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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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378 Helmut Metzmacher<br />

auf die expansiven Bestrebungen Hitlers 61 . Man müsse die britischen Garantien<br />

und Verpflichtungen als „einen Prozeß der Stärkung der englischen Stellung<br />

(process of firming the English position)" ansehen. Dieser Prozeß könne nun als<br />

beendet betrachtet werden 62 .<br />

Wilson sprach zu Wohlthat ganz persönlich, „wie zu einem befreundeten Kollegen"<br />

63 . Wohlthat sei doch auch, ebenso wie er, sehr stark daran interessiert, daß<br />

es wegen Danzig nicht zu einer „neuen grundsätzlichen Auseinandersetzung"<br />

zwischen Deutschland und England komme, daß die Welt nicht in einen Krieg<br />

hineingezogen werde, der „die heute bestehende Zivilisation einer Krise größten<br />

Ausmaßes" aussetzen würde. Das Gewissen lege die Verpflichtung auf, alles<br />

Menschenmögliche zu tun, um „durch sorgfältige Informationen und praktische<br />

Ratschläge" die deutsche und britische Regierung zu veranlassen, alle Probleme<br />

auf friedlichem Wege zu lösen 6 *.<br />

Wilson ging dann auf den Bericht ein, den Wohlthat über ihr Gespräch im Juni<br />

verfaßt und Göring vorgelegt hatte und über dessen Inhalt er Wilson nun in<br />

Kenntnis setzte. Wilson äußerte den Gedanken, daß ein Vertreter der britischen<br />

Regierung Hitler besuchen und mit ihm über politische, wirtschaftliche und militärische<br />

Fragen sprechen solle 65 . Er fragte Wohlthat, warum er den im Juni mit<br />

ihm vereinbarten „Rahmen" deutsch-englischer Gespräche nicht durch eine Anzahl<br />

von Verhandlungspunkten „aufgefüllt" habe, die Gespräche <strong>für</strong> beide Länder<br />

annehmbar machten. Wohlthat wies auf Hitlers Rede vom 28. April hin, die alle<br />

wesentlichen Gesichtspunkte enthalte. Wilson nannte die Rede „zu phrasenhaft<br />

und verschwommen". Die Gedanken müßten einfach, klar und deutlich zum<br />

Ausdruck gebracht werden. Er wolle ihn, Wohlthat, aber nicht drängen. Wilson<br />

stellte fest, daß die Initiative zu Verhandlungen von deutscher Seite ausgehen<br />

müsse 66 . Doch solle man auf deutscher Seite wissen, daß England trotz der eingegangenen<br />

Verpflichtungen und der Verhandlungen mit Moskau eine Möglichkeit<br />

zur Zusammenarbeit mit Deutschland sehe und suche. Aber erst müßten einmal<br />

die Bedingungen genannt werden, die Verhandlungen ermöglichten 67 .<br />

Soweit stimmen im wesentlichen Wilsons Bericht und Wohlthats „Vermerk"<br />

überein 68 .<br />

61<br />

DBFP III, 6, Nr. 354.<br />

62<br />

ADAP D, VI, Nr. 716.<br />

63<br />

Ebenda. Nach Aussage Wohlthats (Wohlthat-Protokoll) ist das Gespräch keineswegs so<br />

förmlich verlaufen, wie es auf Grund der Akten erscheint. Auch Wilson erklärt (Gilbert/<br />

Gott, The Appeasers, S. 226, Anm.; in der dt. Übersetzung ist diese Anm. nicht enthalten),<br />

daß das Gespräch weniger förmlich gewesen sei, als es in Wohlthats Bericht erscheint.<br />

64<br />

ADAP D, VI, Nr. 716.<br />

65<br />

DBFP III, 6, Nr. 354.<br />

66<br />

Entgegen der Aussage Wohlthats und Dirksens in den deutschen Akten erklärt hier<br />

Wilson nach den brit. Akten: England sei nicht so sehr an Verhandlungen interessiert, um<br />

die Initiative zu ergreifen (DBFP III, 6, Nr. 354).<br />

67<br />

Ebenda.<br />

68<br />

Allerdings erklärt Wohlthat im Gegensatz zu Wilson in seinem „Vermerk", daß Wilson

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