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VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...

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38 Helm Speidel<br />

einer der seltenen Besichtigungen russischer Flugzeuge auf die Primitivität ihrer<br />

Konstruktion und Ausrüstung angesprochen wurde. Seine aufschlußreiche, aber<br />

gesunden Menschenverstand verratende Antwort lautete: „Wir Russen haben es<br />

bis jetzt noch mit einem primitiven Menschenmaterial zu tun. Wir sind gezwungen,<br />

das Flugzeug dem Typ des Flugzeugführers, über den wir nun mal verfügen, anzupassen.<br />

In dem Maße, in dem es uns gelingt, einen neuen Menschentyp heranzuzüchten;<br />

wird auch die technische Entwicklung des Materials vervollkommnet werden.<br />

Beide Faktoren bedingen einander. Man kann nicht primitive Menschen in<br />

komplizierte Maschinen setzen. Wir sind erst auf dem Wege einer Entwicklung<br />

zur ausgeglichenen Qualität beider Faktoren."<br />

In den späteren Jahren wurde die technische Entwicklung in der Roten Luftflotte<br />

forciert. Ihre Phasen im einzelnen zu verfolgen, wurde der deutschen Seite<br />

auf jede Weise erschwert. Umgekehrt interessierten sich die Russen in zunehmendem<br />

Maße <strong>für</strong> die technische Erprobungstätigkeit in Lipezk. Laufend beschäftigten<br />

sich kleinere Gruppen von Fliegeroffizieren und Technikern mit den Einzelheiten<br />

der deutschen Arbeiten. Später erschienen große Kommissionen von führenden<br />

Persönlichkeiten und Spezialisten aller Fachgebiete aus der luftwaffentechnischen<br />

Versuchsanstalt „Zagi" und nahmen während der ganzen Erprobungsperiode an den<br />

technischen Versuchen teil.<br />

Der abschließende Höhepunkt war stets Aufstellung und Vorführung des gesamten<br />

deutschen technischen Apparats vor einer russischen Kommission. So wurde<br />

auch das bereits erwähnte Erprobungsprogramm von 1931, das die Frontreife sämtlicher<br />

deutscher Rüstungsflugzeuge ergeben hatte, ohne jede Einschränkung vorgeführt.<br />

Dabei stand das technische Material nicht nur zur Besichtigung und Untersuchung<br />

zur Verfügung, sondern die Flugzeuge konnten von Piloten der Roten<br />

Luftflotte nachgeflogen werden. Übrigens zeigte sich dabei, daß die zweifellos besonders<br />

ausgesuchten Erprobungspiloten die ihnen fremden Maschinen ausgezeichnet<br />

beherrschten.<br />

Bei allen Gelegenheiten wurde festgestellt, daß die russischen Fachleute äußerst<br />

interessierte Beobachter waren, und eine erstaunliche Beherrschung von technischen<br />

Einzelgebieten zeigten. Zweifelhaft blieb nur, inwieweit sie genug geistige Beweglichkeit<br />

besaßen, um das Einzelne im Gesamtzusammenhang zu sehen. So interessiert<br />

sie waren, so äußerten sie sich nie über die gewonnenen Eindrücke, weder<br />

positiv, noch negativ. Sie vermieden es sorgfältig, Erstaunen, Überraschung, Anerkennung,<br />

Zweifel, Ablehnung und ähnliche subjektive Stellungnahmen auch nur<br />

durch Haltung oder Mienenspiel erkennen zu lassen. Die Maske fiel nie.<br />

Als Gegenleistung <strong>für</strong> deutsche Vorführungen erfolgte nur ein einziges Mal eine<br />

großangelegte Vorführung russischer Flugzeuge und fliegertechnischen Geräts auf<br />

dem Chodinkafeld bei Moskau. Die äußere Aufmachung war gut, der sachliche<br />

Gewinn klein. Nicht nur in diesem Fall, sondern auch bei sonstigen Gelegenheiten<br />

entsprach zwar die technische Aufmachung dem versprochenen Vorführungsprogramm.<br />

Tatsächlich jedoch hatte das gezeigte Material vorwiegend Museumswert.

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