Nützliches Vergnügen - SUB Göttingen
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zwanzig Heften ein Register, überdies gab es für<br />
die Bände eins bis elf ein Gesamtregister.<br />
Hilfreich waren dem Unternehmen verschiedene<br />
Umstände, die Bertuch geschickt zu nutzen<br />
verstand: Ein von ihm und dem Botanikprofessor<br />
Johann Georg Carl Bartsch, dem Begründer des<br />
Botanischen Gartens in Jena, begonnenes naturgeschichtliches<br />
Tafelwerk fand nicht genügend<br />
Subskribenten, so nützte er die anspruchsvollen<br />
Vorlagen für das neue Bilderbuch. Bertuchs Vorstellung<br />
von „schönen und richtig gezeichneten<br />
Kupfern“ auf den Tafeln, die nicht zu viele und<br />
nicht zu kleine Gegenstände in den richtigen<br />
Größenverhältnissen zueinander bieten sollten,<br />
ließen sich mit Hilfe der von ihm begründeten<br />
Weimarer Freien Zeichenschule ins Werk setzen.<br />
Neben den leitenden Verantwortlichen, dem<br />
Maler Georg Melchior Kraus (1733–1806) und<br />
dem Kupferstecher Johann Heinrich Lips (1758–<br />
1817), war daran eine große Zahl von Lehrern<br />
und Schülern beteiligt, u. a. Henriette Westermayer<br />
(1772–1841), Conrad Westermayer (1765–<br />
1834), Christian Gottfried Heinrich Geißler<br />
(1771–1844), Christian Carl Ludwig (1776–<br />
1853), Theodor Maximillian Georg Goetz<br />
(1779–1855), Conrad Horny (1764–1807). Die<br />
Texte, denen Bertuch ebenfalls große Aufmerksamkeit<br />
widmete, werden den Gegenständen gerecht,<br />
erläutern die Herkunft der seltenen Tiere<br />
und Pflanzen. Deren Nützlichkeit wird besonders<br />
hervorgehoben. Auf den völkerkundlichen<br />
Blättern sind alle Gegenstände und Kleidungsstücke<br />
benannt, die fremdartige Lebensweise der<br />
Menschen wird beschrieben. Als Schrift für diese<br />
Kommentare wählte Bertuch die Antiqua, eine<br />
in ganz Europa gebräuchliche und leicht lesbare<br />
Schriftart ohne Altertümelei. So kommen Bild<br />
und Kommentar den jungen Lesern in ihrer Kürze<br />
und Anschaulichkeit nahe, regen ihre Neugier an<br />
und erweitern ihr Wissen.<br />
Die Konzeption der Bände und die Auswahl<br />
der Gegenstände lagen vor allem in den Händen<br />
Bertuchs, der damit einen großen Kenntnisstand<br />
und ein weitgespanntes naturwissenschaftliches<br />
Interesse offenbarte. Vor allem die Untersuchungen<br />
Uwe Plötners am Nachlass Bertuchs im Weimarer<br />
Goethe-Schiller-Archiv verdeutlichen Entstehungsbedingungen<br />
und Voraussetzungen für<br />
das Bilderbuch. „Idee und Erfolg des ‚Bilderbuchs‘<br />
resultieren wesentlich aus der aktiven Teilnahme<br />
Bertuchs am geistig-kulturellen Leben im Weimar-Jenaer<br />
Raum sowie aus seinen engen Bezie-<br />
DAS BILDERBUCH ALS UNENTBEHRLICHES MEUBLE EINER KINDERSTUBE<br />
hungen zu Repräsentanten des Fürstentums Anhalt-Dessau<br />
und bedeutenden Vertretern des<br />
deutschen Buchhandels um 1800. Bertuchs Interessen<br />
berührten sich mit denen zahlreicher zeitgenössischer<br />
geisteswissenschaftlicher Kapazitäten,<br />
mit denen von Publizisten, Künstlern und<br />
Gewerbetreibenden. Allerorten war man an einem<br />
lebhaften Gedankenaustausch zu interessanten<br />
Neuerscheinungen und zu lohnender Lektüre<br />
interessiert. Bertuch selbst besaß eine umfangreiche<br />
Bibliothek. In dieser befanden sich zahlreiche<br />
Werke zur allgemeinen Naturgeschichte,<br />
zur Botanik, Zoologie, Mineralogie und Physik<br />
sowie zahlreiche Reisebeschreibungen, von denen<br />
mehrere mit hochwertigen Kupfern ausgestattet<br />
waren. Er kannte einige der Werke, die vor und<br />
neben seinem Bilderbuch bereits populär-naturwissenschaftlichen<br />
Charakter trugen. Die Buchbestände<br />
der Herzoglichen Bibliothek in Weimar,<br />
die in den Gesellschaften angelegten Büchersammlungen,<br />
von Freunden und Geschäftspartnern<br />
empfohlene und entliehene Werke sowie<br />
Bücher aus Beständen der Universitäten <strong>Göttingen</strong><br />
und Jena wurden zur Erarbeitung der Bilderbuch-Hefte<br />
herangezogen. In Listen und Bibliographien,<br />
auf Zetteln und in Messekatalogen anderer<br />
Verleger hielt Bertuch ihm zu verschiedenen<br />
Interessengebieten einschlägig erscheinende<br />
Titel fest. Fehl- und Dublettenlisten, erstellt nach<br />
gründlicher Durchforstung der eigenen Bücherschränke,<br />
sollten die Vollständigkeit und Aktualität<br />
seiner Bestände gewährleisten helfen. Die<br />
dabei zutage geförderten hochwertigen mit Abbildungen<br />
versehenen naturwissenschaftlichen<br />
und ethnologisch-geografischen Werke haben die<br />
Einrichtung des ‚Bilderbuchs‘ wesentlich unterstützt.“<br />
4<br />
Für die Erläuterung der Bände hatte Bertuch<br />
ebenfalls einen Stab von Helfern zur Seite. Zunächst<br />
war dies der Pädagoge Carl Phillip Funke<br />
(1752–1807), der am Dessauer Philanthropin tätig<br />
und durch eigene Publikationen ausgewiesen<br />
war. Von Bertuch wurde er mit Nachschlagewerken<br />
und Neuerscheinungen aller wichtigen Gebiete<br />
unterstützt. Nach seinem Tod 1807 mussten<br />
mehrere Mitarbeiter für diese Aufgabe gefunden<br />
werden. Bis 1812 war dies teilweise der Theologe<br />
Georg Heinrich Christian Lippold (1767–<br />
1841), Funkes Schwiegersohn, sowie eine Reihe<br />
von thüringischen Gelehrten: Der Apotheker und<br />
Botaniker August Wilhelm Dennstedt (1776–<br />
1826) aus Magdala bei Jena, der Weimarer<br />
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