Nützliches Vergnügen - SUB Göttingen
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„EIN GEORDNETER VORRATH ALLER NÖTHIGEN ERKENNTNISS“.<br />
BILDER FÜR KINDER<br />
Ein Mikrokosmos des Wissens.<br />
Das Basedow’sche Elementarwerk<br />
Hanno Schmitt<br />
Einführende Hinweise<br />
Bis heute hat das Basedow’sche Elementarwerk<br />
seine Bedeutung als bildungsgeschichtliche Quelle<br />
von großem kulturhistorischem Wert nicht verloren.<br />
Das durch Johann Bernhard Basedow<br />
(1724–1790) zunächst in drei Bänden mit 53<br />
Kupfertafeln 1770 und vier Jahre später als überarbeitete<br />
zweite Auflage mit 100 Kupfertafeln in<br />
Berlin und Dessau erschienene enzyklopädische<br />
Lehrbuch 1 (Exp.-Nr. 7) ist ein wichtiges Grundlagenwerk<br />
zum Selbst- und Weltverständnis der<br />
philanthropischen Pädagogik 2 . Das Elementarwerk<br />
sollte die Bildung eines jeden Kindes von<br />
den ersten Kenntnissen bis in das akademische<br />
Studium begleiten. Die dabei angewandte Methode<br />
nennt Basedow „elementarisch“, weil sie<br />
vom leichteren zum schwereren Unterrichtsstoff<br />
fortschreitet und sich dabei der Individualität der<br />
Kinder und Spezifik jeder Altersstufe anpassen<br />
sollte. Durch die Kupfertafeln wurde die Anschaulichkeit<br />
und die Motivation des Unterrichts<br />
erhöht, wobei Lernen nach philanthropischer<br />
Überzeugung auch zur Unterhaltung werden<br />
konnte. Mit dem Elementarwerk hat Basedow den<br />
erziehungsgeschichtlich interessanten Versuch<br />
unternommen, Grundkenntnisse der Einzelwissenschaften<br />
fasslich und der Entwicklung der<br />
kindlichen Vernunft folgend darzustellen.<br />
Der Textteil des Elementarwerkes umfasst in<br />
der hier zugrunde gelegten Ausgabe von 1774<br />
1631 Seiten. 3 Dieser umfangreiche, erläuternde<br />
Kommentar zu den Kupfertafeln besteht aus vier<br />
Bänden und ist in zehn Hauptkapiteln untergliedert.<br />
Im ersten und zweiten Band werden Fragen<br />
der Geschichte des Menschen, der Seelenkunde (=<br />
Psychologie), der gemeinnützigen Logik, der Religion,<br />
der Sittenlehre und der Berufsausübung<br />
(Bauleute, Gärtner, Tischler usw.) behandelt. Im<br />
dritten und vierten Band geht es um Elemente<br />
der Geschichtskunde und ausführlich um Natur-<br />
kunde sowie Grammatikunterricht. 4 Kupfertafeln<br />
und Textabfolge entsprechen sich nur teilweise,<br />
da die Textsystematik und die Chronologie der<br />
Kupferstiche nicht identisch sind. Ausdrücklich<br />
wird hervorgehoben, dass als Leser nur Angehörige<br />
der „gesitteten Stände“ in Frage kommen,<br />
da die Inhalte des Elementarwerkes für den „großen<br />
Haufen“ zu kompliziert und der Verkaufspreis<br />
zu teuer sei.<br />
Im weiteren Verlauf dieses Aufsatzes wird vorwiegend<br />
auf die vom wichtigsten Illustrator der<br />
Aufklärungspädagogik Daniel Nikolaus Chodowiecki<br />
(1726–1801) 5 gezeichneten und teilweise<br />
gestochenen Kupfertafeln zum Elementarwerk 6<br />
(Exp.-Nr. 8) Bezug genommen. Neben einer<br />
Dokumentation der historischen Text- und Bildquellen<br />
möchte der Beitrag vor allem das durch<br />
Basedows Elementarwerk konstruierte und inszenierte<br />
Weltverständnis sowie die dabei vermittelte<br />
lebenskundliche Klugheitslehre untersuchen.<br />
Dabei werden neben Basedows Kommentarbänden<br />
erstmals im bildungshistorischen Zusammenhang<br />
einige der 1916 bei F. A. C. Prestel in<br />
Frankfurt/Main versteigerten Zeichnungen, die<br />
Chodowiecki für das Elementarwerk schuf, herangezogen<br />
und reproduziert. Chodowieckis Technik<br />
ist ohne weiteres aus den Reproduktionen<br />
erkennbar: Blei, teilweise mit der Feder überarbeitet<br />
oder Feder und Pinsel. Tusche und Sepia<br />
finden nebeneinander Verwendung. Alle Zeichnungen<br />
Chodowieckis haben die Größe der<br />
danach meist durch Spiegelung radierten Kupferstiche.<br />
Einzelne der Zeichnungen lassen nachträglich<br />
Korrekturen (z.B. Aufkleben von Papierstreifen)<br />
und handschriftliche Zusätze des Künstlers<br />
erkennen.<br />
Nach Versteigerung von Chodowieckis Zeichnungen<br />
bei F. A. C. Prestel in Frankfurt am Main<br />
wurden 62 von ihnen in einer heute äußerst seltenen<br />
limitierten, in Pergament oder Ganzleder<br />
gebundenen Liebhaberausgabe reproduziert. 7 Auf<br />
dieser Vorlage beruhen die Abbildungen dieses<br />
Aufsatzes.<br />
Editionsgeschichte und Entstehungskontexte<br />
Die 100 Kupfertafeln des Elementarwerkes beste-<br />
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