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Nützliches Vergnügen - SUB Göttingen

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ding, Büsching und Sulzer bei der Herstellung<br />

einzelner Kupfertafeln zu Rate gezogen wurden. 17<br />

Dr. Möhsen, Leibarzt Friedrichs II., übernahm<br />

die Durchsicht der medizinischen Teile des Elementarwerkes<br />

und Künstlerfreunde Chodowieckis<br />

haben für die Gestalt eines Bildhauers und eines<br />

Malers mehrmals Modell gestanden.<br />

Die Philanthropen haben Chodowiecki als<br />

Künstler hochgeschätzt und verehrt. So schrieb<br />

Ernst Christian Trapp im April 1776 an Friedrich<br />

Nicolai: „Ich habe die erste Lieferung von<br />

Basedows [!] Kupfern eher gehabt, als ich mir<br />

Stühle im Haus anschaffte.“ 18 Auch Julius Lieberkühn<br />

schrieb in seinem für die Medienpädagogik<br />

des Philanthropismus äußerst aufschlussreichen<br />

Versuch über die anschauende Erkenntnis –<br />

Ein Beitrag zur Theorie des Unterrichts 19 : Der „zauberische<br />

Grabstichel eines Chodowiecki“ begeistere,<br />

da er „dem Gesichtssinn die feinsten, mannigfaltigen<br />

Objekte aus der sichtbaren Natur mit<br />

unbeschreiblicher Genauigkeit und Wahrheit“<br />

veranschauliche. Lieberkühn zählte Chodowieckis<br />

Arbeiten „zu dem Bezauberndsten und Vollkommensten,<br />

was die schönen Künste hervorgebracht<br />

haben“; auch sah er in ihnen „den unsichtbaren<br />

Reiz der Tugend“ 20 . Chodowieckis Stiche schienen<br />

deshalb besonders dazu geeignet, „den moralischen<br />

Sinn des Menschen [zu] bilden“ und<br />

dadurch „Einfluß auf die Empfindung des Schönen<br />

und auf die Bildung des sittlichen Gefühls“ 21<br />

auszuüben.<br />

Unterricht der Sinne und Empfindungen.<br />

Erziehung und Unterricht der Philanthropen sind<br />

ohne die Verwendung von Bildern kaum denkbar:<br />

„Unter allen Künsten aber hat bisher unstreitig<br />

die Kunst des Zeichners und Kupferstechers<br />

der Pädagogik die bequemsten und wesentlichsten<br />

Dienste geleistet“. 22 Basedow begründete<br />

dies vor allem mit folgenden Argumenten:<br />

– die Erfahrung lehrt, dass Bilder die Kinder<br />

erfreuen;<br />

– Moral und Reflexionen anhand von Bildern<br />

seien für Kinder inhaltlich und zeitlich intensiver<br />

erlernbar;<br />

– von vielen sinnlichen Dingen könnte ohne<br />

Bilder nur schlecht eine Vorstellung vermittelt<br />

werden;<br />

– durch den Unterricht mit Kupfertafeln werde<br />

der Lehrer leichter verstanden. 23<br />

Im Kontext dieser Argumente war für die philanthropische<br />

Erziehungstheorie und -praxis eine<br />

EIN MIKROKOSMOS DES WISSENS. DAS BASEDOW’SCHE ELEMENTARWERK<br />

beim beobachtenden Umgang mit Kindern und<br />

Jugendlichen gewonnene Einsicht richtungsweisend:<br />

„Alle Vernunft entwickelt sich zuerst an<br />

den sinnlichen Erfahrungen.“ 24 Bloße Worterkenntnis<br />

mache müde und lähme die Seelenkraft,<br />

dagegen „locke die schöne Gestalt den Verstand“<br />

und „fessele das Herz“. 25<br />

Ganz im Sinne dieser Anwendung „der Psychologie<br />

auf die Theorie des Unterrichts“ 26 im<br />

Philanthropismus unterschied Basedow zwei verschiedene<br />

Typen von Kupfertafeln des Elementarwerkes<br />

in ihrer didaktischen Funktion:<br />

– Kupfertafeln, mit deren Hilfe Kinder die Bezeichnung<br />

für unterschiedliche Gegenstände<br />

(z.B. Musikinstrumente, Strukturen von Mineralien,<br />

Pflanzen, geometrische Figuren und<br />

Körper usw.) erlernen konnten.<br />

– Kupfertafeln, die zum Unterricht der Sinne<br />

und Empfindungen zu „heilsamen Eindrücken<br />

in das Herz der Anschauer“ 27 geeignet sein<br />

sollten. Bei diesen Bildern muss die Phantasie<br />

der Betrachter in Verbindung mit dem zugehörigen<br />

Kommentartext die im Bild nicht<br />

dargestellten und deswegen auch nicht beobachtbaren<br />

Bildelemente ergänzend ausfüllen.<br />

In diesen Kontext gehören Darstellungen von<br />

moralischen, psychologischen, historischen,<br />

politischen und religiösen Zusammenhängen.<br />

Dieser Typus von medialer Inszenierung in<br />

Bildtafeln des Elementarwerkes soll nunmehr<br />

an sechs Beispielen im Zusammenspiel von<br />

37<br />

Abb. 13<br />

Zeichnung<br />

Chodowieckis zu<br />

Basedows<br />

Kupfersammlung zum<br />

Elementarwerk (1774);<br />

Nr. 8.

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