Im PDF-Format lesen - Waldegg
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100 Jahre nach der Katastrophe<br />
Mein Namensvetter auf der Titanic<br />
Roland Kink<br />
„Die grässlichste Katastrophe<br />
des Jahres 1912 war der Untergang<br />
der Titanic, des grössten<br />
und herrlichsten Schiffes, das<br />
die Welt je gesehen hat.“ So<br />
stand’s im Appenzeller Kalender<br />
von 1913. Und heuer, 100<br />
Jahre später, überboten sich die<br />
Medien um den Jahrestag am<br />
15. April mit Berichten über<br />
das Unglück, das wie kein<br />
zweites die Menschen faszinieren<br />
soll. Der Untergang des<br />
unsinkbaren Schiffes! Und es<br />
stand auch zu <strong>lesen</strong>, dass die<br />
Kinks mit an Bord waren! Da<br />
packte mich der namensvetterliche<br />
Gwunder! Waren‘s etwa<br />
sogar in Vergessenheit geratene<br />
Verwandte? Der Familiename<br />
des <strong>Waldegg</strong>schreibers ist ja<br />
nicht gerade weit verbreitet.<br />
Anton Kink, Jahrgang 1883,<br />
war 1906 aus der Steiermark<br />
nach Zürich gezogen, wo er an<br />
der Hornbachstrasse 66 als<br />
Magaziner lebte. (Zürich ist ja<br />
nicht allzu weit vom Luzernischen<br />
und dem Baselbiet entfernt,<br />
wo Zweige meiner Ahnen<br />
verbürgt sind …..). Am 5.<br />
Mai 1908 heiratete er die<br />
22jährige Luise Heilmann aus<br />
dem deutschen Enzberg. Vier<br />
Wochen später kam ihre Tochter<br />
Luise Gretchen zur Welt.<br />
Die Kinks buchten bei der<br />
Agentur Kaiser & Cie in Basel<br />
Tickets in der dritten Klasse<br />
für die Jungfernfahrt der Titanic.<br />
Vater Anton, Mutter Luise<br />
und Töchterchen Luise Gretchen<br />
bezahlten dafür total 780<br />
Franken. Sie gingen in Southampton<br />
mit Reiseziel Milwaukee,<br />
Wisconsin an Bord. Mit<br />
von der Partie waren Antons<br />
Schwester Maria Kink und<br />
sein Bruder Vinzenz Kink. Die<br />
drei Damen hatten zusammen<br />
– 28 –<br />
eine Kabine, Anton und Vinzenz<br />
teilten sich eine weitere<br />
mit vier anderen Männern zusammen,<br />
Albert Wirz, Josef<br />
Arnold, Leo Zimmermann<br />
und einem Unbekannten aus<br />
Böhmen.<br />
In der Unglücksnacht schliefen<br />
die Männer, als sie durch<br />
den heftigen Zusammenprall<br />
geweckt wurden. Anton und<br />
Vinzenz rannten an Deck, wo<br />
sie den fatalen Eisberg deutlich<br />
erblickten. Sie eilten zurück in<br />
ihre Kabine, zogen sich an und<br />
weckten die Frauen. Anton erhaschte<br />
Rettungswesten für<br />
Frau und Tochter. Irgendwie<br />
gelang es den Dreien, auf das<br />
Bootsdeck zu kommen. Auf<br />
dem Weg dorthin verloren sie<br />
den Kontakt zu Antons Geschwistern.<br />
Sie waren unter<br />
den ersten Passagieren, die in<br />
ein Rettungsboot kamen, Boot<br />
Nummer 2. Mutter und Tochter<br />
wurden ins Boot gehievt,<br />
Vater Anton von den umstehenden<br />
Matrosen zurückgehalten.<br />
Das Rettungsboot<br />
senkte sich bereits, als Luise<br />
und Luise Gretchen in Panik