Stuäien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
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H r r a u
Inhalts.Verzeichnis.<br />
Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldischen Bunde. 1. Teil. Pon<br />
Di'. Nelllllnrd Heling in Königsberg 1<br />
Die Eo'tme des Herzogs PhUivv l. von Pominern ans <strong>der</strong> Universität zn<br />
Gicisswald. Bon Proscssor Dl. M. Wehrmai, n in Stettin . . 'i^<br />
Studentische Verbindungen m <strong>Greifswald</strong> dis zur Mitte des lli. Iahr^<br />
hnn<strong>der</strong>l^. Von Archivar Dr. ^tlo Heinrniann in Stettin . ».7<br />
I^er Konflikt <strong>der</strong> „Allgenieinheit" und <strong>der</strong> V'indsmmnlschafl P^,nernnia nl<br />
^'»r^sslvllld im ^onnnerlialbllü)r l^2l. ^on Ilun'rlsilms ^^l'llMdek.n-<br />
Dl-. lHdmuud ^ange ni (^reiisn'lUd 11V<br />
Kviegswssebnch des Leutnants Ludwig ^6)nlz ans den Jahren ittN, 14<br />
uuo 15. Von Professor Dr. P. -N^l lll, ol o in Strtnn . . . . 1Z7><br />
Achtnndsecdzissster Ialnesberickt lttv<br />
Beilage. Ill'er Altonillncr und slusaradungcn in Ponnneru iln Iame w
Wommerns<br />
Verhältnis mm Ochmalkalbischen Wunde.<br />
Von<br />
Dr. AeinlMh Heling.
Kapitel I.<br />
Einleitung: AnndnibßeNreßnngen Pommerns nach dem ßode<br />
Nosiislaws X.<br />
Es war eine gefährliche Erbschaft, die l^corg nnd Barnim X. 1.^3<br />
von ihrem Vater Bogislaw X. überkamen: im Innern überall eine<br />
Lockerung <strong>der</strong> gesetzlichen Bande, Räubereien rauflustiger :!iitter, Tllmnlte<br />
in den Städten gegen das Patrizierregiment, feindlicher l^cgensalz licr^<br />
jenigen, die <strong>der</strong> alten Ncligion zngetan waren, gegen die Anhänger <strong>der</strong><br />
rcformatorischcn Ideen, <strong>der</strong> sich bisweilen zn offenem Anfrnhr steigerte;<br />
und noch grösier die Gefahr, die von anßen drohte: Brandenburg,<br />
Pomlnerlis langjähriger Bedränger, bisweilen mit pommerschcn t^roneii m<br />
Verbindullg, for<strong>der</strong>te gebieterisch die Ernenernng <strong>der</strong> alten Verträge, die<br />
ein Abhäigigkeitsverhältnis Potnmerns zn Brandenburg besagten;') gleich<br />
im Ansang <strong>der</strong> Ncgicrnng bei<strong>der</strong> Fürsten hallten die Grenzen uonl KnegSlärm<br />
wi<strong>der</strong>, unfähig bei den trostlosen Wirren, im eigenen ^andc eine<br />
feste Herrschaft zu begründen, <strong>der</strong> Übermacht Brandenburgs schutzlos preisgegeben,<br />
befolgten sie nnr em (Nebot gesun<strong>der</strong> Vernunft, wenn sie daranf<br />
ansgiiigen, sich mächtige Verbündete zu suchcu. Die politische Konstellation<br />
fügte es, das; fie bald ihr Hiel erreichten. Lief doch gerade damals <strong>der</strong><br />
vierjährige Waffenstillstand zwischen König Sigiömund voll Polen und dem<br />
Hochmeister Albrecht ab; <strong>der</strong> Ausbruch eiues ucucu Krieges staud bevor,<br />
in welchem Albrecht sicher auf die Hülfe seines Vetters ^oaä,im l. von<br />
Brandenburg rechile« dnrfte. So war es natürlich, daß fich Slgi5muut><br />
und die pommerschen Fürsten gegen den gemeinsamen Feind die Hand znm<br />
Bllnde reichten. Ans eine Einladung vom 4. Febrnar 15,^4 bevollmächtigten<br />
Oeorg uud Baruim ihre Näte, den lNvaseu v. Eberstein und<br />
!>l'. Valentin Ltojentin, zu einer Verhnndlllng mit dem Polcnlönig und<br />
dem Herzog Heiunch von Mecklcliburg, welche Eude Februar in Danzig<br />
stattfand.'^) Nachdem hier die (Nrundzüge sestgescht wordeu warell, schlossell<br />
am 10. März die polnischen Lendbotcn niit den pommerschcn und ineälcllburgischcil<br />
Mten ein Büiidnis, das ausdrücklich gcgcu Prennen und<br />
') Vergl. des lursäcksischen Nates Hans von <strong>der</strong> Plamtz Berichte ans dem<br />
Reichsregimem in Nürnberg lI^l—I^Z, ^el'anluielt von Wälckcr. ^eiyziss 1899.<br />
^ v. Medem, Geschichte dcr Einsührunss <strong>der</strong> evangelnchen ^!ehre ini Herzogtuui<br />
Pommern Gveüswald l8:i7, S. 77.
4 Pommerns Verhältnis zum Eckmalkaldischen Bunde.<br />
Brandenburg gerichtet war.') Aus <strong>der</strong> Pertragsurkunde geht hervor, daß<br />
sich die Verbündeten auch gegen die inneren Feinde beistehen wollten,<br />
d. h. gegen die Anhänger <strong>der</strong> neuen Lehre (contru. pa^a,w8 6t. kaer^icaz<br />
et. 6olli5matic08 . . .^)<br />
Von ungleich größerer, wenn auch nicht unmittelbarer, so doch mittel-<br />
barer Bedeutung sollte für Pommern sein Anschluß an das Hörtcrsche<br />
Bündnis werden; denn er brachte es mit deutschen Mächten in nahe<br />
Verbindung und trug mit dazu bei, es zur Teilnahme an den großen<br />
Ereignissen heranzuzieheu, die bald unser Vaterland bewegen sollten.<br />
Dies Höxtersche Bündnis war am 12. Mai 1519 von vielen<br />
Fürsten und Herren dos nordwestlichen und mittleren Deutschlands gegründet<br />
worden aus Aulaß <strong>der</strong> Hildesheimer Stiftsfchde, die damals in den<br />
brauuschweigischeu und den benachbarten Gebieten tobte. Es war ein<br />
^anofriedensbillldnis, geschlossen zum Zwecke, den Frieden wie<strong>der</strong>herzustellen<br />
und einan<strong>der</strong> gegen Feindseligkeiten zu schuhen. Um die Erweiterung<br />
dieser Einigung bemühte sich besou<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Herzog Heinrich von Braun-<br />
schwcig-Wolfenbnttel, <strong>der</strong> ihr 1523 beigetreten war. Er verhandelte schon<br />
im folgenden Jahre mit dell beiden mecklenburgischen Herzögen, um ihren<br />
Anschlich zn erlangen, und bat zugleich Herzog Heinrich von Mecklenburg,<br />
den Freund und Nachbarn <strong>der</strong> Pommernherzöge, ans diese in eben diesem<br />
Sinne zu wirken. Der Herzog leistete <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung Folge. Nach<br />
vorangegangener mündlicher Unterredung nnd uuter Übersendung einer<br />
Abschrift des Hörtcrschcn Vertrages fragte er am 22. Dezember 1524 bei<br />
den Pommern au, welche Stellung sie in dieser Frage zu nehmen<br />
gedachten.2) Doch so bald sollte <strong>der</strong> Vraunschweiger seine Hoffnung nicht<br />
erfüllt sehen. Der Beitritt Pommerus wie Mecklenburgs verzögerte sich<br />
uoch fast ein ganzes Jahr lang; er erfolgte erst, nachdem Kurfürst Johann<br />
von Sachsen diesen Fnrsten dazu geraten hatte/)<br />
Doch warnm bedürften die Herzöge in dieser Angelegenheit des Nates<br />
des sächsischen Kurfürsten, und welchen Zweck verfolgte dieser, wenn er sie<br />
zum Anschlüsse au deu besagten Bund bewegte?<br />
') Am 13. Dezember unterschrieben und besiegelten die pommerschen und mecklenburgischen<br />
Herzöge die Bundesurkundc; <strong>der</strong> polnische König bestätigte das Bunonis<br />
am 18. Januar 1'»25 zu Pctrikau. Mschr.jt des Vertrages Slcttincr Archiv l künftig<br />
aligelmz! St. Arch ) 1'. l, Tit. 8, Nr. 1, tol. 2.!, gedruckt z. V. Lchoettgen u. Krelimg.<br />
Diplomala et LCiiptore» liläloi-iae Oel-maincae meäii aevi, ^onml; III. Altenburg<br />
1760, S. 256. Nc. 2Uä.<br />
') v. Me dem. S. 79. Lisch, Mecklenburgische Jahrbücher XX, S. 114.<br />
' » Lisch, S. 99.<br />
*) Lisch, S. 10l—104 Friedensburg, Der Reichstag zu Sveier 1526.<br />
Berlin 1887. 3. 73
Pommerns Verhältnis zum E ämialkal bischen Bunde. 5<br />
Bereits seit einiger Zeit unterhielten die pommerlchsn und mecklen-<br />
burgischen Fürsten rege Beziehungen zum sächsischen Hofe. Heinrich von<br />
Mecklenburg war <strong>der</strong> vertrauteste Freund Johanns: beide, energische<br />
Anhänger <strong>der</strong> Reformation, fühlten sich zueinan<strong>der</strong> hingezogen nnd<br />
stauden in regem uud herzlich gehaltcucm brieflichem Verkehr. Auch Barnim<br />
von Pommern war dem sächsischen Kurfürsten nicht fremd; er hatte in<br />
Wittenberg studiert, wo er auch die Reformatoren und ihre Lehren kennen<br />
gelernt hatte. Indem er sich aus;crdem, olme daß die Vermittlung Heinrichs<br />
von Mecklenburg dabei gefehlt hätte, am 2. Februar 1:')^.') mit Anna, <strong>der</strong><br />
Tochter Heinrichs von Lüneburg uud <strong>der</strong> Nichte Friedrichs des Weisen,<br />
vermählte, trat er in eine nahe Verbindung mit Sachsen nnd hiermit vou<br />
selbst in Beziehungen zu an<strong>der</strong>en evangelischen Mrstcu. Eo köuueu wir<br />
uns nicht wnn<strong>der</strong>n, daß die Evcmgcllscheu m ihrem Bcstrcbcu. dem Juli<br />
1525 von <strong>der</strong> katholischen Partei gegrüudeteu Dessauer Buude auch ihrer'<br />
seits eine Vcreiuiguug <strong>der</strong> Auhäuger Vuthers entgegenzustellen, ans<br />
Pommern als auf eiucu küufngeu Bundesgenossen ihre Augcu richteteu.<br />
Dabei übersahen sie freilich, daß
N Pommerns Verhältnis zum Schmal kaldiscken Bunde.<br />
Anschluß an den Hörterschen Vnnd. Seine Absicht lief alw daranf hinans,<br />
diesen Bund, <strong>der</strong> ohne jcde religiöse Tendenz gegründet worden war, mit<br />
evaugeli'aien Elementen zn durchixen nnd so seinen Zwecken dienstbar zu<br />
machen.') ?ies war <strong>der</strong> s^rnnd, weshalb er seinem Frennde Heinrich<br />
von M'eckleuburg nnd ebenso den pommerschen Hei zögen riet, in dies<br />
Vimdnis sich zu begeben. Er selbst wollte sich dann um Aufnahme in den<br />
Bund bewerben, nm darin den Evangelischen einen dominierenden Einstich<br />
zn verschaffen. Der Wnnsch des Kurfürsten gab für die Herzöge den<br />
Ausschlag. Auf einer Tagefahrt <strong>der</strong> Bnndesglie<strong>der</strong> zn Hannover am<br />
15. Dezember 1525 fand somit die Aufnahme Mecklenburgs nnd Pommerns<br />
statt. Beide traten dem Bnnde auf !
Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldilclml Bunde. 7<br />
wenn sie ihnen die wahre Tendenz ihres Bundes verheimlichten, da es ans<br />
<strong>der</strong> Hand lag, daß diese schwerlich einem Vnnde beitreten winden, <strong>der</strong><br />
seine Spitze richtete gegen Fürsten, wie die von Sachsen nnd ^üncbnrg, die<br />
mit ihnen verwandt und befreundet waren.') Die gaben vor, ihr Bnnd<br />
habe die Verteidigung <strong>der</strong> gemeinsamen fürstlichen Interessen gegen die<br />
Ansprüche und Gewalttätigkeilen <strong>der</strong> unteren Schickten <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
zum Ziele, wie sie soeben im Bauernkriege fnrchtbar hervorgetreten waren.<br />
Dieser Vorwand schien ihnen schon deshalb Erfolg zn versprechen, weil<br />
die Herzöge im Innern vielfach mit wi<strong>der</strong>strebenden Elementen zu kämpfen<br />
hatten. Schon schrieben sie für den so. Fcbrnar 15W eine Tagefahrt<br />
nach Halle aus, um hier die Herzöge vou Pommeru ihrer Vereinigung<br />
zuzuführen.') Vergebens warnte Heinrich von Mecklenbnrg, <strong>der</strong> sich immer<br />
eines beson<strong>der</strong>en Einflusses auf die Herzöge erfreut hatte, vor dem Besnche<br />
dieser Versammluug. Herzog Georg von Pommern machte sich zur<br />
Reise nach Halle auf; <strong>der</strong> Beitritt znm Dessauer Bnnde nnd damit ohne<br />
Zweifel eine heftigere Verfolgung <strong>der</strong> evangelischen ^ehrc in Pommern wäre<br />
die Folge gewesen. Doch da^n sollte es nicht lommen; als er ans den:<br />
Wege dorthin erfnhr, die Versammlnng sei nm vierzehn Tage verschoben,<br />
kehrte er um und begnügte sich damit, Gesandte zu schicken; aber die Ver-<br />
sammlung kam überhaupt nicht zustande. Auf eiller Zusammenkunft, die<br />
Heinrich von Mecklenburg mit den Pommeruherzögen bald hatte, versänmte<br />
er nicht, ihnen wegen ihrer unzuverlässigen Haltung „die Veviten zn lesen".°)<br />
Ungefähr zu <strong>der</strong>selben Zeit, als die katholische Versammlung zu Halle<br />
tagen sollte, hatten Philipp von Hessen und Johann von Sachsen, benn-<br />
ruhigt durch die feindselige Haltung des Dessaner Anndcs, eine Zusammen-<br />
kunft in Gotha, nämlich am 27. Fcbrnar 15W. Sie hatten sich ver-<br />
geblich bemüht, auf dem Augsburger Reichstage, auf dem auch Pommern<br />
durch Abgesaudte vertreten war, unter den Evangelischen eine Vereinigung<br />
zu bilden uud damit die in Friedewald verabredeten Pläne zur Durch-<br />
führung zu bringen. Die Differenzen unter den lutherischen Ständen<br />
waren noch zu groß; die Gefahren, die ihnen von <strong>der</strong> Gegenpartei drohten,<br />
schienen nicht bedeutend genug zu seilt, um sie fest aneinan<strong>der</strong> zu ketten.<br />
Hier in Gotha schlössen nuu die beldeu Fürsten ei,le enge Verbindung,<br />
welche die Basis für einen alle Lutherischen umfassenden Bund bilden sollte<br />
Mau nannte bereits die Stände, die für diese Bundesgenossenschaft in<br />
Frage kommen könnten; unter denen, auf die Kurfürst Johann in diesem<br />
Sinne einen Druck auszuüben versprach, befand sich auch Pommern/)<br />
') Friedensburg, Der Reichstag zu ^peier, S. 68.<br />
' » Friedensburg, Zur Vorgeschichte, S. 100.<br />
^ Friedensburg, Ter Reichstag zu ^peier, S. 69.<br />
*1 Friedcntzburg, Zur Vorgeschichte, >Z. l06 fs
A Pommerns Verhältnis zum Schmalfaldischkn Bunde<br />
Sowohl selbst als auch vor allen Dingen durch die Vermittlung des<br />
mecklenburgischen Herzogs sehte <strong>der</strong> Kurfürst alle Hebel iu Bewegung,<br />
Pommern für die Jache <strong>der</strong> Evangelischen zu gewinnen. Schließlich lud<br />
man die beiden Herzöge zu einer Versammlung <strong>der</strong> dem Evangelium zu-<br />
getanen Mitglie<strong>der</strong> des Hörtcrschen Bundes auf den 10. Juni nach<br />
Magdeburg, um hier ihre» und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Anwesenden Anschluß an das<br />
Golhaer Bündnis herbeizuführen. Nachdem es nämlich dem Kurfürsien<br />
nicht geglückt war, den ganzen Vivpeschcn Bund zn gewinnen und seinen<br />
Zwecken dienstbar zu machen, ging er darauf ans, wenigstens den Teil<br />
desselben, <strong>der</strong> nicht uubediugt <strong>der</strong> alten Religion anhing, in das Gothaer<br />
Bündnis einzubezieheu, und dazu sollte jeue Versammlung zu Magdeburg<br />
dienen. Und er erreichte in <strong>der</strong> Tat hier einen Zusammenschluß <strong>der</strong><br />
Evangelischen; doch sollten seine Erwartuugeu uicht völlig in Erfüllung gehen:<br />
die Herzöge von Pommern, die für den Bund zu gewinnen ihm seit<br />
längerer Zeit ganz beson<strong>der</strong>s am Herzen gelegen hatte, erschienen nicht auf<br />
dem Tage; unter dem nichtigen Vorwande, sie müßten einen Landtag ab-<br />
halten, schrieben sie am 2
Pommerns Perbältnis zum Schmalkaldischen Vundr. 9<br />
sie ihm, er moge sie ans dem in nächster Zeit stattfindenden Neichstag zu<br />
Speier in ihren Händeln mit Knrbrandenbnrg unterstützen.<br />
Das wichtigste Moment aber, das sie davon alihielt, sich den Gothaer<br />
Verbündeten zuzngesellcn, scheint ihre Besorgnis gewesen zu icin, sich dnrch<br />
einen solchen Schritt das Mißfallen des Kaisers zuzuziehen. Die Dessauer<br />
hatten dell Herzog Heinrich von Wolfenbüttel nach Spanien geschickt, nm<br />
den Kaiser zum Einschreiten gegen die ^ntherischen zn bewegen. Karl V.<br />
gab ihm denn anch eine Weisung mit, es sollten alle Fürsten, die noch<br />
nicht dem Luthertum verfallen wären, ermahnt werden, beim althergebrachten<br />
Glauben zu verharren; er sei entschlossen, in drei Monaten aus Spanien<br />
nach Deutschland zu kommen, nm den lutherischen „Aberglauben nnd die<br />
Gotteslästerungen för<strong>der</strong>lich auszutilgen". Zu deu Ständeu, an die diese<br />
Auffor<strong>der</strong>ung ergehen sollte, gehörte auch Pommerns) Heinrich von<br />
Wolfenbüttel selbst übernahm es, den Fürsten den Befehl des Kaiicrs mit-<br />
zuteilen. Ende Mai 1ö^^) hatte er in Berlin eine Unterrcduug mit<br />
Joachim von Brandenburg, um dessen Eiser für die katholische Sache noch<br />
mehr anzustacheln. Es liegt nun zwar kein ausdrückliches Zeugnis vor,<br />
daß er auch mit Pommern in Verbindung getreten ist. Doch kann man<br />
als höchst wahrscheinlich annehmen, daß er von Berlin ans an die Herzöge<br />
geschrieben und sie nnter Drohungen dringend ermahnt hat, beim alten<br />
Glauben zu bleiben. So schickten denn ans Furcht vor <strong>der</strong> Nache des<br />
Kaisers die Pommern, wie oben gesagt, am Lss. Mai unter dem Vorgeben,<br />
daß sie einen Vandtag abzuhalten dringend nötig hätten, ihr Absageschrciben<br />
an die Gothaer, sei es, daß sie jenes Schreiben Herzog Heinrichs schon erhalten<br />
hatten, sei es, daß ihnen dnrch sonstige Kunde <strong>der</strong> Entschluß des Kaisers bekaunt<br />
geworden war. Wenngleich in ihren Hoffnungen getauscht, gaben doch die<br />
Evangelischen in Magdeburg die pommerschen Herzöge noch nicht auf:<br />
Heinrich von Mecklenburg versprach seinen ganzen Einfluß einzusetzen, uni<br />
sie dem Bunde zuzuführen. 2)<br />
Diese Erwartung sollte sich jedoch als ein arger Wahn erweisen.<br />
Wir haben für die nächsten Jahre kein Zeugnis, woraus hervorginge, daß<br />
Pommern die Beziehungen, in denen es schon mit den Evangelischeu stand,<br />
weiter gepflegt habe. Im Gegenteil, manches spricht dafür, daß es sich<br />
immer mehr von ihnen abgewendet hat und zwar nicht zn seinem Nuyen,<br />
wie wir urteilen müssen; denn <strong>der</strong> Gothaer Bund wäre ohne Frage<br />
geeignet und imstande gewesen, die Herzöge gegen die Ansprüche des streng<br />
katholischen Joachim von Brandenburg zu schützen. Dieser Streit mit<br />
Brandenburg stand in den nächsten Jahren im Mittelpunkte <strong>der</strong> ftommerschen<br />
») Friedensburg, Der Reichstag zu Speier, S. 8l ff.<br />
2) Friedens burg, Ter Reichstag zu ^ pcier, E. W.<br />
^) Friedensburg, Der Reichölag zu Speier, S. 93.
m Pommerns Verhältnis zum Scbmaifaldischeu Bunde.<br />
Politik und drängte alle an<strong>der</strong>en Interessen in den Hintergrund. Anstatt<br />
sich durch engen Anschluß an die Gotbaer die Hülfe dieses Bnndes zu<br />
sichern, sehen wir die Pommern ihre Hoffnung beson<strong>der</strong>s auf den Psalter<br />
sekcn. l) Doch diesem gelang es nicht, jene Hoffnung zu erfüllen. Auf<br />
dem Reichstage zu Speier, wo Herzog Georg am s.'5. August 15)^6 ein-<br />
traf, konnte er den Zweck seines Erscheinens nicht erreichen, den langjährigen<br />
Ha<strong>der</strong> mit Brandenburg zu erledigen uud sein Scssionsret als Nelchs-<br />
stand zur Anerkennung zn bringend) Denselben negativen Erfolg batte<br />
die Tagsfahrt zu Iüterbog am L4. März/j obwohl Gesandte ans Polen,<br />
Mainz, <strong>der</strong> Pfalz uud Böhmen sich um das Zustandekommen einer Ver-<br />
söhnung bemühten; ein Krieg zwischen den beiden streitenden Territorien<br />
schien bevorzustehen/) Kaiserliche Mandate schärften den Ncichsfriedcn ein<br />
und geboten den Herzögen, sich mit dem Kurfürsten zu vertragen. Aber<br />
ans die Bedingungen, unter denen dieser den dauerudcu Kriegszustand<br />
bccndcn wollte, glanbten sie nickt eingehen zu dürfen, lim ihre Gründe<br />
dem Kaiser auseman<strong>der</strong>zusetzeu und sic vor desscu Uugnade zu schützen,<br />
wählten sie Heinrich von Ärannschweig, den tätigen Vorkämpfer des<br />
Katholizismus, zum Vermittler. Dieser scheint damals sogar auf die<br />
innere Politik Pommerns Einfluß ausgeübt zu habeu: auf dem Landtage<br />
von Stettitl im Jahre 152? ermahnte er nebst an<strong>der</strong>en Fürsten die<br />
pommericheu ^andstände zur Eintracht mit ihren Herren?)<br />
Eintracht zwischen Fürsten und Untertanen war jetzt in <strong>der</strong> Tat<br />
nötiger als je, denn <strong>der</strong> Streit mit Ärandenbnrg nahm eine immer<br />
drohen<strong>der</strong>e Gestalt ein. Der Reichstag von Negensburg, zu dem Georg<br />
am 18. März 1528 aufbrach/) und auf dem von neuem <strong>der</strong> Versuch<br />
einer Schlichtung des brandenburgijch-ftominerschen Zwistes gemacht werden<br />
sollte, kam durch die Eckuld des Kaisers zum großen Verdruß <strong>der</strong> pommerschen<br />
Herzoges nicht zustande.^ Auch auf dem Reichstage zu Speier, wo Georg<br />
am 12. April 1529 eintraf, gelang es ihm trotz aller Bemühungen und<br />
l) Am 2. April 1526 bat Pommern den Kurfürsten von <strong>der</strong> Pfalz, Georg in<br />
Sveier in den Händeln mit Brandenburg zu unterstützen. Friedensburg, Der<br />
Rcickstass zu Speier, S. 206, Aum. 1 u. S. 459.<br />
^ (5s slchen zwar bei<strong>der</strong> Herzige Namen unter dem Reichsabschiede, Dante,<br />
Die Vnilstimmen im Neichs-Fürstemal von 1495-1654. Breslau 1882, S litt; aber<br />
Joachim l. machte ihnen ibr Sessionsreckt sNeitiss.<br />
^) Wolg. Arch. Tit. 34, Nr. 1, toi. 69. Vuchboltz, Versuch einer Geschichte<br />
<strong>der</strong> Ehlirmarck Bianoenbura. Berlin 1767, Hl, 319.<br />
') Bnrthold IV 2, S. 202.<br />
") Kauhow, Cbronik von Pommern in Nie<strong>der</strong>deutscher Mundart, hrSg von<br />
Böhmer. Stettin 1835, S. 172.<br />
e, Mola. Arch. Tit. 34. Nr. 1. fol. 73.<br />
') Piatto. Kantzow, S. 173.<br />
'' V.rssl. Egelhaas, Deutsche Geschickte im sechzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t bis zum<br />
Augsburger Religionsfrieden, 2 Bdc. Stuttgart 1692, 11, S. 77.
Pommerns Verhältnis zum ^cknmlkaloischen Vnndr !1<br />
obwohl er ans <strong>der</strong> Hinreise Braunsckweig berührt nnd sich die Unterstützung<br />
Heinrichs gesichert hatte, nicht, die Angelegenheit zn entscheiden.') Pommnn<br />
litt schwer unter dem fortdanerndcn Kricgs.^lstalldc. Elldlich glncktc es dcr<br />
vermittelnden Tätigkeit dcr Herzöge Erich und Heinrich von Braunschweig,<br />
von denen letzterer die Partei Pommerns vertrat/) am 2. Angnst l5)^i)<br />
durch den Vertrag von Grimniy den langjährigen Ha<strong>der</strong> zu beenden.^)<br />
Sollte Heinrich von Braunschweig wirklich die Muhe <strong>der</strong> Vermittlung<br />
auf sich genommen haben ans bloßein Wohlwollen fnr Pommern, ohne<br />
alle eigennnl.ngen Hintergedanken? Zwar stand scit lange seinc Dynastie<br />
mit dcr pommcrscken in Vcrdindnng nnd in dem Verhältnis dcr Erbeinnng;<br />
allein es durfte doch die Annahme nicht allzu gewagt sein, daß er, <strong>der</strong><br />
rührige Bctämpfer <strong>der</strong> reformatorlichen Ideen, bcide Mächte in erster Linie<br />
aus dem Grunde versöhnen wollte, damit sic ihre Kraft iu deu Dienst dcs<br />
katholischen Gedankens stellen könnten. Denn das war doch Nar: solange<br />
die Feindschaft dcr pommerschen Herzöge mit Brandenburg bestand, bildete<br />
diese stets ein großes Hin<strong>der</strong>nis für <strong>der</strong>en Anschluß an den Dessaner Vnnd,<br />
da Joachim I. in ihm eine einflußreiche Nolle spielte.<br />
In <strong>der</strong> Tat war nach dem Abschlüsse dcs Grimnitzcr Vertrages die<br />
Wahrscheinlichkeit groß, daß Georg von Pommern, <strong>der</strong> stets dem katholischen<br />
Glauben treu zugetan geblieben war, sich dem Dessauer Bunde anschließen<br />
und energisch für den Katholizismus wirken würde, wobei er seineu Bru<strong>der</strong><br />
Barnim wohl zu <strong>der</strong>selben Stellungnahme veranlassen zu können glaubte.<br />
Doch gerade letztere Annahme erwies sich als irrig. Barnim, solange von<br />
seinem älteren Bru<strong>der</strong> Georg in Schatten gestellt, wollte sich endlich von<br />
dessen Bevormundung emanzipieren und for<strong>der</strong>te die Teilung des Herzog-<br />
tums. Es war klar, daß bci dieser Feindschaft und den divergierenden<br />
Neigungen <strong>der</strong> beiden Fürsten — Barnim war gemäß seinen verwandtschaft-<br />
lichen Beziehungen mehr <strong>der</strong> lutherischen Sache zugetau — Pommeru teine<br />
einheitliche Politik konsequent durchführen konnte. Schon aus bloßer<br />
Oppositionslust verfolgte Barnim die entgegengeschten Tendenzen wie sein<br />
Bru<strong>der</strong>. Ostentativ suchte er Anschluß au die Evangelischen. Als im<br />
Iauuar 1530 Georg in Berlin weilte, um seine Hochzeit mit einer<br />
brandenburgischen Markgräfiu zu feieru, reiste Barnim zu seinen Frennden<br />
') Vergl. Ney, Geschickte des Reichstags zu Speier im Jahre 1529. Speier<br />
1979, S. 49. K6 Der Ailsa.lelchuna.5venuck ickeiterl«: mchl daran, dnh Joachim von<br />
Brandenburg abwesend war, mie Va riho ld lV2. S. 21? (mmmmti dieser war im<br />
Gegenteil persönlich erschienen. Thomas, Martin Luther und die<br />
bewossimg in Deutschland vom Jahre 1520-1532 in Auszügen aus Marino<br />
Diarien. Ansback 18^, ^. 151.<br />
') Platld. Kantzow, ^.174: hertoch hinrik van Vrunsckwik sloq sick jn den<br />
Handel van wegen unser Hern.<br />
') Vari hold lV2, S 217
12 Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldischen Vunde.<br />
und Verwandten nach Mecklenburg und Lüneburg und fragte sie um Nat,<br />
wie er sich seinem Aru<strong>der</strong> gegenüber sein NcclU wahren könne. Ja, später<br />
ließ sich Barnim sogar fremde Nate ans Lüneburg verschreiben.')<br />
Inzwischen waren die Herzöge vom Kaiser fin den ft. April 1530<br />
auf den Reichstag zu Augsburg zum Empfange <strong>der</strong> Regalien und Lehen<br />
geladen. Im Beisein des brandenburgischen Kurfürsten") empfingen sie am<br />
^l'>. Juli 1530 feierlich ihr Herzogtum zu Vehcn/) eiu M. <strong>der</strong> für sie<br />
die Bestätigung des Grimuivcr Vertrages durch deu Kaiser bedeutete.<br />
Selbst in diesen Tagen gab sich <strong>der</strong> Gegensatz <strong>der</strong> beiden Brü<strong>der</strong> zu<br />
erkennen. Währcud Georg geflissentlich mit entschiedenen Anhängern <strong>der</strong><br />
alten Lehre, mit Brandenburg, Georg von Sachsen und Bmiern Umgang<br />
pflegte, hielt sich Barnim mehr zu Kursachseu und den an<strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong>n<br />
des Gothaer Bündnisses.*)<br />
Daß diese sich <strong>der</strong> wohl begründeten Hoffnung hingeben konnten,<br />
Barnim zu ihrer Partei herüberzuziehen, trat bald deutlich hervor. Durch<br />
den ihueu feiudlicheu Abschied des Llugsburger Reichstages aufs höchste<br />
beunruhigt, kamen tue Häupter <strong>der</strong> Evangelischeu noch m den letzten Tagen<br />
des Jahres !5>3l) in Schmalkaloen zusammen, um die Fundamente eines<br />
gemeinsamen Schutzbündnisses zu legen. Den Versammelten schien wie<strong>der</strong><br />
die Zeit gekommen zu sein, da mau auf eine Parteinahme Pommerns,<br />
o<strong>der</strong> besser gesagt, Barnims von Pommern, für die evangelische Sache<br />
rechneu dürfe: es wurden Stimmen laut, die ihn als ihren künftigen Ver-<br />
bündeten bezeichneten.") Und iu <strong>der</strong> Tat, Barnim bewies bald, welcher<br />
Partei seine Sympathien gehörten; als die Protestante» Ende März 1531<br />
ihre zweite grosie Versammlung zu Sänualkaldeu hielten, liess er sie wissen:<br />
falls sein Bru<strong>der</strong>, von dem die Protestante» tätige Teilnahme an dem<br />
Kriege gegeu sie befürchteten, „aufgebiete, da wolle er nie<strong>der</strong>gebieten." Für<br />
jetzt freilich sah er sich noch gezwungen, den Beitritt zu ihrem Bunde<br />
aufzuschieben, „weü er noch mit seinem Bru<strong>der</strong> in ungeteilten Gütern<br />
sitze/'') Er betrieb dann eifrig die Vorbereitungen zur Teiluug des Landes<br />
und bat, um seine Position zu verstärken, heimlich seinen Schwager<br />
') Plattd. Kantzow, S. IM f.<br />
') St. Arch ?. I, Tit. 30, Nr. 2, vol. I, sol. 3t.<br />
2) (loläadt., politica ilnpel-ialiL. Kranen tinti 1614, S. 361.<br />
*> Vartbold IV 2. S. 223.<br />
Winckelmann, Der Sckmalfaldiscke Bund 3530-1532 und <strong>der</strong> Nürnberger<br />
Slrakdurg 1692, S. 56.<br />
°) Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter <strong>der</strong> Neformatwn. 3. Vd, 5. Aufl.<br />
1875, S 351. Politische Korrespondenz <strong>der</strong> Stadt ^lratzburg im Zeitalter<br />
<strong>der</strong> Neiormation. 2 Band bearbeitet von Winckelmann. Strasburg 1897, S. 29:<br />
sein Bru<strong>der</strong> a!5 <strong>der</strong> ältere habe (noch) das Regiment zum Mehrtei! in seinen Händen.
Pommerns Verhältnis znm Schulalkaldischen Bunde. 13<br />
Ernst von Lüneburg nach Stettin znm Landtage, als Georg plötzlich ans<br />
dem Leben schied (l0. Mai 1531).')<br />
Durch den Tod Georgs war die Zachlayc sehr vereinfacht. Ungehin<strong>der</strong>t<br />
hätte Barnim jetzt seilten Eintritt in den 3chmalkaldischeu Vnnd bewerk-<br />
stelligen können; doch hören wir in den nächsten Jahren nicht, daß er<br />
irgendwelche Schritte in dieser Nichtuug unternahm.") Ebensowenig tonnte<br />
er sich entschließen, öffentlich znm Protestantismus überzutreten. Er war<br />
ohne Zweifel eine wenig konsequente und übcrzeuguugstrcue Natur; wahr-<br />
scheinlich hatte er zu Lebzeiten (Georgs nur aus dem Grunde mit dem<br />
Schmalkaldischen Buude sympathisiert, um an ihm einen Mckhalt gegen<br />
Georg zu haben. Dem Lebensgenüsse ergeben/) konnte er sich nicht zu<br />
einer energischen und bestimmten Politik aufraffen; bald schien er <strong>der</strong> ltcueu<br />
Lehre günstig, bald abhold zu sein/) Unter diesem Znslande <strong>der</strong> Unsicherheit<br />
aber litt das Land außerordentlich; niemand war sich klar, wes er sich bei<br />
<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>sprechenden Haltung des Herzogs zu versehen habe. Die Ver-<br />
wirrung stieg aufs höchste; <strong>der</strong> größte Teil des Volkes, beson<strong>der</strong>s in den<br />
Städten, hing <strong>der</strong> Reformation an, die Katholischen machten dort, wo sie<br />
die Macht in den Händen hatten, diese rücksichtslos und gewalttätig geltend.<br />
Auch <strong>der</strong> Sohn Georgs, Philipp, <strong>der</strong> mfolge <strong>der</strong> Erbleilung vom<br />
21. Oktober 15)33 Pommern-Wolgast erhielt,^ konnte bei seiner Jugend<br />
und Unerfahrenheit — er war erst 16 Jahre alt — <strong>der</strong> allgemeinen<br />
Unsicherheit nicht steuern. Er befolgte vorerst die Mahnung sclucs Ver-<br />
wandten, des Pfatzgrafeu, au dessen Hof cr sich lauge aufgehalten hatte,<br />
<strong>der</strong> katholischen Neligiou anhängig zu bleiben, ohne die Anhänger des<br />
neuen Glaubens zu verfolgen/) Daß die Wi<strong>der</strong>spenstigkeit <strong>der</strong> Stände,<br />
namentlich <strong>der</strong> Städte, einen hohen Grad erreicht hatte, geht schon daraus<br />
hervor, daß Barnim seinem Neffen vorschlug, all f <strong>der</strong> am 21. März 156 l<br />
zu Alfeld stattfindenden Tagefahrt des hözterschen Bündnisses die Hülfe<br />
<strong>der</strong> Äundesverwandten gegen die eigenen Städte anzurufen. Die Herzöge<br />
scheinen damals wie<strong>der</strong> in lebhaften Beziehungen zu Heinrich von Braum'chweig,<br />
') Varthold IV2, S 228 f.<br />
2) Völlig freilich hone die Verbindung Pommerns mit ben Häupte,» <strong>der</strong><br />
auch ictzt nicht auf. Ver^l. Mai burger Archiv, Atlcu dc5 Mandarmeli<br />
Plnllpp. Briefwechsel mit Pommern 15^1-l567, tal. 5, 6, 7, U. ^kcuda s,.l. n<br />
lodl Philipp von Hrssen Vavnims Verhalten bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>cinsemmg Ulrichs von<br />
Württemberg.<br />
2) Varthold IV2, S. 222 u. 233, Anm. 1.<br />
*) Vergl. Wehr m a u n , Dle pommersche Kirchenordnung von 153.V Haltische<br />
Studien 43, S. 129.<br />
5) Varthold IV 2, S 239<br />
°) Cramer III, S. 96, uach Jakob Runge, Lrsvi8 äsZissuatio eä.<br />
Valt. Stud. N. g. VI, S. 61. Wolg. Arch. Tit. Ill, Nr. 10, kol. 110.
14 Pommerns Verhältnis zum Schmalkaloischen Bunde.<br />
dem Hauptmann des Höxterschen Bundes, gestanden zu haben, Barnim<br />
nennt ilnl ihren vertrauten Freund.') Die reformatorischen Ideen,<br />
zu denen namentlich infolge des durch WuNenweber für einige Zeit herbei-<br />
geführten mächtigen Aufschwunges <strong>der</strong> Demokratie im Norden Deutschlands<br />
demokratische Bcstrcbnugen m den Städten Pommerns hiuMraten, waren<br />
eben zn stark, als daß die Herzöge sie mit ihren eigenen schwachen Mitteln<br />
dämpfen konnten. Machtlos den eigenen Untertancu gegenüber, iu fort-<br />
währende Streitigkeiten territorialer Art mit Brandenburg verwickelt, wie<br />
sie die Nachbarschaft bei<strong>der</strong> Läudcr mit sich brachte/) glaubten die Herzöge<br />
sich nnr dadurch retten zn können, daß sie auf dem Landtage zu Treptow a. N.<br />
im Dezember 15,^4 die Reformation einführten^) — ein Schritt, zn dein<br />
sie von den Fürsten von Vüucburg und Sachseu mit dem Hinweis auf dic<br />
CrNartung des Protestantismus durch die Zuruckfuhruug Ulrichs von<br />
Württemberg ermuntert wareu/) Der Laudtag nahm die vorgcschlageue<br />
Kirchenoronnng an, nur über die Verwendung <strong>der</strong> geistlichen Hüter einigte<br />
man sich nichts)<br />
Kapitel II.<br />
Verhandlungen über den ßintrilt Pommerns in das öchmalkaldische<br />
Bündnis bis znr förmlichen Znfnahme.<br />
Fast überall im Lande fand nuu die Reformation Aufuahmc^) aber<br />
uugefahrlich für die Herzöge war ihr Übertritt zum Protestantismus keiucs-<br />
weg«. Nuter dem Adel, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong> Hoffnung ans die Kirchcugütcr<br />
betrogen und sich fortau von <strong>der</strong> Ansstammg mit Pfründen ausgeschlossen<br />
fad, gärte es bedenklich; die dcr katholischen Vchre treu gebliebenen Prälaten<br />
nnter <strong>der</strong> Führuug des Bischofs Erasmus v. Mauteufsel sahen uud fanden<br />
in lhin ihren Schirm und schürten in ihren, (Hrimm jeden Wi<strong>der</strong>staud<br />
gegen die neue Ncligiou uud die Herzöge, die sie nunmehr Vertratelt. Uno<br />
was das Schlimmste war, hinter den Anhängern <strong>der</strong> alten ^ehre standen<br />
') Medem, Geschichte <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> evangelischen Lehre im Herzogtum<br />
Pommern. Oreifswalo 1837, S. 139, 142 s.<br />
', Plattd. Kantzow, S. 206.<br />
') Philipp gesteht Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 10, 5ol. 110 selbst, dah die drohende<br />
Empörung ihl ev Untertanen sie in erster i/inic zur Annahme des Evangeliums bewogen hat.<br />
') Barthold IV 2. S. 2d8.<br />
") Gra ebert, Der Landtag zu Treptow a. d. Nega. Berlin 1900, S. 26 f.<br />
Beintler, Beiträge zur Gcsänckte <strong>der</strong> Reformation in Pommern. Balt. Etud.<br />
N. F. V, S. 223<br />
°) Kawerau, Briefwechsel des Iustus Jonas. Halle 18N4. I, S. 221.
Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldischen Bunde. l k><br />
schlitzend die katholischen Mächte im Reiche, die sich leicht in die pommerschen<br />
Verhältnisse einmischen konnten, da <strong>der</strong> Nürnberger Neligionsfriede nur<br />
für diejenigen gelten sollte, welche sich zur Zeit seines Abschlusses für die<br />
evangelische ^ehre erklärt hatten, nicht auch für die künftig Hinzutretenden.^)<br />
Eine solche Intervention zugunsten <strong>der</strong> Katkoliken des Herzogtums ließ<br />
denn auch nicht lange auf sich warten. Schon am 8. April 1535 schrieb<br />
von Wien aus König Ferdinand an die Herzöge und ermahnte sie, den<br />
Klöstern und Stiften ihre Güter zu restituieren und niemand in seinem<br />
Besitze zu stören.') Und um solchem Äegehreu noch mehr Nachdruck zu<br />
verleihen, erließ das Neichskammergericht zn Speier auf die Klage des Abtes<br />
des Klosters von Alten-Kamp, dessen Tochterkloster Neuen-Kamp halb mit,<br />
halb ohne Willen dcs letzten Abtes von den Herzögen eingezogen worden<br />
war,°) am tt. Mal 1535 eill Mandat, dem am 55. November ein zweites<br />
folgte, des Inhalts: Barnim und Philipp sollten bci Strafe uou 5l) Mark<br />
Goldes den ^andtagsbeschlllß vmi Treptow wie<strong>der</strong> aufheben und mit <strong>der</strong><br />
Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> religiösen Verhältnisse anhalten/) Eine Abschrift dieses<br />
Erlasses sandte <strong>der</strong> Abl von Alteu-Kamp au die pommersche Ritterschaft<br />
mit <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung, sich <strong>der</strong> Kircheuveräu<strong>der</strong>ung zu wi<strong>der</strong>setzend) Zugleich<br />
ließ <strong>der</strong> Bischof voli Kammin unschwer erkennen, daß er danach trachtete,<br />
sein Verhältnis zu Pommern zu lösen uud die Neichsunmittelbarteit zu<br />
erwerben, wobei ihm offenbar katholischerseits tm Neiche lebhafte Ermunterung<br />
zu teil wurde.6)<br />
Was sollten nun die beiden Herzöge beginnen? Jetzt, da sie nach<br />
<strong>der</strong> Erkenntnis <strong>der</strong> Unmöglichkeit, die Reformation nie<strong>der</strong>zuwerfen, sie<br />
öffentlich und in aller Form angenommen hatten, hätten sie, wenu sie dem<br />
Befehle des Neichskammergerichts nachgekommen wären, ihr Land einem<br />
Zustande vollständiger Auarchie überliefert; waren sie dem Machtspruche<br />
ungehorsam, staud Exekution zu befürchten. In dieser Not gab es sur sie<br />
kein an<strong>der</strong>es Rettungsmittcl, als sich dem Schmalkaldischen Bunde iu die<br />
Arme zu werfen, <strong>der</strong> allein die Macht hatte, sie gegen die Vollstreckung<br />
des reichskammergerichtlichcn Urteils zu schutzeu.^)<br />
Das erste Zeugnis für die Absicht <strong>der</strong> Herzöge, dem Schmalkaldischeu<br />
Bunde beizutreten, liegt in einem Schreiben Philipps an Barnim vom<br />
') Ggelhaaf II. S. 219 f.<br />
^ K. St. A. Wetzlar: Preuken l.it- k. N. 42a,2s)7, fai. 183.<br />
2) Vart hold IV 2, S. 278 s.<br />
«) St. Arch. ?. I. Tit. 1. Nr. 5, lo!. 28-32.<br />
b) u. Medem, S. 197.<br />
b) Barthold IV2, S. -274.<br />
') Philipp bezeugt Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 10, sol 111, daß es die kammer-<br />
Kerichtlichen Verfolgungen waren, die sie zwanqeil, „den protestu enden Slimdcn zu<br />
a d ha'n ren".
Ift Pommerns Verhältnis zum Sckmattaldischen Bunde.<br />
Itt. Juli 15^5 vor.^) Philipp bezieht sich auf einen Brief Barnims, in<br />
dem dieser schon den Gedanken einer Verbindung mit Sachsen erörtert<br />
hatte. Es ist weiter die Rede von einem Konsilium in Wittenberg, wo<br />
mit Sachsens Hülfe vermutlich die zwischen Pommern und Ärandenburg<br />
schwebenden Differenzen beseitigt werden sollten/) ferner von einer dem-<br />
nächst abzuschickenden Gesandtschaft nach Speier, wahrscheinlich in Sachen<br />
des reichslammergerichtllchcn Urteils. Da sie wegen Annahme des Evangeliums<br />
Kämpfe zu bcfürchteu hatten, erklärte sich Philipp mit Barnims Plan ein-<br />
verstanden, „den Kurfürsten von Sachsen zu beschicken und sich mit seiner<br />
Lieb und an<strong>der</strong>en, so <strong>der</strong> rechten christlichen Ncligiou zugetan, in freund-<br />
liche Verständnis zu ihrer nnd <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Errettung, so des Evangelii<br />
halben angefochten mochten werden, einzulassen/'<br />
Um die beabsichtigte Verbindung mit Sachsen fester und inniger zu<br />
gestalten, faßte Philipp mit Eifer den Plan, die Schwester des sächsischen<br />
Kurfürsten heimzuführen. Die dazu nötigen Vcrhandlungeu zu fuhren,<br />
war niemand geeigneter, als Johann Ängeuhagen wegen seiner Verbindungen<br />
und seines Ansehens in Wittenberg, es war ihm Herzensbedürfnis, sein<br />
geliebtes Heimatland, das in den (Aeist <strong>der</strong> Reformation einzuführen er<br />
sein Bestes getan hatte/), in ein inniges Verhältnis zu den übrigen<br />
Evangelischen zu bringen; von thm ist vielleicht <strong>der</strong> Gedanke einer ver-<br />
wandtschaftlichen Verbindung des sächsischen und pommerschen Hauses aus-<br />
gegangen, sicherlich aber mit Wärme aufgeuommen und <strong>der</strong> Verwirklichung<br />
cutgegeu geführt worden/) Durch ihn unterrichtet, daß <strong>der</strong> Kurfürst die<br />
Werbung billige, schickten die beiden Herzöge im August Id^ö nach Sachsen<br />
zwei Gesaudtc, Iost von Dewitz und Bartholomäus Schwave/) um über<br />
das HelratsprojcN Vereinbarungen zu treffen und die Aufnahme Pommerns<br />
in den Schmalkaldischeu Bund einzuleiten. Weil gegenwärtig allerlei An-<br />
schläge gegen die Anhänger des Evangeliums verübt wurden/) so ließen<br />
sie erklären, erachteten sie cs für notweudig, dem Bündnis <strong>der</strong> Evangelischen<br />
beizutreten. Zugleich sollten die Gesandten um eine Abschrift <strong>der</strong> Bündnis-<br />
') v. Medem, S 199.<br />
') Aus beiden Anspielungen gebt bervor, daß <strong>der</strong> Anfang jener Verhandlungen,<br />
welche über einen Anschluß ali den Schmallaldi'cken Vund gepflogen wurden, m frühere<br />
Zeit zu verlegen ist, wie man überhaupt bcfngt ist, zu glauben, dlih gleich nach Annahme<br />
de5 Evangeliums eine gewisse Annäliernng an die rellgionsvcrwanoteu ^tänoe im<br />
Reiche slallgesunden hat.<br />
') Vavthold IV 2, S. 263, 271.<br />
*) Vcrgl. Vogt, Dr. Johannes Vugenhagens Briefwechsel. Baltische Studien<br />
38, Nr. 56.<br />
»> Vergl. Valt. Stud. N. F. Bd. Ili, S. 129-131.<br />
b) Seckendors, Niswi ia. le<strong>der</strong>à ni8mi. ^l anoofurti et I.ipyjas 1692.<br />
III, sectio 15, ^ääit.. II not., t. multa questi äs<br />
i
Pommerns Verhältnis zum Echmalkaloischen Bunde. 1?<br />
Urkunde bitten, damit sie die ihnen mit <strong>der</strong> Aufnahme erwachsenden Pflichten<br />
kennen lernen konnten. Auch fragten sie den Kurfürsten um Nat. wie sie<br />
sich dem Mandate des kaiserlichen Neichskammergerichts gegenüber zu ver-<br />
halten hätten.')<br />
Der !530 und I55N begründete Tchmalkaldl'sche Bund hatte ilM<br />
bei dem von den Türken arg bedrängten Kaiser trotz des Widcrstrebens <strong>der</strong><br />
katholischen Mehrheit den Abschluß des Nürnberger Nellgionsfricdcns durch'<br />
gesetzt, <strong>der</strong> den Evangelischen frieden und Schutz bis zum uaclmen Kou^i'l<br />
sicherte. Die Evangelischen hatten jedoch, wie schon früher angedeutet, nicht<br />
verhin<strong>der</strong>n können, daß eine inhaltsschwere Mause! in diesen Bestimmungen<br />
Aufnahme faud, die nämlich, dast iu dicseu Friedeu nur die gegenwärtig<br />
im Schmalkaldischen Bunde befindlichen, nicht auch die künftig hinzutretenden<br />
Stände mit einbegriffen sein sollten. Zwar breitete sich auch trotz dieser<br />
Beschränkung des Friedens iu den nächsten Jahren <strong>der</strong> Protestantismus<br />
erfolgreich aus; doch <strong>der</strong> Ausdehnung des Schmalkaldischen Bundes setzte<br />
diese Klausel em Ziel und barg eine ernste Gefahr iu sich für die später<br />
zum evangelischen Glauben Betehrten, die also des Schutzes des Neligious-<br />
friedeus und des Bundes verlustig giugcn. Sich einfach an jene Beschränkung<br />
uicht zu tchreu und ucue Mitglie<strong>der</strong> aufzunehmen, konnte erst recht ernste<br />
Folgen habcu; falls etwa diese mit rcich^fammcrgerichtticheu Urteilcu ver-<br />
folgt wurden — eiuem damals sehr beliebten Mittel kaiserlicher Politik,<br />
um gegen die Anhäuger des Protestautislnns vorzugeheu —, konnte <strong>der</strong><br />
ganze Bund, da alle zu gegenseitiger Hilfeleistung verpflichtet waren, in<br />
arge kriegerische Verwicklungen geraten. Aus diesem Grunde war <strong>der</strong> Kurfürst<br />
von Sachsen, friedliebend und froh <strong>der</strong> errcichteu Zugeställdllissc, damals<br />
prinzipiell gegeu jede Erweiterung des Bundes.")<br />
Weun er trotzdem am L4. August 15.')5 jener pommerschen (Gesandt-<br />
schaft noch eine ziemlich güustige Antwort gab, so war es em Zeichen, daß<br />
ihm au Pommern viel gelegen war, zumal da Philipp in nächster Zeit in<br />
ein so enges verwandtschaftliches Verhältnis zu ihm zu treten die feste<br />
Absicht hatte. Wiewohl hoch erfreut über den Entschluß <strong>der</strong> Herzöge, so<br />
schrieb er ihueu, sei er nicht befugt, jemand iu deu B:lNd ohne Vorwissen<br />
<strong>der</strong> Mitvcrwaudteli aufzunehmen.^ Er sei jedoch geneigt, ihr Gesuch in<br />
<strong>der</strong> nächsten Versammlung <strong>der</strong> Bundesgenossen vorzubringen und kräftig<br />
zu befürworten. Eine Abschrift des Bündnisvertrages könne er ihnen nicht<br />
ohne die Erlaubnis <strong>der</strong> Mitverwnndten zukommen lassen, doch werde er<br />
l) St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, WI. 147-149 Wolg. Arch. Tit. III, Nr. b,<br />
fol. 87 83.<br />
') Winckelmann, Die Verträge von Kadan und Wien. Zeitschrift für<br />
Kirchengeschichte XI, S. 224.<br />
') Polnische Korrew. <strong>der</strong> Stadt Strasburg II, S 299.<br />
Baltische Studien N. F. X. 2
IN Pommerns Verhältnis zum 3chmalkaldischen Bunde.<br />
nicht versäume», ihnen, falls sie aufgenommen würden, eine Kopie des<br />
Vertrages zuzuschicken. Was ihr Verhalten den kaiscrlicheu Mandaten<br />
gegenüber betraf, io riet er ihnen, an ein christliches Generalkonzil zu<br />
appellieren. Nahcrc Ratschlage konutc er ihueu augenblicklich mcht erteilcu,<br />
da er, auf einer Neise befindlich, seine kundigsten ck'äte nicht bei sich hatte-,<br />
er versprach, das zu tun, sobald er wie<strong>der</strong> in seinem Hoflager augelaugt<br />
sei.') Die Werbung Philipps um seine Schwester nahm cr rückhaltlos au;<br />
es wurde sogleich <strong>der</strong> Ehekontrakt aufgesetzt und Philipp eingeladen auf<br />
Fastnacht 1i).'56 nach Torgau zu kommen und die Hochzeit zu feiern.<br />
Vugenhageu, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> nächsten Zeit in Wittenberg verweilte/'') wird es<br />
übcruommcn haben, das Nähere zu verabreden.<br />
Mochte auch niemand im Tchmalkaldiichcu Vuude au nud für sich gegen<br />
die Aufnahme Pommcrus etwas einzuwenden haben, so glaubte doch Johann<br />
Friedrich, dcu jeue Klausel wie cm drohendes (Newelin erschreckte, sic uicht<br />
ohue weiteres znlasscn zu dürfeu; cr wollte zuvor vcrsucheu, ob er uicht<br />
au? gütlichem Wege bei völlig Ferdinand die Aufhcbuug <strong>der</strong> uamentlicheu<br />
Bcjchrällkuug des ^iilrlibergcr Friedens durchickeu ilud die Ausdchuuug<br />
des Friedcus auf alle 3täudc, die sich seit I.V!^ <strong>der</strong> ucuen Vehre an-<br />
geschlossen hatten, erwirken löune.^) Zu dicscui Zwcckc begab cr sich Mute<br />
Oktober nach Wien. Wenn cr seiucu Wunsch hier auch nicht völlig<br />
befriedigt sah/) so setzte er doch durch, daß den Protcstauteu nicht direkt<br />
verboten wurde, sich <strong>der</strong>jeuigeu lhlaubeusgcuosscu auzuuchmeu, die erst<br />
nach 1di)2 die alle Kirche vcrlasscu hattcll. Für die PoniNlcruherzöge<br />
schemt er ganz beson<strong>der</strong>s eifrig gesprochen zu haben. In cmcm Bricfc<br />
vom ^. V^ärz 15)^6 rühmt cr sich sciucr Vcnlühuilgen ini Interesse <strong>der</strong><br />
Herzöge; trotzdem sci es ihm uicht gcluugen, deu Schutz des Nürnberger<br />
Friedens auch aus sie auszudchucu.^j ^>ou Wicu eiltc <strong>der</strong> Kurfürst nach<br />
Schlnalkalden zur Vcrsammlllug seiuer Buudesverwandtcn, wo über die<br />
Aufnahme ncner Mitglie<strong>der</strong> verhandelt werden sollte. Obwohl er, wie<br />
gesagt, in Wien seinen Zweck nnr unvollkomlncn erreicht hatte, erklärte sich<br />
doch die Pcrsammluug mit <strong>der</strong> Auiuahmc allcr cinucmaudcu, die daruiu<br />
') St. Arch. ?. I. Tit. l, Nr. 2. sol. 151—157. Wola. Arck. Tit. Nl, Nr. 5,<br />
tol. 9l.-98 BlNllllll und Pbllipp bcuollllmcblnucn ani ^3. Oktober 1585 den Kanzler<br />
^chwllue und den Dollar ^crchcnsel<strong>der</strong>, sic uol dcm Nl.'icl'^k>nllnnl^ctili,t zu ucrleidiaen<br />
und, laUs das lclncn (5n'ol^ WUte, sich ans das zilknnsli^e ^ciielallonzil zii dcrusen.<br />
u. ^»ledetti S. 227.<br />
^ Valt. Lind. XXXVIIl. Nr. 56.<br />
>) Wola. Arch. TU. Ili, Nr. l>, fol. 100 - 10t<br />
*) '.i^i nckelnl a nn, Die Verträge von Kadan und Wien. S. 233, richtia<br />
genen )>i a nt e.<br />
b/ Winckelmann, Die Verträge von Kadan und Wien. S. 253 Anm.
Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldischen Bunde. 19<br />
nachsuchten und sich <strong>der</strong> Augsburgischen Konfession gemasi hielten (24. De.<br />
zember 1535).^)<br />
So konnte denn <strong>der</strong> sächsische Kurfürst den Herzögen die freudige<br />
Mitteilung machen, daß ihrem Veitritt zuln Schumikaldtschcu Bunde nichts<br />
mehr im Wege stehe. Um mit ihnen die weiteren Modalitäten ihrer<br />
Aufnahme in den Bund zu beraten, schickte er als Unterhändler deu ssürsteu<br />
Wolfgang zll Anhalt und den Amtmanu Haus vou Pack im Januar 1'».^. I, Tit. 1, Nr. 2, toi. 102-165. Nolq Arch. Tit. lll, Nr. 5,<br />
toi. 100-104<br />
') St Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, fol. 179-194. Wola.Arch. Tit. lll, Nr. 5,<br />
toi. 1-6, 108—114.
Is) Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldischen Bunde.<br />
Abgesehen davon, das; schon nach dem bisher Erzählten die Art ihrer<br />
Beweggründe temem Zweifel unterliegt, kann nns ihr Verhalten in<br />
kommenden Prüflingen, <strong>der</strong> Grad des Interesses, das sie an den das<br />
Bündnis angehenden fragen zeigen, den Schlnsscl znr Beantwortung dieser<br />
Frage geben.<br />
Allerdings sind wir da in <strong>der</strong> Lage, in <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> Herzöge Züge<br />
wahrzunehmen, welche ihre Handlungsweise nicht in günstigem Richte er-<br />
scheinen lassen, die uns zwingen, bei ihnen nnr Motive des Eigennutzes<br />
für ihren Eintritt in den Bund anzunehmen: ängstliche Zurückhaltung bei<br />
Angelegenheiten, die den Bund und damit sie selbst in kriegerische Ver-<br />
wittlullgcn stürzen können, ein unwürdiges Feilschen um die Höhe <strong>der</strong><br />
Buudcsbeiträge uud verspätete Eiulicferuug <strong>der</strong>selben, nachlässige Beschickung<br />
<strong>der</strong> Bundestage.<br />
Ihre Unznvcrlässigkeit trat schon in nächster Zeit deutlich in Er-<br />
scheinung. Auf dem Bundestage, <strong>der</strong> ans Ende April (15Ali) nach Frank-<br />
furt a. M. berufeu wurde, sollte ihre defiuitive Anfuahme erfolgen, sollten<br />
die Pflichten, die sie künftig gegenüber dem Bunde zu erfüllen hatten,<br />
statuiert werden, und es lag naturgemäß im eigensten Vorteil <strong>der</strong> Herzöge,<br />
sich durch fähige Unterhändler vertreten zu lassen o<strong>der</strong> selbst zu erscheiueu.<br />
um ihre Interessen genügend wahrzunehmen. Der Kurfürst selbst ver-<br />
säumte nicht, ihnen in Anbetracht dessen, daß dies ihre erste Tagefahrt sei,<br />
dringend aus Herz zu legen, sich im Falle <strong>der</strong> Unmöglichkeit, in eigener<br />
Person die Versammlung zu besuchen, vou einer stattlichen Gesandtschaft<br />
vertreten zu lassen.') Aber alle Mahnungen fruchteteu nichts: die Herzöge<br />
erklärten, we<strong>der</strong> selbst kommen, noch ihre Nate schicken zu können, da sie<br />
die Vadnng zu spät erhalten hätten-, sie seien nicht in <strong>der</strong> ^age, so schnell<br />
Gesandte abznordnen, znmal alle Mte des Osterfestes wegen beurlaubt<br />
seien; auch sei zur Zeit Baruim mit seinem Hoflager so weit von dem<br />
Philipps eutfcrut, das; beide sich nicht iu so kurzer Zeit verstäudigen<br />
könnten^)<br />
War wirklich die Nichtbeschickung des Frankfurter Bundestages allein<br />
dem Umstände zuzuschreibeu, daß sie die Laduug zu spät erhalteu hatteu?')<br />
Jener Brief <strong>der</strong> Herzöge, in dem sie die Unmöglichkeit erklärten, fich ver-<br />
treten zu lassen, ist vom 9. April datiert. Und da zn erwarten war, daß<br />
die Beratuugen in Fraukfurt geraume Zeit in Anspruch nehmen würden<br />
— sie dauerten tatsächlich bis zum 11. Mai — hätten die Gesandten<br />
') St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, fol. 293-296.<br />
') St. Arch. ?. I. Tit. 1. Nr. 2. fol. 297-300. Vgl. Pol. Korresp. <strong>der</strong> Stadt<br />
Strasburg II, S. 359.<br />
Zwar blieb hinterher Johann Friedrich nichts übrig, als diese Entschuldigung<br />
Sl. Arch. l^. l, Tit. 1, Nr. 5 toi. 20>4.
w ^chmalkl,ldii'chcn ^undr. '^<br />
immcr noch daselbst, we,ln anch nicht sogleich am Anfang <strong>der</strong> Ver-<br />
handlungen, eintreffen können. Auf jeden Fall erhält man den Eindruck,<br />
daß den Herzögen die späte Ankunft <strong>der</strong> Ladung im Gründe recht<br />
angenehm war, da sie so eine bcqneme Entschuldigung zur Hand hatten.<br />
Darin offenbarte sich freilich nicht nnr ein geringer (Hrad von Interesse<br />
an den Angelegenheiten des Bundes, son<strong>der</strong>n anch ein Vian,qel an politischer<br />
Klugheit, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong> Folgezeit bitter rächen sollte. Wurden doch in<br />
Frankfurt hoch bedeutsame Festsehnngcn getroffen, die allch gerade <strong>der</strong><br />
Wichtigkeit fnr Pommern nicht entbehrten. Man beschloß, sich <strong>der</strong> Aus-<br />
führung <strong>der</strong> lammergerichtlichcn Beschlusse in Neligionssachen nötigenfalls<br />
mit Gewalt zu wi<strong>der</strong>setzen, da diese Urteile gegen dell Nürnberger<br />
Religionsfricdeu verstießen, <strong>der</strong> die ^nspendlerung <strong>der</strong> Neligiousprozcsse<br />
verfugte, — wobei deut Bunde selbst die Entscheidung vorbehalten sein<br />
sollte, was als Neligionsfache anzusehen sei. Um im Fall eines Krieges<br />
besser gerüstet zu sein, vereinbarte man die Erstrectnng <strong>der</strong> Bundeshuljc<br />
von 2000 Reitern und 10000 Knechten, die zunächst nnr ans zwei<br />
Monate in Aussicht geuommen war, im Falle eines Krieges ans sechs<br />
Monate; ja, es sollte verstattet sein das Zusammenziehen von zwel<br />
Monaten zn einem, von sechs zn dreien, das heißt, die Hanptlcnte<br />
erhielten die Befugnis, statt 12 000 Mann für zwei Monate auch 24000<br />
für einen aufzubietend)<br />
Was speziell Pommern betrifft, so wurden van den Einignngs-<br />
verwandten seine Leistungen, die es künftig dem Bunde gegenüber ver-<br />
richten sollte, festgesetzt, ohne daß iemand bei Bemessung dieser tasten das<br />
Interesse Pommerns vertreten hätte. Dazu kam noch, daß man sich im<br />
Buude von <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit Pommerns eine falsche Borstellung<br />
machte,") während die Macht <strong>der</strong> Herzöge namentlich infolge <strong>der</strong> Tcilnng<br />
des Herzogtums mit den daraus sich ergebenden Schadens durchaus nicht<br />
bedeutend war. Kurz, Pommern wnrde in Frankfurt an 14 000 Gulden<br />
monatlich veranschlagt, so hoch wie das reiche Sachsens) Man scheint<br />
allerdings das Gefühl gehabt zn haben, daß die Veitragssnmmc Pommerns<br />
etwas zu hoch bestimmt sei; man nahm daher in das Protokoll den Passus<br />
auf, „wo Pommern sich <strong>der</strong> Anlage beschweren würde, soll die Erkenntnis<br />
bei den gemeinen Ständen stehen."^)<br />
') Egelhaaf, S. 302 f.<br />
2) Polit Korresp. <strong>der</strong> Stadt Straßburg II, S. 361 : „Die Herzoge zu Pommern<br />
sollen ihre Anlage dein Kursinsteu gleich (entrichten), aus Ursach, daß H G. in<br />
gutem Vermögen."<br />
') Vgl. Wolg. Arch Tit. Ili, Nr. 10, toi. 350-396.<br />
«) Küch, Pol. Alch. Nr. 445, S. 270.<br />
b) Pollt. Korresp. <strong>der</strong> Stadt Strahburg II. S. 361. St. Arch. l». I, Tit. 1,<br />
Nr. 2, toi. 46-71 Wolg. Arch. Tit. Ill, Nr. b, tol. 37-39.
^2 Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldischen Bunde.<br />
Nicht nur bei Betrachtung des Verhaltens <strong>der</strong> Herzöge dem Frank-<br />
furter Bundestage gegenüber, son<strong>der</strong>n auch bei an<strong>der</strong>en (Gelegenheiten konnte<br />
mall die Wahrnehmung machen, daß sie weit entfernt waren, fnr die Sache<br />
<strong>der</strong> Evangelischen Qpser zn bringen und bisher gepflegte Verbindungen im<br />
Interesse des öchmalkaldischen Bundes aufzugeben. Sie glaubten, im<br />
Tchulze des Blindes gemächlich und friedlich dle eingezogenen Kirchcngittcr<br />
genießen zu können, waren daher gegen jede kriegerische Operation. Dem<br />
Aursürstcu von wachsen war ihre Scheu vor Zusammenstöyeu mit den<br />
katholischen Mächten wohl bekannt, und er verfehlte nicht, sie bei je<strong>der</strong><br />
Gelegenheit zu beruhigen, wenn sich einmal <strong>der</strong> politische Horizont ver-<br />
dunkelte. Sie hatten mit Schrecken gehört, das; Ulrich von Württemberg<br />
gegen Bayern rüste;') <strong>der</strong> Kurfürst hieß sie ohne Sorge zu sein: wenn auch<br />
die Rüstungen noch uicht aufhörten, habe <strong>der</strong> Streit doch den Höhepuukt<br />
schon überschritten/) Ebenso bat er sie, Gerüchten über kriegerische Unter-<br />
nehmungen gegen (Neorg von Sächselt nicht Glauben zn schenken/) die<br />
gütliche Beilegung des Streites sei m nächster Zelt mit Sicherheit zu<br />
erwarten/) Doch in letzterem Falle hatte er keinen Erfolg. Als sie<br />
erfuhrcu, daß <strong>der</strong> Streit sich immer mehr zuspitze, schrieben sie — gleich<br />
als ob <strong>der</strong> Bund die Schonung ihrer (^cfulUe znr Richtschnur seiner<br />
Politik zu machen habe — dem Kurfürsten rundweg: sie hofften, daß sie<br />
nicht in die Vage kommen würden, gegell Herzog l^eorg etwas Feindseliges<br />
nnternehmen zu mussen: sie stünden mit ihm feit langer Zeit in engen<br />
BeMlnlngen; Philipps Vater, (Aeorg, das Patentino des Herzogs, habe<br />
alö Kind längere Zeit an dessen Hofe verweilt und sich eiucr gütigen<br />
Aumahme zu erfreuen gehabt/) Zum Glück konnte ihuen <strong>der</strong> Kurfürst<br />
bald darauf die Versicherung geben, es sei Allssicht auf Beilegung des<br />
Zwistes vorhanden, da <strong>der</strong> Vandgraf Philipp von Hessen die Absicht habe,<br />
ihll in Naumburg mtt Herzog Georg zu versöhnen/)<br />
l) Im Februar 1586 herrschte eine gereizte Stimmung zwischen Ulrich und den<br />
Bayern, die erzürnt waren, daß er seinen Sohn Christoph, ihren Neffen, in französische<br />
Ticnste zu aehcn genoliat batte. Eaelbaaf II, H. 303.<br />
') St Arä,. I>. l, TU 1, Nr. 2, wi. 293-2W.<br />
'» Johann Friedrich und Herzog Georg voli Sachsen standen in bitterem<br />
Zwiste, da Georg Vasallen des Kurfürsten vertrieben und Untertanen von ihm, die<br />
zugleich im Herzogtum Sachsen angesessen waren, zu belehnen sich geweigert hatte.<br />
St. Aräi ?. I, Ttt. 1, Nr. 2, f Ebenda, fol 2^5 Am 5 Inni I5lw sselang es in <strong>der</strong> Tat, den Streit auf<br />
gütlichem Wcnc beizulegen. Egel Haas II, S. 303.
Pommerns Verhältnis zum Tchmallaldischru Bunde. ^A<br />
Kapitel III.<br />
Vommern im KchmalkaldisHen ^iunde bis zum Bundestage<br />
zu Brauuschweist 1V^.<br />
Perhandlltngen über die Höhe <strong>der</strong> Bnndesbciträge.<br />
Ohne uneigennützige Absichten und ohne Peqeisterllng waren die<br />
pommcrschen Herzoge dein Schmalkaldischen Bnlldc beigetrctcll: das blieb<br />
anch, voll cillzeluen Niolncntcn des Ansschwnnges abgesehen, die 3igllatnr<br />
ihrer ganzen Zugebörigkett znnl ^nlldc. Wie die Einignngsverwandlen ,n<br />
Frankfurt vielleicht schon geahnt hatten, waren die Herige nut <strong>der</strong> Höbe<br />
des Beitrages, den sie entrichten wllccu, durchaus nicht einverstanden, und<br />
es bedurfte in <strong>der</strong> Folgezeil noch langwieriger Unterhandlungen, bis mau<br />
sich in betreff dieses Puuktes einigte. Zwar wollte sich Philipp, <strong>der</strong> nber<br />
Haupt <strong>der</strong> Sache <strong>der</strong> Evangelischen anfrichtiger ergeben war als Barnim<br />
uud eiuen engeren Anschlns; all die ^chmalkaldner wünschte, für seine<br />
Person nicht weigern, einem Beschlusse <strong>der</strong> Emigungsverwandten nach-<br />
zukommen: trotzdem lam es durch das Übergewicht Barmms dazu, daß sie<br />
sich bei dem sächsischen Knrfursteu beschwerten. Dieser beschloß, deshalb<br />
mit ihnen am 29. Juni zu verhandeln; zugleich wollte er über die im<br />
Annde neu einzurichtenden Stimmen nnd das Kriegsvolk Bestimmungen<br />
treffen, welches Pommern im Falle eines Krieges aufbringen solltet) Da<br />
jedoch die Pommern für den '^9. Iuui scholl durch ciuc Tagcfahrt zu<br />
Prenzlau in Anspruch genommen waren, wo mit Brandenburg nachbarliche<br />
Strcitigkeiteu geschlichtet werden sollten/) bestimmte <strong>der</strong> Kinfurst den<br />
14. August als Tag <strong>der</strong> Verhandlungen nver den Frankfurter Abschied,<br />
ulld zwar sollten sie in Magdeburg stattfinden.") Wi<strong>der</strong> alles Erwarten<br />
zeigten sich die Herzöge mit 5Drt und Zeit <strong>der</strong> Zusammenkunft jedoch nicht<br />
einverstanden und zwar aus Gründen, die sich bet <strong>der</strong> Wichtigkeit <strong>der</strong> zu<br />
verhandelnden Angelegenheiten son<strong>der</strong>bar ausnehmen: <strong>der</strong> angelegte Tng<br />
falle in die Zeit <strong>der</strong> Ernte, fei daher für ihre Nate ungünstig; Frantfnrt a. O.,<br />
wo sie die Znsammellllmst wünschten, sei Magdeburg vorzuziehen, da ersterer<br />
Ort für sie näher sei. Sie baten alw, die Angelegenheit am 1. September<br />
in Frankfurt zu verhandeln/) Über diese so eigentümlich begründete Ver-<br />
schleppung <strong>der</strong> Verhandlungen zeigte sich <strong>der</strong> Knrfnrst höchst ungehalten-, darauf<br />
indes bestand er, daß es bel Magdeburg als dem Orte <strong>der</strong> Tagefahrt verblieb,<br />
da „es nicht gut sei, diese Sachen in <strong>der</strong> Mark zu verhandeln"^)<br />
1) St. Arch. ?. I. Tit. 1, Nr. 2. fol. 222.<br />
-) Wolg. Arai. Tit. III, Nr. 26, fai. 75.<br />
2) St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, toi. 226 f.<br />
*) Sl. Arch t>. 1. Tit. I, Nr. 2, sol. 226<br />
b) Ebenda, toi. 230.
24 Pommerns Verhältnis znm Schmalkaldischen Bunde.<br />
Anfang September l5Zss kamen die Näte bei<strong>der</strong> Staaten in Magde-<br />
burg zusammen, um über das Stimmenverhältnis und die Höhe des<br />
Anschlages <strong>der</strong> pommerschcn Herzöge Vereinbarungen zu treffen. Als Ver-<br />
treter <strong>der</strong> Herzöge waren Georg von Ebcrstcin nnd Bartholomäus Schwade<br />
erschienen, während Iost voll Dewik, <strong>der</strong> auch bevollmächtigt wordeu war,')<br />
wegen Krankheit hatte umkehren müssen: <strong>der</strong> Kurfürst hatte seinen Hof-<br />
meister Christoph Groß und Hans von Pack als Vertreter gesandt. Betreffs<br />
<strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Veitragssnmme kam man bald übrrein. Die Kurfürstlicheu<br />
ließen es sich gefallen, daß Pommern so hoch wie Württemberg, das heistt<br />
zu 1l)0W Muloen, veranschlagt wurde; doch legten die Pommern großes<br />
(Gewicht darauf, die Anlage bis zum Zeitpunkte des wirklichen Krieges im<br />
valide zu behalten, natürlich um, falls sie sie überhaupt nie<strong>der</strong>legten, zu<br />
je<strong>der</strong> Zeit frei darüber verfügen zu können. Die saäisischeu Gesandten<br />
dagegen bestanden auf <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>legung des Geldes in Torgnu. Als man<br />
hin und her debattierte, wurde schließlich offenbar, daß alle Verhandlungen<br />
unnütz waren; denn es stellte sich heraus, daß die Herzöge ihre Gesandten,<br />
wiewohl es <strong>der</strong> Knrfürst ihnen schon vorher ausdrücklich aus Herz gelegt<br />
halte, nicht mit geuügeuoer Vollmacht verschen hatten/) So endigte diese<br />
Zusammenkunft, <strong>der</strong>en Zustandekommen so viel Mühe und Zeit gekostet<br />
hatte, durch die Schuld <strong>der</strong> Herzöge mit einem negativen Resultate; ent-<br />
rüstet tadelte sie <strong>der</strong> Kurfürst wegen dieses Verfahrens/)<br />
Ebensowellig führten Verhandlungen, die in näckster Zeit über die<br />
streitigen Punkte gepflogen wurden, zum Ziele; allen Auffor<strong>der</strong>ungen, ihren<br />
Aundcsuflichten nachzukommen, standen sie verneinend gegenüber. Auch <strong>der</strong><br />
Tag zu Schmalkalden ('^9. September !53l») schaffte leine Abhülfe. Es<br />
werde doch auch an<strong>der</strong>en Einigungsverwandteu, nämlich Hessen und<br />
Württemberg, gestattet, ihre Alllage im ^ande zu behalten, so klagten die<br />
Pommern, während es ihnen am meisten not tue, da sie, fern vom Mittel-<br />
punkte des Reiches, stets <strong>der</strong> Gefahr ausgesetzt seien, von feindlichen Nach-<br />
barn angegriffen zu werden/) Zwar versprachen sie, sich dem Urteile des<br />
Bnndes hinsichtlich <strong>der</strong> Höhe ihrer Alllage zu unterwerfen/) aber es war<br />
vorauszusehen, daß sie sich daran nicht halten würden, wenn ihnen die<br />
Leistungen, die ihnen <strong>der</strong> Spruch des Bundes anferlegen würde, etwa zu<br />
hoch zu sein schienen. Mit eben dieser wellig bindenden allgemeinen<br />
Erklärung fertigten sie auch die Gesandten des Kurfürsten, Hans Pack und<br />
Aomlls Spiegel, ab, die in Pommern zur beschleunigten Herbeiführung<br />
') St Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, fol. 23t.<br />
') stbcnda, toi. 237. Wolfl Arch. Ttt. III, Nr. 5, fai. 164 ff.<br />
', Et. .'lrch. ?. 1. Tit. 1, Nr 2, tol 240 -243 Gola. Arai. Tit. Ili, Nr. 5.<br />
iol. INtt 171.<br />
^ St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, f
Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldiscken Bnnde. ^><br />
eines Nbkontlnens erschienen. Doch verpfändete Philipp sein Wort, zur<br />
nächsten Sitzung des Bnndrs zn Sclimallalden entwe<strong>der</strong> persönlich zil<br />
erscheinen o<strong>der</strong> doch hinreichend bevollmächtigte Näte zu senden, nm die<br />
leidige Angelegenheit ans <strong>der</strong> Welt zn schaffen.')<br />
Wenn wir das eben geschil<strong>der</strong>te Verhalten <strong>der</strong> herzöge betrachten,<br />
scheint es nns zn einem harten Urteil zn berechtigen. Es ist zwar<br />
bekannt, das; anch an<strong>der</strong>e Stände in <strong>der</strong> Oeicluckuug <strong>der</strong> Vulldestage nicht<br />
rege waren, dass die Gesandten mit uugeuügeudcr Vollmacht zn versehen,<br />
ein beliebtes Mittel war, nm sich gegell Eingehung unliebsamer Ver-<br />
pflichtungen zn schützen, daß in späterer Zeit, namentlich als sich <strong>der</strong> Vuud<br />
infolge <strong>der</strong> brannschweigischen Irrung scholl gelockert hatte, viele Mitglie<strong>der</strong><br />
mit ihren Anlagen rückständig blieben.^) Aber sommern scheint doch alle<br />
an<strong>der</strong>en Vnudesglic<strong>der</strong> im Wi<strong>der</strong>streben gegcu alle wirtlichen Opfer zum<br />
Bestell <strong>der</strong> Gesamtheit übertroffen zu haben; man möchte fast sagen, es<br />
machte die ablehnende Halmng dem Buude gegenüber zum integrierenden<br />
Bestandteil seiner Politik. Wie die Herzöge uicht etwa das lautere Strebeu,<br />
mit den Neligiousverwaudteu iu einem intimen Eolidaritätsverhältnme zu<br />
stehen, son<strong>der</strong>n die Not, die Absicht, beim Bunde Schutz gegen die Angriffe<br />
des Neichstammergerichls zu suchen, in den Buud geführt hatte, so waren<br />
sie auch nach ihrem Eintritt in den Bnnd weit davon entfernt, lebendigen<br />
Anteil an seinen Geschicken zn nehmen nnd nützliche Glie<strong>der</strong> desselben zn sein.<br />
Es ist ein charakteristisches Zeichen für die Doppelzüngigkeit Barnims,<br />
daß er Philipp wi<strong>der</strong>riet, in eigener Person den auf Aufaug Februar 1.^'>7<br />
angesetzten Tag von Tchmalkalden zu besuchen, da dort die Eutscheiduug<br />
über die Höhe ihrer Anschläge sowie an<strong>der</strong>e wichtige Sachen fallen würde.<br />
Er besorgte offenbar, Philipp werde sich zn bestimmten Erklärungen bewegen<br />
lasseu, während Gesandte dadurch, daß sie wie auf dem Magdeburger Tage<br />
Mangel an genügen<strong>der</strong> Instruktion uud Vollmacht vorschützteu, die Eut-<br />
scheiduug in die sterne rücken könnten.^)<br />
Ein solcher Grad von Unlanterkeit war denn doch nicht nach dem<br />
Sinne Philipps, <strong>der</strong> offenbar eine selbstlose Hingabe an den Schmalkaldischen<br />
Bund gern bewiesen hätte, aber mit seinen Bestrebungen gegenüber dem<br />
') St. Arch. ?. I, Tit. l, Nr. 2, lol 266 f. Volg. Arch. Tit. IIl,Nr 5, f»!. 158 ff.<br />
2) Aus diesen Gründen trna.cn sich später Sachsen uud Hessen einige Male<br />
ernstlich mit <strong>der</strong> Absicht, dtc Hanplmnnnschasl nie<strong>der</strong>zulegen, vergi E gel Hanf ll<br />
S. 36? f.<br />
') St. Arck. ?. I, Tit. 1. Nr. 2, toi 269-271. Freilich führte er auch an<strong>der</strong>e<br />
Gründe gegen eine persönliche Vertretung an, so den, dah in diesem galle eine große<br />
Prachtentsaltung nötig sci, da sie in großem Ansehen stünden. Im (Grunde jedoch<br />
fürchtete er, daß Philipp dem Bunde Zugeständnisse machen würde. Er war stets<br />
dagegen, daß dieser außer ^mdcy ging; uergl. St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 3, tol 5^3.
3tt Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldischen Bunde<br />
alteren Oheim nicht durchdrang.') Er erinnerte Barnim an die entgegen-<br />
kommende Bereitwilligkeit, mit <strong>der</strong> <strong>der</strong> Zchmalkaldische Bund sie in <strong>der</strong><br />
Stunde <strong>der</strong> lhcfahr schützend angenommen habe, nnd an ihr Versprechen<br />
tiener Anhänglichkeit an den Blind, das sie bei <strong>der</strong> Aufnahme feierlich<br />
gegeben: wenn auch diesmal keiner von ihnen den Tag besuchen würde,<br />
wiewohl sie von den sächsischen Gesandten dringend darum ersucht wären,<br />
würde ihnen <strong>der</strong> Bnnd eine solche Tantmeligkeit niemals verzeihen. Auch<br />
erheische die Wichtigkeit des Tages, auf dem Pnnktc von einschneiden<strong>der</strong><br />
Bedeutung verhandelt werden wnrden, dringend eine persönliche Anwesen-<br />
heit.*) Als schließlich ein Schreiben des sächsischen Kurfürsten nnd des<br />
Vandgrafen nochmals zum persönlichen Erscheinen auffor<strong>der</strong>te^) da bekehrte<br />
sich auch Baruilu zu <strong>der</strong> Ansicht, Philipp müsse in Person die Versammlung<br />
besuchend)<br />
Ende Januar 15>.'l7 machten sich Philipp nnd die beiden Vertreter<br />
Barnims, Nüdlger Massow nnd Bartholomäus Schwave, ans dell Weg<br />
nach Schmalkaldcn.b) ^m Mittelvuukte <strong>der</strong> dortigen Verhandlungen stand<br />
die ^ragc <strong>der</strong> Stellungnahme <strong>der</strong> Protestanten zu dem vom Papste an-<br />
gclulldiglcu .ttonzil. Endlich nämlich hatte dieser dem Drängen des Kaisers<br />
nachgegeben uud auf den ^.'5. Mai IlV>7 ein Konzil nach Mantua aus-<br />
geschrieben. Von vornherein waren die Aussichten äußerst gering, daß die<br />
Protestanten sich für dies vom Papste geleitete, ans italienischem Boden<br />
abgehaltene Konzil gewinnen lassen würden, zumal da Äußerungen des<br />
Papstes bekannt wurden, daß dies Konzil zur Ausrottung <strong>der</strong> Ketzer dienen<br />
werde. Die Hoffnungen auf eine friedliche Lösung dieser brennenden Frage<br />
schwanden gänzlich, da <strong>der</strong> Gesandte des Kaisers, Dr. Mathias Held, den<br />
katholischen Standpunkt mit einer Schroffheit ohnegleichen vertrat, ohne den<br />
Protestanten auch nur im geringsten entgegenzukommen. Er for<strong>der</strong>te gebieterisch<br />
bedingungslose Beschickung des Konzils von Mautna uud streuge Ciuhaltuug<br />
des Mirubergcr Friedens, das hmtt Answeisnng aller Stände aus dem<br />
') Philipp am 11. Dezember 1536 an die Sckmalkaldner: falls Barnim selbst<br />
nicht zur Versammlung ziclicn o<strong>der</strong> „uns den Zug gen Schmal taldeu zu tun<br />
n! ckt gcst attcn " wcrdc, wolle cr Nätc mit vollkommener Gewalt schicken. St. Arch.<br />
1'. H, ^it. 1, Nr. 2, t'"l. 266 f. Wolg. Arch ^il. III. Nr. 5. sol. 158 ff.<br />
') St. Arch. ?. I, Tit. 1. Nr. 2, sol. 873-275.<br />
') Ebenda, sul. 847-249. Wola.
Pommerns Verhältnis znm Sckmalkaldischen Bnnde. 27<br />
Schmalkaldischen Bunde, die nach dieser Zeit das Evangelium angenommen<br />
hatten. Diesem Begehren des kaiserlichen Orators setzten die Protestanten<br />
einen energischen Wi<strong>der</strong>stand entgegen, nm so eiumntiger, als im Mai des<br />
vorigen Jahres die Gegensätze zwischen den Lutheranern und den zur Lehre<br />
Zwinglis hinneigenden Oberdeutschen in <strong>der</strong> Wittenbergs Koukordic aus-<br />
geglichen waren. In die erregten Debatten, die sich über die vermessenen<br />
For<strong>der</strong>ungen Helds entspannen, griffen auch die Pommern ein;') ihre<br />
Darlegungen bekundeten ein volles Verständnis für die Aufgaben des<br />
Augenblicks und ein inniges Einvernehmen mil den Religiousucrwandten,<br />
wie denn überhaupt auf diesem Bundestage das Verhalten Plnlwvs, <strong>der</strong><br />
jetzt aller hin<strong>der</strong>nden Bccmflnssnng seitens Barnims ledig war, dem entsprach,<br />
was man von einem treuen Ällndesmitgliede erwarten iolllc/l Dcr<br />
Schmalkaldische Bundestag vom Jahre !.',.'!? stellt einen Lichtpunkt im<br />
Verhältnis Pommerns zum Bunde dar. Es sei zweckmäßig, so war in<br />
dem pommerscheu Gutachten ausgeführt, deu Kaiser au die frühereu Reichs-<br />
abschiede zu erinueru, kraft <strong>der</strong>en dcr religiöse Zwiespalt durch eiu freies<br />
Generalkouzil in deutscher Nation geschlichtet werden sollte, und ihn zu<br />
ersuchen, seineu Einfluß bei dem Papste aufzubictcu, daß er den Ort des<br />
Konzils iu deutsches Vand verrücke; und zwar solle diese Ansnchung so bald<br />
wie möglich, jedenfalls vor dem für den Anfang des Konzils festgesetzten<br />
Tage geschehen. Falls mau hiermit keiueu Erfolg habe, solle man sich<br />
weigern, das Konzil zu beschicken. Einer etwaigen Verfolgung durch<br />
das Neichskammevgericht solle mau durch Berufung auf ein Hiatioualkonzil<br />
begegnen, und es sei schon jetzt zu bedenken, wie einer Erekution Wi<strong>der</strong>stand<br />
zu leisten sei. Den Bemühungen <strong>der</strong> Päpstlichen, unter den Evangelischen<br />
Zwietracht zu erwecken, solle mau durch festereu Zusammenschluß jedeu<br />
Erfolg vereiteln.2) Da unter den Protestanten durchweg, dieseu Darlegungen<br />
entsprechend, <strong>der</strong> feste Wille herrschte, den evangelischen Standpunkt nicht<br />
preiszugeben, wurden alle Anträge Helds mit Benimmthnt abgewiesen<br />
Ebensowenig Erfolg hatte die For<strong>der</strong>ung Ferdinands, ihm gegen dte<br />
Türken Beistand zu gewähren. Man erklärte ihm, aus den drohenden<br />
Worten Helds gehe eine kriegerische Absicht <strong>der</strong> Katholiken hervor; ohne<br />
die Gewißheit des Friedens aber sei ihnen die Hulfc wl<strong>der</strong> den Türken<br />
„beschwerlich"/)<br />
1) Meurer, Der Tag zu Schmalkalden und die schmnlkaldischen Artikel.<br />
Leipzig 1ttt7. S. 35, vergl. auch ^. 109.<br />
2» Philipp weiaette siäi. den päpstlichen Legaten, den Bischof von Acqui, <strong>der</strong><br />
die evangelischen Fürsten einzeln angehen und sich günstig stimmen wollte, überhaupt<br />
zn empfangen. Reisebericht des Notars Ettenius, Historisches Taschenbuch 18^!), ^. 526.<br />
2) Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 7, toi. 14-18. St. Arch. ?. !, Tit. 1, Nr. 2,<br />
kol. 492-498.<br />
^H ^cmmierns Berhältnis ^ml Tchinttlknldischen Bunde.<br />
Um zu den speziell Pommern betreffenden Abmachungen des Bundes-<br />
tages überzugehen, so traf man jetzt endlich definitive Bestimmungen über<br />
die Bundesbciträge, die dic pommcrschen Herzöge künftig zahlen sollten,<br />
nachdem Johann Friedrich sich ein ganzes Jahr vergeblich bemüht hatte,<br />
sie zu bewegen, bestimmte Bundcsuerftfllchtuugen auf sich zu uchmen.<br />
Philipp willigte zugleich für seinen Oheim in dic Anlage von 200^0 Gulden,<br />
für zwei Monate gerechnet; auch gab er die lange hartnäckig festgehaltene<br />
Absicht auf, die Anlage in Pommern zu behalten, und lieft sich gefallen,<br />
das; sie nach Torgau an den Knrfnrften von Zachscn abgeliefert werden<br />
sollte.') Einer Erhöhung <strong>der</strong> 6 einfachen o<strong>der</strong> .'l gedoppelten Monate, die<br />
<strong>der</strong> Bund ius Auge faßte, erklärte jedoch Philipp trotz alleu Drängens<br />
Johann Friedrichs nicht znstimmen zu köuueu, da er iu diesem Punkte<br />
voll Barnim keine Vollmacht habe, persönlich stehe er, so fügte er hinzn,<br />
<strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nickt abgeneigt gegenüber. Ein Schreiben, das in dieser<br />
Angelegenheit von einigen Fürsten au Barnim ans Schmalkalden ergingt)<br />
hatte, wie vorauszusehen, nicht den mindesten Erfolg. Er wolle mit seiner<br />
Entschließung warten, so antwortete er, bis Herzog Philipp zurückgekehrt<br />
sei uud ihn über den streitigen Punkt aufgeklärt liabc.^)<br />
Wenn auch Philipp auf dem Schmaltaldischen Bundestage einen<br />
rühmlichen Alllauf gemacht hatte, in ein lebendigeres Verhältnis zum<br />
Bunde zn treten und tätigen Anteil an den Maßnahmen des Bundes<br />
zu uehmen, so fiel die pommersche Politik doch bald wie<strong>der</strong> in den vorigen<br />
Zustand passiver Zurückhaltung. Die Herzöge gaben sich keineswegs Mühe,<br />
die ill Schmalkalden eiugegaugenen Verpflichtungen prompt zu erfüllen.<br />
Philipp hatte auf dem Bundestage das Versprechen gegeben, bis Pfingsten<br />
dem Kurfürsten Nachricht zukommen zu lasseu, wie er uud Barnim sich zu<br />
<strong>der</strong> beschlossenen Erhöhung <strong>der</strong> Beiträge stelleu würden, und doch trug er<br />
kein Bedenken, den Kurfürsten auf dessen vorhergegangene Mahnung*) am<br />
Ni. Mai mit <strong>der</strong> Mitteilung abzufinden, sie hätten in dieser Angelegenheit<br />
noch kcinen Beschluß gefastt, sie müßten sich zuvor mit ihrer Landschaft<br />
beraten^) uud schließlich schlugen sie eine Erhöhung <strong>der</strong> Beiträge ab, indem<br />
', Wolg. Arch. Tit. III. Nr. 7. KI. 3 f; vergl. Kuch, Polit. Arch. Nr. 464,<br />
S. 281.<br />
2) St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, kol. 582. Wolg. Arck. Tit. III, Nr. 7, fai. 197.<br />
Kück, Polit. Arch. Nr. 464, S. 279.<br />
') Wolg Arch. Tit. III, Nr. 5, fl>1. 40-44. Infolge Ausgaben, die dem Bunde<br />
z. B. wegen Sendung von Unterhändlern an fremde Fürsten erwachsen waren, fiel aus<br />
die Pommernherzogc eine Nepartinon uon 8!8 Gulden und 9 Kreuzern. Der Sessions»<br />
streit Pommerns nül Württemberg und Heuen wurde erledigt und die künftige<br />
ordnung genau seil gelegt, ^i Arch ^. I, Tit. 1, Nr. 2, iol. 522 f.<br />
>) Wolg Arch 4it. III, Nr. 2l>, t^I. 25.<br />
^ Ebenda, tul. 26.
sie den Wi<strong>der</strong>spruch ihrer Stände varsaliitztcn, von denen ein solches<br />
Zugeständnis an den Nnnd abgeschlagen sei. Vtulwli liatte sich ferner ucr-<br />
pflichtet, dafnr zu sorgen, daß die Anndcsanlage bis zum ^^. Juni in<br />
Torgau bei Johann Friedrich abgeliefert würde, und doch kamen erst am<br />
12. Juli die pommerschen Räte dieser Verpflichtung uach.^)<br />
Freilich die vom Bunde an sie gestellten For<strong>der</strong>ungen völlig zu<br />
ignorieren, wagten sie nicht, zumal sie vou Anfechtungen seitens <strong>der</strong><br />
Katholiken nicht frei blieben und sich daher die Hülfe des Bundes nicht<br />
verscherzen durften. Um das Bistnm Kammin vor den Säkularijations-<br />
gelüsten <strong>der</strong> Herzöge besser zu schützen, kam <strong>der</strong> Kaiser dem Vestrebcn des<br />
Bischofs Erasmus, das Bistum zu rcichsbischöflicher Unabhängigkeit zu<br />
erheben, bereitwilligst entgegen, indem er verlangte, daß <strong>der</strong> Bischof die<br />
Neichsabgabeu nicht durch die Hand <strong>der</strong> Herzoge, son<strong>der</strong>n direkt an ihn<br />
entrichte, Auf dem Versammlnngstage <strong>der</strong> Bundesuerluandten zu Iütcrbog<br />
am 10. Inli 1537, wo uoch einmal das Begehreu des hart bedrängten^)<br />
Ferdinand, Hülfe im Türkeukriege zu leisteu, ^egcnstaud <strong>der</strong> ^crhaudiuugen<br />
war, beschwerten sich die Pommern, daß <strong>der</strong> Kaiser das Bistnm Kammiu,<br />
das doch ein Teil ihres Herzogtums sei, loszulösen lrnchtc, wodurch die<br />
Neichsauschläge, die schon au und für sich zu hoch seien, uoch schwerer auf<br />
ihnen lasten würden.') Und wie die Herzöge ihren Gesandten eingeschärft<br />
hatten, nur gegen Zusicherung eines beständigen Friedens in die Türken-<br />
hülfe zu willigcu, war uiemaud bereit, aus die For<strong>der</strong>ungen des Königs<br />
einzugehen in einer Zeit, da <strong>der</strong> kaiserliche Vizekanzler Held gegrn die<br />
Evangelischen einen katholischen Bund zn gründen unternahm; man wollte<br />
sich nur dann zur Türkenhülfe verstehen, wenn man auf einem Reichstage<br />
des Friedens und des Stillstandes <strong>der</strong> die Evangelischen verfolgenden<br />
Kammergerichtsprozesse vergewissert worden sei.<br />
So bedrohlich hatten sich bereits die (Gegensätze zwischen Katholiken<br />
und Protestanten zugespitzt, daß die Auudeshaupter Philipp von Hessen<br />
und Johann Friedrich es dringend nötig fanden, einen Kricgsrat nach<br />
Coburg zu berufen, wo zwecks besserer Kriegsbereitschaft über Vervoll-<br />
kommnung <strong>der</strong> militärischen Organisation des Bundes beraten werden<br />
sollte/) Es wurden eingehende Bestimmungen getroffen über Kommando,<br />
Einteilung und Einrichtung des Bundesheeres, Lieferung von Geschützen<br />
!) Der Kurfürst verpflichtete sich bei dieser Gelegenheit, nach 11) Jahren die<br />
Summe, falls sie nicht verbraucht sei, zurückzuerstatten. Wolg. Arch. Tit II, Nr. 12,<br />
fol. 62 f.<br />
2) Im Frühjahr 1537 waren Soliman und Franz I. verbündet. Rauke,<br />
Bd. 4, 5. Aufl., S. 20<br />
2) Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 7, toi. 247-249.<br />
') St. Arch. r. l, Tit. 1, Nr. 2, k«! 260 - 263. Wolg. Arch. Tit. lll, Nr. 26, ko!. 29.
30 Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldilchen Bunde.<br />
nnd Kngeln usw.') Der pommersche Kriegsrat Rüdiger Massow war<br />
wie<strong>der</strong> nnr befugt/) vorbehaltlich <strong>der</strong> späteren Bestätigung <strong>der</strong> Herzöge den<br />
betreffenden Beiträgen, die auf PommelN fielen, zuzustimmen/) Denn so<br />
hallen ihn die Herzöge instruiert, falls man blos Mittel und Wege znr<br />
Sicherstclluna. <strong>der</strong> Protestanten erörtere, ohne wirkliche Leistungen auf-<br />
zuerlegen, möge er auf Wege sinnen helfen, wie dies Ziel am besten zu<br />
erreichen sei, im an<strong>der</strong>en ^alle solle er znvor stets an sie berichten. Hatte<br />
<strong>der</strong> Knnürst gehofft, es würde <strong>der</strong> pommersche Vertreter endlich eine <strong>der</strong><br />
Erhöhung <strong>der</strong> Buudcsbeiträge zustimmende Erklärung abgeben, so sah er<br />
sich blttcr getäuicht. Es nutzte uichts, daß er ihnen drohte, im Falle sie<br />
in einen Krieg geraten sollten, würde <strong>der</strong> Bund Gleiches mit Gleichem<br />
erwi<strong>der</strong>n nnd ihnen schwerlich Hülfe über die 6 einfachen o<strong>der</strong> A gedoppelten<br />
Monate hmans gewähren, da sie sich so hartnäckig nnd engherzig in <strong>der</strong><br />
Darbriuguug vou Geldmitteln für den Vnnd zeigten; es hatte nicht einmal<br />
Eindruck auf sie gemacht, daß <strong>der</strong> Bund sie in <strong>der</strong> Klage des Abtes von<br />
Alten-Kamp trcnlich zu unterstützen und das Neichskammergericht auch in<br />
dieser als in einer zu Ncligioussachen gehörigen Angelegenheit als inkompetent<br />
zu erkläre» bereit war/) Sie feien, so ließen die Herzöge dein Kurfürsten<br />
anzeigen, nicht fähig, die Bürden <strong>der</strong> erhöhten Aulagcu zu tragen; anch<br />
habc die Landschaft, die ihnen schon wegen des Beitritts zum Blinde hart<br />
zugesetzt habc, sich mit voller Entschiedenheit gegen eine Erhöhung <strong>der</strong><br />
Anlage ausgesprochen.5)<br />
Den in Eobnrg gesantcn Beschlüssen kamen die Herzöge ebenso saum-<br />
selig nach als den früheren. Am 3l. Ottober mußte ihnen Johann<br />
Friedrich einen geharnischten Brief zngchen lassen. Er crmahnte sie darin<br />
dringend, sich dem Eobnrger Abschiede gemäß zu verhalteu, sich wenigstens<br />
wfon dem Boten gegennbcr zn äußern, ob sie jene Beschlüsse annähmen.<br />
Die Wohlfahrt nnd das Gedeihen des Bundes beruhe darauf, so hielt er<br />
ihnen vor, daß die Bnndcsbeschlusse von jedem Mitgliede strikt befolgt<br />
würden. Er bat fic, bei den Ständen noch einmal die Erhöhung <strong>der</strong><br />
Bcitragslillnme zn betreiben/) Aber was <strong>der</strong> Kurfürst durch gütliche Ver-<br />
handlungen nicht hatte erreichen lönncn, das vermochte er auch durch Ernst<br />
und Drohungen nicht durchzusetzen. Sie tonnten nicht in die Coburgische<br />
Handlnng willigen, so gaben fic Bescheid, da sie zu hoch belastet seien und<br />
') St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, toi. 587-620.<br />
2) Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 26, tol. ^.<br />
') In <strong>der</strong> mansselhaften Vevollmäci'tissunss des Gesandten standen die pommerlchen<br />
Herzoge zwar nicht allein da. St. Arck. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, tul. 6l9.<br />
') >-l. Avch. ?. 1, Tit. 1, Nr. 2, sol. 583-586. Wolg. Arck. Tit. III, Nr. 7,<br />
sol. 243-246.<br />
") St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, sol. 645-650.<br />
«) sbenda, tal. 657 f.
Pommerns Verhältnis zum Scknnalkaldisclien Bunde. 31<br />
ihre Stände zu einer Bewilligung <strong>der</strong> erhöhten Anlage nicht zu bringen<br />
seien.') Wieviel auf Nechnnng <strong>der</strong> Herzöge, wieviel auf die <strong>der</strong> Stände<br />
zu setzen ist, ist schwer zu sagen. Wahr ist allerdings, dap die Stände,<br />
die den Fürsten die Einziehung <strong>der</strong> Htirchenguter mißgönnten, dauernd<br />
Opposition machten.<br />
Auch auf dem Vraunschwcigcr Bundestage sEude März I5)A?)<br />
beharrteu sie bei dieser Haltung. Mit osseuer Absichtlichtcit hatten sie eS<br />
unterlassen, selber den Tag zu besuchen, olmwhl die Häupter des Bundes<br />
sie inständigst darum gebeten hatten;^ die i^esaudtcu wareu in dcu meisten<br />
Plmkteu ohne gcuugendc Vollmacht. Die Herzöge gingen sogar darauf aus,<br />
eine Verringerung ihrer Aulageu durch^uselzeu, geschweige deun, daß sie in<br />
eine Erhöhung <strong>der</strong>selben gewilligt hätten; falls man dicsem ihrem besuche<br />
uachgab, wollten sie auch den nach dem Coburger Abschied ihneu zufallenden<br />
Anteil von Geschütz und ")Nullitl0tt stellen. Pommern war <strong>der</strong> einzige<br />
Stand, <strong>der</strong> die Eodurgcr Beschlüsse nicht ratifiziert hatte; damit iu den<br />
dem Buude zu Gebote ftcheudeu Machtmittel» keiuc Bcrlmrruug entstünde,<br />
war <strong>der</strong> sächsische Kurfürst bereit, für Pommern mit Artillerie einstweilen<br />
einzutreten/) ^aut klagten die Vertreter Pommerus dem Kurfürsten ihre<br />
fiuauzielle Not iufolgc <strong>der</strong> Blilideslaslcu: sie beschwerte»! sich darüber, daß<br />
<strong>der</strong> Buud vou den ^iiitgliedcru zll viel Opfer for<strong>der</strong>e. Da keiu Krieg tu<br />
Aussicht stünde, solle mau sie, die im Verhältnis zu deu audcreu Ställdeu<br />
zu hoch veranschlagt seien, doch wenigstens mit <strong>der</strong> „kleinen" Alllage ver-<br />
schonen, die zur Unterhaltung <strong>der</strong> Unterhanfttlenle des Bundes und zur<br />
Bestreitung sonstiger Ausgaben erhoben wurde/) Im übrigen halfen sic<br />
sich mit <strong>der</strong> bequemen Ausfor<strong>der</strong>ung, man moge nur auf (Hott vertrauen,<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong> gerechten Sache den Sieg verleiden werde.<br />
Obschon Pommern von einer Erhöbung <strong>der</strong> Anlagen nichts wissen<br />
wollte, trug <strong>der</strong> Bnnd doch keinen Augenblick Bedenken, ihm in dem vom<br />
Abte zu AllewKamp beim Neichstammergericht anhängig gemachten Prozesse<br />
Unterstützung angedeihen zu lasscu. Zwar hatte <strong>der</strong> Abt gegen die Herzöge,<br />
wie wir wissen, schon früher ein Pöualmandal erwirkt; aber diese hatten<br />
dem Reichtzkammergericht die Zuslau0lgtl.lt in Religioussacheu bestritte» uud<br />
erklärt, das; sie sich au das Urleil nicht gebnnden erachttten. Jetzt hatte<br />
das Kammergcrlcht ans Antrieb des Klägers verfügt, daß die dem Kloster<br />
Hiddeusce auf Rügen, bei dem <strong>der</strong> Abt vou Neuen-Kamp das Lisit<br />
1) St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr 2, sol. 658 f. Auch <strong>der</strong> Ende 1537 in Ehlingen<br />
stattfindende ol.,crländische Städteluss trat mit den pommmchen Herzögen zwecks (frhölnmg<br />
<strong>der</strong> Nlllaac in Vcvhandlnnss. Knch, Polii Aräi Nr. 482,
echt gehabt hatte, gehörenden Nenten und Zinsen in ?ünebitrg^ bis zur<br />
Beendigung des Zwisles dem Abte entrichtet werden sollten. Die Nnndes-<br />
versammlnng beschloß, eine Eingabe mit eingeschlossener „Nckusation" <strong>der</strong><br />
Herzöge von Pommern an das Kammcrgericht zu richten, in <strong>der</strong> sie gegen<br />
dies Vorgehen des Gerichts Verwahrung einlegte. Falls das Bericht auf<br />
Acht prozediere, verhieß <strong>der</strong> Bund Pommern vollkommenen Schutz.*)<br />
Die Erbitterung gcgcn das Neichskammergcricht war überhaupt danernd<br />
im Steigen. Strasburg schlug vor, gcgeu die parteilichell Übergriffe dieses<br />
Gerichts ein radikales Mittel zu ergreifen und es in allen, das heißt auch<br />
ill weltlichen Sacken, zu „rekusiereu". Dieser Vorschlag fand indes nicht<br />
allgemein Anklang, da man durch eine solche Maßregel dcu Kaiser tötlich<br />
zu beleidigen und er^ürnelt fürchtete.- die meisten Ställde konnten eben die<br />
althergebrachten Anschauungen reichsttäudischeu Gehorsams gegen dell Kaiser<br />
nicht abstreifen; mau beschloß, die (Gesandten sollten zuvor diese Frage<br />
l'hl'5/l Hssi'e/l ^lll' E/tt/'chel'ö///,g ttltteröl'fl'tc/l. Mch dic hommer« /uaicn<br />
durchaus gegell eine solche Maßnahme/) schon ans dem Grunde, weil die<br />
Buudcsurtunde nur in NcUgionssachcn auf Gegenwehr laute. Außerdem<br />
fürchteten sic durch eine allgemeine Nckusatiou den Anschein zu erwecken,<br />
als ob sie sich jedem Gehorsam entziehen uud auarchischc Zllstäude herbei-<br />
führen woltteil. Sie rieten a/so, den legalen Äodcn nicht M vellassen,<br />
son<strong>der</strong>n mit Hülfe des Kaisers und Königs eine Suspension <strong>der</strong> Prozesse<br />
anzustreben. Ganz und gar verwarfen sie die Anregung Strasburgs, den<br />
Älllldesschutz auch auf weltliche Augelegeuheiteu zu erstrecken: dem stehe<br />
scholl <strong>der</strong> Umstand unüberwindlich entgegen, daß sie durch Erbvcrtrage mit<br />
an<strong>der</strong>en, uicht im Bunde befindlichen Fürsten verwandt seiend)<br />
') Vergl. Steindruck, Geschichte <strong>der</strong> Klöster m Pommern. Stettin 1796, S. 90<br />
') >^t. Arch. ?. I, Til. l, Nr. 2, lol. 707-803.<br />
-') Varlliold I V, 2, S. :N6<br />
') St. Arch. ?. I, lit. 1, Nr. 2, sol. 918-930. Hortle<strong>der</strong> l, T. 1269.<br />
Ponnnern stand m eincin Elbvertrage z. B. mit Heinrich von Braunschweig<br />
(Fortsetzung folgt.)
Die Aölzne des Herzogs Milipp I- von<br />
Wommern auf <strong>der</strong> Mmversttät zu <strong>Greifswald</strong>.<br />
Von<br />
Droftssor Dr. M Weszrmann.
Wie bei <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> Universität (hreifswald <strong>der</strong> Herzog<br />
Wartislaw IX. von Pommern-Volgast in hervorragen<strong>der</strong> Weise tätig<br />
gewesen ift,^) so ist die Erneuerung <strong>der</strong> fast verfallenen Hochschule im<br />
Jahre Ib.w zum grossen Teile ein Werk seines Nachkommen, des Herzogs<br />
Philipp I. Dieser ^ürst Halle sich von 1^ kis 15>'^ bei seinem<br />
Oheim, dem Kurfürsten Vudwig V. von <strong>der</strong> Pfalz, in Heidelberg ans'<br />
gehalten und dort, wie es scheint, eine sorgfältige Ausbildung und Erziehung<br />
erfahren.') Die erhaltene „Ordennng, so dem jungen Herzogen von<br />
Pommern gegeben",^ zeigt, dan er in <strong>der</strong> Grammatik, Poetik, Philosophie,<br />
Rhetorik und Geschichte noch ganz in <strong>der</strong> alten Weise unterrichtet wurde,<br />
auch an <strong>der</strong> Messe teilnahm. Gewiß hat er aber dort dle Bedeutung <strong>der</strong><br />
alten Heidelberger Hochschule kennen gelernt, wenn auch das Register <strong>der</strong><br />
Einnahmen und Ausgaben des jungen Prinzen, das aus dem Jahre 152»<br />
vorliegt/) nichts enthält, was auf eine Verbindung mit <strong>der</strong> Universität<br />
schliefen liesse. Abcr schon das rege geistige Vcben in Snddentschlaud<br />
kann nicht ohne Einfluß auf seine Entwickelung gewesen sein, so oasi wir<br />
in ihm den ersten Fnrsten aus dem pommerschen Hcrzogshause kcuucn<br />
lernen, <strong>der</strong> ein lebhafteres Interesse snr tuc Wissenschaften und ihre<br />
Pflege zeigt.<br />
Angeregt durch Johann Vugenkagen, <strong>der</strong> bereits in <strong>der</strong> von ihm<br />
entworfenen Kirchenordnung von 15> den Wünschen <strong>der</strong> 2tädte auf<br />
eine Verbesserung <strong>der</strong> pommcrschcn Universität entsprechend ihre Erncnernng<br />
dringend empfohlen hattet) nahm Philipp diese Angelegenheit energisch in die<br />
Hand. Auch durch den Wi<strong>der</strong>stand eines Teiles des Aocls ließ er sich<br />
') Vgl. G. Kaufmann, Geschichte <strong>der</strong> deutschen Universitäten II, S. 27,'40,<br />
44. 118.<br />
^ Val. v. Eickstedt, vita pkilippi I. (1563) eä. I. H. Balthasar (1728),<br />
S. 129.<br />
2) Gedruckt im Archiv für Kulturgeschichte I (1903), S. 268 ff.<br />
*) Kgl. Staalsarckiu Stettin: Staatsarchiv Mscr. II, 34.<br />
^ Vgl. M. Wehr mann, Die Begründung des evangelischen Schulwesens in<br />
Pommern (7. Beiheft <strong>der</strong> Mitteil, <strong>der</strong> Gesellsch. sür deut. lHrzletulngs' und Schulacschichte),<br />
S. N f., 15. Valt. Studien Xl^lll., S. 160-172.<br />
3«
Hs» Die Söhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />
nicht davon abbringen, ..Vorsehung zu tun, damit die unseren von <strong>der</strong><br />
Ritterschaft auch <strong>der</strong>maßen erzogen und abgerichtet werden, daß wir durch<br />
dieselben in und außerhalb unserer ^audschast bel Kai,. Maj., den Ständen<br />
des Reichs, unsern Herrn und Freunden, unser fürsll. Anliegen nnd Amt<br />
treiben tönueu'.") Seitdem Phillpv durch die vorläufige Teilung vom<br />
21. Oktober 1.'»32 das Volgaster Vano erhalten hatte, lag es iu seinem<br />
und seines l^cbietes beson<strong>der</strong>en Interesse, daß die t^reifswaldcr Hoänchule<br />
erneuert wurde. Er säieiut dem schwerfälligen Herzoge Aarunn XI. von<br />
Stettin gegenüber auch die treibende äiraft gcwcseu zu seiu, daß dies Werk<br />
15>:M wirtlich zustaudc lam, während die beabsichtigte Errichtung einer<br />
Universität in 3tcltin umcrblieb.")<br />
Seitdem so die l^rcifswal<strong>der</strong> Hochschule von neuen: eingerichtet worden<br />
war/) hat <strong>der</strong> Herzog Philipp l nicht aufgehört, als ,.M»er:lIi85imu8<br />
5Ui(!is>5s)l'iim ^li'Cl^l»:^, une er im Dekauat5buchc <strong>der</strong> Artistenfakultät<br />
genannt wird/) ihr seine (Hnml zu erwcifeu. Er setzte durch, daß das<br />
Buckowschc Vcrmächmis vou 15i'i7 für die Universität nützlicher verwendet<br />
wurde/) er bestätigte 1547 die neuen Statuten vou !54') und traf 15).')^<br />
im lHinverständnissc mit 5em Rate eiuc Abluachung über die Bcsekuug<br />
<strong>der</strong> Psarrslclleu/) Der Berufung ucuer Lehrkräfte wandte <strong>der</strong> Herzog<br />
seine Fürsorge zu/) wohute selbst wie<strong>der</strong>holt PromoliouenU) bri uiid machte<br />
<strong>der</strong> Hochschule wertvolle (Gescheute.") So wird er mit Recht wie<strong>der</strong>holt in<br />
<strong>der</strong> Matrikel als pnt^r z)nN'i^6 !'oml.,u!)1lcnm c»t 8c!ll)I:lll<br />
o<strong>der</strong> plitroniiL ln^ul^ml.lp o<strong>der</strong> z)nmn3 ver^e<br />
t ul'^olNii^e natine il» lll8 l'nlnor^nins loci'f;<br />
llwl'kl-um m^6C6il^8 u. ä/") bezeichnet. Wir brauchen diese<br />
rühmenden Veiuameu uicht Nltr als gewohuliäie Phra'eu anzusehen, son<strong>der</strong>n<br />
tönneu daraus wohl crtcuueu, da'; luan tu ^reisswald ein Gefühl dafür<br />
hatte, daß dcr Herzog uut waruler Tcillialnnc und lebendigem Interesse<br />
seilte Hochschule zu för<strong>der</strong>n suchte.<br />
Wie sehr Philipp die Wissenschaften schätzte, erhellt auch aus <strong>der</strong> Für-<br />
sorge, die er deu Schuleu in seinem ^aude zuteil werden ließ. Übel<br />
l> v. Mcdem, Geschichte <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> evangelischen Lehre im Herzogtmn<br />
Pommern, S. 215.<br />
'i Ai. Wehrmann a. a. O., S. 31.<br />
') Koseganell, Gesch. <strong>der</strong> Unioelsil.1t (Nrcifswald l, S. 190, li, S. 126.<br />
'» Fried la end er, Matrikel dcr Universität Greisswald l, S. 209.<br />
>> Pyl, Beiträge zur Geschichte <strong>der</strong> Stam GrelfHlvalo IV, S. 82.<br />
") Kosegarten a. a. ^. Il, S. 127.<br />
') Friedlaen<strong>der</strong> a. a. O. l, L. W6, 229, 243. 246.<br />
b) Flicdlaen<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 219, 251, 254.<br />
2) 5ried 1aen<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 220.<br />
") Frieden<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 210, 220, 239, 242.
Mlf <strong>der</strong> Universität zu (^reifswald. .'i?<br />
genug stand es hiermit, und es kostete viel Mühe und Arbeit, llm wenigstens<br />
den Gruuo zu eillem evangelischen Schnlwesen in Pommern zn lecken.<br />
Mannigfache Schriftstücke legen Zeugnis davon ali, wie <strong>der</strong> Herzog allniälüich<br />
zu einer tieferen Anffassnng von dem Werte <strong>der</strong> Erzielmug gelaugte.'j<br />
Deshalb war er anch ans das eifrigste bemüht, seinen Töhucn eine sorgfältige<br />
Nnsbildnng zuteil werden zll lassen. Seine Räte mustteu innncr wie<strong>der</strong><br />
Instruktionen, Stndicnordnnngcn o<strong>der</strong> Unterrichtspläne anearbetten llud<br />
il)M znr Prnfnng vorlegen.") Einheimische nnd answärtigc (^clchrtc wurdcn<br />
herangezogen, Anlachten über die Erzichuug <strong>der</strong> jllngen Prinzen abzugeben,<br />
ja Philipp Melancktliou selbst entwarf eiueu Stildicuplail filr dcu ältesten Solm<br />
Philipps, den am ^7. August ls>4^ geborencll Iohaull Friedrichs) Es ist nur<br />
natürlich, daß <strong>der</strong> Fürst zll diesem Zwecke auch oic Hülfe von l^reisswal<strong>der</strong><br />
Professoren erbat. So berief er ini April 15>5^ den l)i- Andreas Mager ins<br />
von Oreifswald nach Wolgast, ,.M Ful,el'NiU'ot gtuclizv o.t mmcn iulnoi-um<br />
ponwr^ln^c plincipuni.-^) Diesen aus Orlcaus gcbllrtigen (belehrten hatte<br />
Iatob voll Zitzewilz, <strong>der</strong> spätere pommersche Kanter, kennen gelernt ltud<br />
für die evangelische ^ehre gewonlie,i, als er in Orleans studierte/) Magerius<br />
war nach Deutschland gegangen nnd l5>4^ nach (Hreiföwalo gekolnmcn,<br />
wo er als Professor <strong>der</strong> Philosophie bestellt nnd für das Sommer-Semester<br />
155l> zum Nektor erwählt wnrde. In dieser Zeit besnchte er auch Willen-,<br />
berg und wnrde dort am ^). Inni 15>^5> immatrikuliert. 15 l? erhielt er<br />
in (hreifswald die Doktorwürde, sowie die Professur filr Theologie."')<br />
Magerius leitete bis in den Anfang des Jahres !f>f>»', den Unterricht<br />
namentlich des jungen Herzogs Johann Friedrich mit Ernst nnd Gewissen<br />
haftiglelt.^) Er war es wobl auch, <strong>der</strong> znerst den Gedanken anregte, ihn<br />
mit feinen beiden Brü<strong>der</strong>n Bogislaw lgeb. U. Angust 1544) ulld Ernst<br />
Ludwig sgeb. L. November 17)45)) auf eine Uuioersilät zu jelldeu, besoll<strong>der</strong>s<br />
da <strong>der</strong> Unterricht <strong>der</strong> Iüugliuge uiiter dem ^eben und Treiben anl Herzog,<br />
lichen Hose zu leiden hatte. Diesen Plan befürwortete <strong>der</strong> Kanter<br />
Jakob voll Zitzcwitz, <strong>der</strong> in einem Gutachten die For<strong>der</strong>uug aussprach,<br />
„daß zu <strong>der</strong> Erziehung <strong>der</strong> ältesten juugen Herrn ein beson<strong>der</strong>er Ort<br />
!) Vgl. hierüber M Wehrmann, Die Begründmiss des evanssel. Schulwesens<br />
m Poinmern bis l56'l (Berlin 1W5), S. 49.<br />
^) Vssl. Archiv für Kullurgcschichle l. L. 271 ff<br />
2) l_'o!p. liesoi'lll. Vili, S. 382 387. Vgl. Arcknu für Kulturaeschichte I,<br />
S. 279 s.<br />
^ Friedlaen<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 237.<br />
2) 0o,P. kef«l-m. IX, S. 12^ f.<br />
6) ssriedlaen<strong>der</strong> a. a. O. l. S. 205, 219,222, 229 For'lemanii, ^ibum<br />
t
AK Tie Söhne des Herzogs Pbilipp I. von Pommern<br />
außerhalb des Hoflagers deputieret und verordnet mochte werden."')<br />
Zunächst dachte man an Wittenberg, wo bcrcits <strong>der</strong> lNrosioheim <strong>der</strong> Prinzen,<br />
Herzog Barnim XI., in den fahren 15)16—2s> studiert hatte/) Deshalb<br />
wnrdc im Anfange des Jahres 15>5>li Valentin von Eickstedt dorthin<br />
geschickt, um Erkuudignngeu über einen etwaigen ^lufcuthaN des Herzogs<br />
^(vm^^ttick «<strong>der</strong> cittc Watutllttg eill^^ichen. Zlilf<br />
voll, /.". 'll/ösz !.>.> nl'^lsece<br />
Prinzen erörterte. Dabei wars ev auch die ssrage ans, ob es sich nicht<br />
empschle, dm jungen Herrn nach <strong>Greifswald</strong> zn senden, wenn „diesen<br />
Sonnncr, Herbst o<strong>der</strong> tuuftiglich Värm einfiele, daß man Bedenken haben<br />
würde, S. F. ^. nach Wittctllierg zu schicken o<strong>der</strong>, wenn er da wäre,<br />
daselbst zu lassen. Denn es sich zu Hose übel studieret und erziehen<br />
läsn."U) Magerius selbst ging im Juni !.'».',!',, als er sein Amt als<br />
Priuzeucrzichcr aufgegeben hatte, nach Wittenberg, wo ihn Melauchthon<br />
und Bllgcuhageu freundlich aufnahmen. Er schrieb an: 7. August au den<br />
Herzog Johauu Friedrich uud bat ihu, an Melanchthon ein Schreiben zn<br />
richten, da ihm das jchr nnvlich sein könne, wenn er wirklich noch nach<br />
Wittenberg zu kommen gedenke/»<br />
Aber in Wolgast hatte man diesen bedanken bereits aufgegeben.<br />
Schon im Mai berief <strong>der</strong> Herzog Philipp die beidcu Profcnoreu Gerhard<br />
Below uud Balthasar Nhau aus lAreifswald zu Vehrern seiner drei<br />
ältesten Söhne und übertrug ihnen am 15). Iuui <strong>der</strong>en Erziehung und<br />
Unterrichts) Der fürstliche Nat von Below, cm geborener Pommcr, war<br />
im Juni l555 s,rs
mif <strong>der</strong> Universität zu Oreifswald. :!9<br />
zu beaufsichtigen hatte. Beide betrieben den Plan, ihre fürstlichen Zöglinge<br />
nach (Areifswald zn bringen, weil anch sie elnjahen, wie schwer es war,<br />
ihre Erziehung am Hofe richtig zn leiten. Der Herzog war keineswegs<br />
cckHcucia.1, dmcn Vov^'ckwg zn gcnchm'^en, dcsondcrs seitdem Johann<br />
Friedrich am ^tt. Angnst l5>5>u8 ««^llljcro vo.lit<br />
PU6508. II! eninl nikl tint. et NNM0I-N8 mlnliniütloruin i-esre.lieUll', krevi<br />
in nnmen8um excre^cet. zmest.^o^ii nc^ti-i trelzuenU«.. I^otulll e«t,<br />
multitu6,'slem l"lt»re < ^i,j',,>>ls>,lem, nee f>llnim romor^tur Ltudi<br />
nnviciorum iiciveutu», ljm mini n«n muitum di^lzitnl!«« e.350<br />
in<br />
Die Befürchtung, dah zahlreiche Ttndeiiten sich an die jungen Prinzen<br />
herandrängen würden, mag uicht unbegründet gewesen sein. Wandten sich<br />
doch jetzt schon sogar Professoren mit Bittgesuchen nnd Dedikationen an sie,<br />
um ein Geschenk o<strong>der</strong> irgend einen an<strong>der</strong>en Vorteil zu erlangen. So über-<br />
sandte bereits im Herbst 155 Melanchthon dem Herzoge Johann Friedrich<br />
Siegmund Schörkels Ausgabe von Hclmolds ckrmncu. l^l^voi-um ^) und<br />
Johann Garcaeus 0. j.") richtete am !s>. ^lngnst von Wittenberg ans an<br />
ihn ein längeres Schreiben, in dem er um Aufbesserung des ihm für<br />
lNreifswald zugesagten Erhaltes bat, und überreichte ihm seine Iucu!>l-«.tmne8<br />
a8tl'on0mica8. Ausführlich pries er die Bedeutung <strong>der</strong> Astronomie und<br />
Astrologie.^)<br />
Im Frühjahr des Jahres 1557 verfaßte auf Nefebl des Herzogs Philipp<br />
<strong>der</strong> Kämmerer Michael Küssoni*) das „ungefährliche Bedenken, welcher<br />
Gestalt m. gn. junge Herru zum Gripswaldc inöchtcn Hinterhalten<br />
p. Kef«rm. VlII, S. 835ff. Valt. Stud. XI.II. S. 11.<br />
«) Kosegarten a. a. O. I, S. 202. A. D. B. VlII, S. 370f.<br />
') Kql. Staatsarchiv Stettin: von Bohlensclie Sammlung Nr. 148.<br />
l) Er starb am 16. März 1558 in Greijswald (Frieden<strong>der</strong> a. a. Q. I, S. 255).
4l1 Die Colme des Herzosss Philipp l. von Pommern<br />
werden." Zu diesem Gutachten'), das im folgenden mit geringen Kürzungen<br />
mitgeteilt wird, sind von an<strong>der</strong>er Hand am Nande Anmerkungen gemacht<br />
worden; sie enthalten die Entscheidung über fragen, die Küssow auf'<br />
geworfen hatte.<br />
Zum ersten wird von Nöten sei»,, daß 5. F. G. sich endlich<br />
entschließe, wie viel Personen an Knaben und sonsteu ö. F. (st. bel<br />
<strong>der</strong>selben 5>obneu kalten will und daß auch darüber nicht mebr<br />
auqeuommen o<strong>der</strong> iuaedrungen wird.-*)<br />
Oou Gesinde waren diese Personen meines «krachtens zu halten<br />
nötig und auch genugsam: Lin Koch, ein Küchenjunge, eiu Fellerböter'),<br />
<strong>der</strong> Fessel, Arapen und was in <strong>der</strong> Küchen vou ^löteu, reiu machte,<br />
auch Holz baue,» nlüßte lind in die Küchen tragen, Sommerzeiten deu<br />
Herreu, weuus von ^öten, Feuer in die Kammiu o<strong>der</strong> öchorfteiu<br />
mache, 1l?asser mit den Kücheububeu iu die Küchen und sousteu für<br />
die lierren iutrüge. Da^u werdeu auch öpanne^) und an<strong>der</strong>e Geräte,<br />
tvasser darin zu holen und zu verwahren, vou Noten sein und für<br />
die Herreu eine kupferue Ka?:ne, darin für die Herren Masser<br />
geholet werde.<br />
5in Küchenschreiber, <strong>der</strong> alle5, was an Gewürze, Vitalie in die<br />
Küchen gehörig, iu Verwahrung bätte; wäre meines Erachteus <strong>der</strong><br />
kleine Verndt, so ih bel dem Küchenmeister ist, nicht undienstlich.<br />
) (5s ist Wolfgaua von Putlms. Vgl. P. Loebe, Mitteilungen zur Genealogie<br />
und beschichte des Hauses Putbus, S. 31.
auf <strong>der</strong> Universität zu Vreifswald. l l<br />
würden, will ick in m. gn. F. und H. tOoblgefallen gestellet, und daß<br />
eine Masterin, die froinm und reinlich, in <strong>der</strong> ^tadt beslellet würde,<br />
und nnt ihr gedinget würde, wag sie für je<strong>der</strong> Hemd, ^ontucb, Cisch'<br />
tüci^er, Handtu.^ für die Zerren nennen wollte, oe^glei^en fin des<br />
Hofmeisters, ^)räceptors Knaben und an<strong>der</strong>en (siesinde ,»ach gelegenen<br />
backen. N?are besser, als daß m. gn. H. 5»eife dazu geben sollte,<br />
o<strong>der</strong> ob man zur Lldenaw alle Mocken das ,5eug will wassen lassen.^)<br />
o hatte<br />
ihnen aucli <strong>der</strong> Hofmeister und f)ra nicbt an ungebührliche ^^rter<br />
gingen o<strong>der</strong> sonst Unlust mit den Studenten und sonst in <strong>der</strong> 5iadt<br />
anricbten und daß sie lbres Amtes, dazu sie bestellet, desto fleißiger<br />
warteten. Für diese müßten Vetten gekauft werden, dieweil sie aus<br />
den Ämtern nicbt zu bekommen *^)<br />
Gb m. gn. H. den jungen Herren eklige silberne Becher für<br />
ibre persone mitgeben wolle, aucd aus ^)brer Gnaden Tiscl', auch<br />
silberne köffel und wie viel, stelle ich zu seiner fürstllcben Gnaden.'' ')<br />
Zinnscbüsseln sind I. F. G. vorbanden; Tischlü^er, Ha,ldtücber.<br />
Fazeneilein') müssen für sie gemalt werden und denjenigen, wie<br />
obengemeldet, zugestellet werden.<br />
Küchengeräte, dieweil es auch an<strong>der</strong>en Ämtern nicht zu entraten,<br />
und im Kloster zu sasewalk ehlichs vorhanden und doch sekr verrückt<br />
und noch verrückt^) möchte werden, daß dasselbe anhero geholt und<br />
für die Herren möchte gebraucbt werden. Was daran mangeln werde,<br />
müßte ferner verschaffet werden.**""^<br />
Kücbe: Dlewell uf die Aücben etwas gehen will und dem<br />
Hauptmann zur Eldena dasselbe zn bestellen linmoglich, ist meines<br />
Trachtens ratsam, daß ein verständiger Rocb, <strong>der</strong> des Rochens geübt,<br />
*) Am Nande: Jedoch sollen <strong>der</strong> Herren Hemden, Wischtücher, Veltti'lcker und<br />
an<strong>der</strong>es zu Wolgast gewaschen werden, und dcrowessen dcu Hcvrcn sa uiel<br />
Hemden gegeben werden.<br />
^"*) 3 kleme verdeckte Beckerle um frem<strong>der</strong> öeutc willen, 2 wechc Becher sonst<br />
auf den Tisch, zu täglichem (Gebrauche ctzlicke Vcnedis.be Glaser.<br />
«^«^ wird bedacht, daü Iiirgcn nlit dem ersten gen Pasewnlk reite: was diewtlicktz<br />
da vorhanden herbeigeschickt. Iho das kleine l)icr kansen, das übrige<br />
ingekauft werde. X
'^ Die Eöhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />
den Herren eine Zeit lang wurde zugeordnet, <strong>der</strong> mit dem lochen<br />
ratsam umgebe, dannt man in einem Monat erfahren möge, was<br />
wöchentlich ungefährlich ufgeben würde. hierzu könnte Jürgen,<br />
m. g. O. Mundkoch, eine Zelt lang gebraucht werden.<br />
Die Gewürze können vom Küchenmeister mit )er Gewicht ihm<br />
zugestellet werden, auf ein Monat, daraus daun lie<strong>der</strong>lich') zli ermessen,<br />
wieviel wöchentlich Gewürz an allerlei uugefährlich ufgehen wlrd.<br />
Darnach nmn sich zu richten bat und ihn uf alle Vierteljahr ein<br />
Anzahl zuzustellen, desgleichen Butter ihm überantwortet ' » Tonne<br />
o<strong>der</strong> wieviel man dazu nötig achten wird, damit man auch sehen<br />
möge, wag ein Monat an Pökelfleisch. Vergersisch"), Flackfische^',<br />
gering, öaiz und an<strong>der</strong>er Ware ungefährlich darauf gebe; kann ihn<br />
nach Gelegenheit zugestellet werden.^)<br />
frisch fleisch zu braten und zu kochen: Acht ich dafür,<br />
wenn es zum Gripswalde und etwas gut- zu bekomme» wäre, daß es<br />
je<strong>der</strong> Zeit da gekauft würde. Denn es wird sich am ersten erfinden,<br />
wieviel Pfund ein jeglich Mahlzeit o<strong>der</strong> Cag darauf geheil wird, o<strong>der</strong><br />
da nicht gutes o<strong>der</strong> garnichts zu bekommen, mit einem Schlachter zu<br />
handeln, daß er für die Herren und Professoren etwas gutes ein«<br />
kaufte und die Herren zu ihrer Notdurft davon nehmen und das<br />
übrige deu Professoren um ibr Geld zugestellet würde. Mo das aber<br />
nicbt geschehen könnte, »nützte ein Pferd zum wenigsten zur Lldena<br />
gehalten werde,,, das mit einem leichten wagen gen Wolgast <strong>der</strong><br />
Rücbenscbreiber führe und von Wolaast frisch Fleisch zu brateu und<br />
zu kochen ho let.55)<br />
Hübner, Eier: Müßte den Sauern im Eldenawschen Amte<br />
angesagt werden, daß sie dieselben niemand verkauften, son<strong>der</strong>n dem<br />
Amtmann zur Lldena zu bringen, <strong>der</strong> es allewege zur Notdurft<br />
bmemschickte, und daß es <strong>der</strong> Rüchenschreiber je<strong>der</strong>zeit bezablet, dannt<br />
es in einem Register bliebe, daraus man sehen könnte, was ein Jahr<br />
ungefährlich uf die Herren geben würde.<br />
Frische Fische: Müßte meines Trachtens ein nasser Rahu. <strong>der</strong><br />
verschlossen wäre, für die Herren gehalten werden, da notdürftige<br />
Fische für die Herren ingesetzt würden. Dieweil es aber im öommer<br />
*) Ani Rande: Xota wöchentlich frische Butter von <strong>der</strong> Herren Tisch und darzu<br />
zwo Butterbüchseli machen lassen.<br />
") Hammel, Lämmer, Kälber und <strong>der</strong>gleichen zur Eldena bei <strong>der</strong> Hand zu<br />
haben und herein zur Notdurft zu schicken.<br />
') leidlich.<br />
') Hering aus Bergen.<br />
') getrocknete Fische.
nuf <strong>der</strong> Universität zu (^'reifswald. 4Ü<br />
darin nicbt wobl leben will, wird durcb den Hauptmann zur<br />
mit dell (euten auf <strong>der</strong> Mike, daß dle Herren uni il^r csield, «nann<br />
Fifcbe gefangen o<strong>der</strong> vorfanden, vor an<strong>der</strong>n etwas bekommen mögen<br />
o<strong>der</strong> da sie an <strong>der</strong> brücken ankamen, nin eld aekanft winden,<br />
(sileichergestalt lnüßie es Winterszeiten, wenns gefroren und die nassen<br />
tabuen nicbt geben, auch geballeu werden.<br />
l^olz kanu <strong>der</strong> i^aliptmann von <strong>der</strong> »kldena meines verboffens<br />
Notdurft schaffen, dazu er sich auch bereit zuni T^eil gefaßt gemalt.<br />
Kob leu müßten durch den Amtmann, soviel nötig, bei den<br />
Hoblern besprochen werden, o<strong>der</strong> aber selbst koblen zu lassen.<br />
(Neld lnüßte dem Hofmeister alle (yuartal zugestellet welden,<br />
<strong>der</strong> es dem Rücheuschreiber zu je<strong>der</strong> Zeit überantwortete und er es<br />
auch mit einem richtigen 2iegistcr solle verrechueu.<br />
wieviel Lsseu') mau für die t^erreu je<strong>der</strong> ^llabl;eit geben wird,<br />
will in m. gn. ^ürsteu »nid Herrn Gefallen stellen.-)<br />
Wildbret ka?in ^Winterszeit zuweilen vou m. g. k). eingestickt<br />
werden, auch ^»omnlerzeiten, wenn ö. F.
4 Die E ohne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />
aus, ins Hoflager gelangen zu lassen, damit frisch geschickt werde.<br />
Auf das alles muß <strong>der</strong> Hofmecher, dteweil er alle (befinde im Hanse<br />
behält und Kücbe und Keller halt, fleißig Acht geben, damit incbt über<br />
iNaße vertan wird.<br />
Es muß aucb, dieweil <strong>der</strong> Knaben viele und wenig Kammern<br />
im Hause vorbanden, mit einer ehrlicben ziemlichen alten ^rau gehandelt<br />
werden, die nahe bei dem Hause wohnet, die aucl^ gute Letten batte;<br />
wann <strong>der</strong> Knaben einer krank würde, daß er darin gebracbt und<br />
seiner fleißig möchte gewartet werden und lbm uach Gelegenheit aus<br />
<strong>der</strong> Herreu Küche und Keller Lsseu uud lllriukeu möchte verreibt<br />
werden.'"')<br />
ponsten wird es ui^bt febleu, daß viel Vettler vor das Haus<br />
si^b drangen werden, halte ichs dafür, daß, was übrig bliebe au<br />
>3ssen uud Almissen, das man nit ferner zu irische gebrailchen könnte,<br />
daß es recbten Hailsarmen gegeben würde und den Bettlern Nichts<br />
gegebeu würde, damit man sie nicht vor die Cür gewöhne.<br />
^tem es werden auch viel ^»cbüler herzudrangen und imi Kost<br />
und Geld bitten. IDie es danüt will gehalten werden, stell ich m<br />
5. F. G. Gefallen und Vedeuken.^)<br />
^tem dieweil auäi etzlicbe Professoren sich zudräugen werden,<br />
daß sie oft vou den Herreu wollen zu Gast geladen sein uud viel<br />
^tudenten ihre s:unul03 uud Gesinde nntbringeu. ll)as darauf dem<br />
Hofmeister zu befehlen?^**)<br />
)tem daH auch viel ö tu den ten aus fremden aucb dieser Art<br />
den jungeu Herren Bücher werden dediciere,i und zuschreiben und<br />
Geld bilte»i. wie man sich gegen die verhalten soll?^^)<br />
Item daß auch werden Hülfe bitten, ihre ötudia zu continuieren.<br />
Mies damit soll gehalten werden ^**5)<br />
I^enn j)r0Ms>til)nol3 gescheheii und die Herren dazu gefor<strong>der</strong>t,<br />
wie es damit soll gehalten werden? Denn man allerlei lhnen zu<br />
Hülfe zu geben vou ihnen for<strong>der</strong>n<br />
*l Am Rande: Dieselbe auch zur Wäsche bestellt, damit Genieh und Verbruh<br />
neben einan<strong>der</strong>.<br />
**i Was bei den Herrn ssesucht wird, also Fürsten, zum Hofe zu weisen, was<br />
vom Postulaten ist atnulchnen, daß <strong>der</strong> Herr noch nickt zu Ausgaben komme.<br />
- ^) Bisweilen ein o<strong>der</strong> zwei Professoren zu ladcn, t':nnu1uu lassen außcnsteben,<br />
odcr fremde belehrte.<br />
"") zu Hose.<br />
***") zu Hofe<br />
«4K.>«^
ans <strong>der</strong> Universität zu Oreifswald. 45<br />
Item die Herreu werden ohne Zweifel ein nach dem an<strong>der</strong>n<br />
zum ^ler erwählt werden. Dieweil ich <strong>der</strong> Dinqe, was darauf<br />
gehet o<strong>der</strong> wies mit gehalten, nicht erfahren, wird nötig sein, sich<br />
gegen den Hofmeister zu erklären, wies dann! zu hallen.<br />
«Tö werden auch ohue Zweifel ehlicde sente aus dem ^tifl^)<br />
mit öupplikatlonen an den Herrn j^ostnlate)^) gelangen, w^e es<br />
damit soll gehalten werden, ob <strong>der</strong> Herr Postulate sie allda schriftlich<br />
an den verordneten ötatthaller^) verweisen soll o<strong>der</strong> sie mündlich<br />
abweisen lassen?<br />
Dieweil auch zu 3. Niklas.Kirchen kein bequemer Grt ist,<br />
da die Herren bcquemllch stehen motten und (siottes 1l?ort horen<br />
kötllttcu, denn die Bürger sich ilicht aus ihren Stühlen gerne werden<br />
wollen entstehen lassen, so wird sich <strong>der</strong> ^at aus seinem ötnhlo auch<br />
nicht gern begeben. Ls ist aber en,e Kapolle, darinnen dle Professoren<br />
stehen/) vor <strong>der</strong>selben sind viel Stuhle, da <strong>der</strong> gemeine ^lann inne<br />
stehet, wann dle Herren nu in <strong>der</strong> Kapellen stchen sollten, müßten<br />
die Stühle weggebrochell und an an<strong>der</strong> (>)rter gesetzt werden und<br />
dell Professoren ei,i an<strong>der</strong> Ort und ^»tand gebauet werden.'-)<br />
Kleiduug, feinden, Betttücher, Clschtücker, Handtücher und sonst<br />
andre (inngewand kann je<strong>der</strong> Zeit den Herreu auf des Hofmeisters<br />
Anzeigen von Hofe gefertigt werden uud von m. gn. H. ulld Herrn<br />
Schnei<strong>der</strong> gemacht werden. was ,^llckwerck, kann dar bei einem<br />
Schnei<strong>der</strong> für die Herren und Knaben wobl gemacht werden.<br />
^7ctchdent auch etzllche Knabe»! sich zum Trinken gewöhnen und,<br />
wann sie aus <strong>der</strong> großeu Kanne trinken, so große Trünke tun, daß<br />
sie davon voll werden, wäre gut, daß man (sslä'jcr hätte, darin geschenkt<br />
würde, danllt <strong>der</strong> Hofmeister, j)räceptor und Famulus darauf Acht<br />
haben könnten, was ein je<strong>der</strong> trünke, und da eiller befunden, <strong>der</strong><br />
mehr trünke, als ihm bequeme, daß er darum gezüchtigt würde.<br />
Das habe ich allem, was Küche und Keller belangt, für meine<br />
Linfalt wollen anzeigen und stelle es )U m. gn. H. und <strong>der</strong> ^ate<br />
ferner Bedenken.<br />
was die Disciplin angebt, ist dem Docwi-i 6^No^) auch meins<br />
wissen den jetzigen ^efehlhaberu von m. gn. H. durch den Kauzler<br />
*) Am Nande von an<strong>der</strong>er Hand. Der Universität Kapelle den Herren zu«<br />
gerichtet werde, die (!) Professoren ein Stand dauor gemacht.<br />
') Stift Cammin.<br />
') Postulat, d. h. erwählter Bischof, war Johann Friedrich.<br />
2) Heinrich von Normann war weltlicher Statthalter des Stiftes.<br />
^ Vgl. Pyl, Gejch. <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Kirchen ^, S». 342.<br />
') Mit OalluL wird Dr. ^.ilwl'llls öla?6liu3 aus Orleans bezeichnet.
46 Die Söhne des Herzogs Philivv l. von Pommertt<br />
gefasset ein Ordnung zugestellet. 5o ist auch von Herrn<br />
IVlel^lltlwn m. gn. L). eine zuaescbickt, die dem j^gen ljofmelster<br />
zugestellt. U)as nu darin jetziger Gelegenheit noch zu mehren o<strong>der</strong><br />
zu verordnen, stelle ich zu m. an. t). und an<strong>der</strong>er bedenken.<br />
Ans lttrund dieler Vorschläge befahl am 7. August 1557 Herzog<br />
Philipp den Amtleuten von Hiddensee, Neuenkamp, Band, Klempenow und<br />
^indenberg, sogleich aus dem Vorrate ihrer Ämter Betten und ^aten an<br />
den Amtmann von Eldena zu senden, da er entschlossen sei „gegen an-<br />
stehenden Michaelis seine Söhne gegen Gripeswald zum Studio zu schicken<br />
und ihnen dann etzliche Diener nud Gesinde zuordnen müsse." Zugleich<br />
wurde ein Verzeichnis aufgestellt, was die Ämter Voitz, Aarth. Kamp,<br />
Grimmen und Tribsees, Eldena, Pndagla, ^illdenberg und Verchen, Treptow<br />
und Klempenow, Stolp, Hiddcnscc an Hühnern, Gänsen und Eiern nach<br />
Grcisswald o<strong>der</strong> an das Hoflager in Wolgast senden sollten. Eldena z. B.<br />
mustte 200 Hühner, ^0 Schock Eier, 10 Gänse dorthin liefern.')<br />
Am 11. Dezember 1557 brannte das Schlos; in Wolgast ab nnd<br />
wnrde flN' längere Zeit unbewohnbar/) Dieser Umstand veranlagte den<br />
Herzog, seine drei ältesten Söhne, Johann Friedrich, Bogislaw und Ernst<br />
^ndwlg, alsbald nach <strong>Greifswald</strong> zu bringen. In <strong>der</strong> Matrikel ist über<br />
den Empfang folgendes aufgezeichnet:^)<br />
Inssl'e35l 8Ul»l oj)s)'6ul„ l'oolioi 8)'l!el-6 ip30 3 nd izj8<br />
l^llili^ps> ma^7M 80leinnwt6 ct. ommuiu<br />
8Ulll llMlM'iril'ti s)ii8 V0tl8
auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 47<br />
Die feierliche Deposition <strong>der</strong> Prinzen und ihrer Begleiter erfolgte am<br />
2. Februar 1d5s, die Immatrikulation am 5. Februar, Über den ersten<br />
Akt berichtet die Matrikel') folgendes:<br />
Iniziati 8unr 3tu6il8 iNu8tri58imi principes ritu 6epO3itiom3 unt<br />
ri illorum ciecem 3.^016806 nt63 j<br />
no8trae memori ip80 liie purinVatiolli« ^Vlaliue s'^. Febr.)<br />
lloram 3. pomerii anam anno 5»^. Examen ^ulllit'e coe^it
Die Söhne des Herzogs Philivv l. von Pommern<br />
8 verin/) ns>s)ili3 s<br />
8.NU0 I^ 8u^i r^llol-^u reverendi viri m^ri. .<br />
min 9 wnrden zwei Mediziner,<br />
Ezechias Ncich uud Frauz Joel, angestellt.^) Die geringen Einkünfte<br />
bewirkten, daß <strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong> Dozenten verhältnismäßig recht groß war.<br />
Die akademischen Gebäude, namentlich das collossium, in dem die Lehrer<br />
<strong>der</strong> philosophischen Fakultät und eine Anzahl von Studenten wohnten,<br />
waren verfallen und verlangten dringende Ausbesserung. Die Zahl <strong>der</strong><br />
Studenten war gering, wie sich aus dell Immatrikulationen ergiebt. Im<br />
Sommer-Temester 15)5>3 sind ^, in den beiden Semestern von 15)555 54 : 1>^,<br />
15)54^)5) : 22, 15.')5/5i6 : l^ nnd im Rektorate des Bernhard Vehr<br />
(:i. Dezember l55
aus <strong>der</strong> Universität zu Oreifswalo. 49'<br />
haben sollte." Die Stadt war nach dem Nick zn dnrch eine Malter, nach<br />
den übrigen Seiten hin dnrch die Maner, dell inneren Stadtgraben, einen<br />
Wall nnd einen äußeren Kraben start befestigt. Nach dem Flusse führten<br />
neben dem großcu, durch ^orbaulcu uud ^iugcl geschützte!! Steiubeckcr<br />
Tore noch 5 Tore. Äußer zwei tleiucn Pforten halte sonst die Mauer<br />
die 3 mächtige» Tore, das Mühlcu-, Fleischer- uud Vctleu-Tor, ^c<br />
ebem'alls durch Befestigungen geschützt waren. Die stattlichsten Bautcu<br />
waren die Kirchen von St. Marien, St. Nikolai und St. Iakobi, sowie<br />
das Nathans, das ebenfalls einen Turm hatte. Sollst erhoben sich in<br />
den Zlraf'en nebeneinan<strong>der</strong> ansehnliche Giebelhäuser, die sich mit schmaler<br />
Front in die Tiefe ausdehnten, sowie einfache Neme Budeu.') Der<br />
Nettor <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Stadtschule ^ukas Take sagt in seiner 1.')!).'!<br />
gehaltenen Ncde 6e ur^>6 s^rvptn8^ill(ii^) über die (Gebäude folgendes:<br />
vswri illu. i>it<br />
') (^ine Abb'tldUllg von „Grctfswald im Mittelalter" nach Anordnung von<br />
Th. Pyl ist beigegeben dem Hand 1!1 <strong>der</strong> „Pommerscheu Genealogien" (Gesch. <strong>der</strong><br />
Famille ^ckoeppleuberg 1878).<br />
2) Dähnert, Polnui. Vibliotbck II, S. 218—224 Überseht von I. Metzner<br />
im 7. Jahresbericht <strong>der</strong> geoaravh. (hejellschaft in Greisswald, S. 144 fs.<br />
Baltische Studien N. F. X. 4
5>l) Tie Söhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />
le. Er erwähnt auch zwei ziemlich geräumige und fein gebaute<br />
Hauser nicht fern voll <strong>der</strong> ^'ikolaitirchc, wirklich in diesen prächtigen Kin<strong>der</strong>-<br />
gestalleu ciuc zlcmlich scharf ausgeprägte geistige und physische Ermattung<br />
zu crtcuucu ist, mag dahingestellt bleiben/) Bielmehr scheint es, als ob<br />
bei dcr Darstellung <strong>der</strong> jugendliche»! Gesichter die Fertigkeit des Künstlers<br />
versagte. In dem Salllmelbaud von Hauozeichunugen, die Herzog Philipp II.<br />
Nil? angelegt hat, sind als vorlagen für den Tcppich die Zeichnungen <strong>der</strong><br />
drei ältesten Söhne erhalten/) Alls <strong>der</strong> beigegebenen Tafel sind die<br />
Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> i> genannten Kin<strong>der</strong> Philipps I., wie sie uns <strong>der</strong> Croytepftich<br />
darstellt, wie<strong>der</strong>gegeben.<br />
Bereits am A5. Februar l:")55 wurde Johann Friedrich zum Ncktor<br />
<strong>der</strong> Universität gewählt; er bestellte den Juristeu Bernhard Bchr zuln Vize-<br />
rettori) ^b nnd N'clche Borlciuugen dle Priuzell besuchten, welche<br />
Sludieu sie betrieben Ulld wie sie ihr ^cben eiltrichletcll, darüber fehlt es<br />
uns aus dem ersten Jahre lei<strong>der</strong> an Nachrichten. Wir dürfeu uns<br />
aber nicht zu hohe Vorstellungeu von dcm Unterrichte, den sie genossen,<br />
machell', er war nicht wesentlich an<strong>der</strong>s, als er ihnen schon vorher crtcllt<br />
'1 Pyl. Geschichte dcr Grciiswal<strong>der</strong> Kirchen II, S. 692 s.<br />
') ?as Vild, das Zieglcr
auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 51<br />
worden war, und <strong>der</strong> Untcrrichtsplcm, dcn Balthasar Nhau früher aus-<br />
gearbeitet hat, wird auch jclU noch gegolten haben. Sie mnßtcn Luthers<br />
Katechismus o<strong>der</strong> SprüäicSaloiuonis lernen, die von Melanchthon bearbeitete<br />
Chronik Canons lesen, sich mit <strong>der</strong> griechischen Grammatik beschäftigen.<br />
Vxi«tim3.mu8 em'm, so schreibt Nhau, lwn meäiocre olll^lllcttnni lul
5 > Die Löhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />
es bedenklich, ja gefährlich sei, den Magister, an den sich die jnngcn Fürsten<br />
gewöhnt hätten, zn entlassen. Kussow aber rät dein Magister das Angebot<br />
anzunehmen, sonst werde ihm wirklich gekündigt werden; 5u„t 6t llio et<br />
u!i!)i, ljili eniulitmneil, l,:llu: rx^l^c-ttmt et non inoolnuuxle il» llliuL lucun,<br />
kud^tl'tui l^j^unt. ^)ihau blieb auch in seiner Stellung, bat aber im<br />
Dezember 15)5^ den Herzog, ihm die dnrch den Tod des herzoglichen<br />
Sekretärs Christian Labbun erledigte Präbeude an <strong>der</strong> Äi^arieukirche zu<br />
Stettin zu verleihen, und veranlaßte auch seine fürstlichen Zöglinge, sich für<br />
ihn bei ihrem ^atcr zu verwenden. Die Prinzen schrieben lateinische<br />
Briefe an den Herzog,') <strong>der</strong> Johann Friedrichs mag hier als Probe seiner<br />
lateinischen Kenntnisse mitgeteilt werden. Er lautet, wie folgt:<br />
I1Iu8tN39i'm6 nsenon l^ki-l55lM6 pater.<br />
m6e u-äljllß a. iuventute meg. iuteicecleuZ 3lii3 etiam<br />
ss vel nutu 2. V. omlli^ eoll^eeutu« 3llu nee<br />
ij^l llel,e^ntum<br />
nlilli e^t, 09t, ut v^iv cilm<br />
j»033um<br />
pliln.^. llorti ns)eti3 vir ozNiltlu» et<br />
mu«<br />
. V. ticle1i«8lm„8 minister, z>ie et ill veru.<br />
invocntione ex vitu. (^eee88erit, e«ii d?. V. esmomentum 8tettil»i<br />
,^c npe, ut, ^<br />
^'. V. interee^erem, ut 8ll,i eill8Ms>c1i lienetieium<br />
(ut vs)C!rltt) elein^lli^i- nttlilmeret, nuue ld)8eu3 liteli8 (Ü. V. vera liliali<br />
tia oro, ut lnmc cll.ns)tn< lvtum ip^i elenleutei- ecmsel-l-e ^i^netul-.<br />
^l,l»its) MK^l3tlinll, ssuem euj>i^> ili ll»8 le^innil^u« manere, llne<br />
u iulll ssr
auf <strong>der</strong> Universität zu (^reisswald. :V5<br />
Nnngc, <strong>der</strong> selbst ihn eingeladen hattet) und des Hofpredigers Diounsius<br />
Gerson zu Doktoren <strong>der</strong> Theologie bei und veranstaltete ihnen zu (5hreu<br />
den Doktorschmans in dem Hanse des Bürgermeisters ^.^artnl Hauuemann<br />
am Marktes) bei denl er Wohnnng genommen Halle. Plülivp Melauchthon,<br />
<strong>der</strong> zu dem feierlichen Akte eingeladen worden war, hatte sein Ausblelbeu<br />
entschuldigt, aber die Superintendenten l^eorg Veuediger, <strong>der</strong> als geistlicher<br />
Administrator im Camiucr Etifte mit dem jnngen Bischof wie<strong>der</strong>holt in<br />
Briefwechsel stand/) sowie Paul vom Node nnd l)r. Christoph Smmmel<br />
nahmen an <strong>der</strong> Promotionsfeicr teil/) ?lm Nachmittage fand im Nat'<br />
Hanse eine feierliche Bersammluug vou Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Universität uud des<br />
Nats statt, hier ließ <strong>der</strong> Herzog durch seinen Kanzler Valentin von<br />
Eittstedt als Ergebnis <strong>der</strong> mit Nnnge, Holften nnd l^erson gepflogenen<br />
Berhalldltlngell mehrere Verordnungen über eine bessere Versorgung <strong>der</strong><br />
Universität bekannt machen. (5s wnrden <strong>der</strong> Universität alle Privilegien,<br />
Rechte uud Besitzungen bestätigt, ihr lN^N dulden jährlich Hebungen aus<br />
dem fürstlichen Ärarinm, sowie an<strong>der</strong>e Einlünfle aus rügischeu Pfarren<br />
o<strong>der</strong> aus den ^lmteru Ncueukamp uud Eldeua verschrieben, die zum Teil<br />
für die ^kouomie o<strong>der</strong> 3pcisung armer Studentes) dienen sollten/) Den<br />
Dank für diese fürstliche 3peude sprach <strong>der</strong> Nettor Herzog Johann<br />
Friedrich in einer lateinischen Nede ans, conlirm:m8 3uo et<br />
ncimille, 8k lia?^ ^s)7nmj si^tNZ 6s>7^tionen^ pErp^Uw ^^e r.ttnm<br />
ed ÄucturD8/) Zilgleich wurde auch <strong>der</strong> Visitatiousabschied über die Kirchen<br />
und Schulen in <strong>Greifswald</strong> publiziert, <strong>der</strong> sür die Hochschule deshalb vou<br />
beson<strong>der</strong>er Wichtigkeit war, weil bestimmt wurde, daß die drei Pastoren<br />
theologische Vorlesungen halten sollten; erst dadnrch wurde eigentlich eine<br />
theologische Fakultät begründet/)<br />
In das intime Veben <strong>der</strong> Prinzen, über die Gerhard von Below als<br />
Hofmeister die Aufsicht hatte, lassen uns eiuen interessauteu Blick tun<br />
einige Briefe, die lhre Mntter, die Herzogin Maria, in den Jahren<br />
15dtt und 1559 an Johann Friedrich richtete. Viaria (geb. I.'i. Dez. !.^,!5>),<br />
eine Tochter des Kurfürsten Johann von Sachsen, war am 27. Februar<br />
'1 Kgl. Staatsarchiv Stettin: Wolg. Archiv, Tit. 63, Nr. 54.<br />
2) Val. Pyl, Ponnn. Hencaloaieu V, S. 369.<br />
') Kal. ^waisarckw Steltm: von Bobleincke Sammlung Nr. 148. Briefe<br />
uom 1. Januar nnd 8 April 1558.<br />
') Friedlaen<strong>der</strong> a. a. O. l, S. 251, 254.<br />
5) Über diese Emnäituna lieat eine interessante Denkschrift Gersons aus dem<br />
Ialire 1557 vor (Kgl. Staatsarchw Stettin: Stell. Archiv ?. I, Tit 1, Nr. 7:l)<br />
6) Vgl. Dälinert, Sammlimg pomm. ^nndesurkimden li, S. 812f. Kosegarten<br />
a. a. O. Il, S. !2Uj.<br />
') Friedla eu<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 254, 251. Koseanrten a. a. I, S. 202.<br />
5) Kosegarten a. a. O. II, S. 128.
Die Söhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />
in Torgall mit dem Herzoge Philipp vermählt worden. Diese von<br />
Vuther eingesegnete Mie war, wie es scheint, sehr glücklich. Die treffliche<br />
Fürstin widmete sich mit mütterlicher Viebe <strong>der</strong> (5rzlclmng ihrer Kin<strong>der</strong><br />
und begleitete auch ihre ältesten Söhne mit herzlichster Sorgfalt und<br />
frommer Fürbitte auf die Universität.') Die zahlreichen Briefe, tue von<br />
ihrer eigenen Hand geschrieben vorliegen und bis in ihren Todcsmonat<br />
(1- 7. Januar 15>N3) reichen, legen em beredtes Zeugnis von dem ernsten<br />
Sinne und <strong>der</strong> mütterlichen Fürsorge <strong>der</strong> fürstlichen Frau ab. Sie ver-<br />
dienten wohl eine Veröffentlichung: hier können nur die 5) Schreiben, die<br />
au den Herzog Johann Friedrick nach (Nreifswald gerichtet werden, mit-<br />
geteilt werden. Sie mögen für sich allein sprechen.<br />
1. 155«, August 4.<br />
Mütterliche (iebe und Creue und was wir mebr
auf <strong>der</strong> Universität zu (Yreifswald. 55<br />
und Schirm treulich befohlen baben. Der spar Luch lange gesimd an<br />
öecle und (eib. Amen. Datum Camp den 4. Augustus „n ^7>.">.^. ^abr<br />
in Lil.<br />
Deine Frau Flitter diaria, g. zu wachsen,<br />
2. 1559, Januar IN.<br />
Herzogin zu Stettin ponnnern etc.<br />
mein Hand.<br />
INütterlicbe tiebe und Trene, auch was wir mehr Ehr, (iebes<br />
und Guts zu je<strong>der</strong> Zeit zuvor, Hochgeborn ^ürst, frciindlicher lieber<br />
öohn, wir wollen Dir nit verhalten, daß wir Dein 5> treiben baben<br />
empfangen und freundlicher ^Neinung verstanden, au
5s» Tie Eöhne des Herzogs Philipp I. von sommern<br />
zu sebr solt überband nehmen, wär auch nit gut, denn wir wohl<br />
gesehen, wie es nnl H. ^ernim wäre gegangen, wenn man ihm nit<br />
batte ratt gelebt/) es ist auch noch nit gar bell. Darum schreibt uns,<br />
wie e5 ein Gestalt bat. und» grüße freundlich H. Vmäilaw, H. Lrnst<br />
tudwig von unsertwegen. Hiermit tun wir Luch in den Schutz des<br />
Allerböcbsten befeblen; <strong>der</strong> bebüte Llich vor alle ^eid. ^lmen. Datum<br />
(üamp den ^5. ^anuari»ls im ^.^5^). ^)abr.<br />
Dein getreue Frau Mutter<br />
Maria, g. z. wachsen, H. z. Stettin, Pommern etc.<br />
3. 1559, März 30.<br />
Mütterliche tiebe und Treue zuvor. Hochgeboren Fürsten, freund«<br />
licbe herzliebste Söbne, wir wollen Luch nit verbalten, daß wir Euer<br />
nächstes Schreiben bei dem Aüchenscbreiber bewert
auf <strong>der</strong> Universität zu (^reifswald. 5,7<br />
hiermit wollen wir Luch Gott dem l^errn befoblen baden, <strong>der</strong> spar<br />
lang geslind. Amen, amen. Datum Nart den .^0. Martins<br />
Lure getreue Frau Mutter Maria, g. 5. 5«acbse,i.<br />
Herzogin zu Stettin und sommern etc.<br />
4. 1559, Juli 6.<br />
Mutterliebe und TIreue, auch was wir sonst mehr Lbr, (iebes<br />
und Gutes vermögen zu je<strong>der</strong> Zeit zuvor. i)ochgeborner Fürst,<br />
freundlicher, herzliebster, Hohn, wir wollen Dir nicht vorhalten, daß<br />
wir Luer aller dreier Schreiben von Doktor (?) empfangen haben<br />
und freundlicber Meinung verstanden und auch aus dem schreiben,<br />
daß )br drei noch, Gott babe tob, nunmehr zu guter Gesundheit<br />
von Gott dem Allmächtigen erhalten werdet, welchs uns ein gar<br />
herzliche Freude ist und nicht weniger, als betreffs unser eigen persone<br />
an. Gott <strong>der</strong> Allmächtige frtste und spare Luch alle lange gesund.<br />
Amen, amen. Das sollt ^br auch wissen, daß unser freundll.-ber<br />
herzliebster Herr und Gemabl und wir an<strong>der</strong>n alle sonst zn ihiger<br />
Zeit in guter Gesundbett sind. Gott <strong>der</strong> Allmächtige verleibe unweiter<br />
seine göttliche Gnade und zu unser aller Seelen Seligkeit.<br />
Amen. U?ir baben auch an unsere l)ofmeisterin geschrieben, daß sie<br />
mit <strong>der</strong> tieftowsche soll bereden, daß sic sicb zu Luch gen Griebeswalde<br />
soll verfügen und Lure Letten an<strong>der</strong>s machen. Oerseben uns aan>lick,<br />
sie werde in kurzem zu Lucb lommen, il^r begehren an Dich, daß Du<br />
uns gegen H. ^lugslaff und k>. Lrnst (udewig freuudlich entscbuldigest,<br />
daß wir ihnen itzt nit wie<strong>der</strong>um gescbrieben baben, denn die ^ot.<br />
scbaft uns zu eilend gefallen ist. Aber wir begehren, daß Du ibnen<br />
wollst viel Siebes und Gutes sagen von unsertwegen.
5>8 Die Svlme des Herzoqs Philipp I. von Pommern<br />
licher lieber Sobn, wir wollen Dir nicht bergen, daß wir dato heute<br />
Dein 5>^reiben empfanden und ans solchem schreiben verstanden, daß<br />
Du und Deine Brü<strong>der</strong> nocli, Gott habe tob, in guter Gesundbeit<br />
find, welches wir berzlich gerne haben gebort und nicht wenlg. als<br />
betreffs unser eigen Person an. Du sollst auch wissen, daß itzund ja<br />
was besser mit unserm freundlichen liebsten Herrn und Gemahl ist,<br />
denn es vor etlichen wocben war. Gott <strong>der</strong> Allmächtige gebe weiter<br />
seine göttliche Gnade, daß H. t möge ganz wie<strong>der</strong>um frisch und<br />
gesund werden. Amen, amen. Da wir dann den allmächtigen Gott<br />
wobl mogen steißig uni bitten, und vergeht je ja nicht, son<strong>der</strong>n bittet<br />
fleißig sur Luren lieben Herr Vater, daß ihnen <strong>der</strong> allmächtige Gott<br />
wollte noch lange in einem glückseligen Regiment gnädiglick erhalten.<br />
Amen. amen. Ls bat uns auch ö. t. befohlen D,r und Deinen Vrü<strong>der</strong>n<br />
frenndlichen zu grüßen und sollt fromm sein und fleißig studieren. Da<br />
werdet ^)br Lucb wobl wissen nach zu richten. Ls lassen Luch auch<br />
F. Gorga, F. Ameley, tv Vernini, F. Margrete, F. Anna, H. 2
auf <strong>der</strong> Universität zu ^reifswald. 5>9<br />
ich durch Vertröstung etlicher nunmehr das Studieren auf dag Rück<br />
zu schlagen vornehme und <strong>der</strong>balben we<strong>der</strong> an meinen freundlichen,<br />
lieben Herrn und Vater, noch an H. t. schreiben wollen. 5>o weiß<br />
ich nncl^ gleichwohl noch wohl zu berichten, wie die dachen ein Gestalt<br />
babeu, nacbstmal ein ^lontag hatte ich keine Zeit an ^. ( zu schreiben,<br />
denn wie ich, mit Verlaub für E. (. zu sagen, kaum aufgestanden<br />
war, wie Jürgen zu uns kam. ^3at auch damals Jürgen, daß er mich<br />
bei L. t entschuldigte. Nun was das an<strong>der</strong>e belangte, wnßtc i>5<br />
nicht, daß mir von jemand Vertröstung gescbeben wäre, meine ötudia<br />
zu verlassen, son<strong>der</strong>n daß davon gesagt, daß ich nu fast mehr zu<br />
großen nnd wicbtigern Randelli sollte gezogen werden, habe ich<br />
geantwortet, daß es noch nicht Zeit wäre, denn wenn solcbes gestehen<br />
sollte, so müßte ich noch was mebr von <strong>der</strong> Sache n^issc,,. lind<br />
kaun mir wahrlich nicht genugsam verwun<strong>der</strong>n, welche die sein, die<br />
mich so gegen E. t. angeben, und bitte <strong>der</strong>halben kindlich nnd<br />
freundlich, 'k. ^ solchen hemlschen DerläilNl<strong>der</strong>n nlcht leichtlich (Glauben<br />
geben, so?i<strong>der</strong>n dieselben gnadigllch mir alizeigen lassen, welche die<br />
sein, so Mich bei ute halteii, daß ich so zu L. s.<br />
schreibe, deltn mir gar viel daran gelegen ist. ^)ch hoffe aber, ich<br />
will dem so antworten, welcher mich so bei
tts> Die Eölme des Herzosss Philipp I. von Pommern<br />
Briefen wieberholt znm Ansdrnckc gebracht batte, schneller in Erfüllung,<br />
als man erwartet hatte. Während oer Herzog Philivv mitten in den<br />
Berhandlnugell stand, die mit den landstanden über den bevorstehenden<br />
gemeinsamen Landtag zn Stettin unterhalten wnrden, erkrankte er ans das<br />
heftigste nnd starb am Morgen des 14. Februar 1:'>M zu Wolgast.'j Am<br />
Tage znvor hatte er seine Söhne zu sich gefor<strong>der</strong>t nnd sie mit herzlichen<br />
Worten zu wahrer brü<strong>der</strong>licher Eintracht ermahnt, „auch fleißig gebeten,<br />
ihre angefangenen 5tu
auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 61<br />
zu Zeiten mit in die Ratschlage gezogen würden, hören und lernen möchten,<br />
wie die Sachen nach Gelegenheit zu dirigicreu wären. Damit wir a<strong>der</strong><br />
gleichwohl unsere augefaugcuc Stlldla uit gar hilltcuauschteu und in Ver-<br />
gessen stclleten, wäre eme gelahrte Person ans zuzllordncn, die mit ulls<br />
, rtiewric^m, etllicam etc. repetiere, anch ill den ln3titlltls>nil)N8<br />
civilis etwas lese, damit wir die Fuudameute iuri« lernen und zn<br />
Zeit uns selbst in Ratschlägen raten kömltcu. Und da cs die (Nelea.e,iheit<br />
nach einem o<strong>der</strong> 2 Jahren erdulden töuule, das; wir uns in jrcm<strong>der</strong><br />
Potentaten Höfe, mehr Erfahrenheit uud Kundschaft zu erlangen, tätcu ver-<br />
snchen, verhoffelltlich, es würde uus uud uuseru ^audcu zum bestell<br />
gereichen.<br />
Wir aber, Bngschlaff, Ernst Ludwig und Barnim, sotten unsere<br />
Studia zum (Nreifswalde mit Fleiß contiuuiereu, wie wir uus dalln uf<br />
uuscr f. ltcbeu Frau Mutter Wolügefallcu wicdcrllm dahlu bcgcbcu habeu.<br />
Da sich aber zutrüge, daß uuscr frdl. lieber Bru<strong>der</strong> Iohauu Friedrich<br />
Erfahrcuhcit und Klludschaft halber sich in frem<strong>der</strong> Potentaten Höfe begeben<br />
würde, alsdanu soll eiu o<strong>der</strong> ^ lluter llus an<strong>der</strong>n, den Hofbrauch zu lcrucu,<br />
wie<strong>der</strong>um gegcn Hofe gefor<strong>der</strong>t lind zu Nate gezogen werden, wie von<br />
uuscrm frdl. l. Bru<strong>der</strong> Herzog Iohauu Friedrich hiebcuor allerdings gemeldet."<br />
Diese Vorschläge faudcu Barmnls Zustimmung trotz maucher Bedeuten,<br />
die er gegeu dcn Aufenthalt des Herzogs Iohauu Friedrich am Hose hatte.<br />
Er fürchtete, daß <strong>der</strong> junge Fürst in die Negierung, an <strong>der</strong>en Spitze <strong>der</strong><br />
Oberhofmeister Ulrich von Schwerin gestellt wnrde, o<strong>der</strong> in die Bestimmungen<br />
<strong>der</strong> Vormün<strong>der</strong>, zu denen neben Herzog Barnim <strong>der</strong> König von Polen,<br />
<strong>der</strong> Herzog Iohauu Friedrich <strong>der</strong> Mittlere von Sachsen uud <strong>der</strong> Fürst<br />
Wolfgang vou Allhalt ausersehen wurden, eingreife« werde. Deshalb malmte<br />
er iu seiueul Schreibell vom «. April l5)l>, daß <strong>der</strong> Herzog sich „die<br />
bestimmte Zeit über <strong>der</strong> fürstlichen Ncgicruug vor an<strong>der</strong>u lhreu Hcrru<br />
Brü<strong>der</strong>n nicht unternehmen, auch im Stlft Camin sich zuweilen euthalteu<br />
uud, daß <strong>der</strong> unruhigcu Veute Anschlüge gebrochen. Porsclmug tun wolle."<br />
Auch den Regentschaftsrate teilte Barnim am ^7. April seilte Eiuwilligilllg<br />
zu den Allorduuugcu über die Priuzcu mit; uameutlich war er damit eiuver-<br />
standen, daß die lüngcrcu Hcrrcu, oie, lvie er zu sciller Freude gehört habe,<br />
„zu deu Studiis ^ust und Zuneigung haben", wie<strong>der</strong> nach <strong>Greifswald</strong><br />
geschickt wurden.<br />
Ebenso gaben die Stände des Stifts Cammin am 34. Mai in<br />
Gültzow ihre Zustimnnmg, daß <strong>der</strong> jnnge Bischof Johann Friedrich auf<br />
Bttteu seiiler Äiutter sich „eine Zeit laug zu volgast am Hose erhielte,<br />
gleichwohl die fürstlichen Studia zu continuieren." Schließlich erklärte sich<br />
<strong>der</strong> Vaudtag, <strong>der</strong> am 12. Juni in Wolgast tagte, mit diesen<br />
Bestimmungen einverstanden. Johann Friedrich sollte am Hofe seme Studien
s'2 Die Sohne des Herzogs Philipp l. von Pommern<br />
fortsetzen, gelegentlich zu den Handlnngen llnd Ratschlägen herangezogen<br />
weiden, sich aber vor allein „an fürstliche Zilcht nnd Höflichkeit gewöhnen,<br />
anch die hochdeutsche Sprache lcruell." Aliämlnerer sollte ihm Ewald<br />
v. Walde dienen, <strong>der</strong> „einen gclahrtcu. gottfnrchtigcu. friedliebenden, in dell<br />
3tnu« und 1 Stunde ill Historien lectmueu<br />
horen. Oen ^iittwoch vor Mittag soll I. F. Gn. den ztvlum exerzieren<br />
nnd nach MlNao., wellns gut Wetter, mit Vorwissen des Hofmeisters o<strong>der</strong><br />
seines Mwescus an<strong>der</strong>er in <strong>der</strong> Regierung Verordneten spazieren zn reiten<br />
o<strong>der</strong> zn gehen nach (Gelegenheit des Wetters zugelassen seiu. — — — —<br />
orsllnom leotinnum jlliloZcriliet pi-^ece^tor, illtereg, eli^i-r^it<br />
lne^io«»« iil)el!uln I'liill^sii cie umma, s'icErcin^m 66 Ie^irlU8 vel<br />
et 6i^lc?(.-t.i^8 et rllel
auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 63<br />
namentlich in <strong>der</strong> lateinischen Syntax nach Melanchthons Lchrbnche unter-<br />
richtete. Bogislaw und Ernst Vndwig sollten anch griechisch beson<strong>der</strong>s<br />
zur Lektüre des neuen Testamentes lernen, wie überhaupt die Beschäftigung<br />
mit <strong>der</strong> heiligen Schrift alle Tage mehrere Stunden in Anspruch nahm;<br />
schon des Morgens um 6 Uhr begann man mit (Nebet, Ncpetition des<br />
Katechismus und Lektüre <strong>der</strong> Vibcl. Für die lateinische Sprache wird<br />
von Nhau bcsou<strong>der</strong>s die mutatio augcwaudt, d. h. die Übersetzung aus dem<br />
^ateiuischen, sowie in das Vateiuiichc. Er empfiehlt vor allem Ciceros<br />
Briefe und die Komödien des Terenz. In n,8 vero «.ucwlilms intet-<br />
pl-etanc^ 8l'v6 6Niil-5ten^<br />
oonstruet ionein<br />
p6i-Ì0l1c>8, cnlu. ^t comlinU«. ^»golvunt, ul»w^w.wm et vin» 6x«.,nins».<br />
vero 0K8U8, NlO(iu8 et<br />
M0N3tl'3.tÌ3 meilioi-il^e M3.nlltt.wi' et Zupinsle itel'^tur. l^imiliter et leetio<br />
^erentii. Außer diesen Schriftstellern wird Verglls Aencis behandelt, die<br />
Nhau beson<strong>der</strong>s hochschätzt; er läßt deshalb täglich aus diesem Epos lescu.<br />
Ebenso wird an jedem Tage die bckauute Chronik des Cariou bchaudclt,<br />
d. h. aus dem Deutscheu ius Vateilliiche überseht. Diese Übuug soll ailch<br />
<strong>der</strong> Kenntnis von <strong>der</strong> «ei-ies ni«ts>t-iae muncli dienen. Die Prillzen musseu<br />
aber auch während <strong>der</strong> Mahlzeit über Abschnitte aus <strong>der</strong> genannten Chronik<br />
berichten. ?>erv03 at^ue Ht-tn3 8tucl,s>i'nm 685e 3tvli exereitium uim s>i-e<br />
c>mile3 omnium aetntum kapientes comproklint. Uln den lateinischen<br />
Stil auszubilden, werden täglich die verschiedenartigsten Übungen verainlallel;<br />
die Schiller müssen Sentenzen, Sprüche, ^?,,,/v)„l-/,/«?,/ x,^ v,,^,k>ft immatrikuliert worden waren, scheinen<br />
Schwerin, Below, Plate, vom Walde, Podewils 15
l>l Die Coline des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />
geblieben zu sein. Zu ihnen kamen neu Michael Volili nnd Melchior<br />
Damit?.')<br />
Eine an<strong>der</strong>e „Ordnung, wie meine gnädige Herren und I. F. (An.<br />
Knaben hinferncr zu installieren," liegt für das Sommerhalbjahr I/>62<br />
vor.^) Anßcr den bisher gelesenen Schriften römischer Autoren werden<br />
hier Cäsars Kommentarien und Ciceros Nede prc» ^l-c/iiiii erwähnt. Die<br />
Übungen in <strong>der</strong> lateinischen Sprache treten für die Prinzen etwas zurück,<br />
während die Hoftnaben mit Grammatik, Übersetzungen und Exerzitien noch<br />
znr (heuüqe beschäftigt werden. Dagegen erhalte» jeue jetzt Unterricht in<br />
<strong>der</strong> Pokal- und Instrumentalmusik, iu <strong>der</strong> Arithmetik, Rhetorik, „Bersi-<br />
fikation" u. a. m., auch werden ihnen Stunden zum „fechten, au<strong>der</strong>en<br />
6x?l'cttil8 c0lz»0l'i8 o<strong>der</strong> sonst zu spaziereu" freigcgebeu. „Sonntags vor<br />
<strong>der</strong> Predigt expliciert <strong>der</strong> Magister das Evangelium, das wir uf den<br />
Tag haben, grckisch und repetiert dasselbe nach <strong>der</strong> Abendprcdigt." An<br />
zwei Wochentagen sollen die Prinzen abwechselnd lateinische m-atim,?«<br />
rezitieren, „dieweil anch m. gn. H. sehr dienstlich uud nützlich, daß I. F. (H.<br />
in l>u!>lit)s> uud uutcr ^cuteu sich zu rede»! gewöhuen."<br />
Boil dem ^cben nnd Treiben <strong>der</strong> Fürsten in (Vreifswald erfahren<br />
wir nichts; anch liegen Briefe <strong>der</strong> Mutter an sie nicht vor. Ebenso fehlt<br />
die Ftorrespondcnz, die sie mit ihrem ältereu Bru<strong>der</strong> führleu. Im<br />
September 1561 gingen sie wegen einer in Grelsswald herrschenden<br />
Krankheit auf einige Zeit nach Wolgast.') Am 23. Februar löllZ erschien<br />
Herzog Johann Friedrich mit den Mten <strong>der</strong> Negieruug in <strong>Greifswald</strong>,<br />
wo lange Vcrhandlungeu über Streitigkeiten <strong>der</strong> Universität mit <strong>der</strong> Stadt<br />
gepflogen wurden. Kamen diese auch zur Entrnstuug <strong>der</strong> Fürsten nicht<br />
zu cmcm gedeihlichen Abschlüsse, so wurde doch im Namen <strong>der</strong> Herzoge<br />
die Schenkung des Herzogs Philipp vom 2. Mai 155^ feierlich bestätigt<br />
und erweitert/) Ebenso wurden am 2. und 5',. April !5)l',3 von <strong>der</strong> Regierung<br />
Bcslinlnillngcn über die Einkünfte <strong>der</strong> Hochschnle aus dem Amte Nencukamp<br />
nnd rügischen Vandpsarren erlassend)<br />
Die drei Brü<strong>der</strong> scheinen sich in (Nrcifswald nicht wohl gefühlt zu<br />
lmbcu. Wie<strong>der</strong>holt richteten sie an die Vormün<strong>der</strong> uud die Negeutschast<br />
die Bitte, vou dort fortgehen zu dürfen. Mit einer gewissen Elfersucht<br />
') Fried la end er a. a. O. I, S. 280.<br />
2) Kstl. Slaalsarchiu Stettin: uon Bo!,lensche Sammlung Nr. 117. Aus<br />
dieser Oivnuiig iimckl o. M cd ein Milteilllnaen in seiner Schrift „Die Universität^<br />
icchrc ^cr Herzoge (5rnst ^ndwlg und ^arnilu voll Pommcru" (AnklalN 1867) S. 9 f<br />
und in den Ball. Ltud IX, 2, S. 98 ff.<br />
') ivriedlacn<strong>der</strong> a. a. O l, S 278<br />
*) 5 ried! a en<strong>der</strong> a. a O. 1, S 274 ff. 279 Kose ^ arten a. a. O. l,<br />
S.208j.ll.S 129.<br />
^) Koscgartcn a. a ^? li, S 129.
auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 65<br />
blickten sie ans Johann Friedrich, <strong>der</strong> am Hofe in Wolgast weilte und<br />
schon Anteil an <strong>der</strong> Regierung des Vanoes hatte. Am liedsten wollten sie<br />
auch dauernd dorthin znruckkchren, aber nur Bogislaw wurde es erlaubt,<br />
»ach Wolgast zu kommen, als man bereits planle, den Herzog Johann<br />
Friedrich eine Reise ins Ausland machen zn lassen. Ans Veranlassung des<br />
Fürsten Wolfgang von AnHall, <strong>der</strong> erklärte, cr habe einst selbst erfahren,<br />
wie am Hofe die Stndia jnnger Herren ein Ende hätten, wnrde wahr^<br />
scheinlich ans dem Landtage zu Stettin (März 1.'):i), den alle Herzoge besnchten,<br />
beschlossen, Ernst Vudwig uud Barnim nach Wittenberg zn senden. Anfangs<br />
hatte Wolfgang an Jena gedacht, dann aber sich doch für die tursächsische<br />
Hochschule eutschieden.') Herzog Barnim XI. gab seine Einwilligung. ^<br />
cli6 kluii ci. s!ilri5tiil,^ Xll«30vl0.^) Ani 14. Mai sind die beiden<br />
Prinzen mit stattlichem Gefolge dort immatrikuliert worden.^) Über ihren<br />
Aufenthalt an dieser Universität hat v. Medem ausführliche Mitteilungen<br />
aus archivalischen Quellen gemacht (Die Uuiversitä'tsjahre <strong>der</strong> Herzoge Ernst<br />
Ludwig und Barnim von Pommern. Antlam 1^l>7).<br />
Auch <strong>der</strong> jüngste Sohn des Herzogs Philipp I., <strong>der</strong> am 22. März 15»?7<br />
geborene Kasimir, ist in persönliche Beziehung zn <strong>der</strong> Universität Grcifs-<br />
walo getreten. Am 1A. Mai 1567 wurde er in Gegenwart seiner Mutter,<br />
<strong>der</strong> Herzogin Maria, und seines Bru<strong>der</strong>s Bogislaw von dem Superintendenten<br />
Dr. Jakob Rnnge in Eldena examiniert und dann sein Name ms Album<br />
eingctrageu. Ihn begleiteten Hcumng Zitzewitz, Johann Friedrich von<br />
Platen und Erasmus Stciuwehr/) !^b er sich aber tatsächlich auch nur<br />
kurze Zeit in <strong>Greifswald</strong> abgehalten und dort Unterricht genossen hat,<br />
erscheint sehr zweifelhaft. Die Matrikel und das Dekanatsbuch berichten<br />
nichts darüber. Anch in <strong>der</strong> von Andreas Granzin ll)
hl'> Die Söhne des Herzogs Philipp I. auf <strong>der</strong> Universität zu Oreifswald.<br />
wie sein späteres Leben und Treiben zur Genüge zeigt, entschieden sehr<br />
mangelhaft; dem jüngsten <strong>der</strong> 3öbue hatte die Fürsorge dcs Vaters gefehlt.')<br />
Während seine Bru<strong>der</strong> nicht ohne Nuven auf den Hochschulen zu Oreifs-<br />
wald o<strong>der</strong> Wittenberg geweilt haben und trok mancher Dehler und Ichwächcu<br />
recht tüchtige Fürsttu geworden sind, wurde <strong>der</strong> jüngste, <strong>der</strong> bereits 1.'>74<br />
das Camminer Bistum erhielt, durchaus keine Zierde des pommerschen<br />
Herzogshauses.<br />
Der Aufenthalt <strong>der</strong> Söhne Philipps I. in Oreifswald stellt nnr<br />
eine knrze nnd für die Hochschule wenig bedentsame Periode in ihrer<br />
langen Geschichte dar. Wir erfahren aus dcu mitgeteilten Nachrichten nicht<br />
einmal irgend wie Wichtiges über das innere Vcben o<strong>der</strong> den Unterrichts-<br />
betrieb, aber dennoch ist diese Episode nicht ohne alle Bedeutung. 3ie<br />
zeigt lins, daß im Zeitalter <strong>der</strong> Neformatioil anch das pounucrsche Fürsten-<br />
Hans in eine engere, so zu iageu, persönliche Beziehung zu <strong>der</strong> Vaudcs-<br />
nniversität trat und ihren Wert wohl zll schätzen wußte. Deshalb mag<br />
eiuc Darstellung dieses Besuches pommcrscher Prinzen auch ihre Berechtigung<br />
bei <strong>der</strong> Jubelfeier <strong>der</strong> Nuiuerütat haben, die beson<strong>der</strong>s dazu berufen ist, die<br />
Erinnerung an das vor bald ^7^ Jahren erloschene alte pommerschc<br />
Herzoqsgcjchlccht zn bewahren und zn erhalten. Berdankl sie doch<br />
Angehörigen dcs Greifcuhauses ihre Gründnng, Erneuerung und Erhaltung.<br />
') Ball. Stud. XXX, S. 16.
Studentische Verbindungen<br />
in <strong>Greifswald</strong> bis zur Kitte des 19. Jahr-<br />
hun<strong>der</strong>ts.<br />
Von<br />
vr. Otto Keitmnann,<br />
sssll. Archivar ln Sletltu.
In <strong>der</strong> Abhandlung „Wissenschaftliche Vereinignngen älterer Zeit in<br />
Pommern" (Stettin l'.X)0) S. l» erwälmt M. Wehrmann anch eine<br />
in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 17. Iadrhuudcrts mehrfach genannte Deutsche<br />
(Genossenschaft o<strong>der</strong> «ocietll« sicrmttn:».. Biel war freilich von iln'<br />
nicht bekannt. Bei einem Besuche <strong>der</strong> Schivcstcr des lemen Pommern-<br />
berzogs Bogislaw XIV., <strong>der</strong> Herzogin Anna von Cron, in l^rcifswald iin<br />
Ialne N)5>7 widmete sie dieser Fürstin ein lhedicht „Heliconiiches Will'<br />
konlmen, womit bei <strong>der</strong> Dnrchleuchtlgrn Fürstin Anna Ankunft ili (Greifs<br />
wald neben einer musikalischen Anfwartuna, ill tiefster Demuth hat begeglleu<br />
wollen nnd sollen die zu (^reifswald stndirendc Deutsche ^cnosselislijast."')<br />
Dann wird sie gelegentlich in <strong>der</strong> Grenswaldcr Universitätsr^iatrikel nnd<br />
in dem Edikte gegen das Pennalweicn von l
?s) Emdrntische Verbindungen in l^reifswald<br />
dadurch diese hohe Ehre zuwachsen, dasi sic. wenn nicht die erste,<br />
eine <strong>der</strong> ersten gewesen wäre, welche man als eine fruchtbare Mutter solcher<br />
erwünschten Tochter lullig anzusehen nud ^n verehren hätte." Damit war<br />
unsere Kenntnis von dieser Deutschen (Genossenschaft zu Ende. Ein glück-,<br />
licher Fuud hat jedoch uor Kurbln die oben erwähnten Satzungen ans Vicht<br />
gebracht, aus dcucu wir über Zu,cck uud Einrichtung dieser Vereinigung<br />
unterrichtet werden, die in <strong>der</strong> Tat nichlv An<strong>der</strong>es war als eine studcntiichc<br />
Vclbiuduug. Da wir von dein studentischen Vcrbiiiduugsweieu älterer Zelt<br />
in (Hrcijswald nur sehr durstige Kunde habcu, io iiud dieie Satzuugell nicht<br />
ohne Interesse nud verdieucll eine ciuqehcn<strong>der</strong>c Betrachtung, die jedoch verewigt<br />
werden muß mit einer ^anlclluug dcr, wie wir scheu werdcu, ganz eigen-<br />
artigen Cutwickelung <strong>der</strong> stlldcutlicheu Vcrciuiguugcn uud Verbindungen<br />
l>>reis>walds bis znr Mitte dcc> 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. D,e Feier des<br />
45>
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 7!<br />
nicht ihr alleiniger Zweck, ssabricins ist offenbar in den Fehler verfallen,<br />
vereinzelte Nostocker Verhältnisse, über die wlr vielleicht nickt einmal ganz klar<br />
sehen, zu verallgemeinern. Wie dem aber anch ici, jedenfalls Mn't anf<br />
fast allen, wenigstens deil protestanttsäien Universitäten mehr o<strong>der</strong> N'eniger<br />
allsgeprägt dieselbe Eri'cheinnng wie<strong>der</strong>. Die jnngcn Slndenten wnrden<br />
genötigt, sich den Nationen anzm'chlm:en. Diese hattcll von den alten<br />
Bnrscn die Sitte <strong>der</strong> sog. Deport ion nbernoniinell, d. h. <strong>der</strong> init allerlei<br />
Mißhandlnngen verbundenen Aufnahme de«? die Nniocrsität begehenden<br />
Nenlings, des Novizen o<strong>der</strong> Beanen. als Stndentcn. die lin l>'>. Jahr<br />
hun<strong>der</strong>t sogar zll einem offiziellen Nniverutätsakte erhoben wurde, bei dem<br />
ein beson<strong>der</strong>s da^il angmcllter Depositor, meist einer <strong>der</strong> Pedelle, die<br />
Depositimi vornalnn, nnd <strong>der</strong> Dekali <strong>der</strong> Artistcnfatnllät die ernsthafte<br />
Echlusizerrmouic <strong>der</strong> Absolution dnrch ein klemes kramen besorgte.^! Alle<br />
<strong>der</strong> Depositimi nnd iin engsten Zusammenhange nut chr entwickelte sich seit<br />
deli! Ni. ^ahrhnndcrt die studentische Sitte o<strong>der</strong> richtiger Unslttc des Penna-<br />
li smns, die im Anschlüsse an den Nationalismus im 17. ^alnhnndcrt zn<br />
vollcr Blüte gelangte. „Den älteren Stndentcn behagte die (Gewalt über den<br />
Nenling, wie die Depositimi sie ihnen znm Teil einränmte, und die damit<br />
verbnndenen lnateriellen Vorteile allznsebr. als da^ sie nicht anf eine Vcr-<br />
lällgernng. ja eine Steigerung dieses Verhältnisses über die offizielle<br />
Absolution hinans bedacht gewesen wären. So verfielen sie natnrgcmäü<br />
darauf, die Nculiuge mindestens das erste Studienjahr hindnrch ihrerseits<br />
noch nicht als rechte und ebenbürtige Stndcnten nnzncrtennen nnd sie<br />
während dieser Zeit auf alle mögliche An zn inrannisinen nnd ans-<br />
zubenten."") Deshalb wurde an Stelle dcr Dcvontiou <strong>der</strong> Statlls o<strong>der</strong> das<br />
Pennaljahr gelelzt, das als eine Art fortgelegter, aber nodi viel griind<<br />
licherer Deposilion altzniehen ist. Von den Universitatobchorden N'urdc<br />
diese Sitte auf das heftigste bekänwft nnd die Beseitigung wenigstens <strong>der</strong><br />
schlimmsten Ausschreitungen angcstrcbt. Scholl bald nach 'einem Hntslchen<br />
ergingen, beson<strong>der</strong>s m Hcna ulld Nostoct, förmliche Verbote gegen den<br />
Pennalismus, die sich, um das Übel mit <strong>der</strong> Wurzel auszmottt'u, gleich'<br />
zeitig gegen den Nationalismus richteten. Doch dauerte es, merkwürdiger^<br />
weise hauptsächlich durch das Wi<strong>der</strong>streben <strong>der</strong>er, ans <strong>der</strong>en Sämtz mau m<br />
erster Vime bedacht war, <strong>der</strong> Pennale. Jahrzehnte, bis <strong>der</strong> Pcnnalismns<br />
bewtl'gt war. Ja, es bednrfte sogar elncs Beschlusses dcr evangelischen<br />
Stände auf dem NeichStagc zu Negensbnrg im Iamc 1^4, worm die<br />
gemeinsame Anerkennung <strong>der</strong> Relegation und <strong>der</strong> Ausschluß aller Pennalisteu<br />
von öffentlichen Ämtern ausgesprochen wurde.") Auf Grund dieses Reichs,<br />
l) N. Fick, Anf Deutschlands hoben Schulen, S. 47.<br />
') a. a. O., S. 54.<br />
s) 3l. Tholnck, Das akademische Leben des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts I, S. 28« ff.
72 Studentische Verbindungen in Greifswalo<br />
tagsbeschlusses erfolgten dann in den nächsten Jahren scharfe Edikte <strong>der</strong><br />
Einzelstaaten, die endlich in den Mer Jahren <strong>der</strong> Unsitte dcs Pcnnallsmus<br />
ein Ende machten. Die Nationen mnßten ihre Nncher, Vaden nnd Siegel<br />
abllefcrn, bestanden aber insgeheim fort, teilweise sogar von dcn Universitäts-<br />
bchördcn stillschweigend geduldet. (5s war eben nnr das ausgebildete<br />
Tnstem <strong>der</strong> Pennalistischen Despotie aufgehoben, nicht aber jede seiner<br />
Negnngen, da <strong>der</strong> Nationalismus, <strong>der</strong> von dem Schlage mitgetrofsen<br />
werden sollte, davon nnr gestreift wurde nnd ungestört sein Veben fort-<br />
setzte.') Ja, in Königeberg i. Pr. wurde sogar <strong>der</strong> Nationalismus aus-<br />
drücklich legalisiert, indem N',70 sämtliche Studierende in vier Nationen<br />
sPommern, Echtester, Prenften nno Westfalens eingeteilt nnd seit 1tt^ die<br />
neu Ankommenden verpflichtet wurden, einer dieser vier Nationen sich<br />
anzuschließen.2)<br />
Bevor wir mm sehen, wie sich die Verhältnisse in <strong>Greifswald</strong> gestaltet<br />
haben, werfen wir noch einen kurzen Mick auf die Nachbaruniversität<br />
Rostock.") Bei dcn manlligfachen Wechielbe^ehnngen <strong>der</strong> Mutter zur Tochter<br />
sollte man in <strong>der</strong> Entwickelung des studentischen Verbindungswesens eine gewisse<br />
Übereinstimmung annehmen. Aber nichts voli alledem, Nostock ein Hanpt-<br />
hort des Nationalismus, in (^rcifswald kaum eiue Spur davon. In Rostock<br />
finden wir schon in den ersten Jalu^clntten des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts Spnren<br />
landsmannschaftlicher Verbindungen. Bereits K',11 erging ein scharfer<br />
Erlaß des Ncktors nnd Konzils <strong>der</strong> Universttät gegen den Pennalismns,<br />
in dem anscheinend zuerst Nationen in Nostock erwähnt werden, allerdings<br />
„noch nicht in dem Sinne, daß die Nationen dafür verautwortlich gemacht,<br />
son<strong>der</strong>n vielmehr als selbst daruuter leidend und von den Schönsten gegen-<br />
einan<strong>der</strong> verhetzt hingestellt werden." An<strong>der</strong>s schon dachte <strong>der</strong> Ncktor<br />
Johann Llnistorp 86n., <strong>der</strong> in einem Nektoratsprogramme von 1ft21 die<br />
Nationen als die Stätte bezeichnete, „wo die reißenden Wölfe, brüllenden<br />
Stiere und blutdürstigen Tyrannen ihr Wesen treiben und, schlimmer als<br />
die Wölfe, gerade unter ihren Heimats- nnd Stammesgenossen ihre Opfer<br />
suchen." Bestimmte Nationen treten uns jedoch erst einige Jahre spater<br />
entgegen. 16^3 finden wir in Nostock die Landsmannschaft <strong>der</strong> Westfalen,<br />
einige Jahre darauf auch eine Osnabrucklsche, die jedoch bald in jene<br />
aufging, und 1li:)3 die Ärandenbnrg'Märkische. Der Stamm des<br />
Rostockischen Landsmannschaftswesens aber waren wohl die von den stets in<br />
größerer Zahl in Nostock studierenden Mecklenburgern uud Pommern<br />
') a. a. O., S. 294.<br />
') Golinsll, a. a. O., S. 22.<br />
2) Das folgende verübt im wesentlichen auf A. Hofmeisters Aussah<br />
„Rostockcr Slndemellleben vom 10. bis ins 19. Jahrhun<strong>der</strong>t" (Archiv für Kulturgeschichte<br />
III, S. 171-196).
is zur Mitte des 1s». Jahrhun<strong>der</strong>ts. 73<br />
gebildeten Nationen, wenn auch ihre Namen erst etwas später belegt siud.<br />
Seit den 3l)er nnd 40 er Jahren begegnen uns anker den bcldcn gcuaunten<br />
noch Holsteiner, Pommern, Lchlcsicr, Mecklenburger. Braun-<br />
schweig
74 Studentische Verbmdnnften in (Areifswald<br />
im 15. Iahrlum<strong>der</strong>t gestifteten Universitäten ansier ?ewzig.') Vielmohr<br />
glie<strong>der</strong>te sie sich nnr in Fakllltaten. Das studentische Vebeu spielte sich anch<br />
hier in den Vurscn, ^wntm^ o<strong>der</strong> èssenti««, ab, an <strong>der</strong>en Evitzc ein<br />
«-««tor lmr^k', ressonf; !,ur8mn o<strong>der</strong> anch massi^dor ressent.iltrunl stand.<br />
Die Artistenfakultät besaß zwei ^afultätshäui'cr, cnNessium nln.,uf; nnd<br />
cnü^ssinm minili die zugleich alo Numersitatsgebüude wie als Bursm<br />
diellten. Naturgemäß wnrden annerhalb <strong>der</strong> :'lrtistellsalultät als Prwlw<br />
untcruehmen entstehende Vnrsen, wie solche 1-19! Peter ^uaudt nnd !4Mi<br />
<strong>der</strong> Älagister Iodokus') ini Hanse de? verstorbenen l^r. Rubcuow gegen<br />
dcn Willen <strong>der</strong> Fakultät errichtete, von dieser mit schelen Angen angesehen.<br />
Magister Indoln?' Bilrjc bezeichnet <strong>der</strong> Dekan des Jahres 1Ue^nlii«r6Nl, 0ui innr^ et rntio vide colllzt^ret.^ n^ähleu<br />
müsset) Mit dem Bordringen des Hnmanismns griff dann aber anch in<br />
l^reifswald eine freiere Weltanschauung Platz, nnd <strong>der</strong> Bnrienzwang lzöne<br />
') In Inaolstadt sqessründet 1^77) war die Glie<strong>der</strong>ung in Nationen geplant,<br />
aber nickt ausa/mlnt. Verql. (^V Kaufmann, Die
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 75<br />
auf. Von großem Einflüsse auf die Umgestaltung <strong>der</strong> Verhältnisse war<br />
auch die 15'55) erfolgte Ncorganisation <strong>der</strong> Universität <strong>Greifswald</strong> und <strong>der</strong>en<br />
Umwandlung in eine protestantische .nochschnle, nachdem sie, wenn sie anch<br />
als zu Necht bestehende Korporation fortdauerte, doch in einen Zustand <strong>der</strong><br />
Auflösung geraten war, dic ^ahl dcr Vehrer nnd Btndcutcn sich stark ver-<br />
min<strong>der</strong>t hatte, nnd die Vorlesungen fast sämtlich eingestellt wordeu nmreu.<br />
Wir weudcn uns znr Deposiliou, <strong>der</strong>en Hauplsik zlluächft d,e<br />
Vursen waren. Wie nns schon in den ältesten Statuts <strong>der</strong> Unlverntätcn<br />
Wien, Köln und Erfnrt Warnnugen nud Verbote dicicr Tille begegnen,<br />
so finden wir sie auch bereits in den Satzungen <strong>der</strong> l^veisswaldcr Artisten-<br />
fakultät von 1^5
75 Studentische Verbindungen in Oreifswatd<br />
Religion — heute würden wir sagen, in allgemeiner Bildung — unter-<br />
warf, ihm nach <strong>der</strong>en Bestehen gute Lehren für seine Studien und Lebens-<br />
führung gab und ihn dann dem Magister überwies, <strong>der</strong> ihm den Universitäts-<br />
satzungen gemäß als Präzeptor dienen sollte. Nach Ableistung des Aufnahme-<br />
eides streute <strong>der</strong> Dekan dem Deponenten Sah anf die Zunge und goß ihm<br />
Wein auf den Kopf, worauf er sich lAesiätt und Hände waschen und dem<br />
Dekane und den sonstigen Anwesenden, Eltern, Freunden usw. danken mußte.<br />
Es folgte dann <strong>der</strong> übliche Depositionssckmaus. Die Gebühren für den<br />
Depositor betrugen in <strong>der</strong> Negel N Schilling, Arme wurden umwmt<br />
deponiert, Reiche zahlten ','< dulden.<br />
Im Jahre 15»:")H erfolgte eine Abän<strong>der</strong>ung des Nitus <strong>der</strong> Dcvosition,<br />
die nunmehr öffentlich stattfand. Den Anfang machten Herzog Philipps I.<br />
Löhne, Johann Friedrich, Bogislaw XIII. und Ernst Ludwig, die mit zehn')<br />
jnugeu Adeligen unter dem Dekanate lAeorg Holsteus am ^. Februar 1558<br />
feierlich deponiert wurden.") Ihrem Beispiele folgten in Holsteus Dekanats-<br />
jähre über Al), von denen aber, wie <strong>der</strong> Dekan betrübt hinzufügt, nur 22<br />
deu ihm statt des Depositionsschmauses zugebilligten halben Taler bezahlten.<br />
Am ^
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 7?<br />
Den gleich nach <strong>der</strong> Depositino. <strong>Greifswald</strong> wie<strong>der</strong> Verlassenden, ohne wirklich<br />
dort zu studieren, wie es öfters vorkam,') sollte es freistehen, etwas pro<br />
l6(Iim6uäi8 conudu^) zu zahlen. Die auf <strong>der</strong> Universität Bleibenden<br />
sollten den in <strong>der</strong> Ökonomie, d. h. dem Speisehause <strong>der</strong> Universität,<br />
Speisenden '/z Gulden zu einem Belage o<strong>der</strong> sonstigen Zwecken spenden,<br />
eine Verpflichtung, von <strong>der</strong> die Adeligen und die sonst zur Deposition<br />
(Näsle Einladenden befreit waren. Die Ocposition^wertzeugc nnd kleidnng,<br />
zu <strong>der</strong>en Anfertigung im Jahre 15>9s> 8 Gulden i:i Schilling ausgegeben<br />
wurden/) mußten an einem sauberen Orte aufbewahrt und von dem<br />
Depositor seinem Nachfolger in gutem Zustande übergeben werden. Die<br />
Dcpositionsbräuche sollten <strong>der</strong> Person und <strong>der</strong> Zeit angepaßt sein, Possen-<br />
remerei und (Grobheiten vermieden, vielmehr die Anwesenden durch gute<br />
Scherze erfreut werden. Auch sollte <strong>der</strong> Depositiousakt nicht länger als<br />
eine halbe Stunde in Anspruch nehmeu.<br />
Ahnlich wie in den Uuiversitätssatzungen von 1545) lauten die<br />
Nestimmungen über die Depositimi in denen <strong>der</strong> philosophischen Fakultät<br />
von !
7tt studentische Verbindungen in Oreifswald<br />
verpflichtet, vielmehr stand es jedem frei, den Dekan nnd sonstige Professoren,<br />
auch den Depositor und an<strong>der</strong>e Stndcntcn zu einem Schmause einzuladen<br />
o<strong>der</strong> nicht.<br />
Am 2. Inni I627 fand eine Deposition in Gegenwart Herzog<br />
Vogislaws XIV. statt. Im gleichen Jahre wurden die Depositious-<br />
gcbilhren für fürstliche o<strong>der</strong> gräfliche Personen znr Hälfte dem Dekane, ^nr<br />
Hälfte den Professoren <strong>der</strong> philosophischen Fakultät zugebilligt.')<br />
Negen Ende des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts scheint die Depositen in (Areifs-<br />
wald allster l^ebrauch gekonliueu zil sein. Die letzten riw Deponierten<br />
durften Johann Ludwig Würffcl ails ftireifswald, Karl Rango ans Stettin,<br />
Abrahanl nnd Ialob Droyscn aus Grcifswald gewesen sein, die am<br />
9. April Ki'.N deponiert wurden.^) Seitdem wird sie in <strong>der</strong> Universitäts-<br />
matrilel nicht niehr erwähnt/) und in den Satzungen <strong>der</strong> philosophischen<br />
Fakultät aus <strong>der</strong> Mitte des Itt. Jahrhun<strong>der</strong>ts heißt es: Iliws äepaöitioniF<br />
iustiz ex c^n^is per ^i^uoä <strong>der</strong>upuü ^d8ervawm non 03t, nso nuno<br />
lloln «sni^u^m l»(i eurn t6ll6l)itur.^) Und um dieselbe Zeit (1747) konnte<br />
v. Balthasar sagen: I^kkellw i^ntem »eculo äurleriori 6tittm die<br />
in l tiieol.<br />
Friedrich N a m m aus Eberswalde als Pedell <strong>der</strong> aus die Teposition bezügliche, aus<br />
srühcicn Bestallungen übernommene Paragraph, ist aber in <strong>der</strong> Ausfertigung gestrichen.<br />
Univcrsilätbarchw zu Ormswald: 1) 89k Vol. I. Praktisch geübt wurde sie a<strong>der</strong> nicht<br />
mein, dic Hauptsache waren die Gebühren.<br />
' Dähnert, Sammlung Pomm. u. Rüg. ^andes-Urkunden I, S. 9'.18.<br />
b) A. u. Balthasar, kixa oraliouum, S. 9.<br />
6) Tasür war eine Gebühr zu entrichten, meist zwei Gulden.<br />
') Grenswal<strong>der</strong> Matrikel 1, S. 423.
is zur Mitte d^s 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 79<br />
in <strong>der</strong> Praxis ebenso erfolglos wie an<strong>der</strong>swo. Im Jahre 1s>4s) wnroe<br />
Philipp Gerschmv ans Sagard a. N. nnd ll,4_l Friedrich :licny alls Stettin,<br />
jener „ob inZignem petulnntinm 8l?oli«tictlni zinc omni pic^w, pu6oltt<br />
Ot r6vor6nt.i9. in o0N8^)(?cl.u mli^llit'l^l !» ^ l,»tio^ »ctwllt^."')<br />
^)iachdem im Jahre K'»4^ Oreifswald endgültig an Schweden gefallen war,<br />
ließ es sich die schwedische Negicrnng angelegen sein, mancherlei Mißstände<br />
abzustellen, die an <strong>der</strong> Universität eingerissen nnd bei <strong>der</strong> Unklarheit <strong>der</strong><br />
politischen Verhältnisse natürlich nicht besser geworden waren, ^u diesen<br />
gehörte anch <strong>der</strong> Pennallsmno, dessen Beseitigung mit in erster Hnic erstrebt<br />
werden sollte, nachdem l»i4H seitens des Rektors und Senats ein neues<br />
Mandat gegen den Pcnualismus ergangen war/) dem u;s>7 ein weiteres<br />
folgte/) und Kibi anch die Vandständc Schwedisch-Pommerns energisch darauf<br />
gedrungen hatten/) „Wegen des hochschädlichen l^in^Iisiren" hcisu es in<br />
<strong>der</strong> Instruktion an die zur Einrichtung <strong>der</strong> Verfassung des schwedischen<br />
Pommerns ernannte Kommission vom l>5. April 1^'^) „wollen I. K. ^i.<br />
auf Mittel und Wege dedacht seyn, wie sie dcsfalß mit den benachbarten<br />
evangelischen Chnr- und Fürsten darüber Unterredung pflegen nud solchen<br />
verde;blichen Unwesen auf Dcrosclbcn ^.calienn^n verwahret, sa gantz<br />
abgeschaffet werden könne. Imuuttclst sollen die Ommn^ül'li) von dell<br />
?ros688orldu3 zu lhreiffswald <strong>der</strong>o Bedenken und Borschlage crso<strong>der</strong>n, allf<br />
was ^lunier und waß Ahrt St(r)afeu auch daselbst <strong>der</strong> l^n,lxll«mu8<br />
abzuschaffen sey. Daranf sich dann I. K. M. nach einkommenden <strong>der</strong>o<br />
Äedencken ferner äeolarircn, auch, was zu destcn Abstellung dienet, best-<br />
möglichst nnd mit sonoerbahrem Eifer veranlagen wollen." Wie das lhllt-<br />
achten <strong>der</strong> Universität lautete, wissen wir mcht, doch war es sicher im Smne<br />
<strong>der</strong> ^iegierung, denn „Ihr. Köuigl. ^iaytt." hetßt es in <strong>der</strong> Resolution <strong>der</strong><br />
Königin Chrlstiua vom ^4. September 165>3/) „laßen Ihro fürs an<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> ^nivsrkiUU gethanen Vorschlag wegen Abschaffung des hochschädlichcn<br />
I'ennu.1-Wesens in den Teutjchell ^cn7 ebendaselbst. Er man<br />
und Horn, a. a. O. Il, S. 340, Nr 634«^.<br />
') Vergl. Polnm. Monalöblätter XlX (1905), S 123.<br />
b) Staatsarchiv zu Stettin: Mskr. aus oer Bibliothek oes Appellalionssscrichts<br />
zu (^reiiSluald, Bd. 2x2, Bl. 3v.<br />
°) a. a. O., Bl. 6.
6s) Studentische Verbindungen in Greisswald<br />
angerichtet, sich ehisten zu vereinigen, damit wie<strong>der</strong> solch Unwesen auf dem<br />
Nciche-tag ein ^oller^I-^^chott dawie<strong>der</strong> zm!,Il>ir5 und darnbcr fest und<br />
steiff gehalten werden lnögc. Zu welchem Ende und damit solches desto<br />
ehr und bcßer z>lias^lljrell möge, 3ie Ihren zu Regensplirg itzo anweseudcu<br />
Gesandten gewiße 0ll!r6 oe^fals alsofort ertheilen wollen." Das Ergebnis<br />
war <strong>der</strong> schon erwähnte Neichstagsoeschlutz zu Negcnsburg (N>5>4) und<br />
für (Areifswalo insbeson<strong>der</strong>e das Edikt <strong>der</strong> schwedischen Regierung „die<br />
gäuhliche Abschaffung des hochschädlicheu Pennal-Wesens ausf <strong>der</strong> König!.<br />
I.lmvel'ZttiU zu ^irciffswald bctrefseud" ci. ä. Wolgast, den W. März 1
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. ^<br />
Mißhandlung <strong>der</strong> jüngeren Studenten begünstigt und gepflegt wurde. Wie<br />
gestaltete sich mm das Landsmannschaftswcsen in Greisswald? Unter<br />
herzoglich pommcrscher Herrschaft, also noch zu einer Zeit, wo es im benach-<br />
barten Rostock schon stark ausgebildet war, finden wir in (^reifcwald teme<br />
Spur irgendwelcher Landsmannschaften. Erst im Jahre l
83 Studentische Verbindungen in <strong>Greifswald</strong><br />
geballert, denn bald drang etwas davon zu den Ohren <strong>der</strong> ttniversitätsbehöidcn,<br />
welche die ckr6ctDr63 zitierten, aus <strong>der</strong>en Aussagen allein wir<br />
über die Entstehung und Einrichtung dieser Verbindung etwas wissen.<br />
Das Ergebnis <strong>der</strong> Untersuchung war das Mandat vom 5). Juli N)4l,<br />
das in geharnischten, mit bitterer Ironie gcmiichten Worten die Berbiudung<br />
bei Strafe <strong>der</strong> Nelegation verbot und, wie es scheint, mit durchgreifendem<br />
Erfolge, da uns weiterhin keine Spur von dieser ro8r)u!)Iiu. o<strong>der</strong> kocier:^<br />
begegnet, von <strong>der</strong> auch die Matrikel o<strong>der</strong> die Dckanatsbncher keinerlei<br />
Noliz genommen haben.<br />
Etwas an<strong>der</strong>s wurde es, als Grcifswalo U'>4N an die Krone<br />
Schweden gefallen war. Und uun tritt uns hier eine höchst erfreuliche<br />
Erscheinung entgegen. Während im benachbarten Nostock die ^andsmanuschattcu<br />
uus cm deutliches Abbild <strong>der</strong> Zerrissenheit uusercs deutscheu<br />
Vaterlandes boten — wir fanden dort Westfalen, Märler, Pommern,<br />
Holsteiuer, Schlcsier, Misno-Thüriugcr, Orauuschweig-Vunedurger,<br />
Preußeu, Friesen, Mecklenburger, ia sogar eme beson<strong>der</strong>e<br />
Nostockische Natioll —, waren die deutschen Studenten m Grcifswald, wie<br />
im Mittelalter die Dentschen in Paris, Bologna usw., sich ihres Deutschtums<br />
bcwusu uuo grüudctcu eme Deutsche Nation ueben <strong>der</strong> uns zuerst Ittdi<br />
begeguendcn schwedischen Nation. Wir dürfen wohl mit Sicherheit<br />
annehnlen, daß es sich hier um eme deutsch.natioliale Strömung in <strong>der</strong><br />
Studentenschaft handelte, in gewissem (Negeusave zu <strong>der</strong> Proscssorenschaft,<br />
die sich mit dem Übergänge an die neue Herrschaft leicht abfand, ja wohl<br />
gar zu Schweden geradezu hingezogen suhlte.<br />
Ehe wir uns näher mit diesen beiden Nationen beschäftigen, müssen<br />
wir bei <strong>der</strong> Frequenz <strong>der</strong> Universität uud besou<strong>der</strong>s bei <strong>der</strong> Nationalität<br />
<strong>der</strong> Studierenden eilten Augenblick verweilen, wobei ich mich auf die lel.ueu<br />
Jahrzehnte pommcrscher Selbständigkeit, die Iutcrims'-Negieruug uud die<br />
Zeit bis zum Frieden von St. Germain beschränke.<br />
Die Einwirkung <strong>der</strong> polnischen Ereignisse jenes bewegten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
auf den Zufluß <strong>der</strong> Stuoicreudeu nach (Grcifswald ist aus den Zahle» <strong>der</strong><br />
dort Immatrikulierten klar ersichtlich. Wurden 1622/^3 und 1023 L4<br />
noch 130 uud litt iuskribicrt, so sank die Zahl am Ende des Jahrzehnts,<br />
als die Kaiserlichen in Vorpommern hausten, auf 15 (1027 2A), 17<br />
(l629/2'.y und 3u (1029/30). Als ruhigere Zeiten eintraten, stieg sie<br />
Mim <strong>der</strong> 30er Jahre ans l3l> (1034/35>>, 57 (1635'3
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 5N<br />
nach dem Anfalle an Schweden hielt sie sich auf ziemlich gleichmäßiger<br />
Höbe, um während <strong>der</strong> Wirren <strong>der</strong> Jahre !65«—60 auf 45), bczw. 37<br />
herunterzugehen. Anch die folgenden Zähre brachten gerade keine nennens-<br />
werte Stclgernng des Zuflusses, <strong>der</strong> erst l665»/66 wie<strong>der</strong> NX), im folgenden<br />
Jahre freilich mir 64 Studierende betrug, eine Zahl, anf <strong>der</strong> er sich vis<br />
zur Mitte <strong>der</strong> 70 cr Jahre mit kleinen Schwankungen nach nnten und<br />
oden hielt. Dann brachten die von nenem über Porpommern herein-<br />
brechenden Kriegsjahre einen rapiden Stur.5, da 1675/76 nnr 1, 1676/77<br />
31, das Vorpommern beson<strong>der</strong>s heimsllchendc Jahr 1677/78 gar nnr<br />
9 Studierende nach <strong>Greifswald</strong> führte, bis die Zahl 1078/79 auf 31 und<br />
nach dem Frieden 1679/W anf 02 stieg.<br />
Was die Nationalität angeht, so stellten die Pommern natürlich das<br />
Hauptkoutingcut, es folgten die an<strong>der</strong>en Deutschen, dann die Schweden und<br />
endlich die übrigen Allslän<strong>der</strong>, nntcr dellen am zahlreichsten die Vwlän<strong>der</strong><br />
waren, neben denen wir Dänen, Böhmen, Ungarn, Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> n. a. siudcu.<br />
War <strong>der</strong> Znzng ans den nordischen Län<strong>der</strong>n, insbeson<strong>der</strong>e ans Schweden,<br />
schon seit <strong>der</strong> Grnndnng <strong>der</strong> Universität nicht nnbedcutend — 145>6l wurdeu nicht<br />
weniger als 26 Schweden luskribiert, also etwa !""/ aller Immatriklllicrten.<br />
Freilich nahm die Zahl in den nächsten Jahren wle<strong>der</strong> ab, jo finden wir<br />
1651-52 nnr 11, 165)2/53 11), l 65)7/5.^ 6, 15)ft^)9 2 und Kl5)9 "/y, Schweden. In den folgenden<br />
Jahren sank die Zahl ein wenig, hielt sich aber auf ungefähr 3
54 Studentische Verbindungen m <strong>Greifswald</strong><br />
1662/63 die Zahl <strong>der</strong> inskribierten Schweden ans 55 "' stieg. Könnte<br />
darin nicht ein gewisses System <strong>der</strong> schwedischen Regierung zu sehen sein,<br />
die vielleicht die schwedischen Studenten geradezu nach <strong>Greifswald</strong> zog, um<br />
ans diese Weise die Universität zu suezisicreu? U>62 63 finden wir außer<br />
deu 26 Schweden noch 2 Danen, denen gegenüber nur 19 Deutsche, davon<br />
12 Pommern, inskribiert wurden. Jene ^ Skandinavier — die beiden<br />
Dänen werden sich vermutlich zu den Schweden gehalten haben — bedeuteten<br />
den 19 Deutschen gegenüber für die schwedische Regierung eine gewiß nicht<br />
zu unterschätzende Unterstützung. Schon im folgenden Jahre aber stieg die<br />
Zahl <strong>der</strong> Deutschen auf 65), davon 49 Pommern, gegcnnber 16 Schweden,<br />
1664/65 wurden 42 Deutsche l.'>() Pommern) und 1^ Schweden, 1665/66<br />
61 Deutsche l,46 Pommern) und A:i Schweden inskribiert. In <strong>der</strong> Folge-<br />
zeit haben die Schweden niemals mehr das Übergewicht erlangt. Der<br />
Snezisicrnngsplan dcr Negicrnng, wenn ein solcher bestanden hat, war<br />
gescheitert. Infolgedessen hörte auch dcr starke Znzug aus dem Norden auf,<br />
zumal da 16l>x in Vund eine neue Universität gegründet wurde, die<br />
beson<strong>der</strong>s von den Studierenden aus den südlichen, 165N an Schweden<br />
gefallenen Provinzen Sckonen, Vlekinge und Halland aufgesucht winde. ^<br />
Diese hatten nach l65^ das Hanpttomiugeut dcr m lHreifswald studierenden<br />
Schweden gebildet, wahrend vor<strong>der</strong> hauptsächlich Studenten aus Ostcrgotland<br />
und Snnüaud nach (Ärcifswald gczogcu waren.<br />
Wir wenden uns nun dcu beiden oben erwähnten Nationen zu.<br />
Pon dcr Schwedischen Nation wissen wir herzlich wenig. Sie<br />
begegnet uns nur im Jahre 1651, wo <strong>der</strong> Vlvlän<strong>der</strong> Adolf Marsin wegen<br />
Beleidigung <strong>der</strong> Schwedischen Nation stillschweigend auf zwei Jahre relegiert<br />
wurde. Trotzdem verklagte diese die Professorenschaft bet <strong>der</strong> Negierung,<br />
daß sie in dem Streite zwischen dem Schweden Daniel Äagge und jenem<br />
Marsin die Partei <strong>der</strong> deutschen Studenten ergriffen hätte.*) Weiterhin<br />
hören wir von ihr nichts mehr. M^uvtclc Mitglie<strong>der</strong> wird sie ja auch<br />
nie gehabt haben, da ihr nur die Natioualschwcdcn, höchstens etwa auch die<br />
Dänen llnd Norweger, angehörten, keinesfalls aber, wie Fabricius und<br />
an<strong>der</strong>e irrig annehmen, die schwedisch Pommern, die sich vielmehr zu den<br />
Deutschen hielten und vielleicht gar dic Triebfe<strong>der</strong> dcr deulichnationaleu<br />
Bewegung in dcr l^reijswaldcr Studentenschaft waren.<br />
Dle ersten Spuren <strong>der</strong> Deutschen Nation, allerdings noch nicht<br />
unter diesem Namen, finden wir 1655.^) Als Deutsche Genossenschaft<br />
') Vis 1658 hatten die Studenten aus diesen Provinzen wohl meist in Kopenhagen<br />
studiert.<br />
') Grenswal<strong>der</strong> Matrikel II, S. 89, 41.<br />
') In dem Mandale des Rektors und Senats ä. ä. 9. Dezember säominioa<br />
II. ^.äveum«) 1655 in den S. 79, Amn. 2, erwähnten ^(näemica Oi^pliizlä<br />
Vol. 1 heißt es: ^uoä emm lisn pr3.6t.sr UtNuram in oorpory lmmauo
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 85<br />
begrüßt? sie dann dic Herzogin Anna von Croy bei ihrem Vcsnchc in Greifs-<br />
wald mit dcm eingangs erwähnten (Gedichte. Im gleichen Iahrc nalim sic cin<br />
Siegel an, das einen fünf Pfeile in <strong>der</strong> Hand tragenden Mann darstellte<br />
mit <strong>der</strong> Umschrift: ^mww j'm-tmr. wlil ihr ist wohl anch <strong>der</strong> 5?/58 waren 7 —ft Studierende, darunter mehrere<br />
Greifswal<strong>der</strong> Stadtkin<strong>der</strong>/) wegen ungewöhnlicher Bergchen, vielleicht penna-<br />
nimium 6xcrt»8een3, lwc, non (lil^m tÌ8cu8 nalionalis u^r«. 8oUtum sliam<br />
looi tur^e^cen», ^o8e, c;uem in 8M,i voäUn ^oiltil; et, cil^nmlVl'ti»<br />
V05, »i odiili 08ti3, mou^dil,, qnantopere vodi«<br />
N0Vlt.Ì05 piaetei' Itl'it'eln ile Nlvllnm ridilli» kXli0ij0njdn3 N0V0<br />
nkt^näo 6l K»cu,il, ut.<br />
aä Ciinvivia tum civica^ tum neaäemion,. ynin et conv< nticul». ali«. n»ii>l8l,^n<br />
e^llH concilii academici Vol. IV (1636-1659!.<br />
^ Tiefe bezeichnet patricii, nicht Patrlziersöhne, wie v. Petersdorff meint.
86 Studentische Verbindungen in <strong>Greifswald</strong><br />
listischer Natur, ans zwei Jahre relegiert worden. Diese veranlagten durch<br />
eifrige Agitation die Deutsche Nation, in ihrer Oesamtheit als Ver-<br />
teidigern ihrer Augclegeuhcit aufzutreten. Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> die gemeinsame Sache<br />
im Luche licste und sich nicht rückhaltlos <strong>der</strong> Deutschen Nation anschlösse,<br />
wurde in Verruf gesteckt. Die verschiedensten nachteiligen Gerüchte über<br />
die Universität wurden in den Nachbaruuioersitcucu ausgesprengt. Die<br />
Professoren, hiesi es, behandelten die Studenten als Bediente, träten ihre<br />
Privilegien mit Füßen, und es sei keine Spur akademischer Freiheit zu<br />
finden. Hierzu kam, daß <strong>der</strong> Rektor dell mit Appellation an die Regierung<br />
gegen das Urteil <strong>der</strong> akademischen Behörde drohenden Studenten bedeutet<br />
hatte, in solchen summarischen Fällen sei eine Berufung nicht angängig,<br />
was von den Studenten dahin ausgelegt wurde, als wolle man ihnen über-<br />
haupt das Recht <strong>der</strong> Berufung nehmen. Die Folgen blieben nicht aus.<br />
Der Besuch <strong>der</strong> Universität ging zurück, ja sogar die Knaben, die aus den<br />
benachbarten Orten zur Deposition nach (Arcifswald zu kommen pflegten,<br />
ließen sich abschrecken. So gingen z. B. die vom Stralsundnchcn (Hymuasium<br />
nach Rostock.') Doch hätte <strong>der</strong> Konflikt zwischen Studenten und Professoren<br />
wohl kaum eine größere Ausdehnung angenommen, nnd die ganze Angelegen-<br />
heit wäre im Sande verlaufen, da die meisteu Studiereudell bereits wie<strong>der</strong><br />
die Vorlesungen zu besuchen anfingen, weun nicht eiue Regicruugs-Kommission,<br />
bestehend aus den ^audräteu Hciurich von <strong>der</strong> Osten, Joachim Kuuo voll<br />
Owstien, Hans von Küssow uud dem Stralsundischen Syndikus Johann<br />
Balthasar Charisius, die Ablieferung <strong>der</strong> Bücher, ^adeu und des Siegels<br />
<strong>der</strong> Deutsche« Natiou angeorduet hätte. Diese For<strong>der</strong>ung goß wie<strong>der</strong><br />
Öl ins Feuer, da die Studcuteu dariu einen Allgriff auf ihre blüheude<br />
Vereinigung und den ans den an<strong>der</strong>en deutschen Universitäten eingebürgerten<br />
Peunalisullls zu sehen glanbteu uud zwar trotz <strong>der</strong> gegenteiligen Bersicheruug<br />
<strong>der</strong> Rcgicrungs-Kommissarc mit Recht, wenn wir uus des Vorgehens <strong>der</strong><br />
schwedischen Regieruug gegen den Pennalismus zu Allfang <strong>der</strong> 5t)er Jahre<br />
und ihrer Mitwirkuug bei dem Neichstagsbeschlussc von ll!54 erinnern.<br />
Vergebens vernichte die Kommissiou die Studenten zur Zuruckuahmc <strong>der</strong><br />
den akademischen Behörden zugefügten Beleidigungen zu bewegen, sie musue<br />
unverrichteter Sache abziehen. Nun suchten die älteren Studenten die<br />
Pennale aufzustacheln, sofort von <strong>Greifswald</strong> fortzugehen und auf au<strong>der</strong>en<br />
Universitäten sich vom Peunaljahre abwlviereu zu lassen. Diese verlangten<br />
vom Rektor, ihnen den Abgang zu gestatteu uud ilmeu Zeugnisse nber die<br />
Dauer ihrer Studieu in Hrnfswald zu geben, damit ihnen dle hier ver-<br />
brachte
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 87<br />
davon ab, da <strong>der</strong> Pennalismns, weil er an an<strong>der</strong>en Universitäten geduldet<br />
wurde, auch hier geduldet werden müsse, sofern uur eiuige Mißbrauche uud<br />
Auswüchse abgestellt wnrden. Damit schienen sich die jüngeren Studenten<br />
auch zunächst einigermaßen beruhigt zn habcu. An<strong>der</strong>s die alteren, <strong>der</strong>en<br />
Mißstimmung sich nicht so schnell beseitigen ließ, zumal ciuige unrnbige<br />
(Geister nicht unterließen, zu Hetzen und die gntc Ordnnng zu untergraben.<br />
Deshalb zitierte <strong>der</strong> Nrktor die gesamte Nation vor den Henat ^ollciliuln),<br />
hielt ihr ihr Unrecht nnd die ans ihrer hartnäckigen Wi<strong>der</strong>setzlichkeit erwachsende<br />
Gefahr vor, verhieß ihr aber Verzeihung, wenn sie ihre Schuld aner-<br />
kennen, Abbitte leisten und dnrch handichlaa. Gehorsam nnd Achtung <strong>der</strong><br />
akademischen Gesetze versprochen würde. Die Abgesandten <strong>der</strong> Nation,<br />
<strong>der</strong>en Sachwalter Peter Tuchs') war, lehnten in dcr Verhandlung vom<br />
1^. Juli 1 die Abbitte und das mündliche dnrch Handschlag bcträmgte<br />
Versprechen ab, erklärten sich aber berett, schriftlich i>eu d^r atadcmi»chm<br />
Behörde schuldigen (^chorsalli ailcrlcnncn nnd nm Amnestie für alles bic-hcr<br />
Vorgefallene bitten zu wollen. Die ^^chördc wandte sich an die gerade in<br />
Strali'ulld weilende Negierungs Kommission ulld bat llnl Verhaltllilgs-<br />
maßregeln. Diese riet znr Annahme <strong>der</strong> von dell Studenten vorgeschlagenen<br />
^orm nnd versprach eine Revision <strong>der</strong> Scwnugeu <strong>der</strong> Natiou uud dcreu<br />
Rckonstitution uach Bcscitiguug dcr Mißbrauche. Nach einigem Zan<strong>der</strong>n<br />
beschloß die akademische Behörde, ans den Vergleich einzugehen, nm die<br />
Angelegenheit endlich ans <strong>der</strong> Welt zu schaffen. (5ude August ll',59 wurde die<br />
gesamte Vereinigung wie<strong>der</strong> vor den Senat geladen mit <strong>der</strong> Maßgabe, sich<br />
nicht wie<strong>der</strong> durch einen Sachwalter vertreten zu lassen, son<strong>der</strong>n persönlich<br />
zu erscheinen. Man verkündigte den Studenten den Veschlnß dcr Professoren'<br />
schaft und machte den Vorschlag, daß sie da^ Gelöbnis des Gehorsams mit<br />
ihrer Unterschrift bekräftigen sollten. Zunächst verließen sämtliche Studeutcu<br />
ohne Antwort unter stummer Verneignng den Verhandlnugssaal, erklärten<br />
aber bald darauf durch den ösfcutlicheu Notar Joachim Paarmann ihre<br />
Bereitwilligkeit znr Ausstellung des verlangten Schriftstücks, das Paarmann<br />
namens <strong>der</strong> Genossenschaft (ZociedHg sive c
Studentische Verbindungen in Oreifswald<br />
möge aufgehoben werden, und seind erböttig dem ehrwirdigen<br />
alß ihrer ordentlichen Obrigkeit hinfuro ä^iitüm odedi^lltmin,<br />
et onltum zll pril^^tiren." ^) Der Vergleich wurde unterzeichnet<br />
Nlld ein Exemplar dem Nnivcrsitäts-Archive einverleibt,) ein zweites den<br />
Stlldeilten ausgehändigt. So wurde dieser Ttreit, den <strong>der</strong> Ncktor schließlich<br />
selbst als eine Tragikomödie bezeichnet, nach mehr als einjähriger Dauer<br />
beigelegt. In <strong>der</strong> Tenatssitzung vom 2l'>. August teilte danu <strong>der</strong> Ncttor<br />
mit, daß die Studeutcn ihn durch Paarmann hatten ersnchen lassen, „ihre<br />
I^E8 wie<strong>der</strong> zu oxtrnslieren ans Ursachen, es kahmen newc Ällrß, die<br />
nicht eingeschrieben werden kontten, auch weil niemand nach den 8wwlen<br />
sich richten koutte."^ (5l hatte versvrochen, die Ansliesernng bei den<br />
Negierungs-Kommissaren zu befürworten. Weiter crfadrcu wir über die<br />
Sache nichts mehr.<br />
In den nächsten Jahren bestand nun die Deutsche Genossen-<br />
schaft unbehelligt fort.") bis das Edikt vom 2»». März li>i>^ auch die<br />
„Teutsche Societät o<strong>der</strong> Nation" aushob. Das Edikt greift offeubar auf<br />
die Vorgänge von 1l',5>'.i zurück, wenn es heißt: „Alß aber — — — auf<br />
dieser l'mvoi-ZiMt. (^reiffswald allerhand grobe ohnverantwortliche Rxee386<br />
verübet worden, hat die Kön: Pommerische Ncgieruug zufolge angeregter,<br />
Chrinlöbllchen llltc^lion zll ^lllffhcbuug <strong>der</strong> so geuandtcn ^«tiang.! ^ocieti^<br />
al»'; einer wahren Änmquellc aller solcher Olmgelegenheiten uud Übels,<br />
gewisse Persohucn anß dcln Mittel <strong>der</strong> Vöbl. Nittcrschafft und Städte ver-<br />
ordnet und Ihnen committit-cl, solche verbotene I^i^uO und<br />
') In den Alten finden sich bei <strong>der</strong> Verhandlung vom 12 Juli noch die ersten<br />
Entwülse <strong>der</strong> Fornici. Sie lauten:<br />
1. Weil ^o«l.lli 8tN(Iio50l»lm univ^r^o nickis licbers alft leconcili^tia cnm<br />
i^nlz)1l8^ilNli eollcili« llei-läklilicu als; ihrer!iDbri^feitt, flennet dieselbe, es sey<br />
illucn leid, das sie in dem, was vorgegangen, <strong>der</strong> Herren l'i-1i^illw usw. (wie unter 1).<br />
^) Tort ist es abcr nicht metir zu finden.<br />
") In den S. 85, Anm. 3, erwähnten Alten.<br />
^ Ob <strong>der</strong> in <strong>der</strong> ("ren^lval<strong>der</strong> Matrikel l l, S. 84 erwähnte eostus LtuäioLorum,<br />
dessen Bewassuung zur Vcrmdissmia. (^ren'?walds ftrgcn die Brandcnbllrgel de^<br />
s Kollmiandant Vuichald Müller vom Ncktor for<strong>der</strong>te, nur die Deutsche<br />
und nicht vielmehr die gesamte Ltudentenschast war, steht dahin.
is zur Mitte des !9. Iahrhundrrts. 89<br />
n zu äi88o1viren und cmff^uhebeu, das unterm Nahmen einer<br />
anlnassentlichen ^oc-ietiit l^nrpirtl-s ^liiillnm, Nnchcr nud Vade, saint deueu<br />
deu juugen beuten abgenötigtcu und nprcsscten s^onliu^ten. so gcuandlelt<br />
^,'800, abzufo<strong>der</strong>u lllld öi^ zu ferncr Ailol'dllunge zu llepol„rcll." Weiter<br />
wendet es sich gegen den Pennalismns, den es als „eine «entmnm omnium<br />
vitinrum et criminnm" bezeichnet nnd nnfs Schärfste verbietet, „also nnd<br />
<strong>der</strong>gestalt, das von nun an uud zu ewigen Zeilcu <strong>der</strong>selbe uud zugleich die<br />
davon depenäireiide, so genandte Teutsche Koci,'lat o<strong>der</strong> Xutio,,. iu welcher<br />
gleichfalß alß eiucr T^ertslalt uud Ollicil, viele Vaster, inwigleil, ^rcvcl,<br />
Villhtwill, inokedientx, Schwclgerey, ^ufleis^ uud Vngchorsalnb luedcoor<br />
geschmiedet uud hervor gebracht, wie nicht weniger die <strong>der</strong>oseldeu bischer<br />
gewesene ^mimstri nnd Haltdhaber die so genandte selbst ansfgcworifcne<br />
Aomt)i-e8, ^i.',c^j68, <strong>der</strong>o Hclffer und Helssert-Helner, wie sie ^ial)lnen habeil,<br />
samdt allen bischer verspürten ^reveldasftcu (tteld-llxucum»^,, den u^n,z>,lU',»<br />
angemasseten I^i^co^ arro^irwn ^i^ill«^ sich eigculhätlich zugeeigueteu.jln!l>l,^.<br />
i, denen darob gchalteuen notkn, nhrkundell uud ^licg^stcru, und wie es<br />
Nahmen haben magk, weiter nicht gelitten, gcwicrirsl llnd geduldet werden<br />
follen." (Gleichzeitig werdclt Nektar nud Senat beauftragt, auch ihrerseits durch<br />
ein Mandat „den I^iiilaligmum und alle 8c!iori3wricn. veldnl- nud roal<br />
et. ^x«.0Uull08, sampl <strong>der</strong> so genandtcn Teutschen N
86 mvicem vftl ma^8trntum et q<br />
Studentische Verbindungen in Oreifswald<br />
ll.^^et, qmiiket ^ud slnen«. rele^ilti^i'if. z)ull1ic^6 non ^ia «oium, 80l)<br />
in l'smsnellpl'atiL ü^lwmiig s)n^ic:nll^^ et. pia ciclici<br />
i,jsnini^ 62 anch nnr für<br />
den ersten Augenblick von Wirksamkeit war nlld schon 1iU»N eine Vandsmann^<br />
schaft <strong>der</strong> Pommern bestand, <strong>der</strong> bald eine Märkische nnd Holsteinische<br />
folgen,*) so ist auch in Greifswalo die Dcntsche (Genossenschaft sehr<br />
bald wie<strong>der</strong> aufgelebt. Nachweisbar ist sie allerdings erst im Jahre 167^,<br />
wo sie sich am
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 5N<br />
bestehenden Kriegszustand hingewiesen, wobei sich die Studenten als getrene<br />
schwedische Untertanen erzeigen, ein Beweis dafür, oasi die ^>,'il>w8 l-lpl-nnmil?:».<br />
wobl zum guten Teile aus Schwedisch-Pommern bestand, l^reifswald war<br />
damals von deu Kriegsstllrnle« uoch verschont geblieben,') nnd <strong>der</strong> schwedische<br />
Feldmarschali Otto von Kömgsmarä hatte am ^. Januar 1«;?tt bei<br />
Warksow auf Nügcu die vereinigten Kaiserlichen, Dänischen, Mimsterscheu<br />
nnd Brandenbnrgischen Kriegsvölker aufs Haupt geschlagen.'^ Die Deutsche<br />
Genossenschaft hatte zwar durch die Kriegswirren eine kleine Eiubuste au<br />
Mitglie<strong>der</strong>n erlitten, welche die Kriegsfurcht o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wuusch. audcre<br />
Gegenden kennen zu lcrncu, fortgetrieben hatte, doch fehlte es nicht an<br />
jungem einheimischen und auswärtigen Nachwüchse. Es wird dann auf<br />
den hohen erzieherischen Wert des durch eine Verbindung^) ausgeübten<br />
Zwanges hingewiesen, fnr diejenigen, welche dem Schnl^wange entronnen, die<br />
freie akademische ^nft atmen uud leicht über die Stränge schlagen/) Endlich<br />
wird noch beson<strong>der</strong>s betont, daß die Vereinigung keinesfalls deu <strong>der</strong><br />
akademischen Behörde schuldigen Gehorsam nnd die akademischen Gesetze<br />
verletzen wolle, vielmehr ihren Mitglie<strong>der</strong>n dessen Bezeugung und <strong>der</strong>en<br />
Befolgung zur strengsten Pflicht mache. Ihr Zweck soll allein seiu die<br />
Einigung <strong>der</strong> aus den verschiedensten Gegenden ili die Mllscnstadt <strong>Greifswald</strong><br />
zusammenströmenden Studenten zu gemeinschaftlicher Arbeit nnd die gemein-<br />
same Vertretung studentischer Interessen. Kit imkiz unn. i»»o„8 et<br />
in uilo ool-pars spiritu», ^usm llutri^ viri,13, Kcmo5ta5; et<br />
Das war wohl auch <strong>der</strong> Wahlspruch <strong>der</strong> Deutschen Genossenschaft.<br />
Der erste aus 15> Ftz bestehende Abschnitt handelt voll den Leitern<br />
<strong>der</strong> Verbindung, den Senioren. Es sind <strong>der</strong>en zwei, von denen <strong>der</strong> eine<br />
ein Einheimischer, silurici«», 0. h. ans <strong>Greifswald</strong> o<strong>der</strong> wenigstens aus<br />
Schwedisch Pommern, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ein Auswärtiger seiu soll. Sie stehen im<br />
Nange gleich, wechseln aber in <strong>der</strong> Führung <strong>der</strong> Geschäfte monatlich ab.<br />
Die Senioren allein berufen die MitgUeoer-Verjauunlungen, den Konvent,<br />
nur im Falle eines ernsteren Konflikts <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> mit ocu Senioren o<strong>der</strong>,<br />
wenn gegell einen Perwandten eines Seniors cillzmchreiteu ist, darf das au<br />
Jahren älteste Mitglied die Versammluug berufen. Kleinere Angelegen-<br />
hetten können die Senioren selbständig unter Hill,>il,^cliuilg zweier durch<br />
Ansehen und Einsicht hervorragen<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> erledigen. Bei wichtigen<br />
Sachen soll dagegen <strong>der</strong> Konvent entscheiden. Auf deu allgcmeiueu<br />
') Erst im Juli 1tt78 erschien <strong>der</strong> (Yroke Kurfürst vor den Toren<br />
2) Vergl. Gesterdmn, Pomm. Ma^azul li, L. 1'»0st'.<br />
2) Ncbeu äocier^ä komllicn noch die ^czeichllllngen oojle^ium,<br />
8, vi »lo, 80(Iuliuum vor, nicht aber das odwse n^l io.<br />
^ Ähnlich wird m dell Slantten <strong>der</strong> Universität die Notwendigkeit <strong>der</strong> Teposilioll<br />
begründet.
92 Studentische Verbindungen in Oreifswnld<br />
Konventen macht <strong>der</strong> Senior vorschlage imo gibi .^lkrft seille Stimme ab.<br />
Was die Senioren vorgeschlagen leiden, sollen die übrigen billigen, falls es<br />
nicht den afadenllichen l^cseven, dem le odcv den Interessen <strong>der</strong><br />
l^ellossenschaft wi<strong>der</strong>spricht. Doch dnrfen auch sonst in angeincsscncr Form<br />
Einwenonngen gegen die Annchteil <strong>der</strong> Senioren erhoben werden. Der<br />
gcschänsfuhrcnde Senior fntm anch die Matrikel <strong>der</strong> Verbindung, in die<br />
er die Namen <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> sorgsam einzutragen hat. Im ^alle einer<br />
Nci''e soll er sie dem Mltsemor o<strong>der</strong> einem an<strong>der</strong>en Mitgliede nbergebcli. Die<br />
Senioren sollen den übrigen Mitglie<strong>der</strong>n Vorbil<strong>der</strong> in lNcsmnung und<br />
Veben5wandel sein, an<strong>der</strong>nfalls ans dem Amte entfernt werden. Falls einer<br />
<strong>der</strong> Senioren stirbt o<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Universität anfsncht, soll innerhalb<br />
zweier Monate ein an<strong>der</strong>er an seine Stelle treten, den <strong>der</strong> Konvent ans<br />
Vorschlag des noch vorhandenen Seniors einsetzt, Falls aber gegen die<br />
Person des Vorgeschlagenen Einspruch erhobcn wird, ist ein an<strong>der</strong>er o<strong>der</strong><br />
noch besser zwei zur Answahl Voranschlägen. Das Amt des Seniors in<br />
ciu Ehrenamt. Um ihn aber fnr dcu Aufwand au (Held uno Zeit zu ent-<br />
schädigen, darf ihm je uach <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Amtsführung eiu Ouch — aber<br />
cill nicht allMteures — als ciu Zeichen <strong>der</strong> Daukbarkeit uud Erkenntlichkeil<br />
seitens <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> überreicht werden.<br />
Es folgt <strong>der</strong> zweite Abschnitt über die Mitglie<strong>der</strong> mit 17 tztz- In<br />
<strong>der</strong> Einleitung wird anf die oft große Frechheit und Uuverschämtbeit <strong>der</strong> iungeu,<br />
cbcu von <strong>der</strong> Schule kommeuden Studenten uud die Notwendigkeit, sie<br />
durch strenge Masiregelu zur Anlegung <strong>der</strong> ihnen anhaftenden Untugenden<br />
zu zwingen, mit an<strong>der</strong>en Worten auf die Deposition hingewiesen. Wer in<br />
die Verbindung anfgenommen werden will, hat sich bei einem <strong>der</strong> Senioren<br />
zu melden. Jedes Mitglied hat den guten Ruf uud die Würde des Studenten<br />
zn wahren, widrigenfalls er ausgeschlossen wird. Zu den Kouvcuteu und<br />
bei sonstigen Feierlichkeiten hat je<strong>der</strong> bei Strafe von ^/z Guldeu zu<br />
erscheinen, <strong>der</strong> nicht dnrch Neise, .Krankheit o<strong>der</strong> sonstige triftige Gründe<br />
verhin<strong>der</strong>t ist. Ebcmo hat je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zitation wegen einer das Oemciu-<br />
wM betreffenden Sache bei Vermeidnng von Strafe Folge zu leisten, doch<br />
soll man sich Huten, ein Hervorragelides Mitglied leichtfertig zu ziticreu o<strong>der</strong><br />
vernnglimpscn zu lassen, damit nicht das AmVheu dcr ganzen Verbindung<br />
lci5c. ^c<strong>der</strong> von den Senioren erteilte, nicht gegen Anstand nno gnte Sitte<br />
vclsw^eude Anftrag soll ohne Weigcrnng ansgcfühn werden. Alle Mitglie<strong>der</strong><br />
haben gleiche ^icchtc,') doch sollen die jüngeren gegen die älteren sich eines<br />
bescheidenen nno anständigen Benehmens befleinigen nud deshalb in dm<br />
lm Konventen auch erst die Ansicht <strong>der</strong> ältereu hören. Wenn die<br />
V' 5cr San. daft dieiemaen, welche nns Verdiensten ihrer Vorfahren o<strong>der</strong><br />
adeliger Abiwnnmma. cinen geistigen Vorrang für sich m Aiispruch nehinen, auslrelcn<br />
soUc,,, ist gestrichen.
is zm- Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 93<br />
Senioren diese Reihenfolge nicht innehalten, sotten sie von den Mitglie<strong>der</strong>n<br />
zur Beachtung dieser Bcstimluunqcu angehalten wcrdeu. Nach clfolgtcr<br />
Abstimmung sollen die Zeniorcn dic vcrichlcdeueu ^ieiuuugell gcgeu<br />
abwägen und das <strong>der</strong> Ansicht <strong>der</strong> Mehrheit Entivrcchcude zunl<br />
crdebeu, <strong>der</strong> allgemeine Gültigkeit haben und nicht ohne gan^<br />
Grunde rückgängig gemacht werden joU. Wer sich cmem Bcschiusjc<br />
selzt o<strong>der</strong> dic Sal.nlugeu mißachtet, ioll einer harten Strafe verfallen uud<br />
dcu ^iat zum Austritt erhalteu. Verletzung <strong>der</strong> Tchweigcpfllchl i,l ^>er-<br />
biuduugsaugclcgenheiteu soll vou den Senioren nut Strafe beleg! lncrden.<br />
Berhciratetc o<strong>der</strong> seilte in Amt und Wurden können uur mit blon<strong>der</strong>er<br />
Oeuehluigulig dcr Vcrbiuduug dieser angehörcil, also etwa außerordentliche<br />
o<strong>der</strong> Ehreu ^iitgliedcr werden.<br />
Der dritte Abschnitt in 14 38 bandelt von <strong>der</strong> Kasse, l^r:xrmm<br />
o<strong>der</strong> ti5c!U8, ohne die eine Verbindung nicht beuchen kann, da Ausgabcu<br />
mannigfachster Art erwachseu, jei es durch Veichcucarnnna o<strong>der</strong> dnrch<br />
lluterstnlzuug von Armen nsw., nnd es uuzwcckmäßig wäre, in jedem Ein^l-<br />
falle erst bel deu Äiitglie<strong>der</strong>u gleichsam herumzubcttelu. Es soll deshalb<br />
je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> die Universität neu bezieht, nach seinem Vermögen einen Beitrag<br />
iu die Kasse gebeu, dessen Höhe bei dem Nameu des Svcudevs ui <strong>der</strong><br />
Matrikel verzeichnet werden soll. Auch die Strafgel<strong>der</strong> und sonstigen Ein-<br />
nahmen fließen <strong>der</strong> Kasse zu. Dagegen scheinen regelmäßige Mouats-<br />
Semesterbeilrage nicht erhoben worden zu jcm. Dlc Acrmaltltug <strong>der</strong>.<br />
liegt zwei Kassenwarten, iiän^5, od. die sich durch Alter.<br />
und Bildung auszeichnen sollen; von ihueu must ciuer ein Einheimischer,<br />
s)i^ric'lU3, sciu. Mit Zustimmung des Hlouveuls können auch die Zcuiorcu<br />
die Kasse verwalteu nud zwar in <strong>der</strong> Negel <strong>der</strong> Eiuheimische. llriuruugllch<br />
sollte uur diefer dle H?asse fuhrell dürfcu, später ist die Bcstilumllug dahiu<br />
abgeän<strong>der</strong>t, daß auch <strong>der</strong> uicht einheimische 3euior, falls er den Mitglie<strong>der</strong>n<br />
zuverlässiger erscheint, die Kasseufilhruug ubcruchmcu darf. Eiuem lUl'ilglicdc,<br />
auch dem Kasfcuwarte selbst o<strong>der</strong> dem Senior, darf aus <strong>der</strong> Kane uur lint<br />
Zustimmung des Konvents uud gegen Hintcrlcgnng eines augelnesseueu<br />
Pfandes lNeld geliehen werden. Für etwaige Verluste hat <strong>der</strong> .^asseilwart<br />
aufzukomlueu. Entnimmt dieser heiuilich Geld aus <strong>der</strong> Kasse, so muß er<br />
nu Falle <strong>der</strong> Entdeckung den dreifachen Betrag zurückzahlen, wenn er aber,<br />
ohne Nechnung abgelegt zn haben, sich heimlich aus dem Staube macht,<br />
soll er cum infamia ausgeschlossen werden. Erweiseu sich 2venden an<br />
Arme o<strong>der</strong> sonstige Ausgaben als nötig, so hat <strong>der</strong> Kassenwart dem Konucute<br />
diesbezügliche Vorschläge zu machen, nach dessen Ermeiscu die Höhe <strong>der</strong> ^u<br />
zahlenden Summe festgesetzt wird. Je<strong>der</strong>zeit soll <strong>der</strong> Kasscuwan auf Wuusch<br />
Rechnung ablegeu köuuen. Zwei altere Mitglie<strong>der</strong> jollen zmammcu mit<br />
beiden o<strong>der</strong> eiucm <strong>der</strong> Senioren dic Kanc revidieren uuo, falls irgcudwie
Ü4 Studentische Verbindungen in <strong>Greifswald</strong><br />
Perdacht vorliegt, <strong>der</strong> Verbindung Anzeige erstatten. Wenn die Senioren<br />
o<strong>der</strong> die Kassenwarte einem Mitgliede eine Strafe auferlegt haben, ist<br />
Berufung an den Konvent zulässig, <strong>der</strong> nach Anhörung <strong>der</strong> Berteidigungs-<br />
gnmde den Vundesbru<strong>der</strong> verurteilt, weuu er überführt wird o<strong>der</strong> sein<br />
Pergehen durch hartnäckiges Schweigen zugibt. Wi<strong>der</strong>setzlichkeit wird mit<br />
Entfernung aus <strong>der</strong> Verbindung bestraft.<br />
Ten vierten uud letzten Abschmtt bilden in ll ßß Bestimmungen über<br />
die Kraft uud Gültigkeit <strong>der</strong> Satzungen, <strong>der</strong>en Verlegung uud Umgehung<br />
für um so unbilliger erklärt wird, je weniger sie den besetzen <strong>der</strong> Universität<br />
wi<strong>der</strong>sprechen. Etwa sich notwendig erweisende Zusätze sollcu auf einem<br />
beson<strong>der</strong>en Zettel o<strong>der</strong> am biande verzeichnet werden. Damit niemand<br />
Unkenntnis <strong>der</strong> Tagungen vorschützen könne, solleu diese jährlich drei- bis<br />
viermal alleu Mitglie<strong>der</strong>n von dem zuletzt eingetretenen o<strong>der</strong> in dessen<br />
Abwesenheit von dem nächst jüngsten vorgelesen werden.<br />
. April l ft7ft.<br />
Über die beschichte dieser Deutschen Genossenschaft, insbeson<strong>der</strong>e<br />
über die Zeit ihrer lAründuna hören wir nichts aus diesen Satzungen, die<br />
unteu im Wortlaute mitgeteilt werden,') da wir aus ihnen wenigstens über<br />
Zweck uud Einrichtung mauches Iutcressaute erfahren. Nur soviel wissen<br />
wir, daß sie schou eiuige Zeit bestand, nicht aber, ob sie sich als direkte<br />
Nachfolgerin <strong>der</strong> Deutschen Oenossenschaft aus deu 50er und 60er Jahren<br />
betrachtete, o<strong>der</strong> ob es eine Ncugründung war. Auch ist nicht bekannt, ob<br />
fie ein Siegel hatte, ob die Mitglie<strong>der</strong> irgendwelche Abzeichen und Farben<br />
trugen. Ebensowenig sind uus Namen von Mitglie<strong>der</strong>n überliefert. Auch<br />
über die Stellungnahme <strong>der</strong> akademischen Behörde zu ihr siud wir völlig im<br />
Unklaren, ob sie nur insgeheim bestand o<strong>der</strong> schweigend geduldet o<strong>der</strong> offiziell<br />
anerkannt wurde. Doch ist eiue förmliche Ancrteunuug seitens <strong>der</strong> Behörde<br />
nicht sehr wahrscheinlich, da <strong>der</strong> oben erwähute 3 III <strong>der</strong> besetze für die<br />
Studierenden noch lauge nach dem Jahre 1
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. N5<br />
einzugehen sich erübrigt, l) bis am 2. September 175)0 die völlige Auf'<br />
Hebung aller „Verbindungen und Gesellschaften unter dem Namen <strong>der</strong>er<br />
Landsmannschaften o<strong>der</strong> baione,,- verfügt wnroe. Erst im Jahre 1751<br />
hören wir wie<strong>der</strong> von einer ^creinignng <strong>der</strong> Studierenden, einer Art allge-<br />
meiner Burschenschaft, mit einem senior an <strong>der</strong> ^pu
s^» studentische Verbindungen in Oreifswald<br />
Bis zum Beginne des l9. Iahrhnn<strong>der</strong>ls fehlen nun iegliche Nach-<br />
richten ilbcr studentische Vcvbiudnngcn irgendwelcher Art. Anch die au<strong>der</strong>-<br />
winl? bluheuden Ttlldentcuordru scheinen ,n Oreifswald keinen Eingang<br />
gcsnnden zu haben,') wenn auch Angehörige solcher Orden in (Oreifswald<br />
stndlcrt haben. So war z. B. <strong>der</strong> nnt Jahn in Händel verwickelte Mühlen-<br />
blnch Nostocker Koustantist, nnd Jahn selbst, <strong>der</strong> sich in Greisswald „Fritz"<br />
iwnntc, soll Hallenser Unitisi gewesen sein.^) Um beide gruppierten sich<br />
d,c deutschen Studeuteu, nnd zwischen den ,/I^ühlcubruchiaueru" und<br />
„Fritziaucru" herrschte erbitterte Feindschaft, aber zur (Gründung organisierter<br />
Orden o<strong>der</strong> Verbindungen kam es nicht.<br />
Nicht zum wenigsten war das in dein Nie<strong>der</strong>gange <strong>der</strong> Universität<br />
überhaupt begründet, in dem diese sich in deu lekten Jahrzehnten <strong>der</strong><br />
schwedischen Herrschaft befand, einer Zeit, in <strong>der</strong> sie nnr höchst kläglich ihr<br />
Dasein fristete. Die Zahl <strong>der</strong> Studenten bctrng jährlich etwa A)—4lllln'd^3. luitiu qni'ieiu dlaulliuik rem<br />
cum (.ulllllllliilm^ä iiäätiln privilegila ^l^l,«<br />
') Tlis Verbot dcs ^l'alionalislml'5 wurde auch auf die Orden ausgedehnt.<br />
odcn S. U>>, Ann: l.<br />
^, Über diese .vcmdcl vcrgl. (Äeqenwart XX (1861) Vd. 3, S. 385ff. und<br />
ioualsli^lc XV, S. 2ff.<br />
Vclgl. ("cgclnvart. a. a. O.<br />
Vcrsil ,^. .'i. Var^ows Nachncktcn über die älteste Geschichte <strong>der</strong><br />
^. lU, für <strong>der</strong>en Milleilulig loie für sonstige freundliche Unterstützung
auf <strong>der</strong> Universität zu Mreifswald. 97<br />
Erst im Jahre Ittls) entstand in lyyeifswald eine Verbindung im<br />
heutigen Sinne, die Landsinannschaft Pomcrania. Über die Veranlassung<br />
zu <strong>der</strong>en (Gründung berichtet ciu Tagcliuch <strong>der</strong> Pomcrania: ,/^egell das<br />
Endc des Jahres 18N) war auf hiesiger Universität <strong>der</strong> noch vor einigen<br />
Jahren sich thätig zeigende Änrschengeist uuter den Studierenden alllnählich lo<br />
sehr verfallen, daß sie sich fast gar nicht von den Pennals o<strong>der</strong> Philmcrn<br />
unterschieden. Es herrschten Zoten und ein ganz kümmerlicher Ton, es<br />
bildeten sich verschiedene Klicken, worin gleich und gleich sich gesellten;<br />
je<strong>der</strong> bekümmerte sich uur um sich selbst uud an l^emeiugeist und Allheit,<br />
die uur allem Achtuug uud Ansehen erwerben, war gar nicht zu denken. —<br />
Einige Edlere unter den Studierenden nun, die sich von selbst zusammen-<br />
fanden, sahen diesem Unwesen mit Mißvergnügen zu und hegten schon<br />
lange den Wunsch, sich näher an einan<strong>der</strong> anzuschließen nnd womöglich den<br />
echten Burschcnsiuu wie<strong>der</strong> zu erneuern. So kam denn im November lNI von elf Studierenden<br />
die Pomerauia, auch Pommersche Verbindung <strong>der</strong> Vrndcr genannt,<br />
konstituiert, <strong>der</strong>en erster Senior ntuli. woll. W. Kintop aus Stettin war,<br />
dem Anfang März 18! 1 <strong>der</strong> Studentemenior Wö'loicke sein Seuiorat<br />
abtrat, wie auch iu den nächsten Jahren die Pomerauia die Greifswal<strong>der</strong><br />
Studentenschaft repräsentierte, indem thr Senior zugleich Honmr ommum war.<br />
Hhre Grün<strong>der</strong> hatten z. T. <strong>der</strong> ^audsmauuschaft Pomcrania in Frankfurt<br />
a. O.") angehört, <strong>der</strong>en Satzungen auch deu ihrigen zum Muster oicuteu, und<br />
Herrn Di-. W. F abriclus auch hier verbindlichst gedankt sei. Lei<strong>der</strong> fehlt dem<br />
nur übersandten Exemplare des Varlowschen Aufsatzes das Titelblatt, und es ist mir<br />
trotz wie<strong>der</strong>holter Anfrage bei dem Corps Pomerama, in dessen Curp^ Chronik er<br />
gedruckt sein joll, mcht möglich gewesen, den Titel und das Erscheinungsjahr sesl-<br />
') Vergl. die von dem d. (^. des Corps Pomerania zu Oreifswald in dankenswerter<br />
Bereitwilligkeit mir zugänglich gemachte Chromk dc3 j.<br />
') In Frankfurt a. O. bestand ein Pommersches Kränzchen, das<br />
sich 1800 nut dem Märkischen zum M ä rki s ch - P om m ersch en Kränzchen<br />
erweiterte. A<strong>der</strong> 1807 trennten sicy Marter und Pommern wie<strong>der</strong>. Vergl.<br />
5!. Golinsti, a. a. O. S. 94 und 10l.<br />
Vallilche Studien N. ss. X 7
98 Studentische Verbindungen in (^reifswald<br />
mit <strong>der</strong> sie noch im Sommer 1811 ein Kartell schloß.') Ans <strong>der</strong> Frank-<br />
furter war auch die Berliner ^andsmannschast Pomerania hervorgegangen,<br />
mit <strong>der</strong> die Grcifswal<strong>der</strong> am 14. Januar 1«12 gleichfalls ein Kartell-<br />
uelhältins anknüpfte.-') Oas erwähnte Tagebuch reicht allerdings nur bis<br />
Mm ^'.». Mai 1^12. Die Pomcrama hat aber damals nicht, wie Fabricius<br />
aunlmmt/) eine Unterbrechung erlitten, son<strong>der</strong>n die in Blau mit Silber,<br />
dlc Farben <strong>der</strong> Pomcrania, gebundene Fortscynng des Tagebuches, die bis<br />
znm Dezeuiber 1^
is zm Mitte dr3 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 99<br />
Sommer 1^16 erfolgte aber die Nekonstitution, bald jedoch auch eiue ucue<br />
Spaltung. Am ^2. August 1«1
1 ^ Studentische Verbindungen in<br />
!9. in Kiel und Königsberg sehend) <strong>der</strong> auch die früheren Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Pomerania beitraten. Die Vorsteher mieteten bei dein Burger und<br />
Kuchenbäcker Kampshcnkel (an <strong>der</strong> Ecke <strong>der</strong> Fisch- und Langen Straße) ein<br />
angemessenes ^otal, wo mau regelmäßig zusammenkam nnd für billiges<br />
Geld Speise und Trank erhielt. Wenn gememsamc Angelegenheiten zu<br />
besprechen waren, wurden Konvente abgehalten, auf denen die Borsteher<br />
Borschläge machten, über die durch Mehrheitsbeschluß entschieden wnrde.<br />
Bald aber entstanden Mißhelligtcitcn. Manche wollten sich den Mehr-<br />
heitsbeschlüssen nicht fugen, hielten den Einfluß <strong>der</strong> Vorsteher für zu<br />
mächtig und trennten sich wie<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Allgemeinheit, <strong>der</strong> vorgeworfen<br />
wnrdc, daß sie jeden neuankommendcn Studenten nötigte, zn ihr über-<br />
zutreteu, uud uicht dulde» wollte, daß cr sich nicht zu ihr hielt.<br />
Ostern IN^l war nun eine Anzahl, beson<strong>der</strong>s Berliner Studenten<br />
nach Grcifswald gekommen, die sich zum Teil mit deu Mißvergnügten<br />
vereinigten und am ^). Mai, förmlich aber erst ani 14. Iuui 1^21 die<br />
ciu halbes Jahr zuvor aufgelöste Pomerauia rctonstitnierten, die sofort mit<br />
den Berliner Landsmannschaften Thuringia, ^usatia, Pomerania uuo<br />
Marchia in Kartell trat. Es wurde das sehr geheim betrieben, so daß<br />
we<strong>der</strong> von dem Zwiespalt noch von <strong>der</strong> beabsichtigten Erneuerung <strong>der</strong><br />
Pomerania etwas ruchbar wurde. )loch im Mal konnte <strong>der</strong> Ncktor dein<br />
Königlichen Bevollmächtigten an <strong>der</strong> Berliner Universität Ober-Regierungs-<br />
rat Schulz dessen Anfrage, ob in Greifswalo Spuren emer Arminia o<strong>der</strong><br />
einer an<strong>der</strong>en Verbindung vorhanden seien, verneinen.<br />
Nachdem am 15). Mai <strong>der</strong> Ncktor Kanngießer sein Amt angetreten<br />
hatte, bemerkte er Studenten, die teils schwarz-rote, teils blau-weiße Bän<strong>der</strong><br />
im Knopfloche trugcu. Erkundigungen führten zuuächst zu keinem positiven<br />
Ergebnisse, man gab die auswcicheude Antwort, es seien Freundschafts-<br />
bän<strong>der</strong>. Schließlich gelang es dem Nektor aber doch, den ätud. ^ur. Hede-<br />
mann, <strong>der</strong> das schwarz-rotc Vano trug, zu einem Geständnisse zu bewegen.<br />
Er sagte aus, das Baud sei das Abzeichen <strong>der</strong> Arminia, <strong>der</strong> er in Berlin<br />
angehört habe. Über <strong>der</strong>en Zwecke und Grundsätze ließ er sich dahin aus,<br />
„sie stehe im Gegellsatze <strong>der</strong> Landsmannschaften, welche verdorben wären,<br />
nur für den Genuß, Sinucsvcrguügeu uud Wollust lebten uud sich den<br />
Studien höchstens zum Broterwerb widmete», dahingegen die Anhänger <strong>der</strong><br />
Arminia sich gegen Ausschweifnugen zu bewahren, reineu wissenschaftlichen<br />
Gelst, Sinn und Gemüt für alles Edle und Gute zu eutwickeln und den<br />
Zweck des akademischen Vebeus mit Ernst und Eifer wirklich zu erreichen<br />
strebten."<br />
Der Rektor bewog Hedemann und seine Freunde zur Anlegung des<br />
Bandes, ebenso anch die Träger blan-weißer Bän<strong>der</strong>. Alle versicherten, daß<br />
^Fabricius, a. a. O.. S. 322 und 324.
is zur Mitte des 1». IM-Hun<strong>der</strong>ts. UN<br />
we<strong>der</strong> eine Arminia noch eine Landsmannschaft in wreifswald existiere,<br />
son<strong>der</strong>n daß einige die Bän<strong>der</strong> ans Berlin mitgebracht, an<strong>der</strong>e sie ans<br />
Nachahmung angelegt hätten. Damit schien die Sache znuächst erledigt.<br />
Bald aber brachte <strong>der</strong> Nestor in Erfahrung, daß noch immer Bän<strong>der</strong><br />
hier und da sichtbar würden, und unter den Studierenden zwei Parteien<br />
existierten, die im Gegensatze zn einan<strong>der</strong> ständen und in Feindschaft lebten,<br />
ohne daß er Näheres nber die Ursache des Zwiespaltes ergründen o<strong>der</strong> über<br />
die Führer <strong>der</strong> beiden Parteien Aufschluß erhalten tonnte.<br />
Inzwischen hatte sich die Pomcrania mit dem 3wc1. Dreßler als<br />
Senior aufgetau, <strong>der</strong>en Koustituieruug am 10. Juni in einem Konvente <strong>der</strong><br />
Allgemeinheit dieser angezeigt wurde. Die Folge war eine erbitterte Fehde<br />
und Verrufserklärung gegen die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Pomerania. Ich kann über<br />
diese Streitigkeiten hinweggehen, da sie von an<strong>der</strong>er Seite eine cingeheu<strong>der</strong>e<br />
Darstellung erfahren/) (5s wurde seitens <strong>der</strong> akademischen Behörde ciue<br />
Nutersuchuug eingeleitet, iu <strong>der</strong> bei dell Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Pomerania <strong>der</strong>en<br />
Gesetzbuch uud das obcu erwähnte Tagebuch, bei dem 8tuc!. Billroth von<br />
<strong>der</strong> Allgemeinheit <strong>der</strong>eu Satzungen beschlagnahmt wurden.<br />
Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Pomcrauia wurden vom akademischen Gerichte<br />
teils mit Nelegation, teils mit dem s)0N3ilium al)6u„(1i bestraft, worauf<br />
sie nach <strong>der</strong> Publikation <strong>der</strong> Urteile die Pomerania auflösten. So touutc<br />
am 19. August <strong>der</strong> Nettor berichten: „Hiermit ist, wie ich hoffen mnß, die<br />
Geschichte und das Daseyn des unter dem Namen Pommerania bekannt<br />
gewordenen Bundes geendet, <strong>der</strong> in allem Betracht einen höchst unverträg-<br />
lichen Charakter hatte und bei längerem Bestehen die Universität unterjocht<br />
haben würde."<br />
Die Untersuchung gegen die Allgemeinheit dauerte etwas länger<<br />
Wie sie geendet, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Doch erfolgte nach<br />
Aufzeichnungen des Rektors in <strong>der</strong> Uuiversitäls.Matrikel ") ihre förmliche<br />
Auflösung auch gegen Ende des Sommerscmcsters 1.^1.<br />
Ob diese Allgemeinheit, abgesehen davon, daß ihre Mitglie<strong>der</strong> zum<br />
Teil auf an<strong>der</strong>en Universitäten Burschenschafter gewesen waren, Beziehungen<br />
zur Deutschen Burschenschaft hatte und ob sie politische Tendenzen verfolgte,<br />
ist nicht bekannt. Soweit wir sehen, sollte sie lediglich emc Vertreterin<br />
rein studeutischer Interessen sein und in gemeinschaftlichen studentischen<br />
Angelegenheiten, z. B. bei Feierlichkeiten, Aufzügen o<strong>der</strong> bei Ehrenhändelu,<br />
Ordnung halteu.<br />
l) E. 3 anss e, Der Konflikt zwischen Allgemeinheit und <strong>der</strong> Landsmannschaft<br />
Pomerania in <strong>Greifswald</strong> im Sommerhalbjahre 1821 sunten S. 119 ff.).<br />
^ Nach aütigcr Mitteilung dcs Herrn Bibliothekars Dr. 6. Lange zu<br />
<strong>Greifswald</strong>.
Studentische VerbittdlMften in (^reifswald<br />
Inzwischen war von dem radikalen Burschenschafter Karl Follen<br />
<strong>der</strong> sog. Innglingsbuud mit allerdillgs sehr rcvolutiouäreu Teudeuzen<br />
gegründet worden,') <strong>der</strong> in den Jahren 1^5j 24 Anlaß zu ciuer wahren<br />
Hel/laqd aus die Mitglie<strong>der</strong> des Bnndes, <strong>der</strong> Burschenschaft uud <strong>der</strong><br />
^erdiudungen übcrhanpt in sämtlichen deutschen Staaten führte. Beson<strong>der</strong>s<br />
scharf ging man in Preusien vor, dessen Strafurtcile sich durch große Härte<br />
auszeichneten.<br />
Infolgedessen finden wir auch in lhreifswald in dell nächsten Jahren<br />
leine Spur sluoeutischcr Berbiudungen, die, falls überhanpt nach dell Ereig-<br />
nissen des Sommers I8iN nene cntstallden waren, sich aus Furcht vor<br />
dem Schicksale <strong>der</strong> zu Köpenick Verurteilten jedenfalls bald wie<strong>der</strong> aufgelöst<br />
hatten. (5s bestand dort nur eine zweite Auflage <strong>der</strong> Allgemeinheit/)<br />
ohne alle Form, nur mit einem Komment, <strong>der</strong> nichts weiter enthielt als<br />
Borschriften über studentische Angelegenheiten, d. h. über Duelle, über<br />
Studentenehre, Verruf u. a. Bald aber entstanden in dieser Allgemeinheit<br />
Streitigteilen, indem einige Mitglie<strong>der</strong> dnrch »ianfereien und Trinken, sowie<br />
überhaupt durch ein rauhbeiniges Betragen sich Geltung zu verschaffen snchtcn,<br />
während an<strong>der</strong>e, beson<strong>der</strong>s Mitglie<strong>der</strong> früherer burschensckaftlicher Ver-<br />
bindungen, nur ein sittliches, wissenschaftliches ^ebeu unter den Studenten<br />
aufrecht erhalten wollton. So bildeten sich wie<strong>der</strong> zwei Parteien, die eine<br />
das Prinzip <strong>der</strong> früheren Laudsmauuschaftcu, die an<strong>der</strong>e das <strong>der</strong> Bursche«-<br />
jchafteu repräsentierend. Jede Partei son<strong>der</strong>te sich immer schroffer von <strong>der</strong><br />
au<strong>der</strong>eu ab, bis sie endlich als förmliche Berbiuduugeu sich konstituiertet!.U)<br />
Zuerst tateu Anfang 1«2? die Anhänger des landsmannschaftlichen Prinzips<br />
die frühere Landsmannschaft Pomerauia als (5orps wie<strong>der</strong> auf, was natur-.<br />
gemäß auch einen engeren Zusamnicuschluß <strong>der</strong> Auhänger <strong>der</strong> burschen-<br />
schastlichen Richtung, die spottwcise die „Schotten" genannt wurden, zur<br />
Folge hatte. Ein zwischen beiden Parteien gelegentlich eines Duells zwischeu<br />
einem Pommern und einem Schotten entstandener Zwiespalt wnrde dnrch<br />
eine Kommission beigelegt, welche die gegenseitige Anerkennung bewirken und<br />
den Komment revidieren und erneueru sollte. Bon diesem Zeitpuukte ab<br />
mußte auch die burschenschaftliche Partei als förmlich konstituierte Verbindung<br />
gelten, denn sie war von <strong>der</strong> Pomerania als solche anerkannt, hatte ein<br />
') (5mer <strong>der</strong> eifrigsten For<strong>der</strong>er des Iunsslinsssdundes war <strong>der</strong> ehemalige<br />
ArciflammerMickts zn Berlin ^eacn 43 Mltaliedcv<br />
<strong>der</strong> sschcinlcn Stndcntcnucrbiudung aus <strong>der</strong> Uln'ueu'ität Orcifswald vom 5.<br />
1835, adgcdruckl im ^üevatllr- und InteUlgenzdlall für ^cu^Voipommcrn und bi<br />
( ^c'llasse zur Sundme) 18:i6. S. 213 ff.<br />
^ -»lbnlich wie n'emg später in Noftock die dortige Maemeinheit sich m die<br />
Arminen mw ^ionnantlslen svaltcte. Vergi. Architi für Kulturgeschichte Hl, S. 345 sf.
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 1lN<br />
Gesetz, nämlich den erwähnten Komment, nnd trug die Burschcnschaftsfarben<br />
schwarz-rot-gold. Sie organisierte sich im Winter 1^27?« fester, indem<br />
sie drei Porsteher: Sprecher, Fechtwart und Kassierer erwählte, ^m Hcrbstc<br />
182N erfolgte auf Grund einer bei dem Nuiverntatsgorlchtc angebrachten<br />
Auzeige einiger wegen ihres rohen Lebens ausgcschlosscucu Mitglie<strong>der</strong> eine<br />
Uutersuchllug, die mehreren Mitglie<strong>der</strong>« tcNs dac< sV>ni!iunl ickcumli, teils<br />
weuigstens dessen Unterschrift eintrug. Die ^olge war ciu uoch engerer<br />
Zusammenschluß <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>, oic, um sich uäher tcuucu zu lcrueu, jcues für<br />
die Burschenschaften charakteristische Institut <strong>der</strong> wgcuauutcn KräuMu cr-<br />
richteteu, in dellen über wissem'chaftliche, philosophische und geschichtliche,<br />
namentlich politische Dinge gesprochen wurde. Zugleich aber wurde dell Mit-<br />
glie<strong>der</strong>n die Geheimhaltung <strong>der</strong> Verbindung ^ strengsten Pflicht gemacht.<br />
Da bei <strong>der</strong> Untersuchuug das bisherige lAcsekbuch dcr Burschenschaft<br />
beschlagnahmt worden war, so wurde durch eine Kommission vou vier Mit-<br />
glie<strong>der</strong>» eine Konstitution ausgearbeitet, die Pfiugstcu 1^'l iu Kraft trat uud<br />
die Vcrbindilng in sich selbst mehr festigte, als <strong>der</strong>en Tendenz die nnlich wissen-<br />
schaftliche Ausbilduug zur Befähigung für dell künftigen Staatsdienst fcst-<br />
geseht wurde, über die man sich in den Krinnchru näher verständigte. Auf<br />
die innere Organisation <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Burschenschaft, die <strong>der</strong> gemäßigteren,<br />
armenischen Richtung angehörte, naher ciuzugehcu, ist lucr nicht <strong>der</strong> Ort.<br />
Ostern Itt^sj trat eine neue Konstitution als (besetz dcr Burschenschaft in<br />
Kraft, die durch die im Sommer ltt'^9 erfolgte Einführung des Muouccn-<br />
Instituts erfor<strong>der</strong>lich geworden war.<br />
Die Absicht, sich <strong>der</strong> Allgemeinen Deutschen Burschenschaft auzuschlies-eu,<br />
die weuige Jahre zuvor von ueuem koustituiert wordeu war, führte zu<br />
Verhandlungen in Halle, die aber — aus welchen Gründen, liegt im<br />
Dunkeln -- nicht zum Ziele führten. Ebensowenig tam ciu zwischen dcu<br />
Burschenschaften von (ttreifswald, Rostock und Kiel geplantes Kartell zustande.<br />
Im Sommer 1NI2 hatte ein Mitglied <strong>der</strong> Burschenschaft, das wegen<br />
geringfügiger Zwistigkeiteu aus dieser ausgetretm war, mit mehreren<br />
Kommilitonen eine Verbindung Germania bcgrüudet. Als <strong>der</strong>en Zweck<br />
wurde nur ein geselliges heiteres Studentenleben angegeben, doch hat sie<br />
offenbar auch burschenschaftliche Tendenzen gehabt, da sie, was freilich von<br />
ihrem Begrün<strong>der</strong> bestritten wurde, Am'chlust au o,e Allgemeine Deutsche<br />
Burschenschaft gesucht haben soll. Jedenfalls führte aber das Gerücht von<br />
dem Ansuchen <strong>der</strong> Germania zu dem Beschlusse dcr Grenswaloer Vurschew<br />
schaft, uuumehr ihrerseits um Aufnahme iu den Verband uach^usuchcu. Das<br />
machte wie<strong>der</strong> die Ausarbeitung einer neuen Konstitution uotwmdig, auf die<br />
am 1. März 1.833 die Mitglie<strong>der</strong> des engeren Vereins — ole Ncnouccu<br />
erfuhren die Tendenz <strong>der</strong> Burschenschaft uicht — durch Handschlag uud<br />
Ehrenwort verpflichtet wurden. Bald darauf aber begannen die gericht-
lO4 Studentische Verbindungen in <strong>Greifswald</strong><br />
lichen Untersuchungen gegen die Verbindungen in <strong>Greifswald</strong>, die im<br />
Dezember 1^33 zur Auflösung <strong>der</strong> Bnrschenschast führten, „Die (Geschichte<br />
dieser Burschenschaft liefert", heißt es in dem Erkenntnisse des Kammer-<br />
gerickts,') „wie<strong>der</strong> einen schlagenden Beweis, wie gefährlich solche geheime<br />
Ttndcntcn-Vcrbindnngen werden können. Ans einer ganz formlosen bnrschen-<br />
schastlichen Partei entstand zncrst eme Verbindung, die das politische Prinzip,<br />
das allen Burschenschaften mehr o<strong>der</strong> weniger zum Gninde lag, noch<br />
unbestimmt und unentwickelt in sich enthielt; dieses entwickelte sich aber in<br />
dem weiteren Verlanfe <strong>der</strong> Zeit immer mehr, bis endlich die Verbindnng<br />
geradezu eiue revolutionaire wnrde. Daß dieselbe noch zu keiucr änßern That<br />
geschritten, hat seinen (Arnnd wohl nur darin, daß bald uach ihrem Ent-<br />
stehen die Untersuchungen ihren Anfang nahmen, in Folge <strong>der</strong>en die Ver-<br />
bindung sich Ende 1833 auflöste."<br />
Natürlich standen die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Burschenschaft auch weiterhin in<br />
engerem Bertehr, was im Sommer 1N34 zu dem Gerüchte von ihrer<br />
Nekonstitution uud zu einer neuen Untersuchung führte, die jedoch ein positives<br />
Ergebnis nicht hatte. Jedenfalls aber hören wir nach dem Urteile vom<br />
5. Dezember 1835 von einer Burschenschaft in <strong>Greifswald</strong> vor <strong>der</strong> Hand<br />
nichts mehr. Erst nach dem Univcrsitätsjubiläum von 1N5K erfolgte die<br />
(Gründung <strong>der</strong> Nugia, aus <strong>der</strong> sich enuge Jahre später die (Hermauia<br />
abzweigte, die beide noch heute bestehend)<br />
Die zu Anfang des Jahres 1X27 konstituierte Pomerania muß bald<br />
wie<strong>der</strong> eingegangen sein, da sie am !2. Juni 1829 abermals retoustituiert<br />
wurde, welcher Tag auch bis zum Sommer 18W als Stiftnngstag des<br />
Eorps Pomerania geführt worden ist. Gleichzeitig mit <strong>der</strong> Untersuchung<br />
gegen die Burschenschaft begann auch die gegen die Pomerania, die sich am<br />
ft. Februar ltt34 auflöste, weil sie nach Konsiliiernng mehrerer Mitglie<strong>der</strong> nur<br />
noch zwei Corpsbursckcn zählte, die sie nicht aufrecht erhalten konnten. Neben<br />
<strong>der</strong> Pomerania gründeten drei ans dieser ausgetretene Mitglie<strong>der</strong> Ende Juni<br />
1^32 das Corps Borussia mit den Farben schwarz-rosa-weiß, die von<br />
den Corpsburschen im Bande, von dell Renoncen nnr an <strong>der</strong> Mütze getrageu<br />
wurden. Eines langen Bestehens hat die Borussia sich jedoch nicht erfreut, da sie<br />
sich auch im Februar 1^34 auflöste; ihre Akten wurden verbrannt.^) Außer-<br />
dem soll nach Fabricius in <strong>der</strong> Zeit 1832—34 eine Marchia existiert<br />
haben, die aber nur in dem Mitglie<strong>der</strong>verzeichnisse des Corps Pomerania<br />
erwähnt wird, wo 8wä. mcä. Kohlstock ^Nr. 27) und ätuä. tll6d1. Otto<br />
') a. a. O., S. 333.<br />
') R. ssick, a. a. O., S. 299. - Ob und wann eine dort erwähnte Burschenschaft<br />
Al lem an ni a existiert hal, habe ich nicht ermitteln können.<br />
') Geh Staatsarchiv zu Berlin: Nep. 77. XIX, ^andsmannschaftl. Verbindungen<br />
Nr 4 Bl 11 ft. F ad: iciils, a. a. O., ^. 373, kennt sie nicht.
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 105<br />
sNr. 40) als frühere Grcifswal<strong>der</strong> Marker bezeichnet werden.') Einen<br />
altenmäßigen Beleg für die Enstenz <strong>der</strong> Marchia habe ich jedoch nirgends<br />
finden können. Auch in den Unterinchungsaktcu werden nnr Pomerania und<br />
Borussia erwähnt. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, daß eine Marchia<br />
wirklich bestanden hat, und die Nngabcu werden wohl auf einem Irrtume<br />
beruhen.')<br />
Im Sommer 1834 soll die Pom crani a, zunächst nntcr dem Namen<br />
Allgemeinheit, dann aber unter ihrem alten Namen mit den Farben<br />
blau-silber für die Corpsburschen und blau-weiß für die Nenoncen rctoustituicrt<br />
worden sein. Doch wurde das in <strong>der</strong> nencn Untersuchung gcgcu dic Pomcrauia<br />
im Winter 1^34/35 von <strong>der</strong>en angeblichen Mitglie<strong>der</strong>n bestritten, und nur<br />
das Bestehen einer harmlosen FeclUgescllschaft zugegeben/) Nach dem am<br />
25. April 15N5 gefällten Urteile <strong>der</strong> akademischen Behörde ist es aber anßer<br />
allem Zweifel, daß sie im Winter 1H'54/3s> wirklich wie<strong>der</strong> bestanden hat/)<br />
Anfang August 1H4sj wurde sie uochmals suspendiert/) nachdem sic bereits im<br />
Dezember 1845 infolge eines Konflikts mit den an<strong>der</strong>en (Areifswal<strong>der</strong> Corps<br />
ans dem 8. (.'. ausgeschieden war, aber schon spätestens Anfang 1^47 er-<br />
neuert. Seitdem hat sie eine Unterbrechung nicht mehr erfahren. Ihr haben<br />
sich seit dem Ende <strong>der</strong> 30er Jahre noch die Corps Silesia, Guestphalia,<br />
Borussia, Saxonia und in neuerer Zeit Baltia zugesellt, die aber bis<br />
auf die Borussia und Guestphalia längst wie<strong>der</strong> eingegangen sind.<br />
Auf die übrigen studentischen Verbindungen uud Bereinigungen iu<br />
<strong>Greifswald</strong> einzugehen, gehört nicht in den Nahmen dieser Arbeit. Sie sind<br />
fast durchweg erst in den letzten 40 Jahren gegründet.<br />
Die Entwickelung des Verbindungswesens in <strong>Greifswald</strong>, das infolge<br />
<strong>der</strong> fast 170jährigen Zugehörigkeit zu Schweden in <strong>der</strong> äußeren Form sich<br />
bis zum Anfange des N). Jahrhun<strong>der</strong>ts wesentlich au<strong>der</strong>s gestaltete, wie an<br />
den übrigen deutschell Universitäten, war bisher so gut wie unbekannt. Sie<br />
bildet aber einen nicht unwichtigen Abschnitt in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Universität<br />
und ist kulturgeschichtlich nicht ohne Interesse. Eiue Darstellung dieses Werde-<br />
ganges hat deshalb ihre Berechtigung und sei unserer Hochschule zur Feier<br />
ihres 450jährigcn Bestehens dargebracht von Einem, <strong>der</strong> zu den Schülern<br />
dcr alma mater (^i^illic^ gehört zu haben allerdings nicht die Ehrc hat.<br />
') Chronik des Corps Pomerania 1897, S. 34<br />
') Jedenfalls taun sie nicht 1852—34 bestanden haben, da <strong>der</strong> 8tnä. moä.<br />
Kohlstock bereits im W.-S. 1831/32 <strong>der</strong> Pomerania anaehörie und Ostern 1932 nach<br />
Berlin ging. Uniu.-Archiv: 55 VUI, Nr. 19, Vl. 4 ".<br />
') Univ.-Archw: 2 VllI, Nr. 20a.<br />
*) Tie Akten über eine neue Untersuchung gegen die Pomerania im Jahre 1836<br />
sUmv.-Archiv: A VII!, Nr. 29-3l) sind bedauerlicher Weise nicht mehr vorhanden.<br />
b) Ebenda Nr. 12
Studentische Verbindungen m <strong>Greifswald</strong><br />
I.<br />
,8 illicitum conventiculum<br />
j<br />
.lti 3unt.<br />
ut ^li^ slii<br />
^ exitinm<br />
Kollo ro^l, »od regere, noÜ6 ;>aror6, 8^6<br />
N8um mt^r^^wli vo!«pt>i6 eonsetur<br />
8'l)i cl^8t^ et, ü
is zur Mitte des 1 l<br />
nuic; rei^su^lielle) lnlelne3 lunnine3 :l33issnare omni<br />
ne^merunt, ni^i, «zum! «.3vlunl e>>t issnor^ntiuM) 3ul> nlixta l»e«l6<br />
r. Oontmetur eninl in lloc el,etu v:uin llolnininn aolluvie3,<br />
ae ex trivio rnntn., l^u^« ß^ilei-e Lplouslet, s^ua.6 cisx'lrii,«. et iiiertia<br />
pl)te3t, ni^i Aliaci illlrum Miljnr numeni8 8it etimn inwr 608,<br />
8U«. autll^ritiUe èssere, volunt, ut 8e 8cient68<br />
in 60 oum i-elj,s,ll3 8tttlll„8l' tt60p!i>ti, l^ul!)U8, l^lim illi 86<br />
non s»otuorunt inteiii^ere, quoci in ooinnnmio<br />
Hie. popu1u3 n^et jura m^je3tl^ti8, conctenäi<br />
et, quoci eximiunl, l^rditrium detti et paci8. I^e« ccinclunt in<br />
8o6 it^, ut pt-HO 86 ferunt, repewnt ex ütiilrum ilcftciemiarum ultima.<br />
feoe, ip8l vacui wenti8: teginu8 Intig unuinquomi'um fore<br />
otticii8 in36tvit. ^dveniyntium nomen (iireetoridu3 ^<br />
'! ttarum ma.llllg.ta keliciter aci tinem sleäucito! In3i8 c^e nl»vi<br />
r! Delicta<br />
con6ltion6 6ato! I^emo ante l>s>vÌ3eme3tre 3tu()i«> s>i-ivilessin. nmnito!<br />
in tems>^3 z>er a,)num exÌ3ten8 oeou^ato! /V ssl3.(lio et<br />
2.NNUM tems,ern.w! I^iumninig et tÌ3eÌ8<br />
roä<strong>der</strong>ent. I^in e.s)nc,638a plenitucio poteätatig, ut kakeront ^U3<br />
i, tisei, äelintn. nmanäi, 6H 6efsrenäi, muleta imponenti. 63.8<br />
Ii, in aeaclemiae commoäaszue ero^anäi, omniu. 6el»i
Studentische Verbindungen in lhrei<br />
^!li5;t
is zur Mitte des 19. Iabrbllndcrt?.<br />
morum per oxtremum dipoli loetum,<br />
in ^c^de.mia.« l^ntner^nil8, proll dolor! dlmidio circiter s<br />
86oulo est invecta. Oujug nloi^5tro8lis 6uoo1i3 prima velut i n ,<br />
g>dole8l?entinm, juventuteni, 8ene^tttm, eilect«. dl^ln^ue piltre 8II0 dlAllu<br />
!l^tiu8 memorar! pO836lit, nÌ8> lloo ^nt6 N03 nlii e^ressie prne3titi88ent<br />
et n^no 8ittnn^6<br />
8titl336nt.<br />
tum in v<br />
in<br />
et tum<br />
unanimi C0N86N8U et nunl^uilm 8ntÌ8 !ttu^l^nlin. nletute, tiu3 illi tacite nuno<br />
i et elogio ultimo narnm jucuilä<br />
li onori ti cn tae6ium multi8^ doni3 vero omni!,u8 ^U8tl83lNl«.m uilenl movere.<br />
1ntelii^itl8 f)rocu1 (iunio ex ni3, civ68 ael«l6mike, un.ec!^.m 68t, ^rn.eivere> lioc meritiz^imo ^<br />
8eo^uimur tramite et via. Nt
l II) Studentische Verbindungen in Oreifswald<br />
uic «!,t6mnereti8 et cum praeäicw coükssw ve8tro natinnali omnia<br />
naetenu8 U3urpata in o0mmilitone8 ve8tro8 noviti08 imperia 6t<br />
sjiltlmviz 8M6 ) p<br />
euin 0(Iio3l8 nominidu8 n'scalium, nenlmlium, 8eniorum penitu3 ex<br />
teuipore ve^titu^ genere lzu5l3i 8ervi-<br />
severe et 5ul> emnnnniltione inevitili3<br />
ut in 8i8num propul^nti foelkw 8ervi-<br />
i et. re^titiiwe szull^i p^llilninio nnti
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. ! 1 !<br />
III.<br />
8. I.<br />
?laeita goeietatig S<br />
(^uartu8 nunc annn» volvitur,<br />
oommilitone8, czuo prinmm no8tilium<br />
patriae no^trae l^uieteln interpellavit.<br />
lionldardarunl od loei di«tanti:im tenue<br />
inlbrem ^uil333.tl3 veluti nunir»u8<br />
uuluit<br />
noe<br />
nino<br />
liinite coercitum<br />
sloinuum, vili^riim, urlliuin<br />
^.Q ls)80 timine<br />
et nostri 8uec.sii-um^lle o!ementi38!mi<br />
fortuna znaotixit torminum. ^ä l<br />
Unnen 8o!i I)ec> ter i<br />
noiitt'3. non liliii.t'unt<br />
everterunt (^r)li^io5l<br />
Deus<br />
ol)tu1it laeo<br />
luit,<br />
8io inter<br />
in alma. (?rvpbio8.<br />
c1ari88lmi 6t persximii domini<br />
armorum 8trepitu8 et. clan^or<br />
Gl'ima tormentorum fulmina et<br />
murmur o^uid aliud nul»oiadant,<br />
eum impetu erupturum? N<br />
i II! i<br />
non<br />
terram.<br />
u et tl:
mo!e5 nee sirenes l^uridu8 me1iu8 j<br />
mexperttl.8 deinuleent. l^ic ^<br />
et.<br />
studentische Verbindunsscn in Oreifswald<br />
iln vit,'«.<br />
qui in<br />
cum prim».<br />
imperia.<br />
velut 8Up-<br />
tot 8/l6s>o 6X l)i'0V!ll(/lai'Uln et<br />
m0i-um^u6 ooncni-lii<br />
inutua<br />
iry8, eum premitur<br />
illn.<br />
et<br />
vic:
is zur Mitte des 19 Ialnlnmdevts.<br />
li ttttam societatem pene» 8eni0rem 8l't, N0N P6N08 ttiinm.<br />
(^noci «i wmen reli^uo corsari clim ipzig 8en,ori!>u8 oontrover^ig.<br />
non Ievi8. 8ed nr^uk. kit, vel 8l Ìu6icium ierenllum 66 eo, rum numero exemit, c^onventum inäicerc.<br />
4. s<br />
l t 3.ä^it. nee<br />
in<br />
tt. I^iceljit wmen<br />
iciti l!onv(?n!,il»u8<br />
l). senior 8l)lu« !m!>ol)jt m^ti'jeulirm in oa^ne Ztudi^oi-nm omninm<br />
ticleliwr 6t curio^e nntnlnt.<br />
vero ^ninrc, coll^li.^ vel 80ci0 miitl-i^ul^m slu!)it, i»6<br />
privato intcrrun il<br />
kufj et z<br />
8enic)i-!im alitliii« «^(^«^rit vel locum mnt.'^v^rit, i<br />
^tium ^ilN3 C0N8titu6N^ll8 erit.<br />
13. Pciw«tk8 ^l.utem s-s>N8titu6N(ii ro8ili6^t psnen totum<br />
l4. p^t^ilt tii.mf'n et N0minütu3, 8l äiz<br />
ki. seniore nominlmäu8 est vel, lziwll optimuln o>t, clu03<br />
eleetionem<br />
3enioi'e8 js<br />
') aus äummoäo verbessert.<br />
Vlllwchr Ctndle» Vi. ss. >.<br />
ut<br />
et l>enen>ia 3U«.
studentische Verbindungen in Mreifswald<br />
gint, pro t^m^o^s ss^t^ti muneris<br />
Oäp. II.<br />
De Ltuclioäi<br />
Oum ioti, qui nrimituä kCkrdi vel<br />
li:ll»e;l.tur.<br />
nmi<br />
»ocietati? temerui-ia. ciw.tion6 vel mackinig et<br />
, et ita. ex pruepc^tero totuin<br />
luerit,<br />
) aus enm verbessert.<br />
) aus ofteret verdeiiert.<br />
) Ursprünglich lautcle es: likponanl. pu^,-ilft,n rn^liciwtkm. Dann ist<br />
m in illllollestuill sseän<strong>der</strong>l, endlich cidcr beides dllrchstlichell und durch<br />
l erseht.
is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. N5<br />
tz H. Oum vera 2eo^uk1itk8 optimum aä oon8ervan6ain concoräi'am<br />
8t»tu8s)U6 iirman608 a6minieu1um git, nuili coneeäimu3 pru.e altero<br />
inäebiwm') pl'ÄeroZkltivKm.")<br />
8 s>. l^i hmn mosle^t.i^m exuerit et c^em'tum nonorein ÜL, qu08<br />
6t virtu8 oommenslat, äenegaverit,<br />
^ 11). In publiek oonventikug a6tklti8 primas 8tu^i08i ns 8u«. vota nimi«<br />
m^turellt) 8?6 priu» 8enis»rum ju^ioium et 8en8um au^iant. Incivile<br />
enim et p!n.ne riciiculum e88et, prom^euo ululnlu «^merere 8ocie-<br />
nee<br />
. et t^men 3ententia8 serre iiiLtitliiint, mte^rlim erit<br />
(!uivi8 3tu6is»80 decenter mcmers, ut l^^um norinii. od^^t-vetllr.<br />
Hl 55. I^ein ^ilnlmel'l(ti8 voti8 s»ene8 «ellinres. erit, rationes pc>nc^er».re et<br />
^llllien.re et nixlnse8tO 8^nis)ril. s>!uri^)U8 s»rn,eierre viÌ8 3eiunetu8 8it, non<br />
ku.oenlt i«8 8tnll
tudentische Verbindungen in lNreifswald<br />
quam, ut 6ominmilm no^trorurn profess^orum a1iqm3 squosl tamen Veu8<br />
tor ontimu3 m^xiinus eleinenti33ime l^verwt) vel inem!>rum no3trlec tonili» 6 vitli<br />
^i^ecj^t,
is zur Mitlc drs 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />
! 1. ^i'zclilitz aä redden^W rktimiez ^lir^tus 8lt,<br />
2. Vt. tunc eum duodus vel altero<br />
n.i'i äedent, r<br />
vol<br />
8 14. (suolisi omitninux l'u9l it, cxeivt 3ocis>ww,<br />
Der Konflikt <strong>der</strong> „Allgemeinheit" und <strong>der</strong><br />
Landsmannschaft Pomerania in<br />
im Sommerhalbjahr<br />
Von<br />
Dr. Edmund Lanqe.<br />
Blbllvthctar an <strong>der</strong> Umusrsiliilkbibliolllcl in (
Das Nmversitätsarchiv zu <strong>Greifswald</strong> bietet in <strong>der</strong> Abteilung „55. VNI<br />
Verbotene Verbindungen", die nnr das anf Greifswal<strong>der</strong> Verbindungen<br />
bezügliche Material enthält, reichen Stoff zur beschichte des Greisswal<strong>der</strong><br />
studentischen Verbindungswesens im ersten Drittel des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />
beson<strong>der</strong>s von 1519—'5l',. Obgleich die Aktmbäude (es waren<br />
über ;50, von denen sich 12 auf deu uus interessierenden Hkouslikt bezogen)<br />
nicht mehr alle aufzufinden sind, gewährt doch auch <strong>der</strong> vorhandene Nest<br />
uoch eine reiche Ausbeute; auf unsere Angelegenheit bezieheu sich davon<br />
ganz o<strong>der</strong> teilweise die Nrn. 2, 9, 11 uud 12.<br />
Das beste einheitliche Gesamtbild über sie aber liefert nicht dies,<br />
wie gesagt, unvollständige Aktenmaterial, son<strong>der</strong>n dies ergeben die Aufzeichnungen<br />
des damaligen Rektors Kannegießer im Matrikclduch <strong>der</strong><br />
Universität. Ich lege diese deshalb bei meiner kleinen Arbeit zugrunde<br />
und verwerte das Aktenmaterial so, daß ich über den Bd. 2 am Schluß<br />
zusammenhängend berichte, weil er die meisten wertvollen ueueu Einzelheiten<br />
ergiebt, das Wichtigste aus den an<strong>der</strong>en Bänden aber (besou<strong>der</strong>s<br />
kommt Bd. 9 in Betracht) in Anmerkungen zu Kannegießers Aufzeichnungen<br />
erwähne.<br />
Über die Akteilbände überhaupt sei gleich hier folgendes bemerkt. Sie<br />
bestehen aus vielen im ganzen nach sachlichen Gesichtspunkten nachträglich<br />
zusammengehefteten Protokollen, Berichten und ähnlichen Stücken. Nr. 2<br />
enthält auf im ganzen 110 Blättern, von denen allerdings eine Anzahl<br />
unbeschrieben sind, den Hauptteil <strong>der</strong> Protokolle — daß sie vollständig sind,<br />
dafür liegt mindestens kein Beweis vor —, die vom Juni bis September 1!-^1<br />
über die Streitigkeiten zwischen <strong>der</strong> Allgemeinheit uud den Pommern aufgenommen<br />
worden sind, und eine Anzahl von daraus bezüglichen ^mgadcu.<br />
— Nr. 9 umfaßt die Berichte des Rektors au das Kultusministerium<br />
in Berlin und den Unioersitätskanzler ssürsten zu Putbus, sowie Verfügungen<br />
<strong>der</strong>selben über die gleiche Angelegenheit und als Beigaben<br />
mancherlei verwandte Aktenstücke uud reicht zeitlich vom 9. Mai bis<br />
1^. Dezember 18^1. — Nr. Il, viel weniger umfangreich, enthält die Akten<br />
über die im Jahre Itti9 gegen verschiedene Studierende eingeleitete Untersuchung<br />
wegen Teilnahme au einer verbotenen Verbindung. — Nr. l^
1 ^I Der Konflikt <strong>der</strong> ..Allgemeinheit" und <strong>der</strong> ^ndsmannsch.ift Pomerania<br />
mit <strong>der</strong> irreführenden Anfschrift ,,^ew Fener^ia betreffend die geheimen<br />
Verbindnngen Itt^l)" begebt sich in Wirklichkeit ans wegen solcher l^reifs-<br />
wal<strong>der</strong> Verbindnngen während <strong>der</strong> Jahre lst'^0—1^5>2 geführte Untere<br />
jnchllnsskn nnd enthält aus d. I. 1^^) nnr 3, ans d. I. 1.^21 nnr<br />
.^j Stücke, ist also für unseren Zweck ziemlich belanglos.<br />
Nach diesen Vorbemerkungen wende ich mich znnächst den Auf-<br />
zeichnnngen Kannegießers zn. Er nahm mit ihnen die ursprüglich von den<br />
mcistcn Rektoren geübte Sitte wie<strong>der</strong> auf, anker den offiziell vorgeschriebenen<br />
Eintragungen über die Inskriptionen nnd Promotionen noch chronikartige<br />
Aufzeichnungen über die wichtigsten Vorgänge des akademischen Lebens, wie<br />
solche auch die Dekanatsbücher <strong>der</strong> philosophischen ^aknltät vielfach enthalten,<br />
zu geben. Der letzte, <strong>der</strong> vor ihm solche — aber anch nur ganz kurz —<br />
gebracht hatte, war Joh. l^eorg Peter Möller, Rektor 175eichnttngeu neuer-<br />
dings abgekommen sei, nnd erklärt, sie seinerseits wie<strong>der</strong> aufnehmen zu<br />
wollen. Er berichtet dann, daß bei seiner Antrittsrede als Ncktor, infolge<br />
einer am Tage vorher stattgehabten Kneiperei, nur drei o<strong>der</strong> vier Studenten<br />
gegenwärtig gewesen seien, nnd fährt, nachdem er den Verlauf des feierlichen<br />
Altes geschil<strong>der</strong>t hat, fort:
in <strong>Greifswald</strong> im Sommcrwlbjahr 1N2l. 123<br />
Min mulw ante, rem clKn668ti?ilrm 6t Ktro^^m inwr<br />
inwrnuxto coloi-6 caenilett, illi«8 su^co ot ni^ro ot<br />
C0,lwxw8, s)U3.6 N6ctori!)U3 (Xilnnluriinn<br />
0l-lllM8 80l?io8 C0N8picUs)3 6t in8l<br />
coinmuin8 ^Ul3ita8^) ultore Q3.oruleIs>liltuin olilt, eum s<br />
6. XVII. .lumi an. 1.^1 ediotum astixum 63t, ^lio oml,e8<br />
l^ui N6sa8tuln inter 86 soe^u8 Z)6^ii^i88pil,<br />
6sli(;tum 3,^) incossNlt«. manu col^c^l^tum ad<br />
pa.rtium<br />
aiiatum 65t. N066M l^ul>6 3uli ll^ciinam i^mam niatut. ,<br />
00116^9. IN6U8, lzui l^i86 z)lis>t-6 anno I^ctol' su6rat, Ill6 1ltteri8 oertis)r6m<br />
cit 6t 6« su6ä6l6 czuoi-unclain illicito ot c^ua^ i-6rinn iiovarum cunicio<br />
lnva3i886t et (;ui prlncil>66 f6rociori8 snctionl3 6336<br />
^ nuncio aoc6pto, V6ritu i l l ^ i i6<br />
ros in 6et6i-iu3 6vaä6i-6t, 6 i-6pudlica futurum 6xi8timavi, »i<br />
6t ßocii uti-iu5^u6 s6ä6ri8 manis68tari 6t<br />
cunctatu3) 66cretariuw, p6(i6llum utrum^u6 6t tamulum<br />
.. 6t pO3t
l 34 Der Konflikt <strong>der</strong> „Allgemeinheit" und <strong>der</strong> ^andsmannschaft Pomerania<br />
6t ssravigsima rei in^iais p083e reperir! in 8erinii8 stucliosorum ... in<br />
lwrum l-um vel lllll'ruln ^uvenun, 8^ris>t3. inveni88ellt,<br />
t. ?Iu8 l^unm Lnsr^tum er.tt, oe,euj»«tuni e^t.<br />
cnäieem') et z)iilnum v,»lumen<br />
uturiä 8l)^uer«.llt, et<br />
de (0l»8e38U 1>rum 6ie XII. m. <<br />
lz.vocn.re, consiissere, llissiluliilri et «i czuiz ili<br />
retur vel odte3wretur, fu3tiI)U8 eoutemtim et es)ntulnelil>8e eum n<br />
uut t1kssel1'l8 eaeslere et cinoeun^ue mmls) z>er8e^ni, ^Is>ri^l et<br />
i'uit. feroce« euim pußliluln uln et ßiaämtnrum anims)8 il^uerunt, sjui nee<br />
ln^enull.8 6t ele^:ulte8 li.rte8<br />
(^uin eksu80 semel<br />
s:u?ti, velnt n'nem<br />
et iä peinig nlia c^uxerunt.<br />
et denetieill<br />
enlumnia, in3i6ii8 et<br />
«.ll nutte rent, nee kumanitntem Lpir^rent.<br />
I^llll^no. ut g.8^s>let, effrenati et veeold68<br />
vit^e vulnera, eaeäem, ver<strong>der</strong>a<br />
cre3oenti Zlotenti^e dum<br />
äi^nioridu« ^rl^eriziere,<br />
evertere et exeluäere. et<br />
et eluäere potuerunt. deaerati enim omnig. lere<br />
lncli. couvicturii 8ortiti 3unt et prinoep3 i^30rum lv. . . . ip86 eonviewrii<br />
senior foetus e3t, et cum i8 ac^slemi^m reli
, ut, ex<br />
lllti, crevit<br />
illiens)3 i^utem 9, loe<strong>der</strong>e<br />
oi.'Mdomini8,<br />
^Sri nullet, sin ers ll^,et, in<br />
in (hrrìfswlild im Sommerhalbjahr !8'21.<br />
et ttlio die libll<br />
cum ili l'omeruni 6t<br />
s ve! ^rineine8, ve? 8s)^il<br />
c,^ in<br />
oum COlnniui<br />
, et 8U08<br />
i et expun^ere incile<br />
ut 86NlUU8 8 vera Hil)lcitlit. Iliil^<br />
et i^lii l^uo, klii illuo ron^ tr^nerent,<br />
^ e i<br />
,16 üoc illll
Der Konflikt <strong>der</strong> „Allqellteinheit" und <strong>der</strong> Landsmannschaft Pomerania<br />
no^, slol.^tn. scotio oomplurium. ani<br />
^i enim s»o>>t n'niturn bellum (I-kIIicum ortl^ noinen<br />
8ldi uttriduerat, interp03it0 8.u^eni tenlnore, ounl ricuci levem<br />
ne in lwe velut geminarlo ^uvene8 erkent, rc>z)ti^:lt^ e^t et ingenui<br />
et in
in (^reifswald im Cammerliallijalir 1821.<br />
cmi<br />
odtiuuer^n^ ^uetoritnto vel spreta, vel<br />
sSseutiUltium, re vera guo g.i'Mtrio 6t ^udi^io<br />
et H(ilmui^tru.ut.<br />
veteres I'onlerti.ui Ql^uä multo pO3t invidig. pereiti et<br />
ßlorilim 8UÄlu nune ,<br />
i, olamar?, 66u8<br />
. ^.äv6ii6ruut ruteni nien36 Aprili It^^l ^erolino<br />
in<br />
eonntium<br />
velut I^ul^al-ii is».",! 5int vel n'^ii velint, dami nlullo ^o.^t<br />
autem rem inliißnam et intolc'r^l^llem r^ti, j(^ ^uocl plininn een8Ul38ent,<br />
l^i^entienteg et minores numero prodiere o^ortere, inox ex:^)t,'ruti et<br />
paueorum, l^ui nullUtullinein ressaut. t)l^lNli3i naneant, na<strong>der</strong>e veliut, it«. ut, 3l szuo3<br />
vj)lli8v>u1(Iia6 ^roci^ni^^nt, illi et. kl^rollui iut^me^^ um 5e<br />
eollMierint, ^idie<br />
1) Nach dem großen Bericht ans Ministerium sNr. 9) betrug die Zahl <strong>der</strong><br />
Pommern ursprünglich 11, steigerte sich aber bald.<br />
2) Tie 'Auffindung dieses Schreibens gelang <strong>der</strong> Berliner Unwersitätsbehörde<br />
nicht (Nr. 9).<br />
2) D. h. sämtliche dortige Landsmannschaften, wie <strong>der</strong>en Schreiben vom 8. Juni<br />
1821 (Nr. 9) ergicdt.
ut,<br />
m.<br />
l 0<br />
Der Konflikt <strong>der</strong> „Mgemeinlioit" und <strong>der</strong> Landsmannschaft Pamerania<br />
t' et. Z)03cere ^.e, i»6<br />
«e<br />
XV'l. in. .l<br />
et iliß6lltem illdi^tlii<br />
8 8tuvum soedu«; seci386nt, et<br />
cogniti« die XVII., ut<br />
loeclere .^<br />
. ^mieo ututur, ^eli onmeg<br />
exliinvit. It^^ue n^e^ueuti<br />
. et. 8./^j ut zumili MN<br />
et lilter^<br />
in Greifswlüd im Sommerhalbjahr 1821. !29<br />
O 8ekt den Herrn nmAniiini«<br />
^vis er am (^«.l^en baumeln inu88<br />
die I^utu Ulla ^ieliel in lier rt^nd,<br />
denn die86 z^ind ilim sskl.r verwandt ew.')<br />
Nndem tenitore et I'. . < . ner (zuktuot'decim die3 carcere inclu3U8<br />
«3t.it^eiunt.<br />
in<br />
nee<br />
me etimn Vni-^urii exnel'tilri e33ent, ni,<br />
ll.lii multo<br />
, ut<br />
et renu<br />
c^oerem tn'um ciiei-um, ^. octo ciiel-um<br />
i s et pro<br />
et<br />
ilnuria. l^ivul^verzit, rudi et i<br />
80t-cler6 et enriet^to et<br />
M6N36 Feptemnri<br />
diceretur.<br />
et<br />
mea.<br />
in 86<br />
g.?tem exeroe!)knl, ^<br />
nee<br />
(?on8l8t0l-iu,n !>tettill6N36 l^<br />
per<br />
6i3pl,ceret,<br />
er.^nt 1^<br />
eum illÌ8<br />
i 3unt,<br />
detuler^t^ I^oe. velut ^^umenw<br />
et.<br />
neo<br />
cive8<br />
adire in en^ue ztudiii ner^e^ui, r68N0nslÌ38e, so u!) i3til<br />
e) quae morum f)r«
lAl) Der Konflikt <strong>der</strong> „Allgemeinbett" und <strong>der</strong> Landsmannschaft Pomerania<br />
Jetzt aber, führt K. weiter aus, traten sofort bessere Zustände ein,<br />
und schon in seinem Rettoratsjahre wurden 52 Stndenten immatrikuliert'),<br />
mehr als je seit 1777, dem Neltoratsjahre Dähnerts ^während noch 1tt!8,<br />
wie hier eingefügt sei, die (Gesamtzahl <strong>der</strong> Studierenden nur 5() betragen<br />
hatte). K. ist über den gnten Geist seiner Stndenten jetzt voll hohen<br />
Vobes; nnr das eine bedauert er, daß die am Ende des Ncktoratsjahres<br />
übliche Ehrung durch die Studentenschaft ihm versagt blieb. Ein Burschen-<br />
schafter, <strong>der</strong> sich durch die über ihu verhängte Hdarzerstrafe gekränkt gefühlt habe,<br />
habe dies hintertrieben, zumal auch sein Vater, ein hoher städtischer Beamter,<br />
es als eine Kränknng <strong>der</strong> Magislratsrcchte ansah, daß in seinem Hanse<br />
Briefschaften des Sohnes beschlagnahmt worden warend) was aber <strong>der</strong><br />
Rektor im Namen des Senats dcr Universität energisch als sein gutes<br />
Recht in Anspruch nahm. — Was K. über die sonstigen akademischen Er-<br />
eignisse während seines Nektoratsjahrcs aufgezeichnet hat, ist zwar teilweise<br />
interessant genng, soll aber hier, als nut nnserem Thema nicht zusammen-<br />
hängend, Übergängen werden. Dagegen sei noch erwähnt, das; die Zahl dcr<br />
Studierenden in den nächsten Jahren weiter stieg l,s. Anm. '); es wnrden<br />
eingeschrieben 18^/23 : 77, l5W/51 : "7, 182l/.>5 : 52, 18>5'3 : 88.<br />
— Über das in den Aufzeichnungen erwähnte Konviktorium, die akademische<br />
Speijeanstalt, berichtet ltt2A Ehnstian Wilh. Ahlwardt in seinen Anf-<br />
zcichnnngen als Dekan <strong>der</strong> philosophischen Faknltät, daß damals bestimmt<br />
worden sei, wer daran teil haben wolle, müsse schriftlich versichern, daß er<br />
an dem Verruf dcr beiden Studenlenpancien gegen einan<strong>der</strong> nicht weiter<br />
teilnehmen wolle. Daß alle, die dies Versprechen abgaben, es auch hieltcu,<br />
muß man nach ^agc <strong>der</strong> Dinge stark bezweifeln. 182l> wurde dann das<br />
Konvillorium im Schwarzen Kloster ausgehoben und die betreffenden Stndenten<br />
nunmehr bei drei Bürgern, darunter zwei Gastwirte, gespeist.<br />
Was den Menband 55. VIII, Nr. 3, über den ich oben nur ganz<br />
kurz sprach, des Genaneren betrifft, so bezieht sich fast das ganze darin<br />
enthaltene Material anf die Ereignisse von Mitte Inni bis Ende Juli 15^1<br />
nnd läßt, obwohl es, wie erwähnt, nickt einmal vollständig sein wird, die<br />
Bchanptnng des Rektors von täglichen Untersuchungen in dieser Zeit als<br />
begründn erscheinen. Es gruppiert sich in <strong>der</strong> Hauptsache (Unwesentliches<br />
übergehe ich ganz) um folgende Vorgänge:<br />
') Wie hoch die Gesamtzahl <strong>der</strong> Studenten damals war, habe ich nicht feststellen<br />
können. Im August 18-iO waren es nach dem 347. Briefe Zelters an Goethe über 80<br />
Eulcndura.. Die Frequenz <strong>der</strong> deutschen Universitäten, Leipzig UM, S. 16t berechnet für<br />
1816.20 einen Tuvchschnttl von N. für 1821,25 einen solchen von 16') — ein guter<br />
Beleg für n.'s AllssührunaM.<br />
2) Auck die städtische Polizei war, wie die Akten mehrfach zeigen, durchaus nicht<br />
eifrig in Erfüllung etwaiger Wünsche <strong>der</strong> Universitätsbehörden.
in (Nrejfswald im Sommerhalbjahr 1K21. 13<<br />
1. In <strong>der</strong> Nacht vom IN. zum 19. Inni kehren eine Anzahl<br />
Burschenschafter teils zu Wagen, teils zu Roß von einem übrigens durch<br />
den Rektor verbotenen Kommers zur Feier <strong>der</strong> Schlacht von Vaterlos)<br />
aus Koitenhagcu zurück (ein Verzeichnis sämtlicher Teilnehmer daran ist<br />
beigeheftet). In <strong>der</strong> Vangen Strane vor dem Hause des .tt'allfmauns und<br />
Konditors Kampfhenlel, dem Versammlungslokal <strong>der</strong> Burschenschaft, wurden<br />
sie von eiuer Anzahl von Pommern stark insultiert.') — In einigem Zu><br />
sammenhaug damit stehen schon Drohungen und Beleidigungen am 17. Juni<br />
im Ratskeller gegen einen desou<strong>der</strong>s verhaßten Burschenschafter, <strong>der</strong> sich<br />
in Berlin zur Pommcrupartei gehalten hatte, wohl wirklich zur Händel-<br />
sucht neigte und beschuldigt wurde, sein Ehrenwort gebrochen zu haben.<br />
Daß Eifersucht gegen deu wachseuden Einfluß <strong>der</strong> Burschenschaft die Ursache<br />
<strong>der</strong> Begründung <strong>der</strong> Pomerania und damit auch aller Konstitte war,<br />
ergicbt sich mit Sicherheit aus den Eingaben und Verhandlungen.<br />
2. Ohne Zusammenhang mit dcu eben erwähnten Vorgängen sind<br />
die Beleidigungen, die einem Burschenschafter mehrfach, namentlich aber am<br />
l!). Juli im „Deutschen Hause" durch einige Pommern zngefügt wurden.<br />
Er beklagt sich darüber m einer Eingabe vom LO. Inli, <strong>der</strong> übrigens<br />
eine (Aegeubeschwcrde <strong>der</strong> Pommern znr Sette steht. „Nur allein die gewisse<br />
Zuversicht," heitzt es in würdigem Tone am Schluß <strong>der</strong> burschenschaftllchen<br />
Eingabe, „daß die kräftigsten Maaßregeln von Ew. Magnificenz meine<br />
persönliche Sicherheit schützen, kaun mich bewegen, unbewaffnet auf <strong>der</strong><br />
Straße zu gehen. Bei einem Veben, dessen Dafeiu so zwiespältig geteilt<br />
wird, muß auch überhaupt die Tendenz des akademischen Vebeus verloren<br />
gehn; und ich sowie auch mehrere meiner Freunde, welche hierher gekommen<br />
sind, um uns sittlich-wissenschaftlich auszubilden zugleich mit kräftiger<br />
Weckung des vaterländischen Gefnhlö, würdeu sehr bald einen Ort verlassen,<br />
wo wir einen so schroffen Gegensah finden, <strong>der</strong> uuser Streben nach Ver-<br />
vollkommnung ins Unendliche entschieden hemmt." — Mit deu Vorgängen im<br />
„Deutschen Haus" stehen an<strong>der</strong>e um dieselbe Zeit erfolgende Belästiguugeu<br />
<strong>der</strong> Burschenschafter durch Pommern wenigstens in losem Zusammenhang.<br />
Gegen den Schluß <strong>der</strong> betreffenden burschenschafuichen Eingabe findet sich<br />
eine Stelle, die für die Schroffheit <strong>der</strong> Gegensätze beson<strong>der</strong>s beweiskräftig<br />
und zugleich für den etwas pathetischen damals herrschenden Ton sehr<br />
') Schon im Herbst 1830 war ein Kommers zur Feier <strong>der</strong> Schlackt bei Leipzig<br />
streng verdolen worden (2. Vili, Nr. 12). — Jetzt wurde wenigstens die gleichfalls<br />
geplante Anzündung eines ssreuoenfeuers verhin<strong>der</strong>t. Man halte gefürchtet, daß, da<br />
die Pommern in Eldena tommersieren wollten, was auf das Verbot hin unterblieb, es bei<br />
<strong>der</strong> Nähe bei<strong>der</strong> kneiplokale zu Zusammenstößen kommen könne
132 Der Konflikt <strong>der</strong> „Allgemeinheit" und <strong>der</strong> Landsmannschaft Pomerania<br />
bezeichnend ist. „Bei <strong>der</strong> unglaublichen Nascrei dieser Menschen", schreibt<br />
<strong>der</strong> Beschwerdeführer, „die durch unmäßigen l^ennß des Weins noch<br />
gesteigert wird, und bei <strong>der</strong> kalten Verachtung aller bestehenden Ordnung . . .<br />
bitte ich in meiner uud aller Freunde <strong>der</strong> Orduuug Namen, uns gegen<br />
diese Mcmchcu zu schuhen, damit nicht die jugendliche Hike sich durch<br />
mauuigfache Verhöhnungen und Provokationen zu ärgerliche» Auftritten<br />
hinreißen lasse."<br />
.'5. Schon am Nachmittag des IN. Juli hatten sich beim Gastwirt<br />
Neudcl ill Eloeua zwischen deu beiden Parteien ärgerliche Szenen abgespielt.<br />
Tic wären unmöglich gewescu, weuu sich die Pommeru au den wegcu <strong>der</strong><br />
^orgäuge in <strong>der</strong> Nackt vom ltt. zum l9. Iuui über sie verhängten Stadt-<br />
arrcst gelehrt hätten. Ieyt trifft die Hauptschuldigen Stubenarrest uud<br />
Ausschluß vom Konviktorium; bezüglich eiucs nicht Immatrikulierten wird<br />
vom Magistrat baldige Abschiebung aus <strong>der</strong> Stadt erbeten.<br />
4. Am Abend des 27. Juli kommt es iu <strong>der</strong> Knopfstraße Zu neuen<br />
Zusammenstößen zwischen den feindlichen Parteien; auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong><br />
Burschenschafter erscheinen diesmal anch ein Advokat nnd ein Notar. Die<br />
Hauptschuldigen nnter den Pommern erhalten Hausarrest.<br />
Die àrbore, die m (Gegenwart des Nckwrs und des akademischen<br />
Syndikus Eichstedt o<strong>der</strong> wenigstens eines von chnen abgehalten wurden,<br />
bewegen sich in nnbehilflichcn formen. Namentlich fällt vom heutigen<br />
Standpnutt betrachtet <strong>der</strong> uulcidliche Schematismus <strong>der</strong> Fragen auf, die<br />
auch dauu allcu gleichzeitig umgeladenen Zeugen o<strong>der</strong> Angeschuldigten<br />
vorgelegt werden, wenn bei einem Teil <strong>der</strong>selben ganz klar ist, daß sie<br />
über den betreffenden umstand nichts aussagen können.<br />
Der Einblick in das studeutische ^cben <strong>Greifswald</strong>s in jener Zeit,<br />
den man aus deu Aktenstücken gewinnt, ist recht wenig erfreulich; namentlich<br />
iu <strong>der</strong> Vengnung o<strong>der</strong> Pennschnng <strong>der</strong> Wahrheit wird wie<strong>der</strong>holt sehr<br />
Starkes geleistet. Wenn man auch mit Sicherheit annehmen kann, daß<br />
die kmz beleuchteten Vorgänge die schlimmsten waren, die sich damals m<br />
Orcisowalo ereigneten, so ist doch das Eine ganz klar, daß <strong>der</strong> Ton und<br />
die ganze Art des Porgehens auch zwischen einan<strong>der</strong> feindlichen studen-<br />
tischen Korporationen heutzutage sich erfreulich von dem damaligen<br />
uuterscheideu. Wenn von Duellen sehr wellig die Rede ist, so erklärt sich<br />
das wohl daraus, daß es sich um Konflikte zwischen Studenten handelt,<br />
die sich gegenseitig in Verruf getan hatten. Der Erfolg von Kannegießers<br />
Maßregeln ^ dahin gehört z. T. auch ein Perbot <strong>der</strong> Fechtübungeu, mit<br />
Bezug aus welche er in einem seiner Berichte bemerkt, nur geistige Fecht-<br />
ubnngen sollten dell Stndenten gestattet sein — war übrigens durchaus<br />
nicht so entschieden, wie er gehofft halte, und jedenfalls nicht von Dauer.<br />
Zwar <strong>der</strong> nach Ausweis <strong>der</strong> Akten
(Nreifslv.ild im Sommerhalbjahr 133<br />
Studenten ans Berlin während <strong>der</strong> seriell Ultd im folgenden Winter-<br />
semester scheint, vielleicht infolge <strong>der</strong> Masiregeln <strong>der</strong> dortigen Universität-<br />
bchorden, unlerblieben zu sein; aber die Auflösung <strong>der</strong> Pomerania war,<br />
wenn sie überhaupt mehr als zum Schein erfolgt ist, jedenfalls nicht von<br />
Dauer, und an Stelle <strong>der</strong> „Allgemeinheit" trat sein- bald die damit im<br />
wesentlichen identische Burschenschaft anf. Die'e beiden studentischen<br />
stehen anch in den weiteren Nntennchnngen n<strong>der</strong> verbotene ^c<br />
die nach Ausweis <strong>der</strong> schon erwähnten Alten mi Vanfc <strong>der</strong> ^l cr und<br />
Zl)er Jahre geführt wnrdcn, durchans im Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Ich meine, <strong>der</strong> vorstehende knrze Bericht hat einen in mancher<br />
Beziehung charakteristischen Einblick in hiesige studentische Verhältnisse vor<br />
reichlich achtzig Jahren eröffnet, nnd möclite ihn mcht schließen, ohne<br />
Herrn Karl Adam hier, <strong>der</strong> mir Kanuegief-ers Aufzeichnungen und manche<br />
an<strong>der</strong>e Notiz frcnndltchst zltr Verfügung stellte, meinen besten Dank zn sagen.
Kriegstagebuch bes Leutnants Uuöwig<br />
aus den Jahren M3, N unb l5.<br />
Herausgegeben<br />
Dr. O. Mein<br />
Professor.
Vorbemerkung.<br />
Die nachfolgenden Blätter dürften vielleicht für weitere Kreise<br />
Interesse haben als ein lebendiges Zcngnis aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> eines Mitkämpfers<br />
in den großen Jahren !!^!3—15). Es ist doch ein ganz eigener<br />
Geist, <strong>der</strong> uns aus jener Zeit entgegenweht: treuherzige, reine Begeisterung<br />
und idealer Schwung. Sodann lernen wir ans dein Tagebnch gcnaner<br />
die Einrichtungen und Zustände bei den „Freiwilligen Jägern" kennen,<br />
beson<strong>der</strong>s auch die Erlebnisse des 9. (Kolbergschen) Regiments'), dem <strong>der</strong><br />
Verfasser zuerst als Jäger, nachher als „Veutnant" angehörte; endlich<br />
berührt es vielfach pommersche und speziell Stettiner Verhältnisse nnd<br />
Persönlichkeiten.<br />
Der Verfasser Ludwig Schulz ist mein Großvater, <strong>der</strong> Vater<br />
meiner Mutter gewesen. Er war <strong>der</strong> dritte Sohn des Pastor Daniel<br />
Christoph Wilhelm Schulz in Woltin bei Greifcnhagen und <strong>der</strong> Anna<br />
^uise geb. Matthias aus Clebow. Er studierte, als <strong>der</strong> Krieg ausbrach,<br />
in Berlin Theologie, und zwar im ersten Semester, er war damals<br />
18 Jahre alt.') Nach dem Aufruf vom 3. Februar 1813 zur Bildung<br />
freiwilliger Jäger und dem vom 9. Februar, <strong>der</strong> „die Aufhebung <strong>der</strong> bisherigen<br />
Ausnahmen von <strong>der</strong> Dienstpflicht brachte", trat er als freiwilliger<br />
') Die Ausführungen berühren sich vielfach mit <strong>der</strong> „Geschichte des<br />
9. Regiments" von Vagensky.<br />
2) Der GebuNswy ist nicht genau festzustellen, da die Kirchenbücher von<br />
Woltin beim Brande des Pfarrhauses 181V vernichtet sind. Nach <strong>der</strong> Rangliste des<br />
Kolbergschen Regiments vom Oktober 1815 war er damals 21 Ialne alt. Nach<br />
seiner eigenen Angabe ist er am 7. März geboren, wahrscheinlich 1794. Sein älterer<br />
Bru<strong>der</strong> Wilhelm, <strong>der</strong> im Tagebuch viel genannt wird, war (naä) Rob. Graßmann<br />
Matthiassches Familienbuch Et. 1888) ein schoner nmger Mensch, anfangs Referendar.<br />
Er trat 1813 zuerst beim kutzowschen Corps ein, nach deni Waffenstillstand beim<br />
I. Pommerschen Regiment. 1815 stand er bei <strong>der</strong> 18. Brigade des 5. Armeekorps<br />
(Uork) 5. Schleichen Landwehr-Regiment. Er wurde m den Befreiungskriegen<br />
brustkrank und starb in Berlin. Ter dritte Bru<strong>der</strong> Johann Kurl<br />
Schulz (geb. 2'
138 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
Jäger ein, und zwar als Pommer mit vielen seiner „Commilitonen" beim<br />
Kolbergschen Regiment, das schon damals in Stargard stand. Hie wurden<br />
in Greifcuberg i. P. ausgebildet und stießen vor <strong>der</strong> Schlacht bei Bautzen<br />
zum Regiment. Nun lassen wir ihn selbst erzählen.')<br />
Erinnerung meiner Lebensjahre lttl3, 14 und 19.<br />
(beendigt den I. Januar Istltt.)<br />
Schnlz, Leutnant,<br />
iftUz Februar.<br />
Ein Halbjahr hatte ich das Universitätsleben genossen; und noch<br />
hatte vom eigentlichen ^eben nicht die geringste Kenntniß; immer noch war<br />
ich unter einer gewissen Abhängigkeit. Ans <strong>der</strong> Universität wohnte ich mit<br />
meinem Bru<strong>der</strong> in einem elenden Stnbchen; wir lebten äußerst kärglich;<br />
ich theilte mit ihm was ich hatte. Er hatte den Grundsatz, alles Gelüste<br />
unterdrücken zu müssen, nm dadnrch zu dem wahrhaft Idealen zu gelangen;<br />
ich schwärmte in <strong>der</strong> Idee enthusiastisch. Das Resultat meines Glaubens<br />
war, nnr <strong>der</strong> wird fortleben nach dem Tode, <strong>der</strong> seine Seele zu solcher<br />
Erhabenheit bringen könne: und dieser Glaube scknen mir ganz mit Christus<br />
^ehre übereinzustimmen.<br />
Den 9. Februar schlug die Stnnde, die mich in die Welt rief.<br />
Der Aufruf in den Zeitungen. Die allgemeine Störung auf <strong>der</strong> Universität.<br />
Ans den Hörsälen in den Fechtsaal, Berathschlagnngen und Anwerbungen,<br />
Einzelnes Aufbrechen. Alles dieses hat mich so begeistert, daß mir jede<br />
Stnnde, welche ich noch in Berlin znbringen mußte, als Schande bringend<br />
erschien. Denselben Abend machte ich ein Gedicht naä) <strong>der</strong> Melodie: Auf<br />
ihr meine deutschen Brü<strong>der</strong>. In diesem Gedicht hatte ich meinen Glauben<br />
nie<strong>der</strong>gelegt; ja ich hatte die Frechheit, es Fichten znznschreiben; doch<br />
wnrde es glücklicherweise bald entdeckt vom ersten Freunde Welmer, dem<br />
es in die Hände gekommen und meinem Bru<strong>der</strong>.<br />
Der König hatte zu Ende Januar plötzlich von Potsdam nach<br />
Schlesien flüchten müssen, von wo aus er den Aufruf erließ.<br />
Es hatte sich in Berlin <strong>der</strong> Tngendbnnd gebildet, <strong>der</strong>, wie es hieß,<br />
durch ganz Deutschland sich erstreckte; gleich nach <strong>der</strong> Abreise des Königs<br />
war alles mit Piken bewaffnet. Das Volk wurde auf alle Weise gegen<br />
die Franzosen aufgehetzt. Der Abend war schon bestimmt, wo das Blutbad<br />
beginnen sollte, ins Weite gehende Absichten lagen vielleicht zu Grunde.<br />
') Um den Eindruck <strong>der</strong> unmittelbaren Frische nicht abzuschwächen, habe ich<br />
die Schreibart und Interpunktion überall genau beibehalten. D. H.
aus den Iahreu 1813, 14 und 15. 139<br />
(Glücklicherweise wurde die Ausführung dieser Grausamkeit durch den<br />
Professor Fichte unterdrückt, dem es durch meinen Bru<strong>der</strong> angezeigt war.')<br />
Den IA. Februar war alles eingerichtet. Mit Hafsner nehme ich<br />
den Wan<strong>der</strong>stab und um !5 Uhr nachmittags sind Berlins Thore hinter<br />
mir. Spät erlangen wir Bernau im Schmutz watend.<br />
Den 15. blieben wir in Schwedt bei Haffners Onkel.<br />
Den 16. in Garz bei Bremers. Der Weg war schrecklich und<br />
überall begegneten uns von Rußland zurückkehrende Franzosen, die nicht<br />
weiter konnten.<br />
Den 17. gings nach Stettin. Auf dem Wege lag ein todter Franzose<br />
im Koth, den Kopf gestützt durch einen Tschako.<br />
Den 18. ging ich ab nach Woltin mit Ferdinandt Matthias;.')<br />
Beim Ofen am großen Tische hinten saß <strong>der</strong> kränkliche Vater, ein Pack<br />
Bücher vor sich. Meine Schwester am Spinnrocken sitzend. Ein kleiner<br />
Knabe Karl Lackmann seine ^ection lernend, <strong>der</strong> Küster steht uud politisnt.<br />
Wie ich in die Etube trat, sinkt <strong>der</strong> Vater ganz bleich ans den Stuhl<br />
zurück; doch erholt er sich wie<strong>der</strong> und wird gesprächig.<br />
Den 19. gegen Abend kommt meine Mondirung an. Pater geht<br />
mit mir umher und zeigt den neuen Soldaten den Bauern.<br />
Den 20. wird sich geübt mit <strong>der</strong> Büchse. Mein Vetter Matthiaß<br />
trifft besser als ich.<br />
Den 21. beginnt die Fahrt mit mir Matthiaß und Rinsberg. Vater<br />
begleitet uns und scheidet mit den Worten: nie seh ich dich wie<strong>der</strong>. Gegen<br />
2 Uhr sind wir eine viertel Meile vor Stargardt; dort steigen wir ab,<br />
hängen die vollgepackte Jagdtasche um, die Büchse auf den Puckel, und<br />
halten kaum die kurze Zeit das Tragen aus. Am Thore werden wir durch<br />
aus Rußland zurückgekehrte Pr. Truppen sogleich du angeredet und zur<br />
Hauptwache transportirt. Nachdem hier unsere Namen aufgeschrieben<br />
waren, läßt mau uns gehen.<br />
Es geht zum Prinzen von Prenßen. Hier wird eine Stube gemiethet.<br />
Es finden sich dort bald eine Menge Jäger ein.<br />
Den 22., den folgenden Tag suche ich Haffner ans, <strong>der</strong> mich in eine<br />
Gesellschaft von Damen führt. Wo mancherlei Scherze getrieben werden.<br />
Bei Haffner hatte ich in Berlin so manchen Abend zugebracht; er war <strong>der</strong><br />
einzige, <strong>der</strong> mich bisweilen in meinen strengen Grundsätzen irre zu machen<br />
suchte; wir disputirten oft sehr lange; er nahm das ^eben von <strong>der</strong><br />
leichtesten Seite. Der Tag war kalt, iu Stargardt mit Baron v. Winter-<br />
') Hiernach erscheint <strong>der</strong> Tugendbund doch nicht so harmlos, wie Treitschke<br />
(I, S. 804) annimmt.<br />
',> Sein Vetter, geb. 29. Mai 1780, 1- 25. August 1837 als Hauvtmcmn m<br />
Danzig. 19. Oktober bei Leipzig verwundet. S. v. Vagensty a. a. 3^. L. l
140 Kriegstagebuch des LeutnantsLudwig Schulz<br />
fcldt. Auch ihn suchte ich aus. Sie sehen uns den folgenden Tag auf<br />
großen Bauernwagcn ausfahren, eine wahre Karawane. Unter Inbeln<br />
und Singeu langten wir in (Nrciffeuberg an. Den Ersten, welchen ich<br />
traf, war Wilhelm Hildebrandt, Musquetier. Es wird Quartier<br />
genommen. Mein Wirth ist ein Naschmacher, l) Ein kleines Stübchen<br />
voller Gesellen, die Frau mit jungen Kin<strong>der</strong>n; alles schmutzig, ein kleines<br />
Eckchen am Tisch blieb mir nur vergönnt; doch trieb mich die Hitze bald<br />
wie<strong>der</strong> heraus, Ernst Seegemund, Kumme, Doehling, Kratz :c. Ihr<br />
lieberreden half; ich ließ mich dort engagiren und sogleich aufschreiben.<br />
Den 24. reisten die Nebrigen, welche mit mir gekommen waren, ab,<br />
Wrabow, Haffner, Matthias lc. und ließen sich nachher in Treptow beim<br />
1. Pommerschen Regiment anstellen. Die Nacht schlief ich in einer kleinen<br />
Kammer, worin eine alte Bettstelle, die kaum Platz hatte, worin ein Unter-<br />
bett von Lumpen zusammengeflickt voller Stroh und drüber Lumveu zur<br />
Decke, die einige harte Fe<strong>der</strong>n einschließen. Dies war noch als ein<br />
Vorzug mir vergönnt. Eie hatten mir die Kammer <strong>der</strong> Dienstmagd ein-<br />
geräumt. Sonst müßte die Einquartiruug auf dem Boden mit wenig<br />
Stroh vorlicb nehmen. Zu Mittag wird eiue große Schussel kleiner<br />
Fische und eine an<strong>der</strong>e mit Kartoffeln und einer Viersoße auf den Tisch<br />
gebracht. Ich laß mir einen Teller geben, <strong>der</strong> kaum zu finden war und<br />
nehme vorlieb mit einigen Fischen und Kartoffeln. Zugleich drängen sich<br />
Meister und Gesellen, Weib mit den Kin<strong>der</strong>n anf dem Schoß und ein<br />
etwas größerer Iuuge, in Lumpen gekleidet, gierig an den Tisch. Je<strong>der</strong><br />
holt ein Messer aus <strong>der</strong> Tasche und greift in die Schüssel mit seiner<br />
schwarzen Hand. Die Stube war fast heiß durch die Oefen, welche die<br />
Naschmacher zu ihrer Arbeit gebrauchen, durch die Meuschen und das<br />
Essen. Mir wirö übel, gehe heraus, fmde am Thor Sekgemltlld, gehe mit<br />
ihm vors Thor, ich erzähle ihm mein ^eid, bietet mir an, bei ihm zu ziehen,<br />
wenn es gleich nicht viel besser ist. Wir kaufen uns eine Svickgans und<br />
so kehren wir in sein Quartier zurück. Sein Wirth ist ein Schnei<strong>der</strong>.<br />
Ich briuge meine Sachen dahin und schlafen wir die Nacht zusammen auf<br />
dem Boden in einem tüchtigen Vctt.<br />
Den 25. verbessern wir uns durch ein Quartier beim Stadtmusikus.<br />
Eiue Musikstube auf dem Hofe ist unser eigen; ie<strong>der</strong> hat sein eigen Bett.<br />
Den 27. kommt Bethtc und noch einer zu uns. Jetzt wird auch<br />
das stete Tragen <strong>der</strong> Lebensmittel, Brot, Branntewein, Fleisch, Vinsen ver-<br />
mieden, indem die Wirthin sich verpflichtet, für 18 Pf. pro Mann täglich<br />
das Essen zuzubereiten und das Gemüse selbst zu holeu. Es bildet sich<br />
bald eine lustige Kompagnie.<br />
') Weber.
aus den Jahren 1813, 14 und 15. 14!<br />
Den 2ss. exercirt uns Major v. Rcinect auf dem Markt, unser Chef<br />
ist v. Schenk; zu Hause wird drav gepiwt. Ich erscheine bisweilen mit<br />
einer grauen Jacke.<br />
Dell 3. rückt das Regiment in voller Pracht ans Greissenverg m5<br />
Feld. Jetzt beginnt das Exerciren mit mehr Ernst. Des Vormittags<br />
exercirt. Des Nachmittags nach <strong>der</strong> Scheibe geschossen. Alte Invalidelljäger<br />
mumen uns dabei unterrichten. Ich erhalte einen Brief von meinem<br />
Bater, <strong>der</strong> mich beinahe in Verzweiflung setzte. Er begann: „Mit<br />
sterben<strong>der</strong> Hand schreide ich dir: Du verbitterst mir die letzte Stunde<br />
meines Gebens, muji von dir erfahren, daß du dich von dem klugen<br />
Ferdiuandt uud Hasfner getrennt hast uud dich schlechten elenden Menschen<br />
anschließt, die dich in ein ewiges Ver<strong>der</strong>ben stürzen" ?c. Was hab' ich<br />
gethan? noch selbst nicht geschrieben. An<strong>der</strong>e haben mich in ein so übles<br />
^icht gesetzt. Ich hatte es von einem Tag zum an<strong>der</strong>n aufgeschoben. Ich<br />
schreibe schnell, entschuldige mich so viel ich kann, rechtfertige mich. Der<br />
Brief kommt zu spat nach dem Tode meines Vaters.<br />
Den 10. Merz erhalten wir bessere Quartiere nach dem Ausrücken<br />
des Regiments. Ich, l)r. Secgmuud und Bethe kommen zu Biautomis.<br />
Des Meuds essen wir nuten; des Mmags beim Staotmusitns. Beim<br />
SüMeuWchen he'ch ich Ho^cr. H'm grasgrüner Mantel, <strong>der</strong> v'is zu den<br />
Waden reichte, umhüllte mich, befestigt durch ciucu Riemen um den Bauch,<br />
woran vorn ein kleiner Kasten befestigt war zur Bewahrung des Pulvers<br />
und <strong>der</strong> Patronen. Die Freude des gnten Quartiers währte nicht lange.<br />
Dell 16. Merz wird marchirt und das nach Ma ss o w. Ich<br />
komme in mem alles Elend.<br />
Den 18. Ein armer Ackerwirth giebt mir und Seegemnud Qnartier,<br />
ein Strohlager auf dem Steinpflaster <strong>der</strong> Stube ist für uus bereitet. Wir<br />
sind zufrieden.<br />
Den 19. rückt hier ein Bataillon Retruten mit grauen Jacken ein.<br />
Quartier wird schon gemacht. Bei uns kommen noch 9 Mann. Wir<br />
') Wohl ein Versehen im Datum.<br />
') Geboren 3. November 1787, später Major in Stargard.<br />
^ Bater des Sanitätsrats Bethe hier in Stettin.
l-42 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
gehen zum Burgemeister; doch dort sind die quartiermachenden Unteroffiziere,<br />
welche sich sehr beleidigt suhlen, daß wir mit ihnen nicht zusammen<br />
bleiben wollen. Wir müssen uns abtrollen, gehen verzweifelnd vors Thor.<br />
Siehe da wohnt em Amtmann. Wir gehen zu ihm, uns in einem voll<br />
seinen Miethshäuseru die Nacht zubringen zu lassen. „Sehr gerne will ich<br />
Ihnen in dem Hause eine Stube einräumen. Die 3eutc kouueu für Sie<br />
kocheu. Mittag werden Sie die Güte haben morgen mit mir vorlieb zu<br />
nehmen. Sie köuuen noch mehrere ihrer Kameraden, die schlecht in <strong>der</strong><br />
Stadt plajsirt sind, zu sich nehmen." Dankbar nehmen wir seine Auer-<br />
bictungcn an. Eine frohe Zeit wurde hier vollbracht; plötzlich getrübt<br />
durch einen schwarzen Brief von Hause. Wir wareu Ich, Seegemuud,<br />
Dr. Crausc. Hier zeigte es sich bei mir zum ersteu Male, wie ich meine so<br />
erhabenen Grundsätze so leicht vergesse« hatte. Es war ein schöues<br />
Mädchen im Quartier. Alle versnchteu ihr Heil bei ihr, Scegemund war<br />
<strong>der</strong> Erste. Ich allein war glücklich, weil ich als Unerfahrener zurück-<br />
haltend war; sie führte mich des Abends iu eiusamc Gänge auf dunkle<br />
Zimmer. Ihre Absicht war, ich sollte ihr die Ehe versprechen. Anfangs<br />
hatte ich es als Spatz betrachtet, zuletzt wurde ich verliebt. Wir brachten<br />
halbe Nächte zu, ohue daß ich eigeutlich ihre Ehre verletzte.<br />
Den 20. fängt die Oberjagerwahl an. „Durch welche Kuustgriffe<br />
„(hieß es) man blos; eine Klicke zu Oberjägern gewählt hat, das ist klar;<br />
„kein Sludeut ist gewählt, das töuueu wir nicht dulden. (Es hatte sich<br />
schon längst eine kleine Antipathie zwischen den Studente» uud denen<br />
gebildet, welche stets um den Hauptmann waren, mit ihm Wein uud<br />
Bergemannsches Doppelbier tranken, welche nur Scheines halber zu ihm zu<br />
kommen schienen. Einige hielte mau entfernt von diesen Grundsätzen.)<br />
„Und auch keiner von uns ist gewählt, die wir mit dem Abschied uns<br />
„gestellt haben. Man ließe es uoch gelteu, wenn Jäger gewählt wären, die<br />
„Erfahruug habeu uud von denen man gewiß weiß, daß sie etwas<br />
„gelernt haben."<br />
Seegemund macht einen Aufsatz im Namen Aller und reicht ihn ein<br />
an den ^brist v. Schulz iu Stargardt. Zugleich schlägt er eiue au<strong>der</strong>e<br />
Art <strong>der</strong> Wahl vor.<br />
Deu 2.'!. geschieht die Wahl, wobei den ganzen Tag zugebracht wird.<br />
Ich uud Drein gelangen zu <strong>der</strong> hohen Charge <strong>der</strong> Oberjäger; Gold-<br />
Hammer tritt zurück. Mir macht meine Wahl eine unerwartete Freude;<br />
doch wird nichts geäußert. Nicht lange, so sind die Tressen angeschafft.<br />
Nun wird noch brav excrcirt, meilenweit, und nach <strong>der</strong> Scheibe geschossen.<br />
Von Stargardt her wird eine bessere Kartusch verschrieben, bis wir am<br />
1. Aprill ausrücken. Mir werden noch Äpfel aus dem Quartier sowie<br />
jedesmal, wenns zum Exerciren ging, nachgeschickt; ich soll ja nicht ver-
aus den Jahren !813, 14 und 15. 143<br />
gessen, recht oft zu schreibell. Alls <strong>der</strong> Plainc von Stargardt tommt uns<br />
das Detachement des Füsilierbataillons l. Pommerschen Regiments ent-<br />
gegen. Es wird gegenseitig tiraillirt. Wir drängen sie nach Stargardt<br />
zurück. Tielows Gesicht wlrd durch Pulver verletzt. Die ziompagnic steht<br />
gerichtet da in Stargardt. Der ^äger Matthias öffnet furchtbar den Mnnd<br />
zum dachen, wie er mich sieht. Mem Quartier ist vor dem Thor mit<br />
Tesmer und Schulz zusammen. Den Nachmittag arbeite ich beim Kapitän.<br />
Den 2. Aprill wird ausgerückt, führen<strong>der</strong> Abschied voll nmerm<br />
Herrn Leutnant Stephany und seiner schönen Schwester, p. p. es geht<br />
nach Piritz.<br />
Den .'5. geht's nach Nahn; da treffe ich meine Schwester und meine<br />
Tante Medenwaldt;') erst noch in einer ziemlich verstimmten (Gesellschaft<br />
in <strong>der</strong> Familie des unglücklichen Burgemeisters N., die Dreist und ich<br />
noch etwas anfheiterten. Nun fahre ich mit Dreist, meiner Schwester und<br />
meiner Tante nach dem verlassenen Vaterhaus.<br />
Dell ^. gehe ich alleili uach Garden, H. Natten zu besuchen, treffe<br />
ihn auf dem Ackerfeld.<br />
Den 5. fährt uns Arndt nach Königsberg, eine starke halbe Meile<br />
vor <strong>der</strong> Stadt steigen wir ab, melden uus beim Hauptmann, <strong>der</strong> bei<br />
Bremer Mittag aß; wir werden mit genöthigt. Darauf empfange ich mein<br />
Billet beim Juden.<br />
Den 7. silld wir in einem Dorf nahe bei Freienwalde, da wird<br />
gespielt, <strong>der</strong> dritte abgeschlagen le.<br />
Den 9. rücken wir m Berlin ein gerade ans dem Schloßplatz in<br />
völliger Parade, machen einiges Aufsehen. Mein Quartier ist Schloßplatz<br />
Nr. 10 bei Mad. Hoffmanu, die sich Jäger statt Officiereu ausgetreten<br />
hatte. Wir werden trefflich aufgenommen, sogleich mit mancherlei Bandagen<br />
versehen und müssen mehrere vertheile». Des Abends beginnt znerst <strong>der</strong><br />
Theeklatsch mit gelehrten (besprächen. Anguste Klein bringt etwas Leben<br />
ins Gespräch, ein mnnteres Wesen und auf ihreu Autrieb endigt sich dies<br />
weise Gespräch endlich ins Quasseln, ihr liebster Ausdruck.<br />
Die alte Hoffmann ist eine gute gefällige Dame. Politische Sachen<br />
und Zeituugcu silld ihre liebsten Beschäftigungen. Ihre älteste Tochter, von<br />
schwindsüchtigem Ansehen, ist eine Gelehrte. Sie wagt sich an Homer nnd<br />
Thucydides, weiß Englisch, Französisch, Italienisch uud Lateinisch. Die<br />
zweite Tochter stirbt beinahe vor Liebe. Ein französischer Hauptmann war<br />
mit ihrem Herzen davon gegangen. Bald setzt sie sich ans Fortepiano,<br />
singt schmelzende Lie<strong>der</strong>, hält Plötzlich ein und weint, o<strong>der</strong> entfärbt sich.<br />
') Frie<strong>der</strong>. Christine, zweite Tochter des Pastors Matthias in Clebow.<br />
Verheiratet 14. Juli l884 an Prediger Joh. Frieor. Meoenwaldt in Alldamm.
144 Kriegstagebuch des Leutnants Vudwig Schmidt<br />
Auguste Klein mit ihrer frohen Laune ist die Einzige, welche mir interessante<br />
Gespräche führt; über Kunst und Malerei indem sie selbst sehr gnt zeichnet,<br />
doch affektirt sie nicht. Gern spricht sie von ihrem Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Haupt-<br />
mann im österreichischen Dienst ist.<br />
Den 14. Aprill. Die Kompagnie vermehrt sich täglich; doch nicht<br />
sehr vortheilhaft. Unser Stettin liefert nnter an<strong>der</strong>n uns noch Hermann<br />
und Meister. Zu Hause wird die Zeit mit Patronenmachcn vertrieben.<br />
Das du ^s»nr wechselt unter nns O<strong>der</strong>jägern; an dem Tage hatte man<br />
viel zn laufen, Rekruten zn messen, (Held zn holen :c. Die Kompagnie<br />
versammelt sich eincs Tages ans dem Schloß, wo uene Oberjäger gewählt<br />
werden, nnter an<strong>der</strong>n mein Vetter Franz Matthiaft. Täglich gchts nach <strong>der</strong><br />
Hasenheide znr Ucbuug im Schießen nnd im Excrciren.<br />
Den Itt. Aprill. In dieser Zeit wird Spandan beschossen. Eines<br />
Abends bräunte es so hell, daß Berlin davon erleuchtet wurde. Es hieß,<br />
die ^iacht sollte es gestürmt werden. Ich begegne Moellhuscn; er fragt:<br />
willst du mit? Wir gcheu sogleich ab, siud in den Trancheen nnd bivonakkiren<br />
ohne Mäntel; es wird zuletzt doch zu kalt, da wir's uicht gewöhnt sind.<br />
Wir gehen ab. Kaum sind wir bei <strong>der</strong> Mühle von Oranienburg, so hören<br />
wir ein starkes Schießen. Wir halten an um umzukehren; doch <strong>der</strong><br />
Gedanke: wir kommen doch zn spät, führt uns in ein Wirthshans von<br />
Oranienburg, wo wir den Morgen erwarten nns dnrch Kaffee erfrischen<br />
und dann ans <strong>der</strong> Rückfahrt nach Berlin erfahren, daß die Franzosen einen<br />
Allsfall gemacht hatten.<br />
Nach einigen Tagen ging die Stadt über dnrch das in die Luft<br />
Gehen des Pulverlhurmes, wodnrch ein Viertheil <strong>der</strong> Stadt ruinirt nnd eine<br />
starke Bresche in den Wall bewirkte. Dle Berliner Bnrger, die z. T. aus<br />
Neugierde auch bei Spaudau bivouakkirt hatten, waren sehr unwillig, daß<br />
die Besahung zwar ohne Waffen, aber mit allen ihren Sachen znm Feinde<br />
znrncklchrle und gewiß viele sind nicht über die Elbe gekommen. Dell an<strong>der</strong>n<br />
Tag fuhren wir mit <strong>der</strong> Familie nach Spandan nno sahen die Burger weinend<br />
aus den Rninen ihrer Häuser sitzen. Alles ist in Ordnung, Pnlvcrwagen,<br />
Horn ist Doktor, mit allem sind wir versorgt; die Fahrt kann beginnen.<br />
Ungefähr 306 Mann stark rücken wir den l. May ans Berlin aus,<br />
über deu Dacuowschen Platz die Potzdammer Straße entlang znm Thore<br />
hlnans in Parade marchirend. Es wird abgeblasen; die Reihe immer länger.<br />
Anf den Flügelmann wird nicht gesehen, es wird vorbcimarchlrt; <strong>der</strong> Zug<br />
immer langer; einige setzten sich, bei Potzdamm muß an zwei Stunden<br />
bis auf die Vetztcn gewartet werden.<br />
Den 2. May gehl's nach Bclitz.<br />
Den 3. May nach Treuenbriezen. Jetzt fing ich an, die Bürde<br />
zn fühlen <strong>der</strong> Oberjägerwürde. Das Auseinan<strong>der</strong>laufen <strong>der</strong> Kompagnie
aus den Ialiren I«I3, 14 und 15. 145<br />
war nuf diesem Marsche arg. Der Hauptmann sagt darauf: „die Ober-<br />
jäger siud mir für die Ordnung <strong>der</strong> (5omp. verantwortlich." Dies Wort<br />
nehme ich in dem streugsteu Sinne. Es wird Halt gemacht uud m<br />
Sektions marchiert. Das geht eine kalbe viertel Meile, da gehen die<br />
Stndentcn aus ihrem Gliede; ich weise sie zurück- sie murrcu: „<strong>der</strong> Schulz<br />
fäugt auch schon an, uns das Gebell zn verbittcrll, die Freiheit zu nehmen;<br />
warte nur Füchschen . . . darum haben wir dich nicht gewählt. Als<br />
Studcut mustt du uusere Freiheit vertheidigen helfen." Was hilsts, ich muß<br />
sie gehen lassen uud die alte Nunrduuug ist wie<strong>der</strong> da: weuu eiller geht<br />
will je<strong>der</strong> dasselbe Recht haben.<br />
Dell 4. rücken wir ins Saksische. Die Grenze war leicht zu kennen.<br />
Wo die Fensterläden nud Hausthüreu zu waren, wo kein Mensch sich sehen<br />
lies; dak ist Säcksisch. Der Marsch fäugt an ordentlicher zu werdcu; uur<br />
Araz ist jedesmal mit seinen langen Beinen wenigstens eine viertel Stuudc<br />
früher am Ort <strong>der</strong> Bcstimmnug; nur zum prosten Leidwesen. Ein<br />
Preußisches Dorf, mitten im Sächsischcu gelegen ist ilnser ^iachtquarticr.<br />
Den 5. marchicrcn wir nach Coswig. Unterwegs begegnen nns<br />
Französische (Aefangenc und einige Kanoilen; ein froher Anblick für uus,<br />
morgcu träumeu wir nlls über die Elbe. Vormittag rücken wir in Coswig<br />
ein. Campiren auf dem Steindamm bis
146 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
artiger Knaben; ja sie hatten eine ziemliche Ianitscharen Mllsik von Knaben<br />
gespielt. Dies gab uns den Einfall, <strong>der</strong> ausgeführt wurde. Mit diefer<br />
Iauitjcharenimlsik bildeu wir einen Kreis um des Hauptmanns Quartier<br />
und nachdem ihm ein dreimal Hoch gebracht war, geht <strong>der</strong> Zug wie<strong>der</strong><br />
auf den Markt. Es wird ein großer Kreis gebildet. Fr. Wilhelm,<br />
Alexan<strong>der</strong> und Angust solleu lebcu und endlich die deutsche Freiheit. Tiele-<br />
manuö') Uedcrgaug hatte das Gerücht von <strong>der</strong> Erklärung des Königs von<br />
Sachsen für die Allirten bewirkt.<br />
Dell
aus dm I.chren 18!3, 14 und 15. 147<br />
lassen wir uns nie<strong>der</strong>, zogen uns ans; doch nmstte einer von uns immer<br />
viertelstundenweise am Fenster wachen. Kannl ist diese Einrichtung getroffen,<br />
so ruft Nichter am Fenster: da kommen ^ Französische Chassenr'. „Thor",<br />
es sind Preußische Jäger. Wir stehen auf. ans Fenster. Wirklich Franzosen,<br />
schnell wird sich angezogen. Zugleich bläst das Alarmhorn man hört<br />
schießen. Was aus dem Tornister gepackt war bleibe liegen; Karte ein<br />
Paar Strumpfe, Schnhe; ans dem Markt sind wir versammelt, was ist<br />
das, ein Kanonenschnß? Es fallen mehrere solche starke Schüsse. Sieh da,<br />
ein Preußischer Dragoner schießt fortwährend in eine Tonne. Wir rücken<br />
aus dem Thore die Straße uach Samens uud stellen uns dort am Naudc<br />
eines Waldes auf. „Wo ist <strong>der</strong> Pulverkarrcu? Er ist schon voranf den<br />
Weg nach Samens, Nenmann mit II Jägern ist dabei. Ich weiß davon<br />
nichts. Wer will noch mal in die Stadt es zn uutersuchcu?" Sie lrcteu<br />
alle vor. Darauf wird Brehmer mit 4
148 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
„wir werden den Konig sehen: nnn strengt ench noch mal an Kin<strong>der</strong>",<br />
indeß können wir nicht einrücken in du- Ttadt; eine Kolonne drängt sich<br />
nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n, bis wir unter ihnen einen Platz für uns finden; nun<br />
gelit es ^ Schritte; dann wird gclialtcn o<strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gefallen. Es wird<br />
Nacht-, wir finden links nin die Stadt hernm einen aparten Weg am<br />
Nandc eines seilen ^lscns. Endlich ist ein hoher Berg zu ersteigen am<br />
entgegengesetzten Thore. Dies wird M viel für unsere Kräne. Die Meisten<br />
bleiben unten am B^rge liegen. So wird <strong>der</strong> Hauptmann gezwungen anf<br />
<strong>der</strong> Höbe dcs ^ergcc- nnt nns .^n bivonakklren.<br />
Den 1^. früh kommen mchrere Jäger von Königsbrück nach, die<br />
kaum <strong>der</strong> l>>efangcn,'chast entronnen waren. Tiele hatte sich über die<br />
Mauer gerettet. Er erzählt, daß gleich darauf ko^O Mann Infanterie<br />
in die Stadt eingerückt waren.<br />
Um X Uhr marchierei! nur ab das Regiment anzusuchen. Eill<br />
wun<strong>der</strong>barer Anblick fnr mich; noch nie hatte ich ein so großes Heer ver-<br />
sammelt gesehen und alles anf dein Felde gelagert. Wir passircn das<br />
^ardejägcr^ Detachement, wo w,r innrere scholl mit Ordens dekoriert finden.<br />
Böhmer') erzählt uns voll <strong>der</strong> nlirecklichen Scklaätt bei s^r. (hoeri'chen.<br />
Da hält dcr Köllig. Wir marchierei! all lhlll vorbei nnd erllten<br />
Vob eill. Endlich kommen wir zum :liegimcnt. Die Negimentsmusil^) holt<br />
nll'? eill nild fnlnt llllc< ilis Vager.<br />
Den Soldaten warcn lvir erst eine Freude nachher ein Ärgcrllis.<br />
Eine hübsche Wle»e ward lllls allgcwieicll. Eine ^nst war es, zn sehen<br />
une wir da? Dorf voll Stroh anc-raninten nnd uns unregelmäßige Hütten<br />
banten, wie dell Hünern nachgestellt wnrde, nnd das Kochen. Wie es dnntcl<br />
wnrde ergö^Ml ^^cnlnalln, Bclhc llnd alldcrc den Qbm't durch ihrelt i^csailg.<br />
Dcn !4. den svelteli lag machte uns die neue Vcbeusweise schon<br />
weniger ^ergnü^en. B'owellen gab es nichts als Mehl und Wasser, nun<br />
mnitte da^ll crn Holz und Wasser geholt werden. Unser Ocld gmg bald<br />
alles zum Mar^uctain<strong>der</strong> ubcr, <strong>der</strong> für eill Stückchen Bnttcr N> (^r. nahm lc.<br />
Ocll 1^. war das ^lvonatklren uns säwn so überdrüssig, daß manche<br />
sagten: ich wnnsche lieber dczl Tod, als noch lange diese Lebensart. Wir<br />
')Wilbelm Voehmcr, geb. :j
aus den Ialnen INI 3, 14 und 15. lM<br />
hatten unser Lager öfter verän<strong>der</strong>n müssen. Der König beritt öfter nut<br />
den, Kaiser daö Vager ihrer Armeen. Selbst gekocht habe ich llie, indem<br />
lch lieber innner die an<strong>der</strong>n (schatte Versal), nnd lvenn man es von mir<br />
verlangte, io suchte ich mir an<strong>der</strong>e Kameraden.<br />
Unsere Position war folgende.<br />
Vor uns lag eine groftc (5beue links an Banken angrenzend, nnser<br />
linker Flügel war dnrch die Höhen von Hochkirch gedeckt. Ebemo <strong>der</strong><br />
rechte Flügel dnrch Höhen, welche sich beide hlutcr uns dei Ncichcubach<br />
zn eincni Winkel vereinigten. Außerdem hatten wir im ^ten Treffen<br />
einige Schanzen angelegt. 3o glaubten wir nns in dieser Position sicher<br />
nnd im Fall wir angegriffen würixu siegreich. Die Kavallerie beson<strong>der</strong>s<br />
glaubten wir in <strong>der</strong> Ebene gnt anweudcu zn können. Unser Felt>prcdlgcr<br />
hält eme Nede nnd erinnert nns au das ans dein Hügel liegende Hochtirch<br />
und an unsere Borfahren nnter Friedrich dem (Großen.<br />
Den 19. fnü) beginnt eine Kanonade wir rucken auch vor; doch war<br />
es bloß eine Necognoscirnng <strong>der</strong> Franzosen die wir mit Vortheil zurück-<br />
warfen. Wir verän<strong>der</strong>n nnscr Lager indem wir es näher dein Fmwc<br />
aufschlagen.<br />
Den 30. um 8 Uhr schon waren wir aus unserm ?ager gerückt<br />
sehen wir ans einmal ganz schwarz sich feindliche Kolouucu uns uäheru.<br />
Schon ist das erste Treffen mit dem Feiude eugagirt. Wir slcheu<br />
im 2ten Treffen mit <strong>der</strong> gehörigen Distauce ini Holwcgc, die Pastugelu<br />
schon lnatt, tallzten nbcr nns herüber. Eine Pa^tugcl, die schou ganze<br />
kurze Pas Nlacht hatte ihre Richtung ans mich, da wandte sie sich seit-<br />
wärts nnd blesstrte zwei Musqneticr nud eiuell Jager. (5lll ^iuo^lielier<br />
war sogleich todt und sein Kopf verstellt.<br />
Mir ging die Pfeife ans und ich sah es allen au, wie sie sich ent<br />
färbten. Das sogenannte Kanoncnfiebcr übersicl uus. Auf eiumal hmtt<br />
es vorwärts, es wird über Vetchuame fortgeschrltlcll. D«c 11.»lusquctlere<br />
nehme» vor nns ein Dorf mit Stnrm, geben lein Pardon, erstechen in<br />
den Schennen die knieendcn Franzosen; ihre Tapferkeit war beispiellos.<br />
Endlich stehen wir hinter dem Dm f im (hewehrfcucr. Weiter vordriugeu<br />
konnten wir nicht, weil die Franzosen dort zu start in ^rabcn und mit<br />
einer starren Nei'erve im Walde postirt waren. Nun war das Fieber<br />
verschwunden und man t'ouulc stets mtt (^leichmuth Mcuscheu fallcu sehen.<br />
Ich stand ans dem rechten Flügcl des Doncs mit meiner Tcktion ^äger,<br />
glücklicher Weise faiid ich dort eine kleine Decknng. Cin Stnck voii einer<br />
Hiauer, ein Kraben, einige Oäu»ue, ein Zann. Dnrchs hohe .Norn schlichen<br />
sich einige Franzosen bis anf 30 Schritte an nns heran, lcgteu sich auf dcu<br />
Vauch hinter einen kleinen Stein und uähertcu nch iinuicr inehr. Ich<br />
begab mich zu <strong>der</strong> Maucr, wo ich 5 Jäger postirt hatte uud so lauerten
l5>s) Krienstassebuck des ^entnants Ludwig Schulz<br />
wir ans die sich nähernden Franzosen nnd erlegten einen nach dem an<strong>der</strong>n,<br />
bis sich am Ende keiner mehr heranwagte. Aber nie im ^eben hatte ich<br />
eine größere Freude, als wie ich sah, oasi mein erster ^chuß traf. Mehrere<br />
Jager waren schon blesstrt und mein gntcr Diestel^) todt. Ich war bald<br />
hier bald dort endlich ganz ans dem rechten Flügel in einem (karten,<br />
postine dort mehrere Jäger hin. Ein Offizier vom ^eibrcgiment war<br />
auch da.<br />
hingeschossen.<br />
Die Franzosen suchten uns zu umflügeln, nun wurde dort vorzüglich<br />
Hier hatte ich anner <strong>der</strong> C^ckahr zweierlei zu erdnlden.<br />
Die Bienen im Garten wurden durch den Pulverdampf verstört und<br />
rächten sich an uns; sie stachen mich und störten mich im Schießen. Einige<br />
Nüssen, die hier zerstreut mit fochten, die äusierst brav aber ohne Umsicht<br />
nnd Absicht aufs Feld liefen und sich todtschiesten ließen o<strong>der</strong> neben uns die<br />
Gewehrkolben am Aanch mit ihren starken Schüssen losdonnerten, so daß<br />
<strong>der</strong> Pnlvcrdampf uns Athem nnd Umsicht benahm.<br />
Mein Nachbar sah verwun<strong>der</strong>t, daß ich so oft traf; er wies mir seine<br />
Mnskcte; die möchte ich mal losichiestcn, da könnte ich zwei Franzuskis<br />
mit einem Mal treffen; es wären zwei Schüsse drin. Ich ließ mir von<br />
ihnt Patronen geben, weil ich sowohl Pflaster Kugeln als Patronen verschossen<br />
hatte. Nun mußte mit dein Schießen sparsam umgegangen werdend)<br />
Auf einem Mal kommt ein Jäger mit <strong>der</strong> Nachricht: die Comp. habe<br />
sich schon zurückgezogen. Wir hattcu bereits ^ Stunden das Dorf ver<<br />
theidigt ohne abgelöst zu werdeu. Die Musqnetiere des Negts. auf dem<br />
') In W. Borhmers Tagebuch folgendes Stammbuchblatt: vu!ce et<br />
68t pro patria moli!<br />
Berlin d. 12. Febr. 1613 Gedenke deines Irenen Freundes,<br />
x-i- i„ k-,' ^ln^,x Bru<strong>der</strong>s u. Lanosmanus<br />
Drei Tage «or <strong>der</strong> Abreise s ^ " ^ / ? ) Theodor Carl Wilhelm<br />
zum Dienste des ^ " ^ Toestel.<br />
Vaterlandes. lCollirrg. Neg.) Her
aus den Jahren 1613, 14 und Ib. 151<br />
linken Flngel hatten sich zuletzt mit Steinen gegen die Franzosen ver-<br />
theidigen müssen.<br />
Ich ziehe mich zurück und finde hinter dem Dorf die Comp. auf<br />
mich warten. Nun ist vor uns ein Verg worauf die feiudlicheu Pas-<br />
kngeln ihr Spiel treiben; <strong>der</strong> Berg ist nicht zu vermeiden; mit beflügelten<br />
Schritten gehts drauf los; doch eiu Wuu<strong>der</strong>: keiue Kugel trifft. Hinter<br />
uns schlagen sie auf uud vor uus wie<strong>der</strong>; uur eiue Kugel stiegt mit Krahens<br />
Tornister davon; er fällt zur Erde; steht aber unbeschädigt wie<strong>der</strong> auf um<br />
7 Pfund leichter. Nun heißt es: weil das Negimeut Colberg zu vlel<br />
erlitten und gethan, so soll es sich morgen in <strong>der</strong> Reserve ruhu'.)<br />
Diese beiden Tage hatten wir im Grunde Vortheile errungen; ja<br />
Gefangene gemacht; doch die überlegene Stärke <strong>der</strong> Franzosen kcnneu<br />
gelernt unsere ungeheure Kavallerie hatteu wir uoch nicht anwenden tonnen.<br />
Vorzüglich schön waren die russischen Kürassiere.<br />
Die Franzosen hatten dagegen das Terrain nnd unsere Position<br />
kennen gelernt, um den folgeudeu Tag durch eiucn trefflicheu Plan die<br />
Schlacht zu beendige!!.<br />
Uuser Regiment zog sich also zur Neserve zurück bestimmt zur<br />
Deckung einer Verschanzung um 12 Uhr laugteu wir au. Der Mageu<br />
meldete sich schrecklich deu ganzen Tag nicht durch eiue Brotkürste erquickt.<br />
Zugleich durchuäsue uns ein Platzregen. Wir sehnten uns uach Stroh zu<br />
einer Hütte o<strong>der</strong> nach Feuer; doch statt auf Stroh lageu wir auf dem<br />
nassen Gras einer Wiese. Feuer war uicht zu kriegen, denn das Strauch<br />
war naß.<br />
Den 21. früh um 5 Uhr war <strong>der</strong> Himmel klar, die Eouue strahlte<br />
am Horizont und die Luft wurde schou durch Kauonendonucr crlänmert.<br />
Um tt Uhr marchieren wir weiter zurück; nicht marchiercn; son<strong>der</strong>n<br />
Schleichen. Der Hunger quälte uns schrecklich. Kein Gedanke war au<br />
die Schlacht kciue Aufmerksamkeit aus das Kauouenfeuer. Bei jedem Dorf<br />
was wir sahen erwarteten wir Speise.<br />
Um 2 Uhr nachmittags lagern wir uns ans einer Höhe bei einem<br />
Dorf. Da kommt Arot Schnaps Fleisch Artoffclu.<br />
Kaum haben wir uns dnrch etwas Brodt und Vrandtewein erquickt,<br />
so öffnen wir die Augeu und Ohren. Ungeheure Pulverwolken erheben<br />
sich in die Luft; 24 Dörfer die wir zählcu konnten lo<strong>der</strong>ten in Flammen.<br />
„Heute ist meiu Geburtstag" (sagt Hermann).<br />
„Der wird tüchtig gefeiert!" (Äcthe) „Nein er wird gefeuert. Ich<br />
selbst erlebe den Abend nicht."<br />
') Vergl. v. Bagensky S. 122.
l52 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig<br />
Der Donner uähcrt sich. Sich da <strong>der</strong> Pulverdampf ans uuscrem<br />
rechten Flügel ans <strong>der</strong> Höhe fast hinter <strong>der</strong> Armee. Wir sind alle verloren<br />
wenn hier eine Conw. durchdringt und nns den Nuckzug abschneidet. Alls<br />
Ans heckt es. Ungeheure Tapferkeit kann jetzt alleni die )lrniee retten.<br />
zn sallell.<br />
Zwei Französische Divisionen waren oetachirt nns in die Flanken<br />
Es waren mciftcils Vaiern, die für Napoleon einen solchen Nnhm<br />
einerndten nnd ibre eigne Freiheit mit <strong>der</strong> Freiheit Deutschlands nnd<br />
Europas unterdrücken sollten.<br />
Die Töpfe am Fener sind zerstoßen. Der Tornister ist nmgehangcn,<br />
die Vnchse in <strong>der</strong> Hand nnd so gehts eilenden Schritts nach dein Ort <strong>der</strong><br />
(Gefahr. Es wird ans nichts mehr Rücksicht genommen, alle todt, o<strong>der</strong> die<br />
Freiheit behanptet. Wir Jäger sind tue Vor<strong>der</strong>sten nnd ohne Bajonett<br />
stürmen wir los nnd beginnen das Hnrrah. Der Femd flieht; doch mancher<br />
bleibt voll lms.<br />
Hermann als <strong>der</strong> erste. Ihm durchbohrt eine Mnsketenkugel den<br />
Chakotichirm dann den Kopf nnd wirft ihn todt ans den Nucken.<br />
Nicmer ein Mann von 4N fahren, <strong>der</strong> seine Frau verlassen, nm<br />
für die Freiheit ^n kämpfen nimmt Hermanns samtnc Mnlze, die außerdem<br />
etwas wattin war ans neckt sic slch in den Bnscu vors Herz. Ans<br />
einmal trifft ihn eine Kugel gezielt uach scineul Herren uud bleibt in <strong>der</strong><br />
^_>lnl;c stecken; die Kugel bewahrte er.<br />
Wir drangen vor bis zu einem Dorfe nnd sehten uns links in<br />
einem Holwegc fcst, trieben den Feind ans dein Dorfe, was er angezündet<br />
hatte. Wemfässcr lagen auf <strong>der</strong> Straße von deueu wir ihu verjagt haltcu;<br />
jekt labten sich dabei Manche unsrer Soldaten. Aus den Häusern holte<br />
man noch manchen Frauzoseu; aus manchen schössen sie nicht wenig heftig.<br />
Weiter uorzlldrillgcu war nns numöglich; dcuu die ungeheuren<br />
Massen nnd K'auoueu liu Walde aufgestellt zu überwältigen war uus<br />
unmöglich. Das Dorf war nieln gehörig von uus besetzt, nusre Soldaten<br />
warcil zerstreut, zum Theil in deu Häuscru, z. ?h. bei den Weinfässern. Dies<br />
uütztc <strong>der</strong> Feind, er grisf mit Macht das Dorf an. Wir muitten weichen,<br />
uud viele blieben diuch Ocwchrlugelu, Kartätscheu uild Paslllgelu. 'Auf<br />
einmal sehen wir die ganze Armee in <strong>der</strong> grömeu ^rdullug iu <strong>der</strong> Vbcue<br />
sich zurückziehen. Eine Kanone kommt nns zn Hülse. Dies belebt nnseln<br />
Mnth anss )?ene. Vorwärts hcisu es nnd alles wendet sich gegen den<br />
Feind. Das Dorf ist wie<strong>der</strong> unser es wird stark gsfcucn. die Kanone<br />
zieht sich znrück. Schon fängt es an zn dämmern. Der Feind dringt<br />
aufs Neue mit Massen vor. Wir währen uns aufs Llcusierstc; doch müssen<br />
wir endlich <strong>der</strong> Ncbcrmacht weicheu; jM crgmtt sich auf uu? ein Kartätschen^<br />
Paskllgel- nnd diranateuregen. Wir weichen bis zum Eude des Dephiles.
aus den >ln-kll !"!tt, N und 15<br />
Ans einmal ist <strong>der</strong> Nest des zerstrenten Regimeutes wie<strong>der</strong> wie auf dem<br />
Exerzierplatz veriaiumelt. Die übrigen Rcgllneuter folgen unserem Bei'<br />
spiele, ^ront gegen den sseiud. Dies macht den Heind stllticn. Er kehrt<br />
llm nnd die Nacht elldigt den Kampf, (^rettet ist die Armee nnd llichts<br />
verloren als Terrain. Drei Regimenter sclie ich diesen harten Kampf<br />
für die Rcttnng <strong>der</strong> Arlnee ertragen: das Kolbergischc Regiinent, das ^cib-<br />
regiment nnd ein ^ardcrcgiment, <strong>der</strong>en Nltl)in nnd Verdienst an diesem<br />
Tage unvergeßlich bleiben muß. Ansier ilmcn ist jeht kein ^tcgiluenl ans<br />
dem Schlachtfelde zn sehen, nnr ein Ulanenregiment, es war nns zn Hülfe<br />
geschickt ltnd hielt am Rande <strong>der</strong> Ebene mtt blitzenden Salinen nnd<br />
wiehernden Pferden, wie znr Veobachtnng znr Vnst o<strong>der</strong> znr Parade ili<br />
Nnnllncrsichcr, slch dnrch Terrain eutschuldlgeud, die Kavallerie ist während<br />
<strong>der</strong> Schlacht <strong>der</strong> Infanterie gewöhnlich znm großen Aerger; beson<strong>der</strong>s war<br />
es hier <strong>der</strong> Fall, wo die Kavallerie fast gar nicht ins gelier lam, weil die<br />
Franzosen sich mit ihrer wenigen Kavallerie nicht hcrvorwagten; indes; ans<br />
dem Rück^nge nahm es die Infanterie wahr, wie willkommen die starke<br />
Kavallerie war.<br />
Dem (General Wittgenstein werden wegen <strong>der</strong> Schlachten bei sitzen<br />
nnd Nansen große Dehler vorgeworfen.<br />
Noch ist zn bemerken, daß man bis znm Waffenstillstand ans die<br />
Jäger noch einige Rücksicht nahm.<br />
Wie wir den ^. ins ssener gingen sagte ein Russischer General:<br />
„Die Jäger sind nicht solche Ventc, die man opfern kaun wie die gewöhn-<br />
lichen Soldaten. Man schicke sie hinter Manern nnd verdecke. Nnn<br />
schießt tüchtig nnter die Franzosen."<br />
Ein Frendengeschrci war die Antwort.<br />
Nnd wenn wir gleich den LI ten voranöstnrmen mußten, so schickte man<br />
nns doch, wie <strong>der</strong> Kampf rnhte nach Steinfnrlh vorans, weil wir <strong>der</strong><br />
Nnhe bedürften. Hier schliefen wir einige Stünden, m <strong>der</strong> Allee inner den<br />
Nlessirten <strong>der</strong>en Jammern uns störte nnd nur das Herz verwundete, bis<br />
das Regiment nm 1^ Uhr ankam; da marchirten wir noch bi5<br />
znm '^. May 2 Ubr früh nnd wie<strong>der</strong> rnhten blö li Uhr. Einige<br />
Artoncln, die ich in den Tornister gesteckt hatte nnd etwas Zwieback ans<br />
dem Tornister eines todten ssranzolni genommen, halten mich in Sleinfnrlh<br />
erquickt. Es fallen noch einige Htanonemchüsse, wir marchiren bis in die<br />
Gegend voll Goerlitz nnd lagern nns anf dem rechten Ufer eines kleinen<br />
Flnsses. Unterwegs war <strong>der</strong> Hunger schrecklich. Es Passiren i) Sächsische<br />
Brotwagen nnter Russischer Bedeckung. Ich schc Soldaten hcranlanfen sich<br />
Brodt nehmen. Auch mich lchrts <strong>der</strong> Huuger; doch finden sich bald so viele<br />
Bittende um Brot, daß ich selbst nichts mehr übrig hatte. Der Obrist<br />
ließ den Rnssen von den ^ Wagen, 3 Wagen mit Gewalt nehmen,
154 Kriegstagebuch des Leutnnnts Ludwig Cchulz<br />
wodurch er sich nachher mit einem Russischen Officier in Streit verwickelte.<br />
Es gab Brodt und Vrandtewein.<br />
Den 255. May gehts bis znr Schlesischen Grenze wie ein Trauerzug.<br />
Aller Gesang nnd alle Heiterkeit ist verschwunden.<br />
An <strong>der</strong> Qneis werden Vcrtheidignngsanstalten getroffen. Wir gehorten<br />
znr Arrieregarde. Der Feind rückt an, die Granaten begegnen sich schon.<br />
Es heißt, daß hier eine Preußische Paskugel ^ Französische Generale an<br />
Napoleons Seite blessirt habe. Die feindliche Infanterie nns gegenüber<br />
nmchte keinen starken Angriff. Wir vertheidigten nnsere Posten einige<br />
Stunden. Plö!5lich indeß kommen uns feindliche Tiraillenre in die Flanken.<br />
Mehrere Musquetiere waren schon blessirt. Einer <strong>der</strong> den Arm verloren<br />
hatte snchte unverbnnden noch die Retlirade, um nicht den Feinden in die<br />
Hände zu fallen.<br />
So mußte denn eiligst <strong>der</strong> Rückzug angetreten werden. Gedeckt<br />
durch die Kavallerie uud ungehin<strong>der</strong>t durch die Frauzoseu gmqs bis unweit<br />
Bnnzlan, wo Neiß und Fleisch empfangen und halb gahr verzehrt wurde.<br />
Den L4. May früh marcliieren wir durch Runzlau.<br />
„Nnn gehts immerfort nach Moskau" riefeu mehrere nnwillig ans.<br />
Ja einige elende Kerle hatten slch gedruckt uud ihre Mondiruug abgelegt.<br />
Bethe war uach Breslau vorausgefahren.<br />
Aus einmal wird gehalten auf einer Anhöhe. Plötzlich kam die<br />
Nachricht, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite des Waldes sind schon Österreicher uns<br />
zu Hülfe. Wirklich ließ sich eiu österreichischer Officier sehen; aber<br />
keine Truppeu.<br />
Den ^5. May früh brechen wir auf, durch den Wald, finden dort<br />
keine Ocsterrcichcr. Zwischen Haynau nnd Liegnitz bleibt das Regiment<br />
halten. Ich werde mit als Fourier vorausgeschickt. In Licgniy iit ein<br />
schrecklicher Wirrwarr. Es heißt: wir sollen Quartier machen. Seit<br />
langer Zeit trinke ich anf diesem Wege einmal wie<strong>der</strong> Bier und Wein.<br />
Acim Bauern giebts noch Milch Käse uud Butter. Eiue wahre<br />
Erquickung. Endlich brechen wir aus Viegnitz auf stechen jenseits ^iegnitz<br />
das Lager ab. Alls einmal kommt Ordì e zurückzumarchicren. Rechts<br />
um Liegnitz hernm gehts znm Regiment zurück. Bei einer Mühle hält<br />
Blücher und ich vernehme die Worte: „Dieser Coup muß glücken." Endlich<br />
kommen wir zu nuseren Kameraden zurück und finden sie reich an Milch<br />
Käse nnd Butter. Die Vancru gaben lieber Alles uns, als daß sie es<br />
für die Franzosen aufbewahrten. Der Schills sagt: Es ist zwar des<br />
Königs Wille: wir sollen all um'er Eigcutum zcrstöreu und mit den beweg-<br />
lichen Sachen umziehen mit <strong>der</strong> Armee. Ich kann es nicht. Es gehe mir,<br />
wie's wolle; ich bleibe hier.
aus den Jahren INI 3, 14 und 15. 155<br />
Wir hörten vor uns ein Kanonendonnern, nns ungewöhnlich, da wir<br />
doch die Arrieregarde bildeten. Jeden Augenblick glaubten wn' gegeu den<br />
Feind rücken zu müssen-, doch das Schlesien eudtt gegen Abend und wir<br />
stehen noch an unserm Play. Ueberall sieht man in dcr liegend ver-<br />
scharren flüchten und retten. Spät kommen Preußische Dragoner mit<br />
10 Französischen Kanonen nnd mit lAefaugeuen an.<br />
Der Dragoncrmuth wußte von <strong>der</strong> Anairc des Tages bei Haynau zu<br />
erzählen: „Die Preußische Infanterie attaquirte sich mit <strong>der</strong> FrauMischeu.<br />
Ziethen sagte zu uus: in Sections rechts schwenkt. Es giug um eincn<br />
Berg herum. Auf einmal sielen wir, wie aus ciucm Hinterhalt dcu<br />
Frauzoseu in die Flanke, hieben viele nie<strong>der</strong>, ^iclc Nackcrts retteten sich,<br />
indem sie sich auf den Nucken warfen das (Gewehr aufwärts. So kriegten<br />
wir die Kanonen. Bier tonnten wir nicht fort bringen, wegen Mallgel<br />
an Pferden; die sind vernagelt."<br />
Den 2tt. maränrcn wir rechts um Liegnitz herum bis auf die<br />
Anhöhe von Wahlsladt. Gegen Abend beginnt vor uns ein Schießen und<br />
Liegnitz wird vor uuseren Augeu geuommeu. Es wird dunkel und wir<br />
marchiren weiter. Um Mitternacht gelangen wir zum Lager <strong>der</strong> großen<br />
Armee. Die linienmäßig ausgebreitete»! Kochfeuer leuchteten auf diesem<br />
Platze wie Sterne am Himmel.<br />
Wir wurden an das ^ager bei Bauzen erinnert nnd schmeichelten<br />
uns mit <strong>der</strong> Hoffnung: endlich würde einmal wie<strong>der</strong> die Armee gegen die<br />
Französische Stich halten.<br />
Den 37. marchirten wir nicht, <strong>der</strong> Obrist v. Zastrow war beschäftigt<br />
ein regelmäßiges Lager bauen zu lassen.<br />
Nachmittags. Ich hatte ebeu mein Schachspiel anf <strong>der</strong> Erde in<br />
Ordnung gebracht und wollte mit Kumme em Spiel entnren. Ich höre<br />
meinen Namen rufen. Nenmann, Schleich I'), 11^), l^oldhammcr,<br />
Brehmer, Fritze, Matthias, Dochlmg, Dreist, Schulz, Seegemund^) ziehen<br />
') Vater und ') Theim des hiesigen Herrn Geh. Sanitätsrats Schleich.<br />
') Schon mehrfach erwähnt, z. V. S. 140. In Boehmers Tagebuch von<br />
Seegemunds Hand:<br />
Es rollt auch wohl <strong>der</strong> ehrne Würfel so<br />
Daß er diesseits den ^'ie<strong>der</strong>mund mir schließt —<br />
Nimm dieses Won dann als den letzten Grnh<br />
Aus innig liebevoller braver Vrust<br />
Und laß des ehi lichen Krieastodlen Pild<br />
Visweilen warm und lebend uor dir stehn.<br />
Berlin den 12. gedrnar 1^13. Dein Freund und Bru<strong>der</strong><br />
Johann Georg Seegemuno ?oin. äsäinensis<br />
(Colberg Regmt.)<br />
sBei Dennewitz 6. Septbr. 1813 von drei Kauätschcnkugeln verwundet,<br />
geheilt.!
!5>s> Kri easta flebuck des Leutnants Lildwig Tchulz<br />
sich ordentlich an nnl als Officier vorgestellt zn werden. Ein wahrer<br />
Schrecken überfiel mich; denn nie halte ich daran gedacht. An nns<br />
schliesst sich noch Sänniickcrt nnd so gehen wir zurück zn einem Schlosi,<br />
das Hauptquartier v. Blücher. Wie wir zurückkamen, sagte <strong>der</strong> Hanpt^<br />
mann: Vorzüglich habe Lchlllz eine wenig frohe Miene geän<strong>der</strong>t. Ich<br />
war lange zweifelhast, ob icl) es annehmen lolite o<strong>der</strong> nicht; doch uberlien<br />
ick mich endlich ganz dem Schicksal.<br />
Den ^!!>. halten wir ein sehr angenehmes Lager bezogen in einem<br />
Walde nahe all einem Walde.<br />
Dell .".
aus den Ialn-en l«i3, 14 und 15. ll>7<br />
Den ^1. reite ich wegen des hübschen Mädchens im Qnartier mit<br />
dem Chir. Schoeucke eine Stnude llachhcr dem Negt. nach.<br />
Den ^^. sind wir in Wohlall: mein Wirth ist ein Tnchmacher,<br />
dessen schöne Tochter mich unterhielt.<br />
Den 25>. in lNonrau wo W Mnhlcn standen, ein reicher Bäcker ist<br />
mein Wirth. Die Tocl)tcr nnd er spielen lnir ans dem Fortepiano<br />
etwas vor. Er läßt sich mit mir ans Philosophische bespräche ein. Seine<br />
Idee ist. Die abgeschiedenen Seelen wan<strong>der</strong>n zn an<strong>der</strong>en Gestirnen.<br />
Äiein (Gespräch fällt ihm ans nnd schien ihm höchst gelehrt; ans einmal<br />
n<strong>der</strong>stürmt mir Vater nnd Tochter: „Bekennen S«cs nnr, sagen Sies nnr:<br />
Wo silld sie Pastor gewesen? Sie hal>en scholl gepredigt."<br />
Nach dem Essen ging er mit mir späteren; es war hier ein<br />
Wallfahrtsort <strong>der</strong> Kattiolitcn. Eine Station folgte <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n. Die<br />
Promenade führte zn einem Hügel im Walde gereinigt von Hras; hier<br />
war <strong>der</strong> Tod Christi wie in Wirklichkeit dargestellt. Weiterhin schlich ans<br />
einem Hnttchen nmringt von einem kleinen lNärtchen ein alter Eremit mit<br />
weitem Bart, in <strong>der</strong> Hand einen schwarzen Stab, <strong>der</strong> sich zu einem<br />
Grenze endigte. Er fnhrte uns ili eine alte katholische Kirche.<br />
Nachdem gingen wir weiter dnrch den Wald. Unser Gespräch wnrde<br />
immer erhabener. Er kam nicht ans mit seinen Aufstellungen. Endlich<br />
drang er noch einmal in mich ihm zn sagen, wo meine Pfarre läge.<br />
(Honran litte damals sehr dnrch die Spcrrnug, l^onran weil es einen sehr<br />
starken Mehlhandel zn Wasser nach Berlin trieb.<br />
Den 26. gings ins Polnische dmch ^ran statt nach dem Schloß<br />
eines Pohlen <strong>der</strong> bei Napoleon war. Der Obrist v. ^astrow war in<br />
demselben Qnartier, ebenso Mellentin und <strong>der</strong> kleine Somnitz.<br />
Den 27. lag ich auch in einem Polnischen Dorf. Mein Wirth<br />
ging mit mir spatziren nnd führt mich in einen Thiergarten, wo ans sein<br />
Pscifen Hirsche hcrbci sprangen.<br />
Den
15N Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
Den 3. August rücken wir in Berlin ein: sieh da auf dem<br />
Aleran<strong>der</strong>platz meinen Rru<strong>der</strong> Wilhelm. Mciu Quartier ist: neue<br />
Fricdrichsstraße Jude Ephraim.<br />
Meinen Vru<strong>der</strong> glaubte ich gefangen o<strong>der</strong> todt mit denen, die<br />
während des Wasscnstillstandcs, dcr nach den 3 Wochen auf Wochen<br />
uud eudlich bis zuin 17. August verlängert ward, von den Naiern über-<br />
fallen wurde.'j Wilhelm hat das Vützowsche Corps verlasseu und steht<br />
jetzt beim 1. Pommcrscheu Ncgt. Ich spreche mciuen Oncle Haffuer und<br />
Ferdinaudt, dem ich es noch nicht vergessen lounte, weil ich ihn für die<br />
Ursache des letzten Ariefes meines Vaters hielt.<br />
Die erste Woche verlebte ich in Verliu auf das Gewissenhafteste.<br />
Matern war mein Stubenkamerad, er war fast außer sich vor Freude als<br />
er uach Colbcrg die Fahne zu holeu reiste uud uuterwegs uoch seine<br />
Frau sprach.<br />
Es tommt das englisch mondine Vataillon aus Stettin mit Kleist.<br />
Mein Compagniechcf ist Hardenstein. Die Polnischen Ersatzmannschasten<br />
halte Fritze wie<strong>der</strong> zurückfuhren müssen und dabei bald das ^cbeu ver-<br />
loren, wie er versichert. Die Zeit, welche mir vom Excrciren übrig blieb,<br />
wende ich darauf an meine Philosophischen (hruudsätze schriftlich ins Ncine<br />
zu bringen; doch waren sie schon etwas freier als ehe ich Äcrlin ver-<br />
lassen hatte.<br />
Wir exerciren Tage lang vor dem Hallischen Thore. Endlich exercirt<br />
nns selbst <strong>der</strong> König ans dem Ezercirplatz. Zuletzt läsit uus <strong>der</strong> Krouprinz<br />
von Schwede» iu Parade vor sich vorbei defilireu, <strong>der</strong> König ist schon<br />
abgereist/)<br />
') Das Alhowsche Corps wurde nach dem Waffenstillstand von Poischwitz<br />
l4. Juni) schnöde von deu Bainll überfallen l7. Juni bei Kiyeu. Die meisten waren<br />
tot, uclwuuoct o<strong>der</strong> genwften. ^üyow eulkam mit 21 Maun, unter deuen auch <strong>der</strong><br />
schwer verwundete Theodor Körner war.<br />
2) Am 4. Iuui war Waffenstillstand gemacht, zunächst auf 3, dann auf<br />
6 Wochen bis U). (l6.) August. Napoleon hat dies später selbst als einen seiner<br />
gröslteu Fehler bezeichnet. Cr brauchte die Wanernuhe für seine Truppen, rechurte<br />
auf Uueinigkeit zwischru den Alliierten uud hoffte, den Kaiser von Österreich, seiueu<br />
Schwiegervater, sür sich zu gcwiuuru. Toch hatte seine persöukche Zummuleutunst<br />
mit Metteruich iu Dresden aul Aü. Juni ^gelum beschrieben bei Hausser, Deutsche<br />
beschichte voni Tode 'Friedrichs des Großen l.ns zur Aufrichtung des Deutscheu<br />
Buudes Bd. IV, ^. 219 ff.) iufolge von Napoleons leldeuschaftlichem uud herrischen!<br />
Auftreten gerade die entgegengesetzte Wnkuug. Auch Nleb die ^iatur <strong>der</strong> Diuge<br />
Österreich ius ^ager <strong>der</strong> Mnerteu. Im zweiten Teil des Krieges l8l3 wo^deu<br />
^ Armeen gebildet: die Hauptarmee loie böhmische) unter Echwar^u<strong>der</strong>g - dn ihr<br />
auch die 3 Monarcheu — 235 (X)0 villini stark, die schleniche unter Blücher uuo<br />
Gneiseuau mit ^)ork, Cangerò» und Sackeu ^^ U00 ^l'aun uuo die ^)iordarmee unter<br />
Bernndotte, inzwischcu als „Kronprinz von Tchwedeu" Karl Johann,
aus den Jahren 1N13, 14 und !5. 159<br />
Morcan') langt in Berlin an und läßt sich in Civil bei offenen<br />
Fenstern dem Publikum sehen. Bcrnadotte jetzt Johann Carl genannt<br />
äußert bei <strong>der</strong> Besichtigung sein Wohlssefallen über die Schanzn vor dem<br />
Hallischen Thore.<br />
Oei den Bürgern wird durch Androhung und Atlsfnhrnng strenger<br />
Exekution Geld geliehen. Iä^ din mit dazn kommandirt den Bürgern<br />
Wagen zu nehmen, Materne war zuriickgeiommeu, wir gelieu oft spatzircu<br />
nach dem Hoffjaeger.<br />
August I5NI (nach dem Waffenstillstand).<br />
Den 17. August endete <strong>der</strong> Waffenstillstand, wir verließen Berlin<br />
und bezogen in <strong>der</strong> Hasen-Heide das Bivoik. Frie<strong>der</strong>ike besucht mich.<br />
Beim Einbruch <strong>der</strong> Nacht marchircn wir nach Bricksdorf, wo wir<br />
dell Itt. Aug. am Mittwoch fast Compagnieweise Hänser bewohnten;<br />
ebenso den 19. Aug.<br />
Den LN. Ang. brachen wir auf bis Wachmansdorf unweit Coepenik<br />
schlugen das Bivoik ans und marchirten<br />
den 21. Aug. weiter bis Saarmuud zwischen Potsdamm und Trebbin.<br />
Den Ls. Ang. gingen wir seitwärts zurück bis Heiurichsdorf. im<br />
Nivoik es regnet nnanfhdrlich. Wir tonnen we<strong>der</strong> Fener mache», noch<br />
Hütten bauen; ich war ohne Mantel und Nachtlamisol.")<br />
davon etwa 73 000 Preußen unter Bnlow und Tauenzien. Alle 3 Armeen sollen<br />
Napeleon einkreisen nnd sich zuletzt zn gemeiusamenl Hiainpf die Hand reichen, wie<br />
za denn auch bei Leipzig geschah. Die Nordarmee hatte beson<strong>der</strong>s unch die Aufgabe,<br />
Berlin zu schützen. Napoleons Hauptbestreben mußte natürlich sein, diese Vereinigung<br />
zu vel hin<strong>der</strong>n und die einzelnen Armeen durch Vorstöße zur Schlacht zu<br />
zwingen nnd zu vernichten. TieNordarmee, zu <strong>der</strong> das .^olbcrger Negimcnt Aborte,<br />
schützte Berlin gegen budino! und nachher auch gegen Ncy hauptsächlich durch die<br />
Schlachten von (^»noß-^reren l^.^. Anglisti nnd ^enncwltz s
U'»l> Kriegstagebuch des Leutnants Vttdwig Eclmlz<br />
Den ^.i. Aug. Mondtag. Unsere Füsiliere rücken vor nnd werden<br />
gedrängt, lim 2 Ilhr Nachmittags bricht das ganze Vager ans in Vinie<br />
nnd gcl)t halli rechts dein Feinde entgegen. Der Feind hatte ans seinem<br />
rechten Flügel 0)rok-Äehreud mw dort Batterien aufgepflanzt. Wir greifen<br />
stürmend den Femd an zerstrenen ihn nnd ein frendiges „Hnrah es lebe<br />
dcr völlig!" über dell ersten errungenen Sieg ertönt von allen. Noch<br />
kämpft die Kavallerie, die Nacht verwirrt ihren Kampf und Feinde retten<br />
vereint ohne sich zn kennen. Die ^cfangenen werden in <strong>der</strong> Nacht znrückgcliracht<br />
nach Heinrichsdorf, ich selbst hatte W Gefangene nnd vereinige<br />
mich znfälliger Weise mit dcm Capitai» Äoehl: Es kolumt Kaualleric, sie<br />
rnft
aus den Jahren 1613, 14 und 15. ll>l<br />
Den 31. begann <strong>der</strong> Donner hefftig, um 10 Uhr des Morgens<br />
brachen wir auf zur Necognoseirung. Wir marchine« durch Treuenbnezen,<br />
wo <strong>der</strong> Landsturm FrauMjche Gefangene bewachte und transportirte,<br />
kamen bis zur Sächsischen (Grenze. Es wurdeu Colonncu formirt. Wir<br />
sahen den Feiud. Das Geschich begann zu feuern. Feindliche Kugeln<br />
fielen bei uns zu Voden; die Bagage ging zurück. Rechts Hill uack Äel^lg<br />
sahcll wir deu Nauch und Staub <strong>der</strong> kämpfenden Trnppell. Der Feind<br />
zog sich südöstlich zurück. Wir kommen chm<br />
1. Sept. zllvor, vereinigen uns mit mehreren Divisionen, stehen au<br />
<strong>der</strong> Grenze <strong>der</strong> Mark im Viuoit die Front südwestlich. Der Feind zieht<br />
sich zurück wir folgen ilim<br />
den 2. September und leiden in Sachsen beson<strong>der</strong>s Mangel an<br />
Wasser, da alle Brunnen verschüttet waren. Die Dörfer bei denen wir<br />
standeu waren verschanzt. Menschenleer und lehr an allen Vcbcnsmitteln.<br />
Den A. September hatte <strong>der</strong> Feind eiue herrliche Position bel<br />
Croppstaedt. Wir standen ihm sehr nahe; die Vorposten berührten sich fast.<br />
In <strong>der</strong> Nacht verließ er diese Position und zog sich nach Jahne zurück<br />
wo Marschall Ney mit einer bedeutenden Verstärkung angekommen war.<br />
Den 4. September bezogen wir das Französische Vager bei Cropp-<br />
staedt reich an Ungeziefer arm an Wasser. Iu Eroppstaeot kehrten einige<br />
Einwohner zurück; mau sah die Nuiuen <strong>der</strong> Französischen Verwüstung;<br />
doch den scheußlichsten schmutzigsten Allblick gewährte die Kirche.<br />
Den 5. September: begann ein lebhaftes Feuern bei Jahne. An<br />
tausend blessirte kameu schon zurück. Der Donner zog sich nordöstlich Hill<br />
und war uus scholl ganz auf <strong>der</strong> linken Seite. Mitten unter dem Donner<br />
versammelte sich das Heer. Es wurde Gottesdieust und <strong>der</strong> Muth <strong>der</strong><br />
Soldateu durch eiue treffliche Rede angefeuert, ^egeu Äbeud brachen wir<br />
auf marchirten nordöstlich zurück. Ein Wald treuute uns und deu Feind<br />
und am Morgen<br />
des lì. Septembers Mondt, waren wir in <strong>der</strong> Gegend von Iüterbock.<br />
Es mallgelte gäuzlich all Brot und Wasser, außer einigen Vrockeu Zwie-<br />
back. Es war ein heißer Tag und sollte noch heißer werden. Um tt Uhr<br />
die Gewähre zusammengesetzt; mancher schlief eine Stunde noch sauft ohuc<br />
zu wissen daß er sobald einen längeren Schlaf genießen würde. Plötzlich<br />
hieß es auf auf; plötzlich wurdeu Kolouncn gebildet uud es stauo die ganze<br />
Schlachtordnung da, sie rückte eilenden Schrittes uor. Es wnrde deployirt.<br />
Der linke Flügel lehnte sich vorrückend au Iüterbock das Centrum nahmen<br />
die Dörfer Gclsdorf u. Deunewih. Der Feinds war fast um die Hälfte<br />
stärker als wir/) und hielt sich aufs Aeußerste auf <strong>der</strong> Höhe von Eine,<br />
') ca. 60 000.<br />
") ca. 40 000.<br />
Valttsche Studien N. F. X. 11
163 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
die er mit vielen Kanonen besetzt hatte. Der linke und rechte Flügel<br />
wurden bald gedrängt; bald drängte er; bis endlich das Ganze vorrückte<br />
nicht achtend <strong>der</strong> furchtbar sprudelnden Granaten nicht <strong>der</strong> Vaskugeln, nicht<br />
<strong>der</strong> Kardätschen und zerhackten Eisenstücke, die in unzähliger Menge unter<br />
unsre Reihen flogen und Tausende verstümmelten o<strong>der</strong> darnie<strong>der</strong> strekten nicht<br />
achtend des Staubes den <strong>der</strong> Wind uns in die Augen warf- vielleicht um<br />
nicht die weit überlegne Menge des Feindes zu sehen. Schon war es<br />
5 Uhr und unsre Linie war kaum nur noch 80 Schritt vom feindlichen<br />
Geschütz entfernt einige feindliche Kanonen wurden schon verlassen. Jetzt<br />
war die Kriesis, jetzt fielen die meisten Menschen sie stürzten hin wie<br />
Getreide unter <strong>der</strong> Sichel des Mühers; einige unsrer Bataillone fingen<br />
schon an zu wanken, als auf einmal auf unserm rechten Flügel sich ein<br />
unerwarteter Kanonendonner erhob. Unsere Kanonen waren durch die welt<br />
überlegene Anzahl <strong>der</strong> feindlichen Artillerie längst schon fast gänzlich zum<br />
Schweigen gebracht. Eben war die Nussische Schwedische Armee als<br />
Reserve angekommen und wie oic Sache im entscheidenden Augenblick war<br />
wirkte diese eine zu Hülfe geschickte Schwedische Batterie noch ganz trefflich.<br />
Die Schlacht ist total gewonnen; je<strong>der</strong> sucht wie er kann zu fliehen<br />
die Schwedische Kavallerie sucht die Zerstreuten auf; doch wird es dunkel<br />
ehe wir Nnhe finden gänzlich fehlt es an Brot und Wasser. So sehr viele<br />
unsrer Kameraden vermissen wir; ich habe Kra^) und Materne verloren.<br />
Der kleine Nest des Bataillons umarmt sich einzeln. Dann treibt<br />
uns <strong>der</strong> Hunger ins Dorf und wir finden glücklicher Weise noch Stroh<br />
Wasser eine H5uh und ein Schwein. Schnell stehen da zwei Hütten, die<br />
das ganze Bataillon so etwas gegen den Negen schützen; das Vieh ist<br />
geschlachtet und kocht am prasselnden Feucr. Ein Zaun gab uns<br />
treffliches Holz.<br />
Nachtrag znr Echlacht v. Dennewitz d. 6. September l813.<br />
Das Nc Pommerjche Negt., erst später angekommen, focht auf dem<br />
linken Flügel gegen dle Franzosen. Fichte schenkte meinem Bru<strong>der</strong> beim<br />
Abschied ein Buch (Fichtes Glaubenslehre) mit dcr Aufschrift: „Dies gab<br />
ich dir zum Führer." Mein Bru<strong>der</strong> trägt es im Chakot. Die Franzosen<br />
dringen mit Macht gegen den linten Flügel vor, so daß die Ulisrigen<br />
weichen müssen. Die Menschen fallen schrecklich, mein Bru<strong>der</strong> ist deu<br />
Franzosen nahe und in größter Gefahr. Endlich bringt er Soldaten zum<br />
Stehen. „Vorwärts! was jedem beschieden ist, trifft chu doch!" Kaum<br />
gesagt, so dringt eine Kartätschcnkugcl in seinen Chacot, ihm den Kopf zu<br />
') Verlustliste Bagensky E. 153.
aus den Jahren 1813, 14 und Ib. l6.'5<br />
durchbohren. Das Buch von Fichte bietet Wi<strong>der</strong>stand und bewahrt die<br />
Kugel iu seiner Mitte an einer Stelle, die meines Äru<strong>der</strong>s Worte zu<br />
bestätigen schien „Alles was kommt, kommt von Gott" lc.<br />
Den 7. Sept. sammeln sich die Brigaden und Regimenter. Es<br />
kommen die Wagen, es kommt Brodt und Vrandtwein.<br />
Den 8. wird eine bedeutende Menge Gefangener durch unser Lager<br />
geführt und am Nachmittag Victoria geschossen uud ts 6eum gesungen.<br />
Den 9. brechen wir südöstlich auf, beziehen bei Woltersdorf unweit<br />
Dame das Lager (ich schreib einen Brief nach Hause).<br />
Den 13. brechen wir da auf nach Seida und beziehen das Lager bei<br />
Chateauwalde.<br />
Den 1«. erhalte ich mein Patent nnd schreibe nach Hanse.<br />
Dcn 22. brechen wir auf marchiren durch Iaue, welches fast ganz<br />
verbrannt war, nach Wittenberg hin.<br />
Den 23. rücken wir näher an Wittenberg nnd schlagen im Walde<br />
unser Lager auf.<br />
Den 24. nehmen wir die Vorstädte von Wittenberg mit Sturm.<br />
Den 25. in <strong>der</strong> Nacht wird eine Parallele um Wittenberg gezogen.<br />
Bei Teichel war unser Lager, welches Dorf fast ganz als Materialien fürs<br />
Dorf') gebraucht wurde.<br />
Den 27. wurde Wittenberg furchtbar beschossen.<br />
Den 29. bin ich auf Piquett.<br />
Den 29. ,st ein plötzlicher Aufbruch aus unserem Lager, indem man<br />
einen Ausfall befürchtete.<br />
Den Al). Sept. wird Wittenberg zum drittemnal beschossen, dicht bei<br />
meinem Fuß schlug eiu Stück einer Bombe Ellentief in die Erde.<br />
Den 4. (Oct.) hören wir die Kanonade einer Schlacht, sehen den<br />
aufsteigenden Dampf <strong>der</strong> Kanonen.<br />
Hork und Blücher gehen über die Elbe.<br />
Den 5. Oct. verlassen wir Wittenberg, marchircu bei Coswig vorbei<br />
und beziehen in <strong>der</strong> Nacht bei Noslau das Lager.<br />
Doch fehlt es an Holz und Obdach im Negen, welcher unaufhörlich<br />
tt. fortwährte, da wir durch Noslau und Dessau marchine«, wo<br />
ganz ruhig die Schweden standen, die diese Städte genommen hatten. Wir<br />
marchirteu noch bis Turnow durch den Dessauer Wald nach Nordwesten<br />
hin unfern Äernburg. Von da marchine» wir<br />
7. nach Iesnitz ins Lager es war kalt und regnete unaufhörlich;<br />
ich Haltes Fieber und quartine mich in Iesnitz ein beim 1. Bataillon.<br />
') Doch wohl Lager.
164 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
Den 9. passirte das Blüchersche und ?)orksche Corps dnrch Iesnitz.<br />
Den 10. marchirten wir nach Zoerbig ins Lager.<br />
Den 11. marchinen wir um den Petersberg umher bis nach Rothen-<br />
burg, wo schon Truppen über die Saale marchirt waren. Hter fehlte cs an<br />
Stroh und an Holz und man mustte sich entschließen im Kothe zu schlafen,<br />
da wo man nnr mit Mühe gehen konnte; um etwas Holz o<strong>der</strong> Stroh zu<br />
haben mußte man sich erst mit Russen schlagen.<br />
Den 13. wurde plötzlich ansgcbrocheu-, alles marchine nach Coethen,<br />
bei welcher Stadt, die Front nach <strong>der</strong> Elbe hin eine völlige Schlacht'<br />
ordnung gebildet wird; weil die Franzosen eine Baldige grofte Tchlacht<br />
voraussehend eine Demonstration auf Berlin von Torgau und Wittenberg<br />
aus gemacht hatten.<br />
Den 15. brachen wir wie<strong>der</strong> auf, marchiren durch Lobe hin und<br />
beziehen beim Petcrsbcrgc das Vager. Das Stroh ward eine Meile zu holen.<br />
Den Kl. marchiren wir durch Oppin ins Nivoik.<br />
Den 17. kommen uns schon Gefangene des vorigen Tages entgegen;<br />
wir Viwolkirrn auf dein Schlachtfclde unweit Delitich.<br />
Den 1.< marchirtcu wir nach Taucha, um mit Theil an <strong>der</strong> Schlacht<br />
zu nehmen. Schon begegnen uns ganze Bataillone Sachsen die über-<br />
gegangen waren; em Hurah wird ihnen entgcgengerufen. Der Kanonen-<br />
donncr ist schrecklich uud unerhört. Wir marchircn durch Taucha und<br />
lommen aufs Schlachtfeld bald sehen wir die kämpfenden bald weichenden<br />
bald jagenden Truppen, sieh da sind wir ini Feuer. Es liegen auch schou<br />
Kameraden von nns im Blute; indeß sinkt die Tonne und läßt den blut-<br />
rotheu Schimmer schrecklich schön am Horizont zurück, gleich als wollte sie<br />
das Schlachtfeld am Himmel abspiegeln. Und noch war des Blutes nicht<br />
genug für Heute. Mit Sturm warfcu uoch unsre Tirailleure die Feind-<br />
liche« aus dell (Nräbeu aus ocr Schosiec; mit Sturm aus dem benach-<br />
barten Dorfe. Da war Nuhc; doch einen gräßlicheren Tag erwarteten nur<br />
noch morgen. ^>ltdcß trieb ocr Magcu uns an ms eroberte Dorf zu eilen<br />
und es zu durchmchcu, Brot hatte uno schou seit l> Tagen gemangelt.<br />
Mir fehlte Tabak auftcrocut. Mit Mühe fand man im Dorfe einige<br />
(irtoffeln, die gcröstcl im Feuer ganz köstlich schmeckten.<br />
Oeu N». um ^ Uhr kam schon <strong>der</strong> Bericht, das; sich die Franzosen<br />
zurückzöge»; da? Arrieregardegefccht war lebhaft; mau erstürmte das schöne<br />
Dorf vor <strong>der</strong> Stadt uno bald darauf die Stadt selbst.<br />
Wir bezogen vor <strong>der</strong> Htaot das Aivoik.')<br />
Den ^2. Ott. marchirtm wir nach Dercnberg durch Leipzig.<br />
') Das Vülowsche Corps trennte sich bald nach <strong>der</strong> Schlacht bei Leipzig von<br />
dem schwcd. Kronprinzen, oer nach Nmden gegen Dänemart vorrückte, und zog<br />
nach Holland.
aus den Iabren INI», 14 und 15. !65<br />
Den 23. ziehen wir die Saale hinauf, gehen bei Weisienfels über<br />
die Saale und kommen in ein menschenleeres Dorf ins Quartier.<br />
Den 24. marchiren wir nach Aorustaedt bei Qucrfurth.<br />
Den 25. bei Nebra über die Unstrnt nnfern Vibra.<br />
Den 2s>. nach Coli da.^)<br />
Den 27. nach Tenstaedt.<br />
Den 2tt. nach ^angensalza, worin l5M Gefangene in <strong>der</strong> Kirche<br />
Feuer anlegen.<br />
Den '^.j. beim Kaufmann Vaubrecht im Quartier in Mübl Hausen.<br />
Den AN. bleiben wir dier, werden herrlich aufgenommen; mir fehlen<br />
die Monoirungsstücke, es wird Vall, wo ich mit geliehenem Noct erscheine.<br />
Demoiselle ^anbrecht wird von mir zu Hause begleitet, ein wun<strong>der</strong>schönes<br />
Mädchen. Dann werden Briefe nach Hanse und nach Berlin an Hofs'<br />
manns geschrieben.<br />
Den 1. Novbr. brechen wir ans Yassiren Heiligenstadt nnd bleiben<br />
im Dorfe Udrà, ich bin mit A) Mann beim Müller einquartiert, <strong>der</strong> uus<br />
manchen Kuchen backen muß.<br />
Deu 2. passiren wir eine schöne felsige (Negend, kommen durch<br />
Goettingen, worin <strong>der</strong> Kronprinz von Schweden hauste, für den überall<br />
Ehrenpforten standen. Viele ^oettiuger Studenten folgten <strong>der</strong> Preußischen<br />
Fahue freiwillig. Hil<strong>der</strong>sen ein jchmlwigcs Dorf, wo wir in <strong>der</strong> Nacht<br />
ankamen, diente uns zum Quartier. Eiu eleuoes Hänschen war meine<br />
Wohnung.<br />
Den 3. kamen wir durch Salz<strong>der</strong>helden bei einem Salzwerk vorbei<br />
über die Ilme passirten Eimbek. Hallensce war unier Qnartier, eine<br />
Vauernhütte war für eine Compagnie bestimmt, hier hatten wir dell<br />
4. Nuhetag.<br />
Den 5. brachen wir auf bis Visperode.<br />
Den (i. passirten wir Hameln, blieben am rechten Weserufer, passirteu<br />
Aldendorf und ließeil uns clnqimrtieren in Großen Wicoeu. Der Wirth<br />
wird betrunken gemacht.<br />
Den 7. pajsiren wir Bückeburg, wo wir herrlich empfangen wurden<br />
ltnd blieben im Dorfe Kameru bei Minden, eine hübsche juuge Bauernwittwe<br />
war unsere Wirthin.<br />
Den 9. gingen wir über die Weser passirten Minden kamen im<br />
Negen bei einem Salzwerk an was nns zum Quartier bestimmt war, doch<br />
hatte schon ein Russisches Corps diese Quartiere eingenommen; darauf<br />
wird uns Herfort angewiesen und mit Mühe erreichen wir eine Bauernschaft,<br />
knetend im Schmutz und viele fast ohne Schuhe. Qettinghauseu<br />
dieß das Dörfchen.<br />
') Cölleda.
l66 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
Den 10. wurden wir nach an<strong>der</strong>en Dörfern vertheilt, nach Dütihrbaum.<br />
Den !1. marchirten wir wie<strong>der</strong> durch Herfort nach Minden bei<br />
Widdigen einquartiert.<br />
Den 12. marchirten wir durch Halle.') Friedrich <strong>der</strong> Große diente<br />
uns zur Ehrenpforte, wir blieben in Hessensteig.<br />
Den 13. waren wir in Warendorf und ich bei Herr Fürstraker.<br />
Den 14. Sonnt, in Münster.<br />
Den 16. Nov. marchirten wir mit vielen Umwegen nach Nphowen<br />
bei Billerbec, <strong>der</strong> schrecklichste Marsch meines Lebens mit manchen iuta<br />
begleitet, die lauge mir im Gedächtniß bleiben, mit Doruhcim, Nohr,<br />
Goskowsky, Tapitzky ic.<br />
Den 19. nach Coesfeld.<br />
Den 20. nach Borken.<br />
Den 22. nach Ihselburg. Mein Wirth Caspar Pelzer giebt mir<br />
eine eiserne Medaille zum Andenken die nachher in Brüssel ihr Eude<br />
genommen.<br />
Den 23. durch Derborg nach Dousburg (Doesbergh), was<br />
sogleich mit Sturm genommen wurde; darauf besetzten wir bis 12 Uhr<br />
die Wälle und ich kam soeben auf Wache, von <strong>der</strong> ich<br />
den 24. abgelöst wurde und beim Koester Schmidt einquartirt wurde.<br />
Den 25. machten die Franzosen aus Arnheim einen Ausfall; wir<br />
zogen ihnen unter Anführung des General von Oppeu entgegen, drängten<br />
die Franzosen in die Stadt zurück und bezogen in <strong>der</strong> Nacht in Velp ^?) die<br />
Quartiere ich beim H. de Niestap mit Dornheim.<br />
Den 26. rückten wir wie<strong>der</strong> vor. Ich staud mit meinen Tirailleuren<br />
beim Hause des H. de Vos ftl) Schritte vom Thor. Indeß war das<br />
Detachement uuter Degrot zurückgekommen, was Zütphcn genommen hatte.<br />
Den 2H. zogen wir nach Noientdal zurück uud von dort zum Amster-<br />
damer Thor im Schnee bivoikirend.<br />
Den 29. machten die Franzosen einen Ausfall todteten manchen<br />
braven Preußeu uud wurdcu bis zum Wall zurückgedrängt. Dicht vor<br />
<strong>der</strong> feindlichen Schanze hinter Hecken verborgen standen unsere Tirailleure<br />
ohne Nahruug und Decke Tag und Nacht m Gefahr in <strong>der</strong> gräßlichsten Kälte.<br />
Das Jahr 1814 ist für mich das elendeste was ich je erlebt habe.<br />
Den 22. Decbr. kommt in Bommel plötzlich <strong>der</strong> Befehl nach Dort-<br />
mund zum Ersatzbataillon abzugehen. Ich und Kcmuitz sind die Unglück-<br />
lichen uud Wolfrad. Vom 9. Negt. Capt. Petzoldt, Stülpnagel und Wulfen.<br />
') Unweit Bielefeld.
aus den Ialnen !813, 14 und 15. 167<br />
Den w. Jan. gehts nach Dortmund. Mein Quartier ist Gastw.<br />
Riebe. Es wird da Tadel d'haute gespeist. Da lerne ich Herr v. Hans<br />
kennen. Der Champagnerwein macht mich verliebt in Frau v. Halls.<br />
Unsere freien Neben werden von ihr nnd Frau v. Kainach gehört, weil<br />
unsere Schlafstuben an einan<strong>der</strong> grenzen. Wulfen eröffuet seinen er-<br />
fin<strong>der</strong>ischen Geist.<br />
Des Mittwochs und Tonnabends gehts ins Konzert aus Liebhabern<br />
bestehend Demois. Eimte saug vorzüglich. Die übrigen Tage wird im<br />
Gesellschaftshause brav Rheinwein getrunken, Schach gespielt :c.<br />
Den 12. Ich kriegte einen Streit mit Russischem Officier, <strong>der</strong> kaum<br />
ohne blanken Säbel sich endigt.<br />
Den 13. Von meinem Wirth nicht genügend honnct behandelt<br />
ziehe ich zum Friedensrichter Vrüggemaun. Drübeu wohnte bei Iucho<br />
Capt. Pctzold. Ich lese Nabners Religion nnd Gellerts Fabeln.<br />
Den 14. Ich werde als Ndjudaut eingeweiht, konnte mein Hans<br />
nicht wie<strong>der</strong>finden. Jetzt werden Rekruten geholt aus Essen. Tribuuals-<br />
richter verpflichten nicht. Dr. Regele erzählt von Stettin. Assistirung im<br />
Tribunalgebäude. Vei'ch wird arretirt wegen Streit mit seinem Wirth.<br />
Den 20. Ich lasse 136 Retruten schwören, die daraus zu exerciren<br />
anfangen. Ich mache Liften und Sawren, indem ich aus Nabner<br />
Gedanken stehle.<br />
Den 30. erlebe ich einen vergnügten Ball, brav Wein wird getrunken,<br />
tanze oft mit Frau v. Haus. Brü<strong>der</strong>schaft mit H. v. Hans; er führt<br />
mich auf den Tanzsaal seine Frau zu küssen.<br />
Den 31. wird ein vergnügter Tag in Nie<strong>der</strong>hofen verbracht. Chemnitz<br />
erscheint auch.<br />
Mit dem Februar fängt mein Elend an. Aus Pommern ist<br />
angekommen Capt. v. Gauhkow, Hn. Flatow, Schenk, Ehrhardt, Brodier.<br />
Wir waren 11 Offic. Capt. Petzoldt thut keinen Dienst mehr,<br />
weil er unter Ganstow nicht stehen wiN.<br />
Ich komme beim Kaufmann Pottgiesser ins Quartier, <strong>der</strong>selbe auf<br />
den ich eine Satire gemacht hatte: es war <strong>der</strong> trefflichste Manu.<br />
Lange hatte ich mich zu drücken gesucht: doch endlich musile ich selbst<br />
beim Exerciren erscheinen. Jeden Tag kriegte ich die lächerlichst gewandten<br />
Verweise, wenn ich einige Minute« zu wät kam. Da mußte ich nuu deu<br />
ganzen Tag auf einem Fleck stehen und sehen, wie die armen Menschen<br />
gequält wurden.<br />
Gegeu Abend wenn ich zurückkomme, erheiterte mich wie<strong>der</strong> die Familie<br />
o<strong>der</strong> ich wurde iu Gesellschaft gebethen bei Rappes, o<strong>der</strong> ich besuchte Stülp-<br />
uagel bei Frau v. Vernuth o<strong>der</strong> im Gesellschaftsdame o<strong>der</strong> ich lese Schillers<br />
Schauspiele o<strong>der</strong> ich zeichue.
!6tt Krikssswgrtmch des ^eutlmnts Ludwig Sclmtz<br />
Der Durchmarsch <strong>der</strong> Truppen macht Ganskow großes Leidwesen,<br />
weil er nicht esercire» kann. l. Das ^üdowsche Corps: ich lerne<br />
kennen Klatsch, Ribbeck, Bockenbnrg, Köhler — Marqnart, Nibbec, sehe wie<strong>der</strong><br />
Wellmer nnd Tobold II alle in groüe Barte eingehüllt.<br />
'^. Die Schwedischen Truppen, welche sehr langsam marchircn.<br />
^. Es rncten Hanseaten ein, fahren Kanonen und Pnluerwagen ans<br />
den Martt allf. Gauzkow aufgefor<strong>der</strong>t als Konimandant zu befehlen, die<br />
Wagen vors Thor zu fahren, um Schaden vorzubengen, führt als einzigen<br />
Grund au, er kann nicht exerciren nnd ist zufrieden mit <strong>der</strong> Antwort:<br />
Es ist leichter Nekruteu als diese Wagen vors Thor zu schaffen.<br />
Den ^5). Febr. fahre ich ab nach Minden Armaturstücke zu holen.<br />
Es ging durch Ham, beim Gattwirth Niets ein vergnügter Abend, in Gesell-<br />
schaft dreier Damen durch Nhede—Herfort beim Seidenfabrikant Schrewe<br />
besehe ich die Fabrik. In Minden bei Caspar Müller.<br />
Den 1. Merz schreibe ich nach Hause. Die Patronen muß l Unteroff,<br />
mit 3 Mann nachbringen. Zurück gehts durch Herfort Kaufmann<br />
Schroe<strong>der</strong>. Bielefeld Richter Delius als Kind im Hause behandelt,<br />
^ipstadt. Ham :c.<br />
Den b. Merz treffe ich in Dortm. den 3. Transport v. Officieren.<br />
Major von Kerlcr(ing) Capt. Aobcuhauscn, Hornlicrg, MyUns Dreist.<br />
Mehrerer lachte mich über meiue so große gelide aus, mit <strong>der</strong> ich ihn<br />
empfing. Dies vergesse ich ihm nie.<br />
An meinem Geburtstage empfange ich drei Briefe 1 von Karl<br />
2 von Hofsmanns. Wie ich vom Excrciren zurückkehre, ist ein Fest ver-<br />
anstaltet. Car. Pottg. überreicht mir ein Urbaud. Hch überreiche ihr<br />
mein Stammbuch. Hetzt sind wir 1
aus den Jahren 1813, 14 und 15. !69<br />
Den 7. durch Brüssel in einem Dorfe, meine Freundschaft mit<br />
Mylius säugt au cnqcr zu werden. Verschweudung in Brüssel — Halle —<br />
St. Nugeieu') — Soign^) — Mour. Dreist wird kraut. Bei Veauuwut,<br />
Sorte, Chatcau, Avener — La Capette — Guise St. Quenlun — Anas.<br />
Da treffe ich Ferdinand! — 9t. — u. Wilhelm bei Peroune vorbei —<br />
Berhune-Colonne.<br />
Den L0. Nvritt treffen wir das Negt. in Vailleul. Mein Wirth<br />
läßt sich nicht an<strong>der</strong>s bessern als durch Schläge von mir und meinem<br />
Burschen Sckuhmanu.<br />
May.<br />
Den 4. May gehts nach Werwyk.<br />
Den l). May gebe ich vorauf als Quartiermacher: passirt Curlray.<br />
In Gent war ich mit (^oskowsky iu eiuem Quartier, bewuudcrte<br />
die großen Kirchen, die schönen Promeuadeu. Des Vormittags wird<br />
erercirt auf dem St. Pctersberge.<br />
Ich erkläre mich nicht ganz bestimmt, ob ich Soldat bleiben will.<br />
Bei <strong>der</strong> Verteilung des eisernen Kreuzes gehts mir wie<strong>der</strong> vorüber. Eines<br />
Tages bringe ich uud Secg. den ganzen Zug <strong>der</strong> Off. durch unser Extrapostfuhrwert<br />
in Unordnung.<br />
Den 3. Iuny gehts wie<strong>der</strong> nach Dortmund zurück durch Nloft lAalst),<br />
Brüssel, ^ouvaiu, Tougeru, Mastricht, Mcu, Bonichct?) Wir erscheinen<br />
auf dem Vall ohne zu tauzeu. Den folgcudeu Tag wird das Schauspiel<br />
besucht — durch Neust; ich spreche Palesky. Düsseldorf Elberfeld. Ich<br />
und Mylius werden zurückgelassen — Uuser Quartier ist bei H. Brett.<br />
Schwelm, Hagen, Dortmund, Vokum, Hattingen.<br />
Den 17. Iuny kommen wir hier gleichsam in eine Verbannung an.<br />
Der Empfang war äußerst unangenehm: „Ich werde Sie melden aus<br />
Oenernlgouveruemeut!"<br />
Das tägliche Exerciren auf eiuem Kirchhofe wird immer schrecklicher.<br />
Des Abends amüsirt mau sich im Schauspiel, eiugerichtet im .Kuhstall,<br />
o<strong>der</strong> mit Trinkeu im (^esellschaftshaulc o<strong>der</strong> Pikett spieleu.<br />
Es wird au den Qdrist v. Zastrow um Urlaub gebeteu.<br />
Zwei Träume dieselbe Nacht.<br />
Ich reise auf Urlaub uacn Woltin; ich sehe meine Mutter, welche<br />
mich umarmt. Mit Schrecken fühle ich das Todteugeribbe. Die Erde<br />
öffnet sich. Ich fahre hinunter zum Pater.<br />
') Enghien.
17^ Kriegstagebuch des ^entiumts Ludwig Schulz<br />
Mylius Traum. Wir haben beide eine Klippe erstiegen. Er<br />
klettert glücklich hinunter, verliert mich aus dem Auge; und findet mich<br />
nach langer Zeit auf <strong>der</strong> Sckossee.<br />
Den 34. Inny erhalte ich vom Lt. Neumann die Nachricht, daß ich<br />
das Kreuz erhalten habe; den alten Gcmstow zu ärgern, melde ich mich<br />
sogleich bei ihm.<br />
Dm 27. Juny erhalte ich vom Obrist Zastrow einen Schuldbrief<br />
über Auctionsgel<strong>der</strong>, die ich schon den 6. Merz an Hauptmann v. Ganskow<br />
gezahlt hatte.<br />
Es wird ein langes Gedicht gemacht<br />
worin Ganslow — Jakob<br />
Homberg — Nube«<br />
Wulfen - Veniamin<br />
Flatow - Dan<br />
Ehrhardt — Naphtali<br />
Or. ... - Inda (trug hier auch sein Leid.)<br />
Brodier - Joseph<br />
Vobeuhausen - Zimcou<br />
schenk — Iiaichar<br />
Stulpnagcl — Sebulon<br />
Mylius —<br />
Chi^ - Asser<br />
ich -- s^ad. vorstellte.<br />
Iuly. Nun wird wegeu des Urlaubs zum Regiment hin'und her<br />
geschrieben; ebenso wegen <strong>der</strong> N> Thalerschnld. Dies währte bis zum<br />
October, iudeh wurde hier ein ewiges Einerlei fortgcleiert. Je<strong>der</strong> bemühte<br />
sich Vergnügen zu suchen und fand es nickt.<br />
Der eine Sebulou zog mit Frau v. Bernuth nach Schwelm zum<br />
Bade und machte den Mann unglücklich, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Dann hatte Dem«<br />
Moeller, wenngleich noch verhm-atlm die Ehe versprochen. Iuda ist<br />
wirklich im Begriff die Schwester zu heirathen. Asser verliebt sich in die<br />
Riessi) v. Md. Wehrlandt. Simeon und Isaschar stiegen aus nach<br />
Blankenstein. Jakob nimmt mit Nntoffc. u. Eoldatenweiber vorlieb. Ich<br />
selbst lerne bei meinen trefflichen Wirthsleuten ^eweringhaulen kennen<br />
Dem. Starmann.<br />
Der dritte August wird prachtvoll gefeiert im Klisitchcn des<br />
Nurgemeister Nautert. Des Vormittags wad nach dem Ererciren beim<br />
igt. Sandwirth Kegel gespielt. Eines Tages gehe ich mit Äobenhausen<br />
nach Tteele und Essen, da eröffnet er mir die Gesinnung des ganzen Klubbs.<br />
') Nichte.
aus den Jahren 1613, 14 und 15. 171<br />
Im Sept. gehts auf die Jagd. Ein froher Tag wird in Blankenstem<br />
vollbracht. Ein Ball wird arrangirt. Zurück gchts sehr lustig.<br />
Capt. Müller und einen Rittmeister lernen wir tenne». Vobenhamen<br />
erzählt uns Ganskows Eutr^ im Blanken Bollen.<br />
Im Oct. lege ich den Dohneustrich an und werde so einige Tage<br />
vom Exerciren befreit. Es kommt die Nachricht vom Regiment: wegen<br />
unseres Abschiedes müssen wir uns aus Gouvernement in Münster melden.<br />
Das geschieht.<br />
Den Itt. Oct. stellen wir Off. ein Fest an, wo wir die Honoratioren<br />
<strong>der</strong> Stadt bitten. Ganzkow muß sich mit Rautert vertragen, ein lächerlicher<br />
Auftritt.<br />
Ich habe die Illumination unter mir. Eine Piramide, darauf ein<br />
Globus und ein Kreuh !c. Der Sohn vom Mentmeister Giesler wird<br />
mein Freund.<br />
Es wird von meinen Wirthsleuten ein Heirathsplcm gemacht zwischen<br />
mir und Dem. Starmann, gegen die ich mich stets außerordentlich<br />
affectionirt gezeigt hatte.<br />
Reisen nach Blankenstein und Langenberg.<br />
Im November soll ich mich gegen Dem. Starm. erklären, doch<br />
rettet mich aus dieser Verlegenheit <strong>der</strong> plötzlich angekommene Urlaub.<br />
Wir fahren ab. bis Dortmnnd Vmsvanu Enrapost bis Unua. Dort<br />
wird 3 Tage geblieben und brav gezecht und bezahlt, bis Minden anf die<br />
Post, wir treffen Eapt. Kersten an, es geht weiter vis Haldcrstadt. Von<br />
dort mit Extrapost bis Berlin.<br />
Dort logire ich einige Tage bei Mylius Mutter; dann gehts nach<br />
Stettin. Auf dem Logcnball; sodann werde ich auf dem Sylberschmidt<br />
schmidschen Just. mit einem Lorbeerstrauß beehrt. Dann gehts zurück nach<br />
Berlin. Einige Tage logire ich im Goldenen Engel.<br />
Mit dem December ziehe ich Vinden 7A bei Fuchs. Schreckliches<br />
Verhältniß zw. Mylius und feiuer Mutter und Frau. Er verfuhrt mich<br />
zum Trinken :c.<br />
Im Engl. Saal bei Fr. v. Grau <strong>der</strong> Weihnachtsmarkt :c.<br />
Ich höre OoUe^ia Exegese, Lythurgik. Encyklopädie.<br />
ltzib.<br />
Januar. Lerne v. Roebel kennen, mit dem ziehe ich bei Myl.<br />
Aufwärterin. Weg mit <strong>der</strong> Erinnerung — <strong>der</strong> Entschluß. Mit dem<br />
Merz din ich von Mylius getrennt, bin bei Rhode seitdem bin ich<br />
wie<strong>der</strong> gut geworden, mußte dort leiden: dock, dock, Gott könnte ich die<br />
Zeit vom 17. Iuny bis Merz 1815 aus meinem Veben verlöschen!
172 Krieastagebuck bes Leutnants V<br />
Im December erhalte ich nach eincm Schreiben durch Mylius u. mir<br />
die M. v. d. O. l. außerdem wcrden Briefe gewechselt zwischen Kriegsminister<br />
und mir, mein Urlaub wird durch ihn verlängert, weg. Abschied<br />
soll ich beim Regiment anhalten. Ebenso werde ich noch immer ungerechterweise<br />
gemahnt durch Hempel.<br />
Jan. ssebr. Merz 1ft15.<br />
Ich schließe mich enger an die Verbindung <strong>der</strong> Landsmannschaft,<br />
v. Noe<strong>der</strong> wird mein sfreund.<br />
Es kommt die Nachricht von Napoleons Aufbrechen ans Elba. Die<br />
Zurüstungen im Preußischen werden immer ernsthafter. Man spricht<br />
vom Anfrnf.<br />
Mit Noe<strong>der</strong> gehe ich zum Abendmahl, um uns ^u dem was da<br />
kommen möchic, vo^ildcrcitcn.<br />
Der ^ebenswlchiel ist ün^eqvcift'tch den uns das Schicksal vorschreibt.<br />
Außer Nor<strong>der</strong> sind meine eckten Freunde Hafsncr und Nogger, mit<br />
denen ich Nachte hindurch schlich spiele.<br />
Den i>. Febr. ist ein großer Studentenanf.zng und Commersch wegen<br />
des ersten Anfbrnchs <strong>der</strong> Studenten in den Krieg 16l.'5.<br />
Aprili May 1^15.<br />
Dell 1. April! reiste ich aus Berlin ab znm Regiment, lernte unterwegs<br />
kenuen Jordan vom l. Pommerschen Negt., Bansemer, Müller.<br />
Meine engste Freundschaft bestand mit v. Noe<strong>der</strong>, indem wir beim Scheiden<br />
zur ewigen Eriuuerung die Krentze vertauscht.<br />
Den 13. Aprill kam ich in Hai an mit Lt. Franke, Kamke u. a.<br />
Ich traf das Ncgt. an.<br />
Den 3l. Aprill erfuhr ich bei ber großen Parade, baß ich im<br />
Regiment einrangirte.<br />
Den 3. Mai rücken wir aus Hai begegneten die Sächsische Garde')<br />
auf dem Marsch und bivoikirten in Nuttig dis Verstärkung kam.<br />
Den 6. früh wurde (Neneralmarsch geschlagen. Die Sachsen wurden<br />
umringt, vier davon erschossen uno die Ucbrigeu traneportirt nach Antwerpen<br />
zu.<br />
Den 9. rückten wir iu Louvain ein. Die nie<strong>der</strong>ländischen Truppen<br />
hatten eiucu Streit mit uuscru Soldateu.<br />
Den 14. ging <strong>der</strong> Lientn. Fischer nnd Krüger ab vom Regiment.<br />
Den 15. rückten wir ans Lonvain.<br />
Den IN. Westerlow, wo ich auf Wache war, den 21. Graf, den 33.<br />
Emmerich.<br />
^ Die hatten gegen Blücker gemeutert 2. Mai. Die Rädelsführer wurden<br />
erschossen, die Fahne <strong>der</strong> Garde verbannt, die Mannschaften mußten mit Schimvl<br />
und Schande zmuck.
nus den Jahren 1513, 14 und 15. !73<br />
Den 25. Aprill in Wesel Nebergabe <strong>der</strong> Sachsen.<br />
Den 28. May in Nerdingen.<br />
Beim 2. nie<strong>der</strong>rhcinijcheu Vandwehrregimcnt Hasselbach, Meumann,<br />
Dittmar.<br />
Beim 3. Kumme, Köster, Borns.<br />
Beim l). Tobold, Lange.<br />
Beim 7. Schüuemaun.<br />
Beim «. Kllntme <strong>der</strong> zweite.<br />
Den AN. in Dlt, im Schloß beim Orafen Salm Salm, dem doppelten<br />
Lax. Mit dem Leutu. v. Sacken machte ich dort Besuch. Merkwürdig<br />
war <strong>der</strong> Garten, <strong>der</strong> Ahnensaal und das Arsenal. Ein Vergnügen wechselte<br />
mit dem an<strong>der</strong>n, Klavierspiclen, Lotto, Souvp^ Tanz. Mir war die<br />
Gräfin günstig.<br />
Den 1. Juni in Nchen. Beim 4. noch: Mathias, Kumme li.<br />
Beim 1. Sudlaud.<br />
Den A. Juni bei Lüttig, wo <strong>der</strong> König v. Holland sich huldigen ließ.<br />
Den 5. in Orcz und ich im Schloß Vorausaut.<br />
Den 8. Iuny drei Briefe empfangen mit !', l Nthlr. einen wie<strong>der</strong><br />
abgeschickt.<br />
Den 15. Iuny begmnt plöklich <strong>der</strong> Krieg. Vom Excrcirplatz zu<br />
Grez werden wir plötzlich abgerufen. Nin '
17l Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Sckulz<br />
links waren wir durch französische Bataillone, die um das Dorf detachirt<br />
ll.»aren ulnflugelt, alle unsere Bataillone vereinigten sich nnd waren nicht<br />
mehr zu halten; doch auch <strong>der</strong> Feind verfolgte nicht mutig genug und seine<br />
Kavallerie wurde durch unser Quarreefeuer zurückgetrieben.<br />
Der Feiud war zufrieden auf dem Schlachtfelde zu jubeln und vivs<br />
Xtlpoleon zu rufen.<br />
In ^ Bataillone sammelten sich einige Schritte von den Französischen<br />
Vorposten nnd zogen sich erft am folgenden Morgen ungehin<strong>der</strong>t<br />
den 17. dnrch Gemblou nach Vaver (WavrcV) zurück, wo wir die<br />
folgende Nacht ankamen und im Platzregen bwoikirten.<br />
Indeß hatte Napoleon ein Corps nach Namur detachirt, um uns<br />
den Nückzng abzuschneiden. Dies stieß auf unsere Bagage und plün<strong>der</strong>te<br />
sie nnd brachte sie in Unordnung. Mit seiner großen Armee marchirt<br />
Napoleon nach Nivelle um sich dnrch die Bcsicgnng <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> znm<br />
Welthcrrscher zu machen.<br />
Deu 18. früh verkündigte uns <strong>der</strong> Kanonendonner schon den Anfang<br />
dcr Schlacht zwischen Napoleon nnd Wellington. Dem Bülowschen Corps<br />
folgten die übrigen Preußischen Corps, Wellington zn Hülfe.<br />
Aus einmal zeigte sich uns im ducken das detachirte Französische<br />
Corps, doch die Besetzung <strong>der</strong> engen Pässe und die Anznnoung von Baoer<br />
machte dessen weiteres Vorrücken unmöglich und alle Preußischen Corps<br />
konnten gegen Napoleon anrücken.<br />
Beml fünften Angriff <strong>der</strong> Franzosen waren die Englän<strong>der</strong> schon<br />
znrückgeschlagcn, als plötzlich alle preußischen Massen Napoleons rechten<br />
Flügel angriffen uud den Sieg errangen.")<br />
Noch in <strong>der</strong>selben Nacht wurde <strong>der</strong> Feind ohne Zeitverlust verfolgt.<br />
Das 2. Corps wurde gegen das detachirte Französische Corps gesandt.<br />
Nachtrag. Zum Iss. Iuny lsili) Schlacht von Schoenouno.<br />
Nach entschiedener Schlacht traf Blücher mit Wellington auf dem<br />
Schloß Belle alliauce znsammen, deshalb nennen die Preußen die Schlacht<br />
Schoenbnnd. Die Englän<strong>der</strong> und Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> nennen sie Waterlow,<br />
well dies Wellingtons Hanvtqnarticr war und Wellington wird genannt<br />
Fürst von WattNow. Die Franzosen ncnncn die Schlacht Gmap (Genappe).<br />
') Dieser wichtige Entschluß ist das große Verdienst von Gneisenau, <strong>der</strong> nach<br />
Vlüchers Sturz deu ^kerbesehl übernahm und das Hcer tucht, tme Navaleon<br />
erwartete, nur auf
aus den Iabren 1813, 14 und 15. 175<br />
Napoleon suckt das Incognito, flüchtet von Festung zu Festung,<br />
entfernt die Soldaten von sich, geht über Charleroi, Ptnlippeville, Melier,<br />
wo er sich wunden nicht in Arras zu sein, von da nach Paris und jetzt<br />
sich die Jakobinermütze auf.<br />
Zum 19. Iuuy das uns im Nucken detaänrte Corps war Vandam<br />
und Gronchy mit seiner starken Kavallerie.<br />
Nei Gemblo verhin<strong>der</strong>te uns die Müdigkeit dies fast umringte Corps<br />
anzugreifen. Der Feind gewinnt Zeit durch das Difilee zu entkommen.<br />
Den 19. nahmen wir unsere Stellung bei Gembleau.<br />
Den 20. trafen wir die Franzosen bei Namur nnd erstürmten die<br />
Stadt mit grosiem Verlust von Todten und Blessirten.<br />
Den 21. war das Regiment in diesen 5> Tagen an Officieren und<br />
Gemeinen um die Hälfte vermin<strong>der</strong>t. Bei je<strong>der</strong> Comp. 1 Officier marchiren<br />
wir durch Flcuris, Charleroi nach Lerne. Den 22. geht es durch Beaumont<br />
uach Sotrc lc Chätcau. 23. uach Avesncs. Den 25. nach Marville, wo<br />
em Brief abgeschickt wurde. Den 2st. auf Porposten bei Vaudrecy. Den<br />
29. ebenfalls. Den 2. auf Porposten. Den 5. auf Vorposten.<br />
Den 7. wird victorisirt wegen Blüchers Einrücken in Paris.<br />
Den 8. kommen wir auf Vorposten, die Stadt wird mit 20 Granaten<br />
beschossen. Nachher einen Tag um den an<strong>der</strong>n auf Vorposten.<br />
Es werden 2 Briefe empfangen, einer mit 4 ^ouisdor, mehrere<br />
abgeschickt.<br />
Den 15. fängt mein Vlutauswerfen an.<br />
Den 19. verliere ich viel Blut, den 20. früh nach Marville zum<br />
Lazarett,.<br />
Den 33. wo ich sehr krank wurde geht Laudrecy über<br />
den 23. nach Berlemont, den 24. gehts nach Maubeu.<br />
Dell 29. Briefe abgeschickt all Wilhelm, Carl und Arnim.<br />
Den 3. August wird hier des Königs Geburtstag mit vielem<br />
Geräusch gefeiert.<br />
Deu 4. befinde ich mich selbst schon besser, ich werfe nicht mehr<br />
Vlut aus, ich fange an stärkende Mediciu zu gebrauche«.<br />
Es besucht mich <strong>der</strong> Ingeuieuroffic. vou drüben. Seine Frau schickt<br />
mir Bücher.<br />
Nachtrag.<br />
Dm 14. Iuly wird mein Freund v. Noe<strong>der</strong> beim General<br />
v. Kraft als Adjudant angestellt. Er besucht mich sogleich nachher auch<br />
in deu Trancheen.<br />
Den 19. Iuly schickt er seinen Burschen, Geld von mir zu leihen;<br />
ich leih ihm 5 Louisd'or.
l?s» Kriegstaqelmch des V<br />
Dcn 20. schickt er mir 3 davon znrück.<br />
Den 21. holt er sich einen wie<strong>der</strong>.<br />
Er hat mich bisher mit Buchern versorgt. Don Karlos nehme ich<br />
mit ins Vazareth.<br />
Tractament habe ich vom Iuny ab zu for<strong>der</strong>n. Von den Douceur-<br />
gcl<strong>der</strong>n habe ich 2s> Nthlr. auf eine Quittung von 5>l> Nlhlr. empfangen.<br />
Dcn 12. August ist <strong>der</strong> '!iegimcntsqnartiermmter Wenz hier, <strong>der</strong><br />
mir Tractament für Iuuy und Iuly giebt. Ich schicke v. Noe<strong>der</strong> Don<br />
Karlos wie<strong>der</strong> mit einem Briefe und einem Gedicht von mir. Durch eiue<br />
von Roe<strong>der</strong> empsangeue ^iste habe ich erfahren.<br />
Den 19. Sonnt, <strong>der</strong> 3te Tag, welchen ich wie<strong>der</strong> ausgehe mit meinem<br />
Doctor dem Obcrslabschirugus Neumann nach Croix Blanc mache Bckauut-<br />
schaft mit Suchon Elblalldwchrosf. Kernig ein blessirtcr Off. vom 1^1. Negt.<br />
Marienburg Philippville und ^tocroi siud übergeben.<br />
Den 2l). Sonnt, schreibt mir Noeoer eiueu herzliche« Brief v. Givct<br />
aus, klagt mir seiue Schwermuth wegen des ucrlorelien Armes, fragt mich<br />
nach <strong>der</strong> Entschließung wegen mciuer Zukunft.<br />
Dcu 21. August erneuert sich plöklich <strong>der</strong> Alntsturz.<br />
22. A. Dienstag werde ich A<strong>der</strong> gelasse».<br />
26. Sounab. stehe ich auf uud mache eiu Gedicht: ^ied eines Vogels.<br />
Den 27. A. Sonnt, erhalte ich 3 Briefe:<br />
1. o. Arnim die «lte Brigade steht vor (hivet u. ein Theil <strong>der</strong> tzten.<br />
Die 7te ist mit dem Priuzcu vou Nokroy am 14. Aug. Ehrhardt ist todt.<br />
2. Stetti» v. 23. Illly Nagt um weuig erhalteue Briefe.<br />
Wilhelm steht iu <strong>der</strong> 1>«en Brigade iiu i)ten Armeekorps (?)ork)<br />
l)te Schlesische ^audwchrregt. Von 5H ^)tihlr. silid Wilhelul 4 ^ouisd'or<br />
geschickt. Nieine Schwester Fritze ist todt.<br />
3. Berlin a. 1.^. Iuly. Nachfrage um Braunhold. Statt <strong>der</strong><br />
Pommerauia ist jetzt Borussia errichtet.<br />
Am lN/) früh wird <strong>der</strong> Doctor zum Fürsteu^) gerufen, wegen<br />
Tchmerz durch den Sturz vom Pferde erzeugt. Dcr Doctor räth Nuhe<br />
uud Eiureibeu mit Spiritus an <strong>der</strong> Stelle des Schmerzes; darauf<br />
erwie<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Alte: Nuhc werde ich heute wohl nudeu; bis oahiu aber<br />
bedarf mem alter Körper des Eiubal'amireus uichr. Er hatte alio selbst<br />
deu glücklichen Ausgang nicht erwartet. Welch ein Kontrast mit Napoleon.<br />
Wilhelmmc.<br />
Noggcr steht beim 41. Pommerscheu ^andwehrregiment.<br />
Dcu 29. Aug. sende ich 3 Briefe ab.<br />
1. nach Stettin mit dem Briefe vou Roe<strong>der</strong> uud mit einem an<br />
) >)UlU.<br />
') Pli.ch«r,
2. nach Berlin an Haffner.<br />
aus den Iahrm 1813, l4 und l5. 177<br />
3. an Noe<strong>der</strong> meine aufs Neue nberstandene Gefahr meldend.<br />
Den 5. September Dienst, schreibe ich an Arnim. Bekanntschaft mit<br />
Parasky und Tieftrunk vom Elbandwehrregiment.<br />
Den 6. Sept. kommt ein Brief von Noedcr. er ist versetzt nnd steht<br />
beim Iten Corps. An den K. P. ^. und Generaladjudant des HE. Obrist<br />
v. Schütter H. v. Roe<strong>der</strong> 4te Brigade Ues Corps.<br />
übergeben.<br />
Die geliehenen 3 Vouisd'or sind dem Hauptmann v. Stülpnagel<br />
Den 9. Sept. Ein Brief von Karl mit 10 Thaler, es bleibt Nest<br />
30 Thaler. Wilhelm hat 20 Thaler erhalten. Der Brief datirt vom<br />
11. August.') Krantheitsregeln enthaltend. Rath nach Paris zu reisen.<br />
Den 10. Sept. Sonnt, erhalte einen Brief von Stettin datirt vom<br />
1. August.") Dabei ein Paket Wasche.<br />
Den 18. Mondt, geht Süschon ab und sendet nns ein Abschieds-<br />
gedicht, wie wir in unserer Concordia gerade kneipten.<br />
Den 20. Wittw. kommt <strong>der</strong> Negimentsquartiermeister Wenz giebt<br />
mir Traktament für August und September und bringt Nachricht von<br />
Oirst. Der Lieutn. Müller hat sich durch die Behanptung einer Schanze<br />
ausgezeichnet.<br />
Den 24. Sept. Sonnt, reisen Parasky und Tieftrnnk ab, Kcrz. ist<br />
schon früher abgegangen. Zeitungen nnd Briefe von Paris werden nicht<br />
ausgegeben.<br />
Die Doktoren Neumann Doktor Heisinger, Nahn.<br />
Den 30. Sept. Sonnt. Ein Brief von Stettin sd. 0. Sept.) ob<br />
das Geld angekommen, ob ich noch etwas bedarf von Ferdinand keine<br />
Nachricht. Meine Schwester, sie sind in Westpreußen gewesen. Grnß von<br />
<strong>der</strong> Familie Schmidt.<br />
Die Stadt ist illuminirt, man empfängt den Prinzen, <strong>der</strong> Damen<br />
Bitte bleibt ungehört. Der Kronprinz passirt.<br />
Den 3l. Sonnt, passirt <strong>der</strong> Kaiser Alexan<strong>der</strong>.<br />
Den 1. Oct. geht das Lazarett) ab nach Nokwli nnd damit mein<br />
Arzt Neumann. Ich kannte Heisinger und Rahn.<br />
Den 3. Oct. bin ich bei einem Punsch des 25>. Neqts. Trinke<br />
Brü<strong>der</strong>schaft mit Westphal.<br />
Den 4. geht <strong>der</strong> Regimentsquartiermeister Wenz ab nachdem er mir<br />
Trattamene bis zum Ende Sept. gegeben.<br />
Den 6. October geht ein Brief nach Stettin ab. Napport von<br />
meiner Krankheit.<br />
') Antwort auf d. 20. Iuny.<br />
2) Antwort auf d. 8. Iuly.<br />
«attische Studien N ss. X. 12
178 .Hriegstagebuck des ^eutucmts?udwig Sckmlz<br />
Den ^. Oct. Mondt, passivi <strong>der</strong> König von Preußen.<br />
Den 10. Mittw. geht ein Brief ab au Major Dorsch, ich bitte um<br />
Nachricht, wohin das Regiment geht.<br />
Die Gerüchte, daß Maubeuge Holländisch wird, macheu die Ein-<br />
wohner miftmuthig. Man erwartet den baldigen Aufbruch <strong>der</strong> Truppen.<br />
Den 17. Ott. kommt em Brief von Kleist, worauf ich ihm das<br />
Maas zum Chakot schickte.<br />
Das 2te Bataillon steht in Auvillers les Forges bei Nocwy.<br />
Deu !. kommt ein Vrief von Karl Antwort meines Briefes vom<br />
23. August mit 2 Hemden, einem Recept und weuigeu Worten <strong>der</strong><br />
beleidigten Minna. Ter Brief ist vom l
aus den Jahren 1ft13, 14 und 15. 179<br />
Quartier, die mich erst annimmt, nachdem sie auf <strong>der</strong> Municipalität<br />
Carnaule salop gcichimpst war. Die Stadt ist schoen uud regelmäßig,<br />
mitten auf dem Markt ist eine Wasserkunst. Ich treffe beim Kommandanten<br />
dell guten Ticftrank.<br />
Den ^k. Sonnt, habe ich Nuhctag. Beim Mittag erscheint eine<br />
Schöne. Unter einem stolzen Fedcrhut trüuselu sich tausend Krollchcn<br />
einer röthlichen Perücke darllntcr ziert sich ein langes faltiges Gesicht.<br />
Dennoch sind die Wangen roth wie Ziegelmchl, nnd es schläugelu sich<br />
durch <strong>der</strong>en rothe Fel<strong>der</strong> gelbe Bäche; denn die Dame ist so gefühlvoll,<br />
daß ununterbrochen Thränen aus den fenätten Augen über die rothen<br />
Wangen rinnen und auf ihrem Wege das Noth in Gelb verwandeln.<br />
Diese so mitleidigen Augen sind dennoch so majestätisch, dah stets ein Auge<br />
nach Nordost, das an<strong>der</strong>e nach Nordwest blickt.<br />
Und was sie interessant ist, wenn sie ihr vertrocknetes Händchen,<br />
worauf sich die Haut so tunstliche Falten gekränselt hat, mit <strong>der</strong> Schnnpftabal'<br />
dose hervordringt; wenn sie diese Dose ihrem Nachbar präjentirt und sodann<br />
ihr weit- nnd schwarzlöckriges Naschen mit Taback füllt.<br />
Unmöglich aber ist cs, <strong>der</strong> Liebe zu wi<strong>der</strong>stehen, weun sie aus dem<br />
bei ihr liegenden gewaltigen Stück Brode ein viertel Pfund Krnhme aus-<br />
schneidet, diese mit fettem Käse belegt uud den zarten Hänfen in ihr kleines<br />
Mündchen auf einmal steckt. Pfeilschnell eilt sodann das schöne lange und<br />
spitze Kinn an die Nase und stößt von <strong>der</strong> Nase eiueu schwärzen Pfropfen<br />
Taback, <strong>der</strong> sich aus einem Najenloche senkt, ab.<br />
Sie trinkt we<strong>der</strong> Bier noch Wein, das verdirbt die Haut, son<strong>der</strong>n<br />
ländliches reines Wasser, welches außerdem den Ponhnl hat im Munde<br />
das Vrod zu erweichen, so das; es leicht zu zerdrücken ist und unzerkaut<br />
zum Magen passireu kann.<br />
Auffallend ist ihre Aescheidenheit und Anspruchslosigkeit. Ihre Zähne,<br />
so schoen uud weiß sie auch geweseu sein mögen, läßt sie nie sehen.<br />
Man tonnte sicher behaupten, daß <strong>der</strong> Hals nnd <strong>der</strong> Bnsen noch die<br />
Gesichtsbildung überträfe; dennoch hat sie beides bedeckt. Um dell Hals<br />
kräuseln sich dicht unter dem Kinn prachtvolle Kanten. Unter dem scholl<br />
gewölbten Buien zieht sich ein feiner Flor, doch sieht man darunter nur<br />
Tücher und Tücher, nicht den Busen. Diesen imagmirten Busen nmbadct<br />
iu einem weiten Kreise cin roter prachtvoller Tuch.<br />
Sie steht so grade wie ein Peruckeustock, denn es erhält sie enges<br />
Schnürleib. Unter den Hüften ist sie so schlang, daß drei Hände sie nm^<br />
spannen können. Damen pflegen gerne sich jung nennen zu lasseu, sie<br />
aber, als ein Jüngling, hingerissen von <strong>der</strong> jugendlichen Nöthe ihrer<br />
Wangen, sie fragte: „Sie haben heute wohl schon einen großen Spazier-<br />
gang gemacht, <strong>der</strong> Sie eschoffirt hat?" antwortet: „Junge Mädchen<br />
12*
Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
promeniren viel, ich aber bin nicht mehr jung und bleibe immer iu meinem<br />
Zimmer."<br />
Natürlich pries <strong>der</strong> Jüngling ihre Sittsamkeit und Bescheidenheit<br />
hoch, daß sie sich nicht mehr für jung hielte, da sie doch blühte wie<br />
die Noje.<br />
l'ics Kompliment freute die Schönheit so, daß sie aufstand die zarten<br />
Hände wie Fühlhörner vorstreckend, zu ihrem Zimmer hinaufstieg, den<br />
Namen des Jünglings in ihr Ferienregister schrieb und ihm Visquit<br />
mitbrachte.<br />
Den 29. Oct. Sonntag fahre ich mit einer Diligence nach Sedan,<br />
wo ich das Regiment antreffe.<br />
Den 30. Oct. Mondt, übernimmt uns Ziethen; dem General<br />
Rüssel') machen wir die Kur.<br />
Den 1. Nov. geht Vrehmer ab als Etappenkommandant.<br />
Es geht ein Vrief ab nach Stettin.<br />
1. an Minna; ich rcsonnirc über vernünftig; ich habe zuletzt<br />
geschrieben durch den Bru<strong>der</strong> erfahre ich von dir auch was. Gruß an die<br />
Schmidtsche Familie.<br />
2. an Karl. Zufall, wie ich zum Briefe komme. Beschreibung<br />
meiner Schonen in Charlcville. Einfall <strong>der</strong> Abreise in Maubeuge Ankunft<br />
in Sedan. Wir blieben in Franlreich uuter Ziethen und Nussel Marsch-<br />
or<strong>der</strong> nach Dun.*)<br />
Wie richte ich mein Abschiedsschrciben ein, wenn ich dazu genötigt bin.<br />
Dell 7. Dienst, kommt ein Vrief von Stettin Antwort auf dm<br />
st. Oct. Fistel - Hrlihe — Nachlassenschaft 150 Nthlr, — Ob ich Geld<br />
bedarf. Quittung.<br />
Da lll dem König!. Befehle (Pommersches Amtsblatt vom Jahre<br />
1815 zi. 161) den ins Feld gerufenen Studircnden die ihnen conferirten<br />
Stipendien bis Iohannis 1915 ausgezahlt werden sollen, so quitt, über den<br />
Empfang v. 25 Nthlr. als den für diesen Termin geltenden Theil des<br />
mir conferirten Iac. Stip. v. 50 Nthlr. für das Jahr.<br />
Den 9. Novbr. reist das Regiment nach Stenay und Dun, ich<br />
bleibe hier mit Ltn. Kleist.<br />
Den 10. Novbr. geht ein Brief ab, enthaltend Krankheitsbericht,<br />
Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Franzosen.<br />
Den 1. December fcire ich mein After fest.<br />
Acht Tage zuvor ist <strong>der</strong> Aster dazu schon vorbereitet, es wird ein<br />
zweites Löchchcu gefunden, dies Löchchen durch Schwammpropfen erweitert,<br />
') v. Ryssel.<br />
'1 An <strong>der</strong> Maas südöstlich von Sedan.
aus den Jahren 18l3, 14 und 15. 181<br />
die Sonde geht schon fingerlang hinein, das Oesäß ist rasirt. Die Wertstätte<br />
ist fertig. Auf dem einen Tisch sind Waschschüsseln mit warmem<br />
nnd kaltem Wasser und Handtücher, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ist voller Charpie nnd<br />
Bandagen. Der dritte Tisch ist dem hellsten Fenster gegenüber daraus<br />
ein Kissen.<br />
Der Generalchirnrgus, Oberstaabschirurgus in voller Uniform mit<br />
großen Hüten mit dem eisernen Kreuz treten ein mit zwei Oberchirurgen.<br />
Drauf werden die Instrumente iu Ordnung gebracht. Ich lege mich<br />
über das Kissen nnd schane mit dem Allerwerthsten zum Fenster hinaus.<br />
Man reißt mir den Schwammpropscn heraus, drückt den Saft herans,<br />
stößt das Messer ins Loch nach unten, durchschneidet den Mastdarm,<br />
schneidet nach oben hin ans, macht ein zweites Voch, bepackt mich mit Charuie<br />
und Bandagen und trägt mich ins Bett.<br />
Schmerz ist Einbildung, sagt mein Doctor.')<br />
Den b. Decbr. geht eine Antwort auf Haffuers Brief ab, cr soll<br />
mir Bücher schicken, ebenso eine Antwort auf Neumanns Brief, <strong>der</strong> mir<br />
das Zeugniß übersandte.<br />
Den tt. Dec. geht ein Brief nach Stettin mit Zeugnissen. Ich melde<br />
meine Knr.<br />
Den 7. Dec. ein Brief mit einer Quittung für Oct. au den<br />
Regimentsqnartiermeister Wenz.<br />
Den 9. Dec. Traktament erhalten durch Wenz für den October.<br />
Den 13. Dec. 1 Brief von Karl mit <strong>der</strong> Beilage über das Abschiedsschreiben<br />
v. 21. Nov. Antwort auf den 1. Ein Brief nnter Wegs<br />
vom IN. — Seegemund bei v. ^epell, Hoffmeister — Herrnhut. 1 Brief<br />
von Minna. Ich soll zurückkehren. Zieht nach Woltin.<br />
1 « 1 s>.<br />
Als Lieutenant im Kolbergschen Infanterieregiment schreite ich ili<br />
das Jahr 1816. Seit dem sii. Iuly 1815 hatte ich mit einer gefähr,<br />
lichen Krankheit gekämpft, einen dreizehnmal wie<strong>der</strong>holten Blutsturz haltt<br />
ich überstanden. Sehr vielen Dank bin ich dem Stabsarzt Neumann<br />
schuldig, <strong>der</strong> mich in Mobenge bebandelte und beim Rückfall des Nlulsturzes<br />
mich zur A<strong>der</strong> ließ.<br />
Das Lazareth geht nach Rokroi und ich werde den 1. October einem<br />
Oberarzt des Hauptlazareths Kurz überlasseu, <strong>der</strong> beim Eintritt mir verkündet,<br />
ich habe die Schwindsucht, Asterfistel und weiß (hott, was alles.<br />
Verzweifelnd mache ich mich auf, gehe auf dem Wall um Mobeuge herum,<br />
dann in Gesellschaft, trinke Punsch und komme ermüdet znrück uud erbittert<br />
') Chloroform ist erst seit den vierziger Jahren bei Operationen im Gebrauch.
182 Kriegstagebuch d?s Leutnants Ludwig Schulz<br />
gegen den Scharlatan. Endlich entschließe ich mich gegen alles ältliche<br />
Anrathen zum Regiment zu rci'en, wo ich den 2:;. Octobcr ankam') ^in<br />
Sedan S. o.) hier blieb ich zurück mit dem Lieutenant v. Kleist; wir<br />
wurden behandelt dnrch den Oberstabsarzt Firlo (?) ein rechtschaffener<br />
geschwätziger doch geschickter Doctor, dem ich viel zu verdanken habe. (5r<br />
jagte mir sogleich, daß mir eine Fistel operirt werden musile. Der Obrist<br />
Graf v. Lucy besorgt mir ein besseres Quartier bei Suchetet auf dem<br />
place cls rivado. Hier geht die Operation vor sich, die ich, wie man<br />
vermuthete, nicht überstehen wnrde. Meine Beschäftigung während <strong>der</strong><br />
Krankheit waren<br />
1. Zeichnungen,<br />
l. Johann und Artns — Mobenge vollendet.<br />
3. Margarethes Flucht — in Sedan vollendet.<br />
.'>. Mein Vater und meine Mutter.<br />
2. Gedichte.<br />
1. Das Schicksal und ich (wie ich in Mobeuge anlangte und zn<br />
sterben glaubte).<br />
2. Lied eines Vogels (wie ich wie<strong>der</strong> zu hoffen begannt.<br />
55. Die Ncu-Griechen auf Cypern. Aus <strong>der</strong> Geschichte Richards,<br />
Anfang eines Dramas.<br />
4. Preußens Nuhm.<br />
Stimme des Vatikanischen Sonnengottes an Preußens Krieger.<br />
3. Geschichte.<br />
Nebersevuilll imeressmUn ^rcncn aus <strong>der</strong> MHllsckcn beschichte<br />
(in Manbeugc).<br />
Auszüge aus <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> alten Welt von Nollin zu Sedan.<br />
Außerdem wurde ein Schachspiel ausgeschnitten, Dammbrett und<br />
Kasten dazu gemacht, Bücher eingebunden ;c. :c.<br />
Klelst wird gefährlich krank, ich besuche ihn alle Abend; den ganzen<br />
Tag sitzt er, sieht das Feuer nnd die vier Wände all. Bald brennt ihm<br />
das Feuer zu start, bald zu schwach. Bald ichreit ihm draußen ein Kind<br />
;n stark, bald knispert das ^icht; bald erzähle lch nicht genug; bald errege<br />
lch emen Wind beim Zuknöpfen des Nockcs, bald geh ich zu früh, bald zu<br />
spät fort und bleibe ich einen Tag aus, so kriege ich viele Schelte den<br />
folgenden Tag.<br />
') Mit diesen Verän<strong>der</strong>ungen hingen die beschwerlichen Märsche zusammen,<br />
welche das Regiment im Spätherbst und Winter (I8l5) an <strong>der</strong> M.ms nach<br />
>3edcm, Stenay und Varennes unternahm. Dcr Soldat trug noch im November<br />
leinene Beinklei<strong>der</strong>; das Wetter und die Wege waren abscheulich. Bagcnsky S. ^57.
aus den Iabren 5813, 14 und 15. 183<br />
Der letzte Iahres-?ag beginnt und die Mitternacht wird angekündigt<br />
durch das Wärmen aller Trommeln, Paulen nnd Ianitscharen.<br />
Ich sehe eine große schwarze Uhr mit vielem Gezirlcl, mit weißen<br />
Ziffern und ein weißer Zeiger steht gerade auf zwölfe; das Trommeln<br />
wird stärker und ich erwache.<br />
Den 2. Jan. stirbt <strong>der</strong> Rittmeister Norelli nnd wird<br />
den 6. feierlich beerdigt.<br />
Mir zeigt <strong>der</strong> Arzt an, ich sei Invalide deßhalb schreibe ich nach<br />
Stettin, Nath zu erbitten.<br />
Es kommt ein Brief an mich von meinem gntm Noe<strong>der</strong> Adjudant<br />
beim General <strong>der</strong> Inf. v. Kleist Graf v. NoNendorf.<br />
Den 7. Januar reist <strong>der</strong> Stabsarzt Firle ad, ohne mir den Invalidenschcin<br />
zurückzulassen.<br />
Mich behandelt darauf <strong>der</strong> Oberarzt Israel, Hermann.<br />
(Der Hochzeitstag ist da, die (Nafte find versammelt, die Brant ist<br />
gepnht, die Trompeten erschallen, es geht znr Kirche; Siehe da! mein<br />
Bnrsche ist schon im Gedränge, er hat vergessen mir die Stieseln zu wichsen,<br />
mir Schärpe und Epolets anzumachen, finde fie glücklicher Weise, mache<br />
sie mir selber an, kann aber die Vnrste nicht finden nur selbst die Stiefeln<br />
zu putzen.<br />
Die Tonne plötzlich verwandelt sich. Eine große Tafel voller (Aaste,<br />
die schönsten Gerichte stehen auf dem Tische; mir zur Rechten sitzt die<br />
Praut, zur sinken ein alter Nath: mir gerade gegenüber sitzt mein Vater<br />
so jugendlich wie ich ihn gezeichnet habe. Er überreicht mir alle Gerichte<br />
zuerst und mein Nath zur ^iufen nimmt sie von mir nicht an, was mein<br />
Bater billigt, indem er zu mir spricht: „Du bist heute <strong>der</strong> König des Festes."<br />
Die Sonne verwandelt sich. Im schonen Brautgemach steig ich mit<br />
meinem Liebchen ins Ärautbett, überglücklich bin ich im Begriff sie zu<br />
umarmen, als ich erwache.)<br />
eingetragen d. 13. Jan. IN 16.<br />
Den 29. Januar.<br />
Den 18. ist das Fest des Königs Friedrich des Uen; nach <strong>der</strong><br />
Kirchenparade wird eine Linie in <strong>der</strong> Straße gebildet. Ein Hurah erichallt<br />
die ganze Lmie hinab.<br />
Den 22. erhalte ich von Stettin Briefe n. vom 17. Novbr. mit<br />
einem Doppellomsd'or<br />
Von <strong>der</strong> Bcrlmschen Summe Nest !0 Rthlr.<br />
Von M. St. 32 -^ 16<br />
Summe 75 Rthlr. 16 Gr.
ltt4 Kriegstagebuch des Leutnants Vudwig Schulz<br />
baums.<br />
b. vom 19. Decbr. mit 4 Louisdor. Ausschmückung des Weihnachts-<br />
c. vom 3. Jan. mit dem Exercirreglement. Einrücken des<br />
Uen Pommerfchcn Negts.<br />
Den 25. Jan. kommt ein Brief von meinem Bru<strong>der</strong>.<br />
Den 39. Jan. reise ich ab nach Varenne den 2. Februar komme ich<br />
in Brabant an.<br />
zu bleiben.<br />
Den 16. Februar ist Ball in Varenne ich entschließe mich dienen<br />
Den 17. Aprill werde ich als Etappentommandant nach Sivry sur<br />
Mense kommandirt, wo ich den Burgemeister Chibeaux und Creplot kennen<br />
lerne; scine Nichte Dem. Pupat ein artiges Mädchen. Hier lebe ich sehr<br />
zufrieden und gut lerne den lu^o äo Mi äe ^ w i kennen. Ein Soldat<br />
wird mir von einem Bürger fast erschlagen, v. Kleist antworte ich nnd<br />
meinem Bru<strong>der</strong>, dem ich die geerbten 400 Thaler zur Bewahrung o<strong>der</strong><br />
willkürlichen Anwendung zu meinem Nutzen überlasse.<br />
Den 1. Juni werde ich durch den Lieuten. v. Arnim in <strong>der</strong><br />
Kommandantur abgelöst, und ich kehre zurück nach Brabant als abgesetzter<br />
Kommandant beim abgesetzten Burgemeister Popar.<br />
Den 9. Juni 181 tt eingetragen.<br />
Die Officiere des Kolbergschen Regiments sind den 15. Aprill<br />
folgen<strong>der</strong> Maßen versetzt.<br />
Regimentskommandeur Obristlieutenant v. Schmidt<br />
Negimentsadjudant Neumann.<br />
Ites Bataillon<br />
Major v. ^uckowitz<br />
Adj. Matthias.<br />
Ite Compagnie<br />
Capt. v. Drigalsky —<br />
Pr. Lt. v. Heusch<br />
^t. Freiberg<br />
Neuß<br />
Ruskow<br />
Burkard<br />
3te Comp.<br />
Capt. v. Noci —<br />
v. Baginsky<br />
Degrot<br />
v. Arnim<br />
3te Compagnie<br />
v. Kistowsky<br />
v. Ustarbrusky<br />
Pr. Somnitz<br />
Schleich.<br />
4te Comp.<br />
v. Norke<br />
v. Arnim<br />
Kamke<br />
Cofrany
aus den Jahren iftiA, 14 und 15.<br />
Ms Bataillon<br />
ObristUeutn. v. Dorsch<br />
Adj. v. Kleist.<br />
)te Comp.<br />
6te Comp.<br />
Capt.<br />
Capt. v. Pritzelwitz<br />
v. Sacken<br />
v. Goskowsky<br />
Müller<br />
Wagner<br />
Staute<br />
Sommer<br />
Schulz<br />
7te Comp.<br />
Malotky<br />
Tesmar<br />
Schapke<br />
Kühl<br />
Weiß<br />
j^te Comp.<br />
v. Sydow<br />
Kocller<br />
^eczinskn<br />
Rink<br />
VQCant.<br />
Füsilierbataillon.<br />
9te Comp. 1s)te Comp. Nte Comp.<br />
Capt. v^eant Maj. v. Belle v. Mellentin<br />
Nenouard Owstin Schenk<br />
Doering Lchmidt Kiftowsky<br />
Engler Brümmann Gillet.<br />
Oregorowins vnc.<br />
Den 24. Iuny 18 l 6 eingetragen.<br />
12te Comp.<br />
Capt. v. Diest<br />
Nicelly<br />
BetNc<br />
Chevallier<br />
Den 16. Inny werde ich zur 7ten Compagnie kommandirt bis <strong>der</strong><br />
öieutn. Weiß zum Kommando zurückkehrt.<br />
Den 18. Iuny am Feste <strong>der</strong> Schlacht bei Belle aliance führe ich<br />
bei <strong>der</strong> Parade den 6ten Zug des 2ten Bataillons. In Necicourt sind<br />
wir vereint; dann geht es li), nach Rareconrt von da nach Froidor zur<br />
Hochzeit; von da nach Vubicourt bei HE. Humbert im Quartier; kehre<br />
den 23. Iuny nach Brabant zurück.<br />
Archif für die neuesten Staatengeschichten v. Voß lese ich. In dem<br />
Bncheroerzeichniß <strong>der</strong> Männchen Buchhandlung finde ich Grange H. F.<br />
Rechenbuch o<strong>der</strong> Stufenfolge zur Theoreth. und Praktischen Erlernung <strong>der</strong><br />
Rechenkunst m 4 Cursus.<br />
Den 3. August.<br />
Den 26. Juni marchiren wir aus zum Manoever nach Damvillers,<br />
wo es den 28. statt hatte und wir den 30. in die Cantonnirungen zurück<br />
marchiren, welche verän<strong>der</strong>t werden, so daß ich nach Dombasle kam, wo ich<br />
den Monath Juli sehr glücklich lebte, indem ich das Scheibenschießen leitete.<br />
Den 26. Juli komme ich für den Monath August nach Montmedi<br />
mit dem Lieuten. v. Czorowsky, Steindorf und Gethmann.
l N6 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
Der Hauptmann Marwitz macht uns das "eben sauer k la Ganskow<br />
in Hattingen.<br />
Ich lerne kennen Charlewitz Wernicke von dcr Artillerie Geduhn und<br />
Schnidcrwsky.<br />
Den ,'5. Angnst wird des Königs Geburtstag gefeiert durch ein<br />
großes Diner.<br />
Den 4. August dnrch einen Ball.<br />
Den 25>. August wird Ludwig XVII7. Geburtstag gefeiert durch<br />
eine große Messe und durch einen nächtlichen Vall, von dem wir gleich<br />
zum Exereiren jollen, was Krankheit verhin<strong>der</strong>t und Streitigkeit mit dem<br />
Kapitain verursacht.<br />
Das Jahr 1817 wird wenig verän<strong>der</strong>t begonnen.<br />
Virginie sferre beim alten Popart lerne ich kennen. Wir bauen ein<br />
Kartenhaus, werden verliebt, werden getrennt, beide krank, <strong>der</strong> Gluthusten<br />
stellt sich bei mir ein. Zum Merz komme ich nach Mont mcdy; im<br />
Aprill nach Düsseldorf znr Vckleiduugstommission, lerne kennen Cavitai!<br />
v. Nowiadowskn, ^t. Struwe, Hoffmann, Baruhky, Crämcr, Medenwald,<br />
Salzer, Westphal.<br />
Ich beendige das Tranerspiel: Das schwarze Kreutz.<br />
Tod meines Bru<strong>der</strong>s/)<br />
Damit bricht das Tagcbnch meines Großvaters ab und lei<strong>der</strong> auch<br />
so ziemlich meiuc Kenntnis seines Vcbens. Bet Bagensty findet sich noch<br />
die Notiz Pr. Lt. Schulz 1N2N verabschiedet und gestorben. Er hat sich<br />
verheiratet mit einem Frl. v. Mach, wohl dcr Schwester eines Negiments-<br />
tameradcn. 1820 nnd seineu Abschied genommen, um sich und seiner<br />
Familie eine Existenz zu schaffen. Meine Mutter ist geboren 1. Januar<br />
1^21 als einziges Kind ans dieser Ehe, sie hat ihre Eltern sehr früh<br />
verloren, den Pater schon 1^24, <strong>der</strong> nach Grasnnann in Stolp gestorben<br />
l» Johann Karl Matthias Schulz ^^«tnr prim an St. Iakobi in Stettin,<br />
folgt nur noch kurze Berechnung <strong>der</strong> Einnahmen.<br />
Eervis benagt 5 Nthlr. 12 Gr.<br />
1 Rthlr. 22 (^r.<br />
7 Rthlr. w Gr.<br />
ohne Burschen 5 Nchlr.<br />
1 Rthlr. 16 Gr.<br />
6 Nthlr. 10 Gr.<br />
Tractament zu empfangen 16 Rtlür. 1 Gr. 8 Pf.<br />
Dem Regt, schuldig 1 Nlhlr. 14 Gr. 4 Pf.
aus den Jahren IN!», 14 und 15. ^7<br />
ist als „Kondukteur", d.h. nack Vourwieg, Iahrbnch v. Pommern 1^4,<br />
„Permessungsrcuisor nud Ncgicrungslonduttcur"; doch ist ein Totenschein<br />
nicht aufzutreiben gewesen. Der Oruud des frühen Todes ist wohl zn<br />
suchen zum Teil in den großen Strapazen, beson<strong>der</strong>s aber in <strong>der</strong> augenscheinlich<br />
von seinem Vater her in <strong>der</strong> Familie vererbten Anlage znr<br />
„^ungensucht".<br />
Auch mein Mütterlein war „nicht recht kapitelfest auf <strong>der</strong> Brust",<br />
hat aber infolge sehr vorsichtiger Lebensführung ein hohes Alter (7!) Jahre)<br />
erreicht; ihre 8 Söhne sind kerngesund.<br />
Paul Meinhold.<br />
'
<strong>der</strong><br />
Gesellschaft sur pommersche Geschichte und Altertumskunde.<br />
April !W5 — Npril<br />
Der regelmäßig wie<strong>der</strong>kehrende Bericht <strong>der</strong> Gesellschaft hat nur die<br />
Aufgabe, Rechenschaft abzulegen, wie sie sich im verflossenen Jahre weiter<br />
entwickelt hat und bemüht gewesen ist, die ihr gesteckten Ziele zu verfolgen.<br />
Dagegen ist es nicht möglich, hier im allgemeinen über alle Bestrebungen<br />
auf dem Gebiete <strong>der</strong> pommerschen Gcschichts- und Altertumsforschung zu<br />
berichten. Denn so sehr auch die Gesellschaft infolge ihres langen Bestehens<br />
dazu geeignet wäre, em Mittelpunkt sin- alle diese Arbeiten zn werden, so<br />
ist sie das doch nicht so, wie mau wünschen möchte. Anch ans diesem Gebiete<br />
ist eine Zersplitterung <strong>der</strong> Kräfte zu bemerken, obgleich eine Zusammenfassung<br />
zu gemeinsamem Arbeiten sehr wünschenswert wäre. In einzelnen Teilen<br />
<strong>der</strong> Provinz ist die Anteilnahme an den Bemühungen <strong>der</strong> Gesellschaft immer<br />
noch gering, wenn es auch dort keineswegs an Interesse an <strong>der</strong> Geschichte<br />
<strong>der</strong> Heimat fehlt. Das zeigt unter an<strong>der</strong>em auch <strong>der</strong> Umstand, das; in<br />
mehreren Kreisen alljährlich Kalen<strong>der</strong> erscheinen, in denen kleinere o<strong>der</strong><br />
größere Aufsätze zur Ortsgeschichte veröffentlicht werden. Wie es scheint,<br />
finden diese Bücher ziemlich weite Verbreitung; sie werden ohne Zweifel<br />
dazu dienen, den heimalsgeschichllicheu Sinn zu belebeu und zu vertiefen.<br />
Es ist nur zu wünschen, daß bei diesen Arbeiten auch die Ergebnisse <strong>der</strong><br />
fortschreitenden wissenschaftlichen Forschung genügend beachtet werden. Die<br />
Gesellschaft wird stets gern solche Bestrebungen uuterstutzen.<br />
Die Tätigkeit auf dem Gebiete <strong>der</strong> geschichtlichen Erforschung Pommerns<br />
ist augenblicklich recht rege. An verschiedeneu Universitäten sind junge
19i) Achtundsecknigster Jahresbericht.<br />
Historiker mit Arbeiten beschäftigt, die Fragen namentlich aus <strong>der</strong> Geschichte<br />
des Bistums Camin o<strong>der</strong> des Ncformationszeitalters sich zu Themen ihrer<br />
Doktordissertationen ausgewählt haben. Zu bedauern dagegen ist es, daß<br />
wissenschaftliche Untersuchungen über die pommersche Vorgeschichte recht<br />
spärlich sind. Es lst zu hoffen, daß Anregungen, die von <strong>Greifswald</strong><br />
in dieser Nichtung erfolgt sind, anch bei uns zu ueuen Arbeiten führeu.<br />
Das reiche Material, das im Stettiner Museum vorhanden ist, bietet gcwiß<br />
noch Stoss zu solchen genug. Mögen nur auch aus <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />
neue Mitarbeiter hervorgehen, die sich tätig an prähistorischen o<strong>der</strong> historischen<br />
Hu Ende dkS Jahres lW5 betrug die ZM 5er MltgUedcr<br />
Jetzt beträgt sie 774 und setzt sich zummmell aus:<br />
Mitglie<strong>der</strong>n . 27<br />
lcdenslängjlchen Mitgliebrrn . 1^<br />
ordeuNlchcu Mitglie<strong>der</strong>n . . . 72li<br />
Tnmma . . 77^<br />
Ausgeichieden sind 19 Mitglie<strong>der</strong>, gestorben '25). Wir beklagen den<br />
Tod von ^ ^hleiiinitIlie<strong>der</strong>li, des ^audgerichtsrats a. D. Hermann<br />
Dannenberg i,f ^- Juni )W5>), des ausgezeichneten Nnmismatikers,<br />
dem wir eine Darstellung von Pommerns Münzen im Mittelalter und<br />
eine Münzgcschichtc Pomlnerns im Mittelalter, sowie zahlreiche Einzel-<br />
tllttersuchttugcn verdankcu. Nr hat eine Grundlage für die Kenntnis <strong>der</strong><br />
pommerschen Prägungen geschaffen nnd stets als trener Freund unserer<br />
Gesellschaft uns mit Nat uud Tat beigestanden. Am 1. September 190d<br />
starb <strong>der</strong> Stadtbaumeister a. D. Erust von Ha fel berg in Stralsund,<br />
<strong>der</strong> mit mühsamem Flciß, klarem Urteil und feinem Verständnis die Bau-<br />
denkmäler des Regierungsbezirks Ztralsuuo erforscht uud iu dem ersten Teile des<br />
Inventars <strong>der</strong> Bau- und Kunstdentmälcr Pommerns dargestellt hat. Von<br />
den korrespondierenden Mitglie<strong>der</strong>n wurde uns durch den Tod entrissen<br />
<strong>der</strong> Äezirksgeologe Or. G. Müller in Charlottenburg, <strong>der</strong> unsere prä-<br />
historischen Forschungen vielfach geför<strong>der</strong>t und durch beständige Mitarbeit<br />
unterstutzt hat. Unter den ordentlichen Mitglie<strong>der</strong>n betrauern wir vor alleili<br />
dcn Tod des ^audgerichtsrats a. D. Angust Küster (1' ^^>. Apr,l l^li!),<br />
<strong>der</strong> mehr als .54> Iahrc dem Vorstände als zweiter Vorsitzen<strong>der</strong> angehört<br />
hat. Seine rege Teilnahme an den Arbeiten, sein lebhaftes Interesse an<br />
<strong>der</strong> Gcschlchte <strong>der</strong> Heimat, sein schlichtes uud mildes Wesen werden das<br />
Andenken des treuen Mannes nicht erlöschen lassen. Außerdem slarbeu m<br />
Stettin die Herreil: Kaufmann Karl O re ff rath, Apothetenbesitzer Jonas,<br />
Kaufmann Ernst Köhlau, ökouomierat Mo'ck-Muhlenkamp, Brunuen-<br />
baumcister Poepcke, Buchhäiidler Pröller, Vltchdruckereibesitzcr Karl
Achtnndsrchzissstev Jahresbericht. ! !> 1<br />
von Rodei, ein alter Freund unserer Gesellschaft, Kaufmann Leopold<br />
Sachs, Eisendahndircktor Schirnlcr, Pastor Dr. Scipio, <strong>der</strong> sich mit<br />
lebhaftem Interesse an uusercn Arbeiten beteiligte, und Pastor em. Waudel,<br />
ferner Nmtsgerichtsrat Domann in Belgard a. P., Ober^^egicrnugsrat a. D.<br />
Dumrath ill Dresden, Direktor Vemckc in Leipzig, Professor Wallte in<br />
Anklam, <strong>der</strong> als Pfleger <strong>der</strong> (Gesellschaft sehr trene Dienste geleistet und vor-<br />
treffliche Forschungen zur Anklamer beschickte neröifeutliätt, auch an dem<br />
Inventar <strong>der</strong> Vau- nnd Kunstdenkmalcr <strong>der</strong> Stadt Anllam mitgearbeitet hat,<br />
Oberst a. D. von Natzmer in Slcgliv, Oberlehrer Päplow und Superò<br />
lntelldent Schmidt in Dramburg, Ntttlueincr von Schön ing aufSuecow,<br />
Sauitätsrat Dr. Starck iu Görsback bci ')iordhallscll, <strong>der</strong> als Keuucr<br />
pommerscher Numismatik sich an unseren Arbeiten beteiligte, so lauge er in<br />
unserer Provinz seinen Wohnsitz hatte, und Obcr-Präsidcut a. D. Exzellenz<br />
Graf Stollberg in Ianuowitz iu Schlesien, l^hre i'cl ihrem Andenlen!<br />
Eingetreten sind 78 Mitglie<strong>der</strong>.<br />
In <strong>der</strong> (Generalversammlung, die am 20. Mai 1905 stattfand, wurden<br />
zu Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n gewählt die Herren:<br />
Gymnastaldirektor Prof. l)r. Lemckc,<br />
^andgerichtsrat a. D. Küster,<br />
Professor Dr. Wchrmann,<br />
Professor Dr. Walter,<br />
Geheimer Kommcrzieurat 3en.^, Berlin,<br />
Baumeister C. U. Fischer ulld<br />
Archivdirektor Professor Dr. Friedensburg.<br />
Nach dem Tode des Herrn Küster hat <strong>der</strong> Vorstand gemäß<br />
Statuten Herrn Amtsgerichtsrat Maguuna kooptiert.<br />
Zu Mitglie<strong>der</strong>n des Beirats wurden gewühlt die Herren:<br />
Geheimer Kommerzicnrat Abel,<br />
Stadtrat Behm,<br />
Professor l>,. Haas,<br />
Konsul Kisker,<br />
Professor Manke in Auklam.<br />
Zeichenlehrer Meier iu Kolberg,<br />
Maurermeister Schrö<strong>der</strong>,<br />
Sauitätsrat Schumann in Löcknitz.<br />
Der in <strong>der</strong> Versammlung erstattete Jahresbericht für 1904/05, sowie<br />
<strong>der</strong> Bericht über Ausgrabungen und Altertümer in Pommern im Jahre Ntt»4<br />
sind in den Baltischen Studien N. F. IX, S. 2N—^> gedruckt. Deu<br />
Vortrag hielt Herr Or. Wehrmann über Pommern im Ansauge dee<br />
!6. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />
<strong>der</strong>
193 Achtundsechzigster Jahresbericht.<br />
Von den Baltischen Ltndicn ist Band lX. <strong>der</strong> Neuen Folge,<br />
von den Monatsblättcrn <strong>der</strong> l^. Jahrgang erschiene,l. Es tst erfreulich<br />
zu bemerken, daß es an größeren nnd kleineren Beiträgen für die beiden<br />
Zeitschriften <strong>der</strong> Gesellschaft nie fehlt. Ja es mußten wie<strong>der</strong>holt Arbeiten<br />
ziemlich beträchtlichen Umfanges, die eiller Aufnahme wohl würdig waren,<br />
zurückgewiesen werden, da es au Platz fehlte nnd Mittel zu einer<br />
Erweitcrnng des Umfanges nicht vorhanden waren. Auch an<strong>der</strong>e wünschens-<br />
werte Publikationen für die Sammlung: Quellen zur pommerscheu<br />
Geschichte haben vorläufig zurücktreten müssen. Dein geschäftssühreuden<br />
Redakteur <strong>der</strong> Zeitschrifteu ist eiue Kommission zur Leite gestellt wordeu,<br />
zu <strong>der</strong> die Herren Professor Dr. Walter nud Archivdircktor Professor<br />
Dr. Friedensburg gehören.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Gesellschaften und Vereine, mit denen ein<br />
Schriftenaustausch unterhalten wird, ist auf INI gcsticgeu. Zuletzt ist noch<br />
die kiätori^k (^lwot^cllap in Utrecht hiuzugckommcu. Ein Teil <strong>der</strong><br />
eingehenden Schriften, die für nns von geringerem Interesse sind, wird<br />
weiter an die Stadtbibliothet in Stettill überwiese«. Für unsere Bibliothek<br />
haben uur die notwendigsten Anschaffuugeu crfolgcu tonnen, doch dank<br />
zahlreicher Geschenke ist die Vermehruug nicht genug. Noch vor kurzem<br />
wurde durch das Testament des verstorbenen Professor Dr. Ed. Boe hin er<br />
ilt Baden-Badeu cm Te,l des handschriftlichen Nachlasses seines Vaters,<br />
des um die pommersche Geschichtsforschuug wohl verdieuten Professor<br />
Dr. Wilhelm Bo ehm er, <strong>der</strong> Bibliothek überwiesen. Seitdem sie im<br />
Gebäude des Königlichen Staatsarchives aufgestellt ist, ist die Beuntzung<br />
allmählich gestiegen. Nameutlich wird sie zn unserer Frende auch von<br />
auswärtigen Mitglie<strong>der</strong>n in gesteigertem Umfange ili Ansprnch genommen.<br />
Weiln die Gesellschaft auch lm vergangenen Jahre nach Kräften die<br />
ihr gestellten Aufgaben erfüllen und auch manches erreichen konnte, so<br />
verdankt sie das vor allem <strong>der</strong> treucu Uutcrstükung und Teilnahme, die sie<br />
überall gefunden hat. Die Königlichen Staats- und die Provinzialbehörden,<br />
Kreise nnd Ltädte <strong>der</strong> Provinz haben wie früher sie ihrer höchst dankenswerten<br />
För<strong>der</strong>ung für würdig gehalten. Zahlreiche Mitglie<strong>der</strong> uud Freuude haben<br />
sich den Bestrebungen <strong>der</strong> Gesellschaft mit Nat und Tat hülfrcich erwiesen.<br />
Dafür den Dank ans zusprechen, ist eine angenehme Pflicht. Wir ve! binden<br />
damit die Bitte, anch in Zukunft uns solche För<strong>der</strong>ung nicht zu versagen,<br />
damit es gelinge, zur Ehre und zum Segen unserer Provinz die Heimat-<br />
geschichtliche Forschung und das Interesse an <strong>der</strong> Vergangenheit weiter<br />
zu hegen und zu pflegen.<br />
Der Vorstand<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft für Aommersche Beschickte und Altertumskunde.<br />
Baltische Studien N. F. X. 13
Aeilage.<br />
lieber<br />
Altertümer und Ausgrabungen in Pommern<br />
im Jahre IW5.<br />
Von Professor Nr. Walter.<br />
Wenn <strong>der</strong> Berichterstatter gelegentlich eines Rückblickes auf die Entwicklung<br />
unserer Vammlnng eininal mit Bedauern von den geringen Zahlen<br />
des Zugangsjournals in früheren fahren gesprochen hat, so sieht er sich<br />
lei<strong>der</strong> diesmal in <strong>der</strong> ^age, wie<strong>der</strong> einmal von ungewöhnlich geringer<br />
Vermehrung unserer vorgeschichtlichen Sammlung berichten zn mussen.<br />
Ob dabei irgendwie eine Unterlassung stattgefunden hat o<strong>der</strong> lediglich <strong>der</strong><br />
Zufall sein Spiel getrieben, wird sich schwerlich ermitteln lassen, aber erst<br />
recht dürfen wir um so weuiger <strong>der</strong> freunde und gntigeu O
Mer Altertümer und Ausübungen in Pommern. l W<br />
Sonst ist seitens <strong>der</strong> Gesellschaft keine Ausgrabung vorgenommen noch<br />
völlig Neues ermittelt worden, denn auch <strong>der</strong> genaller nntcrsnchte Wall<br />
von Wisbu war nicht gänzlich unbekannt, endlich hat <strong>der</strong> El'scufund von<br />
Kölpin jetzt nnr abermalige sachkundige Analyse erfahren; somit bleibt<br />
neben etlichen Ansähen zn privaten Grabungen eigentlich nnr von zufällig<br />
gemachten Einzelfunden zu berichten.<br />
Für die öteinzeit wäre ergänzend znm letzten Berichte etwa nnr<br />
noch nachzutragen, das; Decckc die Eolithcnfrage für Pommern ausser <strong>der</strong><br />
schon erwähnten Stelle anch an<strong>der</strong>weitig mit demselben negativen Ergebnis<br />
verhandelt hat'), aber anch bei <strong>der</strong> gerade jungst lebhaft unter Forschern<br />
wie Obermaier, Keudall, Vaville, Äoulc, Vcrworn gefuhrteu Diskussiolt lst<br />
für unsere Gegenden nichts Neues zutage getreteu. So siud hier nnr die<br />
diesmal für Ponuneru auftällig weuigeu Stcillbeile aufytzählen, uud zwar<br />
nicht ein einziges ans Neuvorpommcru o<strong>der</strong> Nügen, aus Feuerstein über<<br />
Haupt uur ein graues gemm'cheltcs von 9 em ^äuge aus Kolow, Kreis<br />
(^reifeuhagen (Inv.-Nr. sxli?) und eiu gelbes 7^/» ein langes aus Vahu.<br />
desselbell Kreises (Nr. 5sl3tt). Gelochte Beile aus an<strong>der</strong>ciu, meist grauem<br />
Steinlnaterial gingen ein von Breoow bei Stettill, zwei an<strong>der</strong>e ans Hocken-<br />
dorf, Kreis Greifeuhageu, doch anscheinend von verschiedeneu Fundstellen<br />
(Inv.-Nr. 5
19l» j'seer Altcrti'Mier und Ausqmbunqen in Pommern.<br />
(Außabfall gemischt sind; es befinden sich Handbergen darunter, Zcheiben-<br />
nadel, Blech mil umgerollter Öse n. a. sInv.-Nr. 5>^14^>. Daß <strong>der</strong> er><br />
wähnte Depotfund von Nassenheide wesentlich reicher nnd genau zu datieren<br />
ist, hat Schumann bereits an <strong>der</strong> gedachten Stelle ausgeführt, l) An<br />
Emzelfullden ist eiu Brouzehohlcelt von Oreifenhageu als Moorfund zu<br />
nennen (Inv.-Nr. 5>lN5>), ferner emc Brouzespeerspltze von Ferdinaudshof,<br />
Kreis Ückcrmüude iIno.^Nr. 5625).<br />
Die ßilenzeit ist auch diesmal nicht ganz unbedacht geblieben, wenn<br />
anch eme eillgclicllde Bcschreibuug <strong>der</strong> Bralldgrubeu nicht eingesandt ist.<br />
die iu Tin^low, K^reis (>)rcifellhageli, ciuer altbekannten Fliudslclle, u. a.<br />
Bronzeringc, Eisenmcsser, (Hünelhatcu, Altgelhakcu, Spinnwirtel geliefert<br />
haben (Inv.-Nr. 5C,13). Dankenswert ist für die ganze Frage des Auf-<br />
tretens des Emus, das; De ecke das Eisen des bekannten Kölpmer Depot-<br />
fundes, <strong>der</strong> schon 18^5 erworben worden ist, nach <strong>der</strong> damallgeu Analyse<br />
von Olshausen nochmals sorgfältig mtt Kaltsägcmaschiue, Feile, Ädung<br />
und magnetischem Besteck untersucht uuo festgestellt hat'j, daß Eilllageruugeu<br />
sicher meteorischer Natur uicht vorhanden sind und die vom erstell Uuter-<br />
sucher behauptete terrestrische Herlllnst slch zu bestätigen scheint, während<br />
die (trimde <strong>der</strong> maguelischeu Erscheiuuugeu, die selbst bei den aus eiseu-<br />
reichem Ton hergestellten Urueu zu beobachte» siud, nicht zuverlässig aus<br />
den Vreunprozest, die Vage im Torf o<strong>der</strong> Behandlung nach dem Funde<br />
zurückgeführt wcrdeu dürfteu.<br />
Die römische Periode ist diesmal durch eiueu Fund aus Lettuin,<br />
Kreis Pliritz, vertretet) (Iuv.-Nr. otN7). Ohue Mertmale staud eiue<br />
dicklualldige Nrlle iu bloßer Erde, vou ihreu um dem Veichcubraud gelllischteil<br />
Beigabeu siud zwei Bronzefibclu voll <strong>der</strong> bckamncu Art lnit Scblleuhülsc<br />
und Kamm ans dem Bügel erhallen, die aus die frühe Kannten Hill'<br />
weisend) Allster Eisenrcsten gehörte da^u ein ovaler Splunwirtcl aus Toll.<br />
Die Mendenzeil ist uicht ohue uelie Allrcgungeu gebliebeu. Es ist<br />
erfreulich, das; die Wallaulage vou Wisbu, Kreis Negcnwalde, ailf die ich<br />
') Baltische Studien N. F. VI, 74.<br />
') Baltische Llnoien XL, 494. Berliner Verhandlungen 1392, 3C1.<br />
'. Monatsdlätter 1^06, )ir. 6, 87 !)2.<br />
l) Monatsblätler li'oü, Nr. b, 83, mit Abb.; Nr. li, 175.<br />
5 Almgren, Studien über noroenroplusche mbelformeli, 11 ss.
Altertümer nnd Ausgrabungen in Pommern.<br />
scholl lediglich auf Vermutungen hin aufmerksam gemacht hatte'), sich nun<br />
auch wirklich durch charakteristisches Scherbenmaterial als unzweifelhaft<br />
prähistorisch nnd wendisch erwiesen hat. Äci <strong>der</strong> sachgemäßen Unter-<br />
suchung/) traten aber noch zwei merkwürdige Erscheiuungen zntage; die<br />
Umgegend heißt „Wendenseld", und neben <strong>der</strong> eigentlichen befestigten Höhe<br />
am See gibt es noch zwei Borwälle mit (Kraben. Diese Wälle nun sind<br />
durch Findlingsstcine nn Innern in <strong>der</strong> Weise verstärkt, daß diese in<br />
^ehmpacknng gelegt und dnrch Brennen in offenem Feuer, von dem noch<br />
die Kohlen sichtbar sind, verbunden nnd gebartet sind. Dies ist das erste<br />
Beispiel von prähistorischer Schlactenwallanlage, wie sie an<strong>der</strong>swo schon<br />
längst beobachtet"), sur Pommern indes bisher noch nicht nachgewiesen war.<br />
') Prähistorische Funde zwischen O<strong>der</strong> und Nega, Nr. 30.<br />
') Mon,ltsl)lätter 1W5, Nr. ti, 81 mit Abb.<br />
-l) Zuletzt H. Schmidt n<strong>der</strong> dle gleichfalls überwiegend slavischen Schlacken»<br />
wälle <strong>der</strong> ^berlausil) im Korrespondenz^!, d. l^cs. f. Antlirovol. Bd. 37, Nr. '.».
Jahresbericht<br />
über die<br />
Tätigkeit her Kommissoll zur Erforschung und Erhaltung<br />
<strong>der</strong> Denkmäler in Pommern<br />
für die Zeit<br />
vom 1. Oliober 1905 bis Onde September<br />
l. Zusammensekunss <strong>der</strong> Sommislion.<br />
Der Kommission gehörten an als Mitglie<strong>der</strong>:<br />
l. Der Kaiserliche Wirkliche lNcheiinc ^n, Oberpräsidcnt voll<br />
Pommern l)r. Freiherr von Nialtzahn-l^nllz.<br />
^. <strong>der</strong> Vandcsdircttor a. O. I^r. Freiherr von <strong>der</strong> (holtz-<br />
Kreitzig, Vorsitzen<strong>der</strong>,<br />
A. <strong>der</strong> Geheime Negiernngsrat Oberbürgermeister l>t-. Haken in<br />
Stettin, Stellvertreter des Vorsitzenden,<br />
4. <strong>der</strong> ^idcitommischcsiucr (Nrns von Äeln^Äebrenhof,<br />
5). dcr ^andeshallplltlalUl von leisenliart-^iiothc in Stettin,<br />
i',. <strong>der</strong> Pastor Pfasf m Selchow.<br />
7. <strong>der</strong> Kammerherr von Zikewitz-Zezenow,<br />
als Stellvertreter:<br />
1. <strong>der</strong> Superintendent Gerckc in Gingst,<br />
^. <strong>der</strong> Älirgellneifler Israel in Stralinnd,<br />
3. <strong>der</strong> Nittcrssutvdesit. Tezeln<strong>der</strong><br />
Anwesend waren:<br />
<strong>der</strong> Vorsitzende Freiherr von <strong>der</strong> lAoltz,<br />
<strong>der</strong> Oberpräsident Freiherr von Malhahn-Gnltz,
- II -<br />
<strong>der</strong> Lcmdeshanvtmann von Eiienhart-Nothe,<br />
<strong>der</strong> Snverintendent<br />
<strong>der</strong> Qberdingcrmcister Haken,<br />
<strong>der</strong> Bürgermeister Israel,<br />
<strong>der</strong> ProvmMl-Konservator.<br />
Altsgelegt waren folgende Schriften nnd Bildwerke: Wie schon früher<br />
die selt <strong>der</strong> letzten Tilgung alls an<strong>der</strong>en Provin^ell eingegangenen Beröfsentlichllngell<br />
<strong>der</strong> dortigm Denkmalkommissionen, ^cnseell :c, nbcr ihre Tätigkeit,<br />
ans O np renhell fllr die ^eit vom l. Ianllar 19M dis<br />
30. November !'.">!,<br />
a,ls Westurenßen für das Jahr l9^4,<br />
ans Posen für die Etatsjahre l9M nnd I9ci4,<br />
alts Schlesielt fnr die Kalen<strong>der</strong>jahre l^is)^ lllld 19M.<br />
alls Schleswig Holstein iür I'.ll^^,<br />
alls <strong>der</strong> N li e ln Provinz für das Necknnngsjahr ^9l>4,<br />
ans dem ^ieglerllll^sde^irk Wiesbaden fllr 1W1,<br />
ferner <strong>der</strong> X. Jahresbericht nber die Dellklllalpflrge m Pommern; die<br />
Ball- nlld Klmstdcllfmälcv des ^tegiernngsbezivko Wiesdadell, 2. Band;<br />
Novaeiium, Ergebnisse <strong>der</strong> !^^7 bls 19l^j veranstalteten Ansgrabllllgen<br />
dec- ^cglonslagcrs bel Neltn; O. Deluo, Handbnch <strong>der</strong> delllschcll Kllllstdcnkmäler,<br />
l. Band; dle Anfnahmell <strong>der</strong> Königlichen MesUnldaltstatt<br />
zlt Berlin: Marienkirche nl Slargaid i. Polll. nnd Mariendom,<br />
^ltntentnrllt llnd Hnn^türcn in Kolbcrq. Bil<strong>der</strong> ans dem Pnrwer Weiz.<br />
acker nnd von <strong>der</strong> Zeitschrift „TNe Denkmalpflege" Jahrgang Vl, IN<br />
nnd VI l, l —li').<br />
Vor dem Eintritt in die Tagesordnung Mes <strong>der</strong> Vorsitzende daranf<br />
hin, das; dle Anlagen znm Jahresberichte, m dellen <strong>der</strong> Provinzial.<br />
Kollservaror über einzelne tiervorragende Denkmäler eingedelldcr berichtet,<br />
vor lhrer Verösfentltchllng <strong>der</strong> Kommission vorznlegen silld. Die Kommission<br />
beschloß denlentsprechend.<br />
Der Provinüal-Konservator hob wdann die Portrefflichkeit <strong>der</strong> ansliegenden<br />
Meschildculsnahmen <strong>der</strong> Aiaricllkirchcn in ätargard lllld Kolberg<br />
hervor, die von dem Herrn Minister <strong>der</strong> Geistlichen Angelegenheiten znr<br />
Bnckerei des Provinzinl-Homelvaters gcschelltt sind llnd für die 'Denkmalforjchltng<br />
einen gnn.> beson<strong>der</strong>en Wert haben, ebenso die Bedentnng des<br />
Handdnchcs <strong>der</strong> delitschcn Knnstdcnkmäler von Dehio, dessen Erscheinen<br />
dllvch einen namhailell Zilschllß des Kaiserlichen Dispositionsfonds ermöglicht<br />
wnrdc; das fehlen eilles branchbnrell ^iachschlagewerkes dleser Art set<br />
von den Frennden <strong>der</strong> Denkmalpflege une von dell Fachmännern lange Zeit<br />
ichmcrüich empfnnden.
— lis —<br />
Schließlich berichtete er über den von ihm verfaßten Entwnrf des<br />
Jahresberichtes, <strong>der</strong> diesmal einen an<strong>der</strong>thalbjährigen Zeitraum, vom<br />
1. April 1904 bis Ende September 1W5 umfaßt. Der Bericht fand die<br />
Zustimmung <strong>der</strong> Kommission und soll in <strong>der</strong>selben Weise wie die früheren<br />
gedruckt nnd weiteren Kreisen zugänglich gemacht werden. (Der Druck ist<br />
erfolgt ill <strong>der</strong> nenen Folge <strong>der</strong> Baltischen Studien, Band IX.)<br />
lll. ßröallung und Mie<strong>der</strong>lierllellung <strong>der</strong> Denkmäler.<br />
Wie<strong>der</strong>herstellungsarbeiten in größerem Umfange<br />
und in Städten.<br />
In Stargard haben die Arbeiten znr Wie<strong>der</strong>herstellung des Innern<br />
an <strong>der</strong> Marienkirche begonnen und sind in erfreulicher Weise geför<strong>der</strong>t; die<br />
örtliche Bauleitung liegt in den Händen des Architekten Deneke. In<br />
Ttralsund ist mit den entsprechenden Arbeiten m <strong>der</strong> Viikolaikirche auch<br />
in diesem Jahre ein Anfang nicht gemalt. (Dünstiger hat sich die Sache<br />
in An kl am gestaltet, wo die '^ikolaikirche nunmehr einer beschleunigten<br />
Herstellung im Innern und Änßern entgegensehen darf; dagegen ist <strong>der</strong><br />
Ban einer nenen Bckrönnng des Pnlvertnrmes auf Hin<strong>der</strong>nisse gestoßen,<br />
während in Vanenburg <strong>der</strong> Ausbau des Emiturmes begonnen wurde.<br />
Dte Arbeiten an <strong>der</strong> Marienkirche in lNreifcnberg haben einen Aufschnb<br />
erlitten, da die Grenzen <strong>der</strong> Palronatsverpflichtungen noch vorheriger Aufklärung<br />
bedürfen. In Stettin konnte an den Ansbau <strong>der</strong> Iohannistirche<br />
wegen des Wi<strong>der</strong>strebend <strong>der</strong> Gemeindeorgane nicht gegangen werden,<br />
obwohl die von <strong>der</strong> Staatsbanvcrwaltnng ausgearbeiteten Pläne längst vorliegen<br />
und <strong>der</strong> Herr Kultusminister seine Bereitwilligkeit, <strong>der</strong> Gemeinde<br />
helfend beiznspringen, wie<strong>der</strong>holt knndgegeben hat. Der schadhafte Dachreiter<br />
<strong>der</strong> Peter-Paulskirchc daselbst ist durch einen die Barockform wie<strong>der</strong>holenden,<br />
schlankeren und ansprechen<strong>der</strong>en Neubau erseht worden. Für das Königliche<br />
Schloß ebendort wird ein Ausbau vorbereitet, <strong>der</strong> es zur Aufnahme<br />
einer Hofhaltung wie<strong>der</strong> geeignet macht; es ist zu hoffen, dak die ursprünglichen<br />
Ncnaissanceformen des 1577 von dem italienischen Meister Antonio<br />
Guglielmo errichteten stattlichen Banes dabei wie<strong>der</strong> znr Geltung gelangen.<br />
In Kolberg ist die Ansstattnng des Hohen Chores am Mariendom zu<br />
gottcsdicnstlichcn Zwecken in die Wege geleitet. In Kam min wird eine<br />
Wie<strong>der</strong>herstellung des dnrck seine eigentümlichen und denen des Stargar<strong>der</strong><br />
Nathanses ähnlichen Architektur- und Zierformen ausgezeichneten Nathauses<br />
beabsichtigt. Der Ausbau <strong>der</strong> Marienkirche in Dramburg befindet sich<br />
noch im Stadinm <strong>der</strong> Vorbereitung. Die Arbeiten zur Erhaltung und<br />
Sicherung <strong>der</strong> Nil ine des Dewitz-Schlosscs in Daber sind abgeschlossen.<br />
Für Garz a. R. ist die Instandsetzung <strong>der</strong> in Wendorf belegenen Kirche<br />
beschlossen. In Nügenwalde ist die teilweise Erneuerung des reizvollen
— IV -<br />
Inneren <strong>der</strong> Bergkirche eingeleitet, in Pascwalk das Austere <strong>der</strong> Nikolaikirche<br />
durch anschlagwidrige Oberflächeubehaildluug <strong>der</strong> Giebel nnd Wände<br />
entstellt. In 5?oitz ist die Erneuerung des Kirchen-Inneren abgeschlossen.<br />
Wie<strong>der</strong>herftclluug von Vandkirchen.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Landkirchen, für die in dem Berichtsjahre eine Wie<strong>der</strong>herstellung,<br />
Ausbau, Erweiterung, Ansmalnng und <strong>der</strong>gl., sei es für eiuzelue<br />
Teile o<strong>der</strong> für das Ganze, eingeleitet o<strong>der</strong> ins Werk gesetzt o<strong>der</strong> abgeschlossen<br />
ist, hat sich im Verhältnis zu den Vorjahre» außerordentlich gesteigert,<br />
mehrfach find anck diesmal die Arbeiten in die Wege geleitet o<strong>der</strong> vollendet,<br />
ohne daß <strong>der</strong> Konservator, wie vorgeschrieben, gehört ware.<br />
Im Kreise Nügen handelte es sich nm die Kirchen in Kloster,<br />
Middelhagen, Samtens, Zirkow nnd Zndar, im übrigen Neuvorpoluluern<br />
llm Ahrcudshageu, Brandshagen uud Nicpars, im Kreise Demmiu um<br />
^indenberg, im Kreise Anklam um Ziepen, im Krcije Ückermünde um<br />
Rieht, auf Usedom um Koserow, im Nnudo wer Kreise llul Voeck und<br />
Schöniugen, im Kreise Greife uhageu um Korteuhagen uud Marielltal, im<br />
Kreise Pyritz um Neueu-Grape uud Verbell, im Sa akig er Kreijc um<br />
Laugenhageu, Mariellflies^ Multcnthiu, Pansin, Pegelow, Püterliu, Seefcld<br />
llnd Zarzig, im Kreise Naugard uiu Nctztow und Wismar, iul NegcU'<br />
wal <strong>der</strong> Kreise um Wisbu und Woldeuburg, uu (^ rel feu berger um<br />
^angenhagen, Selliu und Nibbekardt, im Kamin in er um Dorphagen,<br />
Iassow, Köselttz und Pridberuow, im Schlawer um Evenlin und Vanzig.<br />
Freilich sind von diesen Arbeiten die wenigsten ganz abgeschlossen uud<br />
selbst in solchen, die wie in Vrandshageu uud Zudar iu erfreulicher Weise<br />
ziemlich vollstäudig erledigt sind, fehlt noch die Ergänzung wertvoller Ans'<br />
stattlmgsstücke.<br />
Für Kirchenheizungen ist ein wichtiger Erlaß des Herrn Ministers<br />
<strong>der</strong> Geistlichen :c. Angelegenheiten nnter dem 10. November 1905 ergangen,<br />
<strong>der</strong> die Kompeteuz, <strong>der</strong> Geuehmigung je nach <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Anlage<br />
regelt. Vergleiche Anlage I.<br />
Beson<strong>der</strong>s häufig begegnet man dem Perlangen nach einer neuen<br />
Ausmalung <strong>der</strong> Klrckeu; dies Verlange« ist wohlberechtigt überall, wo<br />
die Oeschmacksrichtuug des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts durch öde Fardlosigkeit uud<br />
Überstreichung <strong>der</strong> alten Stücke dem Ranme den kirchlichen uud festlichen<br />
Charakter, wie oft, vollständig genommen hat. Wie das wie<strong>der</strong> gut gemacht<br />
werden kann, darüber gibt das unten angeführte Buch Hohfelds, Stadtnnd<br />
^andkirchen, beachtenswerte Fingerzeige, die im Auszuge nebst den<br />
technischen Anweisungen des Kunstmalers Kutschmann in <strong>der</strong> Anlage II<br />
zusammengestellt sind.
Das trmmgsie Kapitel <strong>der</strong> Denkmalpflege ist <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> alten<br />
Wehrbauten, mion<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Stadtmauern, Wickhäiljcr Türme und<br />
Tore. Ohne Gedenken wird auch <strong>der</strong> eifrigste Beschützer dieser ehrwürdigen<br />
Hcngeu einer ftr d'ie Siäd^e io rn^mve^chc^ V(Vg^tzeu^ ^ov^V von ^nnv<br />
opfern als nötig ist, um den Zwecken des Verkehrs und des mo<strong>der</strong>nen<br />
Gebens nicht hin<strong>der</strong>lich zu sciu. So ist iu Pyritz ein Dnrchbruch <strong>der</strong><br />
Mauer aiu Eioturm bewilligt nnd in l^reisswald ein Mauerteil nie<strong>der</strong>-<br />
gelegt, <strong>der</strong> eiucr nahen Klinik das ^icht entzog. Das Verständnis für den<br />
Historischelt Wert nnd die malerische Wirkung dieser Bautcu ist lei<strong>der</strong> viel<br />
zu spät erwacht und ist auch heute noch lange nicht kräftig genng: ionst<br />
hätte es nicht geschehen köuueu, daß eine Stadt wie Stargar>>, die vor drei<br />
Iahrzehuteu noch auf eiue fast unversehrte mittelalterliche Wehr blicken<br />
konnte, die an Stolz und malerischer Wirkung auf das Stadtbild auch deu<br />
berühmtesten in Nah nnd Fern nichts nachgab, sich ohne Not znm grönten<br />
Teil <strong>der</strong>selbeu beraubt hat, teils direkt dmch Nie<strong>der</strong>legnng, teils indirekt<br />
durch Veräußeruug des amlo''cuden (^eläudes au Private, von dcuen die<br />
Neste verbaut o<strong>der</strong> durch Umbauuug vcrdeckt siud. Auch die steheu<br />
gebliebeneu, hosM'agenden Warttürme 3targards. anch die schöueu Torc<br />
vcrulögeu iu ihrer jel.ugeu Vercillzeiuug uud odue die anschließenden ^iaucrn<br />
das ehemalige großartige Stadtbild uicht wie<strong>der</strong> herzustellen. Hoffciltlich<br />
bringt <strong>der</strong> vom Herreuhaui'c bereits auqenommeue bezügliche (Gesetzentwurf,<br />
<strong>der</strong> lu <strong>der</strong> bevornchcudeu Tagulig aufs ueuc eingebracht weiden wird, weuignens<br />
für die Zutuufl Abhilfe.<br />
Der VII. Tag für Denkmalpflege wurde am 37. und 2^. Sep-<br />
tember lW»; in Vrannschwcig abgehalten: ilmt giua eiue Beriammlnug<br />
nnd Beratung <strong>der</strong> preußischen Konservatoren ebendaselbst voraus. Die<br />
Dcntmaltagc erfreuen sich cincr stetig zllnehmendeu Beteiligung.<br />
Auch mit dem Schilde <strong>der</strong> Natnrdeukmäler ist em Anfang in<br />
Pommern gemacht, insofern Maßregeln selteus <strong>der</strong> Forstuerwaltuug zum<br />
Schule <strong>der</strong> „Henogsei'che" ilu Kreise Naudow getroffen werden.<br />
Der von <strong>der</strong> (^'meiude Bcuz auf Nsedoul bcautragte Verkauf<br />
ciues Altarbildes wurde uicht genelnuigt: zwei nltttelaltcrliche Altar-<br />
gcfästc Ziborium und Monstranz), d,c auo <strong>der</strong> ätirclie zu Schönwer<strong>der</strong><br />
entfernt waren, siud an diese zurückgelangt, bei zwei omie Erlaubnis au<br />
an<strong>der</strong>er Stelle verkauften Kronleuchtern m das bisher noch nicht zu<br />
erreichen gewesen.<br />
Der Umgus; von blocken ist genehmigt für Werben uud<br />
Schönfeld lKrcis Pyrll-), Vaugeubagen (Kreis Saaizig); für die<br />
kirchc ill Kolberg, wo als ^ruud angefühlt wurde: „iu die neue Kirche<br />
gehören auch ueue blocken", wnrde er nicht genehmigt.
- VI<br />
Ein sehr erhebliches Hin<strong>der</strong>nis wird in Pommern einer wirksamen<br />
Denkmalpflege dadurch bereitet, oasi es in <strong>der</strong> Provinz an wirklick Nichtigen<br />
Kuusthaudwerkeru fehlt, namentlich an solchen, denen die Wie<strong>der</strong>heistcllung<br />
wertvoller Ausstattungsstücke ohne Bedenken anvertraut werden tann. Die<br />
oorhandenell Kräfte reichen fnr das danernd sich mehrende Bedürfnis nicht<br />
aus. Es fehlt eben eine Kuustschule in <strong>der</strong> Provinz, ans <strong>der</strong> fie vor^<br />
gebildet werden nicht allein durch dell Unterricht, son<strong>der</strong>n zugleich dnrch die<br />
Betrachtung und tägliche Auschauung angesiäUs <strong>der</strong> Meiste; schöpsungen <strong>der</strong><br />
Alten, wie z. Ä. Slralsnnd sie m reicher Fülle und ans den verschiedensten<br />
Zeiten darbietet.<br />
V. Vorgeschichtliches.<br />
Die Erhaltnng nnd Sammlnng <strong>der</strong> vorgeschichtlichen Dcnklnäler<br />
haben wie bisher die Mmeen iu Stettin und Stralsund zu ihrer Aufgabe<br />
gemacht, doch ist die Ausbeute des letzten Jahres geringer gewesen als in<br />
dell früheren. Über die Zugänge ist seitens des Stettmer Museums regelmäßig<br />
iu den Schriften <strong>der</strong> Gesellschaft sin Pommersche Geschichte llud<br />
Altertumsknllde berichtet. Die zunehmende Benutzuuo, tiefgehen<strong>der</strong> Dampfpflüge<br />
för<strong>der</strong>t wen und breit im ^ande die Spmcn anso/dehnler Uriienfel<strong>der</strong>,<br />
sogenannter Wendeukirchhöse, zntage, sie bereichert dadurch aller<br />
dings unsere Kenntnis von <strong>der</strong> Verbreitung solcher Araber, aber fie zer<br />
stört zugleich die Grabfcl<strong>der</strong> für immer. Solche ss-lachgräber sind eben<br />
nicht mehr zu retten, aber für die Hügelgräber und dlc mächtigen Hüueu:<br />
betten, <strong>der</strong>en Pommern m seinem wcstltcheu Teile noch eme leidliche Au-^ahl<br />
bewahrt hat, ist es hohe Zeit, das; sich ihrer die Gesrhgebnug annimmt.<br />
Rügeu, das am reichsten daran ist nnd die großartigsten davon aufweist,<br />
enthält heute uur uoch etwa den zehnten Teil des vor eiuem Iahrhnndcrl<br />
festgestellten Bestandes.<br />
VI. Denkmalsorschung.<br />
Das VN. Heft <strong>der</strong> Kunstdenkmäler des »iegierungsbczirls Stettiu,<br />
den Kreis Pyritz umfasseud, liegt jetzt gedruckt vor, <strong>der</strong> iu Aussicht<br />
genommene Anhang über ocu Pynker Wcizacker wird als desou<strong>der</strong>es Heft<br />
erscheinen. Die Deukmälcruerzeichliisse <strong>der</strong> Creile Laa^ig nnd ^)iallgard<br />
befinden sich in <strong>der</strong> Schlichredaftion, in den Krcmn (^reisellbcrg und<br />
Kammin sind die Ausnahmen weitergeführt und cs bcdmf nur für wcnigc<br />
Orte noch <strong>der</strong> Bereisung.<br />
Borträge über Gegenstände, die iu das Gebiet <strong>der</strong> Deukmalpflege<br />
gehören, wurden von dem Provinzial-Konservator in Stettin gehalten über<br />
die Stettiner Bauwerke <strong>der</strong> Barockzeit uuo über die vcrschicdeueu bildlichen<br />
Darstellungen dis Pommcruapostels iDtto von Bamberg.
- VII —<br />
Scholl in dem Xl. Jahresbericht ist kurz <strong>der</strong> Schrift gedacht von<br />
O. Hoßfeld, Stadt- und Vandkircken, Berlin !9l^, und dieselbe als ein<br />
wichtiges Hülfsmittel für die Denkmalpflege bezeichnet. Weiter ausgeführt<br />
und erläutert ist das in einer längeren Anzeige und Besprechung des Buches<br />
durch den Provinzial-Komervator in den Mitteilungen des Vereins für<br />
religiöse Kunst in <strong>der</strong> evangelischen Kirche, Jahrgang 3. Für alle, die<br />
irgendwie beim Kivchenbau beteiligt sind, sei es als Banherren o<strong>der</strong> als<br />
Baumeister, o<strong>der</strong> Bauhandwerker, o<strong>der</strong> Künstler, ist die Kenntnis dieser<br />
jetzt in Buchform gesammelten, früher in dem Zentralblatte <strong>der</strong> Bau-<br />
Verwaltung einzeln veröffentlichten Aufsätze von hohem Werte. Wenu auch<br />
in erster Neihe mehr von Neubauten handelnd, bringt das Buch eine<br />
Menge von schätzbaren Direktiven anch für jeden Wie<strong>der</strong>herstellungs-,<br />
Erweiterung^, Ausbesserungs- nnd Umbau, iowic für die Ausmalung und<br />
Ausstattung <strong>der</strong> Kirchen nnd faßt dabei vornehmlich die Vandtirchcn, die<br />
lange vernachlässigten, ins Ange, so daß man ihm eine möglichst weite Verbreitung<br />
wünschen mnß. Wenn <strong>der</strong> Verfasser es anch ablehnt, daß seine<br />
Mitteilungen als Vorschriften angesehen werden sollen, son<strong>der</strong>n nnr Berichte<br />
über die Auffassung und die Gesichtspunkte geben will, nach denen die<br />
Staatsbauverwaltung arbeitet, so ist es doch dringend zu raten, daß diese<br />
Mitteilungen von Veuten, denen nicht gleiches Urteil o<strong>der</strong> gleiche Erfahrung<br />
zu Gebote steht, wie dem Verfasser, als Vorschriften aufgefaßt und<br />
befolgt werden.<br />
Für die Bücherei des Provinzial-Konservators ist eingegangen als<br />
Gefchent des Herrn Ministers:<br />
Bormann, Aufnahmen mittelalterlicher Wand- und Deckengemälde,<br />
10. Lieferung.<br />
Der Vorsitzende,<br />
von <strong>der</strong> O<br />
Der Provinzial-Konservator.<br />
V c m ck e.
Der Minister<br />
<strong>der</strong> Geistlichen, Unterrichts- und<br />
Medizinal Angelegenheiten.<br />
N. I. 0. Nr. 12 ,77.<br />
- Vsss -<br />
Anlage I.<br />
Berlin . 04, den 10. November<br />
Auf den Bericht vom 19. Juni d. Is. — ls. 1714. tt —<br />
erkläre ich mich damit einverstanden, daß Entwürfe für Hei.znngsnnlagen<br />
einfacher Art i^fen, Schornsteine n. <strong>der</strong>gl.) für Kirchengebände, an <strong>der</strong>en<br />
Erhaltung <strong>der</strong> Staat rechtliche o<strong>der</strong> konservatorische Interessen hat, dort-<br />
seits, eventuell nach Benehmen mit dem ProuinMlkonscrvator genehmigt<br />
lverdell, sofern nickt in Gcmäscheit des Nnn<strong>der</strong>lasscs vom 15). September<br />
18W — I'. IV. 3593 l;. ll. tt. III. ^. — meine Entscheidnnc, cin^<br />
znyolen ist. Bezüglich <strong>der</strong> Entwürfe für Zentrallieiznnqsanlagen vcrdleilu<br />
es bei den Bestilttlnnngen des Nnn<strong>der</strong>lasses vom x. Iannar l'.Nj^<br />
—
Hnlage li.<br />
Die farbige Behandlung des Kircheninnern.<br />
lAuszug ans O. hoßfeld, Stadt- und ^audkircheu, und P. Kutschmann,<br />
Zentralblatt <strong>der</strong> Vauverwaltung lW4).<br />
Kein Gebiet des Kirchenbaues ist einer so unerfreulichen Schablone<br />
verfallen, als die farbige Behandlung des Kircheninnern; nirgends ist von<br />
einem bestimmten ^arbengedauken etwas zu bemerken; die Holzdecken, das<br />
l^estnhl, die Emporen
- X -<br />
gerade die Farbe das Mittel, dem Kircheraume mit verhältnismäßig geringem<br />
Kostenanswandc ein nicht nnr eigcuartiges, son<strong>der</strong>n anch stlnllnllligsnolles<br />
nnd persönliches Gepräge zn verleiben. Man vergleiche nnr mit <strong>der</strong><br />
geschil<strong>der</strong>ten Schablone die lH'indrücke, welche die herrücken Tckövflmgen<br />
nnserer Borfahren heruorrnfen trotz <strong>der</strong> BernnstaUnng o<strong>der</strong> vernachlässig,lng,<br />
m <strong>der</strong> ihre farbige Allsstattnng in <strong>der</strong> Regel ans uns gekommen ist.<br />
Wie dem abzuhelfen ist, läßt sich mit wenigen Worten, läßt sich<br />
überhaupt mit Worten kanm sagen. Denn Farbe ist ein I^ing. bei dem<br />
Regeln und Anweisungen versagen. Man tnt immer am besten, einen<br />
dnrch das Stndlnm <strong>der</strong> Alten gebildeten, bewährten Kirchenmaler hcran^<br />
zn^iehen, selbst bei kleineren Objekten sollte man ans einen solchen nickt<br />
verzichten nnd mindestens seinen Nat einholen. Gilt cs die orlsangehövlqcn<br />
Kräfte zu beschäftigen, so wird sich anch das machell lassen, doch muß 5cr<br />
Kirchenmaler den Entwurf und etwaige Einzel^ickuuugcu liefcrll, auch die<br />
freihändigen Malereien wonlöglick eigenhändig anfertigen nnd die Probell<br />
ansetzen; den mehr handwerksmäßigen Teil <strong>der</strong> Arbeit tann er dell heimischen<br />
Kräften übertragen.<br />
Wo die Verhältnisse nickt gestatten, einen eigentlichen Kircheumaler<br />
anzunehmen, da sind für die heimischen Maler die nachstehenden Dlrcltwell<br />
maßgebend.<br />
Für die Wände ist im allgemeinen von einem weißen Grnndtone<br />
auszugehen, gegen dell <strong>der</strong> Toll <strong>der</strong> Holzausstattung, sei eH in Not<br />
o<strong>der</strong> Gvüu, Dunkelbraun o<strong>der</strong> Granblan odcr wtc mau jonst will, sich als<br />
wirklicher, bestimmter Farbenwcrt stellt. Hat die Decke ausgesprochene»!<br />
Holzcharakter, so kann sie m diesen Farbenwerk cinbezogen werden. An<strong>der</strong>n-<br />
falls wird man mit Rücksicht ans die Vichtverhältumc dcs Raumes gut<br />
tun. auch bel ihr auf weißem Grunde zn fnßcn uud die Dekoration, weilu<br />
solche überhaupt am Platze ist, danu großzügig uud bestimmt farblg, nntcr<br />
^erlneidnllg kleinlickell Maßstabes, zu behandeln. Inl 'Altarranlllc lst<br />
eilte Steigcruug des Reicktnllles erwünscht. Anch die Wände erhalten hier,<br />
da das Gewicht des Gestühls gewöhnlich wegfällt, gemalte Dekoration,<br />
beson<strong>der</strong>s aber wird <strong>der</strong> Farbenwert auf die Ausstattung. Altar, Kanzel,<br />
Orgel mm. vereinigt.
ilim nicht klar. Anch gelingt es fast nie, ihn in <strong>der</strong> notigen Gleich-<br />
mäßigkeit herzustellen. Gefährlich kann in seiner natürlichen Farbe <strong>der</strong><br />
Backstein dem Kircheninnern werden, in einen Farbenakkord paßt er selten<br />
hinein, allenfalls wenn man ihn dem Weiß <strong>der</strong> Flächen gegenüberstellt<br />
und die Dekoration ans wenige Farben, etwa Schwarz, Graublau, Indisch-<br />
o<strong>der</strong> Englisch-Not beschränkt; dann musi aber das Architekturgerüst, iu dem<br />
er erscheint, so ausgebildet sein, dan es ein in sich abgeschlossenes Ganze<br />
ist. Die besten Lehrmeister sind anch hierfür die Werke <strong>der</strong> Alten.<br />
Als Bindemittel für die Ausmalung von Kirchen soll nur<br />
Kasein verwandt werden, aber allein das fertige, wie es z. B. die Milch:<br />
zentrale in Berlin liefert, hat dic nötige, glasige Klarbcit. Das dnrch<br />
Vösuug des Käses mit Kalkwasser bereitete Kaseiu erzeugt wischeude uud<br />
uach dem Trockueu trübe erscheinende Farben. Zur Gcwiuuuug ciuer<br />
guten Kaseinfarbe füllt man cimu Eimer mit drei Teilen Wasser und<br />
eiuem Teil Ammoniak nnd strem dann unter fortwährendem Umrühren<br />
das trockene Kasein durch ein Sied in den Eimer. Wieviel Kasein mau<br />
zusetzen muß, erteunt man nach kurzen Versuche». Die Farben müssen die<br />
bekannten säure- und kalkfreien sein. Kreide, Äleiwciß uud vor allem<br />
^itopoue dürfeu nicht vcrwaudt werdeu; das schöuste aber teuerste Weiß ist<br />
Baryt-Wciß, nächst ihm Zinkweiß. Echtes Grün, wie Oxydgrün uud<br />
Kobalt-Grün, ist sehr teuer, grüue Erden und Ultramarin.Grüu sind zn<br />
matt, alle Permanentgrüne sind auszuschließen; kurz für landläufige Preise<br />
ist ein grüuer Austrich schwer zu habe». Besser steht es mit Rot, doch<br />
müssen Zinnober nnd Mennige mit frisch angerührtem Kasein abgebuudeu<br />
und nach dem Trocknen mit reinem Kasein überzogen werden. Immer<br />
muß die Farbe dünn aufgetragen werdeu, düuner Auftrag ist dic<br />
Vorbediugung <strong>der</strong> Haltbarkeit. Auch alles Holzwerk ist mit Kasefarbe zu<br />
strelchcu, sie kauu selbst auf alteu Olaustrich o<strong>der</strong> altcu Vack, uur mcht auf<br />
Wachslack aufgetragen werden, ohue diese vorher abzulaugen. Wo starte<br />
Abnutzung zu erwartcu ist, sichert man die Stelle, mdem mau mit ^i Teilen<br />
Kasein 1 Teil ^eiuölfiruiß verquirlt. Auf Kaseinwandanstrich schabloniert<br />
man mit Eiweißfarben. Es ist dahin zu wirken, daß diese durch Dauer<br />
uud Schönheit des Tones ausgezeichueten Farben für deu Austrich von<br />
Altäreu und Kauzeln, Emporen uud Orgeln wie<strong>der</strong> allgemein in Gebrauch<br />
kommen; sie sind nicht teurer als Ölfarben, aber viel schoner und halt-<br />
barer; Eiweißfarben fiud stets dünn zu verstreichen.
mit Einschluß <strong>der</strong><br />
NW Whkm llnf<br />
l<br />
oiler<br />
Gin Veitrass zur pommerschen ssultnrgeschichte nnd<br />
Auf Grund amtlicher Quellen beschrieben<br />
von<br />
Alfred Aoelhkow, ^ Hart Adam,<br />
Berlin - . <strong>Greifswald</strong>.<br />
Psalm !"3. 15. 16.
Vorrede.<br />
Diese Chronik hat eine eigenartige Vorgeschichte: Im Jahre<br />
erfreute <strong>der</strong> Mitarbeiter K. A. sich selbst dadurch, ohne ein bestimmtes Ziel<br />
ans <strong>der</strong> großen Sammlung <strong>der</strong> Viw6 l^meinnorum auf <strong>der</strong> Universität^<br />
Bibliothek zu <strong>Greifswald</strong> die darin enthaltenen fesselnden Nachrichten über<br />
die vorpommersche Familie Völhkow znsammen zu stellen. Seine nicht<br />
mühelose Arbeit fand einen unerwarteten ^ohn in einem Austrage des<br />
Neepschlägereibesitzers Herrn Julius Völschau zu Hamburg, für ihn eine<br />
Familiengeschichte anzufertigen. Einige Jahre darauf begann A. V. nicht<br />
nur über scine engere Familie urkundliche Nachrichten zu sammeln, son<strong>der</strong>n<br />
auch eine umfassende geschichtliche und sprachliche Nachfrage zu halten<br />
sowohl nach allem, was den Namen Bölschow trug, als auch über den<br />
Stamm Völsch an sich. Hierdurch wurde es ermöglicht, eine Grenze für<br />
das Namensgcbiet <strong>der</strong> eigentlichen Familie, welche behandelt werden sollte,<br />
festzustellen. Seine Bemühungen führten ihn natürlich auch nach Vorpommern<br />
und in Stralsund an den damaligen Herrn Syndikus Grouow,<br />
in <strong>Greifswald</strong> an den Herrn Syndikus Wallis. Der letztere trat seine<br />
Mitarbeiterschaft im Anfang des Jahres 1«W an K. A. ab. Seit jener<br />
Zeit hat zwischen den beiden Bearbeitern ein reger Gedankenaustausch über<br />
das Thema „Völschow" stattgefunden, welcher nur durch dle zweite Afrikareise<br />
von A. V. eine Unterbrechung erfuhr.<br />
Die Sammlung des Stoffes wurde wesentlich erschwert durch dell<br />
absoluten Maugel irgend eines Familieuarchivs und durch die Veruichtung<br />
mehrerer öffentlicher Archive in Hinterpommern. Erleichtert wurde die<br />
Arbeit für Porpommern durch die unbedingte Zuverlässigkeit <strong>der</strong> zahlreichen<br />
akademischen ^eichenprogramme und Fakultätsarbeiten, durch die wohlerhaltenen<br />
Stadt- und Universitätsbücher, wie gedruckte und handschriftliche<br />
Matrikeln, durch die eingehenden ortsgeschichtlichen Studien des Professors<br />
Pl)l zu <strong>Greifswald</strong>, ferner die 8wmmlUa 8un
- IV —<br />
Im Hinblick auf manche leicht zugänglichen und bekannten Sammlungen<br />
sind bei <strong>der</strong> großen Anzahl <strong>der</strong> Beweisstücke Quellennachweise im ersten Nucke<br />
<strong>der</strong> Arbeit meist nur dann beliebt worden, wenn es beson<strong>der</strong>s angezeigt erschien.<br />
Der Inhalt wäre durch Anmerkungen geradezu erdrückt worden, unvermutete<br />
und auswärtige Quellen sind im Prinzip stets angeführt worden.<br />
Im Gegensatze hierzu musile das zweite Buch unserer Arbeit fast<br />
ausschließlich aus schwer zugänglichen Urkunden ausgebaut werden: zumeist<br />
aus dem Geheimen Staatsarchiv zu Berlin stammend, aus Kammergerichtsakten,<br />
Kirchenbüchern und aus den Grundakten des Amtsgerichts zu<br />
Tempelburg. Hier konnten Anmerkungen nirgends entbehrt werden. Wegen<br />
ihrer knappen Kürze konnten dieselben meist im Texte belassen werden. Die<br />
bisherigen geschichtlichen Nachrichten ans dem Umkreise <strong>der</strong> Städte Schivelbein,<br />
Draheim und Tcmpelburg sind so dürftige, daß schon deshalb eine<br />
genaue laufende Quellenangabe von ernsten Freunden <strong>der</strong> pommerschen<br />
Landeskunde gern aufgenommen werden wird aus einer Gegend, in welcher<br />
sich die polnischen und die deutschen Interessen eng berührten, örtlich meist<br />
uur durch das Flüßchen die Drage und den kleinen Völtzlow-Tee getrennt.<br />
A. V„ welcher die materiellen Unkosten <strong>der</strong> Arbeit allein trägt, ist<br />
durch die Ordnung und Bearbeitung seiner neu gewonnenen fachwissenschaftlichen<br />
Sammlungen zu sehr beschäftigt, um an <strong>der</strong> eigentlichen Ausarbeitung<br />
Vieles Werkes tm gewoUten Umfange m?jMelfen. Er hal tmlelbc daher jeinem<br />
langjährigen Mitarbeiter übertragen mld nur ewige Bruchstücke eingefügt.<br />
Willkommene Vundesgenosselt sind uns im ^aufe <strong>der</strong> Arbeit erwachsen<br />
einerseits in einem entfernten Verwandten des A. B., dem Herrn<br />
E. Boeltztow, Rittergutsbesitzer auf Dziennitz, <strong>der</strong> durch einen namhaften<br />
Beitrag die Herausgabe <strong>der</strong> Arbeit erleichterte, an<strong>der</strong>erseits in zwei Vertretern<br />
eines aus Stralsund stammenden Zweiges <strong>der</strong> vorpommerschen<br />
Familie B., nämlich dem Herrn I. Velschou, (55utsverwalter zu Corselitze<br />
Nyköbing F., und Herrn Ch. Pelschow, Adjunkt (scheinbar Prorektor) am<br />
Staatsgymnasium zu Hiller6d (Fre<strong>der</strong>iksborg). Der Letztgenannte, ein Sohn<br />
des bedeutenden Historikers Hans Matthias Velschow, unterstützt uns in<br />
hervorragen<strong>der</strong> Weise. — Mancher hülfreichen Manner ist im ^aufe <strong>der</strong><br />
Darstellung gedacht worden. Die Direktoren <strong>der</strong> Staatsarchive zu Berlin<br />
und Dresden haben uns außer mehreren Geistlichen wirksam unterstützt,<br />
ebenso Gericktsrat Herms und beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Bürgermeister von Tempelburg,<br />
Herr Grützmacher, <strong>der</strong> in bereitwilligster Weise die Innungsbücher<br />
einer Durchsicht unterzog. Aus Stettin erhielten wir auch wertvollen<br />
persönlichen Aufschluß von Herrn Archivdirektor von Bülow und von dem<br />
damaligen dortigen Oberlandesgerichtsrat Ferd. Fabricius. Auch allen hier<br />
nicht genannten Helfern sagen noch einmal Dank<br />
die Verfasser.
Inhalt.<br />
I. Buch. Die vorpommersche Patrizierfamilie Völykow o<strong>der</strong> Pölschoni . 1<br />
1. Kapitel. Die älteste geil bis auf den Ratsherrn Martin I.<br />
zu <strong>Greifswald</strong> !<br />
2. Kapitel. Johann Voelschow I. und seine Nachkommen . . . :5<br />
5. Kapitel. Henning Bölschow und seine Erben !7<br />
4. Kapitel. Martin Volschow li. und seine Erben ü»<br />
5>. Kapitel. Versprengte o<strong>der</strong> vermutete Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> vorvommerschen<br />
Fanulle außerhalb <strong>Greifswald</strong>s 45<br />
II. Buch. 1. Kapitel. Die von Voltzkow o<strong>der</strong> Bolskow '^<br />
2. Kapitel. Die Freischulzen des Amtes Draheim 7,:<br />
-ette
such I.<br />
Die vorpommersche Patrizier-Familie Pölfchow o<strong>der</strong><br />
VoltzKow, ViilzKow, Volschan.<br />
Sinnspruch.<br />
Die Wissenschaft vernnngner Sachen<br />
Ist überall zwar huchk bcliedt.<br />
Toch lst bei dem da^' sich bcaicbt<br />
^5in klnster Unterschied ;u lnachen.<br />
V'ol darff man obenhin veiitchlt<br />
In virlett wllft man gründlich nel»n'<br />
Nichts aber musl nns > esiel. scun b» lnndt<br />
?ll? wir uns selbst und linser Vateilaud<br />
Ich man wol 9>s,c,l deichen<br />
IsN wc»,h wonn lülc .'.cnc Velt.<br />
^vrmn nlll ?Nlila ac^illt<br />
Toch bleib ich in (Zlnova itcl^n<br />
Vel, Tentlchland. dessen ^9on »ch lidr.<br />
Vcu Schweden, dssjen Reich nli edr.<br />
Ven Vonlmcnt. das nnch eisilich li >l> und lrua.<br />
V?li »"Klft^uald da ich mcmc Naln'NNg snch<br />
M»':n Eirund (5r m uon gleichem 3ltt»e<br />
U''d l,al da.^n da^ höchste Nccht:<br />
Der V^lsci'owtt ^adnic und ^eichlecht<br />
Ist von dem elften '.'lnbcq'nne.<br />
Ta man den Wald dcr Vrelffen n^ndt'.<br />
Daselbst gesessen und bctandt.<br />
Drnlnb thut Er wol,, dak Cl die Etrdte tcnn't<br />
Nüd uch c«n ^Nlld von seinen VätelN nenn t<br />
a .pnil p^tneniu". nist, i>snf. nls t'r.»r»e» dcr Dissertation lli^tnl l.^ p^^le-i.-lo collexiatae 5,. Kleal<br />
(ir>. an den K6«>pon6vnu ^n^li V..I^lIll)vv. 1.^. Ptu^lo^u«, Cl->l»i,i>>v oen N ^nim" wird als Ttamm-<br />
vater des (Geschlechts eill Bürger ^iartiu '^. angegeben, welchcr v0r dem<br />
Ende des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts in Gutzkow lebte. (5lwa eiue ^Vicilc südwestlich<br />
von <strong>der</strong> Nachbarstadt Iarmen liegt das Bancrudorf Völschou' in Alt^<br />
Vorpommern, früh schon als Villa Voleecowe, Volchecowe, Voltiecowe,<br />
Volstow o<strong>der</strong> Voltzkowe bekannt ^Pomm. Urtlludenbuch ll, ^."», 4N1,<br />
III, 2^;, IV, 35)4; ferner: Klempin, Diplom. Beiträge zur Geschichte<br />
Pommerns ans <strong>der</strong> Zeit Bogislaws X., Teile 2W.). Ortsname und<br />
Familienname Böljchow mögen in nahen Beziehungen zueinan<strong>der</strong> gestanden<br />
haben.
— 2 —<br />
Martin Völschow ans Gutzkow ist nicht mehr geschichtlich glaubhaft<br />
nachzuweisen. Daher hat Herr Professor Pyl den Persuch gemacht,<br />
an seiner Stelle den gleichzeitig zu Greisswald wohnhaften Henning ^.<br />
als Begründn- <strong>der</strong> zunächst in Greifswaw blühenden, ratsgesesscncn Familie<br />
emznfllgcn. Seine Permulung ist aber nicht stichhaltig genug, um gerade<br />
ihm folgen Hn mnjsln. Wiedcr^oN haben in <strong>der</strong> Familie V. sowohl<br />
in andctcn verwandt) chaft^treiseu Kmdev ihr^n Nnfnütltcn nach dem<br />
nd iiicht «ach dem Bale? tvhnlttn. Mar^n utt^ Henmug möge«<br />
aber Vrü<strong>der</strong> zweien sein. (5in Henning ^. war im Jahre<br />
^l-^l^se» tu3 v^ll,lm. Nach P!N5 Fy^schlN^ell in den Tw^bnchcru l.P<br />
Gcuealogten d. Band, Seite 325) rrwark Henning ^. nu Jahre<br />
ein Haus iu <strong>der</strong> jetzt BiemmrMraße genannten Buchslrasic. (5r lebte<br />
höchstens bis ^5^4. Denn in diesem Jahre lieh seine Witwe Khnckc das<br />
Grundstück durch ihren Bevollmächtigten Christ. Schwarz wie<strong>der</strong> verlanfen.<br />
Hätte er Töhue hinterlassen, wären dieje gewtß bei dem verkauf des<br />
Grundstücks zugegen gewesen.<br />
Henning war zweifellos ein vornehmer Bürger. Nach einer Urkunde<br />
des Bistums Kainmin gehörte >lonui?^Iiu8 Voit/.knun (7. August l4W)<br />
zu dcu Patroueu einer Vilarie in Treptow a. Toll. Auch war er wenige<br />
Tage später, am 1". August 11W, als (5ompatron einer Bikarie bei <strong>der</strong><br />
(hcrtrndstapelle vor thrclfswald aintlich beschäftigt (Text bei Klempm a. a. O.<br />
Nr. 554, beziehungsweise ^ir. l24, 125.). — Ein weiterer Zeitgenosse ans<br />
dieser Fanulie in Peter B. (Iltt^—15)15) in <strong>der</strong> Rotgerbcrstrahe zu<br />
^reifswald. In einem Greifswaidischen Bisitations-Abschied vom ^s>. Iunius<br />
!
— 3 —<br />
Martin Völschow, angeblich <strong>der</strong> Sohn von Martin P. zu<br />
Gutzkow, wnrde im Jahre l5t>) als Erster in seiner Familie ^iatshcrr zn<br />
<strong>Greifswald</strong>. In vleier Eigenschaft mag er als Martin I. bezeichnet werden.<br />
Die >ln.tnculll ('m^ulum berichtet nbcr ihn: ^?uu» I>m. l5)sl,.. ;'>f)—!;'>?:')) Bartholomäus Hum'ow ver<br />
heiratet wurde. — Voli den drei Söhnen nnd lhrcn Oee^endentcn werden<br />
je die nächsten 3 Kapitel handeln.<br />
Kapitel , l.<br />
Joliann Voelschow , ^^d seine Mchkommen.<br />
Johann erwarb Mickaelis 1545 gleichzeitig mit seinen Brü<strong>der</strong>n da?<br />
Bürgerrecht zu C^lcifswald. (bleich seiucui ^ater war er Natsberr daselbst<br />
von liii'ii bis 15)l»l>. '.Nl'tt sclner Ehefran Anna Stevelin, ciller<br />
des Bürgermeisters (^ ls)1^) Johann Stevetin nnd Dorothea<br />
besaß er „einen Grabstein in <strong>der</strong> Marlelltlrche mit dcr spätgotischen<br />
Minuskel-Inschrift: ,Dljc stein Hort Haus Vclseow undc syncn gruwen<br />
vnde ilinen erwven tho, anno 15^?. Seine Hausinartc, mit den Iuitlalen<br />
ti. t
er einen Veitrag gegeben hatte" (aus Phl, Gesch. <strong>der</strong> Kirchen s.<br />
Alb. Univ. l, MN, von Friedlaen<strong>der</strong> herausgegeben s, ^21 b: „<br />
Vo!t//.ks)>v civl3 l^i-^z)lil8^va.lllc't,5;l« tt—->9.).<br />
'Das Prädikat „vominuä" wird Hans Völschow in dem Universitäts-<br />
berichte noch nicht zn teil, weil ihm <strong>der</strong> Titel „Herr" erst im Jahre 15>5>1<br />
gelegentlich sciucr Wahl zum Ratsherrn zustand. Seine Frau überlebte<br />
ihn nach Ausweis eines Aktenstückes des Natsarchivs Nr. 589 vom<br />
Jahre I5)s,)i; er selbst starb am Hochzeitstage seines Sohnes Johann den<br />
1. September 1560. Die damals in <strong>der</strong> Stadt herrschende Ruhr<br />
lpi-ofluvium v6nt.i'i8) raffte auch ihn hiuweg, welcher in den Annalen <strong>der</strong><br />
Universität als „praecismnZ tanwr omnium krmlitornm^ von <strong>der</strong> Hand<br />
des Nettors verzeichnet steht. Ein von Idealen reich ausgestattetes ^eben<br />
scheint hier einen jähen Abschluß gefunden zu haben.<br />
Wenn wir den sicheren Feststellungen von Theodor Pnl über das<br />
ererbte Recht an dem schönen Oiebelhamc Nr. 11 des großen Marktes<br />
folgen, so vermögen wir auf Grund eiucs nur in dem Knopfstraßenznge<br />
auf einem grosien Pergamentblatt <strong>der</strong> Odebrecht'schen Familiendibliothet<br />
erhaltenen Catastrum von etwa 15)5)^ die damaligen Eigentümer samt-<br />
l icher Häuser au <strong>der</strong> Ostseile dcs großen Marktes unfehlbar zu bestimmen.<br />
Um diese Zeit wurden die Häuser 11 bis 14 — von Norden nach Süden<br />
fortgezählt — von nachstehenden Personen versteuert:
— 5 —<br />
Nr. N. „Er Pctcr Korschwautische", d. i. die Witwe des<br />
Bürgermeisters Peter Corswant II.<br />
Nr. 12. „Er Jasper Nun sowische", Witwe des Vurgermeisters<br />
Kasp. Bimsow.<br />
Nr. 1^. „Johann Gleningk". Er war Sohn des Ratsherrn<br />
Volkward Glcving nnd Gatte <strong>der</strong> Katharina Völschow, <strong>der</strong> Witwe des<br />
Barthot. Bünsow. Hans Gleving erwarb 15^7 ein Hans im Schuh-<br />
Hagen, woselbst sein Bater bereits ein Grundstück besaß nach Allssage des<br />
erwähnten Katasters.<br />
Die Veranstalter des „pi-kmäinm^ für Universität nnd Stadt waren<br />
nächste Nachbarn. Denn Johann Völschow I. besaß nebenan das<br />
Grundstück Nr. 14, ans welchem im !9. Jahrhun<strong>der</strong>t die Konditorei<br />
Sparagnatane eine gewisse Berühmtheit erlangen sollte. Das Kataster<br />
lantet hierüber:<br />
„Er Iohan Voltzkow c^im Stoientinske". Dorothea Gliuckc,<br />
Witwe des Bürgermeisters Joh. Stevclin li. ans erster E mannet, verheiratet mit Elisabeth Prntze;<br />
L> ungenannte Tochter, verheiratet mit dem sundischeu Nats^<br />
Herrn Georg Möller;<br />
0) Stevelin, verheiratet mit Ilscbe Steven;<br />
I)j Johann, verheiratet mit Margarete (v.) Vepcl am 1. Sept. 15^0'<br />
N> Anna ^ U^)9), verheiratet mit Bürgermeister Joach. Klilltow<br />
zu Stralmnd, welcher dort bereits 15>49 Ratsherr war und l:V>9 —lNM<br />
Bürgermeister;<br />
k') Martin III., verheiratet mit a) Anna lv.) Lepel, d) Gertrnd<br />
Engelbrecht.<br />
Zunächst lassen sich hier noch einige städtische Zeitgenossen des Vaters<br />
Johann V. von gleichem Familiennamen anglie<strong>der</strong>n: ^wstin Völschow,<br />
15i^
zu behandeln, dessen Tochter sich 15)61 mit Peter Beckmann verehelichte,<br />
er wird in die Familie Bölsch o<strong>der</strong> Bölsche zu rechnen sein, jedenfalls<br />
wnrdc im Jahre 1.^) ein Arndt ^cltzlc in das )>nrgcrbuch eina.etraa.cn.<br />
^j (5'manncl B. I., vcrmalüt niit Elisabeth Prntze, war ans<br />
Kediugshageu erdgeicssen. 3ein 3obu 3teueliu '^ölichow, geboreu l5)i'>^<br />
llnd vermählt nut Barbara Bilcholv, Tochtcr des Bartholom. Bnliwlv,<br />
war Natlnann zn Ttralsnnd iett I')9l> nnd starb l!; Elisabeth s-s U)3l)) wurde<br />
dic «Gattin des :1lalv<strong>der</strong>rn l)r. M'. Jal. Ttoppel sBnra.ermcistcr il^öO<br />
bis l«'4 starb, verheiratet mn Gertrud<br />
Eluitcrlow, Ehristiau sniitcrlows Tochter nnd Joachim Hagemeisters Witwe,<br />
beerbt dnrch seineil Lohn ^tcvelin Valcnlm Völschow. Emanilels<br />
viertes .^ind endlich, Victoria ^., vcrhelralete sich mit dein Kaufmann<br />
Joachim Vnck zn ^tralsnnd.<br />
IuVig.6 äs vi pnvatn. Dem Mandat folgt ein Völschowcr<br />
und darauf eine vom Herzog angeordnete Untersuchung an<br />
Ort und Stelle. Hier a<strong>der</strong> interveniert und protestiert die Ltadt Otralsuud.<br />
Der Nat droht mit <strong>der</strong> Appellation, sendet Deputierte an den Hof, nm<br />
nachzuweisen, daß die Fortsetzung des hofgcrichtlichcu Verfahrens eine Bcr-<br />
letzung <strong>der</strong> städtischen Iurisdiktionsprivilcglcu bilde." Die Tache zieht sich<br />
hin bis 158-1; so lange schwebt sie noch beim Ncl'chskammergcrlcht. Dann<br />
bleibt sie liegen zumeist wegen <strong>der</strong> anmaßenden junkerlichen Beweisführung<br />
des Notermnnd. — Stevelin B. wurde 1 Josua V., Bürger zu Ttralsund, vermählt mit Ilsabe Ballerò<br />
stüdt. Sic wohnten am Markte. Kin<strong>der</strong> aus ihrer Ehe: 1. Jürgen V.,<br />
geboren ll>24; 2. Barbara, vermählt mit Konrad Besienböstel in erster<br />
und Peter Bringmann in zweiter Ehe; beide Gatten waren Arrhendatoren<br />
zu Starrvitz.<br />
K) Steve! in B., Secretarins, Nat^herr zu Stralwnd 1^c>9. Bürger ^<br />
meister dascldst 1^17, -s 1^>; erste ^rau: Varbara Wcssel. Tochter des<br />
Natsverwandten Johann Wesscl zu Straliund-, zweite T^rau: eiue Tochter<br />
von Georg Segebade, Heinrich Tesfius Witwe lf ll'.^.»). Anf Grnnd<br />
eines gedruckten Hochzeitsgedichtes sVitn? ?om. :;^. Bd.) fand am<br />
1^. September Il'^2 die Hochzeit des Ttralsnnoischcn Patriziers Joachim<br />
Nucche mit Margarita VöUchow, Tochter dcs Bnrgcrnlcisters Steuelin B.<br />
zn Straljund statt. Mit dem Bürgermeister Stcvclin wird identisch sein<br />
8tOve!lllU8 V0lt7.ll0uiu8, 8nnl^l^i^ welcher am 3 Enoch V. ist nach eiuem „Visitations Abschied <strong>der</strong> Ttralsundischen<br />
Kirchen, Hospitalien und geistlichen Guter" vom Jahre l6!7 irqeudwo Mark, 3 Schilliugc und 4 Pfennige schuldig<br />
geblieben ist. Diese Pöste soll <strong>der</strong> Successor samt <strong>der</strong> Tonile delusameli<br />
mit ll^<br />
Fran: Margarete, des Bürgermeisters Joachim Ketels Tochter. Klaus<br />
gehörte neben 3tevelin B. zu den ^erordnclcn, welche die Einnahinc' und
Ausgabe-Register <strong>der</strong> Stadt Stralsund aus den Jahren 1616 bis<br />
zu prüfen hatten.<br />
(!) Felix V., -j- 1611. Ans seiner Ehe mit einer genealogisch<br />
nicht ermittelten Frau stammt <strong>der</strong> Sohn Felix II., vermählt mit Anna<br />
Pruhe, Tochter von Johann Prude und Witwe dcs Ratsherrn Rolof<br />
Hagemeister.<br />
s) Konstantin V., f 1629.<br />
Es spricht für die Tüchtigkeit <strong>der</strong> Völschows, daß sie auch in<br />
Stralsnnd viermal den Natosene! innehatten gerade in <strong>der</strong> kurzen Spanne<br />
Zeit, wo eine Anzahl wahrhaft großer Männer nacheinan<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Spitze<br />
dcs (Gemeinwesens standen. Da tauchen glänzende Namen vor uns auf:<br />
Bartholomäus Sastrow, Iohauu Domaun, Lambert Zteinwig,<br />
um nur die Großteil zu nennen. Gerade mit wenigstens Einem untcr<br />
diesen saß je<strong>der</strong> <strong>der</strong> vier Völschows gleichzeitig im Rate.<br />
Das im Stralsundischen Ratswappeubuche enthaltene Wappen <strong>der</strong><br />
Familie Bölschow ist eine aufrcchtstehcnde Frau, welche in <strong>der</strong> Rechten<br />
ciucu Schild mit sieben Rosen hält.<br />
Näheres über die Bedeuten<strong>der</strong>en unter den bisher besprochenen<br />
Völschows aus Stralsund berichten uus <strong>der</strong> zweite und <strong>der</strong> dritte von<br />
Zober herausgegebene Band <strong>der</strong> Stralmudischen Chroniken:<br />
Der älteste Steve! in wohnte am 1^. April 15)60 in dem Hanse<br />
von Herrn Peter Bavemann als nächster Nachbar des Bürgermeisters<br />
Gcuhkow, dessen Tagebuch deu dritten Band dieser Chroniken ausfüllt.<br />
Gcntztow war sowohl mit Steveliu als mit dessen Bru<strong>der</strong> Emanuel<br />
befreundet. Zum :). Oktober 15)6'^ bat Emanucl den Chronisten zu<br />
Gevatter bei eiuem iungeu Sohne, welcher in <strong>der</strong> Iakobikirche auf den<br />
Namen Steveliu getauft wurde. Geuvkow gab eiueu englische» Goldguldeu<br />
als Pateugeld. Am 1U. November war Gcndkow zum Abeudesseu<br />
wie<strong>der</strong> Gast bei Emauuel auf dessen „sehr fleißiges Bitten". Davon hatte<br />
er ^ Schillinge Unkosten, doch wohl au Trinkgeld und lucln au Spiclverlust.<br />
Emanuel Bölsäww beiaß eine Brauerei in Straljund: denn am<br />
19. Dezember 1:"x'»2 beklagte sich ein Brauerkuccht über erlittene Misihaudlungcn<br />
uonseiten des Nl'anuel Voltzkow llud audcrer und daß sie ihn<br />
unter Zurückbehaltcu sciuer Klei<strong>der</strong> weggejagt hätten. Am ^l. ^iai !.^<br />
aber wird Manuel von seinem eigenen Brauerknechte mit einem Beile bedroht,<br />
nachdem dieser ihm seilte Anna geschlagen, verwundet uud „schamfierct".<br />
(5s kaun sich hier nur um eine Tochter des Emanuel haudelu.<br />
Stevelin Völfliww geborte zu deu Ehrengästen bei <strong>der</strong> Ehestiftnng<br />
zwischen Georg Vclqeuhaners Witwe uud des Bürgermeisters Nik. Gennkow<br />
Sohn Johann am :!. März 1563. Dies hin<strong>der</strong>te den Stevelin aber<br />
ulcl't. bei einem Zwist am Abend des ^7. Mai desselben Jahres dem
— 9 —<br />
Sohne Samuel des Bürgermeisters mehrere Biergläser an den Kopf zu<br />
werfen. Diejer Umstand hob den Verkehr zwischen beiden Familien nicht<br />
auf: denn als Johann Gentzkow am '.>. September HochM machte,<br />
entnahm er bei Stcvelin den Etoff zu seinem Gewande. Auch störte es<br />
die Freundschaft nicht, daß Stcvelin lvegen nllbezahller l5>'zl Gnlden für<br />
8 Ellen Gewandes bereits am 5>. ^tlober mahne,! licf^: „ole lende ick (<strong>der</strong><br />
Bürgermeister nämlich) eme fort thor slnild van lllinel urowcn gelde."<br />
Vielmehr verblieb dem Stcvclin anch für die Ankunft die '
- 10 —<br />
berühmte Bibel, welche Bürgermeister Franz Wessel im Jahre 15)5,5 <strong>der</strong><br />
Marienkirche geschenkt batte nnd welche noch heute zu den grössten Schätzen<br />
in <strong>der</strong> Obhut <strong>der</strong> Stadt gehört, ist von dem Gatten <strong>der</strong> Barbara Wessel<br />
ernenert worden. Waisen wir dies Zober selbst beschreiben (Chroniken Hl,<br />
S. 5)11):<br />
„Da <strong>der</strong> dünne grüue Atlas 4K Jahr nach <strong>der</strong> Schenkung schon<br />
zerrissen war, ließ <strong>der</strong> Nat«hcrr Stcvelin Bölschow statte einer Tohns-<br />
tochtcr Frau.z Wessels) die Bibel wie<strong>der</strong>um mit starkem grünen Sammet<br />
überziehen, welchen Überzng sie noch heute als Hülle trägt." Folgende<br />
Worte ans <strong>der</strong> Innenseite des Vor<strong>der</strong>decke!?, in schöner Frattnr geschrieben,<br />
bezeuge» dies:<br />
,.^bwol <strong>der</strong> seliger Bürgermeister Her Frank Wessel diesse Bibel<br />
Anno 1555 by 3. Maricnu Kerckcn vnnde Predigstoel gegellen vlld<br />
doiuals mit groncm siden Atlasch beleben laten: So is dennoch <strong>der</strong> siden<br />
atlasch zn den ^>< jaren daranne sehr torcten gewesen, .heft <strong>der</strong>entwegen<br />
Her ^tcllclinn Bolscholv, ock Vorsteher S. Niclaus Kerckcu, welcker seligen<br />
Her Frallb ^l^escls Sohns Dochter gesieiet, diise Bibel wie<strong>der</strong>ümb tho<br />
gadcs Ehren vund ferner gedechteuisse lnil groncilt Sanunit beteheu laten.<br />
^)iach (5bristi vnscrs icligmachers gebort li',^^, den l«i. Maij.<br />
Stenelin Völschow."<br />
Als dieser Bürgermeister Stevelin V. bereits seine zweite Frau besäst<br />
ans dem alten rngischen Geschlecht <strong>der</strong> Segebade, kaufte er U>^4 seillem<br />
pctuuiär notleidenden Schwager Albrecht Segebade dessen Mut Mohrdorf<br />
und mehrere Hösc in .vwbendorf ab. lIul. v. Bohlen, (Aejch. d. Geschl.<br />
v. Krmsow II. Teil, Seite N>8 Anm.)<br />
I^l Iohanll Pölschow II. wurde 155! als Studeut in Greifs-<br />
wald, im Iuui 15,7)C» als solcher in Rostock und am ^tt. April 1559 in<br />
Wittenberg immatrikuliert; er war 157!^ Beisitzer uud 15ftH Merichtsoogt,<br />
sowie Provisor des Georghospitals, 157^—15^.^ Ratsherr überhaupt und<br />
starb l;V^7—K6. Vou seiuer Frau Margarete, Tochter vou Paul ^cpcl<br />
uud Anna Hanneulanu, besaß er vier Kiu<strong>der</strong>: ^> Iohauu lHans),<br />
dj E man nel, cj Valentin,
Haus in <strong>der</strong> Kuhstraßc gekauft. Der Schreiber des (^wntrum würde ihm<br />
aber deu Titel „Herr" nicht vorenthalten haben, welcher dem Ratsherrn<br />
zukam. Spätere Schicksale von Hans sind nicht bekannt geworden, anch<br />
seine Verehelichung nicht. Er mag jung verstorben o<strong>der</strong> ausgewan<strong>der</strong>t sein.<br />
d) E mannet wurde bei <strong>der</strong> Universität immatrikuliert als Mannet<br />
Wolschow (Irvp^i8^vlilslen8i3 am ^2. Juni 15>tt^; städtisä»er Vinger ivurdc<br />
er Ostern 1d94. Alls scilter Elie mit Dorothea Büm'ow stannnte ein<br />
Sohn Johann Völschow, welcher Burger zu Stralmud n'urdc und sich<br />
mit Nikol. Bock's tu Snalsuud Tochter Maria ehelich verband. — Dem<br />
(5'manucl P. gehörte uach Aussage des Katasters vou !«;!
— 12 —<br />
Helmschmnckes stehen die Buchstaben V. V. Nur Haus siegelt mit einer<br />
echteu Hausmarke, in welcher zwei gekreuzte Gegeustäude auf o<strong>der</strong> vor<br />
einem bestell stehen.<br />
Die einfachste Form des Völschow'schen Wappens, ein Stengel mit<br />
7 Blumen, findet fich iu dem Item 'llir. li^ <strong>der</strong> ^iitolaikirchc zu Greifs,<br />
wald. Der Stein liegt jetzt in <strong>der</strong> Turmhallc; er war mit <strong>der</strong> Zeit in<br />
dell Acsid dcr ^-aluilie ^oruow übergegangen, dalier ist dieser Name in<br />
dell Stcill geincistelt. Einfach ist auch das iu Siebmachers Wappeilbuch V !6,<br />
Tafel IU, dargestellte Wappeu.<br />
N) Über das Denkmal, welches All na Völschow ihrem verstorbenen<br />
Gemahl gefetzt hat, verbreitet sich <strong>der</strong> verstorbene Jultizrat Wllh. Hagemeistcr<br />
in einem anollymen Sondcrabdruck ails <strong>der</strong> „Stralsllndischcn Leitung" nnter<br />
dein Titcl „Ein Gang dnrch die St. Nikolaikirche zu Stralsnnd", Straljund<br />
19s)l, Seite 7: „Es folgt die Hagemeitter'sche Kapelle, welche vom ^andrat<br />
Eman. Hageuleister den gegelllvärtigcli rclchcll Vorbau im Varockstil erhalten<br />
hat. 3ie birgt im Illnern vcrfchicdeile -Kunstwerke. In ihr befindet fich<br />
nämlich das iu schöner Neuaissancc aus 3leiu hergestellte Epitaphium<br />
anf Burgcrmelster Joachim Htllllkon', geb. I.'>l^, s l«il)l, welches ihm<br />
von seiner Witwe Anna Bölschow errichtet wnrde. Oben enthält es in<br />
cmem tlciucreu ^-elde die Aliferstchuug, unteu im Hauptfelde die Krcll^igllng<br />
auf Goldgruud ill Hautrelief, gauz oben, daMischeu lllld llntell biblische<br />
Svrnche, welter llntell aber das Ehepaar kuieeud dargestellt, zu seinen<br />
Seiten die Wappell <strong>der</strong> Familien Klinkow, Bölschow und Stevelin, <strong>der</strong><br />
lekteren als dcrjelligen <strong>der</strong> Htlltter <strong>der</strong> Ehefrau. Gauz uuten steht die<br />
Inschrift, wie gewöhnlich einen kurzen Lebenslauf enthaltend. Unter dem<br />
ganzen Wert befindet sich ein erst in fpäterer Zeit vom Fußboden auf-<br />
gerichteter ^eichenstem, die Ehelemc lebensgroß in Basrelief darstellend."<br />
Dasselbe Sckrntchen erwähnt eine durch das ganze Mittelschiff <strong>der</strong> Kirche<br />
sich hinziehende hölzerne Wappengalerie, welche die Wappen von Äürger-<br />
meistern nnd Natsherren enthält. „Es sind dies die folgenden Wappen,<br />
<strong>der</strong>en Inhaber dnrch die daruuter befindlichen, soweit sie bei <strong>der</strong> letzten<br />
Nestauranou vor etwa 30 Jahren falsch geschrieben, hier berichtigten<br />
Anfangsbuchstaben ihres Namens bezeichnet werden: . . . . In den vier<br />
ersten Abteilungen <strong>der</strong> Nordseite <strong>der</strong> Galerie vom Hochaltcr ans (Seite ^)):<br />
l-t. k. V.. das m Herr 3tcvelin völschow, ^atsh. 15)7^, f lf)
städtischen Bürger vom Jahre l5>94 mit Martin, dem Sohne des „seligen<br />
Hennings" verwechselt. Ist jemand seit sechs Jahren Natmann, so muß er<br />
das Bürgerrecht mindestens sechs Jahre früher erworben haben! Martin,<br />
Johanns Sohn, war Provisor des Heiligen (Aeist-. nnd (Ncorg-Hospitals<br />
und von !M7 bis llNA Bürgermeister: im Jahre 1l'>1^ wurde er auch<br />
noch (^0N3lliariu5 ^rcivlnciil.Ii^ dis er am ^. Juli 1li:i <strong>der</strong> Tochter Elisabeth von Martin<br />
Henning Völichow, <strong>der</strong> vcrwitwetell Jochim Tiede'sche.<br />
Hautz voltschow dt. m fi. jetzt etwa Knopfstr, Nr. 29.<br />
H. karten völtschow dt. 2^2 fi. ^ Markt Nr. 14.<br />
Voeckstrate rechter Handt vp<br />
Vorchart völtzkov dt. 2'/2 fi.<br />
6lollM8) eju8(l^ltt dt. 2'/2 fi.<br />
Diese in <strong>der</strong> Fleischcrstraße gelegenen Grundstücke wurden durch die<br />
Beschießung vonseiten des Großen Kurfürsten später „6rde gleich" gemacht.
— 14 —<br />
lincker Handt vp<br />
- 15 -<br />
k) Stevelin V. wurde Kaufmann in Stralsnnd. Alts seiner Elie<br />
mit Barbara Schwarz, Tochter des Straljunoer Ratsherrn Carstelt<br />
Schwarz, stammten namentlich Martin Bölschow, vermählt mit<br />
Margar. Niemanu, und ein Sohn ans des letzteren Ehe: Steoeliu V.,<br />
geboren 1627, ferner Georg V., gestorben als KaliflnallN in 2tralsnnd<br />
162i). Ill dell „Nachrichten^' voll Dinuies werden noch Mei weitere<br />
Kin<strong>der</strong> von Slevelin angeführt: Barbara illld Christian. Auch wird<br />
dort als Frau des Kaufmanns l^eorg V. Margarete ^tath'ack (!4)<br />
genannt, Jak. Völlers Witwe ^ 16^4>.<br />
c> Sanlllel ^. wird nur in <strong>der</strong> Genealogie voll Dinnies erwähn!.<br />
Bürgermeister Hiarti ns zweite Ehe hatte einen ähnlichen<br />
Kin<strong>der</strong>segen anzuweisen als die erste. Ins Gewicht fallen voll den Kmdcru<br />
aber nur 2.) ocr spätere Ratsherr Joilla B., zeit !l:l.lt.il,i<br />
(?6rt.l'uc^3.6 ^nF6lt^ei'c!lt)3 rilius; viflu8 V.lllell^^^/' —<br />
Beim Einrücken <strong>der</strong> feindlichen Kavallerie im ^jährigen Kriege, am<br />
^l). November 1627, erhielt <strong>der</strong> Oberst Joh. Wrat. v. Pcrnstcin ill<br />
Iosuas Hause sein Quartier lBalt. 3lud. XV, l, 11
- 16 ^<br />
Es mögen verschiedene Gründe zusammentreffen, durch welche die Zahlungs-<br />
fähigkeit des Iosua beeinträchtigt wurde. Nach einer Meldung des k^ros. Ili^tor.<br />
Hans Matthias Velschow (->- l^^) zu Kopenhageu, scheiubar aus einem<br />
^cläienprogranlm von Ioach. Gerjchow, wurde Iojua am ^^. Oktober ls>^2<br />
geboren. Er besuchte nicht uur deutsche Universitäten, son<strong>der</strong>n auch Italieu,<br />
Frankreich und England, bevor er sich in seiner Vaterstadt nie<strong>der</strong>ließ.<br />
Teine Ansbildnng hatte somit viel Geld gekostet. Dann trat er in ein<br />
Gemeinwesen ein, anfangs wohl ohne jede amtliche Stellung, welches durch<br />
die Uuguust <strong>der</strong> Zetteu, den Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> Hansa nnd nicht zuletzt durch<br />
die erbitterten Kämpfe, welche <strong>der</strong> Landesherr Herzog Philipp Julius gegen<br />
die Städte seines eigenen Vandes Pommern^Wolgast geführt hatte, zurück-<br />
ging. Hinzu trat später erschwereud <strong>der</strong> Druck, welchen <strong>der</strong> A5> jährige Krieg<br />
o<strong>der</strong> nach seinen eigenen Worten die lei<strong>der</strong> eingefallene Kaiserliche Armee und<br />
die daranf erfolgte Einquartierung hervorrufen mußten. Der Orimm <strong>der</strong><br />
Kaiserlichen mag ihn beson<strong>der</strong>s gedruckt habeu, weil ihm N)^i> als Stadt-<br />
kriegokommissar die Werbuug, Ausrüstung und Löhnung von Söldnern oblag.<br />
Eine akteilgemäne Darstelluug vou Iomas Verlegenheiten bringt <strong>der</strong> bisherige<br />
Bürgermeister 5)) Dl-. Sälulkc iu „beschichte <strong>der</strong> Stiftungen<br />
städtischen Patronates", <strong>Greifswald</strong> IN'.i'.l, S. 1i>^. Über die hereill'<br />
brechende Katastrophe heistt es hier: ..Voll Ni:;? au bis zn seinem lll44<br />
erfolgten Tode ^vergleiche oben !
Aapttel Ili.<br />
Henning Völschow und seine ßrben.<br />
Dak dieser Abschnitt überhaupt nie<strong>der</strong>geschrieben werden konnte, verdanken<br />
wir zumeist dem Bienenfleiß des am 13. Dezember 1W4 verstorbenen<br />
Professors Pyl, aber anch <strong>der</strong> Herausgabe <strong>der</strong> älteren Universitätsmatlltcln<br />
durch Ernst Friedlaen<strong>der</strong>.<br />
Henning, welcher das städtische Bürgerrecht 1545) erwarb, war<br />
Kaufmann zn Grcifswald. Ans seiner Ede mit Margarcta Hanncmann<br />
stammten die Söhne Joachim und Ä)^artin, sowie die fünf Töchter:<br />
Anna, -9!^, vermählt mit dem !
— 18 —<br />
hafter Testaments-Verwaltung des letzteren, infolge dessen Margarete V.<br />
dem Testamente eine Obligation vom 33. Juni 1581 über 20i) Mk. aus-<br />
stellte, mit Bürgschaft ihres Schwiegersohnes (nicht Schwagers, wie dort<br />
gedruckt steht) Georg Gröneberg und ihrer beiden Söhne Joachim und<br />
Martin Völschow. Copie." — Es ist wohl mit Sicherheit anzunehmen,<br />
daß mit Joachim, Hennings Sohn, jener Student Joachim V.<br />
gemeint ist, welcher den 23. September 15)(i^ das akademische Bürgerrecht<br />
erwarb. Sein Bru<strong>der</strong> Martin gewann nach des Vaters Tode (..Martin<br />
Voltzkow seligen Hennings Sone foetus e8t. civi^") das städtische Burger-<br />
recht im Jahre 1594. Er ließ sich dann als Gastwirt in seiner Vater-<br />
stadt am Markte nie<strong>der</strong>. Hier erlebte er eine sehr aufregende<br />
Zeit: Am k. Januar 16M hielt <strong>der</strong> Herzog Philipp Julius mit seiner<br />
Mutter und seinen vornehmsten Räten unter dem Schuhe vou 100 Berittenen<br />
seinen Einzug in die Stadt, um die Beschwerden <strong>der</strong> Bürgerschaft gegen<br />
den Nat zu prüfen und danach tief einschneidende Maßregeln zu treffen.<br />
Er stieg bei dem damaligen Ratsherrn Martin Völschow, dem späteren<br />
Bürgermeister ab, wahrend seine Mutter bei Manms Schwager Georg<br />
Engelbreckt Quartier nahm. Wer den Herzog Philipp Julius aktenmäßig<br />
kennt, weiß, daß seine Anwesenheit in <strong>der</strong> Stadt für die alten Geschlechter<br />
eine sehr aufregende gewesen sein muß, so sehr die Bürgerschaft auch Ursache<br />
haben mochte, mit <strong>der</strong> gegenwärtigen Stadtverwaltung und mit dem Nate<br />
unzufrieden zu sein. Mehrere Ratsherren und Provisoren wurden von dem<br />
Herzog gcmaßregelt; <strong>der</strong> Bürgermeister Smitcrlow, ein Schwager des Gast-<br />
wirts Völschow, verlor sein Amt und mußte flleheu, denn: ,,rur6U8 prokikitus<br />
65t. 8upl'lniotHtu8 00ll8u1 8uri86!liitj clu^ll)U8 cnmminawril^, lvie es in<br />
dem Berichte des Dctans Prof. Grabow über den Anfang des Jahres 1007<br />
heißt. Smiterlow starb am 20. Mai 1607. Es wird auch tein bloßer<br />
Zufall gewesen sein, daß <strong>der</strong> Rektoratsbericht von ll;0
— l9 —<br />
berufsmäßiger Gastwirt sii08p68 meriwrius) war, wird ein bedeuten<strong>der</strong><br />
Teil des herzoglichen Gefolges bei ihm Aufnahme gefunden haben. Dies<br />
mag wie<strong>der</strong> eine bedeutende Arbeitshäufung und gewiß viel Ärger verursacht<br />
haben.<br />
Lei<strong>der</strong> war diese Arbeit noch nicht genug altsgereift, um die Frage<br />
des nunmehr verstorbenen Iustlzrats Kirchhofs, ob nicht mindestens eins<br />
<strong>der</strong> drei berühmten GiebeltMjer am Markte <strong>der</strong> Familie Völschow gehört<br />
habe, überhaupt beantworten zu tönncn. Seine Anfzcichnuugen werden<br />
noch erhalten sein. Durch Kombinationen dieser mit unseren bisherigen<br />
Bemerkungen über Völschow'sche Häuser am Markte mögen noch einmal<br />
sicherere Schlüsse zu machen sein. Der I'iMliooliouu wohnte etwa an <strong>der</strong><br />
Stelle des Hotel du Nord.<br />
Aapitel IV.<br />
Martin Völsckow ll. und seine chrben.<br />
Zugleich mit seinen beiden Brü<strong>der</strong>n Hans uud Henning wurde<br />
„Märten Voltzkow" Michaelis 1545 in das Bürgerbuch eingeschrieben.<br />
Er war wohl älter als Henning; daher erhielt er wohl von seinem Vater<br />
dessen Haus am Fnchmarkte. Städtischer Ratsherr war er seit seiner Wahl<br />
am W. September js)l,1 fast dreißig Jahre bis zu seinem Tode im Frühjahr<br />
li>90. Über sein Grundstück erhalten wir anßer <strong>der</strong> obigen Mitteilung<br />
aus dem Stadtbuche Nr. XVII, lol. 92 noch zwei Nachrichten aus den<br />
Universitätsmatrikeln: Am Ll). Mai 1561 wurden fünf Arbeiter in seinem<br />
Wohnhause unter den Trümmern seines im Neubau begriffenen Vorrats-<br />
Zimmers o<strong>der</strong> -Kellers verschüttet, von denen nur zwei mit dem Vcben<br />
davon kamen. Sodann wurden in <strong>der</strong> Nähe seines Gartens an <strong>der</strong> Stadtmauer<br />
anno 1564 zwei atadennsche Wohnhäuser wie<strong>der</strong>hergestellt: das des<br />
Dekans und das des Theologen und zwar durch den Magistrat „mwi-cecionw<br />
twk)rit)ä.tO prmmpum." In dieser Gegend ungefähr besass sein Nachkomme<br />
Moevius Bölschow 14s) Jahre jpatcr recht bedeutende Gartengrundstücke:<br />
fünf ganze „Hofstelleu" nebst dazu gehörigem Gartenland.<br />
Martins Nachkommenschaft ist sowohl nach ihrem Werte als nach<br />
ihrer Zahl reckt bedeutsam. Unter den männlichen Deszendenten begegnen<br />
wir einigen, <strong>der</strong>en Nuf weit über Pommern hinausrcicktc; seine weiblichen<br />
Nachkommen heirateten ähnlich wie diejenigen seiner Bru<strong>der</strong>, in die edelsten<br />
Geschlechter. Er selbst lst dadurch in semer Vaterstadt bekannt geblieben,<br />
daß er „in Gemeinschaft mit Kaspar Corswant und Peter Gruwel die<br />
Marienkirche mit <strong>der</strong> noch erhaltenen Kanzel geschmückt hat, infolge dessen
— 20 —<br />
ihre drei Wappen an <strong>der</strong>selben angebracht wurden." Das Wappen von<br />
Martin V. stellt einen ÄlumenMeig in einem Schilde dar, welcher von<br />
einer Iungfran hochgehalten wird; hinzugefügt ist <strong>der</strong> Wahlspruch: ,,ss.!, 5l
— 21 -<br />
ist bestimmt schon im Jahre 15^,1 geboren. Nach Pnl hat Martin II.<br />
auch eine Gruft nebst Stein in <strong>der</strong> Marienkirche erworben. Martins<br />
ererbtes o<strong>der</strong> vom Pater ilun geschenktes Hans lag aber im Gebiet <strong>der</strong><br />
Nikolaikirche.<br />
Das große Bammelwerk „Eiebmachers Wavpcnbuch" hat in Bd. V,<br />
Abt. NI, Seite 17, Tafel 19, erschienen l6ktt, das Wavpen <strong>der</strong> ..bürgerlichen^<br />
Familie (Patrizierfamilie) Völschow nnd gerade dasjenige dieses<br />
Martin so dargestellt, daß im Wavpcnfelde ein slachliegen<strong>der</strong> Zweig erscheint,<br />
aus welchem fünf Blumen aufsprießen, während über dem Helmc drei Blumen<br />
sichtbar sind.<br />
Als Kuriosum sei nur erwähnt, daß in dem (Gedicht ..I.i!»ri 8miter><br />
Is>vig.äuln" (die Origiualhandschrift befindet sich ill <strong>der</strong> Natsbibliothek zu<br />
Stralsund), verfaßt 15)^0 durch Christian Zmiterlow IV.. die Abstammung<br />
<strong>der</strong> Familie Völschow auf die — Bolslcr im alten Italien zurückgeführt<br />
wird.<br />
Also Martin halte zwei Frauen: 1. Elisabeth und 2. Regina.<br />
Erstere war Tochter des Bürgermeisters M. Burchard Beckmaun, letztere<br />
Tochter des Ratsherrn Joachim Engelbrecht II. Elisabeth ist wcchrschemlich<br />
schon vor dem Jahre 1591, indem sie ihm zwei Töchter hinterließ.<br />
Ans <strong>der</strong> ersten Elie Martins mn Elnab. Beckmann zählen<br />
wir die Kin<strong>der</strong>: ^) Burkhard, li) Anna, s'» Christoph, D) Gertrud,<br />
L) Regina, ^> Elisabeth. (>/?«^<br />
^) Aurchard V., geboren 1512, 7 j!^r> wollte studiereu, er wurde<br />
auch am lll. April 15N4 als „Vorchardus ^oll5to" iu die Uuiversitätsmatrikel<br />
eingetragen. Allein er wnrde durch Unu'tände gezwungen, Kaufmann<br />
zu werdeu. Das städtische Bürgerrecht erlaugte er Ostern l5>94.<br />
Später wurde er von seiner Vaterstadt mit <strong>der</strong> Aumcht über die Handhabung<br />
<strong>der</strong> Maße und (Gewichte betraut (I^mierilmä pu!)llc.i8 prnctixulz<br />
e^t). Im Jahre 1575 vermählte er sich mit Anna Schlichtkrull (s !5)i»7),<br />
<strong>der</strong> Witwe des Johann Tcssin. Sie gebar ihm 3 Töhnc llnd 5 Töchter:<br />
a> (^eorg wurde am A. Juli lttM Bürger und Kaufmann zu<br />
Stettin (Stettiner Aurgerbtlch anno 1604. sowie schriftliche Auskunft des<br />
Geh. Archivrat v. Bulow zu Stettin);<br />
d) Johann starb jung;<br />
c> Burchard blieb sett einer 3eereise nach Spanien und Ostindien<br />
verschollen, seit 1613;<br />
6) Anna starb bald nach ihrer Geburt;<br />
e) eine Ersatzlchwester Anua starb 1599 au <strong>der</strong> Pest;
— 32 —<br />
l) Elisabeth verehelichte sich mit Nikol. Schwanebeck, Pastor in<br />
bei Anklam;<br />
3) Regina ur"t m einen Ehebund mit Kaufmann Jak. Stiveleben<br />
zu Anklam; , < ' '<br />
k) Ilsabe ließ sich mit Kaufmann Nikol. Neumann in <strong>Greifswald</strong><br />
kopulieren.<br />
fi) Anna heiratete in erster Ehe den Ratsherrn und späteren Bürgermeister<br />
(bis 15)9« 5) Joachim Erich I. Seit 1l>08 war sie Ehefrau des<br />
Ratsherrn (seit 1610) nnd Bürgermeisters (1624, in welchem Jahre er<br />
bereits am 20. Oktober starb) Johann Sdunek.<br />
Über Oertrud heiratete den Bürger Martin Erich, einen Bru<strong>der</strong> des<br />
Bürgermeisters Ioach. Erich I.<br />
N> Regina (f U;^) ehelichte den Ratsherrn und Provisor <strong>der</strong><br />
Nilolaikirche Erich Schlichtkrnll (1" 1
— 23 —<br />
Das erste Kind von Joachim nnd Sibylla scheint Negina gewesen<br />
zu sein, geboren am 4. August 15^2 und gestorben im Januar KNl).<br />
Ihr erster Gatte wurde 15W Joachim Vrunnemann, weläu-r als Bnrger-<br />
meister 1603 starb. Ein Sohn aus dieser Ehe war <strong>der</strong> vielseitig gebildete<br />
und berühmte Dominus Petrns Brunnemann, welcher namentlich am<br />
dänischen Hofe freien Zutritt hatte.<br />
Reginas zweiter Gatte war Christian Sckwarz, 001,81'iii arcani in<br />
^ula Ducici 5)t^till6il8i ^l?56880r nnd später ^o"!ltl>r (^lv^ili^waläon^if,<br />
(161s)—3l), von 1031 an Bürgermeister zn Greiftwald (7 164.^). Diese<br />
zweite Ehe wnroe am 3. Januar 16
— 24 —<br />
Am 16. Juni 1631 wird die Stadt lHreifswald wie<strong>der</strong> den<br />
Schweden zurückgegeben, nachdem <strong>der</strong> Kaiserliche Oberst Perusius bei<br />
einem Ausfalle erschossen worden ist. Der König Gustav Adolf besucht<br />
selbst die Stadt, und Joachim Voli'chow hält die Begrüßungsrede, welche<br />
von dem Könige in einer kräftigen lateinischen Rede erwi<strong>der</strong>t wird.<br />
Über Joachims WM zum kector mHAmticuL berichtet die<br />
Matrikel (Friedlän<strong>der</strong> I, nlD): ^rmo Domini 1636, 3. Ocwdi-18 rec>tm'<br />
en^ ^1eetu8 et 10. Novemln-izz cleol^r3.tu8 68t<br />
in8crif)tu8 1606, 13. .lanuarii) i. u. ä. et<br />
Am 4. Dezember 1636 wurde er vom Herzog Vogislav in<br />
eine erledigte Professur <strong>der</strong> juridischen Fakultät berufen und ani Ende<br />
dieses Monats auch von <strong>der</strong> Fakultät aufgenommen. In <strong>der</strong> Folge war<br />
er noch oft Dekan <strong>der</strong> juridischen Fakultät und noch zweimal Rektor <strong>der</strong><br />
Universität. Seine lehte Wahl zum Rektor fand am 26. Oktober 1644<br />
statt. Bei Aufzählung <strong>der</strong> Professore«, welche eiu festes Gehalt bezogen,<br />
wird er einmal als „
— 25 —<br />
Der spätere ^cneralsuperintendent Maevius Völschow o<strong>der</strong><br />
latinisiert „Vokclwviu^, wilrde am 7. Mai 15««') als das dritte Kind<br />
und früher als Joachim geboren. Nach <strong>der</strong> üblichen Schulzeit in Stralsnnd<br />
wurde er den 19. Mai 1ll04 in Nreifswald als Student angenommen.<br />
Hier stndierte er Mathematik unter Johann Wegeucr, später war er auf<br />
dem akademischen Gymnaslnm in Stettin i1 als<br />
Professor matkemiUum uach <strong>Greifswald</strong> bcrufeu wurde. (5r führte dies<br />
Amt drei Jahre lang und gab viele mathematische Abhandlungen heraus<br />
(Dälmert, Pommerschc Bibliothek 3. Band, Seite .^.",). Da er sich anch<br />
<strong>der</strong> Theologie beflissen hatte, so ward er KN5) Präpositus zu Verben<br />
auf Rügen, dann K',22 Präpositus zu Demmiu, l25) erhalten während<br />
seines Pastorats zu Demmiu. Cm Jahr später, am 1. März 10^. Februar<br />
155 erward er deu Grad eitles I.icentiltt,i8 .jüt-is, so erschall er auch als<br />
Zeuge am 17. September 1»ii)7. Schließlich wurde er im Jahre l) eine ganze Anzahl von<br />
Akten erhalten geblieben, ans denen nachstehend geschöpft ist: In seinem<br />
Gesuche an den brandenburgischcu Kurfürsten bekennt „Fri<strong>der</strong>ich Volschow",<br />
vor etlichen Iahrcu zu <strong>der</strong> reformierten Kirche übelgclrcteu zu sein und<br />
dadurch Mißhelligkeitcn mit seinen streng lutherischen Anverwandten erzeugt<br />
zu haben. — Bctauutlich war sein Bater Moeoius ein Hauptstreiler für<br />
') Wenn die Schwester EibyNa wirklich, wie behauptet wird, ani 2. November<br />
1584 geboren ist, so gerat dk' Aligabe <strong>der</strong> gedruckten Universitäts-Matrikcl I 593<br />
mit den Naturgesehen in Wi<strong>der</strong>spruch, wenn sie den 20. April 1585 als Geburtstag<br />
des Maevius in Anspruch nimmt.
das lutherische Bekenntnis und ein beson<strong>der</strong>er Eiferer gegen die vielen<br />
Calvinischen „Dockmäuser und an<strong>der</strong>e Irrlehrer!" — „Wann dannenhero",<br />
schreibt <strong>der</strong> Bittsteller, „mir leine HMmng in meinem Vatterlande in<br />
solcher maßen und Stande geduldet zn werden, noch bey dem Meinigen<br />
ohne vnerträgliche Verfolgung zu bleiben einigst Absehen haben kann:<br />
Danenhero ick lieber alhier mit geringer Gelegenheit nach Gottes Willen<br />
vorlicb nehmen wolte. Worzu sich dan auch auff Vorschlag meiner alhie<br />
geneigten freunde beiden Pröbste in Berlin nnd Cölln, auch ^1s^ts>rkli8<br />
Kchn8 6^nmÄ8ii likcwrig recommkll^l^ion eine Gelegenheit bey dem<br />
Pyritz- und Sahischeu Burg Gerichte, <strong>der</strong> Va^n^ des 8ocrot.nriaw3<br />
ereuqnet." — Daranf wird dnrch kurfürstliche „Bestalluug" vom 9. Dezember<br />
N)»)7 „<strong>der</strong> I^e^ntilitng l^Vislericli Vol^c^n^iuL wegen seiner Unß gerühmeten<br />
gutteu ^rn^ition und (^iil^1ltlit6n zu einem Bnrggerichts 8o(^rotg.r'l0 des<br />
Piritzscheu nnd Satziger Crcysies gncdigst bestellet." Ein zweites kurfürst-<br />
liches Neskript geht gleichzeitig an den „Hofgerichtsrat uud Burgrichter zu<br />
Pirift und Sahig, Henrich von Guntersbcrg" mit dem Befehl, „gedachten<br />
Volsclwvium in die gewöhnliche Eydespslicht zu nehmen und zu diesiem<br />
Dienst zu gebrauchen." — Die Alten erzählen weiter, daß Bölschow sich<br />
durch die Gegnerschaft und den Wi<strong>der</strong>stand des Rcmmeisters Paris, welcher<br />
nebenamtlich das Sekretariat verwaltet hatte, in seilten Einnahmen nnd<br />
auch au sciucr Wolinungsqelcqenhcit geschädigt fühlte. Auch seine Besoldung<br />
aus dem Amte Satzig ging einmal nicht ein. Alle diese erwiesenen Schäden<br />
wurden von <strong>der</strong> Regierung beseitigt, die Gehaltsentziehung namentlich durch<br />
ein kurfürstliches Rcskript au die Amtskammer l^ d.uo Grimnih den<br />
4. August 1671. Seit einer Beschwerde <strong>der</strong> Schulzen aus dem Amte<br />
Satzig über Eigenmächtigkeiten des Nentmeisters („Bericht <strong>der</strong> Hiuter-<br />
pommerschen Commissarien" Stargard den 14. April 16^2) wird <strong>der</strong><br />
Nculmeincr nicht mehr erwähnt. Iedeufalls hatte Pölschow seitdem Nuhe.<br />
Bald aber stellt sich ein an<strong>der</strong>es Hillhebetnirsuis bei ihm eiu: das des<br />
Siechtums nach vielen Strapazen, wozu auch die Kriegsdraugsale beitrugen.<br />
Und er erreicht es durch ein Gesuch vom Jahre l
27 —<br />
und verehelichte sich noch am 23. April 1691 mit Katharina Elisabeth<br />
Hoffmann. Im Jahre 1699 starb er.<br />
4. Katharina. Sie starb 3 Jahre nach ihrer Verehelichung mit<br />
dem Pastor Jak. Runge zu Gingst im Jahre 1037.<br />
5. Regina, jung gestorben.<br />
Nachdem Ursula 162!) gestorben war, ging Moevins V. im Jahre<br />
1631 eine neue Ehe ein mit Iliade Krakevitz, einer Tochter des Professors<br />
und Generalsuperintendenten Barthold Krakcviy. Alls dieser Ehe stammen<br />
die Kin<strong>der</strong>:<br />
1. Christoph, immatrikuliert mit zwei Söhnen erster Ehe gleichzeitig<br />
am 15. August 1639. Er hat seinen Vater überlebt.<br />
2. Barthold, noch vor dem Vater gestorben.<br />
3. M oevius, später als 8truc^uarni8 ^cklislm^s von seinen Kin<strong>der</strong>n<br />
beerbt. Er sowohl wie sein nächstfolgen<strong>der</strong> Brndcr Daniel werden am<br />
5. Oktober gratis immatrikuliert und zwar als Knaben i,.lwn M-urullt pu6l-i">.<br />
4. Daniel. Er überlebt den Vater nach dein Zengnis von<br />
I. H. Balthasar nickt. Von an<strong>der</strong>en Teilen aber wird ein Wandschncidcr<br />
Daniel V. als Sohn des Oencralmperintendenten Mevins V. ansqegebcn,<br />
wie weiter unten bei den Nachkommen des Ratsherrn Johann eingehend<br />
erörtert werden wird.<br />
5. Margarete (5 1676), Gattin des Diakonen kl. Nik. Alberti<br />
zu St. Nikolai in <strong>Greifswald</strong>.<br />
6. Ursula, nur kurze Zeit am Veben.<br />
7. Regina. Sie lebt noch bei dem Tode des Vaters, welcher am<br />
8. Juli 1650 erfolgte. Bestattet wurde Moevins Völschow <strong>der</strong> Vater am<br />
13. Juli 1650 in St. Nikolai. Die ausführlichste ^ebcnebeschrcionng über<br />
ihn hat außer Zedlers Universal-Lexikoll Joh. Heinr. Balthasar geliefert in<br />
seiner II. Sammlung zur pommm'chen Knchenhistorie gehöriger Schriften<br />
^<strong>Greifswald</strong> 17^5 in 4", Seite 6tt>4 ff.). In Dcminin erlebte Mcvius<br />
Völschow die Greuel des 30jährigen Krieges an sich selbst, wie Christian<br />
Schöttgen in seinem Werke „Altes und Neues Pommern" anschaulich<br />
beschreibt. Diese Beschreibung ist mitgeteilt in Stolle, Geschichte von<br />
Demmin, Seite 7N. Volkstümlich und doch wissenschaftlich geartet,<br />
namentlich das Streben und die Leistungen des Mevins betonend, ist seine<br />
Lebensbeschreibung auf Seite 55 bis 61 <strong>der</strong> „Beiträge zur Kulturgeschichte<br />
<strong>der</strong> Stadt Demmin von Franz Müller." Dcmmin 19^.<br />
Die Brustbil<strong>der</strong> des Konsistorial-Direktors Joachim und des Generalsuperintendenten<br />
Mevins V. sind noch heute im Besitze <strong>der</strong> Universität zu<br />
Grcifswald und in photographischer Wie<strong>der</strong>gabe, 9X !2 Zoll im Umfange,<br />
im Befitze a> des Professors Alfred Voelhkow zu Berlin, !)) <strong>der</strong> Erben von<br />
F. A. Velschow in Kopenhagen.
— 28 -<br />
Es erübrigt noch, aus <strong>der</strong> Familie des Generalsllperintendenten auf<br />
die zwei durch Kiu<strong>der</strong> beerbten Sohne Joachim erster Ehe nnd Mevius<br />
zweiter Ehe sowie auf ihre Erden näher einzugehen:<br />
I. Joachim, geboren 1616 zu Bergen, als Student zu <strong>Greifswald</strong><br />
eingetragen am 20. Äiai 16?,0, zu Stettin 1633, zu Rostock erst Michaelis<br />
1639, wird 1619 Pastor zu Altenkirchen auf Rügen und stirbt dort 1675.<br />
Näheres über ihn berichtet mit <strong>der</strong> ihm eigenen Drastik Wackcnro<strong>der</strong> in<br />
„Altes und nenes Nügeu" vom Jahre 1732 Seite 371. Aus seiuer Ehe<br />
mit Margaret«, Tochter des Pastors Daniel Svalkhawer zu Wieck, stammen<br />
die Sohne:<br />
«) Maevius, welcher in Kriegsdienste trat. Nicht identisch war er<br />
mit dem Seifensie<strong>der</strong> Maevius Joachim Völschow 1699 zu Kolbcrg. letzterer<br />
stammte aus Auklam.<br />
^) Daniel, Bürger und Brauer zu Bergen, vermählt mit Anna<br />
Wackenro<strong>der</strong>. Von ihm stammt ein Sohn Joachim, von welchem es m<br />
<strong>der</strong> l^reifswal<strong>der</strong> Universitäts-Matrikel hciftt: „20. ^pril 1703 Joachim<br />
Vi'iec'swving ^orssas-Ru^muL 1^.. 1^». 8Ul6lo3U3 juruvit..^<br />
7) Joachim, welcher Jura studiert (immatr. 28. September 16N0<br />
zu (hreifswald) uud sich zu Anklam nie<strong>der</strong>läßt.<br />
e)) Io hanu Friedriäi, als I^um ^tusli^n« am 14. Oktober 16ttl<br />
zn (^reiftwald imlnatriknliert (llcclit 2 fl.). Er bleibt in <strong>der</strong> Lchlacht bei<br />
Flenrns im Jahre 1690.<br />
c) Jakob, Herbergiercr bei Anklam.<br />
II. ^ml Meoins Völ'chow heißt es im Album <strong>der</strong> Universität:<br />
,,3. ^l:viu8 V., :c^l. 1649^ ii!^'i-iptu8.<br />
lloc» tempro jur^vit niliilczup liesiit." Er wird 8tructlmriu3 und pi-o^ur^wr<br />
<strong>der</strong> Universität im Jahre 1669, er stirbt als solcher im Mai 1707;<br />
daneben war er während <strong>der</strong> Jahre 1697 bis 17n5 städtischer Senator.<br />
Diese Doppelstellmig in städtischen und akademischen Diensten erregte im<br />
Ratskollcgium viel Streit, <strong>der</strong> erst durch den König Karl Xll. beigelegt<br />
werden mußte. Mevins war zweimal verheiratet: zuerst seit 1672 mit<br />
Katharina Backmann lf 1692), Tochter des Kaufmanns und Provisors<br />
<strong>der</strong> Iatobikirche Georg Backmann, sodann seit 1696 mit Anna Corswant,<br />
Tochter voli Peter Corswant, Ratsherrn <strong>der</strong> Stadt Stralmnd ^1673—9ii).<br />
Aus erster Ehe stammen d'e Kin<strong>der</strong>:<br />
«) Moe vius, Hofgerichtsadvokat (^voantus et ^rocurator re^ii<br />
Vi>n5w!-ij) zu (Nreiföwald. Er hat ebenso wie sein Bru<strong>der</strong> (Neorg eine<br />
Art Abiturieuteuexamen im Jahre 16^6 abgelegt. Am 2. Oktober 1693<br />
wurde er als Student in das Albnm dkl Universität eingetragen „wegen<br />
<strong>der</strong> Verdienste seines Vaters/'
— 29 —<br />
/3) Georg. Dieser wird am 3. Juli 1699 zu Wreifswald immatrikuliert;<br />
später geht er in den Militärdienst.<br />
^) Varthold. Da die Immatrikulation für die Kin<strong>der</strong> von<br />
Professoren und akademischen Beamten cine unentgeltliche war, so wurde von<br />
den Bätern von dem ihnen zustehenden Rechte oft Gebrauch gemacht, weun<br />
die Söhne noch nicht das stndieufahige Alter erreicht hatten. Auck Bart:<br />
hold wurde als Knabe am x. November lM immatrikuliert. Er wnrde<br />
Kanfmann und wohnte in einem Hause <strong>der</strong> Vaugeustras^e zwischen Not'<br />
gerberstraße nnd Kapaunenstraße zum mindesten in dcr Zeit uou !7l6<br />
bis 1728. Es ist möglich, daß er dasselbe ganze Erbe bewohnte, welches<br />
nach dem Katastrum ini Jahre 1616 Hcrr Joachim V. und im Jahre<br />
1704 sein Bater Moevius besaß. Im Jahre l«i^O war es uubewohut.<br />
In <strong>der</strong> I^u«t.l-atio von 1704 wird auch eiu ueugebautes Haus des Herru<br />
Vloevius Pölschow in <strong>der</strong> Kapaimenstraße erwähnt au Stelle vou zwei<br />
halben uubewohutcn Erben, so „a«. N>7^ in <strong>der</strong> attaque abgebranndt".<br />
In <strong>der</strong> Kapannenstraße lag auch 1704 Daniel Böliäwws karten („drei<br />
halbe Hofstellen und Garten"). In dein Scelenregister <strong>der</strong> Inhre l717<br />
und 171^) heistt es aus dem Bezirk <strong>der</strong> Kapauneustrasie: „Bartoldus<br />
Pölschow ein Kallfmann: ein Hausvater, eiue Hausfrau, zwei Mägde."<br />
Seine verwitwete Mutter wohnte in jenen Jahren iu <strong>der</strong> ^,n1»strasic, uud<br />
in dem Hause daneben wohnte „Fran Bürgermeister voll Eorywant nebst<br />
<strong>der</strong>o Herrn Sohn und dem Not(arins) Hserru^ Nioevius Völschow," d. h.<br />
Bartholds Bru<strong>der</strong>. Söhne scheint Barthold nicht besessen zu habeu. Die<br />
Kirchenbücher von St. Iakobi, wohin er eingepsarrt war und woselbst er<br />
im Jahre 1716 als Kirchenprovisor seines Amtes waltete, neuueu uur zwei<br />
Töchter, von denen die am 16. März 1713 getanfte Barbara am<br />
LN. November 1736 mit Herrn Johann Böttichcr, Rettor <strong>der</strong> Schule zu<br />
Wolgast, kopuliert wurde. Der Küster voll St. Jakobi hat das Todesjahr<br />
von Barthold nicht entdecken können. Nun wird unter dell Stadtverordneten<br />
von <strong>Greifswald</strong> ein Bartholomäus Völschow lm Jahre 17l7 als „Fuuf^g-<br />
mann" Ulld 17^6 als „Achtmauu" genannt. Es liegt nahe, daji Barthold<br />
auch hiermit gemeint ist.<br />
Die Doppelstelluug feines Vaters teils und ursprünglich als akademischer<br />
Bürger und Beamter, teils später als städtlicher Ratsherr uud deshalb<br />
auch städtischer Bürger sollte dem Barthold noch eilte kleine Verlegenheit<br />
schaffen, wie ans dem Memorabilieubuch <strong>der</strong> Stadt <strong>Greifswald</strong> Nr. i^9<br />
(o<strong>der</strong> Aürgerbuch von 1672 bis 17W) hervorgeht, welches auch sonst noch<br />
unsere Kenntnis von Bartholds ?ebeu bereichert:<br />
„^.imo 170tt den 7. September l'lvi^ lactu5 65d fiül-tlwilinF<br />
VölZedou, Oivl8 et 86ria.tori8 l^,liri8, ein Kauff-Mann, «n1> Ll.16 r.Ui<br />
E. Edlen Rahts et (Ävium, im Ersten Stande, rt. ll^cliU
1. an Bürger-Gelde 16 fl.<br />
— 30 -<br />
2. zu E. E. Natits ?i-2.e»6nt 3 fl.<br />
3. zur Rust-Cammer 2 st. 16 ßl. 6t ^u<br />
Sein Beystände war Hr. Johann Warnecke, alsi dcßen H. Schwieger-Vater.<br />
Den Bürger-Zettel lösete Er noch denselben Tag auß. Eh hat aber<br />
s'.-l.m?ra 6xpre336 bedungen, daß da ^mpliäs. 8
- 31 -<br />
Der zweiten Ehe Johanns mit Gertrud Maevius eutsproßten<br />
neun Kin<strong>der</strong>. Aber nur über die Nachstehenden ist Einiges bekannt geworden:<br />
1. Joachim V., im Jahre !6l5> zu Frankfurt a. O. immatrikuliert,<br />
wurde Geheimsekretär des Herzogs Vogislaus XIV. und war später<br />
(um 1636) Pfandinhaber des lautes Grubenhageu zwischen <strong>Greifswald</strong><br />
und Gutzkow. Bor den Verwüsnnigeu durch das kaiserliche Heer floh er<br />
1637, die Ernte in Stich lassend, mit seiuer Familie nach Lübeck, wo er<br />
bald starb. Seine Witwe ließ sich den Pfaudkoutralt wie<strong>der</strong>holt erneuern,<br />
bis es 1642 zu einer heftigen Fehde zwischen ihr und <strong>der</strong> Universität kam.<br />
Sie soll in <strong>der</strong> Not deu wertvollen Wald von (Nrubeuhagen <strong>der</strong>art ver-<br />
wüstet haben, daß die Universität deu Schaden abschätzen ließ und in<br />
Stettin klagbar wurde.<br />
Aus Joachims Ehe mit Dorothea Mathics o<strong>der</strong> Matthiessen stammte<br />
ein Sohn Joachim (* 1636, ->- 1650).<br />
2. Anna (->- 1630 ledig) wurde adovtiert von dem Professor<br />
Friedrich Mevius, dem Bru<strong>der</strong> <strong>der</strong> Stamm-Mutter Sibilla Mevia. Direkt<br />
von Friedrich Mevius leitete seinen Ursprung her <strong>der</strong> berühmte Jurist<br />
David Mevius, Vizepräsident des hohen Tribunals zu Wismar.<br />
3. Friedrich wurde den 4. November 1614 all <strong>der</strong> Uuiversität<br />
<strong>Greifswald</strong> immatrikuliert.<br />
4. Johannes, immatrikuliert zu Frankfurt 1616 unter <strong>der</strong> Schreib-<br />
weise „Joannes Velschow". Er wird in Verbindung mit seinem Vater bei<br />
Pyl, Geschichte <strong>der</strong> Oreifswaldcr Kirchen I, Seite 432 mit U»recht<br />
erwähut. Es heißt dort wörtlich:<br />
„Martius zweiter Sohn, <strong>der</strong> Ratsherr Johann (1613—2tt), v.<br />
m. Baro. Bünsow, besaß in <strong>der</strong> Mar. K. Nördl. S. Nr. 232 einen<br />
Grabstein, 17^ l. 1l3 br., mit den Fam.-Wappen <strong>der</strong> Vö'lschow und<br />
Büusow, ohne Helme, und <strong>der</strong> Frakturschrift mit Initialen:<br />
Anno 1591 deu 17. Octobcr is Barbara Bunsow, Hans Volslowell<br />
ehelige husfrowe, im Heren sehllch entslafen vnde licht alhir begraven, vor-<br />
wartet <strong>der</strong> froligen Vpcrstundiuge in Christo Jesu.<br />
Später ging dieser Stein auf seinen Sohn Johann über, dem auch<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Stein, Mar. K. Nördl. S. Nr. ^04, 154 l. 1(X) br., gehörte,<br />
wie sich aus <strong>der</strong> gleichen Inschrift auf beiden „Haus Voljtow vnde sinen<br />
Erven, Anno 1615" schließen läßt." — Diese Erklärung ist nicht stich-<br />
haltig, denn <strong>der</strong> gleichnamige Sohn war im Jahre 1615) etwa 15) Jahre<br />
alt. Weit eher läßt sich aus <strong>der</strong> gleichen Inschrift schließen, daß die Gruft,<br />
in welche Barbara hinabgesenkt war, stch für cmcu Oatteu nut zwei Ehe-<br />
frauen und elf Kin<strong>der</strong>n, von denen die meisten juug starbcu, alio im<br />
Elternhause, als zu eng erwies. Diese Erkenntnis konnte Johann im<br />
Jahre 1615 bereits besitzen, und danach handelte er.
— 32 —<br />
5. Thomas V. Dieser bestattet sein Kind am 27. Oktober 1643<br />
(Manen-Kirchenrechnungen IV, 632 ^) und seine Fran am 4. April 1654<br />
(ebendort S. 77ly; er selbst wird beigesetzt am 7. September 1685<br />
(Iakobi-Kirchenrechuungen III, 657 und Marien-Kirchenrechnungen V, 464,<br />
wegen <strong>der</strong> (Gebühren für das Glockengelünte).<br />
6. Johanns letzter Sohn Daniel hat möglicherweise einen Sohn<br />
Daniel gehabt, ans welchen sich die Akten des Ratsarchivs zu Greifswalo<br />
I^itei-H s.', Nr. 392 beziehen. Dieser verlangt in einem Schreiben vom<br />
K Angnst 16W von dem Nat <strong>der</strong> Stadt endlich die Rückgabe von<br />
1m0 siout t'Iog campi, Liniern, vero 8(5utum, cui<br />
V0V6IN mllg.er6nt ro3Ä6 in culmo, ^l<br />
Nach <strong>der</strong> I^nätratio von 1680 besaß Daniel V. „Knopfstraße rechte<br />
Hand" ein ganzes Erbe, welches unno !
— 33 —<br />
Johann Heinrich Balthasar vermerkt in seiner II. Sammlung zur<br />
pommerschen Kirchcuhistorie gehöriger Schriften ausdrücklich diejenigen<br />
Kin<strong>der</strong> des Geueralsuperinteuoenteu, welche bel dessen Tode am ^eben<br />
waren. Zu diesen zählte <strong>der</strong> Sohn Daniel nicht. Dementgegen lesen wir<br />
in dem Bürgcrbuch <strong>der</strong> Stadt lMemorabillcubuch ^ir. ^'.», Seite 5'^!<br />
ausdrücklich:<br />
„D. L. ^u^usti ^s>. 1^72. Daniel Völschow l^^n. 8upcrinwn^^sltil;<br />
(später eingeschaltet die Worte ..lmj,l5 !l'l-) em l^ewaildschuei<strong>der</strong><br />
^ua.monts> t».c.tu3 68t. ei vis, ploilllUll-dE an Hiirgergclde l.2 ^ithlr.,<br />
wo.zn es Idm gelaßen, will aber solche an seiner 3chwieger Mittler <strong>der</strong><br />
fr. Treudcluborgschc For<strong>der</strong>ung scorti rel!, zu E. L. Rabie pr^ent aber<br />
bahr :-'> si. entrlchten undt eine fertige Mnßqvcte ani oie :>lnnlammer<br />
lieffern."<br />
Die Aufzeichnungen des verstorbenen Professors Velsch.ow in<br />
hagen melden: ,.li^li^l Viilzcllow ti! ^wl-m^lolf. en 5,n ^<br />
1- 17.')l> (l36^räinss Nr. 4'B; 1. Forts. S. 2^i, Nr.<br />
In den letzten beiden Meldungen liegt wenigstens ein lösbarer<br />
Wi<strong>der</strong>spruch: daß nämlich Daniel ^. nacheinan<strong>der</strong> zwei (tlieu ciugcgaugen<br />
seilt könnte, zuerst wohl mit <strong>der</strong> Treudeleubnrg nnd sodann luit Anna 'liliaw.<br />
Vieste sich die Nngenauigkcit <strong>der</strong> Angabe von Balthasar beweisen, so<br />
würde die neue strage aunaucheu: ^st <strong>der</strong> 3obu von Moevius Volschouius<br />
identisch mit jenem David V., welcher <strong>der</strong> Stadt in ihreu Nötcu Korn<br />
nnd (Held vorgeschossen hatte? Dieser Auuahme stalle iu heraldischer<br />
Hiusicht nichts im Wege. Auch die Hohe des Vcbcusaltcrs liegt gnnstlg.<br />
(5s entsteht zwar eine neue 3chwierigkcit durch das Auftreten eines auoercu<br />
Daniels aus Bandeliu bei Huytow, welcher slir seine Aufnahiue als<br />
Student in (Yreiwwald am :5. März !^ ein<br />
Völschow, vielleicht <strong>der</strong>selbe, gesessen nach ssrhr. v. ^eoeliur, Adelslenkoll lll. ^i<br />
Seite ^ö4.
Eintragung gilt gar keinem Daniel Völschow, wohl aber nach gewissen-<br />
hafter Abwägung seinem Sohne Joachim, einem Neffen des 8ti-uct.unl'iu8<br />
Mevins V. Entscheidend wirkt hier nicht nur die eigentliche „liberizitiu",<br />
son<strong>der</strong>n das supplementierende Beiwerk durch Randbemerkungen uon kundiger<br />
Hand, wie solche wie<strong>der</strong>holt in Matrikeln vorkommen, welche in gewissem<br />
Sinne Familienbücher am Stamme <strong>der</strong> ^.Ima klater sein sollten. Die<br />
erste Eintragung lautet: 30. 1701 6. 7. l)?c:<br />
u. lttuä. inäcriptioniä a.tque<br />
lia^ito l68l)ectu Istruì Dn. ^<br />
Eine llelle Hand schreibt neben den Namen<br />
llnd eine dritte Hand fügt hinzu: lin'nds ^la.jor ot ?rg.esectu3<br />
Die 3tücksicht auf den verdienstvollen akademischen Beamten würde<br />
sich nicht auf dessen Neffen erstreckt haben, wenn <strong>der</strong> Vater des letzteren<br />
wohlhabend gewesen wäre. Seit K'»99 wird Daniel aus Slormsdorf nicht<br />
mehr genannt. Er saß dort nur als Pfandinhabcr und taun inzwischen<br />
gestorben sein. Anßcr Daniel, dein fast gleichalterigen Bru<strong>der</strong> von Moevius<br />
— beide sind am 5. Oktober U>49 noch Knaben — können nur wenige als<br />
Pater für Joachim in Betracht kommen, zur Not noch Daniels rechter<br />
Bru<strong>der</strong> Christoph, ein Mann von bedenkend höherem Lebensalter als Daniel,<br />
denn er war bereits am 15. August 14 Pastor zn Hoheit-Bolleutiu, Snnode<br />
DenlUlin Modcrow, die Geistlichen <strong>der</strong> Provillz Pommern 1, S. I'N)<br />
war. Mit dieser Angabe einer bewährten Quelle steht in nur schembarem<br />
Kontrast eiuc weitere dreifach beglaubigte Nachricht, daß besagter Pastor<br />
Cmanuel sich noch am 22. April 1«'>ii1 zu Demmiu mit Katharina Elisabeth<br />
Hoffmann verehelichte. Die „Vitn.6 pomel-ünonm," haben uns sogar em<br />
reizendes Gedicht auf diese Hochzeit aufbewahrt. Erst im Jahre 1699<br />
snrot Eluauuel Völschow.
— 35 —<br />
Nach allem bisher Erörterten ist es nun begreiflich, wenn wir uns<br />
endgültig dahin entscheiden, daß Moeoius Volschouius dnrch seinen Sohn<br />
Daniel <strong>der</strong> (Großvater des Amtmannes Joachim V. zn Voitz geworden ist:<br />
zumal wenn es erwiesen M, daß <strong>der</strong> Sohu des letzteren und Nachfolger<br />
in ieinem Amte das ^)ut Stormsdorf wie<strong>der</strong> crwordcu hat, das (^ut,<br />
welches sein Großvater pfandweise besessen hatte. Es liegt soviel natürliche<br />
Vogik in den tatsächlichen Vorgängen, daß man lieber bei Johann Heinrich<br />
Balthasar einen I^s^us l„?,lwl'!tt6 annimmt, zumal da Balthasar den<br />
Generalsuperiutendellten V. uicht mehr gelanut hat.<br />
Joachim Völschow mls l^reifswald also, <strong>der</strong> Sohn von Daniel,<br />
war zuerst Kapitän in schwedischen Diensten, dann seit I7'.>6 Amtmann zu<br />
Voitz (Schloß nnd Stadt an <strong>der</strong> ^ceue unweit Demmiu). Über sein<br />
früheres ^eben gibt er am 2^. März 1741 selbst Aufschluß in seiuer alleruntertänigsten<br />
Bitte „nmb liEimvation des Reichs Adels Standes uud<br />
Vcrlnehruug des Wappens an die XmnAl. ?oklm5cli6 ^la./t. als<br />
zu Kacrl86n und des henl. Nömiichen Ncichs höchsten<br />
." Dies Gesuch stutzt er auf das uachslehcud wie<strong>der</strong>gegeben?<br />
Zcuguis des vormaligeu ritterschaftlicheu Laudsynditus (laroc:<br />
„In dem ^l-llnv <strong>der</strong> befindet<br />
sich ein beson<strong>der</strong>es geschriebenes Buch vou dcuen neueu uud allen adelicheu<br />
(Geschlechtern in VorPommeru nebst deuen dahiu gehörigeu ^noalo^ischen<br />
Taffeln. — In diesem Buch o<strong>der</strong> Verzeichnis^ sind zugleich mit begriffen<br />
ciillge "Nachrichten vou <strong>der</strong> l^milis <strong>der</strong> V^l^olls>wol), alß worinn <strong>der</strong> scelige<br />
Vater <strong>der</strong> beyden (Gebrü<strong>der</strong>n ncnllichen de^ Herrn ^I:^l>r.^.ls'Ilinl ulld<br />
des Herrn (^ziitnms.lo^u«. V(i1^!ls)w mit aufgeführet. Welches hierdurch<br />
bescheinige aln 5ivll(Iicu3 <strong>der</strong> löblichen VorPommericheu ^iitlcrschasft. <strong>der</strong>en<br />
unter Händen habe . . . ^rciwvilld deu ..^. Iulu l7'^
geworden und<br />
- 36 —<br />
1709 allem demjenigen in ps>>l!t»n mit beygewohnet, wo das<br />
zu gebrauchet worden.<br />
1713 Negiments-Quartiermeister bey selbigem<br />
1714
- 37 —<br />
Für die Familiengeschichte nt noch zweierlei hervor^lheben: Einmal<br />
die Vezngnahme Joachims ans seinen Sohn in <strong>der</strong> Einlade mit dell<br />
Worten: „mein einziger Tolm Johann Joachim Volschou» auch nach<br />
vollendetem ttt,i0 im letztvorigen Krieg wie >Xln^w,n- in des<br />
Herrn Grafen von ^c^ellcloi-^ nnter habellden ^rniö6 am Nhein<br />
gestanden."<br />
Sodann bittet er, unter Umgchnng des väterlichen Wappens, llm<br />
eine „Vcrmelmmg" des Wappens <strong>der</strong> adligen Familie V., wie Micraelins<br />
ein solches beschrieben habe: „m deßen weißen Schilde ein Fisch und über<br />
dem gekrönten offenen Helm drey Straußfe<strong>der</strong>n gewesten." Auch dies wird<br />
gewährt, denn: „zu niedrer (^cdnchlnisi solcher llnsrcr Erhebullg in den<br />
adelichen Stand haben Wir ihm, Joachim Völschow, anch dc^cn ehelichen<br />
^eibes-Grben, jeczigen nnd ki'mfstigen, nnd <strong>der</strong>erseldeu Erbens-^rden hnifino<br />
in ewige Zeit bey ihrem Nahmen das Ehren Wort: von, auch l,ci nach-<br />
folgendes adelichcs nnd gnädigst vermehrtes Wappen nnd Cleinod also zil<br />
führen und zn gebrauchen gegönnct nnd erlallbet, als mit ^alnncn ein<br />
qnergetheillcn Schild, worinncn oben im silbernen Felde em Wcls; o<strong>der</strong><br />
Stör, in seiner natürlichen Farbe, unten aber im rotlieu Felde ml silberner<br />
allfrecht gestellter, oben einen silbernen Nincken und eine goldene ^ncbr-<br />
stange und unten zwey Wie<strong>der</strong>hacken haben<strong>der</strong> SchisfAncker nut ^ darum<br />
geschränckten grünen ^ilien^Stengeln, an <strong>der</strong>en jedem eine weihe sHartben<<br />
^ilie. Über diesem Schilde stehet ein frey offener adelicher Tnrnicr Helm<br />
mit silbernen uud rothen Helm-Decken nnd eiller goldenen Crone, darauf<br />
fünff mit den Gipfeln forne abhangende Straußcu^Fe<strong>der</strong>u eutspriugen,<br />
<strong>der</strong>en die mittlere und die zwey än<strong>der</strong>n silbern, die zwey an<strong>der</strong>n aber<br />
roth sind." ähnliches hat Maxim, l^ritzner vermerkt in seinem Werke:<br />
Standeserhebnngen und (^nadeN'Atle Deutscher ^audesfursleu während <strong>der</strong><br />
letzten drei Jahrhun<strong>der</strong>te, Görlitz 15^1. I I, 700.<br />
In einer Negierungs-Versügnng
„IV. Amtshauptmänner: 174Ü. Joh. Joch, von Völzclion, ein Sohn des<br />
vorigen. War anfangs ^nsliwur bey dem Pommerschen s'lmt.m^eilt, so<br />
nilter dem Obrist I^eutnlmt von Xirc^^c^ zur Reichs Armee ging. Er<br />
erhielte zuerst den Titel eines Nmtshauptmanns." Der Amtshalwtmann<br />
v. V. schloß im Jahre 1750 mit einem Hauptmann Keding einen Kaufkontrakl<br />
über Swrmsdorf; er bezahlte im Jahre 1751 an die Frau<br />
Assessor v. Lillieström 2031 Taler, ^1'/» Schillinge, um welche es sich bei<br />
diesem Kaufkontrakte handelte, wogegen sie ihm ihre Rechte abtrat. Sväter<br />
geriet er auf Stormsdorf in Konkurs. Seine Witwe Eleonora, eine Tochter<br />
aus dem Hause von Keffenbrinck in Plestlin, machte eine For<strong>der</strong>ung aus<br />
diesem Konkurse im Jahre 1774 gelteud. Ihr Mann scheint weit früher<br />
gestorben zu sein. Im Jahre 1793 zeigte die Tochter Charlotte von<br />
Völschow von Plestlin aus den Tod ihrer Mutter an. Diese, geboren<br />
1717, war am Itt. April 1793 zu Plcstlin gestorben. Das vorstehende<br />
Gerippe von dem ^eben des Amtshauptmanns von Völschow läßt sich durch<br />
einige urkundliche Nackrichten ergänzen. Die ersten drei sind dem Königlichen<br />
Staatsarchive zu Stettin entnommen:<br />
1. Im Jahre 1750 bitten <strong>der</strong> Amtshanfttmann Johann Joachim<br />
Völschow und <strong>der</strong> von Keffenbrinck um Konsens und Konfirmation des<br />
mit denen Gebrü<strong>der</strong>n von ^illieström über das von ihm erhandelte ^ehn<br />
von Slormsdorf errichteten Kaufkoutrakts sLehns-Aktcn von Völschow).<br />
^. Im Jahre 1750 bittet <strong>der</strong>selbe v. V. um Koufirmation des mit dem<br />
Landmarschall von Dechow getroffenen Hessions-Kontrakts des Dechow'schen<br />
Vehu-Auteils in Stormsdorf nm Navenhorst.<br />
3. Im Jahre I7«ll beantragt <strong>der</strong> Anditenr Johann Joachim<br />
Völschow Konfirmierung des mit dem I>. ?emke über die ihm zu Allpfändung<br />
des Ackerwerks Aauhoff angesehene Snmme von 3934 Rthlr.<br />
i Vs Sgr. errichteten Vergleichs. Vergleiche Appcllgericht <strong>Greifswald</strong>.<br />
Eine zusammenhängende Darstellllng über die Erwerbungen nnd die<br />
geschäftlichen Verlegenheiten des Amtshauptmanns liefert nach Möglichkeit<br />
das bedeutende Werk „^rliunlierl unci ^<br />
(.^«c^ieclitZ ^o^ls ^6ruu8^6^ob6n von l^lrick l^r.^f l^kli<br />
V7. Ittmä, 1. I'tißii, Lorlin 1897 sl^ossiäter >:u I^llllä VI.<br />
Ko^iätol Seite M^: Völ^lio^v, 2.U8<br />
F63.6elw ^llniie,<br />
Hot xu swrm^oi-s in i^ren 1^98it^. Dann (Vs., l.,<br />
Selte 17i^) aus dem Kapitel: ,.(>^r! ^.ussU3t kebr Ke^6n6anli" die<br />
Einzelheiten:<br />
„Dis lfu^o^Dörfer ^.ntrleii^, ^velcriG in ^ß6 6er<br />
an
und die
examim 8<br />
Xnl)ill8, dis VII ^^rili^ 179^. Lunsllle." Später im<br />
Jahre 1795 am 21. Mai war er selbst l'inese« cbelldort sl-e^poiläenw<br />
limolo flexe!I> in <strong>der</strong> pbilos. Dissertation äe .^ttontmne.<br />
Näheres war über diesen ^weig <strong>der</strong> Familie Bölschow ans <strong>Greifswald</strong><br />
bisher nicht zu ermitteln. —<br />
Oj Martin Henning Völschow, Ratsherr von 1i>03 —1607. Er<br />
wird vielfach schlechthin „Martin" genannt, zum Beisviel im Bürgerbuch<br />
1594 gelegentlich seiner Anfliahme in die Bürgerschaft Ostern 1591:<br />
„Martin Volykow seligen ehrn Äiartin sone t^cw«; ^«t civi«." 'Als Ratsherr<br />
ist er stets unter dem Doppelvornamen verzeichnet: beispielsweise als<br />
..Bierherr" und als „Mmnhcrr". Anck im Begräbnisregister <strong>der</strong> Nikolailirche<br />
steht wörtlich ^n lesen: „Dissen Sten vndt Bcgreffnine hesst vnsi<br />
Dauidt (^rollenberch vndt Barlram Emiterlonw asfgctosit ahrfflich nhni<br />
nhamen Seligen H. ^iarten Henninck Boldtsclwnw nhagelaßene Wittewe<br />
vhor '^W ^l'(ar)k, . . . vndt yß H. Märten Boldtsckouw darnn<strong>der</strong> begranen<br />
worden den 7. Innij ^0. ll'». Elsa, v. m. Christoph Engelbrccht, Ratsherr 16Zs)—75.<br />
4. Elisabeth, v. m. Joachim Tide.<br />
I^> Georg Völschow C" 1570, ->- 10?^) vermählte sich mit Elisabeth<br />
Schumacher (* 1575, 's N>2l)), Tochter des Ratsherrn Ioach. Tchumacher I.<br />
Georg wurde städtischer Bürger im Jahre UM'.- „Inrgen Boldkow, Hrn<br />
Viartens sehligcn etwan Radt5vor!valwten 2on pr^e^tits) .jnmmonw fiictn«,<br />
68t civl'8 19. ^^liU>l-. lm. 16N)/' — In deinselben Jahr wie Georg starb<br />
sein Sohn Joachim, geboren 1
„Nachdem Herzog Vogislaw <strong>der</strong> Vierzehnte am s>. Oktober<br />
die ?lbtretul,g des Amtes Eldcna an die Universität urkuudlich versichert<br />
hatte, erfolgte am 2". März 16:54 die feierliche Mergabc des Amtes an<br />
die Universität . . . Entgegengenommen ward das Amt von dem damaligeu<br />
Rektor <strong>der</strong> Universität l). Jacob (ttcrn-lww nnd dein bereits bestallten<br />
akademischen Amtmann Vidimateli l>)eorg Völschow. — Zufolge <strong>der</strong><br />
Datation sollten Rektor und Koll^ilinm berechtigt sem, die bitter des Aiutes<br />
Eldena dnrch einen tüchtigen Anltnmnn administrieren zu lassen, und den-<br />
selben in Eid nnd Wicht zu nehmen, wodnrch er ilmen verwandt winde.<br />
Von diesem Rechte machte die Universität anch sogleich Gebrauch und<br />
wählte erstgenannten ('ieorg Völschow, Vizentiatcn, Mls einer alten<br />
Familie <strong>Greifswald</strong>s, zu ilncm Alntmaiin. Er war znr Zeit seiner Be-<br />
stallung zu Wlllershmeu in Pommern erbgescsscn. Mit ihm war schon<br />
im Jahre 163.^, als die Dotatiou nllr beschlossen worden, von Sciteli <strong>der</strong><br />
Universität die Überciuknm'l getroffen, daß er <strong>der</strong> Universität zu <strong>der</strong> höchst<br />
notwendigen Iustaudsetzung des Amtes Eldena, welches dnrch dell Krieg<br />
so sehr ruiniert worden war, 70M fl. ans 1^ ^ahre vol strecke llnd danächst<br />
die Amtmannschaft übernehme. Dagegen wolle die Universität ilnn das<br />
Ackerwerk Diedrichshagen ncbst desseil Schäferei Ulld übrigen Pertlnenzien<br />
als eine Hypothek verschreiben. — Das fürstliche Hofgcricht legte dein<br />
akademischen Amtmanne Völschow in selbigem Jahre in zweien an ihn<br />
gerichteten Befehlen den Titel eiues fürstlichen Amlmallues bei, welches die<br />
Aufmerksamkeit des akademischen Senats erregte. Er fand sich dieserhalb<br />
bewogen, nnler dem ^. Juni ll>^4 bei dem damaligen Statthalter des<br />
Herzogtums Wolgast, Freihcrin Volkmar Wolfgang, Herrn von Putbns.<br />
eine schriftliche Vorstellung einzurricheu luit <strong>der</strong> Bitte, cs zu bewirkcu, daß<br />
diese Titulatur abgetau werde, weil aus <strong>der</strong>jelbeu <strong>der</strong> Universität in <strong>der</strong><br />
Folge Nachteile erwachsen könnten. Dieses l^esllch fand ein geneigtes Oehör.<br />
Ulld jene Titnlatur unterblieb seitdem. lEs folgt eilie Beschreibung <strong>der</strong><br />
schwierigen Verwaltnng des Amtes in den nächsten Jahren.)<br />
In diesel! Kriegsnnrnhen starb am !l>. März 1l>37 <strong>der</strong> Herzog von<br />
Pommern Bogislaw Xi V. in Stettin, mit welchem die pommenche Fürsten-<br />
linie erlosch. — III demselben Jahre rückte die kaiserliche Armee zum zweiten<br />
Male über den Tribseer Patz in Pommern ein ... Von dem Amtöhofe<br />
zu Eldeua führten die Kaiserlichen alles Vieh uud alles bewegliche In-<br />
ventarium weg. Das Jahr 16A7 nennt unsere beschichte als eins <strong>der</strong><br />
schrecklichsten hinsichtlich <strong>der</strong> Verwüstungen in Pommern. Damals ward<br />
am 14. November <strong>der</strong> Kammerhof zu Eldeua von deu Tchwedeu gänzlich<br />
abgebrannt. Im folgenden Jahre 163^ hatten die Kirche lind das Kloster<br />
daselbst ein gleiches Schicksal. Denn die zur Wyk liegenden Schweden<br />
fingen an, jene Gebäude abzubrechen, um die Steine zur Verbesserung <strong>der</strong><br />
Walle Stralsuuds zu verwenden.
— 42 —<br />
Diese kriegerischen Auftritte führten auch manche unangenehme<br />
Verhältnisse nnd Mis:helligkeiteu Mischen <strong>der</strong> Universität und ihrem Amt.<br />
manne st). Völschow herbei. Er entsagte im Jahre 1N41 <strong>der</strong> Amtmanu-<br />
schaft. Es ward mit ihm eine Liquidation gehalten, infolge <strong>der</strong>en ihm das<br />
(Nut Diedrickshagen als lnipothekarischcs Unterpfand zur Zeit noch über-<br />
lassen blieb; das Pfand ward noch vergrößert durch das Dorf ^evenhageu<br />
und einige Höfe in Ungnade; welches alles ihm ^uro nntickreti eingeräumt<br />
ward. Die Universität lösete am l7. Mai 1s)4 diese ^nter wie<strong>der</strong> ein."<br />
Georg P. soll schon im Iabre l^^7 nach Mecklenburg gegangen sein,<br />
er wurde hier fürstlicher Amtmann zu Broda. (Gestorben ist er als Erbherr<br />
von Trolleuhagcu im Jahre 1^62. Seine Vciche wurde im nächsten<br />
Sommer nach Oreifswald übergeführt und feierlich unter St. Nikolai<br />
beigesetzt.<br />
Von (Georgs des Älteren Töchtern heiratete Neg ina (-f 1^291 den<br />
berühmten Stralsuudischeu Bürgermeister Lambert Steinwich, welcher den<br />
sieghaften Wallenstein zwang, die Belagerung von Stralsund als aus-<br />
sichtslos auszugeben.<br />
Negiuas Schwester Liboria (-f 1603) erhielt zum Gemahl in erster<br />
Ehe den Dr. Mickael Stoppel und in zweiter Ehe den Hofrat Friedrichs<br />
(vcrgl. die Stadt-Urkunde Nr. 891 des Natsarchivs zu Gveifswald und<br />
(^estcrdiligs Beitrag pp. I. S. 378).<br />
15) „Daniel Bolschow l'acne o^t civig klnnc) W1 den 10. l)^wdrl8."<br />
Ihn: und seiner wattiu Margarete Bünsow gehorte ein Stein in <strong>der</strong><br />
Nilolaitirche (heute südliche Seite Nr. 210) mit <strong>der</strong> Antiqua-Inschrift:<br />
„vsmiel Voikko'w vnä seinen Urnen, ^nno 1608'' und seiner Haus-<br />
marke mit den Anfangsbnchstaben D. B. Bon ihm stammt nur die eiuzige<br />
Tochter Katharina (f Ni^>). Seiner Witwe gehörte Anno NN6 ein<br />
ganzes Erbe: Büchstrake rechter Hand.<br />
^) Martins letzter Sohn David, vermählt mit Liboria Schwarz,<br />
besaß den 3tcin bläulicher Färbung in <strong>der</strong> Nlkolaikirche nördlicher Seite<br />
Nr. :i9 mit <strong>der</strong> Fraltur-Imchrift: „David Bolskow vnde sinen crvcn<br />
An. 1 ." Auch besaß er in demielbcu Jahre „Steiubeckerstraße rechte<br />
Hand" ein ganzes Erbe, im Jahre N'»
— 43 —<br />
Der gleichnamige Sohn Moritz, geboren 1661, wnrde Syndikus<br />
<strong>der</strong> Stadt Stettin. Nach dem dortigen Bürgcrbuch wiirde er Vinger zu<br />
Stettin am 25. Dezember 1713. Er starb daselbst ledig am 25). November<br />
1726. Sein wechselvolles Lebeu in reich an Nci,'cn nnd an Eindrücken<br />
frem<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und Sitten, es sei daber tnrz festgehalten: Am ^2. September<br />
1661 erblickte er das Vicht <strong>der</strong> Welt, va sein Bater verhältnismäftlg jnng<br />
starb, so sorgte sein Oheim, <strong>der</strong> Bürgerin eis! er nnd Vaudrat Bernhard<br />
Dieckmann, für die Ansbildung des geweckten Knaben. Im Jahre 16.-N<br />
studierte Moritz zn <strong>Greifswald</strong>, dann ging er als Begleiter des Herrn von<br />
Walsteden ans Leistenow mit diesem nach Frankfurt a. O. Sie bereisten<br />
zusammen die Län<strong>der</strong> Holland, England nnd ^raulrcich. Spater wurde<br />
Völschow außerordentlicher Professor dcr siechte in (^reifswalo durch das<br />
WohlwoNen des Provinciale Gouverneurs trafen Biclkc, nachdem Bölschow<br />
bei einem Streite zwischen Brandenburg nnd Schweden iln Jahre 16i>6<br />
als Mitglied eines Schiedsgerichts sich ausge.^'ichuet batte. Schon im<br />
Jahre 16U5 wnrde er durch ein Schreibe» des Professors uud ^sm^ilim-mx<br />
Stryck in Halle öffentlich ausgezeichnet. Im Jahre l«'.9'.j wurde er lu
- 44 -<br />
geblieben zu sein. Er wnrde mit seiner Fran in <strong>der</strong> Georgskirche begraben,<br />
zunächst die Frau im Jahre IM5—16 unter einem selbstgekanften Stein,<br />
später er selbst neben ihr am ^5. März 1625 (M, Nachträge z. Gesch.<br />
d. Kirch. :z. Heft. S. 1! nnd 10^.).<br />
In den Jahren 1700—1714, 1746—iftM sind nach einer Erklärung<br />
des Herrn Küsters Nrmewitz in die Tanfregilter von St. Nikolaus keine<br />
Eintragungen über den Namen Pölschow bewirkt. In den Iahreu von<br />
17055—1799 erwarb nach Ausweis <strong>der</strong> Vüvgermatrikel niemand des<br />
Namens Völschow in Grcifswald das städtische Bürgerrecht. Erst am<br />
9. Inli 17^9 wnrde em Freui<strong>der</strong> aus Autlam, Karl Wilh. Völschow,<br />
als ^aufmauu uud ^akeuhäudlcr im ersten Stande in das Vürgerbuch<br />
eingetragen. Er wnrde am '^.». August 1^)0 mit Jungfrau Sophie<br />
Maria pölschow aus Stralsund getraut. In <strong>der</strong> Stadtverwaltung war er<br />
1^0.^ als „Funfzigmann" (Stadtverordneter) tätig. Seitdem sind die<br />
Völschows in Greifswalo nicht mehr emheimisch.<br />
Wir sckliesicn das Kapitel mit dem lie«pnn66N8, welchem das Sinn-<br />
gedicht zu Aufaug unserer Arbeit von Palthcn gewidmet war. Auch er<br />
bereitet uus Schwierigkeiten für seine Eiureihunq in die, (Genealogie, zumal<br />
weil er ani 14. Februar 1704 Joachim V. l^rvpIlllz^nllipnziZ uud außer-<br />
dem !
Kapitel V.<br />
Zersprengte o<strong>der</strong> vermutete Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> vorpommerschen 3amilie<br />
aukerlialb<br />
Bei einer grüneren Zahl von Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Familie Völschow ist<br />
znr Zeit <strong>der</strong> Zusammenhang mit dem Stammvater Martin nicht ununter-<br />
brochen nachzuweisen. Es sind diese Personen nach gewissen Ortschaften<br />
möglichst ln Grnppen zusammengefaßt worden:<br />
^) Anklam. Die Durchsicht <strong>der</strong> Kirchenbücher hat sich allmählich<br />
als notwendig erwiesen. Sie konnte vor <strong>der</strong> Drucklegung aber nicht<br />
mehr bewerkstelligt werden wegen gehäufter dienstlicher Arbeit <strong>der</strong> zeitigen<br />
Kirchenbeamteu.<br />
Merkwürdigerweise ist in Auklam ein Bürger ganz uubekanut<br />
geblieben, dessen Sohn sich im Jahre 1
— 46 —<br />
Naknncns N>lmmss6n. welcher ebell desselben Porhabens gewesen, eine<br />
Scilfensie<strong>der</strong>ey zu Colberg aiiznlegen, abgeschrecket helle. — Nun ist es<br />
nicht ohne, daß es dem Lande proK^l^i undt diensahm sey, wan <strong>der</strong>-<br />
gleichen Wcrck alhie gcstintet werden tönte: worzu abson<strong>der</strong>lich nöhtig ist,<br />
anff eine Zeitlang einein alleine das I^-ivilo^nim zn geben; daß an<strong>der</strong>e<br />
1>o^ulatum aber: nenlblich die Zufuhr von frelnb<strong>der</strong> Scisse gahr zu ver-<br />
bieten würde etwas mehr bcdencken habcn, wenil es nicht mit einigem<br />
t^mj>el-Hlll6llt geschiehet, welches uniers . . unmaßgeblichen ermeßens dieses<br />
seyn tönte, daß von <strong>der</strong> Zeit an, da <strong>der</strong> Hiiprllwant, seine Seiffcnne<strong>der</strong>ey<br />
in den (Hang gebracht haben wirdt, etwa ausf 2 o<strong>der</strong> :i Jahre die ein-<br />
führe außwertigcr Sciffe gehenllnet wnrde, ivenn ^nnpii^nllt. die seinige<br />
nmb billigen Preist, wie <strong>der</strong>gleichen Scisse sonst zn Stettin nndt in an<strong>der</strong>n<br />
negst belegencn Handels Plänen gckansset wirdt, zu liesfern annehme. Undt<br />
tollte zncrü daßelbe ^livilpssniln privative anff ll) Jahr, wenlt es Ewer<br />
Ehnrfl. Durchl. gnädigst al'o gcmllig wäre, eingerichtet werden<br />
lgez.) Vd W. (5rockow, Balth. Schrö<strong>der</strong>."<br />
!>> Knrfnrstl. ^icskript an die hinterpomm. ^ehnskanzlei.<br />
Köln an <strong>der</strong> 3pree dell ^X. ^«ärz !W. Konzept, gez. v. Fnchs.<br />
„ . . . Wir haben anst ellrer l-oinliVm criehen, wclchergestalt sich ein<br />
ans Anllam gebürtiger ^allffgcicll llahmeils ^ln6vin8 »locllim Volschow<br />
daselbst angenieldet mit dem erbieten, das weil er daß Seifsensieden und<br />
inion<strong>der</strong>heil grnnc 3eifscn recht zn praopill-iren erlernet, woll gesonnen seye,<br />
sich in Colberg häußlich nicdcrznlaßen uild eine Seiffcnsie<strong>der</strong>ey anzustellen,<br />
wcn nnr er mit einen zulänglichen jnivils^il) versehen werden tönte: Nun<br />
halten Wir dieien Vorschlag dortigen Vande und inson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Stadt<br />
(lolberg allerdings znträgllck, seindt dannenhero anch gdst. geneigt, dem<br />
^u^pliciiitteii zll bcsordcrnng dieies Werctes ein l'llvilt^iulli ans gewiss<br />
Jahre zu ertheilen. Daß Wir aber solches auf so lange Zeit und mit <strong>der</strong><br />
(^'midition einrichten laßen solten, daß inmittclst von anßen <strong>der</strong>gleichen<br />
Wahre nicht eingeführet werden mnslc: solches finden Wir bcdencklich und<br />
dicscm nach kölinen Wir Ihine <strong>der</strong>gleichen I^'ivii^iuin, daß Er nehmblich<br />
zn'lVlU've des Sclffclisiedcns sich gebrallche, nicht länger als auf 1^ Jahr<br />
verstatten. Und wellen zu anjchaffnng <strong>der</strong> miUci-inIicn und ailbauung <strong>der</strong><br />
3lcocrey einige Kosten erfor<strong>der</strong>t werden, jeyno Wir gllädigst znfriedcn, daß<br />
Er wegen <strong>der</strong> ersten ^ Jahre nichtes clltrlchtc, wegell <strong>der</strong> übrigen 9 Jahre<br />
aber mnsthe Er ^m ^na,»e etwas geben, welches Ihr mit ihm zu berahmen.<br />
Die ans'werthigc Seiffc tonnen Wir ohne abgangt ilnserer Zölle nicht ver-<br />
biethen; weil a<strong>der</strong> davor grollet wird, dahingegen die seine nicht zollet,<br />
tann Er diese allezeit besseren H5auff geben. Wobey er gleichwol! annehmen<br />
mnß, <strong>der</strong>gleichen Seiffe nmb billigen Preys, wie selbige zu Stettin und<br />
an<strong>der</strong>n Handels Plätzen gekaufft wird, zn lieffern. Ihr habt demnach anf
— 47 —<br />
angeführte 12 Jahre und dabey limitirte 7 bis lkNtt wirkte mit Treue nnd<br />
gewissenhaft." Mit Natibor ist das Dorf Nathebur bei Antlam gemeint.<br />
Nach den stralmndischen Aufzeichuuugeu, welche Professor Zober besorgt<br />
hat, war ein Sohn des Pastors Ernst Wilhelm <strong>der</strong> Altermann <strong>der</strong> Branca<br />
gtlde zu Stralsuuo: Karl Albert Ulrtch Bölschow. Vcktcrcr ist rund<br />
im Jahre 174'^i geboren. Eine Nachfrage in dem Kirchenbuche vou l')r.;<br />
Aünsow wäre soinit cilie vergebliche. Der Altcrmauu mag aitch em<br />
Bru<strong>der</strong> des dortigen Pfarrers gewesen sein.<br />
Bie<strong>der</strong>stedt weiß noch von einem weiteren Pastor Völschow aus<br />
Anklam zu berichten, welcher den hier charakteristischen Bornamen Ernst<br />
trägt und wohlhaben<strong>der</strong> ^eule Kind lst: deun bei seiner Immatrikulation
— 48 —<br />
an <strong>der</strong> Hochschule zu <strong>Greifswald</strong> am 22. April 1777 zahlte Joh. Ernestus<br />
Völschow aus Antlam 4 Taler. — Vie<strong>der</strong>stedt erzählt a. a. O. l, 3. 26:<br />
„Nach Möller trat zu Flemendorf (Probstei Barths Iohaun Erust<br />
Völschow auf. Bon (Geburt eiu Anklaiuer und zu sciueiu Glücke viele<br />
Jahre als Erzieher zu l^lutzow in <strong>der</strong> Nähe von Poseritz, fast selbst eiu<br />
Schüler des Weisen zu Poserò. Pistorius hat auch uul Völschow große<br />
Verdienste gehabt, und nachdem er Ihn im Jahre 1797 zu seinem Dlakon<br />
bestellet, Ihn nur bis zum Herbst 1798 im Kirchspiele wirken gesehen,<br />
völschow vertauschte das Dialouat, welches Pistorius Ihm anvertraute, im<br />
Jahre 1^00 mit dem Pastorat ^lemcudorf. Er brachte einen kranken<br />
Körper in das Amt und verschied uach einigen Monathen, die Er zu<br />
Flemcudors iu Schwachheit uud Ermattung verlebte." Der ihm fast gleich-<br />
alterige Kaufmaun Karl Wilhelm Völschow aus Auklam, Bürger zu<br />
l^rcifoiwald seit 1799, ist sckon obeu beschrieben wordeu.<br />
L) Gruppe Demmill^iostock-Hamburg. Iu genealogischer Hin-<br />
ficht vereinzelt wird in Demmiu 1
— 49 —<br />
Herrn Moeller, welchem ein gütiges Geschick den Archivrat Dr. Krotefend<br />
in Schwerin zum Schwiegervater gegeben hat. Moellcr schreibt: „Idre<br />
freundlichen Zellen sind mir nach Gilben, wohin ich seit Jahresfrist versetzt<br />
bin, nachgesandt worden. Ich habe hente das Material zn meiner Arbeit<br />
durchstöbert und habe dabei zn meiner Freude die Vornamen des Postmeisters<br />
Völschow (auch VoUchowe, Völschan) gefnnden. Er heißt Johann<br />
Christoph Völschow. Der Sicherheit wegen habe ick weiter gesucht und<br />
in dem den herzoglichen Nenteirechnnngen entnommenen Material aufgeführt<br />
gefnnden: „I. Chr. Völschow". Allsgeschrieben in Johann<br />
Christoph steht <strong>der</strong> Name in einer herzoglichen Verordnung cl. cl. Gnstrow<br />
15. März ll>H? von Herzog (Gustav Adolph zn Güstrow-Meckleubnrg und<br />
zwar in folgen<strong>der</strong> Verbindung: Der Herzog hatte dem Postmeister Vahle?<br />
mann (dem Alleren) die sorgfältige Verwaltung des Noftocker Postdicustcs<br />
aufgetrageu . . . und wörtlich: „so tragen Wir zu Euch die gnädige<br />
(^oilKdent?, Ihr werdet ein wachendes Auge daraus haben und ncbenst<br />
Johann Christoph Völschowen dahin sehen, daß die Post gebührend versorget,<br />
die Vrieffe und an<strong>der</strong>e Packele wohlverwahrlich angenommen und richtig<br />
gelieffert, o<strong>der</strong> vohrtgesandt, anch die reißende Persohucu ohne benölhige<br />
Aufenthaldt beför<strong>der</strong>t werden mögen. Dahingegen wollen Wir Euch die<br />
Gnade erwießeu haben, daß Ener Sohn Johann Bahlemann, welcher iwo<br />
pro secretorio bei vnser Etilico sich allfhält, ans Euren Todesfall die<br />
8ucc688ion zum dortigen Postmeisterambt haben und genießell soll . « ."<br />
Völschow hat zu Bahlemann in verwandtschaftlichem Verhältnis<br />
gestanden, vielleicht als Schwiegersohn. Damit verträgt sich auch, daß nach<br />
dem Tode des alten Äahlemann Völschow allein als Postmeister erscheint.<br />
Vielleicht ist <strong>der</strong> jüngere B. bei <strong>der</strong> Miliz geblieben o<strong>der</strong> frühzeitig gestorben.<br />
Völschow wird in <strong>der</strong> vorangeführten Verordnung von KiA? zuerst erwähnt.<br />
Im Jahre 1711 ist Völschow noch als Postmeister in Nostock genannt.<br />
Wann er gestorben o<strong>der</strong> ausgeschieden ist, kaun ich lei<strong>der</strong> nicht angeben.<br />
In guten Verhältnissen muß er gelebt haben, denn die Postmeistern war<br />
für ihren Inhaber sehr einträglich, und Völschow hatte außerdem das<br />
Seifenmonopol, d. h. die Städte um Rostock mußten von ihm ihre Seife<br />
beziehen".<br />
Bald darauf wohnt in <strong>der</strong> Nikolai-Gemeinde zu Rostock ein Seifensie<strong>der</strong><br />
Immanuel Völschow mit fünf innerhalb <strong>der</strong> Jahre 17.^—174^<br />
getauften Kin<strong>der</strong>u. Die Namen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> sind natürlich im Kirchenbuche<br />
einzeln zu finden.<br />
In dieselbe Gemeinde geborte August Lebrecht V., Pächter zu<br />
Diertow. Seine zwei Töchtcr verheirateten sich und zwar Sophie<br />
Elisabeth den 2. Juni 1806 mit Gärtner Schoof und Marie am 1. Dez.<br />
1808 mit Fischer Weitzendorff.
Das Dorf Dierkow liegt in dem nördlich von Rostock sich erstreckenden<br />
Amt und Kirchspiel Toitenwinkel. Nach Kirchenbuchsauszügen, besorgt<br />
vom Pastor Schulz zu T., lebte in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
zu Diertow <strong>der</strong> '/4-Hufner August Völschow. Ihm wurde ans seiner<br />
ersten Ehe mit Dorothea Petersen (f 18. Februar 1791) zu Dierkow am<br />
24. März 17552 <strong>der</strong> Sohn Die<strong>der</strong>ich Christian Otto V. geboren. (Die<br />
Kirchenbücher von T. vor dem Jahre 1781 befinden sich im geheimen<br />
Hauptarchiv zu Schwerin.) Aus seiner zweiten Ehe mit Anna Helene<br />
Schulten (f 2«. November 1814) sind zu Dicrkow geboren die Kin<strong>der</strong>:<br />
1. Christiane Christine Elisabeth am 1. Dezember 1792,<br />
2. Johann Christian Jochim am 26. Februar 1796,<br />
3. Magdalene Dorothea Elisabeth am 2l. Juni 1804.<br />
Der 2.4-Hufner August Völschow starb als Altenteilsmann zu<br />
Dierkow den 30. September 1811: 71 Jahre alt. Sein Nackfolger<br />
scheint <strong>der</strong> "/4-Hufner David Hinrich Gustav V., jedenfalls ein Sohn<br />
aus seiner ersten Ehe, geworden zn sein. Dieser (konfirmiert 1789) wnrde<br />
zu Dierkow mit Maria Frie<strong>der</strong>ike Stahnke ans Nibuitz getraut den 12. Juli<br />
1804. Er starb dort an <strong>der</strong> Schwindsucht den 26. Februar 1829; seine<br />
hinterlassene Witwe starb ebendort den 22. Oktober 1834. Die Ehe blieb<br />
kin<strong>der</strong>los.<br />
Hiermit ist die Liste <strong>der</strong> Familie V. zu Dierkow nicht erschöpft,<br />
denn die Koufirmationsrcgister weisen noch folgende männliche Namen auf<br />
ans dem Jahre 1783: Christian V., aus 1785: Christopher, 1791:<br />
Johann Friedrich, 1796: Immanuel.<br />
Ermittelt ist die Nachkommenschaft nur von (2.) Johann Christian<br />
Joachim V. (* 1796, konfirmiert 1810). Er wurde Zimmermann.<br />
Aus seiner Ehe mit Christine Kusc von Rostock stammt <strong>der</strong> Sohn Lehrer<br />
Heinrich Adolf Paul V. (* 8. Oktober 1832 zu Rostock, f dort<br />
9. September 1902), verheiratet 28. Juli 186b mit Anna Sophie Marie<br />
Elise Aollhagen (* zu Bentwisch 12. April 1843). Aus dieser Ehe<br />
zwei Söhne:<br />
u.) Dergroßherzogliche IägerAdolfBernhard Theodor, ^30. August<br />
1867 zu Scklutow bei Gnoien, verheiratet am 10. Oktober 1899 in<br />
Marnitz bei Parchim mit Meta Haase aus Plan (* 14. April 1871).<br />
Mit ihr bisher zwei Söhne: Werner Heinrich Wilhelm Martin,<br />
* 27. Juni 1900 zu Grabow, Walter, * 16. Mai 1905 zu Göhlen.<br />
d) <strong>der</strong> Kaufmann zu Rostock Paul Julius Theodor Völschow,<br />
* 9. November 1868 zu Schkuow, verheiratet 7. September 1904 mit<br />
Martha Dora Frieda Nenduhn, * 1. Mai 1871.<br />
Eine amtliche Auskunft des Direktors des Großherzogl. Hauptarchivs<br />
zn Schwerin greift nicht nur in Dierkow selbst tiefer zurück bis auf den
— 51 —<br />
Anfang des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts, sie bringt auch eine Einwan<strong>der</strong>ung aus dem<br />
Amte Ribuitz in das Reich <strong>der</strong> nahen Möglichkeiten. Es sei zugleich in<br />
unserer Arbeit auf das unter „Ribnitz" über den Abstammungsort<br />
Körckwitz Gesagte hingewiesen. — Der Herr Geheime Archivrat Grotefend<br />
meldet unter dem 7. Juni 1906 aus Schwerin:<br />
„Der erste Völschow in Dierkow war ein Müller (Windmühle)<br />
Friedrich V., <strong>der</strong> im Kirchenbuchevou Toitenwinkel zuerst 9. Dezember 1715<br />
als Taufpate erscheint. Sem Sohn Victor Friedrich V. heiratet 1728<br />
eine Försterstoätter aus Gclbensaude Anna Katharina Petersen. Bei den<br />
ersten Kin<strong>der</strong>n dieser Ehe treten mehrfach Taufzeugen aus Willershagen<br />
auf. Nach dem Tode <strong>der</strong> ersten Frau heiratete Victor Friedrich 1743 eine<br />
Possehl aus Polkenshagen, mit <strong>der</strong> er noch zwei Kin<strong>der</strong> zeugte.<br />
Der 1740 geborene Sohn August Leberecht hat anscheinend die<br />
Muhlenpacht aufgegeben, er erscheint als Erbziuspächter einer dem<br />
St. Georgsspital zu Rostock gehörenden Äauerustclle, ebenso seiu 1773<br />
geborener Sohn David Heinrich V. Im Jahre 1829 geht die Stelle<br />
an einen Heuckendorf, vermutlich den Schwiegersohn Völjchows, über. Dle<br />
Witwe Völschows zieht auf das Altenteil.<br />
Die Taufzeugen lassen vielleicht auf eine Herkunft aus dem Amte<br />
Ribnitz schließen. In Körckwih bei Nibnitz ist die Schulzenstelle<br />
in <strong>der</strong> Hand einer Familie Völschow bereits im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t,<br />
bei<strong>der</strong> fehlt aber das Kirchenbuch von Nibnitz aus den Jahren<br />
1690 bis 1718 einschließlich, sodaß die Herleituug <strong>der</strong> Dierkower Völschows<br />
aus Körckwitz unmöglich ist."<br />
Iohannis-Gemeinde zu Rostock: Christoph Nikol. V.,<br />
Arbeitsmann aus Dierkow, v. m. Anna Doroth. Melz 15). April 1801.<br />
Ein Sohn Christoph Nikol. V., * 10. Februar 1801. — Im Adreßbuch<br />
von 1860 fanden sich nur noch zwei weibliche Vertreter des Namens<br />
Völschow in Rostock. — Ergiebiger ist das Adreßbuch von Hamburg<br />
vom Jahre 1899. Außer einer Witwe Völschau uud dem Neepschlägermeister<br />
Julius sind dort verzeichnet: Ludwig Völschow, W. Völschow<br />
und M. Fölschow.<br />
0. Friedland in Mecklenburg-Strelitz: Michael Veltzko<br />
k>66elanl^n8Ì3 wurde 1575 als Student in Oreifswald eingeschrieben.<br />
Es kann sich hier vielleicht um den späteren Natmanu Michael V. zu<br />
Demmiu 1661 handeln.<br />
Später finden wir eine Familie Foelschow in Friedland:<br />
Ein Maurermeister Karl Foelschow wurde 14. Avril 1805 dort<br />
geboren. Er starb am 20. März 1880. Aus seiner Ehe mit Marie<br />
Zan<strong>der</strong> (* l811, f 1887) stammen die Söhne:<br />
4'
— 52 —<br />
1. Ferdinand F., * 1. Mai 1«39, Ichmiedcmeister in Friedland.<br />
Seine Tochter Anna ist die verehelichte Nadloff in F.<br />
3. Ludwig F., * 7. Febrnar 1«44 zu Fricdland, t 34. Juli 1903<br />
zu Treptow a. T., wo er Natsmaurermcister war: ein durch Befähigung.<br />
Fleiß und Nechtschaffcnheit ausgezeichneter Aiann. Er fing mit bescheidenen<br />
Vetteln an und hinterließ seinem Sohne ein blühendes Geschäft am<br />
Tollense-User. llxor geborene Grape. Sohn: Max F., * 23. Ium 1875),<br />
verm. seit 13. September 190d mit I)iargarete Mecklenburg.<br />
v. Das Kirchdorf Horst im Kreise Grimmen: In den städtischen<br />
Akten von Oreifswald kommen ^nolente des Namens Völschow in o<strong>der</strong><br />
bei Horst vor. Diese Knnde stimmt mit einem Briefe des Ed. Völschow<br />
aus Berlin vom 18. Juli 1898 übereiu, desseu Großvater Büdncr in<br />
Horst war. Ed. V. selbst ist in Stargaro, Pommern, als Sohn eines<br />
Schuhmachermeisters V. geboren.<br />
V. Kolberg: Ein echter rechter Völschow aus den sseiUeg ^levig.<br />
und Vnlkcilovia taucht anno 1699 in Kolberg auf. Er ist indes schon<br />
oben behandelt worden, weil er „aus Anklam gebürtig" ist. Über etwaige<br />
Nachkommen liegt wie<strong>der</strong> ein Dunkel ausgebreitet.<br />
kV Aus Nibnih stammend ist Hermann Völschow 1653 zu<br />
Rostock immatrikuliert worden. — Arnold Völschow, Inhaber einer naturhistorischen<br />
Anstalt und Lehrmittelhaudlung zu Schwerin i. M., schrieb am<br />
10. August 1900, daß er am 4. Oktober 1666 in Nibnitz geboren sei.<br />
Seine Aszendenten waren Seefahrer. Der Vater, ein Schiffskapitän, ist<br />
mit allen seinen Papieren in amerikanischen Gewässern spurlos verschollen. Der<br />
Vater und wahrscheinlich auch <strong>der</strong> Großvater in Körkwitz, Pfarramt Nibnitz,<br />
geboren. Eiu Bürger und Hausbesitzer Völschow in Nibnitz wird in einem<br />
Decretuin Nibnitz den 16. November 1801 erwähnt (Beilage zu 143<br />
<strong>der</strong> Strals. Zeitung).<br />
6-. In Stralsund begegnen wir nach Genhkows Tagebuch am<br />
29. Mai 1560 und am 19. Nov. 1566 dem Bartholomewes Voltzkow<br />
und vom 3. August 1563 bis 18. Juli !Ö64 dem As mus Voltzkow.<br />
Die nächstfolgenden Angaben sind dnrch den Bürgermeister Fabricins<br />
im Jahre 1833 zusammengetragen:<br />
Ein Holzwärter Völschow hatte einen Sohn Christian Wilhelm V.,<br />
welcher Hantboist beim schwed. Leibregiment in Stralsund wurde, v. m.<br />
Marie Sophie Peterson. Aus dieser Ehe waren Kin<strong>der</strong>:<br />
1. Dorothea, Witwe (1833) des Hautboisten Brügge in Putbus.<br />
3. Juliane Maria Amalia, * 14. Januar 1764, lebt 1833 im Hause des<br />
Schusters Ad<strong>der</strong> zu S. Aus ihrem Munde hat Fabricius diese Nachrichten.<br />
3. Joachim Völschow, Buntfutterer: verschollen.
— 53 —<br />
4. Elisab. s ledig.<br />
5. Marie, 5 1^^5) als Witwe des Kutschers Nitz
— 54 —<br />
Der Bürgermeister F. bemerkte hierzu: „Die obigen Nachrichten sind<br />
teils aus den Akten des Wancugcrichts entnommen, teils von dem Pastor<br />
Putter, einem Sohn des Superintendenten P., und von dem Oberdiener<br />
Wilken mir mitgeteilt, letzterer hat mir auch den beigehenden Abdruck<br />
von dem Siegel seines verstorbenen Schwiegervaters gebracht." Derselbe<br />
alte Abdruck lag uns vor: Im Felde die Jungfrau einen Schild haltend,<br />
und in dem Schilde 3 Rosen ohne Stock und Zweig; ans dem Helme<br />
3 emporstrebende Rosen. In gleicher Hohe die Buchstaben 0. ^. I'. V.<br />
Hiernach hat <strong>der</strong> Professor Velschow für sich und seine Erben ein ähnliches<br />
aber weit schlankeres Wappen ohne jede Flügelornamentil herstellen lassen.<br />
In <strong>der</strong> Stralsundischen Zeitung kommt wie<strong>der</strong>holt ein Schnei<strong>der</strong>meister<br />
Völschow vor: am 30. April 17
— 55 —<br />
sie mit dem Schnei<strong>der</strong> und dem Gastwirth Völschow verwandt gewesen."<br />
Da die Auszüge des Fabrieius nickt frei von Schreibfehlern sind, sei am<br />
Schluß bemerkt, daß auch <strong>der</strong> Schnei<strong>der</strong>altermauu sich dunkel erinnern<br />
konnte, auch seine Familie stamme von einem Holzwärter in den Clewe-<br />
nowschen Gütern.<br />
Die Akten des stralsundischen Waisengerichts lassen noch Folgendes<br />
ersehen: Branntweinbrenner Heun ing Völschow, erste Frau Kath. Mar.<br />
Klemm, f 175tz, zweite: Johann Schulten Witwe. Kiu<strong>der</strong>:<br />
1. Kathar. Maria V., " 1757, verh. m. Seefahrer Joh. Steffen.<br />
2. Henning V., * 1757. Für ihn ward ein Schlsfcr Christian<br />
Völschow zum Vormund bestellt. Ein nicht genannter Sohn stammte aus<br />
<strong>der</strong> zweiten Ehe.<br />
Im Jahre 1761 sind Vormün<strong>der</strong> bestellt für des Schiffers Daniel<br />
Völschow Tochter.<br />
Eine Völschow aus Stralsund beklagte am AN. August 1793 in<br />
<strong>der</strong> Zeltung den Tod ihres (Natten, des Pastors Grimm zit Wismar,<br />
welcher am 14. August, 43 Jahre alt, gestorben war.<br />
In <strong>der</strong> Heilgeiststrasie zu Stralsund wohnte ein Kaufmann C. A,<br />
Völschow, in <strong>der</strong> Zeituug genannt 1785 mW 179t>. Die Firma <strong>der</strong><br />
Kaufleute Völschow H Uterhardt wird dort 3tt. Juni 1793 genannt.<br />
Auch in dem Kaufmann V. zu Strallund scheint noch <strong>der</strong> alte Geist<br />
<strong>der</strong> Familie gelebt zu haben, denn er war Abonnent <strong>der</strong> Supplemente zu<br />
<strong>der</strong> großen Dähnertschen Sammlung <strong>der</strong> ^andeskoustitutionen.<br />
Die nun folgenden bescheidenen Aktenauszüge bilden eine bedeutsame<br />
Brücke von Stralsund hinüber zu Dänemark:<br />
„Baltzer Völschow bin ich genannt,<br />
Pommern ist mein Vaterland!"<br />
Dieser Spruch führte immer wie<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> dänischen Familie<br />
Velschow nach Etraliund herüber, um Anschluß an unser vorpommerschet-<br />
Geschlecht Völschow zu gewiuueu und die alte Zugehörigkeit zu erueuern.<br />
Es liegt ein sehr richtiger Instinkt m ihrem Streben, wie die nachfolgende<br />
Darstellung mit ihren Velegcn ledren wird:<br />
^nno 1742 d. 6. ässU8t<br />
Ist bei Meister Prein in die drei Jahr geträteu nahmens Valthaser<br />
Volhchow. seines Vaters Nahme heist Christian Fölscho und wierd ein<br />
gezeuget von Aaltdaser Wcstfal wie auch von Iohan Fraucken und hat<br />
seine gebühren entrichtet.<br />
^nn0 1745 d. 8. ^ssU8t<br />
Hat unsier Mit-Ältster Hinrich Mattis Prehn unß gemäldt, das sein in<br />
die verbeßerten Jahren Valßer folschau seine vollige Jahren Ehrlich und
treu vollen Bracht: also wierd er numehro von unß Alterleut vor ein<br />
Gesellen erkant.<br />
Auszng ans ein und Ans Schreibe Buch Stralsund, d. 2. Febewari 1 «42.<br />
I. Jacobs C. Weinholz<br />
Weber Atterrente.<br />
Hierzu bemerkt Fabricins: Ich habe mir das Amtsbuch vorlegen<br />
lassen, und bezeuge darnach die Nichtigkeit des Auszugs. Alterleute meinen,<br />
<strong>der</strong> Christian Völschow müsse hier gewohnt haben, da sonst immer bei den<br />
ein- und ausgeschriebenen nickt von hier gebürtigen Lehrlingen und Gesellen<br />
dies ausdrücklich bemerkt worden. —<br />
Die weitere Darstellung über die Schicksale von Balthasar V.<br />
und seinen Nachkommen schöpft neben einigen Kirchenbuchauszügen ans<br />
<strong>der</strong> handschriftlichen „Om Familien Völscko^v. Ltler l'lolsLsnr<br />
Os»t.f>ßnel86i- t.il Vs^ckn^i-nsZ 8t.amwvlß u6ardoiäet. veä<br />
i Octkr. 1d84". Hinzu treten später ^iachrichten in Erstem,<br />
^cfikon 3. Bind u. 3. Snpplb., Kopenhagen 1653 nnd l^«>^,<br />
und persönliche Ermittelungen, welche <strong>der</strong> Adjunkt V. in den Weihnachtsserien<br />
1905 in Kopenhagen angestellt hat.<br />
Ein Christian Völschow ill Stralsund hatte einen Sohn Balthasar,<br />
welcher 1742—45 in Stralsnnd das Wcberhandwerk erlernte. Dieser ließ<br />
sich ln Soru auf dcr Insel Seeland nie<strong>der</strong>. Er besaß mindestens die<br />
beiden Söhne Marcus Matthiescn und Christian.<br />
^.Marcus Matlhiesen Völschow o<strong>der</strong> Velschow wurde Goldschmied.<br />
Als solcher hielt er sich 17955 in Kopenhagen auf. Die dortigen<br />
Adreßbücher von I79K bis 1^07 kennen ihn nicht. Sein Sohn<br />
1. Christian Balthazar wurde am 10. Januar 179^l in Sor«e<br />
geboren. Der Vater wird sich hicr nie<strong>der</strong>gelassen haben. Eine beglaubigte<br />
Abschrift des Taufscheins lautet: l^rsäksson 6cn 19^6 Annuarii<br />
er 0F<br />
, 80M<br />
80I-S6 lioil l l. riunii 1812 .l. tt. Voisst.<br />
Er war somit nach dem Vaterbrn<strong>der</strong>, dem Großvater und dem<br />
Urgroßvater benannt. Von seinem Vater an nannte sich dieser Zweig <strong>der</strong><br />
Familie Velsckou, ausgenommen Franz A. V., welcher sich in späteren<br />
Jahren nnr Velschow schrieb.<br />
Christian Nalthazar starb 1876 als Instizrat. Er war Kassierer im<br />
dänischen Marineministerinm.<br />
Ein zweiter Sohn des Goldschmieds hieß Balthasar V. und<br />
wan<strong>der</strong>te nach Rußland aus. Bald nach dem Tode seines Bru<strong>der</strong>s hat<br />
er dessen Sohn besucht. Dieser wurde den 30. Juli 1324 geboren und
auf die Namen Niels Christian Matthias getauft. Er wurde Qberkriegskommissär<br />
und starb 1902. Die Witwe lebt noch, ööhnc aus <strong>der</strong> Ehe:<br />
3.) Franz A. Velschow, * 9. August I^tt, 1' 1905. Er war<br />
Inhaber einer Le<strong>der</strong>fabrik in Kopenhagen und in kin<strong>der</strong>loser Ehe mit einer<br />
Witwe vermählt.<br />
k) Jacob Velschon lebt als Gntsverwalter auf Korselitze<br />
Nyköbing F.<br />
k. Christian, <strong>der</strong> 2. Sohn des Webers Balthasar, pflanzt eine<br />
reiche Nachkommenschaft unter dem Namen velschow fort. Nach einem<br />
Briefe des Priesters Glahu zu Sor« vom 7. September 1^74 au den<br />
Oberkriegskommissar V. ist Christian am 1. November 1772 als Sohn<br />
des Webers Baltasar Fcltscov dort getauft worden, nachdem er am 24. Ollober<br />
1772 geboren war. Er wurde Tischlermeister nnd Brauer zu Kopenhagen,<br />
Mitglied <strong>der</strong> Königl. Dänischen Schützenbrü<strong>der</strong>schaft und Leutnant <strong>der</strong><br />
Vandeswehr. Am 12. August 1825 starb er zu Kopenhagen. Aus seiner<br />
Ehe mit Katarina Krollerup, * 30. September 17l>6, f 5. Februar !845,<br />
stammen die 7 Kin<strong>der</strong>:<br />
1. Hans Matthias Pelschow, * am 22. November 1790 zu<br />
Kopenhagen und gestorben am 8. Juli 18(52 ebendort. Er war Magister<br />
Älvum 1831, Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> dänischen historischen Perenugung 1"l39<br />
nnd seit 1. September 1850 Professor onlmariug <strong>der</strong> Geschichte zu Kopenhagen.<br />
Von seiner Gattin seit 1853 Margarethe Elisabeth Kuudsen<br />
(1825—189N), Tockter des MMeubauers Kuudsen, hatte er 2 Löhne:<br />
g.) Hans Christian Vclschow (Rufname Christian), * 1853,<br />
canä. r»s,ils>1s>ßiae uud Adjunkt, d. h. Oberlehrer am Staatsgymnasium<br />
zu Hillersd auf Seeland, seit 1891 v. m. Ebba Johanne Christiane Modseu,<br />
^' 1871, Tochter des Generalmajors Modseu. Keiue Kin<strong>der</strong>.<br />
k) Agathon Matthaeus velschow, * 18öb, Ingenieur seit 1^92<br />
in San Franzisko; 1894 v. m. Anua Kramer, " lNlitt als Tochter des<br />
Großhändlers Kramer zu Kopenhagen. Sie haben 3 in San ^ranMo<br />
geborene Kin<strong>der</strong>:<br />
o) Margarethe Elisabeth, * 1895;<br />
/3) Hans Christian Velschow II., ^ 1899;<br />
7) Knud Godeke V., * 1901.<br />
2. Ane V., v. m. Zlmmermelster Kerrn, Major in <strong>der</strong> Feuerwehr.<br />
3. Sophie, 1- 1«39, ledig.<br />
4. Karl Velschow (l800—1845), Kolonialwarenhändler, v. m. Marie<br />
Iacobsen (1811 — 53), Tochter des Großhändlers Sören Iacobsen. 5 Kin<strong>der</strong>:<br />
a) Hanne Belschow, f 1879, ledig.<br />
d) William Velschow, * 1«3i) in Kopenhagen, 1- il). 1892; von<br />
1855—1872 Kaufmann in Island, von 1872—1892 Rentner in Kopen-
— 58 —<br />
Hagen; verheiratet seit 1862 mit Christiane Elisabeth Möller, * 1835 in<br />
Island, Tochter des Kaufmanns Möller. Sie hatten miteinan<strong>der</strong><br />
fünfzehn Kin<strong>der</strong>, von welchen sechs in <strong>der</strong> ersten Kindheit starben; die neun<br />
überlebenden sind:<br />
tt) Marie Sophie Velschow in Island * ittlN.<br />
/5) Sigrid Christiane ttuise, * ebendort in demselben Jahre, verheiratet<br />
mit Bankassistent Falck.<br />
?) Anna Camilla, * in Island 1«70.<br />
- 1878 ledig,<br />
e) Christian V., jung in Island gestorben. —<br />
5. Marie Elisabeth V., 1- 1tt7'^, verheiratet mit Gutsbesitzer Hans<br />
Hansen (t 1861).<br />
6. laurine Kathrin V. 1805—1884, verheiratet mit Perwalter<br />
Joh. Arorson.<br />
7. Christian V., Gutsverwalter, 5 1860 ledig.<br />
Im dritten Bande (1 «49) von „Historisk Tidstrift" schil<strong>der</strong>t Dr. Mansa<br />
die Pest in Kopenhagen vom Jahre 1711. Während ihrer Dauer rückte<br />
<strong>der</strong> Barbier Philip Velschow zum Obermeister eines vor <strong>der</strong> Hauptstadt<br />
belegencn Pestlazareths auf. Es ist merkwürdig, daß 2 Menschenalter später<br />
in Königsberg i. Pr. ein Zenqmachergeselle Philipp Felskau auftritt,<br />
während auf deutschem Boden bisher in allen Zweigen <strong>der</strong> Familien Völschow<br />
o<strong>der</strong> Pölhkow nnr <strong>der</strong> O-?ant in <strong>der</strong> ersten Silbe vorkam. Nach den<br />
früheren Verkehrsmitteln lag Kopenhagen in näheren Beziehungen zu Königsberg<br />
als die meisten deutscheu Orte. Daher sei in Ermangelung besserer<br />
Nachweise die Familie Felskow in Königsberg und Niga hier allgeglie<strong>der</strong>t.<br />
„Trauschein. Alls (Arund <strong>der</strong> hiesigeu Trauregister wird hiermit<br />
amtlich bescheinigt, daß <strong>der</strong> Zeugmachergeselle Johann Philipp Felskau,<br />
A4 Jahre alt, nnd die Inngsrau Maria Elisabeth ^andschaftin, des Zeugmachers<br />
Matthias Landschaft einzige Tochter, 2A Jahre alt, am L^. Nov. 1767<br />
in <strong>der</strong> evangel. Kirche des Vöbenichtschen Hospttals zu Königsberg Pr.<br />
getraut worden sind.<br />
Königsberg i. Pr., den 3. Januar 1906.<br />
Evaugel. Pfarramt <strong>der</strong> ^öbenichtschen Hospitalskirche.<br />
Nomiuikat, Prediger."
— 59 —<br />
Über die Mebnrt und über den Tod dieses Ehepaares ist in den<br />
Registern <strong>der</strong>selben Kirche nichts enthalten. Ans dem Rundschreiben des<br />
Stadtsuperintendenten von Königsberg an sämtliche Pfarrer daselbst geht<br />
zur Evidenz hervor, daß die Familie niemals in Königsberg einheimisch<br />
gewesen ist. Fast ähnlich liegt es für die vorpommersche Familie in Stettin.<br />
„Taufschein. Ans Grnnd <strong>der</strong> hiesigen Tanfregifter wird hiermit<br />
amtlich bescheinigt, daß Carl Benjamin Felstau, ehelicher Sohn des<br />
Zeugmachergescllen Philipp Felskau und <strong>der</strong> Frau Maria Elisabeth<br />
geborenen ^andschaftin am 7. (siebenten) September des Jahres 1784<br />
(1700 und vierundachtzig) zu Königsberg i. Pr. geboren und am 13. September<br />
1784 Hierselbst getanft ist.<br />
Königsberg i. Pr., Altroßgärter Kirche den 7. Februar 1901.<br />
Evangelisches Pfarramt. Eichberger."<br />
Karl Venj. Felstau wird Hanszimmergeselle uud am 24. Juni 1839<br />
Bürger zu Memel nach Ausweis seines noch erhaltenen Bürgerbriefes,<br />
welcher von dem „Magistrat <strong>der</strong> Konigl. Prenß. See- und Handelsstadt<br />
Memel" vollzogen worden ist. Ob ein Sohn von ihm Tischlermeister in<br />
Riga wird o<strong>der</strong> ob er selbst dieser Tischlermeister ist, welcher nach einem<br />
Briefe seiner jüngsten Tochter (* 1877) Vertha Felsko vom 30. Januar 1901<br />
im Jahre 1895 gestorben ist, läßt sich bei den jetzigen Wirren in »instand<br />
kaum feststellen. Benha F. erwähnt in Niga auch einen Wjührigen Oheim,<br />
dessen Erinnerungsvermögen bereits stark geschwunden ist. In einem früheren<br />
Brief vom November 1900 nennt sie einen Onkel Karl Felskau. Ein<br />
Oheim lebt in Amerika. Ihr eigener Bater hatte sich dnrch rastlosen Fleiß<br />
zum mehrfache« Hausbesitzer in Niga aufgeschwungen, sodaß die Wittwe<br />
glaubt, sorgenfrei leben zu tonnen. So lantet die letzte Nachricht von 1901.<br />
Nach dem Briefe eines Herrn von Denffer ans Hagenberg bei Riga<br />
vom Nov. 1900 war damals <strong>der</strong> Name Felsko in Niga vertreten dnrch:<br />
Auguste Felsko, Hansbesitzerin, Aleran<strong>der</strong>str. 54 wohnhaft;<br />
Karl Felsko, Inhaber einer Ban- und Möbeltischlerei, ebendort;<br />
Wilh. Felsko, Kontorbeamter, Mühlcnstr. 71;<br />
M. Felsko, Zeichenlehrerin, Marstallstr. 32;<br />
I.
- 60 -<br />
banm in Siegen in Westfalen — schon im Jahre 18M Stadtbanmeister<br />
von Riga a. D. und K4 Jahre alt. ferner sein Sohn Karl Felsko,<br />
Stadtbaumeister von Niga. Nach einem Briefe des Dr. Bellebaum voni<br />
14. Inni ittW ist Karl Felsko, Niga, Zircheustraße 2, <strong>der</strong> Sonn des in<br />
Niga „noch lebenden" Stadtbanmeisters a. D. Felsko, dessen Vater von<br />
Königsberg ebenfalls als Stadtdanmeister nach Niga berufen war.<br />
t^. Wismar. Hier, wo die Familie Bölschow bisher keinen Boden<br />
gefaßt hatte, erwirbt am 22. Dezember 1723 Mevins Jochim Völschow das<br />
Bürgerrecht als Kaufmann und Brauer. Der Herr Natsarchivar Dr. Techen<br />
zn Wismar versichert ausdrücklich, daß Nicvins Jochim B. dort zugewan<strong>der</strong>t<br />
sei (vielleicht ans Kolberg). Nach dem Kirchenbuche von St. Nikolai in<br />
Wismar vermählte sich hier am 24. Februar 1724 ein Brauer Mevius<br />
Joachim Völlschau mit seiner herzgeliebten Fran Braut Margarete<br />
Magdalena Pinnow. Aus ihrer Ehe stammte nur ein Sohn, welcher am<br />
20. Dezember 1724 auf deu Namen Hiurich Jürgen getanft wurde.<br />
Unter den Grabsteinen <strong>der</strong> St. Jürgens-Kirche fiudet sich ein Stein mit<br />
<strong>der</strong> Iuschrift: „I)ic8C8 ßrad ssollijn't ^1. 6. Völkclw^' ^u u. 8. cr^u<br />
^0. 1745." Das (^. <strong>der</strong> Iuschrift ist verhaueu anstatt «I., weil in den<br />
Bürger- und Grundbüchern <strong>der</strong> Stadt an<strong>der</strong>e V. nicht vorkommen. Am<br />
2^. September 174A ist <strong>der</strong> Brauer und Kaufmaun Nievius Jochim<br />
Bölschau mit 3 Kirchspiel voller Geläut und 2 Tage Glockenspiel zu<br />
St. Georg im Chor beerdiget worden. Seine Witwe folgte ihm bald und<br />
wnrde am 12. April 1750 in <strong>der</strong> Grau-Mönchenkirche beigesetzt.<br />
Ihr einziger Sohn, <strong>der</strong> Brauer und Kanfmann Hinrich Jürgen V.<br />
wurde mit seiner herzgcliebtcn Jungfrau Braut Anna Sophie Junge, <strong>der</strong><br />
am U5. Januar 1732 getauftcu Tochter des Brauers und Kaufmanns<br />
Ernst Ludwig Junge, am 12. November 1750 in seinem eigenen vom<br />
Batcr Völschow ererbten Wohnhause vor dem Pöler Tore zusammen^<br />
sprocheu. Den 1A. März 1765 ist Hiurich Jürgen Pölschow gestorben<br />
„und d. 34. ^uzci. mit 3 volle Gelallte und 3 Kirchspiel Schnell (Schulen)<br />
und 4 Tage Glockenspiel, ohne Leichpredigt, aus St. Nicol, in St. Georgn<br />
Kirche im Chor beerdiget worden, seines Alters im 41. Jahr." Die<br />
Witwe läßt sich am 2. Dezember desselben Jahres mit Dr. md. Steinecke<br />
wie<strong>der</strong> trauen. Mit dem Brauer Völschow besaß sie 3 Kin<strong>der</strong>. Bon<br />
diesen lebte <strong>der</strong> jüngere Sohn Meuius Jochim nur von September 17o7<br />
bis Januar 1758. Ihre eiuzige Tochter Margrete Elisabeth, geboren am<br />
18. März 17l'»1, hat sich deu I I. Januar 17^1 mit dem Diakon Gottlieb<br />
Christian Grimm vermählt.<br />
Der älteste Sohn des Brauerpaares wurde am 18. August 1754<br />
nach zwei Paten als Ernst Johann Bölschau getanft. Den 24. Oktober<br />
1776 wurde er Student in <strong>Greifswald</strong> unter Erlegung von 2 Nthlr.
— 61 —<br />
30 Gr. (Nebnhren. Er wnrde Kämmcreisekretiir in seiner Vaterstadt, wacher<br />
er 50 Jahre lang bis an seinen Tod diente. Das Kirchenbuch <strong>der</strong> Manen-<br />
Gemeinde zu Wismar berichtet weiter über ihn: „Den 30. September !787<br />
ist <strong>der</strong> Kämlnerey-Secretair Herr Ernst Johann Völichow und Inngfr.<br />
Inliana Ilsabe Caroline Koch, gewesenen wohlverdienten Superintendenten<br />
<strong>der</strong> Wismarschen Kirchen chcleibliche Tochter, proclniml^t nnd den 1^. October.<br />
von dem Herrn Magister Hanpt copulili." Ans vorstehen<strong>der</strong> Ehe stehen<br />
in diesem Kirchenbuche 2 Kin<strong>der</strong> als geboren verzeichnet:<br />
1. Sophia Ernestina, * 25). Mai 17«9, f 8. November 1541<br />
am Nervenschlag, beerbt von einer Schwestertochter.<br />
2. Henriette Caroline, * 2N. April 179^, zwei Tage darauf getamt.<br />
Schon am 29. Oktober 1794 verlor <strong>der</strong> Kammcrelictretar seine<br />
Gattin. Er selbst starb am Tage vor seiner dOjälirlgen Amtsjuliclscier<br />
den 25. Mai 1831 au Gallenfieber. Mil ihm ist <strong>der</strong> letzte bekannte<br />
männliche Sproß aus <strong>der</strong> Familienverbindung Völschow und Meuins<br />
dahingegangen.
Znch II.<br />
Die hinterpommerschen Familien.<br />
Kapitel I.<br />
Die von Voltzkow o<strong>der</strong> Volskow.<br />
„Volskowen führen einen Fisch vnd auffnl Helm drey Straußfe<strong>der</strong>n"<br />
(Micraelius, tt Bücher vom alten Pommcrlande VI, 53^).<br />
Ähnlich wie es in Vorpommern ein Vanerndorf Völschow gibt,<br />
kommt in Himerpommern k>8(>. von Schivelbein ein Gut Völzkow vor:<br />
viilu. Volukon, Volc^cow, wie es schon vor dem Jahre 1320 urkundlich<br />
bezeichnet wird, also genau so wie um dieselbe Zeit das Dorf bei Iarmen<br />
(in betreff des Gutes, Pomm. U.-V. V, S. 134, 2-22).<br />
Der erste Herr von Völzkow tritt im Jahre 1319 urkundlich<br />
beglaubigt auf als Wisko v. V. Am 20. September 1319 nämlich<br />
bestätigt <strong>der</strong> Bischof Konrad IV von Camin dem Colbcrger Domkapitel<br />
den Kauf des Dorfes Peterfitz. >Vicel^ de Volcooov und an<strong>der</strong>e Verwandte<br />
des Verkäufers Lubbert Wlasenapp hatten versucht, obigen Kontrakt<br />
zu hintertreiben. Später gaben sie ihre Zustimmung (Pomm. U.-B. V,<br />
S. 456).<br />
Herr Pastor Heling zu Venzlaffshagen nennt noch einen an<strong>der</strong>en v. V<<br />
vom Jahre 1337, den 2eger o<strong>der</strong> Segibcrt von Voelkikow als Herrn von<br />
Klotzkow (heute Klützkow, eiue Meile von Voelzkow entfernt, gleichfalls im<br />
Kreise Schivelbein). Seine Angabe deckt sich mit Anmerkung 5 zu Seite 15<br />
<strong>der</strong> Schrift von H. F. P. v. Wedel, Beiträge zur älteren Geschichte <strong>der</strong><br />
Neumärkischeu Ritterschaft 1. Leipzig 1886. Die neueste Ausgabe des<br />
Handbuchs von V. (Hollmert bevorzugt die Schreibweise Veltzikow. („Das<br />
Neumärfische Landbuch" Frankfurt a. O. 1862. Seite 26.) Nach dem<br />
Handbuch <strong>der</strong> Neumark vom Jahre 1337 iu Raumers Ausgabe gehörte das<br />
Dorf Voltzikow mit 44 Hufen Bodens zum Lande Schivelbein. Gollmert<br />
liest 43 Hufen. Belehnt wurden die Völzkows nachweislich zuerst am<br />
15. März 1499 zur gesamten Hand mit dem Dorfe Veltzkow. Ihr Petschaft<br />
weist nicht den von Micraelius und Zedler erwähnten Fisch, son<strong>der</strong>n einen<br />
Gegenstand, welchen man am ehesten als einen Angelhaken (sonst als einen<br />
verkrüppelten Anker) deuten könnte. Auch Herr v. Mülverstedt irrt hier.
- 63 —<br />
Bis zu dem genannten Datum sind hie und da einzelne Knappen<br />
ähnlichen Namens aufgetaucht und zwar in verschiedenen Län<strong>der</strong>n:<br />
Am 9. Januar 1296 wird ein Volzeko, villino in Vobelin, als Zeuge<br />
erwähnt (Pomm. U.-B. I II, S. 259). Noch früher am 2tt. Juni l240<br />
kommt im Gefolge des Fürsten Johann von Mecklenburg ein mecklenburgischer<br />
Ritter Volsegho als Zeuge vor, <strong>der</strong> mit seinem weudischeu Namen auch<br />
„unser getreuer Woltzic" genannt wird. (Visch, Mecklenb. Urk. II, S. 9<br />
und 33). Ein Knappe Vicke Volschow, <strong>der</strong> gleichfalls aus Mecklenburg<br />
zu stammen scheint, verbürgt sich am 18. Juni !395) mit an<strong>der</strong>en für<br />
eine Schuld des Königs Albrecht von Schweden au die Städte Rostock nnd<br />
Wismar ftivl. Urk.-B. IV. Neval 1559, Spalte 53 t' Urkunden Nr. 1376).—<br />
Verkehrt ist die Behauptung, eine adlige Familie V. ans Mecklenburg sei<br />
zum Teil nach Rügen ausgewan<strong>der</strong>t und habe zwei gekreuzte ^orlieerzweige<br />
im Wappen geführt. Diese Embleme treffen nnr auf die Familie v. Folschcn<br />
zu. Auf Rügen hat nie eine Familie v. Volschow gesessen. Zwar scheint<br />
Ilsabe Volschow von itncm Vater Barthold v. Krakcvitz, welcher die Güter<br />
Upatel, ssriyow, Kieshof und Drigge besaß, mindestens dies letzte auf Rügen<br />
gelegene Wut Drigge geerbt zu haben — <strong>der</strong> Vater starb am 7. November 164^<br />
—, aber daraus ist für die Völ'chows noch kein alter Sitz anf Rügen<br />
herzuleiten.— In dem „Wappenbuch des abgestorbenen Adels in den Groß-<br />
herzogtümern Mecklenburg" (Siebmacher VI. Band, 1s). Abt., 118. Seite<br />
und 67. Tafel) ist eine Familie Wölhow vermerkt. Schild: ein rechtshin<br />
gewendeter Wid<strong>der</strong>kopf nnd daneben eine fünfeudige Hirschstange.<br />
Auch im kandbnch <strong>der</strong> Altmark von 1375 werden wie<strong>der</strong>holt Völschows<br />
erwähnt, namentlich in dem Dorfe Wardenberg, <strong>der</strong> Familie v. Alvenslcben<br />
gehörig. Hier sitzt ein Volhkow va«n.llu« als „I>>mmu8 villne" und<br />
weiter gegen den Schluß hiu heißt es unter „Wardenberg": lt^m c!«<br />
(?0389.tÌ8 XVI 8(ill
— 64 —<br />
Merkwürdig, <strong>der</strong> Völschowsee an <strong>der</strong> Grenze zwischen <strong>der</strong> damaligen<br />
polnischen Starostei Draheim und <strong>der</strong> kurbrandeuburgischen Neumark heisit<br />
in einer Urkunde vom 27. Iannar 1661 ,'I^cu8 Wiiltxkl)" (Kgl. preuß.<br />
Geh.-Staatsarchiv k. 4, n. 11).<br />
Nach Ausweis des Kasteubuchs gehören zu dem Adel im Lande<br />
Schivelbein im Jahre 1469 die von Voellzkow allf Voel^kow (Nachricht<br />
des Pastors Heling). Diese erste Nackricht, daß die Völzkows auf Völzkow<br />
saßen, wird bestätigt dnrch das Register <strong>der</strong> Lehnsmannen <strong>der</strong> Neumark,<br />
welche 1499 und 1i">0) dem Kursürstcu Joachim I. und dem Markgrafeu<br />
Albrecht die Huldigung zu Schivelbein geleistet haben. Hier wird die<br />
ganze Vcrwaudteujippe gellanut: Claws zu Meseritzeu, Hinrick, Hanns,<br />
Peter, sein Bru<strong>der</strong> Sou, ^oltzkow. Hanns, Peter (onmundig), die<br />
Voltzkow, gebru<strong>der</strong>, Hansen söhne. Es ist zu erwägen, ob die jüngeren<br />
Haus uud Peter ^öhne des obigen Hans sind o<strong>der</strong> die Söhne eines<br />
an<strong>der</strong>en nicht anwesenden Hans (Riedel, (Üolipx 6,'pl. ttt-anci. Ili. 2. Seite<br />
440; Geh. St.-A. k. 73, 31 sO. .>l. 42> sol. 120).<br />
In diese Zeit fallen zwei Immatrikulationen, welche Mitglie<strong>der</strong> dieser<br />
Familie angehen:<br />
a) zu Rostock am 15. Mai 14N4 N^nnin^i8 Volt/Kon? ät^<br />
!3ct)iuold6in 6eäit 2 m;<br />
^) zu Frankfurt 1506 ^tru8 Vs>!t7.1c0^v 6^ 8c^i^^1i^in.<br />
Die Lehubriefe, welche die von Völzkow auf Bölzkow erhalten haben,<br />
sind znsammengefaßt in einem Nepertorinm des Königl. Kammergerichts<br />
zu Berlin, über die in den ^9 Lehns- und Konsens-Büchern des<br />
Neumürkischen Negieruugs-Archivs befindlichen Dokumente.<br />
Name des Gutes Poeltzlow, Name des Besitzers: die v. Voeltzkow.<br />
Inhalt des Dotumeuts: ^ehnbrief 1499, zu fiuden I'omus 22 toi. 47<br />
1502, ., .. „ 33 , 132<br />
für Hans v. Voeltzkow .. 1507, „ „ „ 32 „ 72<br />
Gebr. u. Gev. v. Voelzkow .. 1530, „ „ ., 24 „ 83<br />
die v. Voeltzkow „ 1555, ., „ Aber 36 „ 31<br />
Sodann sind an Lehnbriefen betreffend Schivelbein aufgeführt:<br />
3 Hufen Gebr. und Gev. v. Voeltzkow Lehnbrief 6? 1536, ^om. 24 sol. 83<br />
Burglehen Gebr. Voelhkow Kauf-Konseus 66 1577, „ ^h Z2<br />
Aurglehen Gevetter v. Voeltzkow Kanf-Komens 6c 1599, ., 29 I 32<br />
In dem Geheimen Staatsarchiv zu Berlin befindet sich eine Anzahl<br />
von Neumärkischen Lehnskopiarien mit nrtuudlicheu Nachrichten über die<br />
Völhkows.<br />
In „<strong>der</strong> Voltzkenn (sie!) lehen brine" vom 15. März 1499, „geben<br />
zu Schiulbein am fritag nach letare im 99 jare", werden von den Markgrafen<br />
zu Brandenburg die Vettern Hans und Peter Vollzken mit dem
— l',5 —<br />
Dorfe Pelhlow zu recktem N^annlehen nnd gesalntcr Hand belehnt<br />
lK. 78", 14. Knrm. ^ehllskop. 4l, l's>l. 47). Der nächste Vchubrief voui<br />
Kl. Januar 1,'^ beschreibt die Belehnten in nicht sehr verständlicher<br />
Weise. Es muß daher <strong>der</strong> Tert des Briefes (Geh. Staatsarchiv 41,<br />
t«>I. Isl" bis 1'
Nach Ausweis des Lehnbriefes vom 9. Mai 1536
an holtzungen vund Wassern vorbehalten sein. Wo er aber keine<br />
leioß lehcnns Erben verliefe, so foll es alles bey <strong>der</strong> bcmelten seiner Eheliche,l<br />
Frawen gebrauchnnge plcyben, so lnnnge biß Sie auß dem gntc geloset<br />
wirdt, vor meniglich vngehin<strong>der</strong>t. Vnnd Wir geben Ir des vnnsern lieben<br />
getrewen Marzen Tthareu ^) zue ^abentz zue Bormund vnd Georgen<br />
zu Matzmanßdorf zue einweysern, getreulich vnd vngeuerlich, zue<br />
mit Bunserni a?ihangenden Insigel besigelt, vnd gebeil ausf vlmscrm Schlos<br />
zue Cüstrin am Freitag nach Inuocavit Anno 4l>."<br />
Am 27. Februar ldd5» verleiht Markgraf Johann den „lieben gc-<br />
trewen Georgen vnnd Michele» gefetterenn den Bolhkowen .... nach<br />
absterben jres Vaters vnnd Betters Hansen vnnd Petherenn" das Dorf<br />
Boltzkow und das freie Äurglehen vor Tchivelbciu, „wie Pcther Boll^ton'<br />
seliger, etwan Bürgermeister zu Schicnelbein" dasselbe von dem Bater des<br />
Markgrafen zu ^ehen erhalten hatte. (Op. N^om. ^ s9--7«, sol. 3^'—3A'). Die Nelehnung erstreckt sich wie<strong>der</strong> nicht nnr<br />
auf das Dorf Boltzkow, son<strong>der</strong>n auch ans Halls nnd Hof mit Z Hufen<br />
Wird sonss wie<strong>der</strong>holt Marcus Scharn e genannt.
vor <strong>der</strong> Stadt Schivelbein, womit znerst <strong>der</strong> Bürgermeister Peter belohnt worden<br />
war. Zur Vervollständigung und Fortführung dieser ^ehushaudlung gehört<br />
eine amtliche Ausfertigung vom 2l'». Oktober 1->^1 nlit wichtigen genealogischen<br />
Nachrichten: Polktow (l5>7l, 15«l).<br />
Denn l3. Xnvemkri«; ^nno 7l haben Christof, Moritz vnnd Hanß<br />
gcbrü<strong>der</strong> die Polhkowen, nach dem sie zu Vande fhommen, vf die Belehnuugk,<br />
io Iln'em bru<strong>der</strong> Peter ^olytoweu in <strong>der</strong> Erbhuldigung vou Chnrf G. gescheheull,<br />
Vehenspflicht geleistet, vnd ist Inen Vorauf ... Ir Vehen, souiel Ir<br />
Bater auf sie vererbet Vorlieben. Der Vebenbricf Vorüber ist gcnandten<br />
Ircm bru<strong>der</strong> iu <strong>der</strong> Erbhuldigul^g lnittgclhelltt. Aln Michel! Boltztow zu<br />
Boltzkow verstorben, hat sein söhn Kersten Poltzkow Innerhalb gebührlicher Zeitt<br />
die Veheu alhier gesucht vnd empfangen, auch ^chenspfliän gethan. Weil! aber<br />
die ^oll>koweu elucu goiamptcu Cdurfürstlickcn Vehnsbrieff haben, welchen<br />
gcmelter ^oltzkow fürgclcgt, hatt mauß bei demselben vff dismal also bleiben<br />
laßen vnd diese seine ^ehenssnchunge registriret. ^cwin Cüstrin den<br />
^t>. Octodr. ^no .^l.<br />
Kow: Niori^ Veldkow ist vor Dantzig in <strong>der</strong> belägerungk vmblommen<br />
8me liac;i'Cllil)U3 mHZ^uIiä, ot sr«.tlt»l) haben die Lehn nicht gesuchtt. Solchs<br />
haben sie selbst berichtet, ut. nuprn." ((^opwr. I^eom. llä. l)—1, toi. l)/j^.<br />
„Hnfcu und Schösse 15)72 lid. It. 4^, n. 33): Bortzeichuus <strong>der</strong>er<br />
vom Adell huefen, so im Schiuelbeinnischm bereit seindt bcsuudeu wurden.<br />
HißNlUum den 2. Octobris.<br />
Anthouius Scharen t huefeu zu Labenh. . . .<br />
Peter ^eltzkow ^2 huefc kamplaudt zu Veltzkow,<br />
l 3 teill einer huefe Idem-,<br />
Michel! Velykow 1^^ huefe kamplaudt zu Veltzkow<br />
'/3 tcill einer huefe Imgleichen<br />
3 huefcn, so er von Peter Beldkowen pfauhweise<br />
an sich bracht, znnor pauerß huefen geweseu, sciudt iahr arme gesellen,<br />
2 dritten theill von einer huefen". —<br />
.'» hucfeu zu 2chiuelbeiu, Summa 9 hilefeu vnd<br />
Ohne Ort und Iahr wird einmal, wohl im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t von<br />
„Marcus Schareu, Greger uud Frie<strong>der</strong>ich die Koppen znm ^abentz"<br />
ein Gesuch eingebracht, das; mau sie mit den zwei Pferdeu, die sie von<br />
^abcntz halten müßten, wegen des geringen Ertrags <strong>der</strong> Güter verschone<br />
und es bei einem Pferde bewenden lasse. Ihre „Eltern" Jochim Koppen<br />
und Dinnies Scharn e hätten von ihren Gütern nur mit einem Pferde<br />
Notdienste geleistet: „worinnen die Voltzkowen vorhin zu hülvfe kommeu<br />
mühen", weil doch für die Voltzkowen „ein eigen Dorsf daruon abgenommen<br />
worden". (Aus uoch uicht registrierte!! Altcu des Geh. Staatsarchivs<br />
zu Berlin.)
- 69 —<br />
Dan dieVöltzkows wirtschaftlich zurückgegangen nnd in Not geraten<br />
sind, beweisen die nächstfolgenden Urkunden:<br />
„Peter Voltzschkowen zn Schifelbcin Consens W0 Gnlden ans sein<br />
(Nlltt zn leihen.<br />
Wir Iohans Georg . . . Churfürst . . . bekennen . . . ., das Wir<br />
vuscrm lieben getreuen Peter Voltschkoweu auf sein vndcrthenigs Ansuchen<br />
seine . . . schulde halben, domitt er bchafft, gnedigft vorgnnnett vnd zugelassen<br />
haben, anf sein Vehngutt, als ein Hank und drey Hnfen in <strong>der</strong> Stadt<br />
Sckifelbein belegen, daß er von Bns zu ^ehn hatt, '^oo gnlden Merkischcr<br />
werung, wi<strong>der</strong>teuftichen weise anf Z Jahr langt Anleihen: Conscntiren vlld<br />
bewilligen demnach solches von Vandt^fnrstlicher obriglcitt wegen, hiemitt<br />
vnd in krafft vnd macht diß Vricnes, zu Vrkundt . . . Actum Cüstrin<br />
den 1^. Decembris Ao. 72."<br />
Am 14. April 15)73 erhält Michael Vowkow den kurfürstlicheu<br />
Konsens zu <strong>der</strong> Vcrpfäudung einer anf dem Pelktowlschcn Felde gelegenen<br />
Hnfe für 2^ st. aus .'5 Jahre. An<strong>der</strong>erseits verpfändet Günther v. Äriesen<br />
am 1l^. Mal l5)7Z seine Wiese auf dem Kuseuoijchen Felde für 5)0 sl.<br />
Pommerischer Wehrung an „Barbara, Michael ^ellzlowmus chclljchc Hans-<br />
frawen" l^op. ^I. 9^..-<br />
Peter Bclykow in alhie erschienen vnd hatt bey seinen! leben seine<br />
Lchengnter seinem Sohne Adam ^eltztowen mit Hand vnd mnudc auff-<br />
gctragell, vnd gebetell, ihn damit zubelcihen. Darauf mau die Pflicht<br />
genomen, vnd ist damitt beliehen worden 13. Octb. 97.<br />
I.) i!,jsl. 9, fol. ^02.:<br />
Registratur über die Lehen, Consens, Leibgeoing, Privilegien vnd<br />
Coufirmatlones«
— 70 —<br />
Peter Voldto tritt seinem Sohne Adam ab sein gntt zu Voltzko und<br />
Schiselbein, vlld hatt Adam drauf die Pflichte abgelegt, ^otum 13. Ottob.<br />
/^O. «17, „helts W0 si." Die letzte Bemerkung bezieht sich auf den Wert<br />
des Lehns. —<br />
Durch einen kurfürstlichen Konsens-Brief vom 16. Ottober 1597<br />
wird Adam Boltztown gestattet, auf seinen Rittcrsitz zu Volkkow, vou Jakob<br />
Meseritz 35l) si. Pomm. Wahrung zu 6"/o anzuleihen, zunächst auf 3 Jahre<br />
(Oop. ^om. 11, III. sol. 3'>. —<br />
In dem „Vorzeichnus <strong>der</strong>er vom Adell in <strong>der</strong> Neumarck, wie die<br />
legen Berlin aufs den 10., 17. vnd 1«. Februarii Ao. 98 zu empfahung<br />
<strong>der</strong> Lehen vnd die Lehens Pstichtt abzulegen verschrieben worden" find<br />
„Im Schiefelbeinischen" schlechthin die Veldkowen zu Veltzkow aufgeführt<br />
worden. Dies geschah wegen des Negiernngsantritts des Kurfürsten uud<br />
Aiarkgrafen Joachim Friedrich. Bei einer früheren Gelegenheit werden<br />
ohne Angabe des Jahres „Georg und Michel! Ometter« die Völtzkow" mit<br />
Namen angeführt. Diesmal stand das Geschlecht wie<strong>der</strong> auf vier Augeu,<br />
Christoph uud Adam gehörig, (k. 7«, 80 >Oplar. klat-ck. 88)).<br />
Drei Musterungsrollcu find noch bemerkenswert in K. 78, 82<br />
^oznai-ium ^larcb. 57):<br />
Musterungsrolle (1505?) 2 Pf(erde) die Veltzkower von dem Dorff<br />
Veltzkow (ld!. 79).<br />
Noßdienste wie die in <strong>der</strong> Neuve Markh vnd den dartzu gehörigen<br />
Örttern den 18. Mann Anno 83 in <strong>der</strong> Müsteruug beschrieben.<br />
1583<br />
in den Kreissen Schivelbein, Dramburg vnd Arußwalde Peter Felhkow<br />
1 Pferdt sambt einem Harnisch: ist ausgethan, sol ein an<strong>der</strong> ftferdt vnd<br />
Rüstung schaffen (so!. 91).<br />
Musterungsrolle 1». Martii 15«8:<br />
Im Schiuelbeinischen Kreise Peter Foltzkow. 1 Pf. mit Nüstung, ist<br />
geringe vud Ime bcfoleu, sich ein an<strong>der</strong> Pferd zu schaffen«, wie er dan<br />
solches auch angenommen. Eß besagenn die alten Verzeichuusße, das sie<br />
von dem Dorff Folhkow mit 2 Pferdenn gedienett. Weill nur Ihr Diner<br />
erschinenn, <strong>der</strong> hat wegen des an<strong>der</strong>n Pferdts kein bescheid gebenn konnenn;<br />
allem er wüste, das sie das halbe Dorff Jochim Klieft verkaufst: Ist Ime<br />
angezeiget, seinen Junckern zu erinnern, das sie sich mit den an<strong>der</strong>n Pferd<br />
anch gefast machen sollenn
— 7! —<br />
„Kleist. Schiuelbeinisch. Bei itziger allgemeinen landcshuldigung<br />
hat sich vnter an<strong>der</strong>n Neumerckischen Innckern Kei steil Kleist anch anhero<br />
gefnndcll vnd zur lehensempfahnng gebllhrlich oss^il-et vllnd erbottcnn,<br />
Anch auf des lehens^cn'tai-ii zil Custrin Nierten Bnchows plsxlucirten<br />
schrifftlichen schein, <strong>der</strong> lehengutter halber, so sein Pater sehlig Joachim<br />
Kleist nlit Churfürstlicheu (Ül)N8cn3 voll Christof vnd Pctcrn gebru<strong>der</strong>n dcn<br />
Veltzkowen im Dorffe Velhkow hiebeuorn erblich erkauft, anch den 23. .sulii<br />
verscheines 91. Ihars daselbst zu Custrin albcreit vor sich vnd seinen vn-<br />
mundigen bru<strong>der</strong> Donnies Kleisten, deme zu trewcn henden vorzntrageu,<br />
albereit einmahl wircklich darmit beliehen vnd inn^tiret, an<strong>der</strong>weit zur<br />
lehenspflicht ^mittiret worden. Was aber die bclehnnng anlanget, hat<br />
es ihme nochmals (nachmals?) an dcn lchcnbricfen gemangelt: dorumb<br />
man dieselbe so weit ali^riret, bis er die lehenbriefe voll vortenferll mechtig<br />
werde, dieselbe nebenft <strong>der</strong> ganhen kaushandelung in oi-iginlil, anhcro znr<br />
stelle bringe vnd nach befinduug <strong>der</strong> fachen richtigkeit eillen nenen lchenbrief<br />
darüber gebührlich vorferttigell laße vnd auffor<strong>der</strong>u, deßen ihnle vmb nach-<br />
richtnng willen dieser schein auf sein bitten« zugestellet. Signatnm Colln . . .<br />
den 22. l^di-ukrii ^o. 98.<br />
Vber wenige tage hernach hatt Adam Pclhkow zu Peltzkow wi<strong>der</strong><br />
vorstehende belehnung beigeheffle prowktatilm eingebcnll vnd iolche Uli ucUc<br />
zu bringen gebettenn." Obwohl zu Anfang dieses Schriftstücks die Rand-<br />
bemerknng steht: „Ist daruon gebogen (äcil. Kersten Kleist) vnd hat nichts<br />
zu lehengelde geben. 1 Pf. 20 Th. lehngelt r^tiren": so siyt Karsten<br />
Kleist i. I. U!08 doch in dem Dorfe nach einem Vericht des Vandrcutcrs<br />
Joachim Porhauer: „Christofs vnd Adam Pcltzkow mit Carsten Kleisten<br />
haben zusammen ein Dorfs, Veltzto genandt .... Im Dorfs Vcltzkow<br />
zwey Sitze: bewohnen Christofs vnd Adam Belhlow; die Kleiste haben ein<br />
Stücke ^eheugut von den Peltzlowen zum vn<strong>der</strong>pfande, maßcil sich noch<br />
einen Sitz an" (k. 7«, 83 sOp. ^larcb. 9^1 toi. 340—.'M).<br />
Kurfürst Joachim Friedrich belehnt am 11. Dezember 15l>5 „Christoffen<br />
vor sich vndt Adam Peters Sohne auch vor sich, geueltern den Voltz.<br />
kowenn . . . zue rechten Manlehenn vnd gesambtcr handt" mit dem Dorfc<br />
Voltztow und dem bekannten Hans, Hof und 3 Hufen vor <strong>der</strong> Stadl<br />
Schivelbein.<br />
Diese Angelegenheit behandeln drei Urkunden (R. 78, 95. d'op.<br />
N60M. 12, I, lol. ^I^, l-ELp. K. 78) 97.
— 72 -<br />
weitere 350 fl. „so bey den Vorcken zn ^abes stehn vnd jährlich daß<br />
hun<strong>der</strong>t mit 7 mit 5>0 Talern und mit ^lXj Gulden, nnd 161^ mit<br />
l^7 Talern ((^'op. Kem... Il, III, sol. «.»4''—95, 106. Ferner 1«, WI.<br />
5>«, 3^7"»; wegen des Verkaufs <strong>der</strong> Burglehen 11, III, sei. ^'>).<br />
Durch dell neuen Knrfürstcn Johann Sigismund erhalten am<br />
31. Mai 1l)l)9 die Volykowen ihren Vchubrief nicht nnr über Vollzkow,<br />
son<strong>der</strong>n anch über das Burglehn des früheren Bürgermeisters Peter. Es<br />
sind die Belehnten die Brü<strong>der</strong> Peter und Christoph und Peters Sohn Adam.<br />
Persönlich auweseud zu <strong>der</strong> Erbhuldigung ist nur Adam, mit <strong>der</strong> schriftlichen<br />
Vollmacht des Christoph und seines Vaters Peter vcrseheu. Auffallend<br />
in diesem Vollmachtsbrief sind die beidcu Siegel, welche <strong>der</strong> eigenhändigen<br />
Unterschrift <strong>der</strong> Vollmachtgeber bcigedruckt worden sind. Der<br />
ganze Schild des Wappens wird nur durch einen spitzwinklig gekrümmten<br />
Haken ausgefüllt. Es sei daher die Vermutung wie<strong>der</strong>holt, daß diese<br />
Familie keilten Fisch im Wappen geführt habe. Von den vier Urkuudeu,<br />
welche sich mit <strong>der</strong> Erbhuldiguug zu Küstrin durch die Gebrü<strong>der</strong> Voltzkow<br />
beschäftige», lag die emc bisher bei dcu „noch nicht registrierten Akten" des<br />
(>ieh. Staatsarchivs zu Verliu. Die drei an<strong>der</strong>en sind bezeichnet K. 78, II. 2<br />
nnd tt. 7«, lw lOs). Nk>nm. 15», s'oi>.<br />
Neom. 17, kl. 4^7).<br />
Ziemlich zn <strong>der</strong>selben Zeit (1M5) wird ein an<strong>der</strong>es kleines Geschlecht<br />
gelegentlich ans dem Dnntel hervorgezogen, welches von Micraelius uud<br />
vom Freiherru v. Vedebur scheiubar zu den Völschows gerechllet worden ist,<br />
die Woischowen ilu ^auenbnrgischen. Dies geschah gelegentlich <strong>der</strong> Erbhnldignng<br />
<strong>der</strong> hiuterpolllmcrscheil Stände bei <strong>der</strong> Tronbestcignng Herzog<br />
Äogislaws Xlll., indem <strong>der</strong> Kranke Georg Wolschow mit lll die
<strong>der</strong>er eingeschrieben wurde, welche am '^tt. April 1605 die Huldigung<br />
leisteten (Valt. Stnd. N. F. V, Seite W). Haben die von Wolichow<br />
vielleicht einen Fisch im Wappenfelde geführt? Eine Familie Wolichow<br />
führte (nach Siebmacher) im quer geteilten Schilde oden zwei Pfähle, unten<br />
eine Nose (anno 1379). Dagegen hatte <strong>der</strong> Rektor Symon Boltzkc ^<br />
Erfurt 14Nl im blauen Felde zwei weiße Fische und als Helmbm'ch<br />
drei Straußenfe<strong>der</strong>n!<br />
Zu Frankfurt a. O. wnrde 1008 Paulns Veltzcovins ttil lop0ien8Ì8<br />
?olonu8 immatrikuliert und zu Rostock im Inll l
— 74 —<br />
erlosch auch das den Völhkows erteilte Lehen. Das ^ehengut des Verstorbenen<br />
wurde auf Befehl <strong>der</strong> Regierung zu Kiistrin vom 17. Dezember<br />
1621 eingezogen. Über die beiden hinterlassenen Töchter des Adam<br />
v. Voltzkow wird von dem das Erbverzeichnis aufnehmenden Beamten berichtet,<br />
daß sie nach Gebühr ausgesteuert werden müssen. Es lohnt sich<br />
aber, das „Verzeichnis" des mit <strong>der</strong> Abschätzung des Nachlasses betrauten<br />
Zöllners und Zeisemeisters Hans Heinrich hier ganz folgen zu lassen:<br />
„3. Nittersitz an gebewden vngefehr wirdig . . . 400 fl. — 14 hueffen<br />
werden zn solchem gnete gebranchtt, mit den 4 Nitterhueffen kan jehrlich<br />
austgeseet werdeu an Roggen 4 Wl.<br />
dieses Jahr aber sind 4 Wl. 22 Schll. Roggen außgeseet;<br />
Gersten vngefehr 1 Wl. il schll.<br />
Hafern 3 wl.<br />
Buchweizen 6 schll.<br />
Erbsen 3 schll.<br />
tteinsahmen 4 schll.<br />
zn beschickung <strong>der</strong> Ecker werden 3 Pfluege vom Hofe gehalten, dazu belegen<br />
3 Pauern Je<strong>der</strong> mit 2 Hueffen, 2 Coßathen.<br />
Helligkeit wie folgtt:<br />
1 Scheefferey von 350 Schaffen, weill nicht viell Wiesenwachs vorhanden.<br />
1 Sehe vngefehr eine l> Garne zucge, dahu 3 kleine Sehe. An<br />
solcher Fischcrey Dinnies Klieft, so im selben Dorff rc8i6irt, den 4ten theill<br />
am großen Sehe berechtigen vndt an den 3 kleinen Sehen die helffte.<br />
Wiesenwachs ist geringe, vndt nicht mehr alß eine Wiese datzu belegen.<br />
Adam von Vol^kow hat bey Lebzeiten d^ von Briesen ctzlich Geldt vff<br />
Wiesen gethan.<br />
Höltzung ist ein Buchenholtz vngefehr 1 Morgen-langk, vndt fonsten<br />
vorlengst dem Sehe mit etlichen Buchen bewme bewachsen: ist gar geringe.<br />
Hasen Iagtt vffm Völtzkowschen Felde, Kirchenlehen vndt Straßen<br />
Gerichtt Adam von Voltzkowen zustendigk Inhalts des Lehnbrieffes.<br />
Sonsten ist vermncge Adam von Volzkowen ^'ehnbrieffe zu solchem<br />
(Anette ein Bllrg-Vehen m Schivelbciu belegen mit 3 Freien Hucffcu.<br />
Das Hauß vndt 2 Bneden sambt allen Zimiuern ist nichts vorhanden, seindt<br />
etzliche Jahr hero wncste gelegen; vndt vor 2^ Jahren haben die Volzkoweu<br />
solch Bnrglehen einem Ernst Werbelowen vor 700 fl. vorkaufft. Werbelow<br />
aber ist nach weiniger Zeitt von seiner Frawen abgezogen vnndt Todts<br />
verblichen. Hernacher aber hatt beften Ernst Werbelowen Haußfraw viell<br />
Schuldeu, wie hernacher folgctt. vff solch Burgklelien gemacht, vundt ist mit<br />
einem leichtfertigen terle, so seine cigeue haussraw verlaßcu, mit ihme<br />
dauou in Pohlen gezogen. Vlldt ist niemahln die ^ehnc vber solch Änrglehen<br />
von Werbeloiueu noch von den seinen gesucht worden; allein das
— 75 —<br />
Adam von Polhtow inhalts seines Leheubriefs die ^chne beybehalten vudt<br />
bisihero wartell mnßeu.<br />
Folget nnn, was anff solch Vurgklehen zll Schinelbein hasstet: Erstlichen<br />
hatt Jacob ^irke, Bürger zu Schlnclbein ^Vo. l von dem «. Iully<br />
vn<strong>der</strong>säncdtlicheu vermuege <strong>der</strong> brieflichen Urtuudcn nss eine halbe Hnefc<br />
anßgezählet ili) si.<br />
Peter Node, Bürger zn Sciuuelbciu äo. 1606 den 12. Aprili« vff<br />
ein Garten vndt ein Wnrdtlandt Inhalts Herrn ^audtvoigts Dietloff von<br />
Winterfeldes Oon8t>„8 41 fl.<br />
Joachim Jahn, Bürger zu Schinelbein ^o. 1619 den 10. ^ ussiti<br />
vff eine halbe hucffc .... angezählet 60 si.<br />
Iaeob Lastkow zn Schinelbein ^n. 1621 den 14. Iuny anss 2 Hanßlen<strong>der</strong>,<br />
so zu den beyden Bueden belegen, Adam von Volhkowcn außgezahltt<br />
15 st<br />
IacobusVurqkman anff einen geringen Garten ansigczahlt 6 arg. 9 H . .<br />
Andreaß Namdthuen, Bürger zu Zchinclbein ^0. l0.^ des Ernst<br />
Werbelows Hanßfraw vff eine Hneffe Vandes mit Consens des Herrn<br />
^andtvoigts ausigezählt, die hneffe für den Zinß zu gebrauchen 110 ft.<br />
Attgstin Heydenreich, gewesener ^andtreilter ^ Schinelbein hat<br />
^0. 1601 den 17. ^VuKUkU vff eine hneffe Vandes . . . . ausgezahlt<br />
!00 fi. Solch Geldt Ernst Werbelow zn sich empfangell.<br />
Rüdiger von Borcken Witbe zn Clacschagen aufs ein Wnrdclandt<br />
außgezählett 25 fl.<br />
^llno 1600 am Tage Martini hat Ernst Werbelow von Dorothea<br />
Polzkowen, Adam von OolMven hin<strong>der</strong>laßenen Schwester vsf Zinß genommen<br />
.... 2b fi. Ihr auch in seiner Obligation znm Bntcr Psandt<br />
eingesetzte das Nurgklehen sampt allen psrtinsntien zu Schiuelbeiu, jedoch<br />
ohne <strong>der</strong> gnedigften Herschaft Conleus vndt bewilligungk.<br />
Folget mehr, was vsf solch hin<strong>der</strong>laßenes Adainb von Bolzfowen<br />
Lehnstück haffteu soll:<br />
Die hin<strong>der</strong>laßene Adam von Bolzkowen Witbe inhalts Ihres ?eibgedinges:<br />
an Gelde 1200 fi.<br />
Drei Pferde vndt einen bedeckten Wagen des verstorbenen Adam von<br />
Volzkowen Vätern Brue<strong>der</strong> Fraw, so vff itzo in dem cim-u ^tittcrntz zu<br />
Völtzkow r^ic^irt, ist verglichen, das sie zeit ihres Lebens Ihre wohuuug drei»<br />
habeu soll. Ist nunmehr eine alte betagte Fraw, so vff <strong>der</strong> grnbe gehett.<br />
Die beide Adam von Bolzkowen hin<strong>der</strong> Ihm verlassene Töchter<br />
werden <strong>der</strong> gebühr uach auch mußeu außgesteurt werden.<br />
Auß solchem Gueth nntß auch ein halb Veheu-Pferdt gehalte,! werdeu<br />
(nachträgliche Ralldbemerkuug: Die ^ehue-Negistralur besagt 1
ll»s>!» Diugstages nach Vaetare bat Ernst v. Werbelow vf daß<br />
Vurgklcheu zu Schifselbein Inhalts brieff vnd siegelß vff Zinß genommen<br />
ll) thall. Doch ohne <strong>der</strong> gnedigsten Herschafft Consens vnd dewilligung.<br />
Snmma, so vif daß burgklehen zn Tchisfclbein hafsten wurde, 456 ft.<br />
tt arg. v ^/' Dies ist zu verstehen: Pommerschcr Währnng den Gulden<br />
zu 18 arg. (N. 4^, u. ft:i).<br />
Gnte Gewährsmänner wie Freiherr v. ^edebur und Klette lassen nns<br />
in betreff <strong>der</strong> ritterlichen Famillc ^oltzkow recht im Stich. Der erstere<br />
wie<strong>der</strong>holt bekannte Irrtümer (I I I, 64) nnd in einem „Nachtrag" (lll, .>5>4)<br />
sagt er: „VollMv, Im ^auenbnrgi'chcu ist irrthümlich; jedoch Schivclbein<br />
l5W. Bölsiow (Tchivelbein) nicht Boltzkow 14." Ja,<br />
wcuu amtlich bestätigt wird, daß alle Gcsamthäu<strong>der</strong> im Jahre 16->1 zu<br />
den Totcll gehören, dann kann dieselbe Familie doch im Jahre 1796<br />
nach I7l) Jahren nicht plötzlich wie<strong>der</strong> aufgelebt sein!<br />
P. v. Niesseu (beschichte <strong>der</strong> Ncumart im Zeitalter ihrer Entstehung<br />
nnd Vesiedluug. landsberg a. W. IWi)) nennt im Register die Völ^kow<br />
„ritterliche" ncumarkische Familie. Auf 2« 305 f. sagt er: „Zweifelhaft<br />
wird man über den betreffenden Zusammenhang sein hinsichtlich <strong>der</strong> Familie<br />
Pölhkow, ob sie nämlich ihren Namen hier erst von dem gleichuamigen<br />
Dorfe empfangen hat o<strong>der</strong> ob, wie mich dunkt, fic als Pöl^ke hergekommen,<br />
ein Ocsitzdorf nach sich benannt und dann darnach den eigenen Nameu in<br />
Pölzkow gemodelt hat."<br />
Aapitel II.<br />
Die Zlreischulzen des Amtes s„^tarolley"> I)raßeim.<br />
Das Oheime Staats-Archiv zu Berlin besitzt die Abschrift eines<br />
Vertrages vom Jahre 12A7, nach welchem <strong>der</strong> Herzog von Masovien und<br />
Cujavien dem deutscheu ^Drdeu
— 7? —<br />
abgenommen, so dak eine Bemerkung von Hanvtmann in seinem Anche<br />
„das Wappenrecht" l^' an Berecktignna. gcwiullt: daß in dem Kampfe<br />
ttm das Dasein von dem Adel manchmal Bauerngüter in Erbpackt ge^<br />
nommen wnrden. Wie dem anch fel: es besteht die merkwürdige Tatsache,<br />
daß fast gleichzeitig mit dem Aussterben <strong>der</strong> v. Völtzkow anf Völtztow<br />
ziemlich in <strong>der</strong> Nahe, in Tempelbnrg nnd Umgegend, bürgerliche FreischulM<br />
des Namens Völykow zuerst geschichtlich beglaubigt werden.<br />
Die ganze .Herrschast Drahmu mit Tempelburg wurde uach fast<br />
dreihnn<strong>der</strong>tjährigcm Besitze von <strong>der</strong> Krone Polen lm Jahre U>5)7 an den<br />
großen Kurfürsten verpfändet und nie wie<strong>der</strong> eingelöst. Der fast noch un-<br />
bebaute Bodcu konnte <strong>der</strong> Eutwicklung des Freischulzentnms nur günstig<br />
sein. War doch <strong>der</strong> Schulze nur ein Führer <strong>der</strong> aus Freien bestehenden<br />
Kolonisten in den zn besiedelnden Vän<strong>der</strong>eien. Sollte dort ein Dorf an-<br />
gelegt werden, so übergab <strong>der</strong> Herr des Bodens du- zur Besudelung be-<br />
stimmte Fläche einem Unternehmer zur Zerstückelung in einzelne Hnfcn.<br />
Letzterer erhielt nicht nnr das doppelte Kolonistcnland, son<strong>der</strong>n anch gewisse<br />
Freiheiten von Abgaben und mancherlei Gerechtigkeiten. Erhielt <strong>der</strong> Unter-<br />
nehmer das ^and mit Gerechtsamen zn eigen, so hies; er Freischlage.<br />
Kleidete sich aber die Begabung in die Form des Vehnrcchtcs, so entstand<br />
ein Schnlzenlctm. Mit dem Besitz vererbte sich ein jedes Schulzcnamt.<br />
In <strong>der</strong> Aufschrift auf <strong>der</strong> nach dem q^onen Brande <strong>der</strong> Stadt Tempclbnrg<br />
am 6. Inni 16M vollendeten mittleren Kirchenglocke ist auch <strong>der</strong> Name<br />
des Amtslchreibers von Draheim, Georg Bolkko enthalten. Zu welcher<br />
Familie dieser Völtzko geHort hat, ist nicht mehr festzustellen, auch uicltt.<br />
ob er eine Hochschule bejucht hat. Zu Nostock wurde im Mai 1s>71<br />
(^eni-ssi'uk ^u1t?3tlc0n (-^l-i^n^i^ als Stndent eingeschrieben und zn<br />
Frankfurt 15l)d (^6s>rssiu5i V^ilt^^i-n^ ^Iceu^ur^ONZis.<br />
Den ersten Schulzen Völtzkow treffen wir am ä3. Dezember N>3l<br />
zu Döberitz gelegentlich einer Bestätignng <strong>der</strong> Schulzen <strong>der</strong> ötarostei<br />
Drahcim durch den König Vladislans von Polen. Die Urkuude nenut<br />
den Schulzen in Töberitz Iohau Felska. Die Pflichten <strong>der</strong> Dorfschulzen<br />
bestehen iu einem jährlichen Zinse au das Schlos? uud in Zeitell <strong>der</strong> Not<br />
in einem Wachtdienst mit je einer Flinte auf dem Schlosse o<strong>der</strong> an <strong>der</strong><br />
Grenze. Iu betreff ihrer Gerechtigkeiten heißt es: „Dieße schultzeu loßen<br />
Wir bey ihrer schuldickeit vndt loßen sie anch bey ihrer freyhcit: was sie<br />
von uhr olter Herr vndt von longen Zeiten gehobt undt ihueu dinlich ist.<br />
Abson<strong>der</strong>lich von ihren Eigen körne vor ihr hanß birre breuuen, auch ihre<br />
schwein freye mäste zn hoben" (Geh. Staatsarch. General-Direktorillm<br />
Pommern Amt Draheim Ttt. XI.IV, tt?ct. :z, Nr. 10).<br />
In einem polnisch geschriebenen Invelltar <strong>der</strong> Starostei Draheim wird<br />
über das Dorf Döberik gesagt: ^öltzko gibt für das Schulzenamt 5>l) Flor/'<br />
Daneben zahlte ein an<strong>der</strong>er im Oorfc die Hälfte mit 25 Fl. (St.-A. li. 4, u. 11).
— 7« —<br />
Daß in jener znm Teil schreibnnknndigon Zeit <strong>der</strong> Name Vöwkow<br />
eine sehr unterschiedliche, fremdartige Schreibweise durchgemacht hat, ist nm<br />
so weniger zu verwun<strong>der</strong>n, als die Schulzensamilien <strong>der</strong> polnischen Krone<br />
untertänig waren. Es ist anch nicht festzustellen, ob nicht einzelne polnische<br />
Beamte zu den Völtzkows gehört haben. Beispielsweise sind Erlasse des<br />
Königs Wladislans vom Jahre NNtt unterzeichnet von Henr. Wolski,<br />
Der wahre Name des Schulzen Halls Völtzkow tritt erst in eiller<br />
Urkunde zntage, welche eine lange Vorgeschichte hat: Ans Falckenbnrg<br />
saßen die von Vorcke als Untertanen des brandenburgischcn Kurfürsten.<br />
Zn Heinrichsdorf Nlld allf Vroih saßell die von <strong>der</strong> Goly. Damals lloch<br />
polllische Untertanen nnd Parteigänger. Etwa östlich von Vroch beginnt<br />
die Thurbruchsche Heide, welche die von Borcke für sich und ihre Bauern<br />
iu Zacherm in Ansprnch nahmen. Den Banmbestand hatten aber die<br />
Polnischen, unter ihnen auch die Bewohner <strong>der</strong> Dörfer Alben, Neblin,<br />
Flatensce, Neilhoff nnd Döberitz zn ihrem Nutzen gefällt. Ein an<strong>der</strong>er<br />
Streitpunkt zwischen den von Aorcke einerseits und dem Starosten und den<br />
Goltzen an<strong>der</strong>erseits war <strong>der</strong> fischreiche „Föltzlow-See" hart neben dem<br />
polnischen Dorfe Heinrichsdorf. Da <strong>der</strong> polnische Starost offen gegen die<br />
voll Äorcke und gegell die Gemeinde Zacherm auftrat, kam es zum kleinen<br />
Kriege, welcher erst allmählich durch die Dazwischenknnst <strong>der</strong> beteiligten<br />
Negiernngen gedämpft werden konnte. Die Akten des Geh. Staatsarchivs<br />
hierüber mit Einschlich <strong>der</strong> Grenzrezesse sind ziemlich zahlreich (k. 4.<br />
ll. N —Ili; 24). Nach einer Beschwerde von „Schultz vudt gemeine deß<br />
dorpffs^ Zacharihn" an dell braudcnburgncheu Kurfurstcu vom Jahre 1si4ll<br />
ist <strong>der</strong> Starost recht gewaltsam gegen die Deutschen vorgegangen. Die<br />
Beschwerde lautet: „. . . . Inmaßeu den <strong>der</strong> Starosta zu Draheimb Hr.<br />
^olnumc^ O^i-llikuwLk)' Nllmehr vor etwan Elff jähren daß dorff Zacharill<br />
den Polen vndt zue <strong>der</strong> Starostey Draheimb bringen wollen, gestalt er daß<br />
Wapen Ihr. Königl. Mayest. zu Polen an dasselbe as^iren vndt den<br />
Unterthanen daselbst, daß sie dem Hause Falckenburg die schuldigen Dinste<br />
nicht mehr leisten, son<strong>der</strong>n dem Königl. Hanse Draheimb forthin gehorsamb,<br />
verpflichtet und gewertig sein sollen, befclen laßen . . . . Voll <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n<br />
seilen hat vorgedacht <strong>der</strong> Draheimbscher Starosta <strong>der</strong> Zacharinschcn Dorf-<br />
schafft von ihren Phralten Pflngk Landung ober 234 Morgen nehmen undt<br />
seinen Amptß Dorffern eintheilen laßen; Gestalt er den befehliget, daß seine<br />
Polnische Dorffer Tcharff Orth, Ncwhoff vndt Schwartzsee jedes Dorff<br />
eine Feltmarck in das Thuerbruche raden müßen. Anch den Neblinschen<br />
vndt Flakenseeschen ebenmeßig, jedem Dorff im Thurbruch eiu Felt auß<<br />
zuraden anweisen laßen. Hiebei er auch vnser anspannnng angreiffcll dürffeu,<br />
in dem er den Zacharinschen Schulzen einen Ochßen llehmcn, schlachten<br />
vndt freßen lassen/'
— 79 —<br />
Vci solchen Zuständen ist es nicht zu verwun<strong>der</strong>n, dasi anch die<br />
von Vorcke sich zn Gewalttätigkeiten hinreißen ließen. Und hiermit<br />
beschäftigt sich die Klage, welche „Hans Voltzkow", <strong>der</strong> Schnlze zn<br />
Döberitze mit den Schulzen ans an<strong>der</strong>en benachbarten Draheimschen Dörfern<br />
am l«. April l
- 80 —<br />
das ganze Jahr drey tage, wozu Sic dann ein gewisses an Zinsen entrichten<br />
müssen.<br />
8. Solche Zinsen haben vor diesem, als die Herrschaft inn gntem<br />
Stand gewesen, mit denen 500 f., so das; Städtlein Tempclburgt entrichtet,<br />
jährlich 1l)l)0f. Pollnisch einzntragen pflegen.<br />
Die Schnitzen so zwart alle dienstfrey, mnßen doch jährlich ein großes<br />
an Zinsen zutragen helffcn vnd ein Pfcrdt zu <strong>der</strong> Herrschaft diensten, wen<br />
es begehret wird, halten." (2t.-A. k. 4, u. 12.)<br />
Ans dem Inventarium <strong>der</strong> Starostey Draheim ^o. 1668: „Das<br />
Frcy-Schnll5cN'Gehofft e Döbcritz genannt. Solches wird itzo halb von<br />
Panl ^öltzkowcu Witbe, halb von ^ohrcntz Völtzkoweu Witbe<br />
genühet vnd bejeyen. Beyde haben ihre ?rivil^in. in t)rissin.'lli procluc^iret,<br />
davon Wir l^mm genommen; Sie genießen die Freyheit wie an<strong>der</strong>e<br />
Frey schnitzen vnd geben jede b Nthlr. sucit 10 Nthlr. Zins vnd sind<br />
schuldig jemandts mit Gewehr anff <strong>der</strong> Herrschaft erfor<strong>der</strong>n zu gestellen."<br />
sk 4, n. 13'.)<br />
Nach denlselben Inventarium hat die Witwe von Paul Völhkow zu<br />
Döberitz in dem Dorfe Nebliu die Hälfte eines Bauernhofes für 4 Nthlr.<br />
gemietet. Nach einem Hufenverzeichnis desselben Jahres wird für Döberitz,<br />
Neuhoff und Kleiu-Scwvarzsce zusammen nnr eitle Hufe Landes vermerkt.<br />
Aus dem Äkteustück lt.. 4, u. l'i» cutuehmeu wir noch mauches:<br />
Wirkliche llutertanen gab es in <strong>der</strong> Zeit von 1668 bis 1671 nur die<br />
beiden Frei-Schulzenfranen. Die Nnbrikeu: „Frey Saßen, Krüger, (hanhc<br />
Äauern, Halb Bauerll, Oautze ^ossctteu, Kleine Cossaten, Ändener, Schulz<br />
Cossaten, Schmiede, Hirten, Fischer, Kätener" blieben unausgefüllt. Also:<br />
Alle zerstreut ans dieser sonst bctrnchtlicheu dörflicheu Naugstufeuleitcr!<br />
Ordinäre Zinsen nnd Pachte wurdeu uicht iu Naturalien, son<strong>der</strong>u mit<br />
Al) ft. bar gegeben. Auch ls>7
hierbei genannt ^kin^ l't ^oor^il^ >V^ 1 ox!. Juni l. 1l)7l gehaltet!", ist „<strong>der</strong><br />
Meinung, daß ob zwar auf iedeu Schulen Bericht mehr alß ein ^rey<br />
Schnlh vorhanden, solches doch 3r. Chnrfl. Dhl. nicht schaden tan: denn
— «2 —<br />
je ps>sjols)8rr das Amftt, je genüklicher
gedachter privil^n. sich gebrande» nnd sehr viel viehe halten: «nodllrch<br />
so wohl Ew. Chursi. Dhl. als allch <strong>der</strong> armen nntertahnen viel) großer ab-<br />
brnch an <strong>der</strong> weide geschiehet. Ja in etlichen Dörfern ist schon lein Bailer<br />
son<strong>der</strong>n lanter Schulden zu finden. Vudt waß das größte, sollen darllutcr<br />
welche sein, die gantz teine l'i-ivilossm vorzeigen können: dahcro nach denen<br />
Pohlnischen Rechten ihre Haab ciulne nnd C'w. Churfl. Durchl. zufallen<br />
müste."<br />
In einem späteren Berichte weist S. v. Chwalkowski diejenigen nach,<br />
welche nicht mit genügenden Privilegien versehen sind (k. 4, n. !.'4, ^.).<br />
Um die Wende des 1?. Iahrhnn<strong>der</strong>ts fließen die nrtnndlichen Nach'<br />
richten sehr spärlich. Dies ist nm so bedauerlicher, weil gerade dadurch<br />
die in dieser Zeit beson<strong>der</strong>s wichtige Schciduug <strong>der</strong> Namen Völtzkow nnd<br />
Völtzte noch mehr erschwert wird. Es ist bereits in dem vorigen Kapitel<br />
an einigen Beispielen erwiesen, daß aus Unkenntnis o<strong>der</strong> aus Bequemlichkeit<br />
<strong>der</strong> Name Völtzkow selbst in amtlichen Urkunden Abkürzungen erfahren hat.<br />
Derartige Kürzungen eines Namens kommen noch hentc vor. Der Namc<br />
Balthasar wurde im Verkehr noch vor wenigen Jahrzehnten in Baltzcr<br />
verwandelt und im freundschaftlichen Umgänge in Balftiug. Nicht weiter<br />
ist <strong>der</strong> Schritt von Völlzkow in Völler. Es sind daher gelegentlich <strong>der</strong><br />
Huldignng <strong>der</strong> pommcrschen Städte am 2. Oktober 1l'»'^.> auner dem Ver-<br />
treter <strong>der</strong> kleinen Stadt Bu blitz Vorenz Volhkow hier uoch zu berücksichtigen:<br />
aus Köslin Martin nnd Christian Völtzke,<br />
aus Naugard Johann und Christian Voltzsche nnd<br />
aus Nügenwalde Peter und Jakob Völtzke ltt. 3", n. 19l.)<br />
Bei diesen Zitaten ans dem Geheimen Staatsarchiv mag noch ans<br />
früherer Zeit hineingezogen werden:<br />
15)71: Echoß-Negister <strong>der</strong> Stadt Prenzlau. Im „Negister aner<br />
<strong>der</strong> Niestadt" wird Panl Voeltzke erwähnt als Stenerzahler (K.'^1, 117).<br />
Da in dem schon früher genannten Dorfe ^ubow nm das Jahr 172l!<br />
ein (Aerichtsmann Andreas Vvlhkow das Schulzenamt verwaltet, so sind wir<br />
anch verpflichtet, deu Brauer Martin Bölhlc zu ^ubow vom ^I.Iuui 170l<br />
zu berücksichtigen (U. 4. n. 13"). Ferner wird am 10. April 1717 m<br />
dem Dorfe Altenfier des Amtes Draheim <strong>der</strong> Baner nnd ^erichtsmaun<br />
Heinr. Voeltzke genannt (U. 4. „. 1^).<br />
Nach einem Protokoll, Tempclburg den 7. März 17W, ist dnrch<br />
einen in Tempelburg entstandenell Brand sowohl die katholische Kirche ein-<br />
geäschert als auch <strong>der</strong> I'lel)3.,lU8 >Vmcksn3 <strong>der</strong>gestalt beschädigt worden,<br />
daß er darüber das Zeitliche gesegnet hat. Als sein Nachfolger wnrdc<br />
ans die Empfehlung des Bischofs von Posen hin <strong>der</strong> (.^lmmc-uz I'l,ttm
als Vertreter des verstorbenen Plebanus bei einem Tanfakte zu Vubow sich<br />
dem dortigen Schulzen Polskow gegenüber „sehr nndcfchcidcn anffgeführet"<br />
hatte. Danach war Andreas Völylow schon l719 inl Alute ulld<br />
katholischer Religion, wie aus einelll Prototoll erhellt, Draheim deil<br />
12. Febr. 17^7, gezeichnet 9ieall<strong>der</strong> (Notar), über die Abgaben nn dell<br />
katholischen Pater zu Tempelburg, Johann Christian Hein. Zu dell<br />
„summarisch" Abznhörenden zahlt Andreas Völtztow, Gerichtsmann in<br />
^ubow (li. 4, ii. 13" zweites Konoolut).<br />
Zll Döbcrin silld im Jahre 1734 zwei Schulzen; Johann (Neorg Müller<br />
nnd Heinrich Völtzckow. Diese hatten sich beschwert, daü sie neuerdings<br />
jährlich ein je<strong>der</strong> 3 Scheffel 4 Meyen Pachlloru uud 2 Aithlr. (Grundzins<br />
an das Amt Drakeim elltrichten sollten. Der Kurfürst verordnet mit dem<br />
3. September 1 734 eine Uutersuchung dieser Beschwerde nnd Bericht hierüber<br />
durch die Pommersche Kammer. Dell Fortgang dieser Angelegenheit erfahren<br />
wir nicht. Eine spätere Urkunde vom Jahre 173(i mag aber hiermit in<br />
Verbindung stehen. Diese lalltet:<br />
„Die Döbritz'schc Schulden haben nicht mehr gemahlen in Draheimb<br />
alß <strong>der</strong> Schnitz Müller 5 mahl in Snmma . 11 jchll.<br />
Nogken und 3 schll. Verstell 3 „<br />
- 14 schll.<br />
<strong>der</strong> Schultz Völbko in 4 mahlen !» schll.<br />
Noglen lln ^ schll. Gersten 11 schll.<br />
und müsien die r^tirende 16 schll. 4 melden Nogken lllld 3 schll. 3 motzen<br />
Gersten abbringen. Meine l^xocunan gehet von hcnte den 13 Innij an;<br />
nnd müstell Sie lllir mein Gebühr voll <strong>der</strong> Zeit an geben, daß ich ihnen<br />
die kxcc.'l«tis)n allgelundiget habe, biß daß sie mir einen abwich Zettel vom<br />
Herrn Krieges Rath bringen. Klein Schwanke, den 13. Junij 173N.<br />
An die Schulden<br />
Johann Oeorge Müllern<br />
und Heinrich Bölhto zu Döbritz.')"<br />
Heillnch Volatow ist im Jahre 1755) gestorben, wie ans einer<br />
Venachrichtignng des Königlichen Amtsgerichts zu Tcmpelburg vom<br />
18. Juni 1898 hervorgeht (Doeberitz Nr. 1, 54
- 55 —<br />
(Tobias, Franz, Samuel). Aon diesen Kin<strong>der</strong>n erhielt das obengedachtc<br />
(^lnnostilck Peter Panl Völzkow. Dieser hatte lnnl — abschriftlich in<br />
den lkülndaltelt vorhandenen — Erbre^sscs vom '^5). April 17.^7 nenn Söhne<br />
(Johann Martin, Joachim Friedrich, Christian ^ndwig, Christoph,<br />
(ttottlieb, Pcter Panl, Carl Heinrich, Philipp, Voren5 Wilhelm.)<br />
Das Grundstück ging über ans Iobann Martin Völ^tow. Derselbe<br />
war zweimal verheiratet, hatte aber nnr ans erster Ehe einen Sohn<br />
Carl Vlidwia. PjUztow, welcher das . )lpril l^.^i weiter verlanste<br />
an einen Eigentümer Schnuot.<br />
Carl Vlldwig Völ.ztow, <strong>der</strong> sich dann Völtzkow schrieb, hat, wie ans<br />
einer Berhandlnng vom l. Juli I.^i." hervorgeht, später in c^r.-Vorn<br />
gewohnt." (Unterschrift des Amtsrichters).<br />
Emine Söhne ans <strong>der</strong> Freischlllzenfamilic zn Döberitz erlernten ein<br />
Handwerk. Mehrere Handwer^emschreibimgen sind erhalten geblieben:<br />
>Vl'lum Tempelbnrg, d. 1. Novbr. 174^.<br />
Schnei<strong>der</strong>innnng.<br />
V?eister ^orentz Hein stellet seinen Vehr Inilgen Joachim Friedrich<br />
Söltzko vor die öffentliche Vade und giebt zn verstehen, daß er denselben<br />
anf ^ Jahre in die ^chre nehmen wolle.<br />
^cwm Tempelbnrg, den .!
— «6 —<br />
Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß <strong>der</strong> Stammsitz nnd Ausgangsort<br />
aller Vehns- o<strong>der</strong> Freischützen des Namens Völtztow in Döberitz<br />
zu suchen sei. Höheren Ortes wird man guten (Arund gehabt haben, <strong>der</strong><br />
Familie Vorschub zu leisten uud ihre Erbansiedeluug auch auf den Höfen<br />
<strong>der</strong> Nachbardörfer zu begünstigen. In Döberitz tauchte aus dem Dunkel<br />
<strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> erste Erbschulze Iohaun V. im Jahre 163! auf.<br />
Dann kamen Paul uud Lorenz noch vor 1668. Es folgte Tobias und<br />
Georg. Für den ersteren trat wie<strong>der</strong> ein Johann ein, neben Georg<br />
im Jahr 1679. Von da an stoßen wir auf eine bis auf hellte durchlaufende<br />
erbliche Familiengeschichte, welche mit Heinrich beginnt. War sein Vater<br />
Johann o<strong>der</strong> Georg? Wir wissen es nicht. Soviel steht aber fest, daß<br />
<strong>der</strong> Doppelname Johann Georg (Hans Jürgen) seitdem in <strong>der</strong> Schulzen^<br />
familie wie<strong>der</strong>kehrt.<br />
Der Zeit nach ziemlich auf <strong>der</strong>selben Höhe stehen die Schulzen Johann in<br />
Döberitz seit 1679 — sein Nachfolger Heinrich starb erst 1755 —, Lorenz in<br />
Klein-Schwarzsee, überwiegend dem l 7.Jahrhun<strong>der</strong>t angehörig, und sein Sohn<br />
Andreas. Dieser Andreas wird so lange in ^ubow (1719—1726) das<br />
Schulzenamt verwaltet haben, bis die Erbschulzenstelle seines Vaters für<br />
ihn in Klein-Schwarzsee frei wnrde. Ein Sohlt von ihm gleichen Namens<br />
scheint in ^ubow geblieben zu sein, da nach dem Trauregister am<br />
3. November 175)1 zu ^ubow Andreas Völzko mit Jungfrau Anna<br />
Viaria Hasemann getraut worden ist. Ein weiterer Zeitgenosse uud<br />
nächster Verwandter ist <strong>der</strong> aus Döberitz gebürtige Vürger Hans Jürgen<br />
Völzkow zu Tempelburg. Dieser war ein invali<strong>der</strong> Soldat. Er hatte<br />
den schleichen nnd den siebenjährigen Krieg mitgemacht und in <strong>der</strong> Ehe<br />
etwa 20 Jahre gelebt, aus welcher eine Tochter ihn überlebte. Im<br />
95. Lebensjahre erst traf ihn <strong>der</strong> Tod am 23. März 1796. Ziemlich<br />
gleichzeitig lebte in Tempelburg Iohaun Gottfried Völskow. Diesem gebar<br />
seine Fran An. Dorothea Nah einen Knaben, welcher unter dem Namen<br />
Laurentius als getauft am 2-4. Oktober 1749 in das Kirchenbuch <strong>der</strong><br />
katholischen Pfarre aufgenommen wurde. Hier scheint aber nur ein<br />
Versehen vorzuliegen: denn in einer an<strong>der</strong>en Eintragung desselben Kirchenbuches<br />
findet sich als Gatte von Anna Rah Hans Jürgen Völzkow.<br />
Diese letztere Eintraguug ist mit belehreuden Erklärungen des Probstes<br />
Wenzel gelegentlich <strong>der</strong> Uebersctznng versehen worden, welche für unsere<br />
Arbeit wichtig sind. Der Geistliche schreibt:<br />
„1740 unterm 13. Februar ist aus Tempelburg als getauft aufgeführt<br />
Joannes Sohn des Joannes Georgius Wölskow uud <strong>der</strong> Anna<br />
Nalzin. Die Geburt ist — wie dies anch für alle vorgenannten Getauften<br />
gilt — als legitim bezeichnet. Die Taufe ist von dem «katholischen Prediger<br />
geschehen. Pathcn warcn: Frauciscus Haß, Consul und Catharina Ratzin.
- 87 -<br />
Die Eintragungen sind in lateinischer Sprache geführt. Die Tchreib-<br />
weisc <strong>der</strong> Familiennamen aber entspricht znmcist <strong>der</strong> polnischen Orthographie,<br />
diese kennt ein „v" nicht. Ebenso ist es in, Polnischen nicht gebräuchlich,<br />
ein Heichen zn schreiben als Buchstaben, das nicht au?gesprochcu wird, wie<br />
das „n" aul Eude des delttschen Nameus Völzkow. Die Eintragung vom<br />
!:;. Februar 1740 macht hierin eine Ausnahme."<br />
Nun aber sind zwei weitere Eintragungen nnd zwar in das Kirchenbuch<br />
<strong>der</strong> evangelischen Pfarre bemerkeuswerl: Oeuselbeu Eltern Haus Jürgen<br />
Völskow uud Auna )^ial) w.lrde am w. ^uul l7.;^ <strong>der</strong> Sohll Johann<br />
Daniel geboren, welcher zwei Tage später getauft wurde uud am<br />
5. Februar !74s) <strong>der</strong> obengcuaume Joanne«, hier als Haus Jürgen am<br />
II. Februar getauft. Da sämtliche Sülnle den Vater uicht überlebt liabell,<br />
kehren wir zu den Altersgenossen dee Vaters zurück: zunächst llach Döbcritz, um<br />
die Schicksale <strong>der</strong> Dcszcndeuteu voll Heinrich V. (-',- 17.^>j an^fllhrlicher<br />
zu verfolgen. Dieselben gehören durchweg dem euangeliiäicu Bekenntnisse an.<br />
Ein Joh a uu (Heorg wird nu Jahre 17Xi'j als Pate crn'älult.<br />
Von Joh nun Georg aus Döberitz glaubt die nachbeschriebene<br />
Familie direkt abzustammen durch dessen Sohu Friedrill) Vocll/kow,<br />
Bürger und Hausbesitzer zu Brom berg, 1- 2^. August l^n7, vermählt<br />
mit (seit k. September 17li,V) Christine Dorotbee Karoliue Heydenrcich,<br />
* 31. Dezember 1774 in Ttargard i. Pom., !' N). Dezember 1^'^x,<br />
Königsberg iu <strong>der</strong> Neumark. Tochter des Weisigerbermeisters Johann Inlob<br />
Hetdcnreich, * U). Allgust 1747 zu ^reisenberg i. Pom. („x. seit '^2. Juli<br />
1772 Dorothea Maria Krüge, Tochter des Freischulzen Mart. Krage zu<br />
Gr.-Schöufeld i. Pom.).<br />
Im Sterbeschein ist Friedrich V. bezeichnet als Johann Friedrich.<br />
Es war ibm nicht gelnugen, seinen Tausschem ans Tempelburg zu crlaugeu.<br />
angeblich wegeu des grosien Brandes daselbst vom 27. Jull 1 ?l Jahren 2 Monaten<br />
erreicht. Er stammte au5 einem nach Tempelbilrg eingepfarrten Bauern<br />
dorfe, woselbst sein Vater O)Utsdcsih.er und Besitzer <strong>der</strong> Tempelbnrger<br />
Ä?ühle (?) gewesen sein soll. Nach Erlernung des Lchnei<strong>der</strong>handwerko<br />
ging er in die Fremde, bis er im Jahre l7'.)
Im Totenschein seiner Fran unrd diese bezcichllct als Witwe des<br />
Friedrich Wilhelm ^. Eine genügende Klarheit über seine Herknnst nnd<br />
sein Veben wird kannl zll beschaffen sein, denn die uns übersandten Ans-<br />
enge ans den von Herrn Hilföprediger Dreist persönlich durchgesehenen<br />
evangelischen (^ebnrts- nnd Tansregistcrll von Tempelbllrg:Drahelm enthalten<br />
zn'ischell den Jahren 1740 nnd 17.')^ eine klaffende ^ncke. Erst ain<br />
2tt. Oktober 17->« wird wie<strong>der</strong> eine (Geburt gemeldet, die des Frmchnlzen-<br />
söhncheno Joachim Friedrich V. alls Döberitz. Identität mit Friedrich B.<br />
zn Bromberg ist nicht nnbedingt ansgeschlossen. Über das spätere Gebell<br />
des letzteren hat Herr Geh. Kommersen- nnd Stadtrat Franke zll<br />
Bromberg sehr gründlich nachgeforscht, lei<strong>der</strong> vergeblich.<br />
Infolge des gewaltsamen Todes ihres Mannes nnd da sie einen<br />
Revers unterzeichnen sollte, daß sie auf alle Allsprüche ans diesem Verlnslc<br />
verzichte, floh Fran ^oell>kow mit zwei noch lebenden Kin<strong>der</strong>n ans Bromberg.<br />
3ie fand ^nflllcht bei ihrem Verwandten dem Amtmann Klanckc ans dessen<br />
Vandgnte Mbrchen bei Königsberg i. Ncumark, wo ihre Kin<strong>der</strong> auf-<br />
gewachsen silld. Alle Familienpapicre sind infolge ihrer Flncht verloreil<br />
gegailgen. ')inr ein Andachtsbnch blieb erhalten, ans dessen Deckel Friedrich<br />
^ölizfow selbst diesen seinen NlNlien vermerkt hat, dazll das Jahr seiner<br />
Tranung nnd die (hebnns- nnd Stcrbttage seiner Kin<strong>der</strong>. Diese waren:<br />
1- Berlin.<br />
l. Wilhelm, " ->. Dezember 17W, -j-^>. März 17i)5 zu Aromberg.<br />
'^. Karolille Henriette, " 1ö. September l798 Bromberg, ledig,<br />
3. Johann Georg Wil Helm, * 5. Inni l?M Bromberg, 7 W. Inni<br />
l^sls) in Berlin als eins <strong>der</strong> erstell Opfer <strong>der</strong> Cholera am Orte, nnd seine<br />
Frau erlag <strong>der</strong> gleichen Krankheit « Tage später.<br />
4. Wilhelmine Dorothea, ^ l^. Mär.^ 15. Mathilde Amalie, '' 1. März l^'li Bromberg, 7 ^^. Angnst<br />
Johann (ycorg Wilhelm Voelhkow pssanzt das Geschlecht fort:<br />
ocrm. mit Beate Vnisc Knappe. " 2. Iitni 179«, 1- 6. Inli 18?t<br />
seiner Ehefrau Manne Frie<strong>der</strong>ike Hascloff, " l7. Inni I79l zu Bellt/.<br />
1' 2ii. Iannar INlitt in Berlin.<br />
Sechs Kin<strong>der</strong> mit Fried. Schmidt:<br />
:^j (^eorg Wilhelm Maximilian Bocltzfow, '- Berlin 1 l Inli l«i>l;,<br />
1- Potsdam 22. Inni l«9^: pronwv. zum I),-. l>l,il. z,i Frciburg ,. Br.<br />
18^l, 3;esihcr einer chem. Fabrik in Dänemark.<br />
^ Otto Rndolf Alfred Vocltzkow, ^ H^im l4. April l^«;o,<br />
flndiertc in Heidelberg, Berlin, Frrilmrg nnd Würzbnrg, l>,,>mov. 20. ^an.<br />
l^«« in Freibnrg znm Dr. z>llil.. seit ^n. De,'>br. l'»
Weitere Kin<strong>der</strong> des Johann l^eorg Wilhelm Voelhtow:<br />
2. Adolf Vocltztow, ^ Berlin 22. März 1828, f Berlin 30. Dezember<br />
. Silbersckmied, später Prokurist seines Brnoers Hermann V. (^><br />
in Berlin. Vermählt mit Iosephine Nustow, * 4. Juli 1826, ->- 17. Vtärz<br />
1^88 in Berlin.<br />
Ein Kind: Ferdinand Voeltztow, * Berlin 32. Oktober 1549,<br />
f Berlin 26. Mai 1889. Zweimal verheiratet.<br />
1. 28. Juni 1879 mit Pauline Gaube, * Berlin 9. März 1853.<br />
V Berlin 2 mit Oktavie Stephan le Hanin, ^ 9. Mm 1837<br />
in Valenciennes in Frankreich, -f 23. Mai 1895 in Berlin, Tochter des<br />
Ziseleurs uud Mechanikers Hanin und seiner Ehefran .portense geb. Nicaisc<br />
in Valenciennes.<br />
Neun Kin<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Ehe mit Stephanie Hanin.<br />
u> Oktavie Valerie V., * 30. Juli 1857 in Karlsruhe. Zweimal<br />
vermählt.<br />
1. 2b. Oktober 1879 mit Johann Friedrich Ziegler, * 1«. April<br />
1837 in Nürtingeu, >- 6. Inni 1ft«7 in Berlin, Inhaber einer Spitzenpapier-Fabrik.<br />
Keine Kin<strong>der</strong>.<br />
2. 20. Dezember 1888 mit Paul Alexan<strong>der</strong> Karl Sieben, Hotelbesitzer.<br />
Kin<strong>der</strong> aus dieser Ehe:<br />
«) Valerie Stephanie Albertine Emma Sieben, * 15. Inni 1890<br />
Wiesbaden.<br />
,^ Panl Hermann Adam Marcel!. * 8. November 1891 Wiesbaden.<br />
/) Charlotte Helene, * i^. Juli 190.'! in Anerbach in Hessen.<br />
l>5 Nndolf Alexan<strong>der</strong> Hermann V., * Karlsruhe 2. August 1«59,<br />
1- Berlin 19. Iannar 1884. Unverheiratet.<br />
c) Beate Hortcnse V., ^ Berlin 13. Juni 18s>3. Vermählt<br />
10. April 1X84 mit dem Kaufmann Alfred Daege in Berlin.<br />
Drei Kin<strong>der</strong>:<br />
tt) Valerie Marie Else D., * Berlin 5. Inli 1885.<br />
^) Thercie Ottavie Charlotte D., ^ Berlin 14. Dezember 1886.<br />
7) Alfred Hermann Rudolf D., * Berlin 20. Iannar 189
6) Eugen P., * Berlin ^. Inni Istl^». Fabrlkbesi Stephanie Oktavie B., ^ Berlin ^9< April Ittl'.tt. Vermählt<br />
N. Oktober 1.^«7 mit dem König!, Forstasscssor Gerhard Karl Philipp<br />
Wig and, M- Zeit besoldetem Stadtrat in Stemn.<br />
Pier Kin<strong>der</strong>:<br />
«) Gerhardt Friedrich Hermann Brnno W., * 11». Iannar 1^9<br />
zu Arnsberg i. W.<br />
/3) Oktavie Lucie W., ^ Stettin 15. Dezember<br />
/) Otto Gerhardt W., ' Stettin 27. Juli 1<br />
^) Amalie Oktavie W., * Stettin 1«. März<br />
s) Esteve B., * Berlin 7. November 15N9. Unvermählt.<br />
ss> Edmund Alfons Robert N., ^ Berlin 1. März !K7^. Fabrikbesitzer<br />
und Leutnant de; Reserve des Piouier-Vataillons Nr. 17.<br />
l,> ftinido V., * Berlin 4. Oktober 1«74. Inqenienr.<br />
i) Bruno V., * Berlin ^0. Mai I^7l). Ingenienr. verheiratet mit?<br />
Weitere Kin<strong>der</strong> des Johann Georg Wilhelm Voeltzkow.<br />
4. Nndolf Boeltzkow, * Berlin 2. Oktober 18:'.:!, f Berlin<br />
7. Februar 1^97. Er wnrde Goldschmied nnd später Prokurist bei seinem<br />
Bru<strong>der</strong> Wilhelm V. l!). Seine im Jahre !87 zn Berlin) blieb kin<strong>der</strong>los.<br />
5. Auguste Voeltzkow, f Berlin 5^. Ollober l^^^, uercbelichtc<br />
Gelbgießermeister Schnler. Ans <strong>der</strong> Ehe drei Söhne nnd zwei Töchter.<br />
Hiervon leben noch Jean, Adolf nnd Klara.<br />
Eine zahlreiche Verbreitung erfährt eigentlich nnr die Ehe von<br />
Heinrichs fünftem Sohne Peter Paul lf 17^7) mit Christine Vol.;.<br />
Fast überreich ist die Zahl seiner Söhne:<br />
^l Johann Martin Völtzkow, sem Nachfolger in dem Freischulzenamt,<br />
wurde 1701 geboren nnd starb 1«l.^. Mit seiner ersten<br />
Frau Anna Sophie Bornthiu wurde er 17«l', getränt. Bei <strong>der</strong> Gednrt<br />
ihres zweiten Sohnes wurde sie als Hauna Voise Borthin in das Kirchenbuch<br />
eingetragen. Sie starb 1795, zwei Söhne zurücklassend:<br />
1. Karl Ludwig. Freischulz von Döberitz, * :N. Oktober 17M,<br />
f 28. September 1«M als Allster. Aus <strong>der</strong> Ehe mit Henriette Freier<br />
aus Ne<strong>der</strong>itz hatte er sieben Kin<strong>der</strong>:<br />
a> Johann Friedrich Heinrich, * 3. März 1«16, f 18««. (?).<br />
d> Karl ^ndwig Angust, " 19. Angust 1.^17, f 19. Oktober 15N.1;<br />
beide ohne ^eibeserben.<br />
c) Amalie Wilhelmine, * 10. April 1«19.<br />
6» Henriette Justine, * t>. Februar 1^21, verehelicht mit dem<br />
Bauer und Gerichtsmanu Joh. Wilh. BoUh zll Flacksee bel Hr.-Zacheriu.
e) Emilie Bcrnhardine, " n. Mär^ 1«.':», Witwe de" Karl Traedcr<br />
zu Polenskenhof bei Nalzednhr f9 Kin<strong>der</strong>^.<br />
j') Albert Tbeodor, ^ 3. März I.^s), -l- ..'5). September<br />
3) Iolianna Vlliie, * Joachim Friedrich, <strong>der</strong> Weile Sohn voll Petcr Panl.<br />
'-' ^'^. Oktober l7:'>5. crlerllte das Schnei<strong>der</strong>handwert. Eingesegnet wurde<br />
er l77^.<br />
' Ctn'lstovl, Boellztow wird vor l^ einmal am
wie<strong>der</strong> als Pate bei einer Toäitcr dc^ Gluipers Peter V. zil Döberi«.<br />
Er wurde :)illtergntsbesil)er bezlehunsssux-lie Pächter uou Dlzvc i Ollp^,<br />
Krompohl und Ärumsee, sowie ^mlm.uin. Verhältnismäßig inllg fand cr<br />
rlncn jähen Tod in einem Torfgrabeu. In dem Verzeichnis <strong>der</strong> Prollamiencu<br />
des cvaugeilscheu Pfarramts .zu Driesen findet sich im Jahre lXl>«> folgere<br />
Eintragung: „den 17. Mär; den Proclam.-Schein auegcsertigt an Herrn<br />
Christoph Bölzkow, Kgl. Domaiue Beamter und ('yntsbenner a,lf Dupe<br />
dei Schlopve in Westpreußen, mit <strong>der</strong> l)6Ms)i!>elle Marie Vniie 3opwc<br />
l^ranlcn weil. Herrn Joh. Ernst i^ranl, gew. Königlichen Oberförster dc^<br />
Forst'Neviers Driesen zn Bordamm hint. ehelich älteste Tochter". lÄeglanbilU<br />
i. V.: Beckmann, den ^). Mai lX'.)^.)<br />
Nach den Beglaubigungen des Pfarrers Kohlbrandt <strong>der</strong> ev. Parochie<br />
Schloppc vom Mai I^i^ si^d nachstehend geineldetc kiüdcr ans <strong>der</strong>
wrazlaw) das Nittergut Dzienllitz erwarb, wo er am 24. Iamlar 1^89<br />
starb. Sein einziger Sohn aus <strong>der</strong> Ehe mit Johanna Dorothea Henriette<br />
Steffens, geboren zu Saltentin am 5i. Dezember 1843, wnrde am<br />
1. Zannar 184A auf die Namen Reinhard Eduard getauft. Er wurde<br />
<strong>der</strong> Erbe des Gutes Dziennih und ist ledig geblieben. Er ist auch Erbe<br />
des Petschafts, welches seine Familie geführt hat. Das abgedruckte Wappen<br />
zeigt im Schilde auf <strong>der</strong> linken Seite tt im Halbkreis aneinan<strong>der</strong>gereihte<br />
volle Rosen uud rechts ein Geweih von sl Zacken, dieselbe Anordnung ist<br />
auf <strong>der</strong> Helmzier. Als Spruchband imterhalb des Wappens hat Reinhard<br />
Eduard V. auf Dziennitz in Erinnernng an die vorpommersche Familie<br />
<strong>der</strong>en Band mit dem Spruche l-lnml» est. 8icut llc>
— 95 —<br />
Im blauen Sckilde ein offener, in Form eines Halbbogens gestellter<br />
Kranz von sechs silbernen Nosen und ein silbernes Hirschhorn; ans dem<br />
gekrönten Helm wie<strong>der</strong>holt sich <strong>der</strong> halbe Kranz nnd das Hirschhorn. Dic<br />
Helmdeckeu sind silbern und blan. Der Wahlsprnch lautet: „l-lmnt<br />
(Ort llttd Datum). (llnterschrift).<br />
Am heutigen Tage habe ich, <strong>der</strong> Fabrikbesitzer Georg Wilhelm Voelvkow,<br />
beschlossen, das vorstehend beschriebene nnd gemalte Boclkkow'sche Familien:<br />
Wappen für mich nnd meine Nachkommen als Erbwappen anzunehmen.<br />
Ich ersuche alle meine Nachkommen, die meinen Namen tragen, von ocr<br />
vorstehenden Form des Wappens, des Symbols <strong>der</strong> Einheit unserer Familie,<br />
nicht abzugehen, und voll dem Wappen zum Schmuck wertvollen Hallsgeräts<br />
Gebrauch zu machen.<br />
(Ort ulld Datnm). (Unterschrift).<br />
Die in einer Kapsel verwahrte Urknnde ist (von Prof. Ad. M. Hilde?<br />
brandt) in <strong>der</strong> Form alter Wappenbriefe in Zierschrift ans Pergament gemalt.<br />
N) Gott lieb Völtzkow bestand 17«7 die Gesellenprüfung <strong>der</strong><br />
Müllerinnnng zu Tempclbnrg. Er war 1N1
Der Vorualuc Vorens lvcist aber wie<strong>der</strong> nach Döberitz hin, sodass<br />
dcr ^rci- und Vehu-Schulze ^orcliz Pölstow als <strong>der</strong> 3ohn des gleichnamigen,<br />
schon oor K'»ttN verstorbenelt Zchulzcn Lorenz V. in Döbcritz anzusehen ist.<br />
Natürlich batte Lorenz ^ölskow zu Kl.-Schwarzsee sich einen seiner<br />
drei Söhne sur seinen Hof nnd fnr fein Schnl^enann als Nachfolger vorgemerkt.<br />
Dieser Sohn tann nnr <strong>der</strong> Frcischnlzc Andreas Völytow gewesen<br />
sein, welcher ,n den nachstehend mitgeteilten Schriften vorkommt:<br />
„Es wird über dies Pflichtmäßig von mir lMeätiret, daß <strong>der</strong> Bater<br />
Andreas Völtzckow dcr öltest Sohn nnd nehcstc Erbe seiner Eltern gewesen<br />
und die Luther, da sie im (Grunde gelegen, durch seine eigene Mittel anch<br />
eintzig und allein wie<strong>der</strong> aufgebauet hat, und also ohne die geringste abspräche<br />
hiuwie<strong>der</strong> seinem einzigen söhn Haus Jürgen Völhkow mit recht<br />
hierdurch c'^ns^riiet ulld bestättigt ward.<br />
Ambt Dradeim, den 17. Febra l74L.<br />
I. Holtze.<br />
Andreaß Polito, Vatter,<br />
Ellsebct Zlerken, Mntter,<br />
Hans Burgen Pöltzto, Sohn.<br />
Ist mit dem Originale, so zn-mllicil-ct, gleichlautend.<br />
Draheim, den :^. Iunij 177.z.<br />
Unterschrift.<br />
Die ÜbereiustimlNllllg <strong>der</strong> vorstehenden Abschrift mit dem Original<br />
wird hierdurch bescheinigt.<br />
Tempelbnrg, den 17). Oktober 189k.<br />
Königliches Amtsgericht.<br />
(Stempel) Herms.<br />
Beglaubigte Abschrift Döberitz 1. 5)l'»."<br />
„^ctmn Draheim den 2. Novbr. l?4ft.<br />
Iu j)rke8entia des Ober-Ambt Manil Holhcil, als hiesige Gerichts-<br />
Obrigkctt. Nachdem das Königliche Ambt in Erfahrung gekommen, daß<br />
auf lil^issaliml des bckaudteu ucrlausfcucu Äürgernieister ^rie<strong>der</strong>ici ^ll<br />
Tempelburg ^welcher nach <strong>der</strong> Köuigl. l)t'slt-6 fiir seilte int^uclirtc Auffwiegelel)<br />
zur FestuugsrArbeit coll^sinliipret, aber von dem dortigen Major<br />
bni <strong>der</strong> ^u^lnilzsll,.l'lll„l).'^llitt v. Wiuulug iu Schlitz geuommeu wordell!<br />
von allcu AmbtS:Dörfscru uuterschiedeue Schulhell llnd ^euthe nach dcr<br />
Stadt herein gefor<strong>der</strong>t, ohne dem Ambte davou das geringste bekaudt zu<br />
macheu, mall also nicht wißcn kann, was hierullter abermahl iilwndirel wird,<br />
indem die öfftere Ausfwiegeley dieser Unterthanen noch im frischen andrucken<br />
sind und den allergrößten Ungehorsam nach fich ziehen.<br />
So hat das Kölligl. Ambt nöthig gefunden, die Leuthe so unter<br />
diesiger jm-ix liiern geboren, zu vernebmen, warllmb uud voll wem sie
— 97 —<br />
nach Tempelburg so offte herrein gefor<strong>der</strong>t und was für zusammenkünffte<br />
Sie daselbst gehalten und diese vor bedentnngen hätten. Sie köndten ja<br />
ihre Klagen nnd Beschwerden ohne entgeldlich ihrer vorgesetzten Ambts-<br />
Obrigkeit vorbringen, welche Ihnen nach Pflicht und Gewissen bescheiden<br />
nnd allenfalls, wann solche Hieselbst nicht rome^iret werden können, gehöriges<br />
Orthes zur Deci^on einsenden. Worauff folgende Schulden ans<br />
einigen Dörffern nachstehend ä^omi-et. Aus Klein Schwarz-See <strong>der</strong><br />
Schultze Hans Jürgen Völtzkow anrate 30. Jahr:<br />
Es wäre ihrem Dorffe aus <strong>der</strong> Stadt Tempelburg belandt gemachet,<br />
daß, wer wie<strong>der</strong> den Propst alda wegen <strong>der</strong> ^ociclsmtisn an tauffen, trauen<br />
und Meß-Korn-geben etwas zu klagen hätte, solches bey dem dortigen Major<br />
anbringen möchte: weshalb er auch selb vierdte dahiu gewesen, und hätte<br />
<strong>der</strong> Major v. Winning durch den Feld-Webel alles, was sie zu klagen<br />
wie<strong>der</strong> den Probst gewußt, aä pmwcollum nehmen lasten, Ihnen auch<br />
versprochen, von dem starcken Taufs- und Trau-Gelde und dem großen<br />
Oonzcben-Schcsfel, womit Sie dem Probst das Mcß-Korn jährlich abgegeben,<br />
abzuhelffen. Sie möchten nur etwas Geld zusammen bringen, damit er<br />
einen Soldaten an den ?i-a68Ì66Nt von Wobser abschicken töndte, von<br />
welchem die Nachrichten geholet werden sollen, daß Sie <strong>der</strong>gleichen zu geben<br />
nicht schuldig waren: worauf aus ihrer Nachbarschaft! auch Geld zusammen<br />
gebracht und nach Tempelburg an gedachten Major v. Winning abgetragen<br />
worden. Auch wäre <strong>der</strong> Fri<strong>der</strong>ici in lhren Dorffe gewesen uud wegen des<br />
(Geldes Aureguug gethan, daß sie solches an den Major herrein bringen<br />
möchten. Sie hätten bis cktto, ohngeachtet <strong>der</strong> beytrag geschehen, dennoch<br />
nicht die geringste än<strong>der</strong>ung verspühret.<br />
(gez.) I. Hohe."<br />
Andreas Völtzkow übergiebt seinem einzigen Sohne Hans Jürgen<br />
Völtztow am 8. Februar 1747 den Freischulzeuhof in Schwarzsee.<br />
Nachdem die Ehefrau des Schulzen Johann Georg Pöltztow zu<br />
Klein-Schwarzsee verstorben, gestellen sich als Erben <strong>der</strong> Witwer und<br />
7 Kin<strong>der</strong> am 4. November 1784:<br />
Doretha Sophia, verehelichte Meyer in Fuhlbeck;<br />
Anna Marie, verehelichte Vendlin in Schmidtenthin;<br />
Katharina, verehelichte Moeklin in Schwarzsee;<br />
Christina Elisabeth, verehelichte Glasenapp zu Freudenfter;<br />
Michael Ludwig erhält den Hof;<br />
^uise und Andreas.<br />
Am Lb. November 1814 gestellt sich Witwe Dorothea Sophie, geborne<br />
Iancke mit folgenden Kin<strong>der</strong>n:<br />
Christian Friedrich Voeltzkow und<br />
Andreas Voeltzkow.
Der am N. Mai l^19 geborene Karl Wilhelm Völtzkow bat<br />
den Hos am ^6. April 1839 laut Testament des Christian Fnedrich '^.<br />
übernommen. Karl Wilhelm verkaufte den Hof !tt47 und wohnte bisher<br />
ans Brnnoshof bei Tempeldurg. Anscheinend besitzt dies ans einer Walkmühle<br />
und daran grenzendem Acker von 55l) Morgen bestehende (Ant jetzt<br />
<strong>der</strong> Zahn allein, welcher sich in einem Briefe: Brunoshof, den 7. Oktober 1897<br />
A. Völstow schreibt. Dieser mit seinem vollen Namen Albert Theodor<br />
geheißen, wurde 1878 mit Thusnelda Nadke, Nentnerstochter zu Quiram<br />
getraut. Geboren war er noch in Schwarzsee.<br />
Eine amtliche Urkunde des Amtsgerichts zu Tempelburg vom<br />
28. Oktober 1898 faßt den Rest <strong>der</strong> Familiengeschichte <strong>der</strong> Zchulzen zu<br />
Klein-Eckwarzsee also zusammen:<br />
„Anliegend erhalten Sie Abschrift <strong>der</strong> altesten bei nns in den<br />
Völskow'schen Grundakten enthaltenen Urkunde. Altere Urkunden sind<br />
we<strong>der</strong> hier noch im städtischen Archiv zn ermitteln. Aus <strong>der</strong> Urkunde ergicbt<br />
sich, daft Andreas Völzkow das Grundstück, welches jetzt Klein-Sctnvar^sec<br />
Nr. 2 ist, von seinen Eltern, <strong>der</strong>en Name nicht festzustellen, anscheinend<br />
im verwahrlosten Zustande („im Gruude gelegen") überkommen hat.<br />
Andreas Völzkow hat das Grundstück seinem Sohn Johann Georg<br />
Völzkow durch Vertrag vom 8. Februar 1747 überlassen.<br />
Eine Schwester dieses letzteren war Anne Viarie, verehelichte Hasse»<br />
zu Zicker.<br />
Auf Hans Georg folgte Michael Ludwig Völzkow im Besitz des<br />
Grundstücks auf Grund des Erbvergleiches vom 4. November 1787. (Es<br />
folgt die Aufzählung <strong>der</strong> schon genannten Geschwister.)<br />
Nach dem Tode des Wchael Ludwig Völzkow setzte sich besseu<br />
Wittwe Dorothea Sophie geborene Iahnke mit den Kin<strong>der</strong>n Christian<br />
Friedrich, Andreas, Vouise, Anna Maria und Maria Elisabeth Völzkow<br />
durch Erbvergleich vom ^5. November !N14 auseinan<strong>der</strong>, wobei <strong>der</strong> älteste<br />
genannte Sohn Christian Friedrich Völzkow das Grundstück erhielt.<br />
Dessen Kin<strong>der</strong> waren Carl Wilhelm, August Ferdinand, Johann<br />
Gottlicb und Johanne Wilhelmine Völzkow, von denen Carl Wilhelm<br />
Äesitznachfolger wurde.<br />
Dieser verkaufte das Gruudstück durch Vertrag vom 2ft. Juli 1847<br />
an einen Georg Meyer und zog selbst nach Tempelburg Abbau.<br />
Herms.<br />
An<br />
den Herrn l)l. pbil. A. Völhkow<br />
zu Straßburg i. E."<br />
Diese amtlichen Darstellungen sind nur noch durch Einzelheiten zu<br />
erweitern: Der Frmchnlz Andreas soll mit Elisabeth Zierte vermählt<br />
gewesen sein. Beide Kin<strong>der</strong> sind bereits genannt. Im Januar 1754 war
- 9ft -<br />
<strong>der</strong> Freischnlz Hans Jürgen Pate bei einer katholischen Tanfc ans<br />
Groß'Tchwarzsee. Er überlebte seine Gattin Anna Maria Nuz, welche<br />
17.^4 starb. Innerhalb seiner Familte sind noch beide Konfessionen<br />
vertreten: die katholische und die evangelische. Eine Maria Wölsko aus<br />
Klcin-Schwarzsee ist im März 1754 Patin bei einer katholischen Taufe.<br />
Hier findet sich wie<strong>der</strong> die polnische Schreibart des Familiennamens! Von<br />
den Kin<strong>der</strong>n des Freischulzen sind nachweislich im katholischen Glauben<br />
getauft die Töchter Anna Maria am 17. Januar 17455 und Katharina<br />
am 1. Dezember 1749. Dagegen sind die Kin<strong>der</strong> des Sohnes und Nachfolgers<br />
Michel Ludwig sämtlich evangelisch getauft. Michel ^ndwig wird<br />
Gründonnerstag 1772 eingesegnet. Im Jahre 1791 wird er im evangelischen<br />
Kirchenbuch Kirchenvorsteher genannt.<br />
Der bäuerliche Ehemann seiner Schwester Anne Marie wird anch<br />
Chr. Benthiu genannt. Sie wurden 1771 zu HN. Schwarzicc getraut.<br />
Die beiden jüngsten Geschwister werden nnr als Paten genannt. Eme<br />
Jungfrau Luise B. ist Pale 1^10 in Scharpcuort bei Frie<strong>der</strong>ike Wilhelmine<br />
Christine V.; uud Andreas versieht am 14. Juli !7ttft die Patenstellc bei<br />
seinem Neffen Johann Gottlicb, dem Sohne des Freischnlzen Michel Vndwig.<br />
Der letztere ^ 1814) besaß ans seiner Ehe mit Dorothea Sophie<br />
Iahnle sieben Kin<strong>der</strong>:<br />
1. Christian Friedrich, * 10. Dezember 1755 zu Kl.-schwarzsee.<br />
Unter seinen Paten befindet sich Johann Georg B. Er war vermählt mit<br />
Henr. Schalke.<br />
2. Johann Gottlieb, * 11. Juli 178» zu Kl.-Schwnrzsee.<br />
3. Andreas, * 5,. Juni 1791 ebendort.<br />
4. Anne Maria, * 5. Mai l794.<br />
5. Henriette Christine, » 15. April 1797. (Das Tanfbuch hat die<br />
Vornamen <strong>der</strong> Mutter nnrichtig angegeben.)<br />
6. Dorothea Sophie, * (i. Mai 1N00.<br />
7. Marie Elisabeth, * 25. Febrnar 1^04. am 12. November 1«24<br />
getraut mit Johann Rennspieh, Schmied in Protzen.<br />
Der Sohn und Erbe des Christian Friedrich ist <strong>der</strong> oben genannte,<br />
am 11. Mai 1^19 geborene Karl Wilhelm, welcher bei seinem Sohne<br />
A. Völskow auf Nruuoshof lebt. Karl Wilhelm hatte eine ältere Schwester<br />
Fric<strong>der</strong>icia, * 11. Dezember 161t> zu Kl.-Schwarzsee.<br />
Zwei Söhne des Freischnlzen Lorenz Völhkow habell sich bürgerlichen<br />
Berufsarten zugewandt: Es sind dies Michel und Lorenz. Der letztere,<br />
1705 geboren, starb schon 17'N als Sclmhmacher zu Tempelburg. Er<br />
wurde am 2^. November 1729 mit Cathrin Mnndt getränt. Alls dieser<br />
Ehe stammt, * 10. August 1730, die Tochter Kathariua Elisabeth.<br />
Michel, Bürger uud Ackersmann zu Tempelburg, wurde 1695<br />
geboren. Seine ihm im Jahre 1733 angetraute Gattm Anna Elisabeth
Kroll stirbt am 26. November 1761 im 50. Lebensjahre. Er selbst stirbt<br />
bald darauf am 6. Dezember 1761. Über die Kin<strong>der</strong> herrscht Unklarheit.<br />
Ein am 25. November 1736 geborener Sohn Vorenz starb 1739. Eine<br />
schon 1741 gestorbene Tochter Ertmunda, geb. 22. Juni 1740, hat nur<br />
deshalb Bcdeuluug, weil sie am 25. d. M. evangelisch nnd am 29. katholisch<br />
getauft worden ist. Ob er auch einen Tohn des Namens Michael gehabt<br />
hat, bleibt uullar. Trotzdem lebt seiu Vorname in <strong>der</strong> Stadt noch bis an<br />
die Schwelle des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts fort.<br />
Wir treffen dort nach ihm den Bäckermeister Johann Michael Völtzkow<br />
und den Bäckermeister Michel Voldkow, uud es will nicht gelingen, sie zu<br />
einer Person zu vcreiuigeu. Außerdem wird am 20 Oktober 1752 ein<br />
Soldat Michael Fölzko zu Tempelburg mit einer Iungfran Wollan (?) getraut.<br />
Der Bäcker Michel A. war vermählt mit Eva Katharina (* 1730,<br />
f den 29. September 17^1 an <strong>der</strong> Ruhr). Ein Bäcker Michael P. war<br />
vermählt mit Marie Elisabeth Müller. Er starb 1796, fünfundvierzig<br />
Jahre alt. Ihr Kiud Marie Elisabeth, * 18. März 1784, f 30. Dezbr.<br />
1788. Wer mag nun <strong>der</strong> Bäcker Michael V. geweseu sein, dessen Haus<br />
bei dem großen Brande zu Tempelburg im Jahre 1765 vom Feuer verzehrt<br />
worden ist?
a) Karoline Wilhelmim, * Ist. September 1817, verm. mit Sattlermeister<br />
Raatz.<br />
k) Karl Christian, * 6. Mai Itti9.<br />
c> Julius Völzkow in Tempelburg geb., Kammnchermeifter, lebte<br />
noch 1897.<br />
6) Johann August, * 1523 in Tempelburg, als Messerschmied seit<br />
etwa 1851 in Deutsch-Krone ansässig, vermählt mit Christiane Boche und<br />
gestorben am 21. Dezember 1886 zu Dt.Krone im Alter von 02 Iahreu,<br />
7 Monaten, 12 Tagen, wo er auch begraben liegt nach <strong>der</strong> Sterbeurkuudc<br />
des ev. Pfarrers Spendelin. Kin<strong>der</strong>:<br />
1. August Völzkow, * 1852, gleichfalls Messerschmied, verm. mit<br />
Agnes Ludwig. Er starb am 18. Dezember 18X5) zu Dt.-,Nrom.<br />
2. Robert Völzkow, Beamter <strong>der</strong> Lebensversichcrnugs^esellschaft<br />
Germania zu Stettin. Hierhin wird auch Auguste Pölzkow, " 1854, verehelichte<br />
Boeck, gehören.<br />
Ein dritter Sohn des Bäckers Johann Michel Völtzkow hieß<br />
Christian, geb. 15. Dezember 1802.<br />
Hiermit schließt die Neihe <strong>der</strong> Deszendenten aus dem Schulzenhause<br />
zu Kl.-Lchwarzsee. Wenu im Jahre 1794 „ein Schulzensohn Johanu<br />
Michel Völzkow" zu Kl.-Schwarzsee mit einer Witwe getraut wurde, so<br />
besagt diese kirchliche Eintragung nicht, daß er auch daher stammte.<br />
Vereinzelt bleibt in genealogischer Hinsicht vorläufig auch die Eintragung,<br />
daß am 6. Dezember 1815 zu Kl..Schwarzsee Joh. Friedr. V.,<br />
Iunggesell, Eigentümer von 30 Jahren, mit <strong>der</strong> fünfzehnjährigen Jungfrau<br />
Henriette Lö . . getraut worden ist.<br />
In dem Dorfe Scharpenort findet sich eine ähnliche Erscheinung<br />
wie vordem in Lubow: Ein um das Jahr 17l>7 geborener Bauer<br />
Andreas Völtzkow wird in Scharpenort „Freymann" o<strong>der</strong> Freischulze.<br />
Aus seiner Ehe mit Anna Katharina Huth stammen die Kin<strong>der</strong>:<br />
1. Hanne Loise, * 12. Oktober 1795 zu Scharpenort. Bei ihrer<br />
Taufe am 20. Oktober war Patin Dorothea V. Aus ihrer Ehe mit<br />
Chnstian Friedr. Damerow wurde am 8. Dezember 1812 ein Kind geboren.<br />
Damerow wurde spater eine Zeit lang Soldat: er machte wohl die Befreiungen<br />
kriege mit. Im Jahre 1817 stand Wilhelm Völtztow Pate bei Damerows.<br />
2. Henriette, * 30. Inli 1797 zu Scharpenort.<br />
3. Anne Maria, * 5. April 1800 zu Tcharpenort.<br />
4. Friedrich Wilhelm, * 15. Mai 1804 zu Scharpenort.<br />
In seinem 42. Lebensjahr wurde Andreas 1809 mit Dorothea Berg,<br />
26 Jahre alt, getraut. Hiervon stammen:<br />
1. Frie<strong>der</strong>ike Wilhelmine Christiane, * 30. August 1810. Dritter<br />
Pate: Jungfrau Luise V.
— 102 —<br />
2. Marie Elisabeth, * 10. August Itti5 zu Scharpenort. Paten:<br />
Andreas N. und Henriette verehelichte Völhkow.<br />
3. Johann Ferdinand, * 24. Juni 1817 zu Scharpenort. Erster<br />
Pate: Christ. Friedr. V. — Am 3l. Oktober 1845) wurde Johann<br />
Ferdinand V. in <strong>der</strong> Kirche zu Draheim mit <strong>der</strong> 17jährigen Luise<br />
Frie<strong>der</strong>ike Trapp aus Hammer getraut.<br />
Zu Neuhoff im Amt Draheim wurde am 18. April 1810 Karl<br />
Ferdinand V. geboren, Vater augeblich Philipp V., Schulzeusohn aus<br />
Böstow, Mutter Doroth. Luise Zupte (?) aus Nakow. In Pöhlen, Kreis<br />
Neustettin, wurde dem Freischützen Michel Ludwig V., am 13. Juni 1 «06<br />
ein Sohn Johann Friedrich geboren, bei welchem Christ. Friedr. V.<br />
Gevatter stand.<br />
In Hundskopf, Kreis Dramburg, ist am 15. September 1841<br />
Henriette geb. Völzkow, Ehefrau des Bauers Friedr. Wilh. Affeld zu<br />
Hundslopf im Alter von 27 Jahren gestorben. Ferner ist Johann<br />
Gottlieb Völzkow in Hundskopf, L8 Jahre alt, und seine Braut Henriette<br />
Frie<strong>der</strong>ike Nückert, 20 proklamiert worden, nach dem Ausweis<br />
des evangelischen Pfarrers Haupt zu Gr.-Vinichcn. Derselbe hat ermittelt,<br />
daß ein Ackerbürger Poelzkow in <strong>der</strong> benachbarten Stadt Falkenburg im<br />
Jahre 1«98 ansässig ist.<br />
Auszug aus dem Kirchenbuch-Register von Ro ehrchen bei Königsberg<br />
in <strong>der</strong> Neumark:<br />
Freischulze Christian Friedrich Voelschow, Ehefrau: Hanna<br />
Henriette Hellenschmidt.<br />
Kin<strong>der</strong>: 1. Gustav Adolph, geb. 3s. März 1813, getauft 13. April;<br />
2. Henriette Frie<strong>der</strong>ike, geb. 15. November 18l5,<br />
getauft 28. November.<br />
Die Familie ist 1815 o<strong>der</strong> 1816 von dort verzogen: unbekannt wohin.<br />
Nach Auskunft des Herrn Pastors Kock zu Heinrichsdorf, Bezirk<br />
Köslin, ist seit etwa 1887 dorthin ein Bauer Völschow verzogen. In<br />
Neppow lebt (1897) ein Lehrer Völzkow, <strong>der</strong> aus Tempelburg stammt.<br />
Hiermit schließt unsere Arbeit, welche keinen Anspruch darauf erhebt,<br />
ihr schwieriges Thema erschöpft zu haben. Es würde den Verfassern schon<br />
zur Befriedigung dienen, keinen wirtlichen Kulturträger des Namens Völschow<br />
o<strong>der</strong> Völhkow unberücksichtigt gelassen zu habe«. Sie soll auch fortgearbeitet<br />
werden, um eine größere Vollständigkeit zu erzielen. Jede<br />
Hülfe hierbei aus dem Leserkreise wird mit Dank begrüßt werden.
Von <strong>der</strong> Gesellschaft für Aommerfche Heschtchte<br />
tnmskunde werden herausgegeben: ' . < .<br />
I. Inventar öer Nauöenkniäler Wommerns.<br />
Teil l:<br />
Die Baudenkmäler bes Kegierungs-VezirKs Strallunö.<br />
Bearbeitet von O. von cHaselverg.<br />
Erschienen sind: Heft 1: Kreis Franzburg.<br />
„2: „ <strong>Greifswald</strong>.<br />
„3: „ Grimmen.<br />
„. 4: „ Rügen.<br />
„ 5: Stadtkreis Stralsund.<br />
Teil ll:<br />
Die Bau- und Kunstöenkmaler des Aessiernngs-<br />
Bezirks Stettin. -<br />
Bearbeitet von A.