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Nützliches Vergnügen - SUB Göttingen

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Das Bilderbuch als unentbehrliches<br />

Meuble einer Kinderstube.<br />

Friedrich Johann Justin Bertuchs<br />

Bilderbuch für Kinder<br />

Antonia Günther<br />

Bilderbuch für Kinder enthaltend eine angenehme<br />

Sammlung von Thieren, Pflanzen, Blumen, Früchten,<br />

Mineralien, Trachten und allerhand andern<br />

unterrichtenden Gegenständen aus dem Reich der<br />

Natur, der Künste und Wissenschaften; alle nach<br />

den besten Originalien gewählt, gestochen und mit<br />

einer kurzen wissenschaftlichen und den Verstandes-Kräften<br />

eines Kindes angemessenen Erklärung<br />

begleitet – unter diesem Titel stellte der Herausgeber,<br />

der Weimarer Verleger Friedrich Johann<br />

Justin Bertuch (1747–1822) seit 1790 eine<br />

Sammlung vor, deren zwölf Bände für ihr Jahrhundert<br />

ein Höhepunkt der Bemühungen um das<br />

Kinderbuch werden und auch im neuen Jahrhundert<br />

bleiben sollten.<br />

Die bis zu Band zwölf reichende Edition stellte<br />

in ihrer Art etwas völlig Neues dar, wenn Bertuch<br />

auch auf Vorgängern (Comenius: Orbis sensualium<br />

pictus 1654, vgl. Exp.-Nr. 4) und Zeitgenossen<br />

(Basedow: Elementarwerk 1774, Exp.-<br />

Nr. 7) fußte. Sie waren Bertuch durch seine Studien<br />

und eine Hauslehrertätigkeit bestens bekannt,<br />

zu einigen Autoren hatte er vielfachen<br />

Kontakt. Mit seinen Kupferstichen samt beigegebenen<br />

Erläuterungen strebte er Ziele an, die<br />

weit über die bis dahin üblichen Schriften für<br />

Kinder hinausgingen und die in den erzieherischen<br />

Bestrebungen der Zeit auf ein großes Echo<br />

stießen. Geschickt agierte er zugleich als Herausgeber<br />

und Verleger und orientierte sich an den<br />

Neuerscheinungen seiner Zeit: „Ein zu Paris im<br />

Jahr 1789 erschienener ähnlicher Versuch, der<br />

unter dem Titel: Portefeuille des enfants, unter<br />

des Hrn. Cochins Direction, heftweise erschien,<br />

der aber nichts weniger als fehlerfrey ist, hat mich<br />

auf den Gedanken geleitet, diese Einrichtung für<br />

unsere junge Welt nachzumachen, und so viel als<br />

möglich seine Fehler in meinem Bilderbuch für<br />

Kinder zu vermeiden.“ 1 Mit seiner bereits im Dezember<br />

1790 erfolgten Ankündigung bereitete er<br />

geschickt die Leserschaft seines Journals des Luxus<br />

und der Moden auf seine kommende Edition<br />

vor: „Ein Bilderbuch ist für eine Kinderstube ein<br />

eben so wesentliches und noch unentbehrliche-<br />

res Meuble, als die Wiege, eine Puppe, oder das<br />

Steckenpferd. Diese Wahrheit kennt jeder Vater,<br />

jeder der Kinder erzogen hat, und von Locke an<br />

bis auf Basedow, Campe und Salzmann empfiehlt<br />

jeder vernünftige Pädagog, den frühesten Unterricht<br />

des Kindes durchs Auge anzufangen und<br />

ihm so viel gute und richtige Bilder und Figuren<br />

als man nur kann vor das Gesicht zu bringen.<br />

Seit der alte Comenius den ersten glücklichen<br />

Gedancken hatte, diesem wesentlichen Bedürfnisse<br />

der Erziehung durch seinen famosen Orbis<br />

pictus abzuhelfen“. 2<br />

In acht ausführlichen Thesen legte Bertuch<br />

im Vorbericht sowohl seine Ansichten zu pädagogischen<br />

Grundsätzen des geplanten Werkes wie<br />

seine verlegerischen Vorstellungen dar:<br />

„1. Es muß schön und richtig gezeichnete und<br />

keine schlecht gestochne Kupfer haben, weil<br />

nichts wichtiger ist, als das Auge des Kindes, gleich<br />

vom Anfange an, nur an wahre Darstellung der<br />

Gegenstände, richtige Verhältnisse, Eindrücke<br />

und Begriffe, die es der Seele geben kann, und an<br />

schöne Formen und guten Geschmack zu gewöhnen.<br />

Man kann nicht glauben, wie begierig die<br />

Einbildungskraft eines Kindes die ersten bildlichen<br />

Eindrücke faßt, wie fest sie dieselben hält<br />

und wie schwer es hernach ist, falsche Bilder und<br />

Begriffe, die sie dadurch empfieng, in der Folge<br />

wieder wegzuschaffen. Gute oder schlechte Kupfer<br />

thun hierbey alles, und können bey Kindern<br />

entweder großen Nutzen oder wahres Unheil stiften.<br />

Ein dergleichen Bilderbuch muß daher<br />

durchaus nicht von einem Zeichner nur aus der<br />

Idee hingezeichnet und komponirt werden, denn<br />

ein Zeichner ist meistens nur in Darstellung Einer<br />

Art von Gegenständen, z. E. Menschen, zahmen<br />

Vieh, wilden Thieren, Vögeln, Blumen u.s.w.<br />

ganz Meister, und in allen andern unwahr und<br />

manirirt; sondern es muß vom Redacteur mit<br />

Sachkenntniß, Auswahl und guten Geschmack,<br />

aus einer großen Menge Werke, deren man jedes<br />

für das vollkommenste in diesem oder jenem Fache<br />

hält, zusammengetragen und sorgfältig kopirt<br />

werden.<br />

2. Es muß nicht zu viele und zu sehr verschiedene<br />

Gegenstände auf einer Tafel zusammendrängen;<br />

sonst verwirrt es die Imagination des Kindes<br />

und zerstreut seine Aufmersamkeit, wenn der<br />

Lehrer sie gern auf einen einzigen Gegenstand<br />

der Tafel heften möchte. Das Auge des lebhaften<br />

Kindes sieht ganz anders als das Auge des Mannes,<br />

das sich beschränken und abstrahiren kann.<br />

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