András Sütő Mutter verspricht guten Schlaf - Adatbank
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Lockvogel<br />
Wind, Sonne, zum Niederlassen geeignetes Akazienlaub, ein<br />
leerer Bienenkorb, unsere zuversichtlichen Berechnungen, das<br />
Wasser im Brunnen, die Zunge im Mund, und hoch in der Luft<br />
die Bienen; alles ist auf seinem rechten Platz. Natürlich auch<br />
unser Verstand. Doch nur auf die gewohnte Weise. Eine andere<br />
Art, den Schwarm einzufangen, ist uns jedenfalls nicht bekannt.<br />
Wir haben die uns zu Gebote stehenden Mittel selber geschaffen.<br />
Anhaltendes Pfeifen, worauf wir von Zeit zu Zeit stehenbleiben<br />
und mit Wasser nach den wütenden Insekten spritzen.<br />
Die Bienenkönigin flog hoch über das Haus, über die Birke,<br />
unter einem weißen Wölkchen. Damit hatten wir nicht gerechnet.<br />
„Da haben wir’s! Was sagst du jetzt?“ jammerte meine <strong>Mutter</strong>.<br />
Ich hatte nichts zu sagen. Die Königin flog, wie es ihr gerade<br />
paßte, und in ihrem Gefolge die dicke Drohnenmeute. Mit verbissenen<br />
Gesichtern starrten wir ihnen nach. Und als wir merkten,<br />
daß sie aus dem Bereich unseres Hofes und unseres Honigtopfes<br />
wirbelwindartig das Weite suchten, stürzten wir uns Hals über<br />
Kopf in die traditionelle Zeremonie.<br />
„Den Eimer, Weib!“ schrie mein Vater.<br />
„Das Bienengras!“ fiel ich unvermittelt ein, um mich als nützlich<br />
zu erweisen.<br />
Das duftende Grasbündel lag schon seit dem Morgengrauen<br />
in dem mit Milch besprengten Bienenkorb griffbereit. Den Korb,<br />
diesen bis auf weiteres unnützen Gegenstand, ließ mein Vater<br />
auf dem Boden liegen, und, den Eimer in der einen Hand, das<br />
kleine Bienengrasbündel in der anderen, zelebrierte er stampfend<br />
und trippelnd das Ritual, wobei er sich behend umwandte<br />
und die Arme breit ausholend nach oben warf, zum größten<br />
Gaudium der Nachbarn.<br />
„Der legt ja einen Ländler hin!“ sagte einer.<br />
„Was bleibt mir denn sonst übrig?“ lachte Vater sauer.<br />
Er spritzte, ich pfiff dazu. Mein Gesicht hielt ich den zurückfallenden<br />
Wassertropfen entgegen. <strong>Mutter</strong> war uns mit einem<br />
Topf voll Reservewasser dicht auf den Fersen, vor Aufregung<br />
fiel sie in kleine Tanzschritte und jammerte drauflos, sooft einer<br />
der stachelbewehrten Beistände ihr ins Gesicht klatschte. Hier<br />
fand nämlich nicht bloß Hochzeit statt, sondern auch Krieg;<br />
in der Nachhut surrte und pfiff es wie von Flintenkugeln. Einige<br />
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