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Nützliches Vergnügen - SUB Göttingen

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erwachsenen Lesern seiner Vorrede das Ziel seines<br />

Buches: ihnen Geschichten zum Erzählen an<br />

die Hand zu geben, die er „bey heitern Abenden<br />

aus meinem eigenen Kopfe genommen, und<br />

meinen Kindern vorgetragen habe“.<br />

Hier wird eine ideale Familiensituation beschworen,<br />

in der erzählt, vorgelesen und über das<br />

Gehörte gemeinsam und vernünftig gesprochen<br />

wird. Weiße mit seinem Kinderfreund (Exp.-Nr.<br />

133 und 134) und Campe mit seinem Robinson<br />

(Exp.-Nr. 72) haben solche Familiensituationen,<br />

wie sie auch auf vielen Illustrationen zu sehen<br />

sind, in fiktionalisierter Form als Rahmen in ihre<br />

Werke aufgenommen. In Campes Robinson heißt<br />

es zu Beginn: „Es war einmal eine zahlreiche Familie,<br />

die aus kleinen und großen Leuten bestand.<br />

Diese waren theils durch die Bande der Natur,<br />

theils durch wechselseitige Liebe vereiniget. Der<br />

Hausvater und die Hausmutter liebten Alle, als<br />

ihre eigenen Kinder, ohngeachtet nur Lotte, die<br />

kleinste von Allen, ihre leibliche Tochter war; und<br />

zwei Freunde des Hauses , R** und B** thaten<br />

ein Gleiches. [...] nach vollendetem Tagewerke,<br />

wünschte jeder von ihnen auch etwas zu hören,<br />

welches ihn verständiger, weiser und besser machen<br />

könte. Da erzählte ihnen dan der Vater, bald<br />

von diesem, bald von jenem, und die kleinen<br />

Leute alle hörten ihm gern und aufmerksam zu.<br />

Eine von solchen Abenderzählungen ist die folgende<br />

Geschichte des jüngeren Robinsons.“ Dies<br />

ist die „treue Darstellung wirklicher Familienscenen“;<br />

Campe hat hier seine Hamburger Erfahrungen<br />

zugrundegelegt und damit ein gültiges<br />

Modell geschaffen (in dem übrigens die Mutter<br />

keine Rolle spielt), das auch in Realienbüchern,<br />

wie etwa bei Raff, Anwendung findet. In vielen<br />

Folgen erzählt Campe seinen Kindern die Inselepisode<br />

aus Defoes Robinson, immer wieder unterbrochen<br />

durch vernünftige Gespräche zwischen<br />

dem Vater/Erzähler und den Zuhörern, die<br />

die beabsichtigte Wirkung sichern sollen.<br />

Ähnlich ist es in Weißes Kinderfreund. Die<br />

fortlaufenden Nummern dieser Zeitschrift mit<br />

ihren Erzählungen, Liedern, Rätseln und Kinderschauspielen<br />

werden zusammengehalten durch<br />

eine in einer Rahmenhandlung durchgängig auftretende<br />

Familie (Mentor, die namentlich bekannten<br />

Kinder und Freunde). Mentor ist hier der<br />

Kinderfreund, der Vorleser und Erzähler, der die<br />

Fragen der Kinder beantwortet und als „Wissensvermittler,<br />

moralischer Mahner und pädagogischer<br />

Lenker“ 4 fungiert. Das ist zugleich ein<br />

ZUR EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG<br />

Modell für die Erziehung in der sich ausbildenden<br />

Kleinfamilie, sichert aber auch die Kontrolle<br />

über das „richtige“ Verständnis des Gehörten vor<br />

allem in moralischer Hinsicht. Dass viele Kinderbücher<br />

sich zugleich an Kinder und ihre Erzieher,<br />

Eltern oder Hauslehrer richten, ist in die-<br />

13<br />

Abb. 4<br />

Aus Weißes Kinderfreund<br />

(1781–1782) Bd. 23/24;<br />

Nr. 134.

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