Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
448 George H. Stein JH. Peter Krosby<br />
aktiviert werden konnten, ist aus den SS-Akten nicht ersichtlich. Doch besteht<br />
kein Zweifel, daß es zur Bildung des Komitees kam, daß es zumindest die stillschweigende<br />
Zustimmung der Regierung hatte und daß Professor Nevanlinna sein<br />
prominentestes Mitglied war.<br />
Obwohl der Plan, Präsident Ryti zur Ernennung des angeblich deutsch-freundlichen<br />
Generals Hugo Österman (zur Zeit Wehrmachtsinspekteur) zum offiziellen<br />
Vertreter der finnischen Regierung in allen SS-Fragen zu bewegen, fehlschlug 140 ,<br />
gelang es Bergers finnischen Freunden, dank Finnlands wachsender wirtschaftlicher<br />
und militärischer Abhängigkeit von Deutschland, die Tendenz zur Abberufung des<br />
Freiwilligen-Bataillons <strong>für</strong>s erste im Zaum zu halten. Obwohl die finnischen Behörden<br />
1942 einen völligen Bruch mit der SS nicht wagen konnten, waren sie<br />
doch nicht geneigt, in noch engere Zusammenarbeit mit der immer zweifelhafteren<br />
Organisation gezogen zu werden. Selbst Mitte 1942 waren sie weder bereit, die<br />
Zeit, die die Finnen in der Waffen-SS verbrachten, als Kriegsdienst anzuerkennen 141 ,<br />
noch gestatteten sie die Werbung von Ersatz <strong>für</strong> das Freiwilligen-Bataillon, das<br />
durch die unvermeidlichen Verluste ständig an Kampfkraft verlor. Kurz, man überließ<br />
die finnische Waffen-SS ihrem Schicksal, langsam aufgerieben zu werden.<br />
Nach den Erfolgen der Jahresmitte verschlechterte sich das deutsche Kriegsglück<br />
im Herbst 1942 wieder. Im November wurden die Streitkräfte der Achse in Ägypten<br />
zum Rückzug gezwungen, britische und amerikanische Truppen landeten in<br />
Marokko und Algerien, und ein gewaltiger russischer Gegenangriff schnitt die<br />
VI. deutsche Armee in Stalingrad ab. Gegen Ende des Jahres mußten Marschall<br />
Mannerheim und die anderen Mitglieder des engeren Kreises, der Finnlands Außenpolitik<br />
während des Krieges geleitet hatte, den offensichtlichen, doch schmerzhaften<br />
Schluß ziehen, daß sie sowohl Deutschlands Stärke als auch Rußlands Schwäche überschätzt<br />
hatten 142 . Als realistische und intelligente Männer begannen die finnischen<br />
Führer jetzt, sich nach einem Weg umzuschauen, der sie aus der Waffenbrüderschaft<br />
mit Deutschland herausführte, ohne Finnlands Unabhängigkeit zu gefährden.<br />
Es lag dabei <strong>für</strong> die Männer, die Finnlands Geschicke zu der Zeit in Händen<br />
hielten, nahe, daß ein Versuch, aus dem Krieg auszuscheiden, ernstlich durch die<br />
Tatsache behindert wurde, daß noch 1000 Finnen in den deutschen Streitkräften<br />
dienten, ja sogar in ihren berüchtigsten Nazi-Einheiten. Jedoch scheint die Freiwilligenfrage<br />
bis März 1943 geruht zu haben. Dann schlug Himmler im Rahmen der<br />
Reorganisation der SS-Division „Wiking" vor, die überlebenden Finnen in ein<br />
neues deutsch-finnisches Regiment, das den Namen „Kalevala" erhalten sollte, zu<br />
verlegen 143 . Die Durchführung dieses Vorschlags verlangte natürlich das Wiederaufrollen<br />
des ganzen heiklen Problems der Zukunft der finnischen Waffen-SS.<br />
140<br />
Ebenda, 2650324.<br />
141<br />
Ebenda.<br />
142<br />
Zur politischen Situation in Finnland und zur Haltung seiner Führer siehe besonders<br />
Lundin, a. a. O., und Mannerheim, a. a. O.<br />
143<br />
Die Kalevala ist das große Volksepos der finnischen Nation.