15.09.2013 Aufrufe

der klarste träger musikalischer ideen, der je geschaffen ... - OPUS

der klarste träger musikalischer ideen, der je geschaffen ... - OPUS

der klarste träger musikalischer ideen, der je geschaffen ... - OPUS

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

IV Das Streichquartett in Frankreich 392<br />

Die nur auf den ersten Blick rein äusserliche Differenz in <strong>der</strong> Anzahl an Sätzen<br />

zwischen Pariser und Wiener Quartetttypus markiert auch einen evidenten Unterschied<br />

in <strong>der</strong> Satztechnik. Auffallend ist nämlich, dass beim standardisierten Quatuor<br />

concertant ausnahmslos <strong>der</strong> Menuett-Satz fehlt (auch wenn die Satzbezeichnungen<br />

»Tempo di Minuetto« relativ häufig anzutreffen ist), <strong>der</strong> in Haydns frühen<br />

Quartettdivertimenti op. 1 und op. 2 in doppelter Gestaltung und dann ab op. 9 in<br />

einfacher Ausformung zum zentralen Ort für die Herausbildung des für den<br />

musikalischen Stil <strong>der</strong> Wiener Klassik charakteristischen »kadenz- und taktmetrischen<br />

Satzes«, 1 wird und mit den Experimenten in den Fugensätzen aus op. 20 die<br />

Grundvoraussetzung für die »Herstellung geschlossener Architektur bei fortschreiten<strong>der</strong><br />

Aktion« 2 (also des thematisch-motivisch organisierten Satzverlaufs) bildet. Insgesamt<br />

betrifft diese satztechnische Differenz zwischen Wiener und Pariser Quartetttypus<br />

folglich einen Satztyp, in welchem nicht nur Haydn und dann später auch Beethoven im<br />

Scherzo, son<strong>der</strong>n auch die deutschsprachige Kompositionslehre des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

überhaupt ein Feld für formale und satztechnische Experimente sah, wie Matthesons<br />

Analyse eines Menuetts im Vollkommenen Capellmeister 3 und Joseph Riepels am<br />

Menuett orientierte Exemplifikation De Rhythmopoeia o<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Tactordnung<br />

(1752) belegen. 4<br />

Unabhängig von <strong>der</strong> Anzahl Sätze sind alle ersten Sätze, ein Grossteil <strong>der</strong><br />

Mittelsätze mit Ausnahme <strong>der</strong> Sätze im »Tempo di Minuetto« und etwa ein Viertel <strong>der</strong><br />

Schlusssätze <strong>der</strong> meisten Quatuors concertants mit ganz unterschiedlichen Akzenten<br />

»sonatenmässig« gestaltet. 5 Der Terminus »sonatenmässig« wurde bewusst in<br />

1 Kunze, Mozarts Opern (1984), 353; dazu auch Rosen, The Classical Style (1972), 57-98 und 111-<br />

14, Barrett-Ayres, Joseph Haydn (1974), 69-93, Finscher, Studien (1974), Webster, Haydn’s Early<br />

String Quartets (1981), Krummacher, Das Streichquartett (1) (2001), 13-47).<br />

2 Kunze, Mozarts Oper (1984), 419.<br />

3 Dazu Mattheson, Capellmeister (1739), §81-86 [224-225].<br />

4 Vgl. Riepel, Rhythmopoeia (1752), 10-38; dazu auch Reed Knouse, Joseph Riepel (1986).<br />

5 Neben <strong>der</strong> Rondoform und <strong>der</strong> »Sonatenform« werden oft auch in Schlusssätzen nicht strenge<br />

Variationsformen verwendet, d. h. <strong>der</strong> thematisch-motivische Zusammenhang zwischen den<br />

einzelnen Variationen ist nicht immer eindeutig gegeben. Die Variationensätze gehören neben den<br />

Rondosätzen zu den in Frankreich im späten 18. Jahrhun<strong>der</strong>t beson<strong>der</strong>s beliebten Formen; dazu

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!