András Sütő Mutter verspricht guten Schlaf - Adatbank
András Sütő Mutter verspricht guten Schlaf - Adatbank
András Sütő Mutter verspricht guten Schlaf - Adatbank
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
trug der Erinnerung — ist genauso alt wie der Ackerbau.<br />
Sehen wir nun über den homerischen Irrtum hinweg,<br />
wonach die Ackerbauern des Königs an jedem Furchenende<br />
zwecks Aufmunterung je einen Becher Wein bekommen<br />
haben sollen, so müssen wir auch meinem Onkel<br />
gegenüber nachsichtig sein, wenn er seinen Muskatellerfräuleins<br />
nachseufzt. Und dabei völlig vergißt, was alles<br />
beim Anblick der ersten reifen Trauben über sie hereingebrochen<br />
ist. Ein Rudel Kinder, von der Verwandtschaft<br />
ganz zu schweigen. Und wer irgendwo irgendwas<br />
zu erledigen hatte, verstaute in seinem Korb Trauben<br />
und Zuckermelonen als Wechselgeld. An die Lese war<br />
folglich nicht viel Hoffnung zu knüpfen. Als dann der<br />
Weingarten und auch ein Teil des Hausgartens zum<br />
Kollektiv dazugeschlagen wurden, zog mein Onkel — diese<br />
Idee hatte in seinem Bewußtsein augenblicklich Gesetzeskraft<br />
erlangt — ohne ein Wort der Klage seinen Zaun<br />
nach innen zurück und startete unmittelbar vor seiner<br />
Haustür eine neue Attacke: den Dimensionen des ehemaligen<br />
Hofraumes entsprechend breitete er sich nach<br />
innen aus. An die Stelle des Hühnerstalls, der Hundehütte,<br />
des Plumpsklos trat ein neuer Weingarten, hundertfünfzig<br />
Rebstöcke, das verkleinerte Abbild des alten. Und auch<br />
alles übrige in Modellgröße: unter das Fenster — um<br />
nicht übermäßig Himmel zu verbaun — Zwergobstbäume,<br />
in die Kammer Miniaturfässer, in den Stall eine ziegengroße<br />
Kuh. Dazu meint er: „Ich hab mich reproduziert.“<br />
Das Tal des Kleinen Brunnens liegt eine Wegstunde vom Dorf<br />
entfernt. Über kahle Berge, quer durch Hauhecheln und Schlehen,<br />
führt der Pfad zu meinem Onkel Gergely. In seinem Haushalt<br />
lebt — oder vielmehr siecht — auch mein Großvater mütterlicherseits.<br />
Nach dem Regen schließt sich mir nun der Wind an<br />
und das leere Rascheln des Maisfeldes. Stengel sieht man hier<br />
jetzt auch im Winter: ihr Wert scheint gefallen zu sein. In der<br />
Talbiegung, die Flache genannt, entdecke ich die Lehmziegelställe<br />
der Kollektivwirtschaft. In ihrer Nähe in Reih und Glied<br />
Traktoren und Mähdrescher. Auch zwanzig Hektar frisch gepflanzte<br />
Rebstöcke, die erst in vier Jahren Früchte tragen. Bis<br />
dahin müssen die kommassierten Vierteljoch- und Halbjoch-<br />
42