Ausgabe 4/ 2013 - BLLV
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Oberpfälzer Schulgeschichte:<br />
Verdienstorden vorenthalten<br />
Luhe. 1827 stiftete König Ludwig I. den<br />
nach ihm benannten Ludwigsorden. Gedacht<br />
war er als sichtbare Belohnung für<br />
50-jährige Tätigkeit im Hof-, Staats-,<br />
Kriegs- oder Kirchendienst. Standespersonen<br />
wurde ein goldenes Kreuz mit<br />
weißem Medaillon an die stolz geschwellte<br />
Brust geheftet. Angehörigen niederen<br />
Ranges war lediglich eine Ehrenmünze<br />
zugedacht. Beispielsweise hieß es im Regierungsblatt<br />
für das Königreich Bayern<br />
vom 21. Januar 1867: „Seine Majestät der<br />
König haben sich vermöge allerhöchster<br />
Entschließung vom 9. Dezember 1866<br />
allergnädigst bewogen gefunden, dem<br />
Schullehrer Georg Robl in Oberaltaich in<br />
Rücksicht auf seine fünfzigjährigen eifrig<br />
und treu verbrachten Dienste die Ehrenmünze<br />
des k. bayerischen Ludwigsordens<br />
zu verleihen.“<br />
Eine derartige Anerkennung hatte der für<br />
die Volksschule Luhe (Bezirk Weiden I)<br />
zuständige Distriktschulinspektor Max<br />
Joseph Söllner, seines Zeichens Stadtpfarrer<br />
und Inspektor der Präparandenschule<br />
zu Weiden, auch für Cajetan Koller 1894<br />
bei der Regierung der Oberpfalz beantragt.<br />
Dieser hatte 1844 das Lehrerseminar<br />
Eichstätt (es bestand seit 1835) absolviert<br />
und war anschließend in den Volksschuldienst<br />
übernommen worden. Einsatzorte<br />
waren u.a. Staadorf (heute: Dietfurt) und<br />
Mörsdorf (1861 – heute: Freystadt), beide<br />
im Landgerichtsbezirk Riedenburg. 1867<br />
wurde Koller nach Luhe versetzt, wo er<br />
als Nachfolger von Georg Baumgärtner<br />
die Mädchenschule übernahm. Er unterrichtete<br />
ca. 70 Werktags- und 30 Feiertagsschülerinnen.<br />
Daneben hatte er – wie<br />
damals üblich – den niederen Kirchendienst<br />
abzuleisten, und zwar als Organist<br />
und Kantor in St. Martin und St. Nikolaus<br />
Luhe, St. Barbara Neudorf, St. Laurentius<br />
Unterwildenau und St. Georg Enzenrieth.<br />
Sein Gesamteinkommen betrug 465<br />
fl. Die Lehrerwohnung, für deren Beheizung<br />
der Markt Luhe 5 Klafter weiches<br />
Holz abzustellen hatte, war im 1. Stock<br />
des Schulhauses und bestand aus Wohn-<br />
und Nebenzimmer, Kammer, Küche und<br />
Kuhstall. Weil 1889 die Zahl der Werktagsschüler<br />
auf 171 angestiegen war und<br />
eine dritte Klasse vonnöten war, errichtete<br />
der Sachaufwandsträger einen Erweiterungsbau<br />
mit zwei Schulsälen. Er grenzte<br />
an das historische Rathaus und beherbergte<br />
die Klasse II (Jg. 4 + 5: Max Sei-<br />
1<br />
ler) und die Klasse III (Jg. 6 + 7: Cajetan<br />
Koller). Die Klasse I (Jg. 1–3: Franz<br />
Xaver Nagler) blieb im Erdgeschoss des<br />
Rathauses.<br />
Zurück zur beantragten Ehrung: Die Regierung<br />
der Oberpfalz lehnte am 23. April<br />
1894 die erbetene Auszeichnung ab, bot<br />
aber „gnädig“ eine Alternative an: „Schullehrer<br />
Cajetan Koller befindet sich zwar<br />
50 Jahre im Schuldienst, wurde aber vom<br />
19. Oktober 1844 bis 26. Oktober 1851<br />
nur als Schulgehilfe verwendet. Diese<br />
Dienstzeit zählt nicht gemäß des höchsten<br />
Normatives vom 28. Januar 1867. Dagegen<br />
sind wir bereit, dem genannten Lehrer<br />
auf Antrag der Distriktschulinspektion<br />
für seine langjährige Dienstleistung unsere<br />
Anerkennung auszusprechen.“<br />
Ob Distriktschulinspektor Söllner auf<br />
diese Offerte einging, geht aus dem eigens<br />
angelegten Akt im Staatsarchiv Amberg<br />
nicht hervor. Dafür sprang bemerkenswerter<br />
Weise der Markt Luhe in die<br />
Bresche. Bürgermeister Brunner (1894–<br />
1899) schrieb dem Bezirksamt Neustadt<br />
an der Waldnaab: „In der Sitzung der<br />
Gemeindeverwaltung wurde beschlossen,<br />
daß die seltene Feier des 50-jährigen<br />
Dienstjubiläums des Lehrers Kajetan Koller<br />
am Montag, dem 15. Oktober 1894,<br />
stattfindet.“ Diese Entscheidung der Bürgervertreter<br />
erscheint unbürokratisch und<br />
zeugt von hoher Wertschätzung eines verdienten<br />
langjährigen Pädagogen.<br />
Der Mädchenschullehrer erlebte die Ordensverleihung<br />
nicht mehr. Zwei Jahre<br />
später wurde er nämlich pensioniert. Das<br />
Amtsblatt verkündete: „Der Schullehrer<br />
Cajetan Koller in Luhe ist unter Anerkennung<br />
seiner langjährigen eifrigen und ersprießlichen<br />
Dienstleistung wegen nachgewiesener<br />
körperlicher Funktions-Unfähigkeit<br />
in den dauernden Ruhestand versetzt<br />
worden.“<br />
Nachfolger Kollers wurde Michael Lehner.<br />
Er war der Vater Johann Baptist Lehners,<br />
des ersten Direktors des Bischöflichen<br />
Zentralarchivs.<br />
Quellen:<br />
Staatsarchiv Amberg, Bezirksamt Neustadt<br />
an der Waldnaab, 1170<br />
Rothenberger, Karl, Markt Luhe Chronik,<br />
Weiden, 1989<br />
Archiv der Volksschule Luhe-Wildenau<br />
Josef Eimer, Wernberg-Köblitz<br />
Oberpfälzer Schule <strong>2013</strong>/4 – 35. Jahrgang<br />
Die fleißigsten Hennen<br />
legen in Oberfranken<br />
In Oberfranken leben die fleißigsten<br />
Hennen Bayerns. Denn dort legte innerhalb<br />
der ersten drei Monate dieses<br />
Jahres jede einzelne Henne im Durchschnitt<br />
84 Eier. Nach Angaben des statistischen<br />
Landesamtes waren es in<br />
Mittelfranken nur 61 Eier pro Henne.<br />
Bayernweit brachten es die gut 3,52<br />
Millionen Legehennen auf 252,4 Millionen<br />
Eier zwischen Januar <strong>2013</strong>. Das<br />
waren 13 Millionen Eier (4,9 Prozent)<br />
wenger als im ersten Quartal des vergangenen<br />
Jahres. Im Durchschnitt wurden<br />
somit von jeder Henne 24 Eier pro<br />
Monat gelegt – ein Ei weniger als im<br />
entsprechenden Vorjahreszeitraum.<br />
(Süddeutsche Zeitung, 9. Juli <strong>2013</strong>)<br />
BAYERISCHE<br />
EIERZÄHLER<br />
Alle Jahre wieder erfährt der bayerische<br />
Zeitungsleser (siehe obigen Text), wieviel<br />
Eier bayerische Hühner gelegt haben und<br />
welcher Regierungsbezirk besonders fleißige<br />
Hühner hat. Fürwahr, so muss man<br />
STANDPUNKT<br />
feststellen, eine ungewöhnliche Fleißarbeit<br />
– des statistischen Landesamtes.<br />
Doch der Vorgang hat auch eine Kehrseite,<br />
denn er zeigt, wofür in Bayern Geld<br />
ausgegeben, verschleudert wird. Da werden<br />
seit Jahren mit Steuerzahlers Groschen<br />
Personen beschäftigt, um die gelegten<br />
Eier zu zählen und die Rangfolge<br />
der Regierungsbezirke festzustellen.<br />
Vielleicht zählt man im Landesamt demnächst<br />
auch die Schnecken dieses Sommers<br />
oder die Fußbewegungen der e-<br />
Bike-Touristen.<br />
Zur gleichen Zeit wünscht man sich auf<br />
anderen Gebieten aktuelle Zahlen, weil<br />
sie nicht vorliegen, zum Beispiel: Wie<br />
viel Unterrichtsstunden jedes Jahr ausfallen,<br />
wie viel Unterrichtsangebote im<br />
musischen Bereich unseren Kindern wegen<br />
Lehrermangel vorenthalten werden,<br />
wie viel Stunden Schulleitungen und Sekretariate<br />
mit amtlich verordneten, aber<br />
nutzlosen Aufträgen verbringen, wie viel<br />
Stunden unsere Schüler in den Bussen<br />
der Schulverbünde absitzen. Die Reihe ist<br />
fortsetzbar.<br />
Warum wird derlei nicht gezählt? Die<br />
Antwort ist klar: Statistische Ergebnisse<br />
dieser Art würden Taten einfordern, für<br />
die man kein Geld zur Verfügung stellt.<br />
Nicht zur Verfügung stellen will.<br />
Anton Schlicksbier