens gefunden.<br />
Und sei es für einen Augenblick. Diese<br />
Kunst der Lebensernst- und<br />
Weltvergessenheit beherrschen Kinder<br />
bekanntlich am allerbesten. Umgekehrt<br />
wird wieder zum Kind, wer spielen kann.<br />
Und sei es für einen Augenblick.<br />
Wer als ernster und frommer Mensch<br />
nun glaubt, Glaube und Spiel hätten<br />
nichts miteinander zu tun und wer es mit<br />
Gott zu tun bekomme, bekomme es mit<br />
einem noch ernsteren Ernst als dem<br />
Ernst des Lebens zu tun, der irrt. Gott sei<br />
Dank! Denn es ist kein Geringerer als<br />
Gott, der aus dem Ernst unseres Lebens<br />
ein Kinderspiel macht. Ein Kinderspiel,<br />
das der Welt nicht nur für einen<br />
glücklichen Augenblick, sondern ein- für<br />
allemal ein Schnippchen schlägt. Wir<br />
sind Gottes Kinder. Und als Kinder<br />
Gottes dürfen wir getrost spielen und<br />
inmitten des Ernstes unseres Lebens<br />
spielerisch damit Ernst machen, dass bei<br />
Gott das Böse und der Tod nichts mehr<br />
zu lachen haben. Weil er selbst sie<br />
besiegt hat - aber nicht mit der rohen<br />
Gewalt des Allmächtigen, sondern mit<br />
seinem österlichen Lachen. Wer zuletzt<br />
lacht, lacht am besten. Stimmen wir - und<br />
sei es unter Tränen - in dieses Lachen<br />
ein und spielen wir getrost das<br />
Kinderspiel unseres Lebens. Im Ernst!<br />
Ihr Ralf Frisch