02.10.2013 Aufrufe

Mitteilungen Weihnachten 2008 - Rudolf Steiner Schule Aargau

Mitteilungen Weihnachten 2008 - Rudolf Steiner Schule Aargau

Mitteilungen Weihnachten 2008 - Rudolf Steiner Schule Aargau

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

5 Unterstufe<br />

Aus der vier ten Klasse:<br />

Germanische Mythologie, Stabreim, Runen<br />

Wie sollte ich den Erzählstoff in<br />

der vierten Klasse beginnen? Eine<br />

Schöpfungsgeschichte so ganz anders<br />

als die in der dritten Klasse? Als innere<br />

Vorbereitung (auch für mich selber)<br />

führte ich die Kinder in den hohen<br />

Norden, nach Island, wo die germanische<br />

Mythologie in der sog. Edda in altisländisch<br />

festgehalten wurde.<br />

Selber lernte ich Island vor vielen<br />

Jahren auf «Zwischenlandung für 5<br />

Tage» etwas kennen und war beeindruckt<br />

von dessen Landschaft: Karge<br />

Leere über der Erde, keine Bäume<br />

(von Natur aus), Gras, Büsche, um die<br />

Hauptstadt eine karge, schwarze Lavawüste.<br />

Umso lebendiger ist es unter<br />

der Erde.Da kocht und brodelt es.Und<br />

wie wenn sie es nicht mehr aushalten<br />

würde und ihre gestaute Kraft entladen<br />

müsste spuckt sie hohe Geysire<br />

aus, dampft in heissen Quellen, bricht<br />

auf und ergiesst sich in feurigen Vulkanen.<br />

Da kommen Kräfte von unten<br />

hoch und prägen Islands Atmosphäre.<br />

Unaufhörlich bläst salzige Luft vom<br />

Meer her übers Land. Lebhaft ist die<br />

Erinnerung an diese Frische im Wind,<br />

an das Schweflige im (Hahnen-)Wasser.<br />

Die Elemente begegneten einem<br />

als starke Wesen. Es wunderte uns damals<br />

nicht, dass die Isländer mit Elfen<br />

und Trollen leben.<br />

In Island trifft feuriges Lava auf kaltes<br />

Gletschereis. Die Edda beginnt<br />

eben so: Das feurige, südliche Muspelheim<br />

trifft auf das eisige, nördliche Nifelheim.<br />

Daraus entsteht der Ur-Riese<br />

Ymir, aus dessen Leib die Götter danach<br />

die Erde erschaffen.<br />

In den Bildern der Edda wird spürbar,<br />

wie die Menschen früher in allem<br />

Naturwalten Göttergewalt wahrnahmen:<br />

Der Wind ist Odins Atem, Blitze<br />

schleudert der gewaltige Thor und<br />

wenn er seinen Hammer gegen die<br />

Riesen wirft, kracht der Donner. Was<br />

im Grossen ist findet sich wieder im<br />

Kleinen: Im eigenen Innern erlebte<br />

der Mensch die Wirkung der Götter<br />

entsprechend: Odin im Atem, in der<br />

von ihm erschaffenen Sprache, Thors<br />

Hammerschlag im Puls, im Blut (Thor<br />

watet durch die Flüsse, er hat einen eisernen<br />

Handschuh an).<br />

So sind diese Bilder und dann die<br />

Geschichte dazu Bilder des Menschen<br />

und der Menschheitsgeschichte. Bekannt<br />

ist ja der Elternschaft, dass jedes<br />

Kind diese Menschheitsgeschichte in<br />

der eigenen Entwicklung nochmals<br />

durchläuft. Der Sündenfall im Alten<br />

Testament, die Vertreibung aus dem<br />

Paradies ist ein Bild für den Rubikon<br />

im 9./10.Lebensjahr.<br />

Nochmals erlebten die Viertklässler<br />

die Vertreibung aus dem goldenen<br />

(Kleinkinder-)Zeitalter durch den Tod<br />

des lichten Gottes Baldur, dann folgt<br />

der Götter dramatischer Untergang.<br />

Hier entstanden einige Fragen bei den<br />

Kindern: Ist die Weltenesche Yggdrasil<br />

auch untergegangen (sie ist – kurz gesagt<br />

– auch ein Bild des Menschen),<br />

was ist mit den Frauen der Götter passiert?<br />

Die Antworten musste ich mir<br />

entsprechend sorgfältig überlegen,<br />

dass sie auch der Wahrheit entsprachen.<br />

In den Vorträgen «Die Mission einzelner<br />

Volksseelen», GA 613, be-<br />

<strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> <strong>Aargau</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>Weihnachten</strong> <strong>2008</strong><br />

schreibt <strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> die Bedeutung<br />

der Götter und ihrer Taten. Da möge<br />

sich jeder,der sich dafür interessiert in<br />

diese Geheimnisse einlesen und selber<br />

forschen. Odin z.B. hing neun<br />

Nächte lang in dem windigen Baum,<br />

um qualvoll, mühevoll den Menschen<br />

die Sprache zu erschaffen. Die Schrift<br />

dazu, in Runenzeichen hob er auf, in<br />

Stäbe (Buchenstäbe-Buchstabe) geritzt.<br />

Weisheitsvoll ist die Sprache fürwahr,<br />

die Runen mehr als eine Schrift,<br />

Zeichen, denen grosse Wirksamkeit innewohnt(e).Futhark<br />

heisst das Runenalphabet,<br />

nach den ersten sechs Runen<br />

benannt.Aus drei Teilen, aetts, bestehend<br />

à 8 Buch(en)staben. Das erste<br />

aett wurde Frey, einem Wanengott zugeordnet.<br />

Die Wanen sind älter als die<br />

andern Götter und sehr weise. Das<br />

zweite wurde Odin zugeordnet, das<br />

dritte Thor. Die Kinder rätselten, was<br />

die Zeichen mit dem jeweiligen Gott<br />

zu tun hätten. Untereinander gereiht,<br />

unterstützt durch die Farben blau,<br />

gelb, rot zeigt sich erneut ein Bild des<br />

Menschen. Zuoberst der Kopf, die Gedanken<br />

(Frey), dann der Brustbereich<br />

das Fühlen (Odin), dann der untere<br />

Mensch,der Wille (Thor).<br />

Buchenstäbe gingen wir in den<br />

Wald schneiden. Im Schulzimmer beschnitzten<br />

die Kinder sie mit ihrem<br />

Namen in Runenschrift, was sie sehr<br />

gerne taten. Schöne Verzierungen kamen<br />

hinzu. Hilfreiche Runen, wie<br />

«Götter», «Sonne», «Gabe» usw. suchte<br />

und fand jedes Kind in seinem Namen.<br />

Nun galt es mit den Kindern in das<br />

Sprechen des Stabreims zu kommen.<br />

Dies ist die kräftige Versform der Edda.<br />

Die Wirkung des Stabreims konnte<br />

ich an mir selber erfahren in der Vorbereitung<br />

mit Karin Croll, unserer<br />

Sprachgestalterin. Auch schon früher<br />

übte ich mit ihr Stabreim, therapeutisch<br />

gegen Eisenmangel.Wenn es mir<br />

wirklich gelang, spürte ich erschlosse-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!