EXTRA 5 - Der Sonntag
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16<br />
<strong>EXTRA</strong><br />
Zur Sache<br />
eranstaltungstipps<br />
� Zum Auftakt des Kreuzfestes<br />
wird am Freitag, 14. September,<br />
um 18 Uhr zu einem ökumenischen<br />
Abendgebet in die Dreifaltigkeitskirche<br />
eingeladen. Es<br />
steht unter der Überschrift: „Bei<br />
Dir ist die Quelle des Lebens“.<br />
Danach: Ausklang und Begegnung<br />
im Pfarrgarten.<br />
Weitere Veranstaltungen im<br />
Jubiläumsjahr:<br />
� Samstag, 22. September, Piushaus:<br />
19.30 Uhr: „die gewissen“,<br />
Die Dreifaltigkeitskirche<br />
ist mit ihrem<br />
weißen Putz und<br />
dem hohen Turm<br />
schon von Weitem<br />
zu sehen.<br />
Das Kunstwerk<br />
kann in<br />
verschiedenen<br />
liturgischen<br />
Farben leuchten.<br />
Theatergruppe Dreifaltigkeit,<br />
präsentieren zum Jubiläum:<br />
„Alles auf Krankenschein“, Rasante<br />
Komödie von Ray Cooney.<br />
Anschließend Musik und Tanz.<br />
� <strong>Sonntag</strong>, 30. September,<br />
Kirche: 9.30 Uhr: Feierlicher<br />
Gottesdienst zum Abschluss des<br />
Jubiläums. Anschließend<br />
buntes Gemeindefest im Piushaus<br />
mit Kirchenkabarett des<br />
ehemaligen Dreifaltigkeitlers<br />
Stefan Herok. (ela)<br />
Eine Gemeinde am Puls der Zeit<br />
Wiesbadener Pfarrei Dreifaltigkeit feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag<br />
Von Daniela Tratschitt<br />
Jung, dynamisch, attraktiv –<br />
die perfekte Kombination. Auf<br />
einen 100-jährigen Menschen<br />
dürfte das wohl kaum zutreffen.<br />
Aber für eine Kirche ist<br />
das kein Alter.<br />
Die gehört noch zu den jungen<br />
Hüpfern – vor allem in einer so<br />
historischen Stadt wie Wiesbaden.<br />
Die Dreifaltigkeitskirche ist<br />
hip und immer am Puls der Zeit.<br />
Spitzname:<br />
Kulturkirche<br />
Das könnte vor allem daran<br />
liegen, dass die Dreifaltigkeitskirche<br />
den Spitznamen Kulturkirche<br />
trägt. Seit Jahrzehnten<br />
bietet die Gemeinde bekannten<br />
und unbekannten Künstlern<br />
Raum für ihre Kunst. Egal aus<br />
welcher Sparte, ob Musik, Bildende<br />
Kunst, Theater, … hier<br />
finden Künstler und Kunstbegeisterte<br />
immer einen Platz.<br />
„Die Gemeinde geht mit ihrer<br />
Kulturarbeit oft neue Wege des<br />
Glaubens“, freut sich Diakon<br />
Stephan Arnold. „Alles dreht<br />
sich darum, Begegnungen<br />
zu ermöglichen. Das bedeutet<br />
in diesem Falle auch,<br />
sich mit der Kunst und<br />
dem Ausstellungsort auseinander<br />
zu setzen. Und das<br />
wiederum bedeutet, sich mit<br />
Anderen auseinanderzusetzen.“<br />
Denn gerade wenn die Schönheit<br />
im Auge des Betrachters<br />
liegt, lässt sich darüber besonders<br />
gut streiten. „Wir wollen<br />
auch Sinnstiften durch Kunst.“<br />
Genau das ist durch das neue<br />
Altarbild des Künstlers Andreas<br />
Koridass passiert. Das moderne<br />
Kunstwerk des Mainzer Bildhauers<br />
regt seine Betrachter<br />
zum Gespräch an. Davon ist<br />
auch Gemeindereferentin Susanne<br />
Hering überzeugt. „Seit<br />
der Enthüllung des Kunstwerkes<br />
im Juni beobachte ich immer<br />
wieder Gemeindemitglieder,<br />
die sich über unsere Dreifaltigkeitsdarstellung<br />
unterhalten.“<br />
Das Fenster zeigt die heilige Familie<br />
und wurde von der ehemaligen<br />
Kunstlehrerin Angelika Groth gestaltet.<br />
Da das Kunstwerk auch mit<br />
unterschiedlichem Licht arbeitet,<br />
gibt es immer wieder etwas zu sagen.<br />
„Ich glaube, dass wir damit<br />
wirklich einen echten Hingucker<br />
in unsren Altarraum gebracht<br />
haben.“ Die drei Holzstreben<br />
regen einfach zum Dialog an.<br />
Dialog ist aber sowieso eines<br />
der großen Themen der Dreifaltigkeitsgemeinde.<br />
„Bei uns bedeutet<br />
Gemeinde auch Gemeinschaft“,<br />
erläutert Angelika Groth<br />
(62). Seit 50 Jahren ist sie in der<br />
Dreifaltigkeitsgemeinde aktiv<br />
und gehörte bis vor kurzem noch<br />
zum Pfarrgemeinderat. „Wir gehören<br />
hier alle zusammen, ohne<br />
dass wir klüngeln müssen.“<br />
Umstellungen haben<br />
kreativ gemacht<br />
Seit einiger Zeit hat die spanisch<br />
sprachige Gemeinde ihren<br />
Sitz hier, und seit Anfang des Jahres<br />
ist die Dreifaltigkeitsgemeinde<br />
mit St. Bonifatius fusioniert.<br />
Das bedeutet für die 100-jährige<br />
Pfarrei einiges an Umstellungen.<br />
Die Dreifaltigkeits-<br />
Darstellung von Andreas<br />
Koridass bestimmt<br />
den Raum hinter dem<br />
Altar. Fotos (5): Daniela<br />
Tratschitt<br />
„2007 sind wir mit St. Andreas<br />
zusammengeschlossen worden<br />
und jetzt mit St. Bonifatius“,<br />
erinnert sich Groth. „In den 1990ern<br />
hatten wir auch schon eine an<br />
Hauptamtlichen sehr arme Zeit.<br />
Das hat uns allerdings nur kreativer<br />
gemacht. Mal sehen, was<br />
jetzt passiert. Mit der spanischen<br />
Gemeinde sind wir schon richtig<br />
gut zusammen gewachsen.“<br />
Auch Diakon Arnold weiß um<br />
die Probleme, die so eine Fusion<br />
mitbringt. Trotzdem: „Das Zweite<br />
Vatikanische Konzil beginnt<br />
jetzt zu wirken. Das bedeutet,<br />
dass die Laien verstärkt eingesetzt<br />
werden. Meiner Meinung<br />
nach liegt die Zukunft der Kirche<br />
in der Ehrenamtlichkeit.“<br />
Das bietet laut Arnold sehr<br />
viele Möglichkeiten. „Diese Kirche<br />
ist permanent mitten drin<br />
im Geschehen. So bleibt die<br />
Dreifaltigkeitsgemeinde auch<br />
mit 100 Jahren immer jung.“<br />
Informationen im Internet:<br />
http://www.dreifaltigkeithundertjahr.de/<br />
Nachgefragt<br />
Licht statt Farben<br />
Drei Fragen an Andreas<br />
Koridass (47), Bildhauer aus<br />
Mainz.<br />
Frage: Wie haben Sie zu dem<br />
Kunstwerk gefunden?<br />
Koridass: Da die Vorgabe war,<br />
vier alte Tafelgemälde aus Holz<br />
rechts und links neben meine<br />
Dreifaltigkeitsdarstellung zu<br />
hängen, und da das Thema<br />
„Dreifaltigkeit“ selbst abstrakt<br />
ist, habe ich mich zu einer<br />
freien, ungegenständlichen<br />
Realisierung entschlossen. Ich<br />
wollte nicht in Konkurrenz mit<br />
dem schon vorhandenen, realistischen<br />
Darstellungen – auch<br />
nicht mit der Dreifaltigkeits-<br />
Relief im Kirchenportal – treten.<br />
Aus diesem Grund habe ich ein<br />
abstraktes, zeitgenössisches<br />
Werk geschaffen, das meine<br />
typische Handschrift trägt.<br />
Und wie genau haben Sie das<br />
Thema Dreifaltigkeit jetzt<br />
umgesetzt?<br />
Bei der großen Renovierung in den<br />
Jahren 2002/2003 wurde der Alter<br />
in die Mitte der Kirche gerückt.<br />
Ratgeber <strong>EXTRA</strong> 17<br />
Andreas Koridass. Foto:<br />
© Reinhold Fischenich, Wiesbaden<br />
Das Werk besteht aus drei<br />
bearbeiteten Holzbohlen, drei<br />
freien Formen und einer dahinter<br />
liegenden Illumination.<br />
Für das Triptychon habe ich<br />
Fichte, Eiche und Ulme gewählt.<br />
Drei unterschiedliche Hölzer,<br />
die ich durch die Bearbeitung<br />
mit Feuer und Beize zu einer<br />
Einheit gebracht habe. Auch die<br />
durch verschiedene Werkzeuge<br />
geschaffene Oberflächenstruktur<br />
und die jeweils äußere Form<br />
verbinden alle drei Teile.<br />
Ich habe auch bewusst auf das<br />
für Kirchen typische Gold verzichtet.<br />
Anstatt des Edelmetalls<br />
habe ich Licht eingesetzt; auch<br />
wenn es für mich als Bildhauer<br />
nicht unbedingt typisch ist,<br />
erschien es mir hier sehr angebracht.<br />
Die „Dreifaltigkeit“<br />
schwebt nun in gelb-goldenem<br />
Licht. Dies kann aber, je nach<br />
liturgischer Erforderung, in die<br />
jeweilige Farbe des Kirchenjahres<br />
geändert werden.<br />
Welche Intention hatten Sie<br />
bei dem Kunstwerk?<br />
Wie gesagt habe ich bewusst auf<br />
Figurales verzichtet. So kann der<br />
Betrachter ganz frei interpretieren.<br />
Man soll auch nicht auf<br />
Anhieb sagen können, welches<br />
Teil aus welchem Holz ist, da<br />
ich keiner der drei senkrechten<br />
Symbole „Vater“, „Sohn“ oder<br />
„Paraklet“ zugewiesen habe. <strong>Der</strong><br />
Betrachter ist gefordert, sich auf<br />
dieses ungegenständliche, freie<br />
Bild einzulassen und damit in<br />
Kommunikation zu treten. Das<br />
war mir besonders wichtig.<br />
Interview: Daniela Tratschitt