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András Sütő Mutter verspricht guten Schlaf - Adatbank

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suchte — weil ein eifriger Christ ihn denunziert hatte —, sprang<br />

er, Weib und Kinder zurücklassend, durch das Fenster in den<br />

Garten und verkrümelte sich, mit bloßem Kopf und barfuß<br />

durch den Schnee laufend, ins dritte Dorf. Ausgerechnet die Verbündeten<br />

seiner Verfolger fielen darauf herein und staffierten<br />

ihn mit einer Mütze und einer alten Weste aus, damit er zwischen<br />

bewaffneten Grenzjägern seine vor dem Wolf ausgerissenen<br />

Schafe zusammensuche. Mehr als einmal in seinem bewegten<br />

Leben hatte sich ein Gewehrlauf auf ihn gerichtet: jedesmal<br />

war er geistesgegenwärtig genug gewesen, dem Tod auf die Schulter<br />

zu klopfen und irgendeine Blüte seines heiteren Gemüts auf<br />

den Gewehrlauf zu stecken. Zugegeben, nicht ganz frei von<br />

Grausen.<br />

Wenn er nach solchen Bedrängnissen wieder Boden unter den<br />

Füßen hatte, pflegten wir in der Familie zu sagen: die auf ihn<br />

gerichteten Messer machen in der Luft kehrt und beginnen zu<br />

singen. Und vermehren zugleich die grauen Fäden an seinen<br />

Schläfen. Sein verwundertes Lachen — „Also die wollten mich<br />

tatsächlich totschlagen?“ — war nicht von jener Art, die einer<br />

weitverbreiteten Ansicht nach den Leib mästet und das Gemüt<br />

verjüngt. Jedes Lachen macht uns ein wenig älter: genau abzulesen<br />

ist dies — wir verdanken es Áron Tamási — dem Gesicht<br />

Abel Szakállas’ aus Ciceul Ciucului, dem Namen nach<br />

kein Szekler. Wie auch dem Antlitz jedes Spaßmachers, unter<br />

dessen närrischen Saltos — über der Tiefe seines Schicksals —<br />

kein Sicherheitsnetz ausgespannt ist. Um so besser muß er folglich<br />

seine Kunst beherrschen: den Schrecken der Seele verheimlichen,<br />

selbst um den Preis dick aufgetragener Schminke. Die<br />

wir einfach Hanswurstmaske nennen.<br />

Eine unsterbliche schauspielerische Leistung<br />

Einen solchen närrischen Tag erlebten wir gemeinsam<br />

im letzten Akt des Krieges, im Schlußbild. Der uns filzende<br />

Soldat hatte in Gergelys Tasche ein funkelnagelneues<br />

Rasiermesser gefunden. Damit fuchtelte er uns vor<br />

der Nase herum und faßte sodann, mich beiseiteschiebend,<br />

meinen Onkel wie für eine Großaufnahme ins Auge. So<br />

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