EXTRA 5 - Der Sonntag
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Schon die Römer wussten das Heilasser<br />
aus Wiesbaden zu schätzen.<br />
it den roten Mineralablagerungen<br />
n den Quellenbecken, dem Sinter,<br />
ärbten sie ihre Haare. Und um zehn<br />
ach Christus errichteten sie ein<br />
enesungsbad für Soldaten. „Wisiada“,<br />
das Bad in den Wiesen, wurde<br />
iesbaden im Mittelalter genannt.<br />
ohann Wolfgang von Goethe sagte<br />
ber Wiesbaden: „Ich wohne hier<br />
llerliebst, aber teuer, esse gut und<br />
ohlfeil. Morgens nach köstlichem<br />
chwalbacher Wasser bade ich in<br />
em heilsamen Wiesbaden. Das alles<br />
ekommt mir recht gut.“<br />
Heute wird das warme Wasser<br />
och zum Heizen genutzt. Mit rund<br />
inem Drittel des Wassers der Hauptuellen<br />
wird Wärme für private und<br />
ffentliche Häuser erzeugt. 2010<br />
onnten so 122 Tonnen klimaschädiches<br />
Kohlendioxid gespart werden.<br />
Schmecken<br />
und riechen<br />
An einigen Brunnen lässt sich das<br />
Quellwasser erschmecken und erriechen.<br />
Gegenüber der Staatskanzlei<br />
auf dem Kochbrunnenplatz sprudelt<br />
die stärkste Quelle Wiesbadens, der<br />
Kochbrunnen. 300 bis 350 Liter 67<br />
Grad warmes Wasser aus 2000 Metern<br />
Tiefe spuckt der Kochbrunnen<br />
in der Minute aus. Die Quelle speist<br />
den rot-braun gemaserten Springer-<br />
Brunnen und die Trinkstelle im<br />
Pavillon auf dem Kochbrunnenplatz.<br />
Leicht fauliger Geruch und warmer<br />
Dampf weht dem ins Gesicht, der<br />
das Wasser am Springer-Brunnen<br />
probieren möchte. Achtung, es ist<br />
heiß! Sieben Zentimeter rötliche<br />
mineralische Ablagerungen bilden<br />
sich jedes Jahr neu auf dem Springer-<br />
Brunnen. Sie müssen einmal im Jahr<br />
abgetragen werden, sonst würde die<br />
Granit-Schale unter dem Gewicht<br />
zusammenbrechen. Künstler und<br />
Kunsthandwerker bauen die Sinter-<br />
Stücke in ihre Kunstwerke ein.<br />
Wasserausgabe durch<br />
Mädchen mit weißer Haube<br />
In der Nähe ist der Kochbrunnen-<br />
Pavillon. Er wurde 1888 errichtet. Zu<br />
der Zeit haben Kochbrunnenmädchen<br />
das Thermalwasser in Krügen<br />
an Kurgäste ausgegeben. Sie waren<br />
wie Serviermädchen mit schwarzem<br />
Kleid mit weißer Schürze und weißer<br />
Haube gekleidet. Seit 1970 kann sich<br />
jeder an der Trinkstelle im Pavillon<br />
Wasser abfüllen. Es ist sehr leicht,<br />
eine mitgebrachte Flasche unter die<br />
gebogenen Hähne zu halten, aus denen<br />
pausenlos das Wasser fließt.<br />
Nach fünf Minuten erreicht der<br />
Quellen-Tourist die Drei-Lilien-Quelle.<br />
Sie ist eine der wenigen Quellen,<br />
die noch an der Oberfläche sichtbar<br />
Sichtbar sind die Sinterablagerungen am Kochbrunnenspringer. Die Römer<br />
nutzten die Minaralien zum Färben der Haare. Im Hintergrund ist der Pavillon, in<br />
dem Wasser gezapft werden kann. Fotos (2): Theresa Beck<br />
Zur Sache<br />
Die Legende vom Riesen Ekko<br />
In der Gegend rund um Wiesbaden<br />
lebte einmal ein Riese, der sich<br />
Ekko nannte. Sein beschauliches<br />
Leben wurde von einem Drachen<br />
gestört, der in den Taunuswäldern<br />
hin und her zog. Als Ekko eines<br />
Tages den Drachen erschlagen<br />
wollte, fand er ihn aber nicht. Das<br />
ärgerte ihn so sehr, dass er seine<br />
Lanze zornig in den Boden stieß. Es<br />
schien Ekko, als ob er den Drachen<br />
aus der Tiefe lachen hörte. Verwundert<br />
zog er die Lanze wieder heraus<br />
und sofort kam heißes Wasser aus<br />
dem Boden und verbrannte seine<br />
Füße. Wütend bohrte er seine<br />
Lanze immer wieder in die Erde,<br />
immer tiefer. Plötzlich traf ihn ein<br />
Wasserstrahl ins Gesicht. Er fiel um<br />
und landete auf dem linken Arm.<br />
Hand und Unterarm gruben sich<br />
in den aufgeweichten Boden. So<br />
entstanden Wiesbadens Hügel und<br />
Täler. Und dort, wo der Riese in<br />
den Boden stach, sprudelt seitdem<br />
heißes Wasser aus der Erde. (thb)<br />
<strong>EXTRA</strong> 19<br />
ist. Hier murmelt das Wasser in<br />
seinem Becken ungestört vor sich<br />
hin. Die Quelle befindet sich auf der<br />
Rückseite des Hotels „Schwarzer<br />
Bock“ hinter einer Tür. Man muss<br />
klingeln. Hinter der unscheinbaren<br />
Fassade befindet sich ein Brunnen,<br />
der – im Jugendstil – mit farbigen<br />
Fliesen ausgestaltet ist. Da eine Filteranlage<br />
fehlt, ist das Wasser heute<br />
nicht mehr zum Trinken geeignet.<br />
Und weiter geht es durch die Innenstadt<br />
zum Bäckerbrunnen. Er diente<br />
lange Zeit als öffentliche Zapfstelle.<br />
Drei Fuhrleute befüllten gleichzeitig<br />
hier ihre Fässer. Bäcker, Metzger<br />
und Bewohner des Stadtteils sparten<br />
damit teures Brennholz, indem sie<br />
das Thermalwasser in den Häusern<br />
nutzten. Heute plätschert er zwischen<br />
nicht ganz billigen Geschäften<br />
und Restaurants vor sich hin und<br />
sorgt für eine ruhige Atmosphäre.<br />
Nach einem Bummel durch die<br />
Fußgängerzone erreicht der Besucher<br />
den Schützenhofbrunnen. Er steht<br />
etwas verloren auf seinem Platz. Die<br />
modernen, flachen, quadratischen<br />
Brunnen, die vor ihm aufgereiht sind,<br />
die zum Plantschen einladen und mit<br />
normalem Grundwasser gefüllt sind,<br />
scheinen attraktiver. Die Quelle des<br />
Schützenhofbrunnens ist kälter und<br />
enthält deutlich weniger Mineralien<br />
als die anderen Hauptquellen.<br />
Baden im 67 Grad warmen<br />
Wasser<br />
Und wie wäre es zum Abschluss<br />
mit einem Bad im Quellwasser<br />
der Kaiser-Friedrich-Therme? Doch<br />
aufgepasst: Es ist üblich, nackt zu<br />
baden. 67 Grad heiß ist das Wasser,<br />
das aus der Adlerquelle sprudelt.<br />
Es läuft durch meterlange Rohre<br />
im Thermenkeller, wird in riesigen<br />
Kesseln, die so hoch sind wie ein<br />
Stockwerk, aufgefangen, und wieder<br />
weiter geleitet. Es wird heruntergekühlt<br />
und hat im Kaltwasserbecken<br />
eine Temperatur von 21 Grad und im<br />
heißesten Becken, dem Wildbecken,<br />
von 42 Grad. Das Wasser schmeckt<br />
salzig, fast wie am Meer. Das Quellwasser<br />
soll besonders gesund sein bei<br />
rheumatischen und orthopädischen<br />
Erkrankungen. Von 1910 bis 1913<br />
wurde das Bad im Jugendstil erbaut.<br />
Keramiken, Fresken und Wandmalereien<br />
zieren die Wände und Beckenränder.<br />
Ein russisches Dampfbad,<br />
eine finnische Sauna oder ein Steindampfbad<br />
gehören heute auch zur<br />
Kaiser-Friedrich-Therme.<br />
In Wiesbaden kann es sich der<br />
Mensch gut gehen lassen. Das Wasser<br />
aus den Tiefen der Erde hilft ihm,<br />
innen und außen zu gesunden. Hier<br />
lässt es sich nachfühlen, wie sie sprudeln<br />
könnten, die Quellen des Heils.<br />
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