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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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428 George H. Stein / H. Peter Krosby<br />

Blüchers eigener Kontrolle und Aufsicht und „in Ihnen geeignet und unbedenklich<br />

erscheinender Weise" geschehen müsse 57 .<br />

Inzwischen hatte die fiinnische Regierung die Schaffung der notwendigen Organisation<br />

<strong>für</strong> die eigentliche Rekrutierung in Finnland angeordnet. Regierungsrat<br />

Esko Riekki wurde beauftragt, sie aufzubauen und zu leiten. Seine einzigartige<br />

Befähigung und Erfahrung ließen ihn als geeignetsten erscheinen, auch galt er<br />

der finnischen Regierung als politisch zuverlässig, da er weder Nationalsozialist<br />

noch Anhänger der Vaterländischen Volksbewegung (IKL) war 58 . Als ehemaliger<br />

Chef der finnischen Staatspolizei (1923-38) kannte er die Spitzen vieler ausländischer<br />

Sicherheitsdienste, einschließlich des deutschen Sicherheitsdienstes und seiner<br />

Geheimen Staatspolizei, persönlich. Weiterhin war er während des Ersten Weltkrieges<br />

in der Jägerbewegung aktiv gewesen. Als Offizier während des finnischsowjetischen<br />

Winterkrieges 1939-40 hatte er zudem wichtige Erfahrungen in<br />

der Arbeit mit Freiwilligen gesammelt, als er mit der Leitung der Freiwilligenstelle<br />

in Tornio beauftragt war, wo circa 10000 ausländische Freiwillige angenommen<br />

worden waren.<br />

Aus den kurzen Darstellungen der kleinen Gruppe finnischer und deutscher<br />

Eingeweihter, die in ihren Nachkriegserinnerungen die Freiwilligenfrage überhaupt<br />

erwähnen, gewinnt man den Eindruck, als ob die finnische Regierung entweder<br />

ein bloßer Zuschauer gewesen wäre oder der Rekrutierung nur widerwillig und<br />

unter Druck zugestimmt hätte. Die Initiative sei von den Deutschen selbst und<br />

einer privaten finnischen Kommission ausgegangen. Generalfeldmarschall Mannerheim<br />

behauptete, daß das ganze Unternehmen auf privater Basis begonnen hätte<br />

und daß, als die Angelegenheit die Aufmerksamkeit der Regierung erregte, „die<br />

Vorbereitungen schon so weit fortgeschritten waren, daß man sich zu Zugeständnissen<br />

gezwungen fühlte", um nicht Finnlands wirtschaftliche Beziehungen mit<br />

Deutschland zu gefährden und „generell keinen ungünstigen Eindruck in Deutschland<br />

zu machen" 59 . Selbst Blücher stellt in seinen Erinnerungen eine ähnliche<br />

Behauptung auf 60 . In seinem Buch besteht er darauf, daß er von dem SS-Projekt<br />

zum ersten Mal Mitte März von einem finnischen Politiker gehört hätte; dieser<br />

„tat sehr geheimnisvoll" und erzählte, „er habe die Absicht, maßgebende Persönlichkeiten<br />

<strong>für</strong> eine Sache zu gewinnen, die äußerst sekret betrieben werden müsse".<br />

57 Tel. Nr. 222 vom 21. 3. 1941 von Weizsäcker an Blücher, Dtsch. Ges.schaft Helsinki,<br />

„Erlasse", Bd. 1/1, a. a. O., 6434/H 059278.<br />

58 Die IKL (Isänmaallinen kansanliike) war die einzige Bewegung in der Nachbarschaft<br />

einer faschistischen Partei, die Finnland aufzuweisen hatte. Sie war 1931 als Ableger der<br />

fanatisch antikommunistischen Lapuabewegung (1929-32) gegründet worden. In drei Parlamentswahlen<br />

erhielt sie 1933 und 1936 14 (von 200) Sitze und 1939 8 Sitze. 1938 wurde<br />

sie durch einen Erlaß von Justizminister Urho Kekkonen verboten; das Verbot wurde durch<br />

ein Gesetz des finnischen Parlamentes bestätigt, aber 1939 erklärte der Oberste Gerichtshof<br />

das Gesetz <strong>für</strong> verfassungswidrig. 1944 wurde die IKL unter den Bestimmungen des finnischsowjetischen<br />

Waffenstillstandsabkommens aufgelöst.<br />

59 Mannerheim, a. a. O., Bd. 2, S. 263.<br />

60 Blücher, a. a. O., S. 8.

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