VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
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20 Helm Speidel<br />
Zusammenarbeit, die besonderen Verhältnisse des Gastlandes sowie der Zwang<br />
zur Geheimhaltung der Gesamtorganisation gerade auch in Rußland hatten eine<br />
zentrale Zusammenfassung der Probleme notwendig gemacht, die nur in Rußland<br />
selbst gelöst werden konnten.<br />
Es war daher schon im Jahre 1923 — spätestens 1924 — als erste Grundlage<br />
eine Zentrale Moskau - „Z.Mo." genannt - eingerichtet worden, deren Leiter<br />
der Berliner Zentrale unterstand. Die Aufgaben im großen umfaßten die einheitliche<br />
Steuerung aller durch die Verhältnisse des Landes bedingten und <strong>für</strong> alle<br />
drei Stützpunkte gleichermaßen gültigen Maßnahmen auf politischem, wirtschaftlichem<br />
und finanziellem Gebiet. Ferner führte „Z.Mo." die laufenden Verhandlungen<br />
mit den Spitzenstellen der Roten Armee und sonstigen sowjetischen Regierungsorganen<br />
in Moskau. Sie arbeitete mit der deutschen Botschaft zusammen, deren<br />
Unterstützung sie in Fragen der Politik in Anspruch nahm. „Z.Mo." trieb keine<br />
eigene Politik, sondern war ausführendes Organ des Reichswehrministeriums in<br />
Berlin auf der einen Seite, der deutschen Botschaft in Moskau auf der andern.<br />
Beide Auftraggeber durften jedoch nach außen nicht erkennbar werden.<br />
Das Unterstellungsverhältnis der drei Stützpunkte unter die Zentrale Moskau<br />
war durch die Tatsache gegeben, daß „Z.Mo." die territorial bedingten Grundlagen<br />
<strong>für</strong> Existenz und Betrieb der Basen schuf und ausbaute sowie die Versorgung<br />
jeder Art steuerte. Der militärische Begriff „Territoriale Unterstellung" kennzeichnet<br />
daher am besten das Verhältnis.<br />
3. Die Gesamtorganisation in Deutschland und Rußland.<br />
III. DIE ILLEGALE FLIEGERORGANISATION DER REICHSWEHR IN DEUTSCHLAND.<br />
Aus der Darstellung der Organisation der Führung in Deutschland wie der der<br />
Durchführung in Rußland fügt sich das Bild der Gesamtorganisation, wie sie in<br />
einer beigegebenen schematischen Skizze aufgezeichnet ist (s. S. 43).<br />
Von den Stützpunkten der Reichswehr auf russischem Boden war das Flugzentrum<br />
Lipezk das wichtigste. Seine Aufgabe und Bedeutung wird jedoch erst<br />
verständlich, wenn es in den Rahmen der gesamten Luftwaffenplanung jener Zeit<br />
eingefügt wird. Es gilt daher, zunächst einen Einblick in die umfangreiche illegale<br />
Fliegerorganisation in Deutschland zu gewinnen, soweit dies zum Verständnis von<br />
Lipezk erforderlich erscheint.<br />
In der bereits erwähnten getarnten „Inspektion der Flieger (In 1)" im Truppenamt<br />
des Reichswehrministeriums wurden alle Maßnahmen getroffen, welche die<br />
Vorbereitung einer Wiederaufrüstung auf dem Gebiet der Luftwaffe zum Ziel<br />
hatten. Neben der theoretischen Erarbeitung aller Führungsgrundlagen war eine<br />
organisatorische Rüstungsplanung auf weite Sicht aufgestellt worden. Diese sogenannte<br />
„Fliegerrüstung" war ein Bestandteil der allgemeinen Heeresrüstung; sie<br />
sah die schrittweise Aufstellung von Jagd-, Aufklärungs- und Kuriereinheiten vor,<br />
also von Verbänden mit reiner Defensivtendenz.