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Stuäien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

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H r r a u


Inhalts.Verzeichnis.<br />

Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldischen Bunde. 1. Teil. Pon<br />

Di'. Nelllllnrd Heling in Königsberg 1<br />

Die Eo'tme des Herzogs PhUivv l. von Pominern ans <strong>der</strong> Universität zn<br />

Gicisswald. Bon Proscssor Dl. M. Wehrmai, n in Stettin . . 'i^<br />

Studentische Verbindungen m <strong>Greifswald</strong> dis zur Mitte des lli. Iahr^<br />

hnn<strong>der</strong>l^. Von Archivar Dr. ^tlo Heinrniann in Stettin . ».7<br />

I^er Konflikt <strong>der</strong> „Allgenieinheit" und <strong>der</strong> V'indsmmnlschafl P^,nernnia nl<br />

^'»r^sslvllld im ^onnnerlialbllü)r l^2l. ^on Ilun'rlsilms ^^l'llMdek.n-<br />

Dl-. lHdmuud ^ange ni (^reiisn'lUd 11V<br />

Kviegswssebnch des Leutnants Ludwig ^6)nlz ans den Jahren ittN, 14<br />

uuo 15. Von Professor Dr. P. -N^l lll, ol o in Strtnn . . . . 1Z7><br />

Achtnndsecdzissster Ialnesberickt lttv<br />

Beilage. Ill'er Altonillncr und slusaradungcn in Ponnneru iln Iame w


Wommerns<br />

Verhältnis mm Ochmalkalbischen Wunde.<br />

Von<br />

Dr. AeinlMh Heling.


Kapitel I.<br />

Einleitung: AnndnibßeNreßnngen Pommerns nach dem ßode<br />

Nosiislaws X.<br />

Es war eine gefährliche Erbschaft, die l^corg nnd Barnim X. 1.^3<br />

von ihrem Vater Bogislaw X. überkamen: im Innern überall eine<br />

Lockerung <strong>der</strong> gesetzlichen Bande, Räubereien rauflustiger :!iitter, Tllmnlte<br />

in den Städten gegen das Patrizierregiment, feindlicher l^cgensalz licr^<br />

jenigen, die <strong>der</strong> alten Ncligion zngetan waren, gegen die Anhänger <strong>der</strong><br />

rcformatorischcn Ideen, <strong>der</strong> sich bisweilen zn offenem Anfrnhr steigerte;<br />

und noch grösier die Gefahr, die von anßen drohte: Brandenburg,<br />

Pomlnerlis langjähriger Bedränger, bisweilen mit pommerschcn t^roneii m<br />

Verbindullg, for<strong>der</strong>te gebieterisch die Ernenernng <strong>der</strong> alten Verträge, die<br />

ein Abhäigigkeitsverhältnis Potnmerns zn Brandenburg besagten;') gleich<br />

im Ansang <strong>der</strong> Ncgicrnng bei<strong>der</strong> Fürsten hallten die Grenzen uonl KnegSlärm<br />

wi<strong>der</strong>, unfähig bei den trostlosen Wirren, im eigenen ^andc eine<br />

feste Herrschaft zu begründen, <strong>der</strong> Übermacht Brandenburgs schutzlos preisgegeben,<br />

befolgten sie nnr em (Nebot gesun<strong>der</strong> Vernunft, wenn sie daranf<br />

ansgiiigen, sich mächtige Verbündete zu suchcu. Die politische Konstellation<br />

fügte es, das; fie bald ihr Hiel erreichten. Lief doch gerade damals <strong>der</strong><br />

vierjährige Waffenstillstand zwischen König Sigiömund voll Polen und dem<br />

Hochmeister Albrecht ab; <strong>der</strong> Ausbruch eiues ucucu Krieges staud bevor,<br />

in welchem Albrecht sicher auf die Hülfe seines Vetters ^oaä,im l. von<br />

Brandenburg rechile« dnrfte. So war es natürlich, daß fich Slgi5muut><br />

und die pommerschen Fürsten gegen den gemeinsamen Feind die Hand znm<br />

Bllnde reichten. Ans eine Einladung vom 4. Febrnar 15,^4 bevollmächtigten<br />

Oeorg uud Baruim ihre Näte, den lNvaseu v. Eberstein und<br />

!>l'. Valentin Ltojentin, zu einer Verhnndlllng mit dem Polcnlönig und<br />

dem Herzog Heiunch von Mecklcliburg, welche Eude Februar in Danzig<br />

stattfand.'^) Nachdem hier die (Nrundzüge sestgescht wordeu warell, schlossell<br />

am 10. März die polnischen Lendbotcn niit den pommerschcn und ineälcllburgischcil<br />

Mten ein Büiidnis, das ausdrücklich gcgcu Prennen und<br />

') Vergl. des lursäcksischen Nates Hans von <strong>der</strong> Plamtz Berichte ans dem<br />

Reichsregimem in Nürnberg lI^l—I^Z, ^el'anluielt von Wälckcr. ^eiyziss 1899.<br />

^ v. Medem, Geschichte dcr Einsührunss <strong>der</strong> evangelnchen ^!ehre ini Herzogtuui<br />

Pommern Gveüswald l8:i7, S. 77.


4 Pommerns Verhältnis zum Eckmalkaldischen Bunde.<br />

Brandenburg gerichtet war.') Aus <strong>der</strong> Pertragsurkunde geht hervor, daß<br />

sich die Verbündeten auch gegen die inneren Feinde beistehen wollten,<br />

d. h. gegen die Anhänger <strong>der</strong> neuen Lehre (contru. pa^a,w8 6t. kaer^icaz<br />

et. 6olli5matic08 . . .^)<br />

Von ungleich größerer, wenn auch nicht unmittelbarer, so doch mittel-<br />

barer Bedeutung sollte für Pommern sein Anschluß an das Hörtcrsche<br />

Bündnis werden; denn er brachte es mit deutschen Mächten in nahe<br />

Verbindung und trug mit dazu bei, es zur Teilnahme an den großen<br />

Ereignissen heranzuzieheu, die bald unser Vaterland bewegen sollten.<br />

Dies Höxtersche Bündnis war am 12. Mai 1519 von vielen<br />

Fürsten und Herren dos nordwestlichen und mittleren Deutschlands gegründet<br />

worden aus Aulaß <strong>der</strong> Hildesheimer Stiftsfchde, die damals in den<br />

brauuschweigischeu und den benachbarten Gebieten tobte. Es war ein<br />

^anofriedensbillldnis, geschlossen zum Zwecke, den Frieden wie<strong>der</strong>herzustellen<br />

und einan<strong>der</strong> gegen Feindseligkeiten zu schuhen. Um die Erweiterung<br />

dieser Einigung bemühte sich besou<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Herzog Heinrich von Braun-<br />

schwcig-Wolfenbnttel, <strong>der</strong> ihr 1523 beigetreten war. Er verhandelte schon<br />

im folgenden Jahre mit dell beiden mecklenburgischen Herzögen, um ihren<br />

Anschlich zn erlangen, und bat zugleich Herzog Heinrich von Mecklenburg,<br />

den Freund und Nachbarn <strong>der</strong> Pommernherzöge, ans diese in eben diesem<br />

Sinne zu wirken. Der Herzog leistete <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung Folge. Nach<br />

vorangegangener mündlicher Unterredung nnd uuter Übersendung einer<br />

Abschrift des Hörtcrschcn Vertrages fragte er am 22. Dezember 1524 bei<br />

den Pommern au, welche Stellung sie in dieser Frage zu nehmen<br />

gedachten.2) Doch so bald sollte <strong>der</strong> Vraunschweiger seine Hoffnung nicht<br />

erfüllt sehen. Der Beitritt Pommerus wie Mecklenburgs verzögerte sich<br />

uoch fast ein ganzes Jahr lang; er erfolgte erst, nachdem Kurfürst Johann<br />

von Sachsen diesen Fnrsten dazu geraten hatte/)<br />

Doch warnm bedürften die Herzöge in dieser Angelegenheit des Nates<br />

des sächsischen Kurfürsten, und welchen Zweck verfolgte dieser, wenn er sie<br />

zum Anschlüsse au deu besagten Bund bewegte?<br />

') Am 13. Dezember unterschrieben und besiegelten die pommerschen und mecklenburgischen<br />

Herzöge die Bundesurkundc; <strong>der</strong> polnische König bestätigte das Bunonis<br />

am 18. Januar 1'»25 zu Pctrikau. Mschr.jt des Vertrages Slcttincr Archiv l künftig<br />

aligelmz! St. Arch ) 1'. l, Tit. 8, Nr. 1, tol. 2.!, gedruckt z. V. Lchoettgen u. Krelimg.<br />

Diplomala et LCiiptore» liläloi-iae Oel-maincae meäii aevi, ^onml; III. Altenburg<br />

1760, S. 256. Nc. 2Uä.<br />

') v. Me dem. S. 79. Lisch, Mecklenburgische Jahrbücher XX, S. 114.<br />

' » Lisch, S. 99.<br />

*) Lisch, S. 10l—104 Friedensburg, Der Reichstag zu Sveier 1526.<br />

Berlin 1887. 3. 73


Pommerns Verhältnis zum E ämialkal bischen Bunde. 5<br />

Bereits seit einiger Zeit unterhielten die pommerlchsn und mecklen-<br />

burgischen Fürsten rege Beziehungen zum sächsischen Hofe. Heinrich von<br />

Mecklenburg war <strong>der</strong> vertrauteste Freund Johanns: beide, energische<br />

Anhänger <strong>der</strong> Reformation, fühlten sich zueinan<strong>der</strong> hingezogen nnd<br />

stauden in regem uud herzlich gehaltcucm brieflichem Verkehr. Auch Barnim<br />

von Pommern war dem sächsischen Kurfürsten nicht fremd; er hatte in<br />

Wittenberg studiert, wo er auch die Reformatoren und ihre Lehren kennen<br />

gelernt hatte. Indem er sich aus;crdem, olme daß die Vermittlung Heinrichs<br />

von Mecklenburg dabei gefehlt hätte, am 2. Februar 1:')^.') mit Anna, <strong>der</strong><br />

Tochter Heinrichs von Lüneburg uud <strong>der</strong> Nichte Friedrichs des Weisen,<br />

vermählte, trat er in eine nahe Verbindung mit Sachsen nnd hiermit vou<br />

selbst in Beziehungen zu an<strong>der</strong>en evangelischen Mrstcu. Eo köuueu wir<br />

uns nicht wnn<strong>der</strong>n, daß die Evcmgcllscheu m ihrem Bcstrcbcu. dem Juli<br />

1525 von <strong>der</strong> katholischen Partei gegrüudeteu Dessauer Buude auch ihrer'<br />

seits eine Vcreiuiguug <strong>der</strong> Auhäuger Vuthers entgegenzustellen, ans<br />

Pommern als auf eiucu küufngeu Bundesgenossen ihre Augcu richteteu.<br />

Dabei übersahen sie freilich, daß


N Pommerns Verhältnis zum Schmal kaldiscken Bunde.<br />

Anschluß an den Hörterschen Vnnd. Seine Absicht lief alw daranf hinans,<br />

diesen Bund, <strong>der</strong> ohne jcde religiöse Tendenz gegründet worden war, mit<br />

evaugeli'aien Elementen zn durchixen nnd so seinen Zwecken dienstbar zu<br />

machen.') ?ies war <strong>der</strong> s^rnnd, weshalb er seinem Frennde Heinrich<br />

von M'eckleuburg nnd ebenso den pommerschen Hei zögen riet, in dies<br />

Vimdnis sich zu begeben. Er selbst wollte sich dann um Aufnahme in den<br />

Bund bewerben, nm darin den Evangelischen einen dominierenden Einstich<br />

zn verschaffen. Der Wnnsch des Kurfürsten gab für die Herzöge den<br />

Ausschlag. Auf einer Tagefahrt <strong>der</strong> Bnndesglie<strong>der</strong> zn Hannover am<br />

15. Dezember 1525 fand somit die Aufnahme Mecklenburgs nnd Pommerns<br />

statt. Beide traten dem Bnnde auf !


Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldilclml Bunde. 7<br />

wenn sie ihnen die wahre Tendenz ihres Bundes verheimlichten, da es ans<br />

<strong>der</strong> Hand lag, daß diese schwerlich einem Vnnde beitreten winden, <strong>der</strong><br />

seine Spitze richtete gegen Fürsten, wie die von Sachsen nnd ^üncbnrg, die<br />

mit ihnen verwandt und befreundet waren.') Die gaben vor, ihr Bnnd<br />

habe die Verteidigung <strong>der</strong> gemeinsamen fürstlichen Interessen gegen die<br />

Ansprüche und Gewalttätigkeilen <strong>der</strong> unteren Schickten <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

zum Ziele, wie sie soeben im Bauernkriege fnrchtbar hervorgetreten waren.<br />

Dieser Vorwand schien ihnen schon deshalb Erfolg zn versprechen, weil<br />

die Herzöge im Innern vielfach mit wi<strong>der</strong>strebenden Elementen zu kämpfen<br />

hatten. Schon schrieben sie für den so. Fcbrnar 15W eine Tagefahrt<br />

nach Halle aus, um hier die Herzöge vou Pommeru ihrer Vereinigung<br />

zuzuführen.') Vergebens warnte Heinrich von Mecklenbnrg, <strong>der</strong> sich immer<br />

eines beson<strong>der</strong>en Einflusses auf die Herzöge erfreut hatte, vor dem Besnche<br />

dieser Versammluug. Herzog Georg von Pommern machte sich zur<br />

Reise nach Halle auf; <strong>der</strong> Beitritt znm Dessauer Bnnde nnd damit ohne<br />

Zweifel eine heftigere Verfolgung <strong>der</strong> evangelischen ^ehrc in Pommern wäre<br />

die Folge gewesen. Doch da^n sollte es nicht lommen; als er ans den:<br />

Wege dorthin erfnhr, die Versammlnng sei nm vierzehn Tage verschoben,<br />

kehrte er um und begnügte sich damit, Gesandte zu schicken; aber die Ver-<br />

sammlung kam überhaupt nicht zustande. Auf eiller Zusammenkunft, die<br />

Heinrich von Mecklenburg mit den Pommeruherzögen bald hatte, versänmte<br />

er nicht, ihnen wegen ihrer unzuverlässigen Haltung „die Veviten zn lesen".°)<br />

Ungefähr zu <strong>der</strong>selben Zeit, als die katholische Versammlung zu Halle<br />

tagen sollte, hatten Philipp von Hessen und Johann von Sachsen, benn-<br />

ruhigt durch die feindselige Haltung des Dessaner Anndcs, eine Zusammen-<br />

kunft in Gotha, nämlich am 27. Fcbrnar 15W. Sie hatten sich ver-<br />

geblich bemüht, auf dem Augsburger Reichstage, auf dem auch Pommern<br />

durch Abgesaudte vertreten war, unter den Evangelischen eine Vereinigung<br />

zu bilden uud damit die in Friedewald verabredeten Pläne zur Durch-<br />

führung zu bringen. Die Differenzen unter den lutherischen Ständen<br />

waren noch zu groß; die Gefahren, die ihnen von <strong>der</strong> Gegenpartei drohten,<br />

schienen nicht bedeutend genug zu seilt, um sie fest aneinan<strong>der</strong> zu ketten.<br />

Hier in Gotha schlössen nuu die beldeu Fürsten ei,le enge Verbindung,<br />

welche die Basis für einen alle Lutherischen umfassenden Bund bilden sollte<br />

Mau nannte bereits die Stände, die für diese Bundesgenossenschaft in<br />

Frage kommen könnten; unter denen, auf die Kurfürst Johann in diesem<br />

Sinne einen Druck auszuüben versprach, befand sich auch Pommern/)<br />

') Friedensburg, Der Reichstag zu ^peier, S. 68.<br />

' » Friedensburg, Zur Vorgeschichte, S. 100.<br />

^ Friedensburg, Ter Reichstag zu ^peier, S. 69.<br />

*1 Friedcntzburg, Zur Vorgeschichte, >Z. l06 fs


A Pommerns Verhältnis zum Schmalfaldischkn Bunde<br />

Sowohl selbst als auch vor allen Dingen durch die Vermittlung des<br />

mecklenburgischen Herzogs sehte <strong>der</strong> Kurfürst alle Hebel iu Bewegung,<br />

Pommern für die Jache <strong>der</strong> Evangelischen zu gewinnen. Schließlich lud<br />

man die beiden Herzöge zu einer Versammlung <strong>der</strong> dem Evangelium zu-<br />

getanen Mitglie<strong>der</strong> des Hörtcrschen Bundes auf den 10. Juni nach<br />

Magdeburg, um hier ihre» und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Anwesenden Anschluß an das<br />

Golhaer Bündnis herbeizuführen. Nachdem es nämlich dem Kurfürsien<br />

nicht geglückt war, den ganzen Vivpeschcn Bund zn gewinnen und seinen<br />

Zwecken dienstbar zu machen, ging er darauf ans, wenigstens den Teil<br />

desselben, <strong>der</strong> nicht uubediugt <strong>der</strong> alten Religion anhing, in das Gothaer<br />

Bündnis einzubezieheu, und dazu sollte jeue Versammlung zu Magdeburg<br />

dienen. Und er erreichte in <strong>der</strong> Tat hier einen Zusammenschluß <strong>der</strong><br />

Evangelischen; doch sollten seine Erwartuugeu uicht völlig in Erfüllung gehen:<br />

die Herzöge von Pommern, die für den Bund zu gewinnen ihm seit<br />

längerer Zeit ganz beson<strong>der</strong>s am Herzen gelegen hatte, erschienen nicht auf<br />

dem Tage; unter dem nichtigen Vorwande, sie müßten einen Landtag ab-<br />

halten, schrieben sie am 2


Pommerns Perbältnis zum Schmalkaldischen Vundr. 9<br />

sie ihm, er moge sie ans dem in nächster Zeit stattfindenden Neichstag zu<br />

Speier in ihren Händeln mit Knrbrandenbnrg unterstützen.<br />

Das wichtigste Moment aber, das sie davon alihielt, sich den Gothaer<br />

Verbündeten zuzngesellcn, scheint ihre Besorgnis gewesen zu icin, sich dnrch<br />

einen solchen Schritt das Mißfallen des Kaisers zuzuziehen. Die Dessauer<br />

hatten dell Herzog Heinrich von Wolfenbüttel nach Spanien geschickt, nm<br />

den Kaiser zum Einschreiten gegen die ^ntherischen zn bewegen. Karl V.<br />

gab ihm denn anch eine Weisung mit, es sollten alle Fürsten, die noch<br />

nicht dem Luthertum verfallen wären, ermahnt werden, beim althergebrachten<br />

Glauben zu verharren; er sei entschlossen, in drei Monaten aus Spanien<br />

nach Deutschland zu kommen, nm den lutherischen „Aberglauben nnd die<br />

Gotteslästerungen för<strong>der</strong>lich auszutilgen". Zu deu Ständeu, an die diese<br />

Auffor<strong>der</strong>ung ergehen sollte, gehörte auch Pommerns) Heinrich von<br />

Wolfenbüttel selbst übernahm es, den Fürsten den Befehl des Kaiicrs mit-<br />

zuteilen. Ende Mai 1ö^^) hatte er in Berlin eine Unterrcduug mit<br />

Joachim von Brandenburg, um dessen Eiser für die katholische Sache noch<br />

mehr anzustacheln. Es liegt nun zwar kein ausdrückliches Zeugnis vor,<br />

daß er auch mit Pommern in Verbindung getreten ist. Doch kann man<br />

als höchst wahrscheinlich annehmen, daß er von Berlin ans an die Herzöge<br />

geschrieben und sie nnter Drohungen dringend ermahnt hat, beim alten<br />

Glauben zu bleiben. So schickten denn ans Furcht vor <strong>der</strong> Nache des<br />

Kaisers die Pommern, wie oben gesagt, am Lss. Mai unter dem Vorgeben,<br />

daß sie einen Vandtag abzuhalten dringend nötig hätten, ihr Absageschrciben<br />

an die Gothaer, sei es, daß sie jenes Schreiben Herzog Heinrichs schon erhalten<br />

hatten, sei es, daß ihnen dnrch sonstige Kunde <strong>der</strong> Entschluß des Kaisers bekaunt<br />

geworden war. Wenngleich in ihren Hoffnungen getauscht, gaben doch die<br />

Evangelischen in Magdeburg die pommerschen Herzöge noch nicht auf:<br />

Heinrich von Mecklenburg versprach seinen ganzen Einfluß einzusetzen, uni<br />

sie dem Bunde zuzuführen. 2)<br />

Diese Erwartung sollte sich jedoch als ein arger Wahn erweisen.<br />

Wir haben für die nächsten Jahre kein Zeugnis, woraus hervorginge, daß<br />

Pommern die Beziehungen, in denen es schon mit den Evangelischeu stand,<br />

weiter gepflegt habe. Im Gegenteil, manches spricht dafür, daß es sich<br />

immer mehr von ihnen abgewendet hat und zwar nicht zn seinem Nuyen,<br />

wie wir urteilen müssen; denn <strong>der</strong> Gothaer Bund wäre ohne Frage<br />

geeignet und imstande gewesen, die Herzöge gegen die Ansprüche des streng<br />

katholischen Joachim von Brandenburg zu schützen. Dieser Streit mit<br />

Brandenburg stand in den nächsten Jahren im Mittelpunkte <strong>der</strong> ftommerschen<br />

») Friedensburg, Der Reichstag zu Speier, S. 8l ff.<br />

2) Friedens burg, Ter Reichstag zu ^ pcier, E. W.<br />

^) Friedensburg, Der Reichölag zu Speier, S. 93.


m Pommerns Verhältnis zum Scbmaifaldischeu Bunde.<br />

Politik und drängte alle an<strong>der</strong>en Interessen in den Hintergrund. Anstatt<br />

sich durch engen Anschluß an die Gotbaer die Hülfe dieses Bnndes zu<br />

sichern, sehen wir die Pommern ihre Hoffnung beson<strong>der</strong>s auf den Psalter<br />

sekcn. l) Doch diesem gelang es nicht, jene Hoffnung zu erfüllen. Auf<br />

dem Reichstage zu Speier, wo Herzog Georg am s.'5. August 15)^6 ein-<br />

traf, konnte er den Zweck seines Erscheinens nicht erreichen, den langjährigen<br />

Ha<strong>der</strong> mit Brandenburg zu erledigen uud sein Scssionsret als Nelchs-<br />

stand zur Anerkennung zn bringend) Denselben negativen Erfolg batte<br />

die Tagsfahrt zu Iüterbog am L4. März/j obwohl Gesandte ans Polen,<br />

Mainz, <strong>der</strong> Pfalz uud Böhmen sich um das Zustandekommen einer Ver-<br />

söhnung bemühten; ein Krieg zwischen den beiden streitenden Territorien<br />

schien bevorzustehen/) Kaiserliche Mandate schärften den Ncichsfriedcn ein<br />

und geboten den Herzögen, sich mit dem Kurfürsten zu vertragen. Aber<br />

ans die Bedingungen, unter denen dieser den dauerudcu Kriegszustand<br />

bccndcn wollte, glanbten sie nickt eingehen zu dürfen, lim ihre Gründe<br />

dem Kaiser auseman<strong>der</strong>zusetzeu und sic vor desscu Uugnade zu schützen,<br />

wählten sie Heinrich von Ärannschweig, den tätigen Vorkämpfer des<br />

Katholizismus, zum Vermittler. Dieser scheint damals sogar auf die<br />

innere Politik Pommerns Einfluß ausgeübt zu habeu: auf dem Landtage<br />

von Stettitl im Jahre 152? ermahnte er nebst an<strong>der</strong>en Fürsten die<br />

pommericheu ^andstände zur Eintracht mit ihren Herren?)<br />

Eintracht zwischen Fürsten und Untertanen war jetzt in <strong>der</strong> Tat<br />

nötiger als je, denn <strong>der</strong> Streit mit Ärandenbnrg nahm eine immer<br />

drohen<strong>der</strong>e Gestalt ein. Der Reichstag von Negensburg, zu dem Georg<br />

am 18. März 1528 aufbrach/) und auf dem von neuem <strong>der</strong> Versuch<br />

einer Schlichtung des brandenburgijch-ftominerschen Zwistes gemacht werden<br />

sollte, kam durch die Eckuld des Kaisers zum großen Verdruß <strong>der</strong> pommerschen<br />

Herzoges nicht zustande.^ Auch auf dem Reichstage zu Speier, wo Georg<br />

am 12. April 1529 eintraf, gelang es ihm trotz aller Bemühungen und<br />

l) Am 2. April 1526 bat Pommern den Kurfürsten von <strong>der</strong> Pfalz, Georg in<br />

Sveier in den Händeln mit Brandenburg zu unterstützen. Friedensburg, Der<br />

Rcickstass zu Speier, S. 206, Aum. 1 u. S. 459.<br />

^ (5s slchen zwar bei<strong>der</strong> Herzige Namen unter dem Reichsabschiede, Dante,<br />

Die Vnilstimmen im Neichs-Fürstemal von 1495-1654. Breslau 1882, S litt; aber<br />

Joachim l. machte ihnen ibr Sessionsreckt sNeitiss.<br />

^) Wolg. Arch. Tit. 34, Nr. 1, toi. 69. Vuchboltz, Versuch einer Geschichte<br />

<strong>der</strong> Ehlirmarck Bianoenbura. Berlin 1767, Hl, 319.<br />

') Bnrthold IV 2, S. 202.<br />

") Kauhow, Cbronik von Pommern in Nie<strong>der</strong>deutscher Mundart, hrSg von<br />

Böhmer. Stettin 1835, S. 172.<br />

e, Mola. Arch. Tit. 34. Nr. 1. fol. 73.<br />

') Piatto. Kantzow, S. 173.<br />

'' V.rssl. Egelhaas, Deutsche Geschickte im sechzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t bis zum<br />

Augsburger Religionsfrieden, 2 Bdc. Stuttgart 1692, 11, S. 77.


Pommerns Verhältnis zum ^cknmlkaloischen Vnndr !1<br />

obwohl er ans <strong>der</strong> Hinreise Braunsckweig berührt nnd sich die Unterstützung<br />

Heinrichs gesichert hatte, nicht, die Angelegenheit zn entscheiden.') Pommnn<br />

litt schwer unter dem fortdanerndcn Kricgs.^lstalldc. Elldlich glncktc es dcr<br />

vermittelnden Tätigkeit dcr Herzöge Erich und Heinrich von Braunschweig,<br />

von denen letzterer die Partei Pommerns vertrat/) am 2. Angnst l5)^i)<br />

durch den Vertrag von Grimniy den langjährigen Ha<strong>der</strong> zu beenden.^)<br />

Sollte Heinrich von Braunschweig wirklich die Muhe <strong>der</strong> Vermittlung<br />

auf sich genommen haben ans bloßein Wohlwollen fnr Pommern, ohne<br />

alle eigennnl.ngen Hintergedanken? Zwar stand scit lange seinc Dynastie<br />

mit dcr pommcrscken in Vcrdindnng nnd in dem Verhältnis dcr Erbeinnng;<br />

allein es durfte doch die Annahme nicht allzu gewagt sein, daß er, <strong>der</strong><br />

rührige Bctämpfer <strong>der</strong> reformatorlichen Ideen, bcide Mächte in erster Linie<br />

aus dem Grunde versöhnen wollte, damit sic ihre Kraft iu deu Dienst dcs<br />

katholischen Gedankens stellen könnten. Denn das war doch Nar: solange<br />

die Feindschaft dcr pommerschen Herzöge mit Brandenburg bestand, bildete<br />

diese stets ein großes Hin<strong>der</strong>nis für <strong>der</strong>en Anschluß an den Dessaner Vnnd,<br />

da Joachim I. in ihm eine einflußreiche Nolle spielte.<br />

In <strong>der</strong> Tat war nach dem Abschlüsse dcs Grimnitzcr Vertrages die<br />

Wahrscheinlichkeit groß, daß Georg von Pommern, <strong>der</strong> stets dem katholischen<br />

Glauben treu zugetan geblieben war, sich dem Dessauer Bunde anschließen<br />

und energisch für den Katholizismus wirken würde, wobei er seineu Bru<strong>der</strong><br />

Barnim wohl zu <strong>der</strong>selben Stellungnahme veranlassen zu können glaubte.<br />

Doch gerade letztere Annahme erwies sich als irrig. Barnim, solange von<br />

seinem älteren Bru<strong>der</strong> Georg in Schatten gestellt, wollte sich endlich von<br />

dessen Bevormundung emanzipieren und for<strong>der</strong>te die Teilung des Herzog-<br />

tums. Es war klar, daß bci dieser Feindschaft und den divergierenden<br />

Neigungen <strong>der</strong> beiden Fürsten — Barnim war gemäß seinen verwandtschaft-<br />

lichen Beziehungen mehr <strong>der</strong> lutherischen Sache zugetau — Pommeru teine<br />

einheitliche Politik konsequent durchführen konnte. Schon aus bloßer<br />

Oppositionslust verfolgte Barnim die entgegengeschten Tendenzen wie sein<br />

Bru<strong>der</strong>. Ostentativ suchte er Anschluß au die Evangelischen. Als im<br />

Iauuar 1530 Georg in Berlin weilte, um seine Hochzeit mit einer<br />

brandenburgischen Markgräfiu zu feieru, reiste Barnim zu seinen Frennden<br />

') Vergl. Ney, Geschickte des Reichstags zu Speier im Jahre 1529. Speier<br />

1979, S. 49. K6 Der Ailsa.lelchuna.5venuck ickeiterl«: mchl daran, dnh Joachim von<br />

Brandenburg abwesend war, mie Va riho ld lV2. S. 21? (mmmmti dieser war im<br />

Gegenteil persönlich erschienen. Thomas, Martin Luther und die<br />

bewossimg in Deutschland vom Jahre 1520-1532 in Auszügen aus Marino<br />

Diarien. Ansback 18^, ^. 151.<br />

') Platld. Kantzow, ^.174: hertoch hinrik van Vrunsckwik sloq sick jn den<br />

Handel van wegen unser Hern.<br />

') Vari hold lV2, S 217


12 Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldischen Vunde.<br />

und Verwandten nach Mecklenburg und Lüneburg und fragte sie um Nat,<br />

wie er sich seinem Aru<strong>der</strong> gegenüber sein NcclU wahren könne. Ja, später<br />

ließ sich Barnim sogar fremde Nate ans Lüneburg verschreiben.')<br />

Inzwischen waren die Herzöge vom Kaiser fin den ft. April 1530<br />

auf den Reichstag zu Augsburg zum Empfange <strong>der</strong> Regalien und Lehen<br />

geladen. Im Beisein des brandenburgischen Kurfürsten") empfingen sie am<br />

^l'>. Juli 1530 feierlich ihr Herzogtum zu Vehcn/) eiu M. <strong>der</strong> für sie<br />

die Bestätigung des Grimuivcr Vertrages durch deu Kaiser bedeutete.<br />

Selbst in diesen Tagen gab sich <strong>der</strong> Gegensatz <strong>der</strong> beiden Brü<strong>der</strong> zu<br />

erkennen. Währcud Georg geflissentlich mit entschiedenen Anhängern <strong>der</strong><br />

alten Lehre, mit Brandenburg, Georg von Sachsen und Bmiern Umgang<br />

pflegte, hielt sich Barnim mehr zu Kursachseu und den an<strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong>n<br />

des Gothaer Bündnisses.*)<br />

Daß diese sich <strong>der</strong> wohl begründeten Hoffnung hingeben konnten,<br />

Barnim zu ihrer Partei herüberzuziehen, trat bald deutlich hervor. Durch<br />

den ihueu feiudlicheu Abschied des Llugsburger Reichstages aufs höchste<br />

beunruhigt, kamen tue Häupter <strong>der</strong> Evangelischeu noch m den letzten Tagen<br />

des Jahres !5>3l) in Schmalkaloen zusammen, um die Fundamente eines<br />

gemeinsamen Schutzbündnisses zu legen. Den Versammelten schien wie<strong>der</strong><br />

die Zeit gekommen zu sein, da mau auf eine Parteinahme Pommerns,<br />

o<strong>der</strong> besser gesagt, Barnims von Pommern, für die evangelische Sache<br />

rechneu dürfe: es wurden Stimmen laut, die ihn als ihren künftigen Ver-<br />

bündeten bezeichneten.") Und iu <strong>der</strong> Tat, Barnim bewies bald, welcher<br />

Partei seine Sympathien gehörten; als die Protestante» Ende März 1531<br />

ihre zweite grosie Versammlung zu Sänualkaldeu hielten, liess er sie wissen:<br />

falls sein Bru<strong>der</strong>, von dem die Protestante» tätige Teilnahme an dem<br />

Kriege gegeu sie befürchteten, „aufgebiete, da wolle er nie<strong>der</strong>gebieten." Für<br />

jetzt freilich sah er sich noch gezwungen, den Beitritt zu ihrem Bunde<br />

aufzuschieben, „weü er noch mit seinem Bru<strong>der</strong> in ungeteilten Gütern<br />

sitze/'') Er betrieb dann eifrig die Vorbereitungen zur Teiluug des Landes<br />

und bat, um seine Position zu verstärken, heimlich seinen Schwager<br />

') Plattd. Kantzow, S. IM f.<br />

') St. Arch ?. I, Tit. 30, Nr. 2, vol. I, sol. 3t.<br />

2) (loläadt., politica ilnpel-ialiL. Kranen tinti 1614, S. 361.<br />

*> Vartbold IV 2. S. 223.<br />

Winckelmann, Der Sckmalfaldiscke Bund 3530-1532 und <strong>der</strong> Nürnberger<br />

Slrakdurg 1692, S. 56.<br />

°) Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter <strong>der</strong> Neformatwn. 3. Vd, 5. Aufl.<br />

1875, S 351. Politische Korrespondenz <strong>der</strong> Stadt ^lratzburg im Zeitalter<br />

<strong>der</strong> Neiormation. 2 Band bearbeitet von Winckelmann. Strasburg 1897, S. 29:<br />

sein Bru<strong>der</strong> a!5 <strong>der</strong> ältere habe (noch) das Regiment zum Mehrtei! in seinen Händen.


Pommerns Verhältnis znm Schulalkaldischen Bunde. 13<br />

Ernst von Lüneburg nach Stettin znm Landtage, als Georg plötzlich ans<br />

dem Leben schied (l0. Mai 1531).')<br />

Durch den Tod Georgs war die Zachlayc sehr vereinfacht. Ungehin<strong>der</strong>t<br />

hätte Barnim jetzt seilten Eintritt in den 3chmalkaldischeu Vnnd bewerk-<br />

stelligen können; doch hören wir in den nächsten Jahren nicht, daß er<br />

irgendwelche Schritte in dieser Nichtuug unternahm.") Ebensowenig tonnte<br />

er sich entschließen, öffentlich znm Protestantismus überzutreten. Er war<br />

ohne Zweifel eine wenig konsequente und übcrzeuguugstrcue Natur; wahr-<br />

scheinlich hatte er zu Lebzeiten (Georgs nur aus dem Grunde mit dem<br />

Schmalkaldischen Buude sympathisiert, um an ihm einen Mckhalt gegen<br />

Georg zu haben. Dem Lebensgenüsse ergeben/) konnte er sich nicht zu<br />

einer energischen und bestimmten Politik aufraffen; bald schien er <strong>der</strong> ltcueu<br />

Lehre günstig, bald abhold zu sein/) Unter diesem Znslande <strong>der</strong> Unsicherheit<br />

aber litt das Land außerordentlich; niemand war sich klar, wes er sich bei<br />

<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>sprechenden Haltung des Herzogs zu versehen habe. Die Ver-<br />

wirrung stieg aufs höchste; <strong>der</strong> größte Teil des Volkes, beson<strong>der</strong>s in den<br />

Städten, hing <strong>der</strong> Reformation an, die Katholischen machten dort, wo sie<br />

die Macht in den Händen hatten, diese rücksichtslos und gewalttätig geltend.<br />

Auch <strong>der</strong> Sohn Georgs, Philipp, <strong>der</strong> mfolge <strong>der</strong> Erbleilung vom<br />

21. Oktober 15)33 Pommern-Wolgast erhielt,^ konnte bei seiner Jugend<br />

und Unerfahrenheit — er war erst 16 Jahre alt — <strong>der</strong> allgemeinen<br />

Unsicherheit nicht steuern. Er befolgte vorerst die Mahnung sclucs Ver-<br />

wandten, des Pfatzgrafeu, au dessen Hof cr sich lauge aufgehalten hatte,<br />

<strong>der</strong> katholischen Neligiou anhängig zu bleiben, ohne die Anhänger des<br />

neuen Glaubens zu verfolgen/) Daß die Wi<strong>der</strong>spenstigkeit <strong>der</strong> Stände,<br />

namentlich <strong>der</strong> Städte, einen hohen Grad erreicht hatte, geht schon daraus<br />

hervor, daß Barnim seinem Neffen vorschlug, all f <strong>der</strong> am 21. März 156 l<br />

zu Alfeld stattfindenden Tagefahrt des hözterschen Bündnisses die Hülfe<br />

<strong>der</strong> Äundesverwandten gegen die eigenen Städte anzurufen. Die Herzöge<br />

scheinen damals wie<strong>der</strong> in lebhaften Beziehungen zu Heinrich von Braum'chweig,<br />

') Varthold IV2, S 228 f.<br />

2) Völlig freilich hone die Verbindung Pommerns mit ben Häupte,» <strong>der</strong><br />

auch ictzt nicht auf. Ver^l. Mai burger Archiv, Atlcu dc5 Mandarmeli<br />

Plnllpp. Briefwechsel mit Pommern 15^1-l567, tal. 5, 6, 7, U. ^kcuda s,.l. n<br />

lodl Philipp von Hrssen Vavnims Verhalten bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>cinsemmg Ulrichs von<br />

Württemberg.<br />

2) Varthold IV2, S. 222 u. 233, Anm. 1.<br />

*) Vergl. Wehr m a u n , Dle pommersche Kirchenordnung von 153.V Haltische<br />

Studien 43, S. 129.<br />

5) Varthold IV 2, S 239<br />

°) Cramer III, S. 96, uach Jakob Runge, Lrsvi8 äsZissuatio eä.<br />

Valt. Stud. N. g. VI, S. 61. Wolg. Arch. Tit. Ill, Nr. 10, kol. 110.


14 Pommerns Verhältnis zum Schmalkaloischen Bunde.<br />

dem Hauptmann des Höxterschen Bundes, gestanden zu haben, Barnim<br />

nennt ilnl ihren vertrauten Freund.') Die reformatorischen Ideen,<br />

zu denen namentlich infolge des durch WuNenweber für einige Zeit herbei-<br />

geführten mächtigen Aufschwunges <strong>der</strong> Demokratie im Norden Deutschlands<br />

demokratische Bcstrcbnugen m den Städten Pommerns hiuMraten, waren<br />

eben zn stark, als daß die Herzöge sie mit ihren eigenen schwachen Mitteln<br />

dämpfen konnten. Machtlos den eigenen Untertancu gegenüber, iu fort-<br />

währende Streitigkeiten territorialer Art mit Brandenburg verwickelt, wie<br />

sie die Nachbarschaft bei<strong>der</strong> Läudcr mit sich brachte/) glaubten die Herzöge<br />

sich nnr dadurch retten zn können, daß sie auf dem Landtage zu Treptow a. N.<br />

im Dezember 15,^4 die Reformation einführten^) — ein Schritt, zn dein<br />

sie von den Fürsten von Vüucburg und Sachseu mit dem Hinweis auf dic<br />

CrNartung des Protestantismus durch die Zuruckfuhruug Ulrichs von<br />

Württemberg ermuntert wareu/) Der Laudtag nahm die vorgcschlageue<br />

Kirchenoronnng an, nur über die Verwendung <strong>der</strong> geistlichen Hüter einigte<br />

man sich nichts)<br />

Kapitel II.<br />

Verhandlungen über den ßintrilt Pommerns in das öchmalkaldische<br />

Bündnis bis znr förmlichen Znfnahme.<br />

Fast überall im Lande fand nuu die Reformation Aufuahmc^) aber<br />

uugefahrlich für die Herzöge war ihr Übertritt zum Protestantismus keiucs-<br />

weg«. Nuter dem Adel, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong> Hoffnung ans die Kirchcugütcr<br />

betrogen und sich fortau von <strong>der</strong> Ansstammg mit Pfründen ausgeschlossen<br />

fad, gärte es bedenklich; die dcr katholischen Vchre treu gebliebenen Prälaten<br />

nnter <strong>der</strong> Führuug des Bischofs Erasmus v. Mauteufsel sahen uud fanden<br />

in lhin ihren Schirm und schürten in ihren, (Hrimm jeden Wi<strong>der</strong>staud<br />

gegen die neue Ncligiou uud die Herzöge, die sie nunmehr Vertratelt. Uno<br />

was das Schlimmste war, hinter den Anhängern <strong>der</strong> alten ^ehre standen<br />

') Medem, Geschichte <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> evangelischen Lehre im Herzogtum<br />

Pommern. Oreifswalo 1837, S. 139, 142 s.<br />

', Plattd. Kantzow, S. 206.<br />

') Philipp gesteht Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 10, 5ol. 110 selbst, dah die drohende<br />

Empörung ihl ev Untertanen sie in erster i/inic zur Annahme des Evangeliums bewogen hat.<br />

') Barthold IV 2. S. 2d8.<br />

") Gra ebert, Der Landtag zu Treptow a. d. Nega. Berlin 1900, S. 26 f.<br />

Beintler, Beiträge zur Gcsänckte <strong>der</strong> Reformation in Pommern. Balt. Etud.<br />

N. F. V, S. 223<br />

°) Kawerau, Briefwechsel des Iustus Jonas. Halle 18N4. I, S. 221.


Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldischen Bunde. l k><br />

schlitzend die katholischen Mächte im Reiche, die sich leicht in die pommerschen<br />

Verhältnisse einmischen konnten, da <strong>der</strong> Nürnberger Neligionsfriede nur<br />

für diejenigen gelten sollte, welche sich zur Zeit seines Abschlusses für die<br />

evangelische ^ehre erklärt hatten, nicht auch für die künftig Hinzutretenden.^)<br />

Eine solche Intervention zugunsten <strong>der</strong> Katkoliken des Herzogtums ließ<br />

denn auch nicht lange auf sich warten. Schon am 8. April 1535 schrieb<br />

von Wien aus König Ferdinand an die Herzöge und ermahnte sie, den<br />

Klöstern und Stiften ihre Güter zu restituieren und niemand in seinem<br />

Besitze zu stören.') Und um solchem Äegehreu noch mehr Nachdruck zu<br />

verleihen, erließ das Neichskammergericht zn Speier auf die Klage des Abtes<br />

des Klosters von Alten-Kamp, dessen Tochterkloster Neuen-Kamp halb mit,<br />

halb ohne Willen dcs letzten Abtes von den Herzögen eingezogen worden<br />

war,°) am tt. Mal 1535 eill Mandat, dem am 55. November ein zweites<br />

folgte, des Inhalts: Barnim und Philipp sollten bci Strafe uou 5l) Mark<br />

Goldes den ^andtagsbeschlllß vmi Treptow wie<strong>der</strong> aufheben und mit <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> religiösen Verhältnisse anhalten/) Eine Abschrift dieses<br />

Erlasses sandte <strong>der</strong> Abl von Alteu-Kamp au die pommersche Ritterschaft<br />

mit <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung, sich <strong>der</strong> Kircheuveräu<strong>der</strong>ung zu wi<strong>der</strong>setzend) Zugleich<br />

ließ <strong>der</strong> Bischof voli Kammin unschwer erkennen, daß er danach trachtete,<br />

sein Verhältnis zu Pommern zu lösen uud die Neichsunmittelbarteit zu<br />

erwerben, wobei ihm offenbar katholischerseits tm Neiche lebhafte Ermunterung<br />

zu teil wurde.6)<br />

Was sollten nun die beiden Herzöge beginnen? Jetzt, da sie nach<br />

<strong>der</strong> Erkenntnis <strong>der</strong> Unmöglichkeit, die Reformation nie<strong>der</strong>zuwerfen, sie<br />

öffentlich und in aller Form angenommen hatten, hätten sie, wenu sie dem<br />

Befehle des Neichskammergerichts nachgekommen wären, ihr Land einem<br />

Zustande vollständiger Auarchie überliefert; waren sie dem Machtspruche<br />

ungehorsam, staud Exekution zu befürchten. In dieser Not gab es sur sie<br />

kein an<strong>der</strong>es Rettungsmittcl, als sich dem Schmalkaldischen Bunde iu die<br />

Arme zu werfen, <strong>der</strong> allein die Macht hatte, sie gegen die Vollstreckung<br />

des reichskammergerichtlichcn Urteils zu schutzeu.^)<br />

Das erste Zeugnis für die Absicht <strong>der</strong> Herzöge, dem Schmalkaldischeu<br />

Bunde beizutreten, liegt in einem Schreiben Philipps an Barnim vom<br />

') Ggelhaaf II. S. 219 f.<br />

^ K. St. A. Wetzlar: Preuken l.it- k. N. 42a,2s)7, fai. 183.<br />

2) Vart hold IV 2, S. 278 s.<br />

«) St. Arch. ?. I. Tit. 1. Nr. 5, lo!. 28-32.<br />

b) u. Medem, S. 197.<br />

b) Barthold IV2, S. -274.<br />

') Philipp bezeugt Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 10, sol 111, daß es die kammer-<br />

Kerichtlichen Verfolgungen waren, die sie zwanqeil, „den protestu enden Slimdcn zu<br />

a d ha'n ren".


Ift Pommerns Verhältnis zum Sckmattaldischen Bunde.<br />

Itt. Juli 15^5 vor.^) Philipp bezieht sich auf einen Brief Barnims, in<br />

dem dieser schon den Gedanken einer Verbindung mit Sachsen erörtert<br />

hatte. Es ist weiter die Rede von einem Konsilium in Wittenberg, wo<br />

mit Sachsens Hülfe vermutlich die zwischen Pommern und Ärandenburg<br />

schwebenden Differenzen beseitigt werden sollten/) ferner von einer dem-<br />

nächst abzuschickenden Gesandtschaft nach Speier, wahrscheinlich in Sachen<br />

des reichslammergerichtllchcn Urteils. Da sie wegen Annahme des Evangeliums<br />

Kämpfe zu bcfürchteu hatten, erklärte sich Philipp mit Barnims Plan ein-<br />

verstanden, „den Kurfürsten von Sachsen zu beschicken und sich mit seiner<br />

Lieb und an<strong>der</strong>en, so <strong>der</strong> rechten christlichen Ncligiou zugetan, in freund-<br />

liche Verständnis zu ihrer nnd <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Errettung, so des Evangelii<br />

halben angefochten mochten werden, einzulassen/'<br />

Um die beabsichtigte Verbindung mit Sachsen fester und inniger zu<br />

gestalten, faßte Philipp mit Eifer den Plan, die Schwester des sächsischen<br />

Kurfürsten heimzuführen. Die dazu nötigen Vcrhandlungeu zu fuhren,<br />

war niemand geeigneter, als Johann Ängeuhagen wegen seiner Verbindungen<br />

und seines Ansehens in Wittenberg, es war ihm Herzensbedürfnis, sein<br />

geliebtes Heimatland, das in den (Aeist <strong>der</strong> Reformation einzuführen er<br />

sein Bestes getan hatte/), in ein inniges Verhältnis zu den übrigen<br />

Evangelischen zu bringen; von thm ist vielleicht <strong>der</strong> Gedanke einer ver-<br />

wandtschaftlichen Verbindung des sächsischen und pommerschen Hauses aus-<br />

gegangen, sicherlich aber mit Wärme aufgeuommen und <strong>der</strong> Verwirklichung<br />

cutgegeu geführt worden/) Durch ihn unterrichtet, daß <strong>der</strong> Kurfürst die<br />

Werbung billige, schickten die beiden Herzöge im August Id^ö nach Sachsen<br />

zwei Gesaudtc, Iost von Dewitz und Bartholomäus Schwave/) um über<br />

das HelratsprojcN Vereinbarungen zu treffen und die Aufnahme Pommerns<br />

in den Schmalkaldischeu Bund einzuleiten. Weil gegenwärtig allerlei An-<br />

schläge gegen die Anhänger des Evangeliums verübt wurden/) so ließen<br />

sie erklären, erachteten sie cs für notweudig, dem Bündnis <strong>der</strong> Evangelischen<br />

beizutreten. Zugleich sollten die Gesandten um eine Abschrift <strong>der</strong> Bündnis-<br />

') v. Medem, S 199.<br />

') Aus beiden Anspielungen gebt bervor, daß <strong>der</strong> Anfang jener Verhandlungen,<br />

welche über einen Anschluß ali den Schmallaldi'cken Vund gepflogen wurden, m frühere<br />

Zeit zu verlegen ist, wie man überhaupt bcfngt ist, zu glauben, dlih gleich nach Annahme<br />

de5 Evangeliums eine gewisse Annäliernng an die rellgionsvcrwanoteu ^tänoe im<br />

Reiche slallgesunden hat.<br />

') Vavthold IV 2, S. 263, 271.<br />

*) Vcrgl. Vogt, Dr. Johannes Vugenhagens Briefwechsel. Baltische Studien<br />

38, Nr. 56.<br />

»> Vergl. Valt. Stud. N. F. Bd. Ili, S. 129-131.<br />

b) Seckendors, Niswi ia. le<strong>der</strong>à ni8mi. ^l anoofurti et I.ipyjas 1692.<br />

III, sectio 15, ^ääit.. II not., t. multa questi äs<br />

i


Pommerns Verhältnis zum Echmalkaloischen Bunde. 1?<br />

Urkunde bitten, damit sie die ihnen mit <strong>der</strong> Aufnahme erwachsenden Pflichten<br />

kennen lernen konnten. Auch fragten sie den Kurfürsten um Nat. wie sie<br />

sich dem Mandate des kaiserlichen Neichskammergerichts gegenüber zu ver-<br />

halten hätten.')<br />

Der !530 und I55N begründete Tchmalkaldl'sche Bund hatte ilM<br />

bei dem von den Türken arg bedrängten Kaiser trotz des Widcrstrebens <strong>der</strong><br />

katholischen Mehrheit den Abschluß des Nürnberger Nellgionsfricdcns durch'<br />

gesetzt, <strong>der</strong> den Evangelischen frieden und Schutz bis zum uaclmen Kou^i'l<br />

sicherte. Die Evangelischen hatten jedoch, wie schon früher angedeutet, nicht<br />

verhin<strong>der</strong>n können, daß eine inhaltsschwere Mause! in diesen Bestimmungen<br />

Aufnahme faud, die nämlich, dast iu dicseu Friedeu nur die gegenwärtig<br />

im Schmalkaldischen Bunde befindlichen, nicht auch die künftig hinzutretenden<br />

Stände mit einbegriffen sein sollten. Zwar breitete sich auch trotz dieser<br />

Beschränkung des Friedens iu den nächsten Jahren <strong>der</strong> Protestantismus<br />

erfolgreich aus; doch <strong>der</strong> Ausdehnung des Schmalkaldischen Bundes setzte<br />

diese Klausel em Ziel und barg eine ernste Gefahr iu sich für die später<br />

zum evangelischen Glauben Betehrten, die also des Schutzes des Neligious-<br />

friedeus und des Bundes verlustig giugcn. Sich einfach an jene Beschränkung<br />

uicht zu tchreu und ucue Mitglie<strong>der</strong> aufzunehmen, konnte erst recht ernste<br />

Folgen habcu; falls etwa diese mit rcich^fammcrgerichtticheu Urteilcu ver-<br />

folgt wurden — eiuem damals sehr beliebten Mittel kaiserlicher Politik,<br />

um gegen die Anhäuger des Protestautislnns vorzugeheu —, konnte <strong>der</strong><br />

ganze Bund, da alle zu gegenseitiger Hilfeleistung verpflichtet waren, in<br />

arge kriegerische Verwicklungen geraten. Aus diesem Grunde war <strong>der</strong> Kurfürst<br />

von Sachsen, friedliebend und froh <strong>der</strong> errcichteu Zugeställdllissc, damals<br />

prinzipiell gegeu jede Erweiterung des Bundes.")<br />

Weun er trotzdem am L4. August 15.')5 jener pommerschen (Gesandt-<br />

schaft noch eine ziemlich güustige Antwort gab, so war es em Zeichen, daß<br />

ihm au Pommern viel gelegen war, zumal da Philipp in nächster Zeit in<br />

ein so enges verwandtschaftliches Verhältnis zu ihm zu treten die feste<br />

Absicht hatte. Wiewohl hoch erfreut über den Entschluß <strong>der</strong> Herzöge, so<br />

schrieb er ihueu, sei er nicht befugt, jemand iu deu B:lNd ohne Vorwissen<br />

<strong>der</strong> Mitvcrwaudteli aufzunehmen.^ Er sei jedoch geneigt, ihr Gesuch in<br />

<strong>der</strong> nächsten Versammlung <strong>der</strong> Bundesgenossen vorzubringen und kräftig<br />

zu befürworten. Eine Abschrift des Bündnisvertrages könne er ihnen nicht<br />

ohne die Erlaubnis <strong>der</strong> Mitverwnndten zukommen lassen, doch werde er<br />

l) St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, WI. 147-149 Wolg. Arch. Tit. III, Nr. b,<br />

fol. 87 83.<br />

') Winckelmann, Die Verträge von Kadan und Wien. Zeitschrift für<br />

Kirchengeschichte XI, S. 224.<br />

') Polnische Korrew. <strong>der</strong> Stadt Strasburg II, S 299.<br />

Baltische Studien N. F. X. 2


IN Pommerns Verhältnis zum 3chmalkaldischen Bunde.<br />

nicht versäume», ihnen, falls sie aufgenommen würden, eine Kopie des<br />

Vertrages zuzuschicken. Was ihr Verhalten den kaiscrlicheu Mandaten<br />

gegenüber betraf, io riet er ihnen, an ein christliches Generalkonzil zu<br />

appellieren. Nahcrc Ratschlage konutc er ihueu augenblicklich mcht erteilcu,<br />

da er, auf einer Neise befindlich, seine kundigsten ck'äte nicht bei sich hatte-,<br />

er versprach, das zu tun, sobald er wie<strong>der</strong> in seinem Hoflager augelaugt<br />

sei.') Die Werbung Philipps um seine Schwester nahm cr rückhaltlos au;<br />

es wurde sogleich <strong>der</strong> Ehekontrakt aufgesetzt und Philipp eingeladen auf<br />

Fastnacht 1i).'56 nach Torgau zu kommen und die Hochzeit zu feiern.<br />

Vugenhageu, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> nächsten Zeit in Wittenberg verweilte/'') wird es<br />

übcruommcn haben, das Nähere zu verabreden.<br />

Mochte auch niemand im Tchmalkaldiichcu Vuude au nud für sich gegen<br />

die Aufnahme Pommcrus etwas einzuwenden haben, so glaubte doch Johann<br />

Friedrich, dcu jeue Klausel wie cm drohendes (Newelin erschreckte, sic uicht<br />

ohue weiteres znlasscn zu dürfeu; cr wollte zuvor vcrsucheu, ob er uicht<br />

au? gütlichem Wege bei völlig Ferdinand die Aufhcbuug <strong>der</strong> uamentlicheu<br />

Bcjchrällkuug des ^iilrlibergcr Friedens durchickeu ilud die Ausdchuuug<br />

des Friedcus auf alle 3täudc, die sich seit I.V!^ <strong>der</strong> ucuen Vehre an-<br />

geschlossen hatten, erwirken löune.^) Zu dicscui Zwcckc begab cr sich Mute<br />

Oktober nach Wien. Wenn cr seiucu Wunsch hier auch nicht völlig<br />

befriedigt sah/) so setzte er doch durch, daß den Protcstauteu nicht direkt<br />

verboten wurde, sich <strong>der</strong>jeuigeu lhlaubeusgcuosscu auzuuchmeu, die erst<br />

nach 1di)2 die alle Kirche vcrlasscu hattcll. Für die PoniNlcruherzöge<br />

schemt er ganz beson<strong>der</strong>s eifrig gesprochen zu haben. In cmcm Bricfc<br />

vom ^. V^ärz 15)^6 rühmt cr sich sciucr Vcnlühuilgen ini Interesse <strong>der</strong><br />

Herzöge; trotzdem sci es ihm uicht gcluugen, deu Schutz des Nürnberger<br />

Friedens auch aus sie auszudchucu.^j ^>ou Wicu eiltc <strong>der</strong> Kurfürst nach<br />

Schlnalkalden zur Vcrsammlllug seiuer Buudesverwandtcn, wo über die<br />

Aufnahme ncner Mitglie<strong>der</strong> verhandelt werden sollte. Obwohl er, wie<br />

gesagt, in Wien seinen Zweck nnr unvollkomlncn erreicht hatte, erklärte sich<br />

doch die Pcrsammluug mit <strong>der</strong> Auiuahmc allcr cinucmaudcu, die daruiu<br />

') St. Arch. ?. I. Tit. l, Nr. 2. sol. 151—157. Wola. Arck. Tit. Nl, Nr. 5,<br />

tol. 9l.-98 BlNllllll und Pbllipp bcuollllmcblnucn ani ^3. Oktober 1585 den Kanzler<br />

^chwllue und den Dollar ^crchcnsel<strong>der</strong>, sic uol dcm Nl.'icl'^k>nllnnl^ctili,t zu ucrleidiaen<br />

und, laUs das lclncn (5n'ol^ WUte, sich ans das zilknnsli^e ^ciielallonzil zii dcrusen.<br />

u. ^»ledetti S. 227.<br />

^ Valt. Lind. XXXVIIl. Nr. 56.<br />

>) Wola. Arch. TU. Ili, Nr. l>, fol. 100 - 10t<br />

*) '.i^i nckelnl a nn, Die Verträge von Kadan und Wien. S. 233, richtia<br />

genen )>i a nt e.<br />

b/ Winckelmann, Die Verträge von Kadan und Wien. S. 253 Anm.


Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldischen Bunde. 19<br />

nachsuchten und sich <strong>der</strong> Augsburgischen Konfession gemasi hielten (24. De.<br />

zember 1535).^)<br />

So konnte denn <strong>der</strong> sächsische Kurfürst den Herzögen die freudige<br />

Mitteilung machen, daß ihrem Veitritt zuln Schumikaldtschcu Bunde nichts<br />

mehr im Wege stehe. Um mit ihnen die weiteren Modalitäten ihrer<br />

Aufnahme in den Bund zu beraten, schickte er als Unterhändler deu ssürsteu<br />

Wolfgang zll Anhalt und den Amtmanu Haus vou Pack im Januar 1'».^. I, Tit. 1, Nr. 2, toi. 102-165. Nolq Arch. Tit. lll, Nr. 5,<br />

toi. 100-104<br />

') St Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, fol. 179-194. Wola.Arch. Tit. lll, Nr. 5,<br />

toi. 1-6, 108—114.


Is) Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldischen Bunde.<br />

Abgesehen davon, das; schon nach dem bisher Erzählten die Art ihrer<br />

Beweggründe temem Zweifel unterliegt, kann nns ihr Verhalten in<br />

kommenden Prüflingen, <strong>der</strong> Grad des Interesses, das sie an den das<br />

Bündnis angehenden fragen zeigen, den Schlnsscl znr Beantwortung dieser<br />

Frage geben.<br />

Allerdings sind wir da in <strong>der</strong> Lage, in <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> Herzöge Züge<br />

wahrzunehmen, welche ihre Handlungsweise nicht in günstigem Richte er-<br />

scheinen lassen, die uns zwingen, bei ihnen nnr Motive des Eigennutzes<br />

für ihren Eintritt in den Bund anzunehmen: ängstliche Zurückhaltung bei<br />

Angelegenheiten, die den Bund und damit sie selbst in kriegerische Ver-<br />

wittlullgcn stürzen können, ein unwürdiges Feilschen um die Höhe <strong>der</strong><br />

Buudcsbeiträge uud verspätete Eiulicferuug <strong>der</strong>selben, nachlässige Beschickung<br />

<strong>der</strong> Bundestage.<br />

Ihre Unznvcrlässigkeit trat schon in nächster Zeit deutlich in Er-<br />

scheinung. Auf dem Bundestage, <strong>der</strong> ans Ende April (15Ali) nach Frank-<br />

furt a. M. berufeu wurde, sollte ihre defiuitive Anfuahme erfolgen, sollten<br />

die Pflichten, die sie künftig gegenüber dem Bunde zu erfüllen hatten,<br />

statuiert werden, und es lag naturgemäß im eigensten Vorteil <strong>der</strong> Herzöge,<br />

sich durch fähige Unterhändler vertreten zu lassen o<strong>der</strong> selbst zu erscheiueu.<br />

um ihre Interessen genügend wahrzunehmen. Der Kurfürst selbst ver-<br />

säumte nicht, ihnen in Anbetracht dessen, daß dies ihre erste Tagefahrt sei,<br />

dringend aus Herz zu legen, sich im Falle <strong>der</strong> Unmöglichkeit, in eigener<br />

Person die Versammlung zu besuchen, vou einer stattlichen Gesandtschaft<br />

vertreten zu lassen.') Aber alle Mahnungen fruchteteu nichts: die Herzöge<br />

erklärten, we<strong>der</strong> selbst kommen, noch ihre Nate schicken zu können, da sie<br />

die Vadnng zu spät erhalten hätten-, sie seien nicht in <strong>der</strong> ^age, so schnell<br />

Gesandte abznordnen, znmal alle Mte des Osterfestes wegen beurlaubt<br />

seien; auch sei zur Zeit Baruim mit seinem Hoflager so weit von dem<br />

Philipps eutfcrut, das; beide sich nicht iu so kurzer Zeit verstäudigen<br />

könnten^)<br />

War wirklich die Nichtbeschickung des Frankfurter Bundestages allein<br />

dem Umstände zuzuschreibeu, daß sie die Laduug zu spät erhalteu hatteu?')<br />

Jener Brief <strong>der</strong> Herzöge, in dem sie die Unmöglichkeit erklärten, fich ver-<br />

treten zu lassen, ist vom 9. April datiert. Und da zn erwarten war, daß<br />

die Beratuugen in Fraukfurt geraume Zeit in Anspruch nehmen würden<br />

— sie dauerten tatsächlich bis zum 11. Mai — hätten die Gesandten<br />

') St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, fol. 293-296.<br />

') St. Arch. ?. I. Tit. 1. Nr. 2. fol. 297-300. Vgl. Pol. Korresp. <strong>der</strong> Stadt<br />

Strasburg II, S. 359.<br />

Zwar blieb hinterher Johann Friedrich nichts übrig, als diese Entschuldigung<br />

Sl. Arch. l^. l, Tit. 1, Nr. 5 toi. 20>4.


w ^chmalkl,ldii'chcn ^undr. '^<br />

immcr noch daselbst, we,ln anch nicht sogleich am Anfang <strong>der</strong> Ver-<br />

handlungen, eintreffen können. Auf jeden Fall erhält man den Eindruck,<br />

daß den Herzögen die späte Ankunft <strong>der</strong> Ladung im Gründe recht<br />

angenehm war, da sie so eine bcqneme Entschuldigung zur Hand hatten.<br />

Darin offenbarte sich freilich nicht nnr ein geringer (Hrad von Interesse<br />

an den Angelegenheiten des Bundes, son<strong>der</strong>n anch ein Vian,qel an politischer<br />

Klugheit, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong> Folgezeit bitter rächen sollte. Wurden doch in<br />

Frankfurt hoch bedeutsame Festsehnngcn getroffen, die allch gerade <strong>der</strong><br />

Wichtigkeit fnr Pommern nicht entbehrten. Man beschloß, sich <strong>der</strong> Aus-<br />

führung <strong>der</strong> lammergerichtlichcn Beschlusse in Neligionssachen nötigenfalls<br />

mit Gewalt zu wi<strong>der</strong>setzen, da diese Urteile gegen dell Nürnberger<br />

Religionsfricdeu verstießen, <strong>der</strong> die ^nspendlerung <strong>der</strong> Neligiousprozcsse<br />

verfugte, — wobei deut Bunde selbst die Entscheidung vorbehalten sein<br />

sollte, was als Neligionsfache anzusehen sei. Um im Fall eines Krieges<br />

besser gerüstet zu sein, vereinbarte man die Erstrectnng <strong>der</strong> Bundeshuljc<br />

von 2000 Reitern und 10000 Knechten, die zunächst nnr ans zwei<br />

Monate in Aussicht geuommen war, im Falle eines Krieges ans sechs<br />

Monate; ja, es sollte verstattet sein das Zusammenziehen von zwel<br />

Monaten zn einem, von sechs zn dreien, das heißt, die Hanptlcnte<br />

erhielten die Befugnis, statt 12 000 Mann für zwei Monate auch 24000<br />

für einen aufzubietend)<br />

Was speziell Pommern betrifft, so wurden van den Einignngs-<br />

verwandten seine Leistungen, die es künftig dem Bunde gegenüber ver-<br />

richten sollte, festgesetzt, ohne daß iemand bei Bemessung dieser tasten das<br />

Interesse Pommerns vertreten hätte. Dazu kam noch, daß man sich im<br />

Buude von <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit Pommerns eine falsche Borstellung<br />

machte,") während die Macht <strong>der</strong> Herzöge namentlich infolge <strong>der</strong> Tcilnng<br />

des Herzogtums mit den daraus sich ergebenden Schadens durchaus nicht<br />

bedeutend war. Kurz, Pommern wnrde in Frankfurt an 14 000 Gulden<br />

monatlich veranschlagt, so hoch wie das reiche Sachsens) Man scheint<br />

allerdings das Gefühl gehabt zn haben, daß die Veitragssnmmc Pommerns<br />

etwas zu hoch bestimmt sei; man nahm daher in das Protokoll den Passus<br />

auf, „wo Pommern sich <strong>der</strong> Anlage beschweren würde, soll die Erkenntnis<br />

bei den gemeinen Ständen stehen."^)<br />

') Egelhaaf, S. 302 f.<br />

2) Polit Korresp. <strong>der</strong> Stadt Straßburg II, S. 361 : „Die Herzoge zu Pommern<br />

sollen ihre Anlage dein Kursinsteu gleich (entrichten), aus Ursach, daß H G. in<br />

gutem Vermögen."<br />

') Vgl. Wolg. Arch Tit. Ili, Nr. 10, toi. 350-396.<br />

«) Küch, Pol. Alch. Nr. 445, S. 270.<br />

b) Pollt. Korresp. <strong>der</strong> Stadt Strahburg II. S. 361. St. Arch. l». I, Tit. 1,<br />

Nr. 2, toi. 46-71 Wolg. Arch. Tit. Ill, Nr. b, tol. 37-39.


^2 Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldischen Bunde.<br />

Nicht nur bei Betrachtung des Verhaltens <strong>der</strong> Herzöge dem Frank-<br />

furter Bundestage gegenüber, son<strong>der</strong>n auch bei an<strong>der</strong>en (Gelegenheiten konnte<br />

mall die Wahrnehmung machen, daß sie weit entfernt waren, fnr die Sache<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Qpser zn bringen und bisher gepflegte Verbindungen im<br />

Interesse des öchmalkaldischen Bundes aufzugeben. Sie glaubten, im<br />

Tchulze des Blindes gemächlich und friedlich dle eingezogenen Kirchcngittcr<br />

genießen zu können, waren daher gegen jede kriegerische Operation. Dem<br />

Aursürstcu von wachsen war ihre Scheu vor Zusammenstöyeu mit den<br />

katholischen Mächten wohl bekannt, und er verfehlte nicht, sie bei je<strong>der</strong><br />

Gelegenheit zu beruhigen, wenn sich einmal <strong>der</strong> politische Horizont ver-<br />

dunkelte. Sie hatten mit Schrecken gehört, das; Ulrich von Württemberg<br />

gegen Bayern rüste;') <strong>der</strong> Kurfürst hieß sie ohne Sorge zu sein: wenn auch<br />

die Rüstungen noch uicht aufhörten, habe <strong>der</strong> Streit doch den Höhepuukt<br />

schon überschritten/) Ebenso bat er sie, Gerüchten über kriegerische Unter-<br />

nehmungen gegen (Neorg von Sächselt nicht Glauben zn schenken/) die<br />

gütliche Beilegung des Streites sei m nächster Zelt mit Sicherheit zu<br />

erwarten/) Doch in letzterem Falle hatte er keinen Erfolg. Als sie<br />

erfuhrcu, daß <strong>der</strong> Streit sich immer mehr zuspitze, schrieben sie — gleich<br />

als ob <strong>der</strong> Bund die Schonung ihrer (^cfulUe znr Richtschnur seiner<br />

Politik zu machen habe — dem Kurfürsten rundweg: sie hofften, daß sie<br />

nicht in die Vage kommen würden, gegell Herzog l^eorg etwas Feindseliges<br />

nnternehmen zu mussen: sie stünden mit ihm feit langer Zeit in engen<br />

BeMlnlngen; Philipps Vater, (Aeorg, das Patentino des Herzogs, habe<br />

alö Kind längere Zeit an dessen Hofe verweilt und sich eiucr gütigen<br />

Aumahme zu erfreuen gehabt/) Zum Glück konnte ihuen <strong>der</strong> Kurfürst<br />

bald darauf die Versicherung geben, es sei Allssicht auf Beilegung des<br />

Zwistes vorhanden, da <strong>der</strong> Vandgraf Philipp von Hessen die Absicht habe,<br />

ihll in Naumburg mtt Herzog Georg zu versöhnen/)<br />

l) Im Februar 1586 herrschte eine gereizte Stimmung zwischen Ulrich und den<br />

Bayern, die erzürnt waren, daß er seinen Sohn Christoph, ihren Neffen, in französische<br />

Ticnste zu aehcn genoliat batte. Eaelbaaf II, H. 303.<br />

') St Arä,. I>. l, TU 1, Nr. 2, wi. 293-2W.<br />

'» Johann Friedrich und Herzog Georg voli Sachsen standen in bitterem<br />

Zwiste, da Georg Vasallen des Kurfürsten vertrieben und Untertanen von ihm, die<br />

zugleich im Herzogtum Sachsen angesessen waren, zu belehnen sich geweigert hatte.<br />

St. Aräi ?. I, Ttt. 1, Nr. 2, f Ebenda, fol 2^5 Am 5 Inni I5lw sselang es in <strong>der</strong> Tat, den Streit auf<br />

gütlichem Wcnc beizulegen. Egel Haas II, S. 303.


Pommerns Verhältnis zum Tchmallaldischru Bunde. ^A<br />

Kapitel III.<br />

Vommern im KchmalkaldisHen ^iunde bis zum Bundestage<br />

zu Brauuschweist 1V^.<br />

Perhandlltngen über die Höhe <strong>der</strong> Bnndesbciträge.<br />

Ohne uneigennützige Absichten und ohne Peqeisterllng waren die<br />

pommcrschen Herzoge dein Schmalkaldischen Bnlldc beigetrctcll: das blieb<br />

anch, voll cillzeluen Niolncntcn des Ansschwnnges abgesehen, die 3igllatnr<br />

ihrer ganzen Zugebörigkett znnl ^nlldc. Wie die Einignngsverwandlen ,n<br />

Frankfurt vielleicht schon geahnt hatten, waren die Herige nut <strong>der</strong> Höbe<br />

des Beitrages, den sie entrichten wllccu, durchaus nicht einverstanden, und<br />

es bedurfte in <strong>der</strong> Folgezeil noch langwieriger Unterhandlungen, bis mau<br />

sich in betreff dieses Puuktes einigte. Zwar wollte sich Philipp, <strong>der</strong> nber<br />

Haupt <strong>der</strong> Sache <strong>der</strong> Evangelischen anfrichtiger ergeben war als Barnim<br />

uud eiuen engeren Anschlns; all die ^chmalkaldner wünschte, für seine<br />

Person nicht weigern, einem Beschlusse <strong>der</strong> Emigungsverwandten nach-<br />

zukommen: trotzdem lam es durch das Übergewicht Barmms dazu, daß sie<br />

sich bei dem sächsischen Knrfursteu beschwerten. Dieser beschloß, deshalb<br />

mit ihnen am 29. Juni zu verhandeln; zugleich wollte er über die im<br />

Annde neu einzurichtenden Stimmen nnd das Kriegsvolk Bestimmungen<br />

treffen, welches Pommern im Falle eines Krieges aufbringen solltet) Da<br />

jedoch die Pommern für den '^9. Iuui scholl durch ciuc Tagcfahrt zu<br />

Prenzlau in Anspruch genommen waren, wo mit Brandenburg nachbarliche<br />

Strcitigkeiteu geschlichtet werden sollten/) bestimmte <strong>der</strong> Kinfurst den<br />

14. August als Tag <strong>der</strong> Verhandlungen nver den Frankfurter Abschied,<br />

ulld zwar sollten sie in Magdeburg stattfinden.") Wi<strong>der</strong> alles Erwarten<br />

zeigten sich die Herzöge mit 5Drt und Zeit <strong>der</strong> Zusammenkunft jedoch nicht<br />

einverstanden und zwar aus Gründen, die sich bet <strong>der</strong> Wichtigkeit <strong>der</strong> zu<br />

verhandelnden Angelegenheiten son<strong>der</strong>bar ausnehmen: <strong>der</strong> angelegte Tng<br />

falle in die Zeit <strong>der</strong> Ernte, fei daher für ihre Nate ungünstig; Frantfnrt a. O.,<br />

wo sie die Znsammellllmst wünschten, sei Magdeburg vorzuziehen, da ersterer<br />

Ort für sie näher sei. Sie baten alw, die Angelegenheit am 1. September<br />

in Frankfurt zu verhandeln/) Über diese so eigentümlich begründete Ver-<br />

schleppung <strong>der</strong> Verhandlungen zeigte sich <strong>der</strong> Knrfnrst höchst ungehalten-, darauf<br />

indes bestand er, daß es bel Magdeburg als dem Orte <strong>der</strong> Tagefahrt verblieb,<br />

da „es nicht gut sei, diese Sachen in <strong>der</strong> Mark zu verhandeln"^)<br />

1) St. Arch. ?. I. Tit. 1, Nr. 2. fol. 222.<br />

-) Wolg. Arai. Tit. III, Nr. 26, fai. 75.<br />

2) St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, toi. 226 f.<br />

*) Sl. Arch t>. 1. Tit. I, Nr. 2, sol. 226<br />

b) Ebenda, toi. 230.


24 Pommerns Verhältnis znm Schmalkaldischen Bunde.<br />

Anfang September l5Zss kamen die Näte bei<strong>der</strong> Staaten in Magde-<br />

burg zusammen, um über das Stimmenverhältnis und die Höhe des<br />

Anschlages <strong>der</strong> pommerschcn Herzöge Vereinbarungen zu treffen. Als Ver-<br />

treter <strong>der</strong> Herzöge waren Georg von Ebcrstcin nnd Bartholomäus Schwade<br />

erschienen, während Iost voll Dewik, <strong>der</strong> auch bevollmächtigt wordeu war,')<br />

wegen Krankheit hatte umkehren müssen: <strong>der</strong> Kurfürst hatte seinen Hof-<br />

meister Christoph Groß und Hans von Pack als Vertreter gesandt. Betreffs<br />

<strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Veitragssnmme kam man bald übrrein. Die Kurfürstlicheu<br />

ließen es sich gefallen, daß Pommern so hoch wie Württemberg, das heistt<br />

zu 1l)0W Muloen, veranschlagt wurde; doch legten die Pommern großes<br />

(Gewicht darauf, die Anlage bis zum Zeitpunkte des wirklichen Krieges im<br />

valide zu behalten, natürlich um, falls sie sie überhaupt nie<strong>der</strong>legten, zu<br />

je<strong>der</strong> Zeit frei darüber verfügen zu können. Die saäisischeu Gesandten<br />

dagegen bestanden auf <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>legung des Geldes in Torgnu. Als man<br />

hin und her debattierte, wurde schließlich offenbar, daß alle Verhandlungen<br />

unnütz waren; denn es stellte sich heraus, daß die Herzöge ihre Gesandten,<br />

wiewohl es <strong>der</strong> Knrfürst ihnen schon vorher ausdrücklich aus Herz gelegt<br />

halte, nicht mit geuügeuoer Vollmacht verschen hatten/) So endigte diese<br />

Zusammenkunft, <strong>der</strong>en Zustandekommen so viel Mühe und Zeit gekostet<br />

hatte, durch die Schuld <strong>der</strong> Herzöge mit einem negativen Resultate; ent-<br />

rüstet tadelte sie <strong>der</strong> Kurfürst wegen dieses Verfahrens/)<br />

Ebensowellig führten Verhandlungen, die in näckster Zeit über die<br />

streitigen Punkte gepflogen wurden, zum Ziele; allen Auffor<strong>der</strong>ungen, ihren<br />

Aundcsuflichten nachzukommen, standen sie verneinend gegenüber. Auch <strong>der</strong><br />

Tag zu Schmalkalden ('^9. September !53l») schaffte leine Abhülfe. Es<br />

werde doch auch an<strong>der</strong>en Einigungsverwandteu, nämlich Hessen und<br />

Württemberg, gestattet, ihre Alllage im ^ande zu behalten, so klagten die<br />

Pommern, während es ihnen am meisten not tue, da sie, fern vom Mittel-<br />

punkte des Reiches, stets <strong>der</strong> Gefahr ausgesetzt seien, von feindlichen Nach-<br />

barn angegriffen zu werden/) Zwar versprachen sie, sich dem Urteile des<br />

Bnndes hinsichtlich <strong>der</strong> Höhe ihrer Alllage zu unterwerfen/) aber es war<br />

vorauszusehen, daß sie sich daran nicht halten würden, wenn ihnen die<br />

Leistungen, die ihnen <strong>der</strong> Spruch des Bundes anferlegen würde, etwa zu<br />

hoch zu sein schienen. Mit eben dieser wellig bindenden allgemeinen<br />

Erklärung fertigten sie auch die Gesandten des Kurfürsten, Hans Pack und<br />

Aomlls Spiegel, ab, die in Pommern zur beschleunigten Herbeiführung<br />

') St Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, fol. 23t.<br />

') stbcnda, toi. 237. Wolfl Arch. Ttt. III, Nr. 5, fai. 164 ff.<br />

', Et. .'lrch. ?. 1. Tit. 1, Nr 2, tol 240 -243 Gola. Arai. Tit. Ili, Nr. 5.<br />

iol. INtt 171.<br />

^ St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, f


Pommerns Verhältnis zum Schmalkaldiscken Bnnde. ^><br />

eines Nbkontlnens erschienen. Doch verpfändete Philipp sein Wort, zur<br />

nächsten Sitzung des Bnndrs zn Sclimallalden entwe<strong>der</strong> persönlich zil<br />

erscheinen o<strong>der</strong> doch hinreichend bevollmächtigte Näte zu senden, nm die<br />

leidige Angelegenheit ans <strong>der</strong> Welt zn schaffen.')<br />

Wenn wir das eben geschil<strong>der</strong>te Verhalten <strong>der</strong> herzöge betrachten,<br />

scheint es nns zn einem harten Urteil zn berechtigen. Es ist zwar<br />

bekannt, das; anch an<strong>der</strong>e Stände in <strong>der</strong> Oeicluckuug <strong>der</strong> Vulldestage nicht<br />

rege waren, dass die Gesandten mit uugeuügeudcr Vollmacht zn versehen,<br />

ein beliebtes Mittel war, nm sich gegell Eingehung unliebsamer Ver-<br />

pflichtungen zn schützen, daß in späterer Zeit, namentlich als sich <strong>der</strong> Vuud<br />

infolge <strong>der</strong> brannschweigischen Irrung scholl gelockert hatte, viele Mitglie<strong>der</strong><br />

mit ihren Anlagen rückständig blieben.^) Aber sommern scheint doch alle<br />

an<strong>der</strong>en Vnudesglic<strong>der</strong> im Wi<strong>der</strong>streben gegcu alle wirtlichen Opfer zum<br />

Bestell <strong>der</strong> Gesamtheit übertroffen zu haben; man möchte fast sagen, es<br />

machte die ablehnende Halmng dem Buude gegenüber zum integrierenden<br />

Bestandteil seiner Politik. Wie die Herzöge uicht etwa das lautere Strebeu,<br />

mit den Neligiousverwaudteu iu einem intimen Eolidaritätsverhältnme zu<br />

stehen, son<strong>der</strong>n die Not, die Absicht, beim Bunde Schutz gegen die Angriffe<br />

des Neichstammergerichls zu suchen, in den Buud geführt hatte, so waren<br />

sie auch nach ihrem Eintritt in den Bnnd weit davon entfernt, lebendigen<br />

Anteil an seinen Geschicken zn nehmen nnd nützliche Glie<strong>der</strong> desselben zn sein.<br />

Es ist ein charakteristisches Zeichen für die Doppelzüngigkeit Barnims,<br />

daß er Philipp wi<strong>der</strong>riet, in eigener Person den auf Aufaug Februar 1.^'>7<br />

angesetzten Tag von Tchmalkalden zu besuchen, da dort die Eutscheiduug<br />

über die Höhe ihrer Anschläge sowie an<strong>der</strong>e wichtige Sachen fallen würde.<br />

Er besorgte offenbar, Philipp werde sich zn bestimmten Erklärungen bewegen<br />

lasseu, während Gesandte dadurch, daß sie wie auf dem Magdeburger Tage<br />

Mangel an genügen<strong>der</strong> Instruktion uud Vollmacht vorschützteu, die Eut-<br />

scheiduug in die sterne rücken könnten.^)<br />

Ein solcher Grad von Unlanterkeit war denn doch nicht nach dem<br />

Sinne Philipps, <strong>der</strong> offenbar eine selbstlose Hingabe an den Schmalkaldischen<br />

Bund gern bewiesen hätte, aber mit seinen Bestrebungen gegenüber dem<br />

') St. Arch. ?. I, Tit. l, Nr. 2, lol 266 f. Volg. Arch. Tit. IIl,Nr 5, f»!. 158 ff.<br />

2) Aus diesen Gründen trna.cn sich später Sachsen uud Hessen einige Male<br />

ernstlich mit <strong>der</strong> Absicht, dtc Hanplmnnnschasl nie<strong>der</strong>zulegen, vergi E gel Hanf ll<br />

S. 36? f.<br />

') St. Arck. ?. I, Tit. 1. Nr. 2, toi 269-271. Freilich führte er auch an<strong>der</strong>e<br />

Gründe gegen eine persönliche Vertretung an, so den, dah in diesem galle eine große<br />

Prachtentsaltung nötig sci, da sie in großem Ansehen stünden. Im (Grunde jedoch<br />

fürchtete er, daß Philipp dem Bunde Zugeständnisse machen würde. Er war stets<br />

dagegen, daß dieser außer ^mdcy ging; uergl. St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 3, tol 5^3.


3tt Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldischen Bunde<br />

alteren Oheim nicht durchdrang.') Er erinnerte Barnim an die entgegen-<br />

kommende Bereitwilligkeit, mit <strong>der</strong> <strong>der</strong> Zchmalkaldische Bund sie in <strong>der</strong><br />

Stunde <strong>der</strong> lhcfahr schützend angenommen habe, nnd an ihr Versprechen<br />

tiener Anhänglichkeit an den Blind, das sie bei <strong>der</strong> Aufnahme feierlich<br />

gegeben: wenn auch diesmal keiner von ihnen den Tag besuchen würde,<br />

wiewohl sie von den sächsischen Gesandten dringend darum ersucht wären,<br />

würde ihnen <strong>der</strong> Bnnd eine solche Tantmeligkeit niemals verzeihen. Auch<br />

erheische die Wichtigkeit des Tages, auf dem Pnnktc von einschneiden<strong>der</strong><br />

Bedeutung verhandelt werden wnrden, dringend eine persönliche Anwesen-<br />

heit.*) Als schließlich ein Schreiben des sächsischen Kurfürsten nnd des<br />

Vandgrafen nochmals zum persönlichen Erscheinen auffor<strong>der</strong>te^) da bekehrte<br />

sich auch Baruilu zu <strong>der</strong> Ansicht, Philipp müsse in Person die Versammlung<br />

besuchend)<br />

Ende Januar 15>.'l7 machten sich Philipp nnd die beiden Vertreter<br />

Barnims, Nüdlger Massow nnd Bartholomäus Schwave, ans dell Weg<br />

nach Schmalkaldcn.b) ^m Mittelvuukte <strong>der</strong> dortigen Verhandlungen stand<br />

die ^ragc <strong>der</strong> Stellungnahme <strong>der</strong> Protestanten zu dem vom Papste an-<br />

gclulldiglcu .ttonzil. Endlich nämlich hatte dieser dem Drängen des Kaisers<br />

nachgegeben uud auf den ^.'5. Mai IlV>7 ein Konzil nach Mantua aus-<br />

geschrieben. Von vornherein waren die Aussichten äußerst gering, daß die<br />

Protestanten sich für dies vom Papste geleitete, ans italienischem Boden<br />

abgehaltene Konzil gewinnen lassen würden, zumal da Äußerungen des<br />

Papstes bekannt wurden, daß dies Konzil zur Ausrottung <strong>der</strong> Ketzer dienen<br />

werde. Die Hoffnungen auf eine friedliche Lösung dieser brennenden Frage<br />

schwanden gänzlich, da <strong>der</strong> Gesandte des Kaisers, Dr. Mathias Held, den<br />

katholischen Standpunkt mit einer Schroffheit ohnegleichen vertrat, ohne den<br />

Protestanten auch nur im geringsten entgegenzukommen. Er for<strong>der</strong>te gebieterisch<br />

bedingungslose Beschickung des Konzils von Mautna uud streuge Ciuhaltuug<br />

des Mirubergcr Friedens, das hmtt Answeisnng aller Stände aus dem<br />

') Philipp am 11. Dezember 1536 an die Sckmalkaldner: falls Barnim selbst<br />

nicht zur Versammlung ziclicn o<strong>der</strong> „uns den Zug gen Schmal taldeu zu tun<br />

n! ckt gcst attcn " wcrdc, wolle cr Nätc mit vollkommener Gewalt schicken. St. Arch.<br />

1'. H, ^it. 1, Nr. 2, t'"l. 266 f. Wolg. Arch ^il. III. Nr. 5. sol. 158 ff.<br />

') St. Arch. ?. I, Tit. 1. Nr. 2, sol. 873-275.<br />

') Ebenda, sul. 847-249. Wola.


Pommerns Verhältnis znm Sckmalkaldischen Bnnde. 27<br />

Schmalkaldischen Bunde, die nach dieser Zeit das Evangelium angenommen<br />

hatten. Diesem Begehren des kaiserlichen Orators setzten die Protestanten<br />

einen energischen Wi<strong>der</strong>stand entgegen, nm so eiumntiger, als im Mai des<br />

vorigen Jahres die Gegensätze zwischen den Lutheranern und den zur Lehre<br />

Zwinglis hinneigenden Oberdeutschen in <strong>der</strong> Wittenbergs Koukordic aus-<br />

geglichen waren. In die erregten Debatten, die sich über die vermessenen<br />

For<strong>der</strong>ungen Helds entspannen, griffen auch die Pommern ein;') ihre<br />

Darlegungen bekundeten ein volles Verständnis für die Aufgaben des<br />

Augenblicks und ein inniges Einvernehmen mil den Religiousucrwandten,<br />

wie denn überhaupt auf diesem Bundestage das Verhalten Plnlwvs, <strong>der</strong><br />

jetzt aller hin<strong>der</strong>nden Bccmflnssnng seitens Barnims ledig war, dem entsprach,<br />

was man von einem treuen Ällndesmitgliede erwarten iolllc/l Dcr<br />

Schmalkaldische Bundestag vom Jahre !.',.'!? stellt einen Lichtpunkt im<br />

Verhältnis Pommerns zum Bunde dar. Es sei zweckmäßig, so war in<br />

dem pommerscheu Gutachten ausgeführt, deu Kaiser au die frühereu Reichs-<br />

abschiede zu erinueru, kraft <strong>der</strong>en dcr religiöse Zwiespalt durch eiu freies<br />

Generalkouzil in deutscher Nation geschlichtet werden sollte, und ihn zu<br />

ersuchen, seineu Einfluß bei dem Papste aufzubictcu, daß er den Ort des<br />

Konzils iu deutsches Vand verrücke; und zwar solle diese Ansnchung so bald<br />

wie möglich, jedenfalls vor dem für den Anfang des Konzils festgesetzten<br />

Tage geschehen. Falls mau hiermit keiueu Erfolg habe, solle man sich<br />

weigern, das Konzil zu beschicken. Einer etwaigen Verfolgung durch<br />

das Neichskammevgericht solle mau durch Berufung auf ein Hiatioualkonzil<br />

begegnen, und es sei schon jetzt zu bedenken, wie einer Erekution Wi<strong>der</strong>stand<br />

zu leisten sei. Den Bemühungen <strong>der</strong> Päpstlichen, unter den Evangelischen<br />

Zwietracht zu erwecken, solle mau durch festereu Zusammenschluß jedeu<br />

Erfolg vereiteln.2) Da unter den Protestanten durchweg, dieseu Darlegungen<br />

entsprechend, <strong>der</strong> feste Wille herrschte, den evangelischen Standpunkt nicht<br />

preiszugeben, wurden alle Anträge Helds mit Benimmthnt abgewiesen<br />

Ebensowenig Erfolg hatte die For<strong>der</strong>ung Ferdinands, ihm gegen dte<br />

Türken Beistand zu gewähren. Man erklärte ihm, aus den drohenden<br />

Worten Helds gehe eine kriegerische Absicht <strong>der</strong> Katholiken hervor; ohne<br />

die Gewißheit des Friedens aber sei ihnen die Hulfc wl<strong>der</strong> den Türken<br />

„beschwerlich"/)<br />

1) Meurer, Der Tag zu Schmalkalden und die schmnlkaldischen Artikel.<br />

Leipzig 1ttt7. S. 35, vergl. auch ^. 109.<br />

2» Philipp weiaette siäi. den päpstlichen Legaten, den Bischof von Acqui, <strong>der</strong><br />

die evangelischen Fürsten einzeln angehen und sich günstig stimmen wollte, überhaupt<br />

zn empfangen. Reisebericht des Notars Ettenius, Historisches Taschenbuch 18^!), ^. 526.<br />

2) Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 7, toi. 14-18. St. Arch. ?. !, Tit. 1, Nr. 2,<br />

kol. 492-498.<br />


^H ^cmmierns Berhältnis ^ml Tchinttlknldischen Bunde.<br />

Um zu den speziell Pommern betreffenden Abmachungen des Bundes-<br />

tages überzugehen, so traf man jetzt endlich definitive Bestimmungen über<br />

die Bundesbciträge, die dic pommcrschen Herzöge künftig zahlen sollten,<br />

nachdem Johann Friedrich sich ein ganzes Jahr vergeblich bemüht hatte,<br />

sie zu bewegen, bestimmte Bundcsuerftfllchtuugen auf sich zu uchmen.<br />

Philipp willigte zugleich für seinen Oheim in dic Anlage von 200^0 Gulden,<br />

für zwei Monate gerechnet; auch gab er die lange hartnäckig festgehaltene<br />

Absicht auf, die Anlage in Pommern zu behalten, und lieft sich gefallen,<br />

das; sie nach Torgau an den Knrfnrften von Zachscn abgeliefert werden<br />

sollte.') Einer Erhöhung <strong>der</strong> 6 einfachen o<strong>der</strong> .'l gedoppelten Monate, die<br />

<strong>der</strong> Bund ius Auge faßte, erklärte jedoch Philipp trotz alleu Drängens<br />

Johann Friedrichs nicht znstimmen zu köuueu, da er iu diesem Punkte<br />

voll Barnim keine Vollmacht habe, persönlich stehe er, so fügte er hinzn,<br />

<strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nickt abgeneigt gegenüber. Ein Schreiben, das in dieser<br />

Angelegenheit von einigen Fürsten au Barnim ans Schmalkalden ergingt)<br />

hatte, wie vorauszusehen, nicht den mindesten Erfolg. Er wolle mit seiner<br />

Entschließung warten, so antwortete er, bis Herzog Philipp zurückgekehrt<br />

sei uud ihn über den streitigen Punkt aufgeklärt liabc.^)<br />

Wenn auch Philipp auf dem Schmaltaldischen Bundestage einen<br />

rühmlichen Alllauf gemacht hatte, in ein lebendigeres Verhältnis zum<br />

Bunde zn treten und tätigen Anteil an den Maßnahmen des Bundes<br />

zu uehmen, so fiel die pommersche Politik doch bald wie<strong>der</strong> in den vorigen<br />

Zustand passiver Zurückhaltung. Die Herzöge gaben sich keineswegs Mühe,<br />

die ill Schmalkalden eiugegaugenen Verpflichtungen prompt zu erfüllen.<br />

Philipp hatte auf dem Bundestage das Versprechen gegeben, bis Pfingsten<br />

dem Kurfürsten Nachricht zukommen zu lasseu, wie er uud Barnim sich zu<br />

<strong>der</strong> beschlossenen Erhöhung <strong>der</strong> Beiträge stelleu würden, und doch trug er<br />

kein Bedenken, den Kurfürsten auf dessen vorhergegangene Mahnung*) am<br />

Ni. Mai mit <strong>der</strong> Mitteilung abzufinden, sie hätten in dieser Angelegenheit<br />

noch kcinen Beschluß gefastt, sie müßten sich zuvor mit ihrer Landschaft<br />

beraten^) uud schließlich schlugen sie eine Erhöhung <strong>der</strong> Beiträge ab, indem<br />

', Wolg. Arch. Tit. III. Nr. 7. KI. 3 f; vergl. Kuch, Polit. Arch. Nr. 464,<br />

S. 281.<br />

2) St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, kol. 582. Wolg. Arck. Tit. III, Nr. 7, fai. 197.<br />

Kück, Polit. Arch. Nr. 464, S. 279.<br />

') Wolg Arch. Tit. III, Nr. 5, fl>1. 40-44. Infolge Ausgaben, die dem Bunde<br />

z. B. wegen Sendung von Unterhändlern an fremde Fürsten erwachsen waren, fiel aus<br />

die Pommernherzogc eine Nepartinon uon 8!8 Gulden und 9 Kreuzern. Der Sessions»<br />

streit Pommerns nül Württemberg und Heuen wurde erledigt und die künftige<br />

ordnung genau seil gelegt, ^i Arch ^. I, Tit. 1, Nr. 2, iol. 522 f.<br />

>) Wolg Arch 4it. III, Nr. 2l>, t^I. 25.<br />

^ Ebenda, tul. 26.


sie den Wi<strong>der</strong>spruch ihrer Stände varsaliitztcn, von denen ein solches<br />

Zugeständnis an den Nnnd abgeschlagen sei. Vtulwli liatte sich ferner ucr-<br />

pflichtet, dafnr zu sorgen, daß die Anndcsanlage bis zum ^^. Juni in<br />

Torgau bei Johann Friedrich abgeliefert würde, und doch kamen erst am<br />

12. Juli die pommerschen Räte dieser Verpflichtung uach.^)<br />

Freilich die vom Bunde an sie gestellten For<strong>der</strong>ungen völlig zu<br />

ignorieren, wagten sie nicht, zumal sie vou Anfechtungen seitens <strong>der</strong><br />

Katholiken nicht frei blieben und sich daher die Hülfe des Bundes nicht<br />

verscherzen durften. Um das Bistnm Kammin vor den Säkularijations-<br />

gelüsten <strong>der</strong> Herzöge besser zu schützen, kam <strong>der</strong> Kaiser dem Vestrebcn des<br />

Bischofs Erasmus, das Bistum zu rcichsbischöflicher Unabhängigkeit zu<br />

erheben, bereitwilligst entgegen, indem er verlangte, daß <strong>der</strong> Bischof die<br />

Neichsabgabeu nicht durch die Hand <strong>der</strong> Herzoge, son<strong>der</strong>n direkt an ihn<br />

entrichte, Auf dem Versammlnngstage <strong>der</strong> Bundesuerluandten zu Iütcrbog<br />

am 10. Inli 1537, wo uoch einmal das Begehreu des hart bedrängten^)<br />

Ferdinand, Hülfe im Türkeukriege zu leisteu, ^egcnstaud <strong>der</strong> ^crhaudiuugen<br />

war, beschwerten sich die Pommern, daß <strong>der</strong> Kaiser das Bistnm Kammiu,<br />

das doch ein Teil ihres Herzogtums sei, loszulösen lrnchtc, wodurch die<br />

Neichsauschläge, die schon au und für sich zu hoch seien, uoch schwerer auf<br />

ihnen lasten würden.') Und wie die Herzöge ihren Gesandten eingeschärft<br />

hatten, nur gegen Zusicherung eines beständigen Friedens in die Türken-<br />

hülfe zu willigcu, war uiemaud bereit, aus die For<strong>der</strong>ungen des Königs<br />

einzugehen in einer Zeit, da <strong>der</strong> kaiserliche Vizekanzler Held gegrn die<br />

Evangelischen einen katholischen Bund zn gründen unternahm; man wollte<br />

sich nur dann zur Türkenhülfe verstehen, wenn man auf einem Reichstage<br />

des Friedens und des Stillstandes <strong>der</strong> die Evangelischen verfolgenden<br />

Kammergerichtsprozesse vergewissert worden sei.<br />

So bedrohlich hatten sich bereits die (Gegensätze zwischen Katholiken<br />

und Protestanten zugespitzt, daß die Auudeshaupter Philipp von Hessen<br />

und Johann Friedrich es dringend nötig fanden, einen Kricgsrat nach<br />

Coburg zu berufen, wo zwecks besserer Kriegsbereitschaft über Vervoll-<br />

kommnung <strong>der</strong> militärischen Organisation des Bundes beraten werden<br />

sollte/) Es wurden eingehende Bestimmungen getroffen über Kommando,<br />

Einteilung und Einrichtung des Bundesheeres, Lieferung von Geschützen<br />

!) Der Kurfürst verpflichtete sich bei dieser Gelegenheit, nach 11) Jahren die<br />

Summe, falls sie nicht verbraucht sei, zurückzuerstatten. Wolg. Arch. Tit II, Nr. 12,<br />

fol. 62 f.<br />

2) Im Frühjahr 1537 waren Soliman und Franz I. verbündet. Rauke,<br />

Bd. 4, 5. Aufl., S. 20<br />

2) Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 7, toi. 247-249.<br />

') St. Arch. r. l, Tit. 1, Nr. 2, k«! 260 - 263. Wolg. Arch. Tit. lll, Nr. 26, ko!. 29.


30 Pommerns Verhältnis zum Echmalkaldilchen Bunde.<br />

nnd Kngeln usw.') Der pommersche Kriegsrat Rüdiger Massow war<br />

wie<strong>der</strong> nnr befugt/) vorbehaltlich <strong>der</strong> späteren Bestätigung <strong>der</strong> Herzöge den<br />

betreffenden Beiträgen, die auf PommelN fielen, zuzustimmen/) Denn so<br />

hallen ihn die Herzöge instruiert, falls man blos Mittel und Wege znr<br />

Sicherstclluna. <strong>der</strong> Protestanten erörtere, ohne wirkliche Leistungen auf-<br />

zuerlegen, möge er auf Wege sinnen helfen, wie dies Ziel am besten zu<br />

erreichen sei, im an<strong>der</strong>en ^alle solle er znvor stets an sie berichten. Hatte<br />

<strong>der</strong> Knnürst gehofft, es würde <strong>der</strong> pommersche Vertreter endlich eine <strong>der</strong><br />

Erhöhung <strong>der</strong> Buudcsbeiträge zustimmende Erklärung abgeben, so sah er<br />

sich blttcr getäuicht. Es nutzte uichts, daß er ihnen drohte, im Falle sie<br />

in einen Krieg geraten sollten, würde <strong>der</strong> Bund Gleiches mit Gleichem<br />

erwi<strong>der</strong>n nnd ihnen schwerlich Hülfe über die 6 einfachen o<strong>der</strong> A gedoppelten<br />

Monate hmans gewähren, da sie sich so hartnäckig nnd engherzig in <strong>der</strong><br />

Darbriuguug vou Geldmitteln für den Vnnd zeigten; es hatte nicht einmal<br />

Eindruck auf sie gemacht, daß <strong>der</strong> Bund sie in <strong>der</strong> Klage des Abtes von<br />

Alten-Kamp trcnlich zu unterstützen und das Neichskammergericht auch in<br />

dieser als in einer zu Ncligioussachen gehörigen Angelegenheit als inkompetent<br />

zu erkläre» bereit war/) Sie feien, so ließen die Herzöge dein Kurfürsten<br />

anzeigen, nicht fähig, die Bürden <strong>der</strong> erhöhten Aulagcu zu tragen; anch<br />

habc die Landschaft, die ihnen schon wegen des Beitritts zum Blinde hart<br />

zugesetzt habc, sich mit voller Entschiedenheit gegen eine Erhöhung <strong>der</strong><br />

Anlage ausgesprochen.5)<br />

Den in Eobnrg gesantcn Beschlüssen kamen die Herzöge ebenso saum-<br />

selig nach als den früheren. Am 3l. Ottober mußte ihnen Johann<br />

Friedrich einen geharnischten Brief zngchen lassen. Er crmahnte sie darin<br />

dringend, sich dem Eobnrger Abschiede gemäß zu verhalteu, sich wenigstens<br />

wfon dem Boten gegennbcr zn äußern, ob sie jene Beschlüsse annähmen.<br />

Die Wohlfahrt nnd das Gedeihen des Bundes beruhe darauf, so hielt er<br />

ihnen vor, daß die Bnndcsbeschlusse von jedem Mitgliede strikt befolgt<br />

würden. Er bat fic, bei den Ständen noch einmal die Erhöhung <strong>der</strong><br />

Bcitragslillnme zn betreiben/) Aber was <strong>der</strong> Kurfürst durch gütliche Ver-<br />

handlungen nicht hatte erreichen lönncn, das vermochte er auch durch Ernst<br />

und Drohungen nicht durchzusetzen. Sie tonnten nicht in die Coburgische<br />

Handlnng willigen, so gaben fic Bescheid, da sie zu hoch belastet seien und<br />

') St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, toi. 587-620.<br />

2) Wolg. Arch. Tit. III, Nr. 26, tol. ^.<br />

') In <strong>der</strong> mansselhaften Vevollmäci'tissunss des Gesandten standen die pommerlchen<br />

Herzoge zwar nicht allein da. St. Arck. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, tul. 6l9.<br />

') >-l. Avch. ?. 1, Tit. 1, Nr. 2, sol. 583-586. Wolg. Arck. Tit. III, Nr. 7,<br />

sol. 243-246.<br />

") St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr. 2, sol. 645-650.<br />

«) sbenda, tal. 657 f.


Pommerns Verhältnis zum Scknnalkaldisclien Bunde. 31<br />

ihre Stände zu einer Bewilligung <strong>der</strong> erhöhten Anlage nicht zu bringen<br />

seien.') Wieviel auf Nechnnng <strong>der</strong> Herzöge, wieviel auf die <strong>der</strong> Stände<br />

zu setzen ist, ist schwer zu sagen. Wahr ist allerdings, dap die Stände,<br />

die den Fürsten die Einziehung <strong>der</strong> Htirchenguter mißgönnten, dauernd<br />

Opposition machten.<br />

Auch auf dem Vraunschwcigcr Bundestage sEude März I5)A?)<br />

beharrteu sie bei dieser Haltung. Mit osseuer Absichtlichtcit hatten sie eS<br />

unterlassen, selber den Tag zu besuchen, olmwhl die Häupter des Bundes<br />

sie inständigst darum gebeten hatten;^ die i^esaudtcu wareu in dcu meisten<br />

Plmkteu ohne gcuugendc Vollmacht. Die Herzöge gingen sogar darauf aus,<br />

eine Verringerung ihrer Aulageu durch^uselzeu, geschweige deun, daß sie in<br />

eine Erhöhung <strong>der</strong>selben gewilligt hätten; falls man dicsem ihrem besuche<br />

uachgab, wollten sie auch den nach dem Coburger Abschied ihneu zufallenden<br />

Anteil von Geschütz und ")Nullitl0tt stellen. Pommern war <strong>der</strong> einzige<br />

Stand, <strong>der</strong> die Eodurgcr Beschlüsse nicht ratifiziert hatte; damit iu den<br />

dem Buude zu Gebote ftcheudeu Machtmittel» keiuc Bcrlmrruug entstünde,<br />

war <strong>der</strong> sächsische Kurfürst bereit, für Pommern mit Artillerie einstweilen<br />

einzutreten/) ^aut klagten die Vertreter Pommerus dem Kurfürsten ihre<br />

fiuauzielle Not iufolgc <strong>der</strong> Blilideslaslcu: sie beschwerte»! sich darüber, daß<br />

<strong>der</strong> Buud vou den ^iiitgliedcru zll viel Opfer for<strong>der</strong>e. Da keiu Krieg tu<br />

Aussicht stünde, solle mau sie, die im Verhältnis zu deu audcreu Ställdeu<br />

zu hoch veranschlagt seien, doch wenigstens mit <strong>der</strong> „kleinen" Alllage ver-<br />

schonen, die zur Unterhaltung <strong>der</strong> Unterhanfttlenle des Bundes und zur<br />

Bestreitung sonstiger Ausgaben erhoben wurde/) Im übrigen halfen sic<br />

sich mit <strong>der</strong> bequemen Ausfor<strong>der</strong>ung, man moge nur auf (Hott vertrauen,<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> gerechten Sache den Sieg verleiden werde.<br />

Obschon Pommern von einer Erhöbung <strong>der</strong> Anlagen nichts wissen<br />

wollte, trug <strong>der</strong> Bnnd doch keinen Augenblick Bedenken, ihm in dem vom<br />

Abte zu AllewKamp beim Neichstammergericht anhängig gemachten Prozesse<br />

Unterstützung angedeihen zu lasscu. Zwar hatte <strong>der</strong> Abt gegen die Herzöge,<br />

wie wir wissen, schon früher ein Pöualmandal erwirkt; aber diese hatten<br />

dem Reichtzkammergericht die Zuslau0lgtl.lt in Religioussacheu bestritte» uud<br />

erklärt, das; sie sich au das Urleil nicht gebnnden erachttten. Jetzt hatte<br />

das Kammergcrlcht ans Antrieb des Klägers verfügt, daß die dem Kloster<br />

Hiddeusce auf Rügen, bei dem <strong>der</strong> Abt vou Neuen-Kamp das Lisit<br />

1) St. Arch. ?. I, Tit. 1, Nr 2, sol. 658 f. Auch <strong>der</strong> Ende 1537 in Ehlingen<br />

stattfindende ol.,crländische Städteluss trat mit den pommmchen Herzögen zwecks (frhölnmg<br />

<strong>der</strong> Nlllaac in Vcvhandlnnss. Knch, Polii Aräi Nr. 482,


echt gehabt hatte, gehörenden Nenten und Zinsen in ?ünebitrg^ bis zur<br />

Beendigung des Zwisles dem Abte entrichtet werden sollten. Die Nnndes-<br />

versammlnng beschloß, eine Eingabe mit eingeschlossener „Nckusation" <strong>der</strong><br />

Herzöge von Pommern an das Kammcrgericht zu richten, in <strong>der</strong> sie gegen<br />

dies Vorgehen des Gerichts Verwahrung einlegte. Falls das Bericht auf<br />

Acht prozediere, verhieß <strong>der</strong> Bund Pommern vollkommenen Schutz.*)<br />

Die Erbitterung gcgcn das Neichskammergcricht war überhaupt danernd<br />

im Steigen. Strasburg schlug vor, gcgeu die parteilichell Übergriffe dieses<br />

Gerichts ein radikales Mittel zu ergreifen und es in allen, das heißt auch<br />

ill weltlichen Sacken, zu „rekusiereu". Dieser Vorschlag fand indes nicht<br />

allgemein Anklang, da man durch eine solche Maßregel dcu Kaiser tötlich<br />

zu beleidigen und er^ürnelt fürchtete.- die meisten Ställde konnten eben die<br />

althergebrachten Anschauungen reichsttäudischeu Gehorsams gegen dell Kaiser<br />

nicht abstreifen; mau beschloß, die (Gesandten sollten zuvor diese Frage<br />

l'hl'5/l Hssi'e/l ^lll' E/tt/'chel'ö///,g ttltteröl'fl'tc/l. Mch dic hommer« /uaicn<br />

durchaus gegell eine solche Maßnahme/) schon ans dem Grunde, weil die<br />

Buudcsurtunde nur in NcUgionssachcn auf Gegenwehr laute. Außerdem<br />

fürchteten sic durch eine allgemeine Nckusatiou den Anschein zu erwecken,<br />

als ob sie sich jedem Gehorsam entziehen uud auarchischc Zllstäude herbei-<br />

führen woltteil. Sie rieten a/so, den legalen Äodcn nicht M vellassen,<br />

son<strong>der</strong>n mit Hülfe des Kaisers und Königs eine Suspension <strong>der</strong> Prozesse<br />

anzustreben. Ganz und gar verwarfen sie die Anregung Strasburgs, den<br />

Älllldesschutz auch auf weltliche Augelegeuheiteu zu erstrecken: dem stehe<br />

scholl <strong>der</strong> Umstand unüberwindlich entgegen, daß sie durch Erbvcrtrage mit<br />

an<strong>der</strong>en, uicht im Bunde befindlichen Fürsten verwandt seiend)<br />

') Vergl. Steindruck, Geschichte <strong>der</strong> Klöster m Pommern. Stettin 1796, S. 90<br />

') >^t. Arch. ?. I, Til. l, Nr. 2, lol. 707-803.<br />

-') Varlliold I V, 2, S. :N6<br />

') St. Arch. ?. I, lit. 1, Nr. 2, sol. 918-930. Hortle<strong>der</strong> l, T. 1269.<br />

Ponnnern stand m eincin Elbvertrage z. B. mit Heinrich von Braunschweig<br />

(Fortsetzung folgt.)


Die Aölzne des Herzogs Milipp I- von<br />

Wommern auf <strong>der</strong> Mmversttät zu <strong>Greifswald</strong>.<br />

Von<br />

Droftssor Dr. M Weszrmann.


Wie bei <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> Universität (hreifswald <strong>der</strong> Herzog<br />

Wartislaw IX. von Pommern-Volgast in hervorragen<strong>der</strong> Weise tätig<br />

gewesen ift,^) so ist die Erneuerung <strong>der</strong> fast verfallenen Hochschule im<br />

Jahre Ib.w zum grossen Teile ein Werk seines Nachkommen, des Herzogs<br />

Philipp I. Dieser ^ürst Halle sich von 1^ kis 15>'^ bei seinem<br />

Oheim, dem Kurfürsten Vudwig V. von <strong>der</strong> Pfalz, in Heidelberg ans'<br />

gehalten und dort, wie es scheint, eine sorgfältige Ausbildung und Erziehung<br />

erfahren.') Die erhaltene „Ordennng, so dem jungen Herzogen von<br />

Pommern gegeben",^ zeigt, dan er in <strong>der</strong> Grammatik, Poetik, Philosophie,<br />

Rhetorik und Geschichte noch ganz in <strong>der</strong> alten Weise unterrichtet wurde,<br />

auch an <strong>der</strong> Messe teilnahm. Gewiß hat er aber dort dle Bedeutung <strong>der</strong><br />

alten Heidelberger Hochschule kennen gelernt, wenn auch das Register <strong>der</strong><br />

Einnahmen und Ausgaben des jungen Prinzen, das aus dem Jahre 152»<br />

vorliegt/) nichts enthält, was auf eine Verbindung mit <strong>der</strong> Universität<br />

schliefen liesse. Abcr schon das rege geistige Vcben in Snddentschlaud<br />

kann nicht ohne Einfluß auf seine Entwickelung gewesen sein, so oasi wir<br />

in ihm den ersten Fnrsten aus dem pommerschen Hcrzogshause kcuucn<br />

lernen, <strong>der</strong> ein lebhafteres Interesse snr tuc Wissenschaften und ihre<br />

Pflege zeigt.<br />

Angeregt durch Johann Vugenkagen, <strong>der</strong> bereits in <strong>der</strong> von ihm<br />

entworfenen Kirchenordnung von 15> den Wünschen <strong>der</strong> 2tädte auf<br />

eine Verbesserung <strong>der</strong> pommcrschcn Universität entsprechend ihre Erncnernng<br />

dringend empfohlen hattet) nahm Philipp diese Angelegenheit energisch in die<br />

Hand. Auch durch den Wi<strong>der</strong>stand eines Teiles des Aocls ließ er sich<br />

') Vgl. G. Kaufmann, Geschichte <strong>der</strong> deutschen Universitäten II, S. 27,'40,<br />

44. 118.<br />

^ Val. v. Eickstedt, vita pkilippi I. (1563) eä. I. H. Balthasar (1728),<br />

S. 129.<br />

2) Gedruckt im Archiv für Kulturgeschichte I (1903), S. 268 ff.<br />

*) Kgl. Staalsarckiu Stettin: Staatsarchiv Mscr. II, 34.<br />

^ Vgl. M. Wehr mann, Die Begründung des evangelischen Schulwesens in<br />

Pommern (7. Beiheft <strong>der</strong> Mitteil, <strong>der</strong> Gesellsch. sür deut. lHrzletulngs' und Schulacschichte),<br />

S. N f., 15. Valt. Studien Xl^lll., S. 160-172.<br />


Hs» Die Söhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />

nicht davon abbringen, ..Vorsehung zu tun, damit die unseren von <strong>der</strong><br />

Ritterschaft auch <strong>der</strong>maßen erzogen und abgerichtet werden, daß wir durch<br />

dieselben in und außerhalb unserer ^audschast bel Kai,. Maj., den Ständen<br />

des Reichs, unsern Herrn und Freunden, unser fürsll. Anliegen nnd Amt<br />

treiben tönueu'.") Seitdem Phillpv durch die vorläufige Teilung vom<br />

21. Oktober 1.'»32 das Volgaster Vano erhalten hatte, lag es iu seinem<br />

und seines l^cbietes beson<strong>der</strong>en Interesse, daß die t^reifswaldcr Hoänchule<br />

erneuert wurde. Er säieiut dem schwerfälligen Herzoge Aarunn XI. von<br />

Stettin gegenüber auch die treibende äiraft gcwcseu zu seiu, daß dies Werk<br />

15>:M wirtlich zustaudc lam, während die beabsichtigte Errichtung einer<br />

Universität in 3tcltin umcrblieb.")<br />

Seitdem so die l^rcifswal<strong>der</strong> Hochschule von neuen: eingerichtet worden<br />

war/) hat <strong>der</strong> Herzog Philipp l nicht aufgehört, als ,.M»er:lIi85imu8<br />

5Ui(!is>5s)l'iim ^li'Cl^l»:^, une er im Dekauat5buchc <strong>der</strong> Artistenfakultät<br />

genannt wird/) ihr seine (Hnml zu erwcifeu. Er setzte durch, daß das<br />

Buckowschc Vcrmächmis vou 15i'i7 für die Universität nützlicher verwendet<br />

wurde/) er bestätigte 1547 die neuen Statuten vou !54') und traf 15).')^<br />

im lHinverständnissc mit 5em Rate eiuc Abluachung über die Bcsekuug<br />

<strong>der</strong> Psarrslclleu/) Der Berufung ucuer Lehrkräfte wandte <strong>der</strong> Herzog<br />

seine Fürsorge zu/) wohute selbst wie<strong>der</strong>holt PromoliouenU) bri uiid machte<br />

<strong>der</strong> Hochschule wertvolle (Gescheute.") So wird er mit Recht wie<strong>der</strong>holt in<br />

<strong>der</strong> Matrikel als pnt^r z)nN'i^6 !'oml.,u!)1lcnm c»t 8c!ll)I:lll<br />

o<strong>der</strong> plitroniiL ln^ul^ml.lp o<strong>der</strong> z)nmn3 ver^e<br />

t ul'^olNii^e natine il» lll8 l'nlnor^nins loci'f;<br />

llwl'kl-um m^6C6il^8 u. ä/") bezeichnet. Wir brauchen diese<br />

rühmenden Veiuameu uicht Nltr als gewohuliäie Phra'eu anzusehen, son<strong>der</strong>n<br />

tönneu daraus wohl crtcuueu, da'; luan tu ^reisswald ein Gefühl dafür<br />

hatte, daß dcr Herzog uut waruler Tcillialnnc und lebendigem Interesse<br />

seilte Hochschule zu för<strong>der</strong>n suchte.<br />

Wie sehr Philipp die Wissenschaften schätzte, erhellt auch aus <strong>der</strong> Für-<br />

sorge, die er deu Schuleu in seinem ^aude zuteil werden ließ. Übel<br />

l> v. Mcdem, Geschichte <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> evangelischen Lehre im Herzogtmn<br />

Pommern, S. 215.<br />

'i Ai. Wehrmann a. a. O., S. 31.<br />

') Koseganell, Gesch. <strong>der</strong> Unioelsil.1t (Nrcifswald l, S. 190, li, S. 126.<br />

'» Fried la end er, Matrikel dcr Universität Greisswald l, S. 209.<br />

>> Pyl, Beiträge zur Geschichte <strong>der</strong> Stam GrelfHlvalo IV, S. 82.<br />

") Kosegarten a. a. ^. Il, S. 127.<br />

') Friedlaen<strong>der</strong> a. a. O. l, L. W6, 229, 243. 246.<br />

b) Flicdlaen<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 219, 251, 254.<br />

2) 5ried 1aen<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 220.<br />

") Frieden<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 210, 220, 239, 242.


Mlf <strong>der</strong> Universität zu (^reifswald. .'i?<br />

genug stand es hiermit, und es kostete viel Mühe und Arbeit, llm wenigstens<br />

den Gruuo zu eillem evangelischen Schnlwesen in Pommern zn lecken.<br />

Mannigfache Schriftstücke legen Zeugnis davon ali, wie <strong>der</strong> Herzog allniälüich<br />

zu einer tieferen Anffassnng von dem Werte <strong>der</strong> Erzielmug gelaugte.'j<br />

Deshalb war er anch ans das eifrigste bemüht, seinen Töhucn eine sorgfältige<br />

Nnsbildnng zuteil werden zll lassen. Seine Räte mustteu innncr wie<strong>der</strong><br />

Instruktionen, Stndicnordnnngcn o<strong>der</strong> Unterrichtspläne anearbetten llud<br />

il)M znr Prnfnng vorlegen.") Einheimische nnd answärtigc (^clchrtc wurdcn<br />

herangezogen, Anlachten über die Erzichuug <strong>der</strong> jllngen Prinzen abzugeben,<br />

ja Philipp Melancktliou selbst entwarf eiueu Stildicuplail filr dcu ältesten Solm<br />

Philipps, den am ^7. August ls>4^ geborencll Iohaull Friedrichs) Es ist nur<br />

natürlich, daß <strong>der</strong> Fürst zll diesem Zwecke auch oic Hülfe von l^reisswal<strong>der</strong><br />

Professoren erbat. So berief er ini April 15>5^ den l)i- Andreas Mager ins<br />

von Oreifswald nach Wolgast, ,.M Ful,el'NiU'ot gtuclizv o.t mmcn iulnoi-um<br />

ponwr^ln^c plincipuni.-^) Diesen aus Orlcaus gcbllrtigen (belehrten hatte<br />

Iatob voll Zitzewilz, <strong>der</strong> spätere pommersche Kanter, kennen gelernt ltud<br />

für die evangelische ^ehre gewonlie,i, als er in Orleans studierte/) Magerius<br />

war nach Deutschland gegangen nnd l5>4^ nach (Hreiföwalo gekolnmcn,<br />

wo er als Professor <strong>der</strong> Philosophie bestellt nnd für das Sommer-Semester<br />

155l> zum Nektor erwählt wnrde. In dieser Zeit besnchte er auch Willen-,<br />

berg und wnrde dort am ^). Inni 15>^5> immatrikuliert. 15 l? erhielt er<br />

in (hreifswald die Doktorwürde, sowie die Professur filr Theologie."')<br />

Magerius leitete bis in den Anfang des Jahres !f>f>»', den Unterricht<br />

namentlich des jungen Herzogs Johann Friedrich mit Ernst nnd Gewissen<br />

haftiglelt.^) Er war es wobl auch, <strong>der</strong> znerst den Gedanken anregte, ihn<br />

mit feinen beiden Brü<strong>der</strong>n Bogislaw lgeb. U. Angust 1544) ulld Ernst<br />

Ludwig sgeb. L. November 17)45)) auf eine Uuioersilät zu jelldeu, besoll<strong>der</strong>s<br />

da <strong>der</strong> Unterricht <strong>der</strong> Iüugliuge uiiter dem ^eben und Treiben anl Herzog,<br />

lichen Hose zu leiden hatte. Diesen Plan befürwortete <strong>der</strong> Kanter<br />

Jakob voll Zitzcwitz, <strong>der</strong> in einem Gutachten die For<strong>der</strong>uug aussprach,<br />

„daß zu <strong>der</strong> Erziehung <strong>der</strong> ältesten juugen Herrn ein beson<strong>der</strong>er Ort<br />

!) Vgl. hierüber M Wehrmann, Die Begründmiss des evanssel. Schulwesens<br />

m Poinmern bis l56'l (Berlin 1W5), S. 49.<br />

^) Vssl. Archiv für Kullurgcschichle l. L. 271 ff<br />

2) l_'o!p. liesoi'lll. Vili, S. 382 387. Vgl. Arcknu für Kulturaeschichte I,<br />

S. 279 s.<br />

^ Friedlaen<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 237.<br />

2) 0o,P. kef«l-m. IX, S. 12^ f.<br />

6) ssriedlaen<strong>der</strong> a. a. O. l. S. 205, 219,222, 229 For'lemanii, ^ibum<br />

t


AK Tie Söhne des Herzogs Pbilipp I. von Pommern<br />

außerhalb des Hoflagers deputieret und verordnet mochte werden."')<br />

Zunächst dachte man an Wittenberg, wo bcrcits <strong>der</strong> lNrosioheim <strong>der</strong> Prinzen,<br />

Herzog Barnim XI., in den fahren 15)16—2s> studiert hatte/) Deshalb<br />

wnrdc im Anfange des Jahres 15>5>li Valentin von Eickstedt dorthin<br />

geschickt, um Erkuudignngeu über einen etwaigen ^lufcuthaN des Herzogs<br />

^(vm^^ttick «<strong>der</strong> cittc Watutllttg eill^^ichen. Zlilf<br />

voll, /.". 'll/ösz !.>.> nl'^lsece<br />

Prinzen erörterte. Dabei wars ev auch die ssrage ans, ob es sich nicht<br />

empschle, dm jungen Herrn nach <strong>Greifswald</strong> zn senden, wenn „diesen<br />

Sonnncr, Herbst o<strong>der</strong> tuuftiglich Värm einfiele, daß man Bedenken haben<br />

würde, S. F. ^. nach Wittctllierg zu schicken o<strong>der</strong>, wenn er da wäre,<br />

daselbst zu lassen. Denn es sich zu Hose übel studieret und erziehen<br />

läsn."U) Magerius selbst ging im Juni !.'».',!',, als er sein Amt als<br />

Priuzeucrzichcr aufgegeben hatte, nach Wittenberg, wo ihn Melauchthon<br />

und Bllgcuhageu freundlich aufnahmen. Er schrieb an: 7. August au den<br />

Herzog Johauu Friedrich uud bat ihu, an Melanchthon ein Schreiben zn<br />

richten, da ihm das jchr nnvlich sein könne, wenn er wirklich noch nach<br />

Wittenberg zu kommen gedenke/»<br />

Aber in Wolgast hatte man diesen bedanken bereits aufgegeben.<br />

Schon im Mai berief <strong>der</strong> Herzog Philipp die beidcu Profcnoreu Gerhard<br />

Below uud Balthasar Nhau aus lAreifswald zu Vehrern seiner drei<br />

ältesten Söhne und übertrug ihnen am 15). Iuui <strong>der</strong>en Erziehung und<br />

Unterrichts) Der fürstliche Nat von Below, cm geborener Pommcr, war<br />

im Juni l555 s,rs


mif <strong>der</strong> Universität zu Oreifswald. :!9<br />

zu beaufsichtigen hatte. Beide betrieben den Plan, ihre fürstlichen Zöglinge<br />

nach (Areifswald zn bringen, weil anch sie elnjahen, wie schwer es war,<br />

ihre Erziehung am Hofe richtig zn leiten. Der Herzog war keineswegs<br />

cckHcucia.1, dmcn Vov^'ckwg zn gcnchm'^en, dcsondcrs seitdem Johann<br />

Friedrich am ^tt. Angnst l5>5>u8 ««^llljcro vo.lit<br />

PU6508. II! eninl nikl tint. et NNM0I-N8 mlnliniütloruin i-esre.lieUll', krevi<br />

in nnmen8um excre^cet. zmest.^o^ii nc^ti-i trelzuenU«.. I^otulll e«t,<br />

multitu6,'slem l"lt»re < ^i,j',,>>ls>,lem, nee f>llnim romor^tur Ltudi<br />

nnviciorum iiciveutu», ljm mini n«n muitum di^lzitnl!«« e.350<br />

in<br />

Die Befürchtung, dah zahlreiche Ttndeiiten sich an die jungen Prinzen<br />

herandrängen würden, mag uicht unbegründet gewesen sein. Wandten sich<br />

doch jetzt schon sogar Professoren mit Bittgesuchen nnd Dedikationen an sie,<br />

um ein Geschenk o<strong>der</strong> irgend einen an<strong>der</strong>en Vorteil zu erlangen. So über-<br />

sandte bereits im Herbst 155 Melanchthon dem Herzoge Johann Friedrich<br />

Siegmund Schörkels Ausgabe von Hclmolds ckrmncu. l^l^voi-um ^) und<br />

Johann Garcaeus 0. j.") richtete am !s>. ^lngnst von Wittenberg ans an<br />

ihn ein längeres Schreiben, in dem er um Aufbesserung des ihm für<br />

lNreifswald zugesagten Erhaltes bat, und überreichte ihm seine Iucu!>l-«.tmne8<br />

a8tl'on0mica8. Ausführlich pries er die Bedeutung <strong>der</strong> Astronomie und<br />

Astrologie.^)<br />

Im Frühjahr des Jahres 1557 verfaßte auf Nefebl des Herzogs Philipp<br />

<strong>der</strong> Kämmerer Michael Küssoni*) das „ungefährliche Bedenken, welcher<br />

Gestalt m. gn. junge Herru zum Gripswaldc inöchtcn Hinterhalten<br />

p. Kef«rm. VlII, S. 835ff. Valt. Stud. XI.II. S. 11.<br />

«) Kosegarten a. a. O. I, S. 202. A. D. B. VlII, S. 370f.<br />

') Kql. Staatsarchiv Stettin: von Bohlensclie Sammlung Nr. 148.<br />

l) Er starb am 16. März 1558 in Greijswald (Frieden<strong>der</strong> a. a. Q. I, S. 255).


4l1 Die Colme des Herzosss Philipp l. von Pommern<br />

werden." Zu diesem Gutachten'), das im folgenden mit geringen Kürzungen<br />

mitgeteilt wird, sind von an<strong>der</strong>er Hand am Nande Anmerkungen gemacht<br />

worden; sie enthalten die Entscheidung über fragen, die Küssow auf'<br />

geworfen hatte.<br />

Zum ersten wird von Nöten sei»,, daß 5. F. G. sich endlich<br />

entschließe, wie viel Personen an Knaben und sonsteu ö. F. (st. bel<br />

<strong>der</strong>selben 5>obneu kalten will und daß auch darüber nicht mebr<br />

auqeuommen o<strong>der</strong> iuaedrungen wird.-*)<br />

Oou Gesinde waren diese Personen meines «krachtens zu halten<br />

nötig und auch genugsam: Lin Koch, ein Küchenjunge, eiu Fellerböter'),<br />

<strong>der</strong> Fessel, Arapen und was in <strong>der</strong> Küchen vou ^löteu, reiu machte,<br />

auch Holz baue,» nlüßte lind in die Küchen tragen, Sommerzeiten deu<br />

Herreu, weuus von ^öten, Feuer in die Kammiu o<strong>der</strong> öchorfteiu<br />

mache, 1l?asser mit den Kücheububeu iu die Küchen und sousteu für<br />

die lierren iutrüge. Da^u werdeu auch öpanne^) und an<strong>der</strong>e Geräte,<br />

tvasser darin zu holen und zu verwahren, vou Noten sein und für<br />

die Herreu eine kupferue Ka?:ne, darin für die Herren Masser<br />

geholet werde.<br />

5in Küchenschreiber, <strong>der</strong> alle5, was an Gewürze, Vitalie in die<br />

Küchen gehörig, iu Verwahrung bätte; wäre meines Erachteus <strong>der</strong><br />

kleine Verndt, so ih bel dem Küchenmeister ist, nicht undienstlich.<br />

) (5s ist Wolfgaua von Putlms. Vgl. P. Loebe, Mitteilungen zur Genealogie<br />

und beschichte des Hauses Putbus, S. 31.


auf <strong>der</strong> Universität zu Vreifswald. l l<br />

würden, will ick in m. gn. F. und H. tOoblgefallen gestellet, und daß<br />

eine Masterin, die froinm und reinlich, in <strong>der</strong> ^tadt beslellet würde,<br />

und nnt ihr gedinget würde, wag sie für je<strong>der</strong> Hemd, ^ontucb, Cisch'<br />

tüci^er, Handtu.^ für die Zerren nennen wollte, oe^glei^en fin des<br />

Hofmeisters, ^)räceptors Knaben und an<strong>der</strong>en (siesinde ,»ach gelegenen<br />

backen. N?are besser, als daß m. gn. H. 5»eife dazu geben sollte,<br />

o<strong>der</strong> ob man zur Lldenaw alle Mocken das ,5eug will wassen lassen.^)<br />

o hatte<br />

ihnen aucli <strong>der</strong> Hofmeister und f)ra nicbt an ungebührliche ^^rter<br />

gingen o<strong>der</strong> sonst Unlust mit den Studenten und sonst in <strong>der</strong> 5iadt<br />

anricbten und daß sie lbres Amtes, dazu sie bestellet, desto fleißiger<br />

warteten. Für diese müßten Vetten gekauft werden, dieweil sie aus<br />

den Ämtern nicbt zu bekommen *^)<br />

Gb m. gn. H. den jungen Herren eklige silberne Becher für<br />

ibre persone mitgeben wolle, aucd aus ^)brer Gnaden Tiscl', auch<br />

silberne köffel und wie viel, stelle ich zu seiner fürstllcben Gnaden.'' ')<br />

Zinnscbüsseln sind I. F. G. vorbanden; Tischlü^er, Ha,ldtücber.<br />

Fazeneilein') müssen für sie gemalt werden und denjenigen, wie<br />

obengemeldet, zugestellet werden.<br />

Küchengeräte, dieweil es auch an<strong>der</strong>en Ämtern nicht zu entraten,<br />

und im Kloster zu sasewalk ehlichs vorhanden und doch sekr verrückt<br />

und noch verrückt^) möchte werden, daß dasselbe anhero geholt und<br />

für die Herren möchte gebraucbt werden. Was daran mangeln werde,<br />

müßte ferner verschaffet werden.**""^<br />

Kücbe: Dlewell uf die Aücben etwas gehen will und dem<br />

Hauptmann zur Eldena dasselbe zn bestellen linmoglich, ist meines<br />

Trachtens ratsam, daß ein verständiger Rocb, <strong>der</strong> des Rochens geübt,<br />

*) Am Nande: Jedoch sollen <strong>der</strong> Herren Hemden, Wischtücher, Veltti'lcker und<br />

an<strong>der</strong>es zu Wolgast gewaschen werden, und dcrowessen dcu Hcvrcn sa uiel<br />

Hemden gegeben werden.<br />

^"*) 3 kleme verdeckte Beckerle um frem<strong>der</strong> öeutc willen, 2 wechc Becher sonst<br />

auf den Tisch, zu täglichem (Gebrauche ctzlicke Vcnedis.be Glaser.<br />

«^«^ wird bedacht, daü Iiirgcn nlit dem ersten gen Pasewnlk reite: was diewtlicktz<br />

da vorhanden herbeigeschickt. Iho das kleine l)icr kansen, das übrige<br />

ingekauft werde. X


'^ Die Eöhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />

den Herren eine Zeit lang wurde zugeordnet, <strong>der</strong> mit dem lochen<br />

ratsam umgebe, dannt man in einem Monat erfahren möge, was<br />

wöchentlich ungefährlich ufgeben würde. hierzu könnte Jürgen,<br />

m. g. O. Mundkoch, eine Zelt lang gebraucht werden.<br />

Die Gewürze können vom Küchenmeister mit )er Gewicht ihm<br />

zugestellet werden, auf ein Monat, daraus daun lie<strong>der</strong>lich') zli ermessen,<br />

wieviel wöchentlich Gewürz an allerlei uugefährlich ufgehen wlrd.<br />

Darnach nmn sich zu richten bat und ihn uf alle Vierteljahr ein<br />

Anzahl zuzustellen, desgleichen Butter ihm überantwortet ' » Tonne<br />

o<strong>der</strong> wieviel man dazu nötig achten wird, damit man auch sehen<br />

möge, wag ein Monat an Pökelfleisch. Vergersisch"), Flackfische^',<br />

gering, öaiz und an<strong>der</strong>er Ware ungefährlich darauf gebe; kann ihn<br />

nach Gelegenheit zugestellet werden.^)<br />

frisch fleisch zu braten und zu kochen: Acht ich dafür,<br />

wenn es zum Gripswalde und etwas gut- zu bekomme» wäre, daß es<br />

je<strong>der</strong> Zeit da gekauft würde. Denn es wird sich am ersten erfinden,<br />

wieviel Pfund ein jeglich Mahlzeit o<strong>der</strong> Cag darauf geheil wird, o<strong>der</strong><br />

da nicht gutes o<strong>der</strong> garnichts zu bekommen, mit einem Schlachter zu<br />

handeln, daß er für die Herren und Professoren etwas gutes ein«<br />

kaufte und die Herren zu ihrer Notdurft davon nehmen und das<br />

übrige deu Professoren um ibr Geld zugestellet würde. Mo das aber<br />

nicbt geschehen könnte, »nützte ein Pferd zum wenigsten zur Lldena<br />

gehalten werde,,, das mit einem leichten wagen gen Wolgast <strong>der</strong><br />

Rücbenscbreiber führe und von Wolaast frisch Fleisch zu brateu und<br />

zu kochen ho let.55)<br />

Hübner, Eier: Müßte den Sauern im Eldenawschen Amte<br />

angesagt werden, daß sie dieselben niemand verkauften, son<strong>der</strong>n dem<br />

Amtmann zur Lldena zu bringen, <strong>der</strong> es allewege zur Notdurft<br />

bmemschickte, und daß es <strong>der</strong> Rüchenschreiber je<strong>der</strong>zeit bezablet, dannt<br />

es in einem Register bliebe, daraus man sehen könnte, was ein Jahr<br />

ungefährlich uf die Herren geben würde.<br />

Frische Fische: Müßte meines Trachtens ein nasser Rahu. <strong>der</strong><br />

verschlossen wäre, für die Herren gehalten werden, da notdürftige<br />

Fische für die Herren ingesetzt würden. Dieweil es aber im öommer<br />

*) Ani Rande: Xota wöchentlich frische Butter von <strong>der</strong> Herren Tisch und darzu<br />

zwo Butterbüchseli machen lassen.<br />

") Hammel, Lämmer, Kälber und <strong>der</strong>gleichen zur Eldena bei <strong>der</strong> Hand zu<br />

haben und herein zur Notdurft zu schicken.<br />

') leidlich.<br />

') Hering aus Bergen.<br />

') getrocknete Fische.


nuf <strong>der</strong> Universität zu (^'reifswald. 4Ü<br />

darin nicbt wobl leben will, wird durcb den Hauptmann zur<br />

mit dell (euten auf <strong>der</strong> Mike, daß dle Herren uni il^r csield, «nann<br />

Fifcbe gefangen o<strong>der</strong> vorfanden, vor an<strong>der</strong>n etwas bekommen mögen<br />

o<strong>der</strong> da sie an <strong>der</strong> brücken ankamen, nin eld aekanft winden,<br />

(sileichergestalt lnüßie es Winterszeiten, wenns gefroren und die nassen<br />

tabuen nicbt geben, auch geballeu werden.<br />

l^olz kanu <strong>der</strong> i^aliptmann von <strong>der</strong> »kldena meines verboffens<br />

Notdurft schaffen, dazu er sich auch bereit zuni T^eil gefaßt gemalt.<br />

Kob leu müßten durch den Amtmann, soviel nötig, bei den<br />

Hoblern besprochen werden, o<strong>der</strong> aber selbst koblen zu lassen.<br />

(Neld lnüßte dem Hofmeister alle (yuartal zugestellet welden,<br />

<strong>der</strong> es dem Rücheuschreiber zu je<strong>der</strong> Zeit überantwortete und er es<br />

auch mit einem richtigen 2iegistcr solle verrechueu.<br />

wieviel Lsseu') mau für die t^erreu je<strong>der</strong> ^llabl;eit geben wird,<br />

will in m. gn. ^ürsteu »nid Herrn Gefallen stellen.-)<br />

Wildbret ka?in ^Winterszeit zuweilen vou m. g. k). eingestickt<br />

werden, auch ^»omnlerzeiten, wenn ö. F.


4 Die E ohne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />

aus, ins Hoflager gelangen zu lassen, damit frisch geschickt werde.<br />

Auf das alles muß <strong>der</strong> Hofmecher, dteweil er alle (befinde im Hanse<br />

behält und Kücbe und Keller halt, fleißig Acht geben, damit incbt über<br />

iNaße vertan wird.<br />

Es muß aucb, dieweil <strong>der</strong> Knaben viele und wenig Kammern<br />

im Hause vorbanden, mit einer ehrlicben ziemlichen alten ^rau gehandelt<br />

werden, die nahe bei dem Hause wohnet, die aucl^ gute Letten batte;<br />

wann <strong>der</strong> Knaben einer krank würde, daß er darin gebracbt und<br />

seiner fleißig möchte gewartet werden und lbm uach Gelegenheit aus<br />

<strong>der</strong> Herreu Küche und Keller Lsseu uud lllriukeu möchte verreibt<br />

werden.'"')<br />

ponsten wird es ui^bt febleu, daß viel Vettler vor das Haus<br />

si^b drangen werden, halte ichs dafür, daß, was übrig bliebe au<br />

>3ssen uud Almissen, das man nit ferner zu irische gebrailchen könnte,<br />

daß es recbten Hailsarmen gegeben würde und den Bettlern Nichts<br />

gegebeu würde, damit man sie nicht vor die Cür gewöhne.<br />

^tem es werden auch viel ^»cbüler herzudrangen und imi Kost<br />

und Geld bitten. IDie es danüt will gehalten werden, stell ich m<br />

5. F. G. Gefallen und Vedeuken.^)<br />

^tem dieweil auäi etzlicbe Professoren sich zudräugen werden,<br />

daß sie oft vou den Herreu wollen zu Gast geladen sein uud viel<br />

^tudenten ihre s:unul03 uud Gesinde nntbringeu. ll)as darauf dem<br />

Hofmeister zu befehlen?^**)<br />

)tem daH auch viel ö tu den ten aus fremden aucb dieser Art<br />

den jungeu Herren Bücher werden dediciere,i und zuschreiben und<br />

Geld bilte»i. wie man sich gegen die verhalten soll?^^)<br />

Item daß auch werden Hülfe bitten, ihre ötudia zu continuieren.<br />

Mies damit soll gehalten werden ^**5)<br />

I^enn j)r0Ms>til)nol3 gescheheii und die Herren dazu gefor<strong>der</strong>t,<br />

wie es damit soll gehalten werden? Denn man allerlei lhnen zu<br />

Hülfe zu geben vou ihnen for<strong>der</strong>n<br />

*l Am Rande: Dieselbe auch zur Wäsche bestellt, damit Genieh und Verbruh<br />

neben einan<strong>der</strong>.<br />

**i Was bei den Herrn ssesucht wird, also Fürsten, zum Hofe zu weisen, was<br />

vom Postulaten ist atnulchnen, daß <strong>der</strong> Herr noch nickt zu Ausgaben komme.<br />

- ^) Bisweilen ein o<strong>der</strong> zwei Professoren zu ladcn, t':nnu1uu lassen außcnsteben,<br />

odcr fremde belehrte.<br />

"") zu Hose.<br />

***") zu Hofe<br />

«4K.>«^


ans <strong>der</strong> Universität zu Oreifswald. 45<br />

Item die Herreu werden ohne Zweifel ein nach dem an<strong>der</strong>n<br />

zum ^ler erwählt werden. Dieweil ich <strong>der</strong> Dinqe, was darauf<br />

gehet o<strong>der</strong> wies mit gehalten, nicht erfahren, wird nötig sein, sich<br />

gegen den Hofmeister zu erklären, wies dann! zu hallen.<br />

«Tö werden auch ohue Zweifel ehlicde sente aus dem ^tifl^)<br />

mit öupplikatlonen an den Herrn j^ostnlate)^) gelangen, w^e es<br />

damit soll gehalten werden, ob <strong>der</strong> Herr Postulate sie allda schriftlich<br />

an den verordneten ötatthaller^) verweisen soll o<strong>der</strong> sie mündlich<br />

abweisen lassen?<br />

Dieweil auch zu 3. Niklas.Kirchen kein bequemer Grt ist,<br />

da die Herren bcquemllch stehen motten und (siottes 1l?ort horen<br />

kötllttcu, denn die Bürger sich ilicht aus ihren Stühlen gerne werden<br />

wollen entstehen lassen, so wird sich <strong>der</strong> ^at aus seinem ötnhlo auch<br />

nicht gern begeben. Ls ist aber en,e Kapolle, darinnen dle Professoren<br />

stehen/) vor <strong>der</strong>selben sind viel Stuhle, da <strong>der</strong> gemeine ^lann inne<br />

stehet, wann dle Herren nu in <strong>der</strong> Kapellen stchen sollten, müßten<br />

die Stühle weggebrochell und an an<strong>der</strong> (>)rter gesetzt werden und<br />

dell Professoren ei,i an<strong>der</strong> Ort und ^»tand gebauet werden.'-)<br />

Kleiduug, feinden, Betttücher, Clschtücker, Handtücher und sonst<br />

andre (inngewand kann je<strong>der</strong> Zeit den Herreu auf des Hofmeisters<br />

Anzeigen von Hofe gefertigt werden uud von m. gn. H. ulld Herrn<br />

Schnei<strong>der</strong> gemacht werden. was ,^llckwerck, kann dar bei einem<br />

Schnei<strong>der</strong> für die Herren und Knaben wobl gemacht werden.<br />

^7ctchdent auch etzllche Knabe»! sich zum Trinken gewöhnen und,<br />

wann sie aus <strong>der</strong> großeu Kanne trinken, so große Trünke tun, daß<br />

sie davon voll werden, wäre gut, daß man (sslä'jcr hätte, darin geschenkt<br />

würde, danllt <strong>der</strong> Hofmeister, j)räceptor und Famulus darauf Acht<br />

haben könnten, was ein je<strong>der</strong> trünke, und da eiller befunden, <strong>der</strong><br />

mehr trünke, als ihm bequeme, daß er darum gezüchtigt würde.<br />

Das habe ich allem, was Küche und Keller belangt, für meine<br />

Linfalt wollen anzeigen und stelle es )U m. gn. H. und <strong>der</strong> ^ate<br />

ferner Bedenken.<br />

was die Disciplin angebt, ist dem Docwi-i 6^No^) auch meins<br />

wissen den jetzigen ^efehlhaberu von m. gn. H. durch den Kauzler<br />

*) Am Nande von an<strong>der</strong>er Hand. Der Universität Kapelle den Herren zu«<br />

gerichtet werde, die (!) Professoren ein Stand dauor gemacht.<br />

') Stift Cammin.<br />

') Postulat, d. h. erwählter Bischof, war Johann Friedrich.<br />

2) Heinrich von Normann war weltlicher Statthalter des Stiftes.<br />

^ Vgl. Pyl, Gejch. <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Kirchen ^, S». 342.<br />

') Mit OalluL wird Dr. ^.ilwl'llls öla?6liu3 aus Orleans bezeichnet.


46 Die Söhne des Herzogs Philivv l. von Pommertt<br />

gefasset ein Ordnung zugestellet. 5o ist auch von Herrn<br />

IVlel^lltlwn m. gn. L). eine zuaescbickt, die dem j^gen ljofmelster<br />

zugestellt. U)as nu darin jetziger Gelegenheit noch zu mehren o<strong>der</strong><br />

zu verordnen, stelle ich zu m. an. t). und an<strong>der</strong>er bedenken.<br />

Ans lttrund dieler Vorschläge befahl am 7. August 1557 Herzog<br />

Philipp den Amtleuten von Hiddensee, Neuenkamp, Band, Klempenow und<br />

^indenberg, sogleich aus dem Vorrate ihrer Ämter Betten und ^aten an<br />

den Amtmann von Eldena zu senden, da er entschlossen sei „gegen an-<br />

stehenden Michaelis seine Söhne gegen Gripeswald zum Studio zu schicken<br />

und ihnen dann etzliche Diener nud Gesinde zuordnen müsse." Zugleich<br />

wurde ein Verzeichnis aufgestellt, was die Ämter Voitz, Aarth. Kamp,<br />

Grimmen und Tribsees, Eldena, Pndagla, ^illdenberg und Verchen, Treptow<br />

und Klempenow, Stolp, Hiddcnscc an Hühnern, Gänsen und Eiern nach<br />

Grcisswald o<strong>der</strong> an das Hoflager in Wolgast senden sollten. Eldena z. B.<br />

mustte 200 Hühner, ^0 Schock Eier, 10 Gänse dorthin liefern.')<br />

Am 11. Dezember 1557 brannte das Schlos; in Wolgast ab nnd<br />

wnrde flN' längere Zeit unbewohnbar/) Dieser Umstand veranlagte den<br />

Herzog, seine drei ältesten Söhne, Johann Friedrich, Bogislaw und Ernst<br />

^ndwlg, alsbald nach <strong>Greifswald</strong> zu bringen. In <strong>der</strong> Matrikel ist über<br />

den Empfang folgendes aufgezeichnet:^)<br />

Inssl'e35l 8Ul»l oj)s)'6ul„ l'oolioi 8)'l!el-6 ip30 3 nd izj8<br />

l^llili^ps> ma^7M 80leinnwt6 ct. ommuiu<br />

8Ulll llMlM'iril'ti s)ii8 V0tl8


auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 47<br />

Die feierliche Deposition <strong>der</strong> Prinzen und ihrer Begleiter erfolgte am<br />

2. Februar 1d5s, die Immatrikulation am 5. Februar, Über den ersten<br />

Akt berichtet die Matrikel') folgendes:<br />

Iniziati 8unr 3tu6il8 iNu8tri58imi principes ritu 6epO3itiom3 unt<br />

ri illorum ciecem 3.^016806 nt63 j<br />

no8trae memori ip80 liie purinVatiolli« ^Vlaliue s'^. Febr.)<br />

lloram 3. pomerii anam anno 5»^. Examen ^ulllit'e coe^it


Die Söhne des Herzogs Philivv l. von Pommern<br />

8 verin/) ns>s)ili3 s<br />

8.NU0 I^ 8u^i r^llol-^u reverendi viri m^ri. .<br />

min 9 wnrden zwei Mediziner,<br />

Ezechias Ncich uud Frauz Joel, angestellt.^) Die geringen Einkünfte<br />

bewirkten, daß <strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong> Dozenten verhältnismäßig recht groß war.<br />

Die akademischen Gebäude, namentlich das collossium, in dem die Lehrer<br />

<strong>der</strong> philosophischen Fakultät und eine Anzahl von Studenten wohnten,<br />

waren verfallen und verlangten dringende Ausbesserung. Die Zahl <strong>der</strong><br />

Studenten war gering, wie sich aus dell Immatrikulationen ergiebt. Im<br />

Sommer-Temester 15)5>3 sind ^, in den beiden Semestern von 15)555 54 : 1>^,<br />

15)54^)5) : 22, 15.')5/5i6 : l^ nnd im Rektorate des Bernhard Vehr<br />

(:i. Dezember l55


aus <strong>der</strong> Universität zu Oreifswalo. 49'<br />

haben sollte." Die Stadt war nach dem Nick zn dnrch eine Malter, nach<br />

den übrigen Seiten hin dnrch die Maner, dell inneren Stadtgraben, einen<br />

Wall nnd einen äußeren Kraben start befestigt. Nach dem Flusse führten<br />

neben dem großcu, durch ^orbaulcu uud ^iugcl geschützte!! Steiubeckcr<br />

Tore noch 5 Tore. Äußer zwei tleiucn Pforten halte sonst die Mauer<br />

die 3 mächtige» Tore, das Mühlcu-, Fleischer- uud Vctleu-Tor, ^c<br />

ebem'alls durch Befestigungen geschützt waren. Die stattlichsten Bautcu<br />

waren die Kirchen von St. Marien, St. Nikolai und St. Iakobi, sowie<br />

das Nathans, das ebenfalls einen Turm hatte. Sollst erhoben sich in<br />

den Zlraf'en nebeneinan<strong>der</strong> ansehnliche Giebelhäuser, die sich mit schmaler<br />

Front in die Tiefe ausdehnten, sowie einfache Neme Budeu.') Der<br />

Nettor <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Stadtschule ^ukas Take sagt in seiner 1.')!).'!<br />

gehaltenen Ncde 6e ur^>6 s^rvptn8^ill(ii^) über die (Gebäude folgendes:<br />

vswri illu. i>it<br />

') (^ine Abb'tldUllg von „Grctfswald im Mittelalter" nach Anordnung von<br />

Th. Pyl ist beigegeben dem Hand 1!1 <strong>der</strong> „Pommerscheu Genealogien" (Gesch. <strong>der</strong><br />

Famille ^ckoeppleuberg 1878).<br />

2) Dähnert, Polnui. Vibliotbck II, S. 218—224 Überseht von I. Metzner<br />

im 7. Jahresbericht <strong>der</strong> geoaravh. (hejellschaft in Greisswald, S. 144 fs.<br />

Baltische Studien N. F. X. 4


5>l) Tie Söhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />

le. Er erwähnt auch zwei ziemlich geräumige und fein gebaute<br />

Hauser nicht fern voll <strong>der</strong> ^'ikolaitirchc, wirklich in diesen prächtigen Kin<strong>der</strong>-<br />

gestalleu ciuc zlcmlich scharf ausgeprägte geistige und physische Ermattung<br />

zu crtcuucu ist, mag dahingestellt bleiben/) Bielmehr scheint es, als ob<br />

bei dcr Darstellung <strong>der</strong> jugendliche»! Gesichter die Fertigkeit des Künstlers<br />

versagte. In dem Salllmelbaud von Hauozeichunugen, die Herzog Philipp II.<br />

Nil? angelegt hat, sind als vorlagen für den Tcppich die Zeichnungen <strong>der</strong><br />

drei ältesten Söhne erhalten/) Alls <strong>der</strong> beigegebenen Tafel sind die<br />

Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> i> genannten Kin<strong>der</strong> Philipps I., wie sie uns <strong>der</strong> Croytepftich<br />

darstellt, wie<strong>der</strong>gegeben.<br />

Bereits am A5. Februar l:")55 wurde Johann Friedrich zum Ncktor<br />

<strong>der</strong> Universität gewählt; er bestellte den Juristeu Bernhard Bchr zuln Vize-<br />

rettori) ^b nnd N'clche Borlciuugen dle Priuzell besuchten, welche<br />

Sludieu sie betrieben Ulld wie sie ihr ^cben eiltrichletcll, darüber fehlt es<br />

uns aus dem ersten Jahre lei<strong>der</strong> an Nachrichten. Wir dürfeu uns<br />

aber nicht zu hohe Vorstellungeu von dcm Unterrichte, den sie genossen,<br />

machell', er war nicht wesentlich an<strong>der</strong>s, als er ihnen schon vorher crtcllt<br />

'1 Pyl. Geschichte dcr Grciiswal<strong>der</strong> Kirchen II, S. 692 s.<br />

') ?as Vild, das Zieglcr


auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 51<br />

worden war, und <strong>der</strong> Untcrrichtsplcm, dcn Balthasar Nhau früher aus-<br />

gearbeitet hat, wird auch jclU noch gegolten haben. Sie mnßtcn Luthers<br />

Katechismus o<strong>der</strong> SprüäicSaloiuonis lernen, die von Melanchthon bearbeitete<br />

Chronik Canons lesen, sich mit <strong>der</strong> griechischen Grammatik beschäftigen.<br />

Vxi«tim3.mu8 em'm, so schreibt Nhau, lwn meäiocre olll^lllcttnni lul


5 > Die Löhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />

es bedenklich, ja gefährlich sei, den Magister, an den sich die jnngcn Fürsten<br />

gewöhnt hätten, zn entlassen. Kussow aber rät dein Magister das Angebot<br />

anzunehmen, sonst werde ihm wirklich gekündigt werden; 5u„t 6t llio et<br />

u!i!)i, ljili eniulitmneil, l,:llu: rx^l^c-ttmt et non inoolnuuxle il» llliuL lucun,<br />

kud^tl'tui l^j^unt. ^)ihau blieb auch in seiner Stellung, bat aber im<br />

Dezember 15)5^ den Herzog, ihm die dnrch den Tod des herzoglichen<br />

Sekretärs Christian Labbun erledigte Präbeude an <strong>der</strong> Äi^arieukirche zu<br />

Stettin zu verleihen, und veranlaßte auch seine fürstlichen Zöglinge, sich für<br />

ihn bei ihrem ^atcr zu verwenden. Die Prinzen schrieben lateinische<br />

Briefe an den Herzog,') <strong>der</strong> Johann Friedrichs mag hier als Probe seiner<br />

lateinischen Kenntnisse mitgeteilt werden. Er lautet, wie folgt:<br />

I1Iu8tN39i'm6 nsenon l^ki-l55lM6 pater.<br />

m6e u-äljllß a. iuventute meg. iuteicecleuZ 3lii3 etiam<br />

ss vel nutu 2. V. omlli^ eoll^eeutu« 3llu nee<br />

ij^l llel,e^ntum<br />

nlilli e^t, 09t, ut v^iv cilm<br />

j»033um<br />

pliln.^. llorti ns)eti3 vir ozNiltlu» et<br />

mu«<br />

. V. ticle1i«8lm„8 minister, z>ie et ill veru.<br />

invocntione ex vitu. (^eee88erit, e«ii d?. V. esmomentum 8tettil»i<br />

,^c npe, ut, ^<br />

^'. V. interee^erem, ut 8ll,i eill8Ms>c1i lienetieium<br />

(ut vs)C!rltt) elein^lli^i- nttlilmeret, nuue ld)8eu3 liteli8 (Ü. V. vera liliali<br />

tia oro, ut lnmc cll.ns)tn< lvtum ip^i elenleutei- ecmsel-l-e ^i^netul-.<br />

^l,l»its) MK^l3tlinll, ssuem euj>i^> ili ll»8 le^innil^u« manere, llne<br />

u iulll ssr


auf <strong>der</strong> Universität zu (^reisswald. :V5<br />

Nnngc, <strong>der</strong> selbst ihn eingeladen hattet) und des Hofpredigers Diounsius<br />

Gerson zu Doktoren <strong>der</strong> Theologie bei und veranstaltete ihnen zu (5hreu<br />

den Doktorschmans in dem Hanse des Bürgermeisters ^.^artnl Hauuemann<br />

am Marktes) bei denl er Wohnnng genommen Halle. Plülivp Melauchthon,<br />

<strong>der</strong> zu dem feierlichen Akte eingeladen worden war, hatte sein Ausblelbeu<br />

entschuldigt, aber die Superintendenten l^eorg Veuediger, <strong>der</strong> als geistlicher<br />

Administrator im Camiucr Etifte mit dem jnngen Bischof wie<strong>der</strong>holt in<br />

Briefwechsel stand/) sowie Paul vom Node nnd l)r. Christoph Smmmel<br />

nahmen an <strong>der</strong> Promotionsfeicr teil/) ?lm Nachmittage fand im Nat'<br />

Hanse eine feierliche Bersammluug vou Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Universität uud des<br />

Nats statt, hier ließ <strong>der</strong> Herzog durch seinen Kanzler Valentin von<br />

Eittstedt als Ergebnis <strong>der</strong> mit Nnnge, Holften nnd l^erson gepflogenen<br />

Berhalldltlngell mehrere Verordnungen über eine bessere Versorgung <strong>der</strong><br />

Universität bekannt machen. (5s wnrden <strong>der</strong> Universität alle Privilegien,<br />

Rechte uud Besitzungen bestätigt, ihr lN^N dulden jährlich Hebungen aus<br />

dem fürstlichen Ärarinm, sowie an<strong>der</strong>e Einlünfle aus rügischeu Pfarren<br />

o<strong>der</strong> aus den ^lmteru Ncueukamp uud Eldeua verschrieben, die zum Teil<br />

für die ^kouomie o<strong>der</strong> 3pcisung armer Studentes) dienen sollten/) Den<br />

Dank für diese fürstliche 3peude sprach <strong>der</strong> Nettor Herzog Johann<br />

Friedrich in einer lateinischen Nede ans, conlirm:m8 3uo et<br />

ncimille, 8k lia?^ ^s)7nmj si^tNZ 6s>7^tionen^ pErp^Uw ^^e r.ttnm<br />

ed ÄucturD8/) Zilgleich wurde auch <strong>der</strong> Visitatiousabschied über die Kirchen<br />

und Schulen in <strong>Greifswald</strong> publiziert, <strong>der</strong> sür die Hochschule deshalb vou<br />

beson<strong>der</strong>er Wichtigkeit war, weil bestimmt wurde, daß die drei Pastoren<br />

theologische Vorlesungen halten sollten; erst dadnrch wurde eigentlich eine<br />

theologische Fakultät begründet/)<br />

In das intime Veben <strong>der</strong> Prinzen, über die Gerhard von Below als<br />

Hofmeister die Aufsicht hatte, lassen uns eiuen interessauteu Blick tun<br />

einige Briefe, die lhre Mntter, die Herzogin Maria, in den Jahren<br />

15dtt und 1559 an Johann Friedrich richtete. Viaria (geb. I.'i. Dez. !.^,!5>),<br />

eine Tochter des Kurfürsten Johann von Sachsen, war am 27. Februar<br />

'1 Kgl. Staatsarchiv Stettin: Wolg. Archiv, Tit. 63, Nr. 54.<br />

2) Val. Pyl, Ponnn. Hencaloaieu V, S. 369.<br />

') Kal. ^waisarckw Steltm: von Bobleincke Sammlung Nr. 148. Briefe<br />

uom 1. Januar nnd 8 April 1558.<br />

') Friedlaen<strong>der</strong> a. a. O. l, S. 251, 254.<br />

5) Über diese Emnäituna lieat eine interessante Denkschrift Gersons aus dem<br />

Ialire 1557 vor (Kgl. Staatsarchw Stettin: Stell. Archiv ?. I, Tit 1, Nr. 7:l)<br />

6) Vgl. Dälinert, Sammlimg pomm. ^nndesurkimden li, S. 812f. Kosegarten<br />

a. a. O. Il, S. !2Uj.<br />

') Friedla eu<strong>der</strong> a. a. O. I, S. 254, 251. Koseanrten a. a. I, S. 202.<br />

5) Kosegarten a. a. O. II, S. 128.


Die Söhne des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />

in Torgall mit dem Herzoge Philipp vermählt worden. Diese von<br />

Vuther eingesegnete Mie war, wie es scheint, sehr glücklich. Die treffliche<br />

Fürstin widmete sich mit mütterlicher Viebe <strong>der</strong> (5rzlclmng ihrer Kin<strong>der</strong><br />

und begleitete auch ihre ältesten Söhne mit herzlichster Sorgfalt und<br />

frommer Fürbitte auf die Universität.') Die zahlreichen Briefe, tue von<br />

ihrer eigenen Hand geschrieben vorliegen und bis in ihren Todcsmonat<br />

(1- 7. Januar 15>N3) reichen, legen em beredtes Zeugnis von dem ernsten<br />

Sinne und <strong>der</strong> mütterlichen Fürsorge <strong>der</strong> fürstlichen Frau ab. Sie ver-<br />

dienten wohl eine Veröffentlichung: hier können nur die 5) Schreiben, die<br />

au den Herzog Johann Friedrick nach (Nreifswald gerichtet werden, mit-<br />

geteilt werden. Sie mögen für sich allein sprechen.<br />

1. 155«, August 4.<br />

Mütterliche (iebe und Creue und was wir mebr


auf <strong>der</strong> Universität zu (Yreifswald. 55<br />

und Schirm treulich befohlen baben. Der spar Luch lange gesimd an<br />

öecle und (eib. Amen. Datum Camp den 4. Augustus „n ^7>.">.^. ^abr<br />

in Lil.<br />

Deine Frau Flitter diaria, g. zu wachsen,<br />

2. 1559, Januar IN.<br />

Herzogin zu Stettin ponnnern etc.<br />

mein Hand.<br />

INütterlicbe tiebe und Trene, auch was wir mehr Ehr, (iebes<br />

und Guts zu je<strong>der</strong> Zeit zuvor, Hochgeborn ^ürst, frciindlicher lieber<br />

öohn, wir wollen Dir nit verhalten, daß wir Dein 5> treiben baben<br />

empfangen und freundlicher ^Neinung verstanden, au


5s» Tie Eöhne des Herzogs Philipp I. von sommern<br />

zu sebr solt überband nehmen, wär auch nit gut, denn wir wohl<br />

gesehen, wie es nnl H. ^ernim wäre gegangen, wenn man ihm nit<br />

batte ratt gelebt/) es ist auch noch nit gar bell. Darum schreibt uns,<br />

wie e5 ein Gestalt bat. und» grüße freundlich H. Vmäilaw, H. Lrnst<br />

tudwig von unsertwegen. Hiermit tun wir Luch in den Schutz des<br />

Allerböcbsten befeblen; <strong>der</strong> bebüte Llich vor alle ^eid. ^lmen. Datum<br />

(üamp den ^5. ^anuari»ls im ^.^5^). ^)abr.<br />

Dein getreue Frau Mutter<br />

Maria, g. z. wachsen, H. z. Stettin, Pommern etc.<br />

3. 1559, März 30.<br />

Mütterliche tiebe und Treue zuvor. Hochgeboren Fürsten, freund«<br />

licbe herzliebste Söbne, wir wollen Luch nit verbalten, daß wir Euer<br />

nächstes Schreiben bei dem Aüchenscbreiber bewert


auf <strong>der</strong> Universität zu (^reifswald. 5,7<br />

hiermit wollen wir Luch Gott dem l^errn befoblen baden, <strong>der</strong> spar<br />

lang geslind. Amen, amen. Datum Nart den .^0. Martins<br />

Lure getreue Frau Mutter Maria, g. 5. 5«acbse,i.<br />

Herzogin zu Stettin und sommern etc.<br />

4. 1559, Juli 6.<br />

Mutterliebe und TIreue, auch was wir sonst mehr Lbr, (iebes<br />

und Gutes vermögen zu je<strong>der</strong> Zeit zuvor. i)ochgeborner Fürst,<br />

freundlicher, herzliebster, Hohn, wir wollen Dir nicht vorhalten, daß<br />

wir Luer aller dreier Schreiben von Doktor (?) empfangen haben<br />

und freundlicber Meinung verstanden und auch aus dem schreiben,<br />

daß )br drei noch, Gott babe tob, nunmehr zu guter Gesundheit<br />

von Gott dem Allmächtigen erhalten werdet, welchs uns ein gar<br />

herzliche Freude ist und nicht weniger, als betreffs unser eigen persone<br />

an. Gott <strong>der</strong> Allmächtige frtste und spare Luch alle lange gesund.<br />

Amen, amen. Das sollt ^br auch wissen, daß unser freundll.-ber<br />

herzliebster Herr und Gemabl und wir an<strong>der</strong>n alle sonst zn ihiger<br />

Zeit in guter Gesundbett sind. Gott <strong>der</strong> Allmächtige verleibe unweiter<br />

seine göttliche Gnade und zu unser aller Seelen Seligkeit.<br />

Amen. U?ir baben auch an unsere l)ofmeisterin geschrieben, daß sie<br />

mit <strong>der</strong> tieftowsche soll bereden, daß sic sicb zu Luch gen Griebeswalde<br />

soll verfügen und Lure Letten an<strong>der</strong>s machen. Oerseben uns aan>lick,<br />

sie werde in kurzem zu Lucb lommen, il^r begehren an Dich, daß Du<br />

uns gegen H. ^lugslaff und k>. Lrnst (udewig freuudlich entscbuldigest,<br />

daß wir ihnen itzt nit wie<strong>der</strong>um gescbrieben baben, denn die ^ot.<br />

scbaft uns zu eilend gefallen ist. Aber wir begehren, daß Du ibnen<br />

wollst viel Siebes und Gutes sagen von unsertwegen.


5>8 Die Svlme des Herzoqs Philipp I. von Pommern<br />

licher lieber Sobn, wir wollen Dir nicht bergen, daß wir dato heute<br />

Dein 5>^reiben empfanden und ans solchem schreiben verstanden, daß<br />

Du und Deine Brü<strong>der</strong> nocli, Gott habe tob, in guter Gesundbeit<br />

find, welches wir berzlich gerne haben gebort und nicht wenlg. als<br />

betreffs unser eigen Person an. Du sollst auch wissen, daß itzund ja<br />

was besser mit unserm freundlichen liebsten Herrn und Gemahl ist,<br />

denn es vor etlichen wocben war. Gott <strong>der</strong> Allmächtige gebe weiter<br />

seine göttliche Gnade, daß H. t möge ganz wie<strong>der</strong>um frisch und<br />

gesund werden. Amen, amen. Da wir dann den allmächtigen Gott<br />

wobl mogen steißig uni bitten, und vergeht je ja nicht, son<strong>der</strong>n bittet<br />

fleißig sur Luren lieben Herr Vater, daß ihnen <strong>der</strong> allmächtige Gott<br />

wollte noch lange in einem glückseligen Regiment gnädiglick erhalten.<br />

Amen. amen. Ls bat uns auch ö. t. befohlen D,r und Deinen Vrü<strong>der</strong>n<br />

frenndlichen zu grüßen und sollt fromm sein und fleißig studieren. Da<br />

werdet ^)br Lucb wobl wissen nach zu richten. Ls lassen Luch auch<br />

F. Gorga, F. Ameley, tv Vernini, F. Margrete, F. Anna, H. 2


auf <strong>der</strong> Universität zu ^reifswald. 5>9<br />

ich durch Vertröstung etlicher nunmehr das Studieren auf dag Rück<br />

zu schlagen vornehme und <strong>der</strong>balben we<strong>der</strong> an meinen freundlichen,<br />

lieben Herrn und Vater, noch an H. t. schreiben wollen. 5>o weiß<br />

ich nncl^ gleichwohl noch wohl zu berichten, wie die dachen ein Gestalt<br />

babeu, nacbstmal ein ^lontag hatte ich keine Zeit an ^. ( zu schreiben,<br />

denn wie ich, mit Verlaub für E. (. zu sagen, kaum aufgestanden<br />

war, wie Jürgen zu uns kam. ^3at auch damals Jürgen, daß er mich<br />

bei L. t entschuldigte. Nun was das an<strong>der</strong>e belangte, wnßtc i>5<br />

nicht, daß mir von jemand Vertröstung gescbeben wäre, meine ötudia<br />

zu verlassen, son<strong>der</strong>n daß davon gesagt, daß ich nu fast mehr zu<br />

großen nnd wicbtigern Randelli sollte gezogen werden, habe ich<br />

geantwortet, daß es noch nicht Zeit wäre, denn wenn solcbes gestehen<br />

sollte, so müßte ich noch was mebr von <strong>der</strong> Sache n^issc,,. lind<br />

kaun mir wahrlich nicht genugsam verwun<strong>der</strong>n, welche die sein, die<br />

mich so gegen E. t. angeben, und bitte <strong>der</strong>halben kindlich nnd<br />

freundlich, 'k. ^ solchen hemlschen DerläilNl<strong>der</strong>n nlcht leichtlich (Glauben<br />

geben, so?i<strong>der</strong>n dieselben gnadigllch mir alizeigen lassen, welche die<br />

sein, so Mich bei ute halteii, daß ich so zu L. s.<br />

schreibe, deltn mir gar viel daran gelegen ist. ^)ch hoffe aber, ich<br />

will dem so antworten, welcher mich so bei


tts> Die Eölme des Herzosss Philipp I. von Pommern<br />

Briefen wieberholt znm Ansdrnckc gebracht batte, schneller in Erfüllung,<br />

als man erwartet hatte. Während oer Herzog Philivv mitten in den<br />

Berhandlnugell stand, die mit den landstanden über den bevorstehenden<br />

gemeinsamen Landtag zn Stettin unterhalten wnrden, erkrankte er ans das<br />

heftigste nnd starb am Morgen des 14. Februar 1:'>M zu Wolgast.'j Am<br />

Tage znvor hatte er seine Söhne zu sich gefor<strong>der</strong>t nnd sie mit herzlichen<br />

Worten zu wahrer brü<strong>der</strong>licher Eintracht ermahnt, „auch fleißig gebeten,<br />

ihre angefangenen 5tu


auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 61<br />

zu Zeiten mit in die Ratschlage gezogen würden, hören und lernen möchten,<br />

wie die Sachen nach Gelegenheit zu dirigicreu wären. Damit wir a<strong>der</strong><br />

gleichwohl unsere augefaugcuc Stlldla uit gar hilltcuauschteu und in Ver-<br />

gessen stclleten, wäre eme gelahrte Person ans zuzllordncn, die mit ulls<br />

, rtiewric^m, etllicam etc. repetiere, anch ill den ln3titlltls>nil)N8<br />

civilis etwas lese, damit wir die Fuudameute iuri« lernen und zn<br />

Zeit uns selbst in Ratschlägen raten kömltcu. Und da cs die (Nelea.e,iheit<br />

nach einem o<strong>der</strong> 2 Jahren erdulden töuule, das; wir uns in jrcm<strong>der</strong><br />

Potentaten Höfe, mehr Erfahrenheit uud Kundschaft zu erlangen, tätcu ver-<br />

snchen, verhoffelltlich, es würde uus uud uuseru ^audcu zum bestell<br />

gereichen.<br />

Wir aber, Bngschlaff, Ernst Ludwig und Barnim, sotten unsere<br />

Studia zum (Nreifswalde mit Fleiß contiuuiereu, wie wir uus dalln uf<br />

uuscr f. ltcbeu Frau Mutter Wolügefallcu wicdcrllm dahlu bcgcbcu habeu.<br />

Da sich aber zutrüge, daß uuscr frdl. lieber Bru<strong>der</strong> Iohauu Friedrich<br />

Erfahrcuhcit und Klludschaft halber sich in frem<strong>der</strong> Potentaten Höfe begeben<br />

würde, alsdanu soll eiu o<strong>der</strong> ^ lluter llus an<strong>der</strong>n, den Hofbrauch zu lcrucu,<br />

wie<strong>der</strong>um gegcn Hofe gefor<strong>der</strong>t lind zu Nate gezogen werden, wie von<br />

uuscrm frdl. l. Bru<strong>der</strong> Herzog Iohauu Friedrich hiebcuor allerdings gemeldet."<br />

Diese Vorschläge faudcu Barmnls Zustimmung trotz maucher Bedeuten,<br />

die er gegeu dcn Aufenthalt des Herzogs Iohauu Friedrich am Hose hatte.<br />

Er fürchtete, daß <strong>der</strong> junge Fürst in die Negierung, an <strong>der</strong>en Spitze <strong>der</strong><br />

Oberhofmeister Ulrich von Schwerin gestellt wnrde, o<strong>der</strong> in die Bestimmungen<br />

<strong>der</strong> Vormün<strong>der</strong>, zu denen neben Herzog Barnim <strong>der</strong> König von Polen,<br />

<strong>der</strong> Herzog Iohauu Friedrich <strong>der</strong> Mittlere von Sachsen uud <strong>der</strong> Fürst<br />

Wolfgang vou Allhalt ausersehen wurden, eingreife« werde. Deshalb malmte<br />

er iu seiueul Schreibell vom «. April l5)l>, daß <strong>der</strong> Herzog sich „die<br />

bestimmte Zeit über <strong>der</strong> fürstlichen Ncgicruug vor an<strong>der</strong>u lhreu Hcrru<br />

Brü<strong>der</strong>n nicht unternehmen, auch im Stlft Camin sich zuweilen euthalteu<br />

uud, daß <strong>der</strong> unruhigcu Veute Anschlüge gebrochen. Porsclmug tun wolle."<br />

Auch den Regentschaftsrate teilte Barnim am ^7. April seilte Eiuwilligilllg<br />

zu den Allorduuugcu über die Priuzcu mit; uameutlich war er damit eiuver-<br />

standen, daß die lüngcrcu Hcrrcu, oie, lvie er zu sciller Freude gehört habe,<br />

„zu deu Studiis ^ust und Zuneigung haben", wie<strong>der</strong> nach <strong>Greifswald</strong><br />

geschickt wurden.<br />

Ebenso gaben die Stände des Stifts Cammin am 34. Mai in<br />

Gültzow ihre Zustimnnmg, daß <strong>der</strong> jnnge Bischof Johann Friedrich auf<br />

Bttteu seiiler Äiutter sich „eine Zeit laug zu volgast am Hose erhielte,<br />

gleichwohl die fürstlichen Studia zu continuieren." Schließlich erklärte sich<br />

<strong>der</strong> Vaudtag, <strong>der</strong> am 12. Juni in Wolgast tagte, mit diesen<br />

Bestimmungen einverstanden. Johann Friedrich sollte am Hofe seme Studien


s'2 Die Sohne des Herzogs Philipp l. von Pommern<br />

fortsetzen, gelegentlich zu den Handlnngen llnd Ratschlägen herangezogen<br />

weiden, sich aber vor allein „an fürstliche Zilcht nnd Höflichkeit gewöhnen,<br />

anch die hochdeutsche Sprache lcruell." Aliämlnerer sollte ihm Ewald<br />

v. Walde dienen, <strong>der</strong> „einen gclahrtcu. gottfnrchtigcu. friedliebenden, in dell<br />

3tnu« und 1 Stunde ill Historien lectmueu<br />

horen. Oen ^iittwoch vor Mittag soll I. F. Gn. den ztvlum exerzieren<br />

nnd nach MlNao., wellns gut Wetter, mit Vorwissen des Hofmeisters o<strong>der</strong><br />

seines Mwescus an<strong>der</strong>er in <strong>der</strong> Regierung Verordneten spazieren zn reiten<br />

o<strong>der</strong> zn gehen nach (Gelegenheit des Wetters zugelassen seiu. — — — —<br />

orsllnom leotinnum jlliloZcriliet pi-^ece^tor, illtereg, eli^i-r^it<br />

lne^io«»« iil)el!uln I'liill^sii cie umma, s'icErcin^m 66 Ie^irlU8 vel<br />

et 6i^lc?(.-t.i^8 et rllel


auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 63<br />

namentlich in <strong>der</strong> lateinischen Syntax nach Melanchthons Lchrbnche unter-<br />

richtete. Bogislaw und Ernst Vndwig sollten anch griechisch beson<strong>der</strong>s<br />

zur Lektüre des neuen Testamentes lernen, wie überhaupt die Beschäftigung<br />

mit <strong>der</strong> heiligen Schrift alle Tage mehrere Stunden in Anspruch nahm;<br />

schon des Morgens um 6 Uhr begann man mit (Nebet, Ncpetition des<br />

Katechismus und Lektüre <strong>der</strong> Vibcl. Für die lateinische Sprache wird<br />

von Nhau bcsou<strong>der</strong>s die mutatio augcwaudt, d. h. die Übersetzung aus dem<br />

^ateiuischen, sowie in das Vateiuiichc. Er empfiehlt vor allem Ciceros<br />

Briefe und die Komödien des Terenz. In n,8 vero «.ucwlilms intet-<br />

pl-etanc^ 8l'v6 6Niil-5ten^<br />

oonstruet ionein<br />

p6i-Ì0l1c>8, cnlu. ^t comlinU«. ^»golvunt, ul»w^w.wm et vin» 6x«.,nins».<br />

vero 0K8U8, NlO(iu8 et<br />

M0N3tl'3.tÌ3 meilioi-il^e M3.nlltt.wi' et Zupinsle itel'^tur. l^imiliter et leetio<br />

^erentii. Außer diesen Schriftstellern wird Verglls Aencis behandelt, die<br />

Nhau beson<strong>der</strong>s hochschätzt; er läßt deshalb täglich aus diesem Epos lescu.<br />

Ebenso wird an jedem Tage die bckauute Chronik des Cariou bchaudclt,<br />

d. h. aus dem Deutscheu ius Vateilliiche überseht. Diese Übuug soll ailch<br />

<strong>der</strong> Kenntnis von <strong>der</strong> «ei-ies ni«ts>t-iae muncli dienen. Die Prillzen musseu<br />

aber auch während <strong>der</strong> Mahlzeit über Abschnitte aus <strong>der</strong> genannten Chronik<br />

berichten. ?>erv03 at^ue Ht-tn3 8tucl,s>i'nm 685e 3tvli exereitium uim s>i-e<br />

c>mile3 omnium aetntum kapientes comproklint. Uln den lateinischen<br />

Stil auszubilden, werden täglich die verschiedenartigsten Übungen verainlallel;<br />

die Schiller müssen Sentenzen, Sprüche, ^?,,,/v)„l-/,/«?,/ x,^ v,,^,k>ft immatrikuliert worden waren, scheinen<br />

Schwerin, Below, Plate, vom Walde, Podewils 15


l>l Die Coline des Herzogs Philipp I. von Pommern<br />

geblieben zu sein. Zu ihnen kamen neu Michael Volili nnd Melchior<br />

Damit?.')<br />

Eine an<strong>der</strong>e „Ordnung, wie meine gnädige Herren und I. F. (An.<br />

Knaben hinferncr zu installieren," liegt für das Sommerhalbjahr I/>62<br />

vor.^) Anßcr den bisher gelesenen Schriften römischer Autoren werden<br />

hier Cäsars Kommentarien und Ciceros Nede prc» ^l-c/iiiii erwähnt. Die<br />

Übungen in <strong>der</strong> lateinischen Sprache treten für die Prinzen etwas zurück,<br />

während die Hoftnaben mit Grammatik, Übersetzungen und Exerzitien noch<br />

znr (heuüqe beschäftigt werden. Dagegen erhalte» jeue jetzt Unterricht in<br />

<strong>der</strong> Pokal- und Instrumentalmusik, iu <strong>der</strong> Arithmetik, Rhetorik, „Bersi-<br />

fikation" u. a. m., auch werden ihnen Stunden zum „fechten, au<strong>der</strong>en<br />

6x?l'cttil8 c0lz»0l'i8 o<strong>der</strong> sonst zu spaziereu" freigcgebeu. „Sonntags vor<br />

<strong>der</strong> Predigt expliciert <strong>der</strong> Magister das Evangelium, das wir uf den<br />

Tag haben, grckisch und repetiert dasselbe nach <strong>der</strong> Abendprcdigt." An<br />

zwei Wochentagen sollen die Prinzen abwechselnd lateinische m-atim,?«<br />

rezitieren, „dieweil anch m. gn. H. sehr dienstlich uud nützlich, daß I. F. (H.<br />

in l>u!>lit)s> uud uutcr ^cuteu sich zu rede»! gewöhuen."<br />

Boil dem ^cben nnd Treiben <strong>der</strong> Fürsten in (Vreifswald erfahren<br />

wir nichts; anch liegen Briefe <strong>der</strong> Mutter an sie nicht vor. Ebenso fehlt<br />

die Ftorrespondcnz, die sie mit ihrem ältereu Bru<strong>der</strong> führleu. Im<br />

September 1561 gingen sie wegen einer in Grelsswald herrschenden<br />

Krankheit auf einige Zeit nach Wolgast.') Am 23. Februar löllZ erschien<br />

Herzog Johann Friedrich mit den Mten <strong>der</strong> Negieruug in <strong>Greifswald</strong>,<br />

wo lange Vcrhandlungeu über Streitigkeiten <strong>der</strong> Universität mit <strong>der</strong> Stadt<br />

gepflogen wurden. Kamen diese auch zur Entrnstuug <strong>der</strong> Fürsten nicht<br />

zu cmcm gedeihlichen Abschlüsse, so wurde doch im Namen <strong>der</strong> Herzoge<br />

die Schenkung des Herzogs Philipp vom 2. Mai 155^ feierlich bestätigt<br />

und erweitert/) Ebenso wurden am 2. und 5',. April !5)l',3 von <strong>der</strong> Regierung<br />

Bcslinlnillngcn über die Einkünfte <strong>der</strong> Hochschnle aus dem Amte Nencukamp<br />

nnd rügischen Vandpsarren erlassend)<br />

Die drei Brü<strong>der</strong> scheinen sich in (Nrcifswald nicht wohl gefühlt zu<br />

lmbcu. Wie<strong>der</strong>holt richteten sie an die Vormün<strong>der</strong> uud die Negeutschast<br />

die Bitte, vou dort fortgehen zu dürfen. Mit einer gewissen Elfersucht<br />

') Fried la end er a. a. O. I, S. 280.<br />

2) Kstl. Slaalsarchiu Stettin: uon Bo!,lensche Sammlung Nr. 117. Aus<br />

dieser Oivnuiig iimckl o. M cd ein Milteilllnaen in seiner Schrift „Die Universität^<br />

icchrc ^cr Herzoge (5rnst ^ndwlg und ^arnilu voll Pommcru" (AnklalN 1867) S. 9 f<br />

und in den Ball. Ltud IX, 2, S. 98 ff.<br />

') ivriedlacn<strong>der</strong> a. a. O l, S 278<br />

*) 5 ried! a en<strong>der</strong> a. a O. 1, S 274 ff. 279 Kose ^ arten a. a. O. l,<br />

S.208j.ll.S 129.<br />

^) Koscgartcn a. a ^? li, S 129.


auf <strong>der</strong> Universität zu <strong>Greifswald</strong>. 65<br />

blickten sie ans Johann Friedrich, <strong>der</strong> am Hofe in Wolgast weilte und<br />

schon Anteil an <strong>der</strong> Regierung des Vanoes hatte. Am liedsten wollten sie<br />

auch dauernd dorthin znruckkchren, aber nur Bogislaw wurde es erlaubt,<br />

»ach Wolgast zu kommen, als man bereits planle, den Herzog Johann<br />

Friedrich eine Reise ins Ausland machen zn lassen. Ans Veranlassung des<br />

Fürsten Wolfgang von AnHall, <strong>der</strong> erklärte, cr habe einst selbst erfahren,<br />

wie am Hofe die Stndia jnnger Herren ein Ende hätten, wnrde wahr^<br />

scheinlich ans dem Landtage zu Stettin (März 1.'):i), den alle Herzoge besnchten,<br />

beschlossen, Ernst Vudwig uud Barnim nach Wittenberg zn senden. Anfangs<br />

hatte Wolfgang an Jena gedacht, dann aber sich doch für die tursächsische<br />

Hochschule eutschieden.') Herzog Barnim XI. gab seine Einwilligung. ^<br />

cli6 kluii ci. s!ilri5tiil,^ Xll«30vl0.^) Ani 14. Mai sind die beiden<br />

Prinzen mit stattlichem Gefolge dort immatrikuliert worden.^) Über ihren<br />

Aufenthalt an dieser Universität hat v. Medem ausführliche Mitteilungen<br />

aus archivalischen Quellen gemacht (Die Uuiversitä'tsjahre <strong>der</strong> Herzoge Ernst<br />

Ludwig und Barnim von Pommern. Antlam 1^l>7).<br />

Auch <strong>der</strong> jüngste Sohn des Herzogs Philipp I., <strong>der</strong> am 22. März 15»?7<br />

geborene Kasimir, ist in persönliche Beziehung zn <strong>der</strong> Universität Grcifs-<br />

walo getreten. Am 1A. Mai 1567 wurde er in Gegenwart seiner Mutter,<br />

<strong>der</strong> Herzogin Maria, und seines Bru<strong>der</strong>s Bogislaw von dem Superintendenten<br />

Dr. Jakob Rnnge in Eldena examiniert und dann sein Name ms Album<br />

eingctrageu. Ihn begleiteten Hcumng Zitzewitz, Johann Friedrich von<br />

Platen und Erasmus Stciuwehr/) !^b er sich aber tatsächlich auch nur<br />

kurze Zeit in <strong>Greifswald</strong> abgehalten und dort Unterricht genossen hat,<br />

erscheint sehr zweifelhaft. Die Matrikel und das Dekanatsbuch berichten<br />

nichts darüber. Anch in <strong>der</strong> von Andreas Granzin ll)


hl'> Die Söhne des Herzogs Philipp I. auf <strong>der</strong> Universität zu Oreifswald.<br />

wie sein späteres Leben und Treiben zur Genüge zeigt, entschieden sehr<br />

mangelhaft; dem jüngsten <strong>der</strong> 3öbue hatte die Fürsorge dcs Vaters gefehlt.')<br />

Während seine Bru<strong>der</strong> nicht ohne Nuven auf den Hochschulen zu Oreifs-<br />

wald o<strong>der</strong> Wittenberg geweilt haben und trok mancher Dehler und Ichwächcu<br />

recht tüchtige Fürsttu geworden sind, wurde <strong>der</strong> jüngste, <strong>der</strong> bereits 1.'>74<br />

das Camminer Bistum erhielt, durchaus keine Zierde des pommerschen<br />

Herzogshauses.<br />

Der Aufenthalt <strong>der</strong> Söhne Philipps I. in Oreifswald stellt nnr<br />

eine knrze nnd für die Hochschule wenig bedentsame Periode in ihrer<br />

langen Geschichte dar. Wir erfahren aus dcu mitgeteilten Nachrichten nicht<br />

einmal irgend wie Wichtiges über das innere Vcben o<strong>der</strong> den Unterrichts-<br />

betrieb, aber dennoch ist diese Episode nicht ohne alle Bedeutung. 3ie<br />

zeigt lins, daß im Zeitalter <strong>der</strong> Neformatioil anch das pounucrsche Fürsten-<br />

Hans in eine engere, so zu iageu, persönliche Beziehung zu <strong>der</strong> Vaudcs-<br />

nniversität trat und ihren Wert wohl zll schätzen wußte. Deshalb mag<br />

eiuc Darstellung dieses Besuches pommcrscher Prinzen auch ihre Berechtigung<br />

bei <strong>der</strong> Jubelfeier <strong>der</strong> Nuiuerütat haben, die beson<strong>der</strong>s dazu berufen ist, die<br />

Erinnerung an das vor bald ^7^ Jahren erloschene alte pommerschc<br />

Herzoqsgcjchlccht zn bewahren und zn erhalten. Berdankl sie doch<br />

Angehörigen dcs Greifcuhauses ihre Gründnng, Erneuerung und Erhaltung.<br />

') Ball. Stud. XXX, S. 16.


Studentische Verbindungen<br />

in <strong>Greifswald</strong> bis zur Kitte des 19. Jahr-<br />

hun<strong>der</strong>ts.<br />

Von<br />

vr. Otto Keitmnann,<br />

sssll. Archivar ln Sletltu.


In <strong>der</strong> Abhandlung „Wissenschaftliche Vereinignngen älterer Zeit in<br />

Pommern" (Stettin l'.X)0) S. l» erwälmt M. Wehrmann anch eine<br />

in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 17. Iadrhuudcrts mehrfach genannte Deutsche<br />

(Genossenschaft o<strong>der</strong> «ocietll« sicrmttn:».. Biel war freilich von iln'<br />

nicht bekannt. Bei einem Besuche <strong>der</strong> Schivcstcr des lemen Pommern-<br />

berzogs Bogislaw XIV., <strong>der</strong> Herzogin Anna von Cron, in l^rcifswald iin<br />

Ialne N)5>7 widmete sie dieser Fürstin ein lhedicht „Heliconiiches Will'<br />

konlmen, womit bei <strong>der</strong> Dnrchleuchtlgrn Fürstin Anna Ankunft ili (Greifs<br />

wald neben einer musikalischen Anfwartuna, ill tiefster Demuth hat begeglleu<br />

wollen nnd sollen die zu (^reifswald stndirendc Deutsche ^cnosselislijast."')<br />

Dann wird sie gelegentlich in <strong>der</strong> Grenswaldcr Universitätsr^iatrikel nnd<br />

in dem Edikte gegen das Pennalweicn von l


?s) Emdrntische Verbindungen in l^reifswald<br />

dadurch diese hohe Ehre zuwachsen, dasi sic. wenn nicht die erste,<br />

eine <strong>der</strong> ersten gewesen wäre, welche man als eine fruchtbare Mutter solcher<br />

erwünschten Tochter lullig anzusehen nud ^n verehren hätte." Damit war<br />

unsere Kenntnis von dieser Deutschen (Genossenschaft zu Ende. Ein glück-,<br />

licher Fuud hat jedoch uor Kurbln die oben erwähnten Satzungen ans Vicht<br />

gebracht, aus dcucu wir über Zu,cck uud Einrichtung dieser Vereinigung<br />

unterrichtet werden, die in <strong>der</strong> Tat nichlv An<strong>der</strong>es war als eine studcntiichc<br />

Vclbiuduug. Da wir von dein studentischen Vcrbiiiduugsweieu älterer Zelt<br />

in (Hrcijswald nur sehr durstige Kunde habcu, io iiud dieie Satzuugell nicht<br />

ohne Interesse nud verdieucll eine ciuqehcn<strong>der</strong>c Betrachtung, die jedoch verewigt<br />

werden muß mit einer ^anlclluug dcr, wie wir scheu werdcu, ganz eigen-<br />

artigen Cutwickelung <strong>der</strong> stlldcutlicheu Vcrciuiguugcn uud Verbindungen<br />

l>>reis>walds bis znr Mitte dcc> 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. D,e Feier des<br />

45>


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 7!<br />

nicht ihr alleiniger Zweck, ssabricins ist offenbar in den Fehler verfallen,<br />

vereinzelte Nostocker Verhältnisse, über die wlr vielleicht nickt einmal ganz klar<br />

sehen, zu verallgemeinern. Wie dem aber anch ici, jedenfalls Mn't anf<br />

fast allen, wenigstens deil protestanttsäien Universitäten mehr o<strong>der</strong> N'eniger<br />

allsgeprägt dieselbe Eri'cheinnng wie<strong>der</strong>. Die jnngcn Slndenten wnrden<br />

genötigt, sich den Nationen anzm'chlm:en. Diese hattcll von den alten<br />

Bnrscn die Sitte <strong>der</strong> sog. Deport ion nbernoniinell, d. h. <strong>der</strong> init allerlei<br />

Mißhandlnngen verbundenen Aufnahme de«? die Nniocrsität begehenden<br />

Nenlings, des Novizen o<strong>der</strong> Beanen. als Stndentcn. die lin l>'>. Jahr<br />

hun<strong>der</strong>t sogar zll einem offiziellen Nniverutätsakte erhoben wurde, bei dem<br />

ein beson<strong>der</strong>s da^il angmcllter Depositor, meist einer <strong>der</strong> Pedelle, die<br />

Depositimi vornalnn, nnd <strong>der</strong> Dekali <strong>der</strong> Artistcnfatnllät die ernsthafte<br />

Echlusizerrmouic <strong>der</strong> Absolution dnrch ein klemes kramen besorgte.^! Alle<br />

<strong>der</strong> Depositimi nnd iin engsten Zusammenhange nut chr entwickelte sich seit<br />

deli! Ni. ^ahrhnndcrt die studentische Sitte o<strong>der</strong> richtiger Unslttc des Penna-<br />

li smns, die im Anschlüsse an den Nationalismus im 17. ^alnhnndcrt zn<br />

vollcr Blüte gelangte. „Den älteren Stndentcn behagte die (Gewalt über den<br />

Nenling, wie die Depositimi sie ihnen znm Teil einränmte, und die damit<br />

verbnndenen lnateriellen Vorteile allznsebr. als da^ sie nicht anf eine Vcr-<br />

lällgernng. ja eine Steigerung dieses Verhältnisses über die offizielle<br />

Absolution hinans bedacht gewesen wären. So verfielen sie natnrgcmäü<br />

darauf, die Nculiuge mindestens das erste Studienjahr hindnrch ihrerseits<br />

noch nicht als rechte und ebenbürtige Stndcnten nnzncrtennen nnd sie<br />

während dieser Zeit auf alle mögliche An zn inrannisinen nnd ans-<br />

zubenten."") Deshalb wurde an Stelle dcr Dcvontiou <strong>der</strong> Statlls o<strong>der</strong> das<br />

Pennaljahr gelelzt, das als eine Art fortgelegter, aber nodi viel griind<<br />

licherer Deposilion altzniehen ist. Von den Universitatobchorden N'urdc<br />

diese Sitte auf das heftigste bekänwft nnd die Beseitigung wenigstens <strong>der</strong><br />

schlimmsten Ausschreitungen angcstrcbt. Scholl bald nach 'einem Hntslchen<br />

ergingen, beson<strong>der</strong>s m Hcna ulld Nostoct, förmliche Verbote gegen den<br />

Pennalismus, die sich, um das Übel mit <strong>der</strong> Wurzel auszmottt'u, gleich'<br />

zeitig gegen den Nationalismus richteten. Doch dauerte es, merkwürdiger^<br />

weise hauptsächlich durch das Wi<strong>der</strong>streben <strong>der</strong>er, ans <strong>der</strong>en Sämtz mau m<br />

erster Vime bedacht war, <strong>der</strong> Pennale. Jahrzehnte, bis <strong>der</strong> Pcnnalismns<br />

bewtl'gt war. Ja, es bednrfte sogar elncs Beschlusses dcr evangelischen<br />

Stände auf dem NeichStagc zu Negensbnrg im Iamc 1^4, worm die<br />

gemeinsame Anerkennung <strong>der</strong> Relegation und <strong>der</strong> Ausschluß aller Pennalisteu<br />

von öffentlichen Ämtern ausgesprochen wurde.") Auf Grund dieses Reichs,<br />

l) N. Fick, Anf Deutschlands hoben Schulen, S. 47.<br />

') a. a. O., S. 54.<br />

s) 3l. Tholnck, Das akademische Leben des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts I, S. 28« ff.


72 Studentische Verbindungen in Greifswalo<br />

tagsbeschlusses erfolgten dann in den nächsten Jahren scharfe Edikte <strong>der</strong><br />

Einzelstaaten, die endlich in den Mer Jahren <strong>der</strong> Unsitte dcs Pcnnallsmus<br />

ein Ende machten. Die Nationen mnßten ihre Nncher, Vaden nnd Siegel<br />

abllefcrn, bestanden aber insgeheim fort, teilweise sogar von dcn Universitäts-<br />

bchördcn stillschweigend geduldet. (5s war eben nnr das ausgebildete<br />

Tnstem <strong>der</strong> Pennalistischen Despotie aufgehoben, nicht aber jede seiner<br />

Negnngen, da <strong>der</strong> Nationalismus, <strong>der</strong> von dem Schlage mitgetrofsen<br />

werden sollte, davon nnr gestreift wurde nnd ungestört sein Veben fort-<br />

setzte.') Ja, in Königeberg i. Pr. wurde sogar <strong>der</strong> Nationalismus aus-<br />

drücklich legalisiert, indem N',70 sämtliche Studierende in vier Nationen<br />

sPommern, Echtester, Prenften nno Westfalens eingeteilt nnd seit 1tt^ die<br />

neu Ankommenden verpflichtet wurden, einer dieser vier Nationen sich<br />

anzuschließen.2)<br />

Bevor wir mm sehen, wie sich die Verhältnisse in <strong>Greifswald</strong> gestaltet<br />

haben, werfen wir noch einen kurzen Mick auf die Nachbaruniversität<br />

Rostock.") Bei dcn manlligfachen Wechielbe^ehnngen <strong>der</strong> Mutter zur Tochter<br />

sollte man in <strong>der</strong> Entwickelung des studentischen Verbindungswesens eine gewisse<br />

Übereinstimmung annehmen. Aber nichts voli alledem, Nostock ein Hanpt-<br />

hort des Nationalismus, in (^rcifswald kaum eiue Spur davon. In Rostock<br />

finden wir schon in den ersten Jalu^clntten des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts Spnren<br />

landsmannschaftlicher Verbindungen. Bereits K',11 erging ein scharfer<br />

Erlaß des Ncktors nnd Konzils <strong>der</strong> Universttät gegen den Pennalismns,<br />

in dem anscheinend zuerst Nationen in Nostock erwähnt werden, allerdings<br />

„noch nicht in dem Sinne, daß die Nationen dafür verautwortlich gemacht,<br />

son<strong>der</strong>n vielmehr als selbst daruuter leidend und von den Schönsten gegen-<br />

einan<strong>der</strong> verhetzt hingestellt werden." An<strong>der</strong>s schon dachte <strong>der</strong> Ncktor<br />

Johann Llnistorp 86n., <strong>der</strong> in einem Nektoratsprogramme von 1ft21 die<br />

Nationen als die Stätte bezeichnete, „wo die reißenden Wölfe, brüllenden<br />

Stiere und blutdürstigen Tyrannen ihr Wesen treiben und, schlimmer als<br />

die Wölfe, gerade unter ihren Heimats- nnd Stammesgenossen ihre Opfer<br />

suchen." Bestimmte Nationen treten uns jedoch erst einige Jahre spater<br />

entgegen. 16^3 finden wir in Nostock die Landsmannschaft <strong>der</strong> Westfalen,<br />

einige Jahre darauf auch eine Osnabrucklsche, die jedoch bald in jene<br />

aufging, und 1li:)3 die Ärandenbnrg'Märkische. Der Stamm des<br />

Rostockischen Landsmannschaftswesens aber waren wohl die von den stets in<br />

größerer Zahl in Nostock studierenden Mecklenburgern uud Pommern<br />

') a. a. O., S. 294.<br />

') Golinsll, a. a. O., S. 22.<br />

2) Das folgende verübt im wesentlichen auf A. Hofmeisters Aussah<br />

„Rostockcr Slndemellleben vom 10. bis ins 19. Jahrhun<strong>der</strong>t" (Archiv für Kulturgeschichte<br />

III, S. 171-196).


is zur Mitte des 1s». Jahrhun<strong>der</strong>ts. 73<br />

gebildeten Nationen, wenn auch ihre Namen erst etwas später belegt siud.<br />

Seit den 3l)er nnd 40 er Jahren begegnen uns anker den bcldcn gcuaunten<br />

noch Holsteiner, Pommern, Lchlcsicr, Mecklenburger. Braun-<br />

schweig


74 Studentische Verbmdnnften in (Areifswald<br />

im 15. Iahrlum<strong>der</strong>t gestifteten Universitäten ansier ?ewzig.') Vielmohr<br />

glie<strong>der</strong>te sie sich nnr in Fakllltaten. Das studentische Vebeu spielte sich anch<br />

hier in den Vurscn, ^wntm^ o<strong>der</strong> èssenti««, ab, an <strong>der</strong>en Evitzc ein<br />

«-««tor lmr^k', ressonf; !,ur8mn o<strong>der</strong> anch massi^dor ressent.iltrunl stand.<br />

Die Artistenfakultät besaß zwei ^afultätshäui'cr, cnNessium nln.,uf; nnd<br />

cnü^ssinm minili die zugleich alo Numersitatsgebüude wie als Bursm<br />

diellten. Naturgemäß wnrden annerhalb <strong>der</strong> :'lrtistellsalultät als Prwlw<br />

untcruehmen entstehende Vnrsen, wie solche 1-19! Peter ^uaudt nnd !4Mi<br />

<strong>der</strong> Älagister Iodokus') ini Hanse de? verstorbenen l^r. Rubcuow gegen<br />

dcn Willen <strong>der</strong> Fakultät errichtete, von dieser mit schelen Angen angesehen.<br />

Magister Indoln?' Bilrjc bezeichnet <strong>der</strong> Dekan des Jahres 1Ue^nlii«r6Nl, 0ui innr^ et rntio vide colllzt^ret.^ n^ähleu<br />

müsset) Mit dem Bordringen des Hnmanismns griff dann aber anch in<br />

l^reifswald eine freiere Weltanschauung Platz, nnd <strong>der</strong> Bnrienzwang lzöne<br />

') In Inaolstadt sqessründet 1^77) war die Glie<strong>der</strong>ung in Nationen geplant,<br />

aber nickt ausa/mlnt. Verql. (^V Kaufmann, Die


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 75<br />

auf. Von großem Einflüsse auf die Umgestaltung <strong>der</strong> Verhältnisse war<br />

auch die 15'55) erfolgte Ncorganisation <strong>der</strong> Universität <strong>Greifswald</strong> und <strong>der</strong>en<br />

Umwandlung in eine protestantische .nochschnle, nachdem sie, wenn sie anch<br />

als zu Necht bestehende Korporation fortdauerte, doch in einen Zustand <strong>der</strong><br />

Auflösung geraten war, dic ^ahl dcr Vehrer nnd Btndcutcn sich stark ver-<br />

min<strong>der</strong>t hatte, nnd die Vorlesungen fast sämtlich eingestellt wordeu nmreu.<br />

Wir weudcn uns znr Deposiliou, <strong>der</strong>en Hauplsik zlluächft d,e<br />

Vursen waren. Wie nns schon in den ältesten Statuts <strong>der</strong> Unlverntätcn<br />

Wien, Köln und Erfnrt Warnnugen nud Verbote dicicr Tille begegnen,<br />

so finden wir sie auch bereits in den Satzungen <strong>der</strong> l^veisswaldcr Artisten-<br />

fakultät von 1^5


75 Studentische Verbindungen in Oreifswatd<br />

Religion — heute würden wir sagen, in allgemeiner Bildung — unter-<br />

warf, ihm nach <strong>der</strong>en Bestehen gute Lehren für seine Studien und Lebens-<br />

führung gab und ihn dann dem Magister überwies, <strong>der</strong> ihm den Universitäts-<br />

satzungen gemäß als Präzeptor dienen sollte. Nach Ableistung des Aufnahme-<br />

eides streute <strong>der</strong> Dekan dem Deponenten Sah anf die Zunge und goß ihm<br />

Wein auf den Kopf, worauf er sich lAesiätt und Hände waschen und dem<br />

Dekane und den sonstigen Anwesenden, Eltern, Freunden usw. danken mußte.<br />

Es folgte dann <strong>der</strong> übliche Depositionssckmaus. Die Gebühren für den<br />

Depositor betrugen in <strong>der</strong> Negel N Schilling, Arme wurden umwmt<br />

deponiert, Reiche zahlten ','< dulden.<br />

Im Jahre 15»:")H erfolgte eine Abän<strong>der</strong>ung des Nitus <strong>der</strong> Dcvosition,<br />

die nunmehr öffentlich stattfand. Den Anfang machten Herzog Philipps I.<br />

Löhne, Johann Friedrich, Bogislaw XIII. und Ernst Ludwig, die mit zehn')<br />

jnugeu Adeligen unter dem Dekanate lAeorg Holsteus am ^. Februar 1558<br />

feierlich deponiert wurden.") Ihrem Beispiele folgten in Holsteus Dekanats-<br />

jähre über Al), von denen aber, wie <strong>der</strong> Dekan betrübt hinzufügt, nur 22<br />

deu ihm statt des Depositionsschmauses zugebilligten halben Taler bezahlten.<br />

Am ^


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 7?<br />

Den gleich nach <strong>der</strong> Depositino. <strong>Greifswald</strong> wie<strong>der</strong> Verlassenden, ohne wirklich<br />

dort zu studieren, wie es öfters vorkam,') sollte es freistehen, etwas pro<br />

l6(Iim6uäi8 conudu^) zu zahlen. Die auf <strong>der</strong> Universität Bleibenden<br />

sollten den in <strong>der</strong> Ökonomie, d. h. dem Speisehause <strong>der</strong> Universität,<br />

Speisenden '/z Gulden zu einem Belage o<strong>der</strong> sonstigen Zwecken spenden,<br />

eine Verpflichtung, von <strong>der</strong> die Adeligen und die sonst zur Deposition<br />

(Näsle Einladenden befreit waren. Die Ocposition^wertzeugc nnd kleidnng,<br />

zu <strong>der</strong>en Anfertigung im Jahre 15>9s> 8 Gulden i:i Schilling ausgegeben<br />

wurden/) mußten an einem sauberen Orte aufbewahrt und von dem<br />

Depositor seinem Nachfolger in gutem Zustande übergeben werden. Die<br />

Dcpositionsbräuche sollten <strong>der</strong> Person und <strong>der</strong> Zeit angepaßt sein, Possen-<br />

remerei und (Grobheiten vermieden, vielmehr die Anwesenden durch gute<br />

Scherze erfreut werden. Auch sollte <strong>der</strong> Depositiousakt nicht länger als<br />

eine halbe Stunde in Anspruch nehmeu.<br />

Ahnlich wie in den Uuiversitätssatzungen von 1545) lauten die<br />

Nestimmungen über die Depositimi in denen <strong>der</strong> philosophischen Fakultät<br />

von !


7tt studentische Verbindungen in Oreifswald<br />

verpflichtet, vielmehr stand es jedem frei, den Dekan nnd sonstige Professoren,<br />

auch den Depositor und an<strong>der</strong>e Stndcntcn zu einem Schmause einzuladen<br />

o<strong>der</strong> nicht.<br />

Am 2. Inni I627 fand eine Deposition in Gegenwart Herzog<br />

Vogislaws XIV. statt. Im gleichen Jahre wurden die Depositious-<br />

gcbilhren für fürstliche o<strong>der</strong> gräfliche Personen znr Hälfte dem Dekane, ^nr<br />

Hälfte den Professoren <strong>der</strong> philosophischen Fakultät zugebilligt.')<br />

Negen Ende des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts scheint die Depositen in (Areifs-<br />

wald allster l^ebrauch gekonliueu zil sein. Die letzten riw Deponierten<br />

durften Johann Ludwig Würffcl ails ftireifswald, Karl Rango ans Stettin,<br />

Abrahanl nnd Ialob Droyscn aus Grcifswald gewesen sein, die am<br />

9. April Ki'.N deponiert wurden.^) Seitdem wird sie in <strong>der</strong> Universitäts-<br />

matrilel nicht niehr erwähnt/) und in den Satzungen <strong>der</strong> philosophischen<br />

Fakultät aus <strong>der</strong> Mitte des Itt. Jahrhun<strong>der</strong>ts heißt es: Iliws äepaöitioniF<br />

iustiz ex c^n^is per ^i^uoä <strong>der</strong>upuü ^d8ervawm non 03t, nso nuno<br />

lloln «sni^u^m l»(i eurn t6ll6l)itur.^) Und um dieselbe Zeit (1747) konnte<br />

v. Balthasar sagen: I^kkellw i^ntem »eculo äurleriori 6tittm die<br />

in l tiieol.<br />

Friedrich N a m m aus Eberswalde als Pedell <strong>der</strong> aus die Teposition bezügliche, aus<br />

srühcicn Bestallungen übernommene Paragraph, ist aber in <strong>der</strong> Ausfertigung gestrichen.<br />

Univcrsilätbarchw zu Ormswald: 1) 89k Vol. I. Praktisch geübt wurde sie a<strong>der</strong> nicht<br />

mein, dic Hauptsache waren die Gebühren.<br />

' Dähnert, Sammlung Pomm. u. Rüg. ^andes-Urkunden I, S. 9'.18.<br />

b) A. u. Balthasar, kixa oraliouum, S. 9.<br />

6) Tasür war eine Gebühr zu entrichten, meist zwei Gulden.<br />

') Grenswal<strong>der</strong> Matrikel 1, S. 423.


is zur Mitte d^s 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 79<br />

in <strong>der</strong> Praxis ebenso erfolglos wie an<strong>der</strong>swo. Im Jahre 1s>4s) wnroe<br />

Philipp Gerschmv ans Sagard a. N. nnd ll,4_l Friedrich :licny alls Stettin,<br />

jener „ob inZignem petulnntinm 8l?oli«tictlni zinc omni pic^w, pu6oltt<br />

Ot r6vor6nt.i9. in o0N8^)(?cl.u mli^llit'l^l !» ^ l,»tio^ »ctwllt^."')<br />

^)iachdem im Jahre K'»4^ Oreifswald endgültig an Schweden gefallen war,<br />

ließ es sich die schwedische Negicrnng angelegen sein, mancherlei Mißstände<br />

abzustellen, die an <strong>der</strong> Universität eingerissen nnd bei <strong>der</strong> Unklarheit <strong>der</strong><br />

politischen Verhältnisse natürlich nicht besser geworden waren, ^u diesen<br />

gehörte anch <strong>der</strong> Pennallsmno, dessen Beseitigung mit in erster Hnic erstrebt<br />

werden sollte, nachdem l»i4H seitens des Rektors und Senats ein neues<br />

Mandat gegen den Pcnualismus ergangen war/) dem u;s>7 ein weiteres<br />

folgte/) und Kibi anch die Vandständc Schwedisch-Pommerns energisch darauf<br />

gedrungen hatten/) „Wegen des hochschädlichen l^in^Iisiren" hcisu es in<br />

<strong>der</strong> Instruktion an die zur Einrichtung <strong>der</strong> Verfassung des schwedischen<br />

Pommerns ernannte Kommission vom l>5. April 1^'^) „wollen I. K. ^i.<br />

auf Mittel und Wege dedacht seyn, wie sie dcsfalß mit den benachbarten<br />

evangelischen Chnr- und Fürsten darüber Unterredung pflegen nud solchen<br />

verde;blichen Unwesen auf Dcrosclbcn ^.calienn^n verwahret, sa gantz<br />

abgeschaffet werden könne. Imuuttclst sollen die Ommn^ül'li) von dell<br />

?ros688orldu3 zu lhreiffswald <strong>der</strong>o Bedenken und Borschlage crso<strong>der</strong>n, allf<br />

was ^lunier und waß Ahrt St(r)afeu auch daselbst <strong>der</strong> l^n,lxll«mu8<br />

abzuschaffen sey. Daranf sich dann I. K. M. nach einkommenden <strong>der</strong>o<br />

Äedencken ferner äeolarircn, auch, was zu destcn Abstellung dienet, best-<br />

möglichst nnd mit sonoerbahrem Eifer veranlagen wollen." Wie das lhllt-<br />

achten <strong>der</strong> Universität lautete, wissen wir mcht, doch war es sicher im Smne<br />

<strong>der</strong> ^iegierung, denn „Ihr. Köuigl. ^iaytt." hetßt es in <strong>der</strong> Resolution <strong>der</strong><br />

Königin Chrlstiua vom ^4. September 165>3/) „laßen Ihro fürs an<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> ^nivsrkiUU gethanen Vorschlag wegen Abschaffung des hochschädlichcn<br />

I'ennu.1-Wesens in den Teutjchell ^cn7 ebendaselbst. Er man<br />

und Horn, a. a. O. Il, S. 340, Nr 634«^.<br />

') Vergl. Polnm. Monalöblätter XlX (1905), S 123.<br />

b) Staatsarchiv zu Stettin: Mskr. aus oer Bibliothek oes Appellalionssscrichts<br />

zu (^reiiSluald, Bd. 2x2, Bl. 3v.<br />

°) a. a. O., Bl. 6.


6s) Studentische Verbindungen in Greisswald<br />

angerichtet, sich ehisten zu vereinigen, damit wie<strong>der</strong> solch Unwesen auf dem<br />

Nciche-tag ein ^oller^I-^^chott dawie<strong>der</strong> zm!,Il>ir5 und darnbcr fest und<br />

steiff gehalten werden lnögc. Zu welchem Ende und damit solches desto<br />

ehr und bcßer z>lias^lljrell möge, 3ie Ihren zu Regensplirg itzo anweseudcu<br />

Gesandten gewiße 0ll!r6 oe^fals alsofort ertheilen wollen." Das Ergebnis<br />

war <strong>der</strong> schon erwähnte Neichstagsoeschlutz zu Negcnsburg (N>5>4) und<br />

für (Areifswalo insbeson<strong>der</strong>e das Edikt <strong>der</strong> schwedischen Regierung „die<br />

gäuhliche Abschaffung des hochschädlicheu Pennal-Wesens ausf <strong>der</strong> König!.<br />

I.lmvel'ZttiU zu ^irciffswald bctrefseud" ci. ä. Wolgast, den W. März 1


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. ^<br />

Mißhandlung <strong>der</strong> jüngeren Studenten begünstigt und gepflegt wurde. Wie<br />

gestaltete sich mm das Landsmannschaftswcsen in Greisswald? Unter<br />

herzoglich pommcrscher Herrschaft, also noch zu einer Zeit, wo es im benach-<br />

barten Rostock schon stark ausgebildet war, finden wir in (^reifcwald teme<br />

Spur irgendwelcher Landsmannschaften. Erst im Jahre l


83 Studentische Verbindungen in <strong>Greifswald</strong><br />

geballert, denn bald drang etwas davon zu den Ohren <strong>der</strong> ttniversitätsbehöidcn,<br />

welche die ckr6ctDr63 zitierten, aus <strong>der</strong>en Aussagen allein wir<br />

über die Entstehung und Einrichtung dieser Verbindung etwas wissen.<br />

Das Ergebnis <strong>der</strong> Untersuchung war das Mandat vom 5). Juli N)4l,<br />

das in geharnischten, mit bitterer Ironie gcmiichten Worten die Berbiudung<br />

bei Strafe <strong>der</strong> Nelegation verbot und, wie es scheint, mit durchgreifendem<br />

Erfolge, da uns weiterhin keine Spur von dieser ro8r)u!)Iiu. o<strong>der</strong> kocier:^<br />

begegnet, von <strong>der</strong> auch die Matrikel o<strong>der</strong> die Dckanatsbncher keinerlei<br />

Noliz genommen haben.<br />

Etwas an<strong>der</strong>s wurde es, als Grcifswalo U'>4N an die Krone<br />

Schweden gefallen war. Und uun tritt uns hier eine höchst erfreuliche<br />

Erscheinung entgegen. Während im benachbarten Nostock die ^andsmanuschattcu<br />

uus cm deutliches Abbild <strong>der</strong> Zerrissenheit uusercs deutscheu<br />

Vaterlandes boten — wir fanden dort Westfalen, Märler, Pommern,<br />

Holsteiuer, Schlcsier, Misno-Thüriugcr, Orauuschweig-Vunedurger,<br />

Preußeu, Friesen, Mecklenburger, ia sogar eme beson<strong>der</strong>e<br />

Nostockische Natioll —, waren die deutschen Studenten m Grcifswald, wie<br />

im Mittelalter die Dentschen in Paris, Bologna usw., sich ihres Deutschtums<br />

bcwusu uuo grüudctcu eme Deutsche Nation ueben <strong>der</strong> uns zuerst Ittdi<br />

begeguendcn schwedischen Nation. Wir dürfen wohl mit Sicherheit<br />

annehnlen, daß es sich hier um eme deutsch.natioliale Strömung in <strong>der</strong><br />

Studentenschaft handelte, in gewissem (Negeusave zu <strong>der</strong> Proscssorenschaft,<br />

die sich mit dem Übergänge an die neue Herrschaft leicht abfand, ja wohl<br />

gar zu Schweden geradezu hingezogen suhlte.<br />

Ehe wir uns näher mit diesen beiden Nationen beschäftigen, müssen<br />

wir bei <strong>der</strong> Frequenz <strong>der</strong> Universität uud besou<strong>der</strong>s bei <strong>der</strong> Nationalität<br />

<strong>der</strong> Studierenden eilten Augenblick verweilen, wobei ich mich auf die lel.ueu<br />

Jahrzehnte pommcrscher Selbständigkeit, die Iutcrims'-Negieruug uud die<br />

Zeit bis zum Frieden von St. Germain beschränke.<br />

Die Einwirkung <strong>der</strong> polnischen Ereignisse jenes bewegten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

auf den Zufluß <strong>der</strong> Stuoicreudeu nach (Grcifswald ist aus den Zahle» <strong>der</strong><br />

dort Immatrikulierten klar ersichtlich. Wurden 1622/^3 und 1023 L4<br />

noch 130 uud litt iuskribicrt, so sank die Zahl am Ende des Jahrzehnts,<br />

als die Kaiserlichen in Vorpommern hausten, auf 15 (1027 2A), 17<br />

(l629/2'.y und 3u (1029/30). Als ruhigere Zeiten eintraten, stieg sie<br />

Mim <strong>der</strong> 30er Jahre ans l3l> (1034/35>>, 57 (1635'3


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 5N<br />

nach dem Anfalle an Schweden hielt sie sich auf ziemlich gleichmäßiger<br />

Höbe, um während <strong>der</strong> Wirren <strong>der</strong> Jahre !65«—60 auf 45), bczw. 37<br />

herunterzugehen. Anch die folgenden Zähre brachten gerade keine nennens-<br />

werte Stclgernng des Zuflusses, <strong>der</strong> erst l665»/66 wie<strong>der</strong> NX), im folgenden<br />

Jahre freilich mir 64 Studierende betrug, eine Zahl, anf <strong>der</strong> er sich vis<br />

zur Mitte <strong>der</strong> 70 cr Jahre mit kleinen Schwankungen nach nnten und<br />

oden hielt. Dann brachten die von nenem über Porpommern herein-<br />

brechenden Kriegsjahre einen rapiden Stur.5, da 1675/76 nnr 1, 1676/77<br />

31, das Vorpommern beson<strong>der</strong>s heimsllchendc Jahr 1677/78 gar nnr<br />

9 Studierende nach <strong>Greifswald</strong> führte, bis die Zahl 1078/79 auf 31 und<br />

nach dem Frieden 1679/W anf 02 stieg.<br />

Was die Nationalität angeht, so stellten die Pommern natürlich das<br />

Hauptkoutingcut, es folgten die an<strong>der</strong>en Deutschen, dann die Schweden und<br />

endlich die übrigen Allslän<strong>der</strong>, nntcr dellen am zahlreichsten die Vwlän<strong>der</strong><br />

waren, neben denen wir Dänen, Böhmen, Ungarn, Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> n. a. siudcu.<br />

War <strong>der</strong> Znzng ans den nordischen Län<strong>der</strong>n, insbeson<strong>der</strong>e ans Schweden,<br />

schon seit <strong>der</strong> Grnndnng <strong>der</strong> Universität nicht nnbedcutend — 145>6l wurdeu nicht<br />

weniger als 26 Schweden luskribiert, also etwa !""/ aller Immatriklllicrten.<br />

Freilich nahm die Zahl in den nächsten Jahren wle<strong>der</strong> ab, jo finden wir<br />

1651-52 nnr 11, 165)2/53 11), l 65)7/5.^ 6, 15)ft^)9 2 und Kl5)9 "/y, Schweden. In den folgenden<br />

Jahren sank die Zahl ein wenig, hielt sich aber auf ungefähr 3


54 Studentische Verbindungen m <strong>Greifswald</strong><br />

1662/63 die Zahl <strong>der</strong> inskribierten Schweden ans 55 "' stieg. Könnte<br />

darin nicht ein gewisses System <strong>der</strong> schwedischen Regierung zu sehen sein,<br />

die vielleicht die schwedischen Studenten geradezu nach <strong>Greifswald</strong> zog, um<br />

ans diese Weise die Universität zu suezisicreu? U>62 63 finden wir außer<br />

deu 26 Schweden noch 2 Danen, denen gegenüber nur 19 Deutsche, davon<br />

12 Pommern, inskribiert wurden. Jene ^ Skandinavier — die beiden<br />

Dänen werden sich vermutlich zu den Schweden gehalten haben — bedeuteten<br />

den 19 Deutschen gegenüber für die schwedische Regierung eine gewiß nicht<br />

zu unterschätzende Unterstützung. Schon im folgenden Jahre aber stieg die<br />

Zahl <strong>der</strong> Deutschen auf 65), davon 49 Pommern, gegcnnber 16 Schweden,<br />

1664/65 wurden 42 Deutsche l.'>() Pommern) und 1^ Schweden, 1665/66<br />

61 Deutsche l,46 Pommern) und A:i Schweden inskribiert. In <strong>der</strong> Folge-<br />

zeit haben die Schweden niemals mehr das Übergewicht erlangt. Der<br />

Snezisicrnngsplan dcr Negicrnng, wenn ein solcher bestanden hat, war<br />

gescheitert. Infolgedessen hörte auch dcr starke Znzug aus dem Norden auf,<br />

zumal da 16l>x in Vund eine neue Universität gegründet wurde, die<br />

beson<strong>der</strong>s von den Studierenden aus den südlichen, 165N an Schweden<br />

gefallenen Provinzen Sckonen, Vlekinge und Halland aufgesucht winde. ^<br />

Diese hatten nach l65^ das Hanpttomiugeut dcr m lHreifswald studierenden<br />

Schweden gebildet, wahrend vor<strong>der</strong> hauptsächlich Studenten aus Ostcrgotland<br />

und Snnüaud nach (Ärcifswald gczogcu waren.<br />

Wir wenden uns nun dcu beiden oben erwähnten Nationen zu.<br />

Pon dcr Schwedischen Nation wissen wir herzlich wenig. Sie<br />

begegnet uns nur im Jahre 1651, wo <strong>der</strong> Vlvlän<strong>der</strong> Adolf Marsin wegen<br />

Beleidigung <strong>der</strong> Schwedischen Nation stillschweigend auf zwei Jahre relegiert<br />

wurde. Trotzdem verklagte diese die Professorenschaft bet <strong>der</strong> Negierung,<br />

daß sie in dem Streite zwischen dem Schweden Daniel Äagge und jenem<br />

Marsin die Partei <strong>der</strong> deutschen Studenten ergriffen hätte.*) Weiterhin<br />

hören wir von ihr nichts mehr. M^uvtclc Mitglie<strong>der</strong> wird sie ja auch<br />

nie gehabt haben, da ihr nur die Natioualschwcdcn, höchstens etwa auch die<br />

Dänen llnd Norweger, angehörten, keinesfalls aber, wie Fabricius und<br />

an<strong>der</strong>e irrig annehmen, die schwedisch Pommern, die sich vielmehr zu den<br />

Deutschen hielten und vielleicht gar dic Triebfe<strong>der</strong> dcr deulichnationaleu<br />

Bewegung in dcr l^reijswaldcr Studentenschaft waren.<br />

Dle ersten Spuren <strong>der</strong> Deutschen Nation, allerdings noch nicht<br />

unter diesem Namen, finden wir 1655.^) Als Deutsche Genossenschaft<br />

') Vis 1658 hatten die Studenten aus diesen Provinzen wohl meist in Kopenhagen<br />

studiert.<br />

') Grenswal<strong>der</strong> Matrikel II, S. 89, 41.<br />

') In dem Mandale des Rektors und Senats ä. ä. 9. Dezember säominioa<br />

II. ^.äveum«) 1655 in den S. 79, Amn. 2, erwähnten ^(näemica Oi^pliizlä<br />

Vol. 1 heißt es: ^uoä emm lisn pr3.6t.sr UtNuram in oorpory lmmauo


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 85<br />

begrüßt? sie dann dic Herzogin Anna von Croy bei ihrem Vcsnchc in Greifs-<br />

wald mit dcm eingangs erwähnten (Gedichte. Im gleichen Iahrc nalim sic cin<br />

Siegel an, das einen fünf Pfeile in <strong>der</strong> Hand tragenden Mann darstellte<br />

mit <strong>der</strong> Umschrift: ^mww j'm-tmr. wlil ihr ist wohl anch <strong>der</strong> 5?/58 waren 7 —ft Studierende, darunter mehrere<br />

Greifswal<strong>der</strong> Stadtkin<strong>der</strong>/) wegen ungewöhnlicher Bergchen, vielleicht penna-<br />

nimium 6xcrt»8een3, lwc, non (lil^m tÌ8cu8 nalionalis u^r«. 8oUtum sliam<br />

looi tur^e^cen», ^o8e, c;uem in 8M,i voäUn ^oiltil; et, cil^nmlVl'ti»<br />

V05, »i odiili 08ti3, mou^dil,, qnantopere vodi«<br />

N0Vlt.Ì05 piaetei' Itl'it'eln ile Nlvllnm ridilli» kXli0ij0njdn3 N0V0<br />

nkt^näo 6l K»cu,il, ut.<br />

aä Ciinvivia tum civica^ tum neaäemion,. ynin et conv< nticul». ali«. n»ii>l8l,^n<br />

e^llH concilii academici Vol. IV (1636-1659!.<br />

^ Tiefe bezeichnet patricii, nicht Patrlziersöhne, wie v. Petersdorff meint.


86 Studentische Verbindungen in <strong>Greifswald</strong><br />

listischer Natur, ans zwei Jahre relegiert worden. Diese veranlagten durch<br />

eifrige Agitation die Deutsche Nation, in ihrer Oesamtheit als Ver-<br />

teidigern ihrer Augclegeuhcit aufzutreten. Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> die gemeinsame Sache<br />

im Luche licste und sich nicht rückhaltlos <strong>der</strong> Deutschen Nation anschlösse,<br />

wurde in Verruf gesteckt. Die verschiedensten nachteiligen Gerüchte über<br />

die Universität wurden in den Nachbaruuioersitcucu ausgesprengt. Die<br />

Professoren, hiesi es, behandelten die Studenten als Bediente, träten ihre<br />

Privilegien mit Füßen, und es sei keine Spur akademischer Freiheit zu<br />

finden. Hierzu kam, daß <strong>der</strong> Rektor dell mit Appellation an die Regierung<br />

gegen das Urteil <strong>der</strong> akademischen Behörde drohenden Studenten bedeutet<br />

hatte, in solchen summarischen Fällen sei eine Berufung nicht angängig,<br />

was von den Studenten dahin ausgelegt wurde, als wolle man ihnen über-<br />

haupt das Recht <strong>der</strong> Berufung nehmen. Die Folgen blieben nicht aus.<br />

Der Besuch <strong>der</strong> Universität ging zurück, ja sogar die Knaben, die aus den<br />

benachbarten Orten zur Deposition nach (Arcifswald zu kommen pflegten,<br />

ließen sich abschrecken. So gingen z. B. die vom Stralsundnchcn (Hymuasium<br />

nach Rostock.') Doch hätte <strong>der</strong> Konflikt zwischen Studenten und Professoren<br />

wohl kaum eine größere Ausdehnung angenommen, nnd die ganze Angelegen-<br />

heit wäre im Sande verlaufen, da die meisteu Studiereudell bereits wie<strong>der</strong><br />

die Vorlesungen zu besuchen anfingen, weun nicht eiue Regicruugs-Kommission,<br />

bestehend aus den ^audräteu Hciurich von <strong>der</strong> Osten, Joachim Kuuo voll<br />

Owstien, Hans von Küssow uud dem Stralsundischen Syndikus Johann<br />

Balthasar Charisius, die Ablieferung <strong>der</strong> Bücher, ^adeu und des Siegels<br />

<strong>der</strong> Deutsche« Natiou angeorduet hätte. Diese For<strong>der</strong>ung goß wie<strong>der</strong><br />

Öl ins Feuer, da die Studcuteu dariu einen Allgriff auf ihre blüheude<br />

Vereinigung und den ans den an<strong>der</strong>en deutschen Universitäten eingebürgerten<br />

Peunalisullls zu sehen glanbteu uud zwar trotz <strong>der</strong> gegenteiligen Bersicheruug<br />

<strong>der</strong> Rcgicrungs-Kommissarc mit Recht, wenn wir uus des Vorgehens <strong>der</strong><br />

schwedischen Regieruug gegen den Pennalismus zu Allfang <strong>der</strong> 5t)er Jahre<br />

und ihrer Mitwirkuug bei dem Neichstagsbeschlussc von ll!54 erinnern.<br />

Vergebens vernichte die Kommissiou die Studenten zur Zuruckuahmc <strong>der</strong><br />

den akademischen Behörden zugefügten Beleidigungen zu bewegen, sie musue<br />

unverrichteter Sache abziehen. Nun suchten die älteren Studenten die<br />

Pennale aufzustacheln, sofort von <strong>Greifswald</strong> fortzugehen und auf au<strong>der</strong>en<br />

Universitäten sich vom Peunaljahre abwlviereu zu lassen. Diese verlangten<br />

vom Rektor, ihnen den Abgang zu gestatteu uud ilmeu Zeugnisse nber die<br />

Dauer ihrer Studieu in Hrnfswald zu geben, damit ihnen dle hier ver-<br />

brachte


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 87<br />

davon ab, da <strong>der</strong> Pennalismns, weil er an an<strong>der</strong>en Universitäten geduldet<br />

wurde, auch hier geduldet werden müsse, sofern uur eiuige Mißbrauche uud<br />

Auswüchse abgestellt wnrden. Damit schienen sich die jüngeren Studenten<br />

auch zunächst einigermaßen beruhigt zn habcu. An<strong>der</strong>s die alteren, <strong>der</strong>en<br />

Mißstimmung sich nicht so schnell beseitigen ließ, zumal ciuige unrnbige<br />

(Geister nicht unterließen, zu Hetzen und die gntc Ordnnng zu untergraben.<br />

Deshalb zitierte <strong>der</strong> Nrktor die gesamte Nation vor den Henat ^ollciliuln),<br />

hielt ihr ihr Unrecht nnd die ans ihrer hartnäckigen Wi<strong>der</strong>setzlichkeit erwachsende<br />

Gefahr vor, verhieß ihr aber Verzeihung, wenn sie ihre Schuld aner-<br />

kennen, Abbitte leisten und dnrch handichlaa. Gehorsam nnd Achtung <strong>der</strong><br />

akademischen Gesetze versprochen würde. Die Abgesandten <strong>der</strong> Nation,<br />

<strong>der</strong>en Sachwalter Peter Tuchs') war, lehnten in dcr Verhandlung vom<br />

1^. Juli 1 die Abbitte und das mündliche dnrch Handschlag bcträmgte<br />

Versprechen ab, erklärten sich aber berett, schriftlich i>eu d^r atadcmi»chm<br />

Behörde schuldigen (^chorsalli ailcrlcnncn nnd nm Amnestie für alles bic-hcr<br />

Vorgefallene bitten zu wollen. Die ^^chördc wandte sich an die gerade in<br />

Strali'ulld weilende Negierungs Kommission ulld bat llnl Verhaltllilgs-<br />

maßregeln. Diese riet znr Annahme <strong>der</strong> von dell Studenten vorgeschlagenen<br />

^orm nnd versprach eine Revision <strong>der</strong> Scwnugeu <strong>der</strong> Natiou uud dcreu<br />

Rckonstitution uach Bcscitiguug dcr Mißbrauche. Nach einigem Zan<strong>der</strong>n<br />

beschloß die akademische Behörde, ans den Vergleich einzugehen, nm die<br />

Angelegenheit endlich ans <strong>der</strong> Welt zu schaffen. (5ude August ll',59 wurde die<br />

gesamte Vereinigung wie<strong>der</strong> vor den Senat geladen mit <strong>der</strong> Maßgabe, sich<br />

nicht wie<strong>der</strong> durch einen Sachwalter vertreten zu lassen, son<strong>der</strong>n persönlich<br />

zu erscheinen. Man verkündigte den Studenten den Veschlnß dcr Professoren'<br />

schaft und machte den Vorschlag, daß sie da^ Gelöbnis des Gehorsams mit<br />

ihrer Unterschrift bekräftigen sollten. Zunächst verließen sämtliche Studeutcu<br />

ohne Antwort unter stummer Verneignng den Verhandlnugssaal, erklärten<br />

aber bald darauf durch den ösfcutlicheu Notar Joachim Paarmann ihre<br />

Bereitwilligkeit znr Ausstellung des verlangten Schriftstücks, das Paarmann<br />

namens <strong>der</strong> Genossenschaft (ZociedHg sive c


Studentische Verbindungen in Oreifswald<br />

möge aufgehoben werden, und seind erböttig dem ehrwirdigen<br />

alß ihrer ordentlichen Obrigkeit hinfuro ä^iitüm odedi^lltmin,<br />

et onltum zll pril^^tiren." ^) Der Vergleich wurde unterzeichnet<br />

Nlld ein Exemplar dem Nnivcrsitäts-Archive einverleibt,) ein zweites den<br />

Stlldeilten ausgehändigt. So wurde dieser Ttreit, den <strong>der</strong> Ncktor schließlich<br />

selbst als eine Tragikomödie bezeichnet, nach mehr als einjähriger Dauer<br />

beigelegt. In <strong>der</strong> Tenatssitzung vom 2l'>. August teilte danu <strong>der</strong> Ncttor<br />

mit, daß die Studeutcn ihn durch Paarmann hatten ersnchen lassen, „ihre<br />

I^E8 wie<strong>der</strong> zu oxtrnslieren ans Ursachen, es kahmen newc Ällrß, die<br />

nicht eingeschrieben werden kontten, auch weil niemand nach den 8wwlen<br />

sich richten koutte."^ (5l hatte versvrochen, die Ansliesernng bei den<br />

Negierungs-Kommissaren zu befürworten. Weiter crfadrcu wir über die<br />

Sache nichts mehr.<br />

In den nächsten Jahren bestand nun die Deutsche Genossen-<br />

schaft unbehelligt fort.") bis das Edikt vom 2»». März li>i>^ auch die<br />

„Teutsche Societät o<strong>der</strong> Nation" aushob. Das Edikt greift offeubar auf<br />

die Vorgänge von 1l',5>'.i zurück, wenn es heißt: „Alß aber — — — auf<br />

dieser l'mvoi-ZiMt. (^reiffswald allerhand grobe ohnverantwortliche Rxee386<br />

verübet worden, hat die Kön: Pommerische Ncgieruug zufolge angeregter,<br />

Chrinlöbllchen llltc^lion zll ^lllffhcbuug <strong>der</strong> so geuandtcn ^«tiang.! ^ocieti^<br />

al»'; einer wahren Änmquellc aller solcher Olmgelegenheiten uud Übels,<br />

gewisse Persohucn anß dcln Mittel <strong>der</strong> Vöbl. Nittcrschafft und Städte ver-<br />

ordnet und Ihnen committit-cl, solche verbotene I^i^uO und<br />

') In den Alten finden sich bei <strong>der</strong> Verhandlung vom 12 Juli noch die ersten<br />

Entwülse <strong>der</strong> Fornici. Sie lauten:<br />

1. Weil ^o«l.lli 8tN(Iio50l»lm univ^r^o nickis licbers alft leconcili^tia cnm<br />

i^nlz)1l8^ilNli eollcili« llei-läklilicu als; ihrer!iDbri^feitt, flennet dieselbe, es sey<br />

illucn leid, das sie in dem, was vorgegangen, <strong>der</strong> Herren l'i-1i^illw usw. (wie unter 1).<br />

^) Tort ist es abcr nicht metir zu finden.<br />

") In den S. 85, Anm. 3, erwähnten Alten.<br />

^ Ob <strong>der</strong> in <strong>der</strong> ("ren^lval<strong>der</strong> Matrikel l l, S. 84 erwähnte eostus LtuäioLorum,<br />

dessen Bewassuung zur Vcrmdissmia. (^ren'?walds ftrgcn die Brandcnbllrgel de^<br />

s Kollmiandant Vuichald Müller vom Ncktor for<strong>der</strong>te, nur die Deutsche<br />

und nicht vielmehr die gesamte Ltudentenschast war, steht dahin.


is zur Mitte des !9. Iahrhundrrts. 89<br />

n zu äi88o1viren und cmff^uhebeu, das unterm Nahmen einer<br />

anlnassentlichen ^oc-ietiit l^nrpirtl-s ^liiillnm, Nnchcr nud Vade, saint deueu<br />

deu juugen beuten abgenötigtcu und nprcsscten s^onliu^ten. so gcuandlelt<br />

^,'800, abzufo<strong>der</strong>u lllld öi^ zu ferncr Ailol'dllunge zu llepol„rcll." Weiter<br />

wendet es sich gegen den Pennalismns, den es als „eine «entmnm omnium<br />

vitinrum et criminnm" bezeichnet nnd nnfs Schärfste verbietet, „also nnd<br />

<strong>der</strong>gestalt, das von nun an uud zu ewigen Zeilcu <strong>der</strong>selbe uud zugleich die<br />

davon depenäireiide, so genandte Teutsche Koci,'lat o<strong>der</strong> Xutio,,. iu welcher<br />

gleichfalß alß eiucr T^ertslalt uud Ollicil, viele Vaster, inwigleil, ^rcvcl,<br />

Villhtwill, inokedientx, Schwclgerey, ^ufleis^ uud Vngchorsalnb luedcoor<br />

geschmiedet uud hervor gebracht, wie nicht weniger die <strong>der</strong>oseldeu bischer<br />

gewesene ^mimstri nnd Haltdhaber die so genandte selbst ansfgcworifcne<br />

Aomt)i-e8, ^i.',c^j68, <strong>der</strong>o Hclffer und Helssert-Helner, wie sie ^ial)lnen habeil,<br />

samdt allen bischer verspürten ^reveldasftcu (tteld-llxucum»^,, den u^n,z>,lU',»<br />

angemasseten I^i^co^ arro^irwn ^i^ill«^ sich eigculhätlich zugeeigueteu.jln!l>l,^.<br />

i, denen darob gchalteuen notkn, nhrkundell uud ^licg^stcru, und wie es<br />

Nahmen haben magk, weiter nicht gelitten, gcwicrirsl llnd geduldet werden<br />

follen." (Gleichzeitig werdclt Nektar nud Senat beauftragt, auch ihrerseits durch<br />

ein Mandat „den I^iiilaligmum und alle 8c!iori3wricn. veldnl- nud roal<br />

et. ^x«.0Uull08, sampl <strong>der</strong> so genandtcn Teutschen N


86 mvicem vftl ma^8trntum et q<br />

Studentische Verbindungen in Oreifswald<br />

ll.^^et, qmiiket ^ud slnen«. rele^ilti^i'if. z)ull1ic^6 non ^ia «oium, 80l)<br />

in l'smsnellpl'atiL ü^lwmiig s)n^ic:nll^^ et. pia ciclici<br />

i,jsnini^ 62 anch nnr für<br />

den ersten Augenblick von Wirksamkeit war nlld schon 1iU»N eine Vandsmann^<br />

schaft <strong>der</strong> Pommern bestand, <strong>der</strong> bald eine Märkische nnd Holsteinische<br />

folgen,*) so ist auch in Greifswalo die Dcntsche (Genossenschaft sehr<br />

bald wie<strong>der</strong> aufgelebt. Nachweisbar ist sie allerdings erst im Jahre 167^,<br />

wo sie sich am


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 5N<br />

bestehenden Kriegszustand hingewiesen, wobei sich die Studenten als getrene<br />

schwedische Untertanen erzeigen, ein Beweis dafür, oasi die ^>,'il>w8 l-lpl-nnmil?:».<br />

wobl zum guten Teile aus Schwedisch-Pommern bestand, l^reifswald war<br />

damals von deu Kriegsstllrnle« uoch verschont geblieben,') nnd <strong>der</strong> schwedische<br />

Feldmarschali Otto von Kömgsmarä hatte am ^. Januar 1«;?tt bei<br />

Warksow auf Nügcu die vereinigten Kaiserlichen, Dänischen, Mimsterscheu<br />

nnd Brandenbnrgischen Kriegsvölker aufs Haupt geschlagen.'^ Die Deutsche<br />

Genossenschaft hatte zwar durch die Kriegswirren eine kleine Eiubuste au<br />

Mitglie<strong>der</strong>n erlitten, welche die Kriegsfurcht o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wuusch. audcre<br />

Gegenden kennen zu lcrncu, fortgetrieben hatte, doch fehlte es nicht an<br />

jungem einheimischen und auswärtigen Nachwüchse. Es wird dann auf<br />

den hohen erzieherischen Wert des durch eine Verbindung^) ausgeübten<br />

Zwanges hingewiesen, fnr diejenigen, welche dem Schnl^wange entronnen, die<br />

freie akademische ^nft atmen uud leicht über die Stränge schlagen/) Endlich<br />

wird noch beson<strong>der</strong>s betont, daß die Vereinigung keinesfalls deu <strong>der</strong><br />

akademischen Behörde schuldigen Gehorsam nnd die akademischen Gesetze<br />

verletzen wolle, vielmehr ihren Mitglie<strong>der</strong>n dessen Bezeugung und <strong>der</strong>en<br />

Befolgung zur strengsten Pflicht mache. Ihr Zweck soll allein seiu die<br />

Einigung <strong>der</strong> aus den verschiedensten Gegenden ili die Mllscnstadt <strong>Greifswald</strong><br />

zusammenströmenden Studenten zu gemeinschaftlicher Arbeit nnd die gemein-<br />

same Vertretung studentischer Interessen. Kit imkiz unn. i»»o„8 et<br />

in uilo ool-pars spiritu», ^usm llutri^ viri,13, Kcmo5ta5; et<br />

Das war wohl auch <strong>der</strong> Wahlspruch <strong>der</strong> Deutschen Genossenschaft.<br />

Der erste aus 15> Ftz bestehende Abschnitt handelt voll den Leitern<br />

<strong>der</strong> Verbindung, den Senioren. Es sind <strong>der</strong>en zwei, von denen <strong>der</strong> eine<br />

ein Einheimischer, silurici«», 0. h. ans <strong>Greifswald</strong> o<strong>der</strong> wenigstens aus<br />

Schwedisch Pommern, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ein Auswärtiger seiu soll. Sie stehen im<br />

Nange gleich, wechseln aber in <strong>der</strong> Führung <strong>der</strong> Geschäfte monatlich ab.<br />

Die Senioren allein berufen die MitgUeoer-Verjauunlungen, den Konvent,<br />

nur im Falle eines ernsteren Konflikts <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> mit ocu Senioren o<strong>der</strong>,<br />

wenn gegell einen Perwandten eines Seniors cillzmchreiteu ist, darf das au<br />

Jahren älteste Mitglied die Versammluug berufen. Kleinere Angelegen-<br />

hetten können die Senioren selbständig unter Hill,>il,^cliuilg zweier durch<br />

Ansehen und Einsicht hervorragen<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> erledigen. Bei wichtigen<br />

Sachen soll dagegen <strong>der</strong> Konvent entscheiden. Auf deu allgcmeiueu<br />

') Erst im Juli 1tt78 erschien <strong>der</strong> (Yroke Kurfürst vor den Toren<br />

2) Vergl. Gesterdmn, Pomm. Ma^azul li, L. 1'»0st'.<br />

2) Ncbeu äocier^ä komllicn noch die ^czeichllllngen oojle^ium,<br />

8, vi »lo, 80(Iuliuum vor, nicht aber das odwse n^l io.<br />

^ Ähnlich wird m dell Slantten <strong>der</strong> Universität die Notwendigkeit <strong>der</strong> Teposilioll<br />

begründet.


92 Studentische Verbindungen in Oreifswnld<br />

Konventen macht <strong>der</strong> Senior vorschlage imo gibi .^lkrft seille Stimme ab.<br />

Was die Senioren vorgeschlagen leiden, sollen die übrigen billigen, falls es<br />

nicht den afadenllichen l^cseven, dem le odcv den Interessen <strong>der</strong><br />

l^ellossenschaft wi<strong>der</strong>spricht. Doch dnrfen auch sonst in angeincsscncr Form<br />

Einwenonngen gegen die Annchteil <strong>der</strong> Senioren erhoben werden. Der<br />

gcschänsfuhrcnde Senior fntm anch die Matrikel <strong>der</strong> Verbindung, in die<br />

er die Namen <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> sorgsam einzutragen hat. Im ^alle einer<br />

Nci''e soll er sie dem Mltsemor o<strong>der</strong> einem an<strong>der</strong>en Mitgliede nbergebcli. Die<br />

Senioren sollen den übrigen Mitglie<strong>der</strong>n Vorbil<strong>der</strong> in lNcsmnung und<br />

Veben5wandel sein, an<strong>der</strong>nfalls ans dem Amte entfernt werden. Falls einer<br />

<strong>der</strong> Senioren stirbt o<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Universität anfsncht, soll innerhalb<br />

zweier Monate ein an<strong>der</strong>er an seine Stelle treten, den <strong>der</strong> Konvent ans<br />

Vorschlag des noch vorhandenen Seniors einsetzt, Falls aber gegen die<br />

Person des Vorgeschlagenen Einspruch erhobcn wird, ist ein an<strong>der</strong>er o<strong>der</strong><br />

noch besser zwei zur Answahl Voranschlägen. Das Amt des Seniors in<br />

ciu Ehrenamt. Um ihn aber fnr dcu Aufwand au (Held uno Zeit zu ent-<br />

schädigen, darf ihm je uach <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Amtsführung eiu Ouch — aber<br />

cill nicht allMteures — als ciu Zeichen <strong>der</strong> Daukbarkeit uud Erkenntlichkeil<br />

seitens <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> überreicht werden.<br />

Es folgt <strong>der</strong> zweite Abschnitt über die Mitglie<strong>der</strong> mit 17 tztz- In<br />

<strong>der</strong> Einleitung wird anf die oft große Frechheit und Uuverschämtbeit <strong>der</strong> iungeu,<br />

cbcu von <strong>der</strong> Schule kommeuden Studenten uud die Notwendigkeit, sie<br />

durch strenge Masiregelu zur Anlegung <strong>der</strong> ihnen anhaftenden Untugenden<br />

zu zwingen, mit an<strong>der</strong>en Worten auf die Deposition hingewiesen. Wer in<br />

die Verbindung anfgenommen werden will, hat sich bei einem <strong>der</strong> Senioren<br />

zu melden. Jedes Mitglied hat den guten Ruf uud die Würde des Studenten<br />

zn wahren, widrigenfalls er ausgeschlossen wird. Zu den Kouvcuteu und<br />

bei sonstigen Feierlichkeiten hat je<strong>der</strong> bei Strafe von ^/z Guldeu zu<br />

erscheinen, <strong>der</strong> nicht dnrch Neise, .Krankheit o<strong>der</strong> sonstige triftige Gründe<br />

verhin<strong>der</strong>t ist. Ebcmo hat je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zitation wegen einer das Oemciu-<br />

wM betreffenden Sache bei Vermeidnng von Strafe Folge zu leisten, doch<br />

soll man sich Huten, ein Hervorragelides Mitglied leichtfertig zu ziticreu o<strong>der</strong><br />

vernnglimpscn zu lassen, damit nicht das AmVheu dcr ganzen Verbindung<br />

lci5c. ^c<strong>der</strong> von den Senioren erteilte, nicht gegen Anstand nno gnte Sitte<br />

vclsw^eude Anftrag soll ohne Weigcrnng ansgcfühn werden. Alle Mitglie<strong>der</strong><br />

haben gleiche ^icchtc,') doch sollen die jüngeren gegen die älteren sich eines<br />

bescheidenen nno anständigen Benehmens befleinigen nud deshalb in dm<br />

lm Konventen auch erst die Ansicht <strong>der</strong> ältereu hören. Wenn die<br />

V' 5cr San. daft dieiemaen, welche nns Verdiensten ihrer Vorfahren o<strong>der</strong><br />

adeliger Abiwnnmma. cinen geistigen Vorrang für sich m Aiispruch nehinen, auslrelcn<br />

soUc,,, ist gestrichen.


is zm- Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 93<br />

Senioren diese Reihenfolge nicht innehalten, sotten sie von den Mitglie<strong>der</strong>n<br />

zur Beachtung dieser Bcstimluunqcu angehalten wcrdeu. Nach clfolgtcr<br />

Abstimmung sollen die Zeniorcn dic vcrichlcdeueu ^ieiuuugell gcgeu<br />

abwägen und das <strong>der</strong> Ansicht <strong>der</strong> Mehrheit Entivrcchcude zunl<br />

crdebeu, <strong>der</strong> allgemeine Gültigkeit haben und nicht ohne gan^<br />

Grunde rückgängig gemacht werden joU. Wer sich cmem Bcschiusjc<br />

selzt o<strong>der</strong> dic Sal.nlugeu mißachtet, ioll einer harten Strafe verfallen uud<br />

dcu ^iat zum Austritt erhalteu. Verletzung <strong>der</strong> Tchweigcpfllchl i,l ^>er-<br />

biuduugsaugclcgenheiteu soll vou den Senioren nut Strafe beleg! lncrden.<br />

Berhciratetc o<strong>der</strong> seilte in Amt und Wurden können uur mit blon<strong>der</strong>er<br />

Oeuehluigulig dcr Vcrbiuduug dieser angehörcil, also etwa außerordentliche<br />

o<strong>der</strong> Ehreu ^iitgliedcr werden.<br />

Der dritte Abschnitt in 14 38 bandelt von <strong>der</strong> Kasse, l^r:xrmm<br />

o<strong>der</strong> ti5c!U8, ohne die eine Verbindung nicht beuchen kann, da Ausgabcu<br />

mannigfachster Art erwachseu, jei es durch Veichcucarnnna o<strong>der</strong> dnrch<br />

lluterstnlzuug von Armen nsw., nnd es uuzwcckmäßig wäre, in jedem Ein^l-<br />

falle erst bel deu Äiitglie<strong>der</strong>u gleichsam herumzubcttelu. Es soll deshalb<br />

je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> die Universität neu bezieht, nach seinem Vermögen einen Beitrag<br />

iu die Kasse gebeu, dessen Höhe bei dem Nameu des Svcudevs ui <strong>der</strong><br />

Matrikel verzeichnet werden soll. Auch die Strafgel<strong>der</strong> und sonstigen Ein-<br />

nahmen fließen <strong>der</strong> Kasse zu. Dagegen scheinen regelmäßige Mouats-<br />

Semesterbeilrage nicht erhoben worden zu jcm. Dlc Acrmaltltug <strong>der</strong>.<br />

liegt zwei Kassenwarten, iiän^5, od. die sich durch Alter.<br />

und Bildung auszeichnen sollen; von ihueu must ciuer ein Einheimischer,<br />

s)i^ric'lU3, sciu. Mit Zustimmung des Hlouveuls können auch die Zcuiorcu<br />

die Kasse verwalteu nud zwar in <strong>der</strong> Negel <strong>der</strong> Eiuheimische. llriuruugllch<br />

sollte uur diefer dle H?asse fuhrell dürfcu, später ist die Bcstilumllug dahiu<br />

abgeän<strong>der</strong>t, daß auch <strong>der</strong> uicht einheimische 3euior, falls er den Mitglie<strong>der</strong>n<br />

zuverlässiger erscheint, die Kasseufilhruug ubcruchmcu darf. Eiuem lUl'ilglicdc,<br />

auch dem Kasfcuwarte selbst o<strong>der</strong> dem Senior, darf aus <strong>der</strong> Kane uur lint<br />

Zustimmung des Konvents uud gegen Hintcrlcgnng eines augelnesseueu<br />

Pfandes lNeld geliehen werden. Für etwaige Verluste hat <strong>der</strong> .^asseilwart<br />

aufzukomlueu. Entnimmt dieser heiuilich Geld aus <strong>der</strong> Kasse, so muß er<br />

nu Falle <strong>der</strong> Entdeckung den dreifachen Betrag zurückzahlen, wenn er aber,<br />

ohne Nechnung abgelegt zn haben, sich heimlich aus dem Staube macht,<br />

soll er cum infamia ausgeschlossen werden. Erweiseu sich 2venden an<br />

Arme o<strong>der</strong> sonstige Ausgaben als nötig, so hat <strong>der</strong> Kassenwart dem Konucute<br />

diesbezügliche Vorschläge zu machen, nach dessen Ermeiscu die Höhe <strong>der</strong> ^u<br />

zahlenden Summe festgesetzt wird. Je<strong>der</strong>zeit soll <strong>der</strong> Kasscuwan auf Wuusch<br />

Rechnung ablegeu köuuen. Zwei altere Mitglie<strong>der</strong> jollen zmammcu mit<br />

beiden o<strong>der</strong> eiucm <strong>der</strong> Senioren dic Kanc revidieren uuo, falls irgcudwie


Ü4 Studentische Verbindungen in <strong>Greifswald</strong><br />

Perdacht vorliegt, <strong>der</strong> Verbindung Anzeige erstatten. Wenn die Senioren<br />

o<strong>der</strong> die Kassenwarte einem Mitgliede eine Strafe auferlegt haben, ist<br />

Berufung an den Konvent zulässig, <strong>der</strong> nach Anhörung <strong>der</strong> Berteidigungs-<br />

gnmde den Vundesbru<strong>der</strong> verurteilt, weuu er überführt wird o<strong>der</strong> sein<br />

Pergehen durch hartnäckiges Schweigen zugibt. Wi<strong>der</strong>setzlichkeit wird mit<br />

Entfernung aus <strong>der</strong> Verbindung bestraft.<br />

Ten vierten uud letzten Abschmtt bilden in ll ßß Bestimmungen über<br />

die Kraft uud Gültigkeit <strong>der</strong> Satzungen, <strong>der</strong>en Verlegung uud Umgehung<br />

für um so unbilliger erklärt wird, je weniger sie den besetzen <strong>der</strong> Universität<br />

wi<strong>der</strong>sprechen. Etwa sich notwendig erweisende Zusätze sollcu auf einem<br />

beson<strong>der</strong>en Zettel o<strong>der</strong> am biande verzeichnet werden. Damit niemand<br />

Unkenntnis <strong>der</strong> Tagungen vorschützen könne, solleu diese jährlich drei- bis<br />

viermal alleu Mitglie<strong>der</strong>n von dem zuletzt eingetretenen o<strong>der</strong> in dessen<br />

Abwesenheit von dem nächst jüngsten vorgelesen werden.<br />

. April l ft7ft.<br />

Über die beschichte dieser Deutschen Genossenschaft, insbeson<strong>der</strong>e<br />

über die Zeit ihrer lAründuna hören wir nichts aus diesen Satzungen, die<br />

unteu im Wortlaute mitgeteilt werden,') da wir aus ihnen wenigstens über<br />

Zweck uud Einrichtung mauches Iutcressaute erfahren. Nur soviel wissen<br />

wir, daß sie schou eiuige Zeit bestand, nicht aber, ob sie sich als direkte<br />

Nachfolgerin <strong>der</strong> Deutschen Oenossenschaft aus deu 50er und 60er Jahren<br />

betrachtete, o<strong>der</strong> ob es eine Ncugründung war. Auch ist nicht bekannt, ob<br />

fie ein Siegel hatte, ob die Mitglie<strong>der</strong> irgendwelche Abzeichen und Farben<br />

trugen. Ebensowenig sind uus Namen von Mitglie<strong>der</strong>n überliefert. Auch<br />

über die Stellungnahme <strong>der</strong> akademischen Behörde zu ihr siud wir völlig im<br />

Unklaren, ob sie nur insgeheim bestand o<strong>der</strong> schweigend geduldet o<strong>der</strong> offiziell<br />

anerkannt wurde. Doch ist eiue förmliche Ancrteunuug seitens <strong>der</strong> Behörde<br />

nicht sehr wahrscheinlich, da <strong>der</strong> oben erwähute 3 III <strong>der</strong> besetze für die<br />

Studierenden noch lauge nach dem Jahre 1


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. N5<br />

einzugehen sich erübrigt, l) bis am 2. September 175)0 die völlige Auf'<br />

Hebung aller „Verbindungen und Gesellschaften unter dem Namen <strong>der</strong>er<br />

Landsmannschaften o<strong>der</strong> baione,,- verfügt wnroe. Erst im Jahre 1751<br />

hören wir wie<strong>der</strong> von einer ^creinignng <strong>der</strong> Studierenden, einer Art allge-<br />

meiner Burschenschaft, mit einem senior an <strong>der</strong> ^pu


s^» studentische Verbindungen in Oreifswald<br />

Bis zum Beginne des l9. Iahrhnn<strong>der</strong>ls fehlen nun iegliche Nach-<br />

richten ilbcr studentische Vcvbiudnngcn irgendwelcher Art. Anch die au<strong>der</strong>-<br />

winl? bluheuden Ttlldentcuordru scheinen ,n Oreifswald keinen Eingang<br />

gcsnnden zu haben,') wenn auch Angehörige solcher Orden in (Oreifswald<br />

stndlcrt haben. So war z. B. <strong>der</strong> nnt Jahn in Händel verwickelte Mühlen-<br />

blnch Nostocker Koustantist, nnd Jahn selbst, <strong>der</strong> sich in Greisswald „Fritz"<br />

iwnntc, soll Hallenser Unitisi gewesen sein.^) Um beide gruppierten sich<br />

d,c deutschen Studeuteu, nnd zwischen den ,/I^ühlcubruchiaueru" und<br />

„Fritziaucru" herrschte erbitterte Feindschaft, aber zur (Gründung organisierter<br />

Orden o<strong>der</strong> Verbindungen kam es nicht.<br />

Nicht zum wenigsten war das in dein Nie<strong>der</strong>gange <strong>der</strong> Universität<br />

überhaupt begründet, in dem diese sich in deu lekten Jahrzehnten <strong>der</strong><br />

schwedischen Herrschaft befand, einer Zeit, in <strong>der</strong> sie nnr höchst kläglich ihr<br />

Dasein fristete. Die Zahl <strong>der</strong> Studenten bctrng jährlich etwa A)—4lllln'd^3. luitiu qni'ieiu dlaulliuik rem<br />

cum (.ulllllllliilm^ä iiäätiln privilegila ^l^l,«<br />

') Tlis Verbot dcs ^l'alionalislml'5 wurde auch auf die Orden ausgedehnt.<br />

odcn S. U>>, Ann: l.<br />

^, Über diese .vcmdcl vcrgl. (Äeqenwart XX (1861) Vd. 3, S. 385ff. und<br />

ioualsli^lc XV, S. 2ff.<br />

Vclgl. ("cgclnvart. a. a. O.<br />

Vcrsil ,^. .'i. Var^ows Nachncktcn über die älteste Geschichte <strong>der</strong><br />

^. lU, für <strong>der</strong>en Milleilulig loie für sonstige freundliche Unterstützung


auf <strong>der</strong> Universität zu Mreifswald. 97<br />

Erst im Jahre Ittls) entstand in lyyeifswald eine Verbindung im<br />

heutigen Sinne, die Landsinannschaft Pomcrania. Über die Veranlassung<br />

zu <strong>der</strong>en (Gründung berichtet ciu Tagcliuch <strong>der</strong> Pomcrania: ,/^egell das<br />

Endc des Jahres 18N) war auf hiesiger Universität <strong>der</strong> noch vor einigen<br />

Jahren sich thätig zeigende Änrschengeist uuter den Studierenden alllnählich lo<br />

sehr verfallen, daß sie sich fast gar nicht von den Pennals o<strong>der</strong> Philmcrn<br />

unterschieden. Es herrschten Zoten und ein ganz kümmerlicher Ton, es<br />

bildeten sich verschiedene Klicken, worin gleich und gleich sich gesellten;<br />

je<strong>der</strong> bekümmerte sich uur um sich selbst uud an l^emeiugeist und Allheit,<br />

die uur allem Achtuug uud Ansehen erwerben, war gar nicht zu denken. —<br />

Einige Edlere unter den Studierenden nun, die sich von selbst zusammen-<br />

fanden, sahen diesem Unwesen mit Mißvergnügen zu und hegten schon<br />

lange den Wunsch, sich näher an einan<strong>der</strong> anzuschließen nnd womöglich den<br />

echten Burschcnsiuu wie<strong>der</strong> zu erneuern. So kam denn im November lNI von elf Studierenden<br />

die Pomerauia, auch Pommersche Verbindung <strong>der</strong> Vrndcr genannt,<br />

konstituiert, <strong>der</strong>en erster Senior ntuli. woll. W. Kintop aus Stettin war,<br />

dem Anfang März 18! 1 <strong>der</strong> Studentemenior Wö'loicke sein Seuiorat<br />

abtrat, wie auch iu den nächsten Jahren die Pomerauia die Greifswal<strong>der</strong><br />

Studentenschaft repräsentierte, indem thr Senior zugleich Honmr ommum war.<br />

Hhre Grün<strong>der</strong> hatten z. T. <strong>der</strong> ^audsmauuschaft Pomcrania in Frankfurt<br />

a. O.") angehört, <strong>der</strong>en Satzungen auch deu ihrigen zum Muster oicuteu, und<br />

Herrn Di-. W. F abriclus auch hier verbindlichst gedankt sei. Lei<strong>der</strong> fehlt dem<br />

nur übersandten Exemplare des Varlowschen Aufsatzes das Titelblatt, und es ist mir<br />

trotz wie<strong>der</strong>holter Anfrage bei dem Corps Pomerama, in dessen Curp^ Chronik er<br />

gedruckt sein joll, mcht möglich gewesen, den Titel und das Erscheinungsjahr sesl-<br />

') Vergl. die von dem d. (^. des Corps Pomerania zu Oreifswald in dankenswerter<br />

Bereitwilligkeit mir zugänglich gemachte Chromk dc3 j.<br />

') In Frankfurt a. O. bestand ein Pommersches Kränzchen, das<br />

sich 1800 nut dem Märkischen zum M ä rki s ch - P om m ersch en Kränzchen<br />

erweiterte. A<strong>der</strong> 1807 trennten sicy Marter und Pommern wie<strong>der</strong>. Vergl.<br />

5!. Golinsti, a. a. O. S. 94 und 10l.<br />

Vallilche Studien N. ss. X 7


98 Studentische Verbindungen in (^reifswald<br />

mit <strong>der</strong> sie noch im Sommer 1811 ein Kartell schloß.') Ans <strong>der</strong> Frank-<br />

furter war auch die Berliner ^andsmannschast Pomerania hervorgegangen,<br />

mit <strong>der</strong> die Grcifswal<strong>der</strong> am 14. Januar 1«12 gleichfalls ein Kartell-<br />

uelhältins anknüpfte.-') Oas erwähnte Tagebuch reicht allerdings nur bis<br />

Mm ^'.». Mai 1^12. Die Pomcrama hat aber damals nicht, wie Fabricius<br />

aunlmmt/) eine Unterbrechung erlitten, son<strong>der</strong>n die in Blau mit Silber,<br />

dlc Farben <strong>der</strong> Pomcrania, gebundene Fortscynng des Tagebuches, die bis<br />

znm Dezeuiber 1^


is zm Mitte dr3 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 99<br />

Sommer 1^16 erfolgte aber die Nekonstitution, bald jedoch auch eiue ucue<br />

Spaltung. Am ^2. August 1«1


1 ^ Studentische Verbindungen in<br />

!9. in Kiel und Königsberg sehend) <strong>der</strong> auch die früheren Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Pomerania beitraten. Die Vorsteher mieteten bei dein Burger und<br />

Kuchenbäcker Kampshcnkel (an <strong>der</strong> Ecke <strong>der</strong> Fisch- und Langen Straße) ein<br />

angemessenes ^otal, wo mau regelmäßig zusammenkam nnd für billiges<br />

Geld Speise und Trank erhielt. Wenn gememsamc Angelegenheiten zu<br />

besprechen waren, wurden Konvente abgehalten, auf denen die Borsteher<br />

Borschläge machten, über die durch Mehrheitsbeschluß entschieden wnrde.<br />

Bald aber entstanden Mißhelligtcitcn. Manche wollten sich den Mehr-<br />

heitsbeschlüssen nicht fugen, hielten den Einfluß <strong>der</strong> Vorsteher für zu<br />

mächtig und trennten sich wie<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Allgemeinheit, <strong>der</strong> vorgeworfen<br />

wnrdc, daß sie jeden neuankommendcn Studenten nötigte, zn ihr über-<br />

zutreteu, uud uicht dulde» wollte, daß cr sich nicht zu ihr hielt.<br />

Ostern IN^l war nun eine Anzahl, beson<strong>der</strong>s Berliner Studenten<br />

nach Grcifswald gekommen, die sich zum Teil mit deu Mißvergnügten<br />

vereinigten und am ^). Mai, förmlich aber erst ani 14. Iuui 1^21 die<br />

ciu halbes Jahr zuvor aufgelöste Pomerauia rctonstitnierten, die sofort mit<br />

den Berliner Landsmannschaften Thuringia, ^usatia, Pomerania uuo<br />

Marchia in Kartell trat. Es wurde das sehr geheim betrieben, so daß<br />

we<strong>der</strong> von dem Zwiespalt noch von <strong>der</strong> beabsichtigten Erneuerung <strong>der</strong><br />

Pomerania etwas ruchbar wurde. )loch im Mal konnte <strong>der</strong> Ncktor dein<br />

Königlichen Bevollmächtigten an <strong>der</strong> Berliner Universität Ober-Regierungs-<br />

rat Schulz dessen Anfrage, ob in Greifswalo Spuren emer Arminia o<strong>der</strong><br />

einer an<strong>der</strong>en Verbindung vorhanden seien, verneinen.<br />

Nachdem am 15). Mai <strong>der</strong> Ncktor Kanngießer sein Amt angetreten<br />

hatte, bemerkte er Studenten, die teils schwarz-rote, teils blau-weiße Bän<strong>der</strong><br />

im Knopfloche trugcu. Erkundigungen führten zuuächst zu keinem positiven<br />

Ergebnisse, man gab die auswcicheude Antwort, es seien Freundschafts-<br />

bän<strong>der</strong>. Schließlich gelang es dem Nektor aber doch, den ätud. ^ur. Hede-<br />

mann, <strong>der</strong> das schwarz-rotc Vano trug, zu einem Geständnisse zu bewegen.<br />

Er sagte aus, das Baud sei das Abzeichen <strong>der</strong> Arminia, <strong>der</strong> er in Berlin<br />

angehört habe. Über <strong>der</strong>en Zwecke und Grundsätze ließ er sich dahin aus,<br />

„sie stehe im Gegellsatze <strong>der</strong> Landsmannschaften, welche verdorben wären,<br />

nur für den Genuß, Sinucsvcrguügeu uud Wollust lebten uud sich den<br />

Studien höchstens zum Broterwerb widmete», dahingegen die Anhänger <strong>der</strong><br />

Arminia sich gegen Ausschweifnugen zu bewahren, reineu wissenschaftlichen<br />

Gelst, Sinn und Gemüt für alles Edle und Gute zu eutwickeln und den<br />

Zweck des akademischen Vebeus mit Ernst und Eifer wirklich zu erreichen<br />

strebten."<br />

Der Rektor bewog Hedemann und seine Freunde zur Anlegung des<br />

Bandes, ebenso anch die Träger blan-weißer Bän<strong>der</strong>. Alle versicherten, daß<br />

^Fabricius, a. a. O.. S. 322 und 324.


is zur Mitte des 1». IM-Hun<strong>der</strong>ts. UN<br />

we<strong>der</strong> eine Arminia noch eine Landsmannschaft in wreifswald existiere,<br />

son<strong>der</strong>n daß einige die Bän<strong>der</strong> ans Berlin mitgebracht, an<strong>der</strong>e sie ans<br />

Nachahmung angelegt hätten. Damit schien die Sache znuächst erledigt.<br />

Bald aber brachte <strong>der</strong> Nestor in Erfahrung, daß noch immer Bän<strong>der</strong><br />

hier und da sichtbar würden, und unter den Studierenden zwei Parteien<br />

existierten, die im Gegensatze zn einan<strong>der</strong> ständen und in Feindschaft lebten,<br />

ohne daß er Näheres nber die Ursache des Zwiespaltes ergründen o<strong>der</strong> über<br />

die Führer <strong>der</strong> beiden Parteien Aufschluß erhalten tonnte.<br />

Inzwischen hatte sich die Pomcrania mit dem 3wc1. Dreßler als<br />

Senior aufgetau, <strong>der</strong>en Koustituieruug am 10. Juni in einem Konvente <strong>der</strong><br />

Allgemeinheit dieser angezeigt wurde. Die Folge war eine erbitterte Fehde<br />

und Verrufserklärung gegen die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Pomerania. Ich kann über<br />

diese Streitigkeiten hinweggehen, da sie von an<strong>der</strong>er Seite eine cingeheu<strong>der</strong>e<br />

Darstellung erfahren/) (5s wurde seitens <strong>der</strong> akademischen Behörde ciue<br />

Nutersuchuug eingeleitet, iu <strong>der</strong> bei dell Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Pomerania <strong>der</strong>en<br />

Gesetzbuch uud das obcu erwähnte Tagebuch, bei dem 8tuc!. Billroth von<br />

<strong>der</strong> Allgemeinheit <strong>der</strong>eu Satzungen beschlagnahmt wurden.<br />

Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Pomcrauia wurden vom akademischen Gerichte<br />

teils mit Nelegation, teils mit dem s)0N3ilium al)6u„(1i bestraft, worauf<br />

sie nach <strong>der</strong> Publikation <strong>der</strong> Urteile die Pomerania auflösten. So touutc<br />

am 19. August <strong>der</strong> Nettor berichten: „Hiermit ist, wie ich hoffen mnß, die<br />

Geschichte und das Daseyn des unter dem Namen Pommerania bekannt<br />

gewordenen Bundes geendet, <strong>der</strong> in allem Betracht einen höchst unverträg-<br />

lichen Charakter hatte und bei längerem Bestehen die Universität unterjocht<br />

haben würde."<br />

Die Untersuchung gegen die Allgemeinheit dauerte etwas länger<<br />

Wie sie geendet, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Doch erfolgte nach<br />

Aufzeichnungen des Rektors in <strong>der</strong> Uuiversitäls.Matrikel ") ihre förmliche<br />

Auflösung auch gegen Ende des Sommerscmcsters 1.^1.<br />

Ob diese Allgemeinheit, abgesehen davon, daß ihre Mitglie<strong>der</strong> zum<br />

Teil auf an<strong>der</strong>en Universitäten Burschenschafter gewesen waren, Beziehungen<br />

zur Deutschen Burschenschaft hatte und ob sie politische Tendenzen verfolgte,<br />

ist nicht bekannt. Soweit wir sehen, sollte sie lediglich emc Vertreterin<br />

rein studeutischer Interessen sein und in gemeinschaftlichen studentischen<br />

Angelegenheiten, z. B. bei Feierlichkeiten, Aufzügen o<strong>der</strong> bei Ehrenhändelu,<br />

Ordnung halteu.<br />

l) E. 3 anss e, Der Konflikt zwischen Allgemeinheit und <strong>der</strong> Landsmannschaft<br />

Pomerania in <strong>Greifswald</strong> im Sommerhalbjahre 1821 sunten S. 119 ff.).<br />

^ Nach aütigcr Mitteilung dcs Herrn Bibliothekars Dr. 6. Lange zu<br />

<strong>Greifswald</strong>.


Studentische VerbittdlMften in (^reifswald<br />

Inzwischen war von dem radikalen Burschenschafter Karl Follen<br />

<strong>der</strong> sog. Innglingsbuud mit allerdillgs sehr rcvolutiouäreu Teudeuzen<br />

gegründet worden,') <strong>der</strong> in den Jahren 1^5j 24 Anlaß zu ciuer wahren<br />

Hel/laqd aus die Mitglie<strong>der</strong> des Bnndes, <strong>der</strong> Burschenschaft uud <strong>der</strong><br />

^erdiudungen übcrhanpt in sämtlichen deutschen Staaten führte. Beson<strong>der</strong>s<br />

scharf ging man in Preusien vor, dessen Strafurtcile sich durch große Härte<br />

auszeichneten.<br />

Infolgedessen finden wir auch in lhreifswald in dell nächsten Jahren<br />

leine Spur sluoeutischcr Berbiudungen, die, falls überhanpt nach dell Ereig-<br />

nissen des Sommers I8iN nene cntstallden waren, sich aus Furcht vor<br />

dem Schicksale <strong>der</strong> zu Köpenick Verurteilten jedenfalls bald wie<strong>der</strong> aufgelöst<br />

hatten. (5s bestand dort nur eine zweite Auflage <strong>der</strong> Allgemeinheit/)<br />

ohne alle Form, nur mit einem Komment, <strong>der</strong> nichts weiter enthielt als<br />

Borschriften über studentische Angelegenheiten, d. h. über Duelle, über<br />

Studentenehre, Verruf u. a. Bald aber entstanden in dieser Allgemeinheit<br />

Streitigteilen, indem einige Mitglie<strong>der</strong> dnrch »ianfereien und Trinken, sowie<br />

überhaupt durch ein rauhbeiniges Betragen sich Geltung zu verschaffen snchtcn,<br />

während an<strong>der</strong>e, beson<strong>der</strong>s Mitglie<strong>der</strong> früherer burschensckaftlicher Ver-<br />

bindungen, nur ein sittliches, wissenschaftliches ^ebeu unter den Studenten<br />

aufrecht erhalten wollton. So bildeten sich wie<strong>der</strong> zwei Parteien, die eine<br />

das Prinzip <strong>der</strong> früheren Laudsmauuschaftcu, die an<strong>der</strong>e das <strong>der</strong> Bursche«-<br />

jchafteu repräsentierend. Jede Partei son<strong>der</strong>te sich immer schroffer von <strong>der</strong><br />

au<strong>der</strong>eu ab, bis sie endlich als förmliche Berbiuduugeu sich konstituiertet!.U)<br />

Zuerst tateu Anfang 1«2? die Anhänger des landsmannschaftlichen Prinzips<br />

die frühere Landsmannschaft Pomerauia als (5orps wie<strong>der</strong> auf, was natur-.<br />

gemäß auch einen engeren Zusamnicuschluß <strong>der</strong> Auhänger <strong>der</strong> burschen-<br />

schastlichen Richtung, die spottwcise die „Schotten" genannt wurden, zur<br />

Folge hatte. Ein zwischen beiden Parteien gelegentlich eines Duells zwischeu<br />

einem Pommern und einem Schotten entstandener Zwiespalt wnrde dnrch<br />

eine Kommission beigelegt, welche die gegenseitige Anerkennung bewirken und<br />

den Komment revidieren und erneueru sollte. Bon diesem Zeitpuukte ab<br />

mußte auch die burschenschaftliche Partei als förmlich konstituierte Verbindung<br />

gelten, denn sie war von <strong>der</strong> Pomerania als solche anerkannt, hatte ein<br />

') (5mer <strong>der</strong> eifrigsten For<strong>der</strong>er des Iunsslinsssdundes war <strong>der</strong> ehemalige<br />

ArciflammerMickts zn Berlin ^eacn 43 Mltaliedcv<br />

<strong>der</strong> sschcinlcn Stndcntcnucrbiudung aus <strong>der</strong> Uln'ueu'ität Orcifswald vom 5.<br />

1835, adgcdruckl im ^üevatllr- und InteUlgenzdlall für ^cu^Voipommcrn und bi<br />

( ^c'llasse zur Sundme) 18:i6. S. 213 ff.<br />

^ -»lbnlich wie n'emg später in Noftock die dortige Maemeinheit sich m die<br />

Arminen mw ^ionnantlslen svaltcte. Vergi. Architi für Kulturgeschichte Hl, S. 345 sf.


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 1lN<br />

Gesetz, nämlich den erwähnten Komment, nnd trug die Burschcnschaftsfarben<br />

schwarz-rot-gold. Sie organisierte sich im Winter 1^27?« fester, indem<br />

sie drei Porsteher: Sprecher, Fechtwart und Kassierer erwählte, ^m Hcrbstc<br />

182N erfolgte auf Grund einer bei dem Nuiverntatsgorlchtc angebrachten<br />

Auzeige einiger wegen ihres rohen Lebens ausgcschlosscucu Mitglie<strong>der</strong> eine<br />

Uutersuchllug, die mehreren Mitglie<strong>der</strong>« tcNs dac< sV>ni!iunl ickcumli, teils<br />

weuigstens dessen Unterschrift eintrug. Die ^olge war ciu uoch engerer<br />

Zusammenschluß <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>, oic, um sich uäher tcuucu zu lcrueu, jcues für<br />

die Burschenschaften charakteristische Institut <strong>der</strong> wgcuauutcn KräuMu cr-<br />

richteteu, in dellen über wissem'chaftliche, philosophische und geschichtliche,<br />

namentlich politische Dinge gesprochen wurde. Zugleich aber wurde dell Mit-<br />

glie<strong>der</strong>n die Geheimhaltung <strong>der</strong> Verbindung ^ strengsten Pflicht gemacht.<br />

Da bei <strong>der</strong> Untersuchuug das bisherige lAcsekbuch dcr Burschenschaft<br />

beschlagnahmt worden war, so wurde durch eine Kommission vou vier Mit-<br />

glie<strong>der</strong>» eine Konstitution ausgearbeitet, die Pfiugstcu 1^'l iu Kraft trat uud<br />

die Vcrbindilng in sich selbst mehr festigte, als <strong>der</strong>en Tendenz die nnlich wissen-<br />

schaftliche Ausbilduug zur Befähigung für dell künftigen Staatsdienst fcst-<br />

geseht wurde, über die man sich in den Krinnchru näher verständigte. Auf<br />

die innere Organisation <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Burschenschaft, die <strong>der</strong> gemäßigteren,<br />

armenischen Richtung angehörte, naher ciuzugehcu, ist lucr nicht <strong>der</strong> Ort.<br />

Ostern Itt^sj trat eine neue Konstitution als (besetz dcr Burschenschaft in<br />

Kraft, die durch die im Sommer ltt'^9 erfolgte Einführung des Muouccn-<br />

Instituts erfor<strong>der</strong>lich geworden war.<br />

Die Absicht, sich <strong>der</strong> Allgemeinen Deutschen Burschenschaft auzuschlies-eu,<br />

die weuige Jahre zuvor von ueuem koustituiert wordeu war, führte zu<br />

Verhandlungen in Halle, die aber — aus welchen Gründen, liegt im<br />

Dunkeln -- nicht zum Ziele führten. Ebensowenig tam ciu zwischen dcu<br />

Burschenschaften von (ttreifswald, Rostock und Kiel geplantes Kartell zustande.<br />

Im Sommer 1NI2 hatte ein Mitglied <strong>der</strong> Burschenschaft, das wegen<br />

geringfügiger Zwistigkeiteu aus dieser ausgetretm war, mit mehreren<br />

Kommilitonen eine Verbindung Germania bcgrüudet. Als <strong>der</strong>en Zweck<br />

wurde nur ein geselliges heiteres Studentenleben angegeben, doch hat sie<br />

offenbar auch burschenschaftliche Tendenzen gehabt, da sie, was freilich von<br />

ihrem Begrün<strong>der</strong> bestritten wurde, Am'chlust au o,e Allgemeine Deutsche<br />

Burschenschaft gesucht haben soll. Jedenfalls führte aber das Gerücht von<br />

dem Ansuchen <strong>der</strong> Germania zu dem Beschlusse dcr Grenswaloer Vurschew<br />

schaft, uuumehr ihrerseits um Aufnahme iu den Verband uach^usuchcu. Das<br />

machte wie<strong>der</strong> die Ausarbeitung einer neuen Konstitution uotwmdig, auf die<br />

am 1. März 1.833 die Mitglie<strong>der</strong> des engeren Vereins — ole Ncnouccu<br />

erfuhren die Tendenz <strong>der</strong> Burschenschaft uicht — durch Handschlag uud<br />

Ehrenwort verpflichtet wurden. Bald darauf aber begannen die gericht-


lO4 Studentische Verbindungen in <strong>Greifswald</strong><br />

lichen Untersuchungen gegen die Verbindungen in <strong>Greifswald</strong>, die im<br />

Dezember 1^33 zur Auflösung <strong>der</strong> Bnrschenschast führten, „Die (Geschichte<br />

dieser Burschenschaft liefert", heißt es in dem Erkenntnisse des Kammer-<br />

gerickts,') „wie<strong>der</strong> einen schlagenden Beweis, wie gefährlich solche geheime<br />

Ttndcntcn-Vcrbindnngen werden können. Ans einer ganz formlosen bnrschen-<br />

schastlichen Partei entstand zncrst eme Verbindung, die das politische Prinzip,<br />

das allen Burschenschaften mehr o<strong>der</strong> weniger zum Gninde lag, noch<br />

unbestimmt und unentwickelt in sich enthielt; dieses entwickelte sich aber in<br />

dem weiteren Verlanfe <strong>der</strong> Zeit immer mehr, bis endlich die Verbindnng<br />

geradezu eiue revolutionaire wnrde. Daß dieselbe noch zu keiucr änßern That<br />

geschritten, hat seinen (Arnnd wohl nur darin, daß bald uach ihrem Ent-<br />

stehen die Untersuchungen ihren Anfang nahmen, in Folge <strong>der</strong>en die Ver-<br />

bindung sich Ende 1833 auflöste."<br />

Natürlich standen die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Burschenschaft auch weiterhin in<br />

engerem Bertehr, was im Sommer 1N34 zu dem Gerüchte von ihrer<br />

Nekonstitution uud zu einer neuen Untersuchung führte, die jedoch ein positives<br />

Ergebnis nicht hatte. Jedenfalls aber hören wir nach dem Urteile vom<br />

5. Dezember 1835 von einer Burschenschaft in <strong>Greifswald</strong> vor <strong>der</strong> Hand<br />

nichts mehr. Erst nach dem Univcrsitätsjubiläum von 1N5K erfolgte die<br />

(Gründung <strong>der</strong> Nugia, aus <strong>der</strong> sich enuge Jahre später die (Hermauia<br />

abzweigte, die beide noch heute bestehend)<br />

Die zu Anfang des Jahres 1X27 konstituierte Pomerania muß bald<br />

wie<strong>der</strong> eingegangen sein, da sie am !2. Juni 1829 abermals retoustituiert<br />

wurde, welcher Tag auch bis zum Sommer 18W als Stiftnngstag des<br />

Eorps Pomerania geführt worden ist. Gleichzeitig mit <strong>der</strong> Untersuchung<br />

gegen die Burschenschaft begann auch die gegen die Pomerania, die sich am<br />

ft. Februar ltt34 auflöste, weil sie nach Konsiliiernng mehrerer Mitglie<strong>der</strong> nur<br />

noch zwei Corpsbursckcn zählte, die sie nicht aufrecht erhalten konnten. Neben<br />

<strong>der</strong> Pomerania gründeten drei ans dieser ausgetretene Mitglie<strong>der</strong> Ende Juni<br />

1^32 das Corps Borussia mit den Farben schwarz-rosa-weiß, die von<br />

den Corpsburschen im Bande, von dell Renoncen nnr an <strong>der</strong> Mütze getrageu<br />

wurden. Eines langen Bestehens hat die Borussia sich jedoch nicht erfreut, da sie<br />

sich auch im Februar 1^34 auflöste; ihre Akten wurden verbrannt.^) Außer-<br />

dem soll nach Fabricius in <strong>der</strong> Zeit 1832—34 eine Marchia existiert<br />

haben, die aber nur in dem Mitglie<strong>der</strong>verzeichnisse des Corps Pomerania<br />

erwähnt wird, wo 8wä. mcä. Kohlstock ^Nr. 27) und ätuä. tll6d1. Otto<br />

') a. a. O., S. 333.<br />

') R. ssick, a. a. O., S. 299. - Ob und wann eine dort erwähnte Burschenschaft<br />

Al lem an ni a existiert hal, habe ich nicht ermitteln können.<br />

') Geh Staatsarchiv zu Berlin: Nep. 77. XIX, ^andsmannschaftl. Verbindungen<br />

Nr 4 Bl 11 ft. F ad: iciils, a. a. O., ^. 373, kennt sie nicht.


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. 105<br />

sNr. 40) als frühere Grcifswal<strong>der</strong> Marker bezeichnet werden.') Einen<br />

altenmäßigen Beleg für die Enstenz <strong>der</strong> Marchia habe ich jedoch nirgends<br />

finden können. Auch in den Unterinchungsaktcu werden nnr Pomerania und<br />

Borussia erwähnt. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, daß eine Marchia<br />

wirklich bestanden hat, und die Nngabcu werden wohl auf einem Irrtume<br />

beruhen.')<br />

Im Sommer 1834 soll die Pom crani a, zunächst nntcr dem Namen<br />

Allgemeinheit, dann aber unter ihrem alten Namen mit den Farben<br />

blau-silber für die Corpsburschen und blau-weiß für die Nenoncen rctoustituicrt<br />

worden sein. Doch wurde das in <strong>der</strong> nencn Untersuchung gcgcu dic Pomcrauia<br />

im Winter 1^34/35 von <strong>der</strong>en angeblichen Mitglie<strong>der</strong>n bestritten, und nur<br />

das Bestehen einer harmlosen FeclUgescllschaft zugegeben/) Nach dem am<br />

25. April 15N5 gefällten Urteile <strong>der</strong> akademischen Behörde ist es aber anßer<br />

allem Zweifel, daß sie im Winter 1H'54/3s> wirklich wie<strong>der</strong> bestanden hat/)<br />

Anfang August 1H4sj wurde sie uochmals suspendiert/) nachdem sic bereits im<br />

Dezember 1845 infolge eines Konflikts mit den an<strong>der</strong>en (Areifswal<strong>der</strong> Corps<br />

ans dem 8. (.'. ausgeschieden war, aber schon spätestens Anfang 1^47 er-<br />

neuert. Seitdem hat sie eine Unterbrechung nicht mehr erfahren. Ihr haben<br />

sich seit dem Ende <strong>der</strong> 30er Jahre noch die Corps Silesia, Guestphalia,<br />

Borussia, Saxonia und in neuerer Zeit Baltia zugesellt, die aber bis<br />

auf die Borussia und Guestphalia längst wie<strong>der</strong> eingegangen sind.<br />

Auf die übrigen studentischen Verbindungen uud Bereinigungen iu<br />

<strong>Greifswald</strong> einzugehen, gehört nicht in den Nahmen dieser Arbeit. Sie sind<br />

fast durchweg erst in den letzten 40 Jahren gegründet.<br />

Die Entwickelung des Verbindungswesens in <strong>Greifswald</strong>, das infolge<br />

<strong>der</strong> fast 170jährigen Zugehörigkeit zu Schweden in <strong>der</strong> äußeren Form sich<br />

bis zum Anfange des N). Jahrhun<strong>der</strong>ts wesentlich au<strong>der</strong>s gestaltete, wie an<br />

den übrigen deutschell Universitäten, war bisher so gut wie unbekannt. Sie<br />

bildet aber einen nicht unwichtigen Abschnitt in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Universität<br />

und ist kulturgeschichtlich nicht ohne Interesse. Eiue Darstellung dieses Werde-<br />

ganges hat deshalb ihre Berechtigung und sei unserer Hochschule zur Feier<br />

ihres 450jährigcn Bestehens dargebracht von Einem, <strong>der</strong> zu den Schülern<br />

dcr alma mater (^i^illic^ gehört zu haben allerdings nicht die Ehrc hat.<br />

') Chronik des Corps Pomerania 1897, S. 34<br />

') Jedenfalls taun sie nicht 1852—34 bestanden haben, da <strong>der</strong> 8tnä. moä.<br />

Kohlstock bereits im W.-S. 1831/32 <strong>der</strong> Pomerania anaehörie und Ostern 1932 nach<br />

Berlin ging. Uniu.-Archiv: 55 VUI, Nr. 19, Vl. 4 ".<br />

') Univ.-Archw: 2 VllI, Nr. 20a.<br />

*) Tie Akten über eine neue Untersuchung gegen die Pomerania im Jahre 1836<br />

sUmv.-Archiv: A VII!, Nr. 29-3l) sind bedauerlicher Weise nicht mehr vorhanden.<br />

b) Ebenda Nr. 12


Studentische Verbindungen m <strong>Greifswald</strong><br />

I.<br />

,8 illicitum conventiculum<br />

j<br />

.lti 3unt.<br />

ut ^li^ slii<br />

^ exitinm<br />

Kollo ro^l, »od regere, noÜ6 ;>aror6, 8^6<br />

N8um mt^r^^wli vo!«pt>i6 eonsetur<br />

8'l)i cl^8t^ et, ü


is zur Mitte des 1 l<br />

nuic; rei^su^lielle) lnlelne3 lunnine3 :l33issnare omni<br />

ne^merunt, ni^i, «zum! «.3vlunl e>>t issnor^ntiuM) 3ul> nlixta l»e«l6<br />

r. Oontmetur eninl in lloc el,etu v:uin llolnininn aolluvie3,<br />

ae ex trivio rnntn., l^u^« ß^ilei-e Lplouslet, s^ua.6 cisx'lrii,«. et iiiertia<br />

pl)te3t, ni^i Aliaci illlrum Miljnr numeni8 8it etimn inwr 608,<br />

8U«. autll^ritiUe èssere, volunt, ut 8e 8cient68<br />

in 60 oum i-elj,s,ll3 8tttlll„8l' tt60p!i>ti, l^ul!)U8, l^lim illi 86<br />

non s»otuorunt inteiii^ere, quoci in ooinnnmio<br />

Hie. popu1u3 n^et jura m^je3tl^ti8, conctenäi<br />

et, quoci eximiunl, l^rditrium detti et paci8. I^e« ccinclunt in<br />

8o6 it^, ut pt-HO 86 ferunt, repewnt ex ütiilrum ilcftciemiarum ultima.<br />

feoe, ip8l vacui wenti8: teginu8 Intig unuinquomi'um fore<br />

otticii8 in36tvit. ^dveniyntium nomen (iireetoridu3 ^<br />

'! ttarum ma.llllg.ta keliciter aci tinem sleäucito! In3i8 c^e nl»vi<br />

r! Delicta<br />

con6ltion6 6ato! I^emo ante l>s>vÌ3eme3tre 3tu()i«> s>i-ivilessin. nmnito!<br />

in tems>^3 z>er a,)num exÌ3ten8 oeou^ato! /V ssl3.(lio et<br />

2.NNUM tems,ern.w! I^iumninig et tÌ3eÌ8<br />

roä<strong>der</strong>ent. I^in e.s)nc,638a plenitucio poteätatig, ut kakeront ^U3<br />

i, tisei, äelintn. nmanäi, 6H 6efsrenäi, muleta imponenti. 63.8<br />

Ii, in aeaclemiae commoäaszue ero^anäi, omniu. 6el»i


Studentische Verbindungen in lhrei<br />

^!li5;t


is zur Mitte des 19. Iabrbllndcrt?.<br />

morum per oxtremum dipoli loetum,<br />

in ^c^de.mia.« l^ntner^nil8, proll dolor! dlmidio circiter s<br />

86oulo est invecta. Oujug nloi^5tro8lis 6uoo1i3 prima velut i n ,<br />

g>dole8l?entinm, juventuteni, 8ene^tttm, eilect«. dl^ln^ue piltre 8II0 dlAllu<br />

!l^tiu8 memorar! pO836lit, nÌ8> lloo ^nt6 N03 nlii e^ressie prne3titi88ent<br />

et n^no 8ittnn^6<br />

8titl336nt.<br />

tum in v<br />

in<br />

et tum<br />

unanimi C0N86N8U et nunl^uilm 8ntÌ8 !ttu^l^nlin. nletute, tiu3 illi tacite nuno<br />

i et elogio ultimo narnm jucuilä<br />

li onori ti cn tae6ium multi8^ doni3 vero omni!,u8 ^U8tl83lNl«.m uilenl movere.<br />

1ntelii^itl8 f)rocu1 (iunio ex ni3, civ68 ael«l6mike, un.ec!^.m 68t, ^rn.eivere> lioc meritiz^imo ^<br />

8eo^uimur tramite et via. Nt


l II) Studentische Verbindungen in Oreifswald<br />

uic «!,t6mnereti8 et cum praeäicw coükssw ve8tro natinnali omnia<br />

naetenu8 U3urpata in o0mmilitone8 ve8tro8 noviti08 imperia 6t<br />

sjiltlmviz 8M6 ) p<br />

euin 0(Iio3l8 nominidu8 n'scalium, nenlmlium, 8eniorum penitu3 ex<br />

teuipore ve^titu^ genere lzu5l3i 8ervi-<br />

severe et 5ul> emnnnniltione inevitili3<br />

ut in 8i8num propul^nti foelkw 8ervi-<br />

i et. re^titiiwe szull^i p^llilninio nnti


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. ! 1 !<br />

III.<br />

8. I.<br />

?laeita goeietatig S<br />

(^uartu8 nunc annn» volvitur,<br />

oommilitone8, czuo prinmm no8tilium<br />

patriae no^trae l^uieteln interpellavit.<br />

lionldardarunl od loei di«tanti:im tenue<br />

inlbrem ^uil333.tl3 veluti nunir»u8<br />

uuluit<br />

noe<br />

nino<br />

liinite coercitum<br />

sloinuum, vili^riim, urlliuin<br />

^.Q ls)80 timine<br />

et nostri 8uec.sii-um^lle o!ementi38!mi<br />

fortuna znaotixit torminum. ^ä l<br />

Unnen 8o!i I)ec> ter i<br />

noiitt'3. non liliii.t'unt<br />

everterunt (^r)li^io5l<br />

Deus<br />

ol)tu1it laeo<br />

luit,<br />

8io inter<br />

in alma. (?rvpbio8.<br />

c1ari88lmi 6t persximii domini<br />

armorum 8trepitu8 et. clan^or<br />

Gl'ima tormentorum fulmina et<br />

murmur o^uid aliud nul»oiadant,<br />

eum impetu erupturum? N<br />

i II! i<br />

non<br />

terram.<br />

u et tl:


mo!e5 nee sirenes l^uridu8 me1iu8 j<br />

mexperttl.8 deinuleent. l^ic ^<br />

et.<br />

studentische Verbindunsscn in Oreifswald<br />

iln vit,'«.<br />

qui in<br />

cum prim».<br />

imperia.<br />

velut 8Up-<br />

tot 8/l6s>o 6X l)i'0V!ll(/lai'Uln et<br />

m0i-um^u6 ooncni-lii<br />

inutua<br />

iry8, eum premitur<br />

illn.<br />

et<br />

vic:


is zur Mitte des 19 Ialnlnmdevts.<br />

li ttttam societatem pene» 8eni0rem 8l't, N0N P6N08 ttiinm.<br />

(^noci «i wmen reli^uo corsari clim ipzig 8en,ori!>u8 oontrover^ig.<br />

non Ievi8. 8ed nr^uk. kit, vel 8l Ìu6icium ierenllum 66 eo, rum numero exemit, c^onventum inäicerc.<br />

4. s<br />

l t 3.ä^it. nee<br />

in<br />

tt. I^iceljit wmen<br />

iciti l!onv(?n!,il»u8<br />

l). senior 8l)lu« !m!>ol)jt m^ti'jeulirm in oa^ne Ztudi^oi-nm omninm<br />

ticleliwr 6t curio^e nntnlnt.<br />

vero ^ninrc, coll^li.^ vel 80ci0 miitl-i^ul^m slu!)it, i»6<br />

privato intcrrun il<br />

kufj et z<br />

8enic)i-!im alitliii« «^(^«^rit vel locum mnt.'^v^rit, i<br />

^tium ^ilN3 C0N8titu6N^ll8 erit.<br />

13. Pciw«tk8 ^l.utem s-s>N8titu6N(ii ro8ili6^t psnen totum<br />

l4. p^t^ilt tii.mf'n et N0minütu3, 8l äiz<br />

ki. seniore nominlmäu8 est vel, lziwll optimuln o>t, clu03<br />

eleetionem<br />

3enioi'e8 js<br />

') aus äummoäo verbessert.<br />

Vlllwchr Ctndle» Vi. ss. >.<br />

ut<br />

et l>enen>ia 3U«.


studentische Verbindungen in Mreifswald<br />

gint, pro t^m^o^s ss^t^ti muneris<br />

Oäp. II.<br />

De Ltuclioäi<br />

Oum ioti, qui nrimituä kCkrdi vel<br />

li:ll»e;l.tur.<br />

nmi<br />

»ocietati? temerui-ia. ciw.tion6 vel mackinig et<br />

, et ita. ex pruepc^tero totuin<br />

luerit,<br />

) aus enm verbessert.<br />

) aus ofteret verdeiiert.<br />

) Ursprünglich lautcle es: likponanl. pu^,-ilft,n rn^liciwtkm. Dann ist<br />

m in illllollestuill sseän<strong>der</strong>l, endlich cidcr beides dllrchstlichell und durch<br />

l erseht.


is zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. N5<br />

tz H. Oum vera 2eo^uk1itk8 optimum aä oon8ervan6ain concoräi'am<br />

8t»tu8s)U6 iirman608 a6minieu1um git, nuili coneeäimu3 pru.e altero<br />

inäebiwm') pl'ÄeroZkltivKm.")<br />

8 s>. l^i hmn mosle^t.i^m exuerit et c^em'tum nonorein ÜL, qu08<br />

6t virtu8 oommenslat, äenegaverit,<br />

^ 11). In publiek oonventikug a6tklti8 primas 8tu^i08i ns 8u«. vota nimi«<br />

m^turellt) 8?6 priu» 8enis»rum ju^ioium et 8en8um au^iant. Incivile<br />

enim et p!n.ne riciiculum e88et, prom^euo ululnlu «^merere 8ocie-<br />

nee<br />

. et t^men 3ententia8 serre iiiLtitliiint, mte^rlim erit<br />

(!uivi8 3tu6is»80 decenter mcmers, ut l^^um norinii. od^^t-vetllr.<br />

Hl 55. I^ein ^ilnlmel'l(ti8 voti8 s»ene8 «ellinres. erit, rationes pc>nc^er».re et<br />

^llllien.re et nixlnse8tO 8^nis)ril. s>!uri^)U8 s»rn,eierre viÌ8 3eiunetu8 8it, non<br />

ku.oenlt i«8 8tnll


tudentische Verbindungen in lNreifswald<br />

quam, ut 6ominmilm no^trorurn profess^orum a1iqm3 squosl tamen Veu8<br />

tor ontimu3 m^xiinus eleinenti33ime l^verwt) vel inem!>rum no3trlec tonili» 6 vitli<br />

^i^ecj^t,


is zur Mitlc drs 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

! 1. ^i'zclilitz aä redden^W rktimiez ^lir^tus 8lt,<br />

2. Vt. tunc eum duodus vel altero<br />

n.i'i äedent, r<br />

vol<br />

8 14. (suolisi omitninux l'u9l it, cxeivt 3ocis>ww,<br />


Der Konflikt <strong>der</strong> „Allgemeinheit" und <strong>der</strong><br />

Landsmannschaft Pomerania in<br />

im Sommerhalbjahr<br />

Von<br />

Dr. Edmund Lanqe.<br />

Blbllvthctar an <strong>der</strong> Umusrsiliilkbibliolllcl in (


Das Nmversitätsarchiv zu <strong>Greifswald</strong> bietet in <strong>der</strong> Abteilung „55. VNI<br />

Verbotene Verbindungen", die nnr das anf Greifswal<strong>der</strong> Verbindungen<br />

bezügliche Material enthält, reichen Stoff zur beschichte des Greisswal<strong>der</strong><br />

studentischen Verbindungswesens im ersten Drittel des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />

beson<strong>der</strong>s von 1519—'5l',. Obgleich die Aktmbäude (es waren<br />

über ;50, von denen sich 12 auf deu uus interessierenden Hkouslikt bezogen)<br />

nicht mehr alle aufzufinden sind, gewährt doch auch <strong>der</strong> vorhandene Nest<br />

uoch eine reiche Ausbeute; auf unsere Angelegenheit bezieheu sich davon<br />

ganz o<strong>der</strong> teilweise die Nrn. 2, 9, 11 uud 12.<br />

Das beste einheitliche Gesamtbild über sie aber liefert nicht dies,<br />

wie gesagt, unvollständige Aktenmaterial, son<strong>der</strong>n dies ergeben die Aufzeichnungen<br />

des damaligen Rektors Kannegießer im Matrikclduch <strong>der</strong><br />

Universität. Ich lege diese deshalb bei meiner kleinen Arbeit zugrunde<br />

und verwerte das Aktenmaterial so, daß ich über den Bd. 2 am Schluß<br />

zusammenhängend berichte, weil er die meisten wertvollen ueueu Einzelheiten<br />

ergiebt, das Wichtigste aus den an<strong>der</strong>en Bänden aber (besou<strong>der</strong>s<br />

kommt Bd. 9 in Betracht) in Anmerkungen zu Kannegießers Aufzeichnungen<br />

erwähne.<br />

Über die Akteilbände überhaupt sei gleich hier folgendes bemerkt. Sie<br />

bestehen aus vielen im ganzen nach sachlichen Gesichtspunkten nachträglich<br />

zusammengehefteten Protokollen, Berichten und ähnlichen Stücken. Nr. 2<br />

enthält auf im ganzen 110 Blättern, von denen allerdings eine Anzahl<br />

unbeschrieben sind, den Hauptteil <strong>der</strong> Protokolle — daß sie vollständig sind,<br />

dafür liegt mindestens kein Beweis vor —, die vom Juni bis September 1!-^1<br />

über die Streitigkeiten zwischen <strong>der</strong> Allgemeinheit uud den Pommern aufgenommen<br />

worden sind, und eine Anzahl von daraus bezüglichen ^mgadcu.<br />

— Nr. 9 umfaßt die Berichte des Rektors au das Kultusministerium<br />

in Berlin und den Unioersitätskanzler ssürsten zu Putbus, sowie Verfügungen<br />

<strong>der</strong>selben über die gleiche Angelegenheit und als Beigaben<br />

mancherlei verwandte Aktenstücke uud reicht zeitlich vom 9. Mai bis<br />

1^. Dezember 18^1. — Nr. Il, viel weniger umfangreich, enthält die Akten<br />

über die im Jahre Itti9 gegen verschiedene Studierende eingeleitete Untersuchung<br />

wegen Teilnahme au einer verbotenen Verbindung. — Nr. l^


1 ^I Der Konflikt <strong>der</strong> ..Allgemeinheit" und <strong>der</strong> ^ndsmannsch.ift Pomerania<br />

mit <strong>der</strong> irreführenden Anfschrift ,,^ew Fener^ia betreffend die geheimen<br />

Verbindnngen Itt^l)" begebt sich in Wirklichkeit ans wegen solcher l^reifs-<br />

wal<strong>der</strong> Verbindnngen während <strong>der</strong> Jahre lst'^0—1^5>2 geführte Untere<br />

jnchllnsskn nnd enthält aus d. I. 1^^) nnr 3, ans d. I. 1.^21 nnr<br />

.^j Stücke, ist also für unseren Zweck ziemlich belanglos.<br />

Nach diesen Vorbemerkungen wende ich mich znnächst den Auf-<br />

zeichnnngen Kannegießers zn. Er nahm mit ihnen die ursprüglich von den<br />

mcistcn Rektoren geübte Sitte wie<strong>der</strong> auf, anker den offiziell vorgeschriebenen<br />

Eintragungen über die Inskriptionen nnd Promotionen noch chronikartige<br />

Aufzeichnungen über die wichtigsten Vorgänge des akademischen Lebens, wie<br />

solche auch die Dekanatsbücher <strong>der</strong> philosophischen ^aknltät vielfach enthalten,<br />

zu geben. Der letzte, <strong>der</strong> vor ihm solche — aber anch nur ganz kurz —<br />

gebracht hatte, war Joh. l^eorg Peter Möller, Rektor 175eichnttngeu neuer-<br />

dings abgekommen sei, nnd erklärt, sie seinerseits wie<strong>der</strong> aufnehmen zu<br />

wollen. Er berichtet dann, daß bei seiner Antrittsrede als Ncktor, infolge<br />

einer am Tage vorher stattgehabten Kneiperei, nur drei o<strong>der</strong> vier Studenten<br />

gegenwärtig gewesen seien, nnd fährt, nachdem er den Verlauf des feierlichen<br />

Altes geschil<strong>der</strong>t hat, fort:


in <strong>Greifswald</strong> im Sommcrwlbjahr 1N2l. 123<br />

Min mulw ante, rem clKn668ti?ilrm 6t Ktro^^m inwr<br />

inwrnuxto coloi-6 caenilett, illi«8 su^co ot ni^ro ot<br />

C0,lwxw8, s)U3.6 N6ctori!)U3 (Xilnnluriinn<br />

0l-lllM8 80l?io8 C0N8picUs)3 6t in8l<br />

coinmuin8 ^Ul3ita8^) ultore Q3.oruleIs>liltuin olilt, eum s<br />

6. XVII. .lumi an. 1.^1 ediotum astixum 63t, ^lio oml,e8<br />

l^ui N6sa8tuln inter 86 soe^u8 Z)6^ii^i88pil,<br />

6sli(;tum 3,^) incossNlt«. manu col^c^l^tum ad<br />

pa.rtium<br />

aiiatum 65t. N066M l^ul>6 3uli ll^ciinam i^mam niatut. ,<br />

00116^9. IN6U8, lzui l^i86 z)lis>t-6 anno I^ctol' su6rat, Ill6 1ltteri8 oertis)r6m<br />

cit 6t 6« su6ä6l6 czuoi-unclain illicito ot c^ua^ i-6rinn iiovarum cunicio<br />

lnva3i886t et (;ui prlncil>66 f6rociori8 snctionl3 6336<br />

^ nuncio aoc6pto, V6ritu i l l ^ i i6<br />

ros in 6et6i-iu3 6vaä6i-6t, 6 i-6pudlica futurum 6xi8timavi, »i<br />

6t ßocii uti-iu5^u6 s6ä6ri8 manis68tari 6t<br />

cunctatu3) 66cretariuw, p6(i6llum utrum^u6 6t tamulum<br />

.. 6t pO3t


l 34 Der Konflikt <strong>der</strong> „Allgemeinheit" und <strong>der</strong> ^andsmannschaft Pomerania<br />

6t ssravigsima rei in^iais p083e reperir! in 8erinii8 stucliosorum ... in<br />

lwrum l-um vel lllll'ruln ^uvenun, 8^ris>t3. inveni88ellt,<br />

t. ?Iu8 l^unm Lnsr^tum er.tt, oe,euj»«tuni e^t.<br />

cnäieem') et z)iilnum v,»lumen<br />

uturiä 8l)^uer«.llt, et<br />

de (0l»8e38U 1>rum 6ie XII. m. <<br />

lz.vocn.re, consiissere, llissiluliilri et «i czuiz ili<br />

retur vel odte3wretur, fu3tiI)U8 eoutemtim et es)ntulnelil>8e eum n<br />

uut t1kssel1'l8 eaeslere et cinoeun^ue mmls) z>er8e^ni, ^Is>ri^l et<br />

i'uit. feroce« euim pußliluln uln et ßiaämtnrum anims)8 il^uerunt, sjui nee<br />

ln^enull.8 6t ele^:ulte8 li.rte8<br />

(^uin eksu80 semel<br />

s:u?ti, velnt n'nem<br />

et iä peinig nlia c^uxerunt.<br />

et denetieill<br />

enlumnia, in3i6ii8 et<br />

«.ll nutte rent, nee kumanitntem Lpir^rent.<br />

I^llll^no. ut g.8^s>let, effrenati et veeold68<br />

vit^e vulnera, eaeäem, ver<strong>der</strong>a<br />

cre3oenti Zlotenti^e dum<br />

äi^nioridu« ^rl^eriziere,<br />

evertere et exeluäere. et<br />

et eluäere potuerunt. deaerati enim omnig. lere<br />

lncli. couvicturii 8ortiti 3unt et prinoep3 i^30rum lv. . . . ip86 eonviewrii<br />

senior foetus e3t, et cum i8 ac^slemi^m reli


, ut, ex<br />

lllti, crevit<br />

illiens)3 i^utem 9, loe<strong>der</strong>e<br />

oi.'Mdomini8,<br />

^Sri nullet, sin ers ll^,et, in<br />

in (hrrìfswlild im Sommerhalbjahr !8'21.<br />

et ttlio die libll<br />

cum ili l'omeruni 6t<br />

s ve! ^rineine8, ve? 8s)^il<br />

c,^ in<br />

oum COlnniui<br />

, et 8U08<br />

i et expun^ere incile<br />

ut 86NlUU8 8 vera Hil)lcitlit. Iliil^<br />

et i^lii l^uo, klii illuo ron^ tr^nerent,<br />

^ e i<br />

,16 üoc illll


Der Konflikt <strong>der</strong> „Allqellteinheit" und <strong>der</strong> Landsmannschaft Pomerania<br />

no^, slol.^tn. scotio oomplurium. ani<br />

^i enim s»o>>t n'niturn bellum (I-kIIicum ortl^ noinen<br />

8ldi uttriduerat, interp03it0 8.u^eni tenlnore, ounl ricuci levem<br />

ne in lwe velut geminarlo ^uvene8 erkent, rc>z)ti^:lt^ e^t et ingenui<br />

et in


in (^reifswald im Cammerliallijalir 1821.<br />

cmi<br />

odtiuuer^n^ ^uetoritnto vel spreta, vel<br />

sSseutiUltium, re vera guo g.i'Mtrio 6t ^udi^io<br />

et H(ilmui^tru.ut.<br />

veteres I'onlerti.ui Ql^uä multo pO3t invidig. pereiti et<br />

ßlorilim 8UÄlu nune ,<br />

i, olamar?, 66u8<br />

. ^.äv6ii6ruut ruteni nien36 Aprili It^^l ^erolino<br />

in<br />

eonntium<br />

velut I^ul^al-ii is».",! 5int vel n'^ii velint, dami nlullo ^o.^t<br />

autem rem inliißnam et intolc'r^l^llem r^ti, j(^ ^uocl plininn een8Ul38ent,<br />

l^i^entienteg et minores numero prodiere o^ortere, inox ex:^)t,'ruti et<br />

paueorum, l^ui nullUtullinein ressaut. t)l^lNli3i naneant, na<strong>der</strong>e veliut, it«. ut, 3l szuo3<br />

vj)lli8v>u1(Iia6 ^roci^ni^^nt, illi et. kl^rollui iut^me^^ um 5e<br />

eollMierint, ^idie<br />

1) Nach dem großen Bericht ans Ministerium sNr. 9) betrug die Zahl <strong>der</strong><br />

Pommern ursprünglich 11, steigerte sich aber bald.<br />

2) Tie 'Auffindung dieses Schreibens gelang <strong>der</strong> Berliner Unwersitätsbehörde<br />

nicht (Nr. 9).<br />

2) D. h. sämtliche dortige Landsmannschaften, wie <strong>der</strong>en Schreiben vom 8. Juni<br />

1821 (Nr. 9) ergicdt.


ut,<br />

m.<br />

l 0<br />

Der Konflikt <strong>der</strong> „Mgemeinlioit" und <strong>der</strong> Landsmannschaft Pamerania<br />

t' et. Z)03cere ^.e, i»6<br />

«e<br />

XV'l. in. .l<br />

et iliß6lltem illdi^tlii<br />

8 8tuvum soedu«; seci386nt, et<br />

cogniti« die XVII., ut<br />

loeclere .^<br />

. ^mieo ututur, ^eli onmeg<br />

exliinvit. It^^ue n^e^ueuti<br />

. et. 8./^j ut zumili MN<br />

et lilter^<br />


in Greifswlüd im Sommerhalbjahr 1821. !29<br />

O 8ekt den Herrn nmAniiini«<br />

^vis er am (^«.l^en baumeln inu88<br />

die I^utu Ulla ^ieliel in lier rt^nd,<br />

denn die86 z^ind ilim sskl.r verwandt ew.')<br />

Nndem tenitore et I'. . < . ner (zuktuot'decim die3 carcere inclu3U8<br />

«3t.it^eiunt.<br />

in<br />

nee<br />

me etimn Vni-^urii exnel'tilri e33ent, ni,<br />

ll.lii multo<br />

, ut<br />

et renu<br />

c^oerem tn'um ciiei-um, ^. octo ciiel-um<br />

i s et pro<br />

et<br />

ilnuria. l^ivul^verzit, rudi et i<br />

80t-cler6 et enriet^to et<br />

M6N36 Feptemnri<br />

diceretur.<br />

et<br />

mea.<br />

in 86<br />

g.?tem exeroe!)knl, ^<br />

nee<br />

(?on8l8t0l-iu,n !>tettill6N36 l^<br />

per<br />

6i3pl,ceret,<br />

er.^nt 1^<br />

eum illÌ8<br />

i 3unt,<br />

detuler^t^ I^oe. velut ^^umenw<br />

et.<br />

neo<br />

cive8<br />

adire in en^ue ztudiii ner^e^ui, r68N0nslÌ38e, so u!) i3til<br />

e) quae morum f)r«


lAl) Der Konflikt <strong>der</strong> „Allgemeinbett" und <strong>der</strong> Landsmannschaft Pomerania<br />

Jetzt aber, führt K. weiter aus, traten sofort bessere Zustände ein,<br />

und schon in seinem Rettoratsjahre wurden 52 Stndenten immatrikuliert'),<br />

mehr als je seit 1777, dem Neltoratsjahre Dähnerts ^während noch 1tt!8,<br />

wie hier eingefügt sei, die (Gesamtzahl <strong>der</strong> Studierenden nur 5() betragen<br />

hatte). K. ist über den gnten Geist seiner Stndenten jetzt voll hohen<br />

Vobes; nnr das eine bedauert er, daß die am Ende des Ncktoratsjahres<br />

übliche Ehrung durch die Studentenschaft ihm versagt blieb. Ein Burschen-<br />

schafter, <strong>der</strong> sich durch die über ihu verhängte Hdarzerstrafe gekränkt gefühlt habe,<br />

habe dies hintertrieben, zumal auch sein Vater, ein hoher städtischer Beamter,<br />

es als eine Kränknng <strong>der</strong> Magislratsrcchte ansah, daß in seinem Hanse<br />

Briefschaften des Sohnes beschlagnahmt worden warend) was aber <strong>der</strong><br />

Rektor im Namen des Senats dcr Universität energisch als sein gutes<br />

Recht in Anspruch nahm. — Was K. über die sonstigen akademischen Er-<br />

eignisse während seines Nektoratsjahrcs aufgezeichnet hat, ist zwar teilweise<br />

interessant genng, soll aber hier, als nut nnserem Thema nicht zusammen-<br />

hängend, Übergängen werden. Dagegen sei noch erwähnt, das; die Zahl dcr<br />

Studierenden in den nächsten Jahren weiter stieg l,s. Anm. '); es wnrden<br />

eingeschrieben 18^/23 : 77, l5W/51 : "7, 182l/.>5 : 52, 18>5'3 : 88.<br />

— Über das in den Aufzeichnungen erwähnte Konviktorium, die akademische<br />

Speijeanstalt, berichtet ltt2A Ehnstian Wilh. Ahlwardt in seinen Anf-<br />

zcichnnngen als Dekan <strong>der</strong> philosophischen Faknltät, daß damals bestimmt<br />

worden sei, wer daran teil haben wolle, müsse schriftlich versichern, daß er<br />

an dem Verruf dcr beiden Studenlenpancien gegen einan<strong>der</strong> nicht weiter<br />

teilnehmen wolle. Daß alle, die dies Versprechen abgaben, es auch hieltcu,<br />

muß man nach ^agc <strong>der</strong> Dinge stark bezweifeln. 182l> wurde dann das<br />

Konvillorium im Schwarzen Kloster ausgehoben und die betreffenden Stndenten<br />

nunmehr bei drei Bürgern, darunter zwei Gastwirte, gespeist.<br />

Was den Menband 55. VIII, Nr. 3, über den ich oben nur ganz<br />

kurz sprach, des Genaneren betrifft, so bezieht sich fast das ganze darin<br />

enthaltene Material anf die Ereignisse von Mitte Inni bis Ende Juli 15^1<br />

nnd läßt, obwohl es, wie erwähnt, nickt einmal vollständig sein wird, die<br />

Bchanptnng des Rektors von täglichen Untersuchungen in dieser Zeit als<br />

begründn erscheinen. Es gruppiert sich in <strong>der</strong> Hauptsache (Unwesentliches<br />

übergehe ich ganz) um folgende Vorgänge:<br />

') Wie hoch die Gesamtzahl <strong>der</strong> Studenten damals war, habe ich nicht feststellen<br />

können. Im August 18-iO waren es nach dem 347. Briefe Zelters an Goethe über 80<br />

Eulcndura.. Die Frequenz <strong>der</strong> deutschen Universitäten, Leipzig UM, S. 16t berechnet für<br />

1816.20 einen Tuvchschnttl von N. für 1821,25 einen solchen von 16') — ein guter<br />

Beleg für n.'s AllssührunaM.<br />

2) Auck die städtische Polizei war, wie die Akten mehrfach zeigen, durchaus nicht<br />

eifrig in Erfüllung etwaiger Wünsche <strong>der</strong> Universitätsbehörden.


in (Nrejfswald im Sommerhalbjahr 1K21. 13<<br />

1. In <strong>der</strong> Nacht vom IN. zum 19. Inni kehren eine Anzahl<br />

Burschenschafter teils zu Wagen, teils zu Roß von einem übrigens durch<br />

den Rektor verbotenen Kommers zur Feier <strong>der</strong> Schlacht von Vaterlos)<br />

aus Koitenhagcu zurück (ein Verzeichnis sämtlicher Teilnehmer daran ist<br />

beigeheftet). In <strong>der</strong> Vangen Strane vor dem Hause des .tt'allfmauns und<br />

Konditors Kampfhenlel, dem Versammlungslokal <strong>der</strong> Burschenschaft, wurden<br />

sie von eiuer Anzahl von Pommern stark insultiert.') — In einigem Zu><br />

sammenhaug damit stehen schon Drohungen und Beleidigungen am 17. Juni<br />

im Ratskeller gegen einen desou<strong>der</strong>s verhaßten Burschenschafter, <strong>der</strong> sich<br />

in Berlin zur Pommcrupartei gehalten hatte, wohl wirklich zur Händel-<br />

sucht neigte und beschuldigt wurde, sein Ehrenwort gebrochen zu haben.<br />

Daß Eifersucht gegen deu wachseuden Einfluß <strong>der</strong> Burschenschaft die Ursache<br />

<strong>der</strong> Begründung <strong>der</strong> Pomerania und damit auch aller Konstitte war,<br />

ergicbt sich mit Sicherheit aus den Eingaben und Verhandlungen.<br />

2. Ohne Zusammenhang mit dcu eben erwähnten Vorgängen sind<br />

die Beleidigungen, die einem Burschenschafter mehrfach, namentlich aber am<br />

l!). Juli im „Deutschen Hause" durch einige Pommern zngefügt wurden.<br />

Er beklagt sich darüber m einer Eingabe vom LO. Inli, <strong>der</strong> übrigens<br />

eine (Aegeubeschwcrde <strong>der</strong> Pommern znr Sette steht. „Nur allein die gewisse<br />

Zuversicht," heitzt es in würdigem Tone am Schluß <strong>der</strong> burschenschaftllchen<br />

Eingabe, „daß die kräftigsten Maaßregeln von Ew. Magnificenz meine<br />

persönliche Sicherheit schützen, kaun mich bewegen, unbewaffnet auf <strong>der</strong><br />

Straße zu gehen. Bei einem Veben, dessen Dafeiu so zwiespältig geteilt<br />

wird, muß auch überhaupt die Tendenz des akademischen Vebeus verloren<br />

gehn; und ich sowie auch mehrere meiner Freunde, welche hierher gekommen<br />

sind, um uns sittlich-wissenschaftlich auszubilden zugleich mit kräftiger<br />

Weckung des vaterländischen Gefnhlö, würdeu sehr bald einen Ort verlassen,<br />

wo wir einen so schroffen Gegensah finden, <strong>der</strong> uuser Streben nach Ver-<br />

vollkommnung ins Unendliche entschieden hemmt." — Mit deu Vorgängen im<br />

„Deutschen Haus" stehen an<strong>der</strong>e um dieselbe Zeit erfolgende Belästiguugeu<br />

<strong>der</strong> Burschenschafter durch Pommern wenigstens in losem Zusammenhang.<br />

Gegen den Schluß <strong>der</strong> betreffenden burschenschafuichen Eingabe findet sich<br />

eine Stelle, die für die Schroffheit <strong>der</strong> Gegensätze beson<strong>der</strong>s beweiskräftig<br />

und zugleich für den etwas pathetischen damals herrschenden Ton sehr<br />

') Schon im Herbst 1830 war ein Kommers zur Feier <strong>der</strong> Schlackt bei Leipzig<br />

streng verdolen worden (2. Vili, Nr. 12). — Jetzt wurde wenigstens die gleichfalls<br />

geplante Anzündung eines ssreuoenfeuers verhin<strong>der</strong>t. Man halte gefürchtet, daß, da<br />

die Pommern in Eldena tommersieren wollten, was auf das Verbot hin unterblieb, es bei<br />

<strong>der</strong> Nähe bei<strong>der</strong> kneiplokale zu Zusammenstößen kommen könne


132 Der Konflikt <strong>der</strong> „Allgemeinheit" und <strong>der</strong> Landsmannschaft Pomerania<br />

bezeichnend ist. „Bei <strong>der</strong> unglaublichen Nascrei dieser Menschen", schreibt<br />

<strong>der</strong> Beschwerdeführer, „die durch unmäßigen l^ennß des Weins noch<br />

gesteigert wird, und bei <strong>der</strong> kalten Verachtung aller bestehenden Ordnung . . .<br />

bitte ich in meiner uud aller Freunde <strong>der</strong> Orduuug Namen, uns gegen<br />

diese Mcmchcu zu schuhen, damit nicht die jugendliche Hike sich durch<br />

mauuigfache Verhöhnungen und Provokationen zu ärgerliche» Auftritten<br />

hinreißen lasse."<br />

.'5. Schon am Nachmittag des IN. Juli hatten sich beim Gastwirt<br />

Neudcl ill Eloeua zwischen deu beiden Parteien ärgerliche Szenen abgespielt.<br />

Tic wären unmöglich gewescu, weuu sich die Pommeru au den wegcu <strong>der</strong><br />

^orgäuge in <strong>der</strong> Nackt vom ltt. zum l9. Iuui über sie verhängten Stadt-<br />

arrcst gelehrt hätten. Ieyt trifft die Hauptschuldigen Stubenarrest uud<br />

Ausschluß vom Konviktorium; bezüglich eiucs nicht Immatrikulierten wird<br />

vom Magistrat baldige Abschiebung aus <strong>der</strong> Stadt erbeten.<br />

4. Am Abend des 27. Juli kommt es iu <strong>der</strong> Knopfstraße Zu neuen<br />

Zusammenstößen zwischen den feindlichen Parteien; auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong><br />

Burschenschafter erscheinen diesmal anch ein Advokat nnd ein Notar. Die<br />

Hauptschuldigen nnter den Pommern erhalten Hausarrest.<br />

Die àrbore, die m (Gegenwart des Nckwrs und des akademischen<br />

Syndikus Eichstedt o<strong>der</strong> wenigstens eines von chnen abgehalten wurden,<br />

bewegen sich in nnbehilflichcn formen. Namentlich fällt vom heutigen<br />

Standpnutt betrachtet <strong>der</strong> uulcidliche Schematismus <strong>der</strong> Fragen auf, die<br />

auch dauu allcu gleichzeitig umgeladenen Zeugen o<strong>der</strong> Angeschuldigten<br />

vorgelegt werden, wenn bei einem Teil <strong>der</strong>selben ganz klar ist, daß sie<br />

über den betreffenden umstand nichts aussagen können.<br />

Der Einblick in das studeutische ^cben <strong>Greifswald</strong>s in jener Zeit,<br />

den man aus deu Aktenstücken gewinnt, ist recht wenig erfreulich; namentlich<br />

iu <strong>der</strong> Vengnung o<strong>der</strong> Pennschnng <strong>der</strong> Wahrheit wird wie<strong>der</strong>holt sehr<br />

Starkes geleistet. Wenn man auch mit Sicherheit annehmen kann, daß<br />

die kmz beleuchteten Vorgänge die schlimmsten waren, die sich damals m<br />

Orcisowalo ereigneten, so ist doch das Eine ganz klar, daß <strong>der</strong> Ton und<br />

die ganze Art des Porgehens auch zwischen einan<strong>der</strong> feindlichen studen-<br />

tischen Korporationen heutzutage sich erfreulich von dem damaligen<br />

uuterscheideu. Wenn von Duellen sehr wellig die Rede ist, so erklärt sich<br />

das wohl daraus, daß es sich um Konflikte zwischen Studenten handelt,<br />

die sich gegenseitig in Verruf getan hatten. Der Erfolg von Kannegießers<br />

Maßregeln ^ dahin gehört z. T. auch ein Perbot <strong>der</strong> Fechtübungeu, mit<br />

Bezug aus welche er in einem seiner Berichte bemerkt, nur geistige Fecht-<br />

ubnngen sollten dell Stndenten gestattet sein — war übrigens durchaus<br />

nicht so entschieden, wie er gehofft halte, und jedenfalls nicht von Dauer.<br />

Zwar <strong>der</strong> nach Ausweis <strong>der</strong> Akten


(Nreifslv.ild im Sommerhalbjahr 133<br />

Studenten ans Berlin während <strong>der</strong> seriell Ultd im folgenden Winter-<br />

semester scheint, vielleicht infolge <strong>der</strong> Masiregeln <strong>der</strong> dortigen Universität-<br />

bchorden, unlerblieben zu sein; aber die Auflösung <strong>der</strong> Pomerania war,<br />

wenn sie überhaupt mehr als zum Schein erfolgt ist, jedenfalls nicht von<br />

Dauer, und an Stelle <strong>der</strong> „Allgemeinheit" trat sein- bald die damit im<br />

wesentlichen identische Burschenschaft anf. Die'e beiden studentischen<br />

stehen anch in den weiteren Nntennchnngen n<strong>der</strong> verbotene ^c<br />

die nach Ausweis <strong>der</strong> schon erwähnten Alten mi Vanfc <strong>der</strong> ^l cr und<br />

Zl)er Jahre geführt wnrdcn, durchans im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Ich meine, <strong>der</strong> vorstehende knrze Bericht hat einen in mancher<br />

Beziehung charakteristischen Einblick in hiesige studentische Verhältnisse vor<br />

reichlich achtzig Jahren eröffnet, nnd möclite ihn mcht schließen, ohne<br />

Herrn Karl Adam hier, <strong>der</strong> mir Kanuegief-ers Aufzeichnungen und manche<br />

an<strong>der</strong>e Notiz frcnndltchst zltr Verfügung stellte, meinen besten Dank zn sagen.


Kriegstagebuch bes Leutnants Uuöwig<br />

aus den Jahren M3, N unb l5.<br />

Herausgegeben<br />

Dr. O. Mein<br />

Professor.


Vorbemerkung.<br />

Die nachfolgenden Blätter dürften vielleicht für weitere Kreise<br />

Interesse haben als ein lebendiges Zcngnis aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> eines Mitkämpfers<br />

in den großen Jahren !!^!3—15). Es ist doch ein ganz eigener<br />

Geist, <strong>der</strong> uns aus jener Zeit entgegenweht: treuherzige, reine Begeisterung<br />

und idealer Schwung. Sodann lernen wir ans dein Tagebnch gcnaner<br />

die Einrichtungen und Zustände bei den „Freiwilligen Jägern" kennen,<br />

beson<strong>der</strong>s auch die Erlebnisse des 9. (Kolbergschen) Regiments'), dem <strong>der</strong><br />

Verfasser zuerst als Jäger, nachher als „Veutnant" angehörte; endlich<br />

berührt es vielfach pommersche und speziell Stettiner Verhältnisse nnd<br />

Persönlichkeiten.<br />

Der Verfasser Ludwig Schulz ist mein Großvater, <strong>der</strong> Vater<br />

meiner Mutter gewesen. Er war <strong>der</strong> dritte Sohn des Pastor Daniel<br />

Christoph Wilhelm Schulz in Woltin bei Greifcnhagen und <strong>der</strong> Anna<br />

^uise geb. Matthias aus Clebow. Er studierte, als <strong>der</strong> Krieg ausbrach,<br />

in Berlin Theologie, und zwar im ersten Semester, er war damals<br />

18 Jahre alt.') Nach dem Aufruf vom 3. Februar 1813 zur Bildung<br />

freiwilliger Jäger und dem vom 9. Februar, <strong>der</strong> „die Aufhebung <strong>der</strong> bisherigen<br />

Ausnahmen von <strong>der</strong> Dienstpflicht brachte", trat er als freiwilliger<br />

') Die Ausführungen berühren sich vielfach mit <strong>der</strong> „Geschichte des<br />

9. Regiments" von Vagensky.<br />

2) Der GebuNswy ist nicht genau festzustellen, da die Kirchenbücher von<br />

Woltin beim Brande des Pfarrhauses 181V vernichtet sind. Nach <strong>der</strong> Rangliste des<br />

Kolbergschen Regiments vom Oktober 1815 war er damals 21 Ialne alt. Nach<br />

seiner eigenen Angabe ist er am 7. März geboren, wahrscheinlich 1794. Sein älterer<br />

Bru<strong>der</strong> Wilhelm, <strong>der</strong> im Tagebuch viel genannt wird, war (naä) Rob. Graßmann<br />

Matthiassches Familienbuch Et. 1888) ein schoner nmger Mensch, anfangs Referendar.<br />

Er trat 1813 zuerst beim kutzowschen Corps ein, nach deni Waffenstillstand beim<br />

I. Pommerschen Regiment. 1815 stand er bei <strong>der</strong> 18. Brigade des 5. Armeekorps<br />

(Uork) 5. Schleichen Landwehr-Regiment. Er wurde m den Befreiungskriegen<br />

brustkrank und starb in Berlin. Ter dritte Bru<strong>der</strong> Johann Kurl<br />

Schulz (geb. 2'


138 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

Jäger ein, und zwar als Pommer mit vielen seiner „Commilitonen" beim<br />

Kolbergschen Regiment, das schon damals in Stargard stand. Hie wurden<br />

in Greifcuberg i. P. ausgebildet und stießen vor <strong>der</strong> Schlacht bei Bautzen<br />

zum Regiment. Nun lassen wir ihn selbst erzählen.')<br />

Erinnerung meiner Lebensjahre lttl3, 14 und 19.<br />

(beendigt den I. Januar Istltt.)<br />

Schnlz, Leutnant,<br />

iftUz Februar.<br />

Ein Halbjahr hatte ich das Universitätsleben genossen; und noch<br />

hatte vom eigentlichen ^eben nicht die geringste Kenntniß; immer noch war<br />

ich unter einer gewissen Abhängigkeit. Ans <strong>der</strong> Universität wohnte ich mit<br />

meinem Bru<strong>der</strong> in einem elenden Stnbchen; wir lebten äußerst kärglich;<br />

ich theilte mit ihm was ich hatte. Er hatte den Grundsatz, alles Gelüste<br />

unterdrücken zu müssen, nm dadnrch zu dem wahrhaft Idealen zu gelangen;<br />

ich schwärmte in <strong>der</strong> Idee enthusiastisch. Das Resultat meines Glaubens<br />

war, nnr <strong>der</strong> wird fortleben nach dem Tode, <strong>der</strong> seine Seele zu solcher<br />

Erhabenheit bringen könne: und dieser Glaube scknen mir ganz mit Christus<br />

^ehre übereinzustimmen.<br />

Den 9. Februar schlug die Stnnde, die mich in die Welt rief.<br />

Der Aufruf in den Zeitungen. Die allgemeine Störung auf <strong>der</strong> Universität.<br />

Ans den Hörsälen in den Fechtsaal, Berathschlagnngen und Anwerbungen,<br />

Einzelnes Aufbrechen. Alles dieses hat mich so begeistert, daß mir jede<br />

Stnnde, welche ich noch in Berlin znbringen mußte, als Schande bringend<br />

erschien. Denselben Abend machte ich ein Gedicht naä) <strong>der</strong> Melodie: Auf<br />

ihr meine deutschen Brü<strong>der</strong>. In diesem Gedicht hatte ich meinen Glauben<br />

nie<strong>der</strong>gelegt; ja ich hatte die Frechheit, es Fichten znznschreiben; doch<br />

wnrde es glücklicherweise bald entdeckt vom ersten Freunde Welmer, dem<br />

es in die Hände gekommen und meinem Bru<strong>der</strong>.<br />

Der König hatte zu Ende Januar plötzlich von Potsdam nach<br />

Schlesien flüchten müssen, von wo aus er den Aufruf erließ.<br />

Es hatte sich in Berlin <strong>der</strong> Tngendbnnd gebildet, <strong>der</strong>, wie es hieß,<br />

durch ganz Deutschland sich erstreckte; gleich nach <strong>der</strong> Abreise des Königs<br />

war alles mit Piken bewaffnet. Das Volk wurde auf alle Weise gegen<br />

die Franzosen aufgehetzt. Der Abend war schon bestimmt, wo das Blutbad<br />

beginnen sollte, ins Weite gehende Absichten lagen vielleicht zu Grunde.<br />

') Um den Eindruck <strong>der</strong> unmittelbaren Frische nicht abzuschwächen, habe ich<br />

die Schreibart und Interpunktion überall genau beibehalten. D. H.


aus den Iahreu 1813, 14 und 15. 139<br />

(Glücklicherweise wurde die Ausführung dieser Grausamkeit durch den<br />

Professor Fichte unterdrückt, dem es durch meinen Bru<strong>der</strong> angezeigt war.')<br />

Den IA. Februar war alles eingerichtet. Mit Hafsner nehme ich<br />

den Wan<strong>der</strong>stab und um !5 Uhr nachmittags sind Berlins Thore hinter<br />

mir. Spät erlangen wir Bernau im Schmutz watend.<br />

Den 15. blieben wir in Schwedt bei Haffners Onkel.<br />

Den 16. in Garz bei Bremers. Der Weg war schrecklich und<br />

überall begegneten uns von Rußland zurückkehrende Franzosen, die nicht<br />

weiter konnten.<br />

Den 17. gings nach Stettin. Auf dem Wege lag ein todter Franzose<br />

im Koth, den Kopf gestützt durch einen Tschako.<br />

Den 18. ging ich ab nach Woltin mit Ferdinandt Matthias;.')<br />

Beim Ofen am großen Tische hinten saß <strong>der</strong> kränkliche Vater, ein Pack<br />

Bücher vor sich. Meine Schwester am Spinnrocken sitzend. Ein kleiner<br />

Knabe Karl Lackmann seine ^ection lernend, <strong>der</strong> Küster steht uud politisnt.<br />

Wie ich in die Etube trat, sinkt <strong>der</strong> Vater ganz bleich ans den Stuhl<br />

zurück; doch erholt er sich wie<strong>der</strong> und wird gesprächig.<br />

Den 19. gegen Abend kommt meine Mondirung an. Pater geht<br />

mit mir umher und zeigt den neuen Soldaten den Bauern.<br />

Den 20. wird sich geübt mit <strong>der</strong> Büchse. Mein Vetter Matthiaß<br />

trifft besser als ich.<br />

Den 21. beginnt die Fahrt mit mir Matthiaß und Rinsberg. Vater<br />

begleitet uns und scheidet mit den Worten: nie seh ich dich wie<strong>der</strong>. Gegen<br />

2 Uhr sind wir eine viertel Meile vor Stargardt; dort steigen wir ab,<br />

hängen die vollgepackte Jagdtasche um, die Büchse auf den Puckel, und<br />

halten kaum die kurze Zeit das Tragen aus. Am Thore werden wir durch<br />

aus Rußland zurückgekehrte Pr. Truppen sogleich du angeredet und zur<br />

Hauptwache transportirt. Nachdem hier unsere Namen aufgeschrieben<br />

waren, läßt mau uns gehen.<br />

Es geht zum Prinzen von Prenßen. Hier wird eine Stube gemiethet.<br />

Es finden sich dort bald eine Menge Jäger ein.<br />

Den 22., den folgenden Tag suche ich Haffner ans, <strong>der</strong> mich in eine<br />

Gesellschaft von Damen führt. Wo mancherlei Scherze getrieben werden.<br />

Bei Haffner hatte ich in Berlin so manchen Abend zugebracht; er war <strong>der</strong><br />

einzige, <strong>der</strong> mich bisweilen in meinen strengen Grundsätzen irre zu machen<br />

suchte; wir disputirten oft sehr lange; er nahm das ^eben von <strong>der</strong><br />

leichtesten Seite. Der Tag war kalt, iu Stargardt mit Baron v. Winter-<br />

') Hiernach erscheint <strong>der</strong> Tugendbund doch nicht so harmlos, wie Treitschke<br />

(I, S. 804) annimmt.<br />

',> Sein Vetter, geb. 29. Mai 1780, 1- 25. August 1837 als Hauvtmcmn m<br />

Danzig. 19. Oktober bei Leipzig verwundet. S. v. Vagensty a. a. 3^. L. l


140 Kriegstagebuch des LeutnantsLudwig Schulz<br />

fcldt. Auch ihn suchte ich aus. Sie sehen uns den folgenden Tag auf<br />

großen Bauernwagcn ausfahren, eine wahre Karawane. Unter Inbeln<br />

und Singeu langten wir in (Nrciffeuberg an. Den Ersten, welchen ich<br />

traf, war Wilhelm Hildebrandt, Musquetier. Es wird Quartier<br />

genommen. Mein Wirth ist ein Naschmacher, l) Ein kleines Stübchen<br />

voller Gesellen, die Frau mit jungen Kin<strong>der</strong>n; alles schmutzig, ein kleines<br />

Eckchen am Tisch blieb mir nur vergönnt; doch trieb mich die Hitze bald<br />

wie<strong>der</strong> heraus, Ernst Seegemund, Kumme, Doehling, Kratz :c. Ihr<br />

lieberreden half; ich ließ mich dort engagiren und sogleich aufschreiben.<br />

Den 24. reisten die Nebrigen, welche mit mir gekommen waren, ab,<br />

Wrabow, Haffner, Matthias lc. und ließen sich nachher in Treptow beim<br />

1. Pommerschen Regiment anstellen. Die Nacht schlief ich in einer kleinen<br />

Kammer, worin eine alte Bettstelle, die kaum Platz hatte, worin ein Unter-<br />

bett von Lumpen zusammengeflickt voller Stroh und drüber Lumveu zur<br />

Decke, die einige harte Fe<strong>der</strong>n einschließen. Dies war noch als ein<br />

Vorzug mir vergönnt. Eie hatten mir die Kammer <strong>der</strong> Dienstmagd ein-<br />

geräumt. Sonst müßte die Einquartiruug auf dem Boden mit wenig<br />

Stroh vorlicb nehmen. Zu Mittag wird eiue große Schussel kleiner<br />

Fische und eine an<strong>der</strong>e mit Kartoffeln und einer Viersoße auf den Tisch<br />

gebracht. Ich laß mir einen Teller geben, <strong>der</strong> kaum zu finden war und<br />

nehme vorlieb mit einigen Fischen und Kartoffeln. Zugleich drängen sich<br />

Meister und Gesellen, Weib mit den Kin<strong>der</strong>n anf dem Schoß und ein<br />

etwas größerer Iuuge, in Lumpen gekleidet, gierig an den Tisch. Je<strong>der</strong><br />

holt ein Messer aus <strong>der</strong> Tasche und greift in die Schüssel mit seiner<br />

schwarzen Hand. Die Stube war fast heiß durch die Oefen, welche die<br />

Naschmacher zu ihrer Arbeit gebrauchen, durch die Meuschen und das<br />

Essen. Mir wirö übel, gehe heraus, fmde am Thor Sekgemltlld, gehe mit<br />

ihm vors Thor, ich erzähle ihm mein ^eid, bietet mir an, bei ihm zu ziehen,<br />

wenn es gleich nicht viel besser ist. Wir kaufen uns eine Svickgans und<br />

so kehren wir in sein Quartier zurück. Sein Wirth ist ein Schnei<strong>der</strong>.<br />

Ich briuge meine Sachen dahin und schlafen wir die Nacht zusammen auf<br />

dem Boden in einem tüchtigen Vctt.<br />

Den 25. verbessern wir uns durch ein Quartier beim Stadtmusikus.<br />

Eiue Musikstube auf dem Hofe ist unser eigen; ie<strong>der</strong> hat sein eigen Bett.<br />

Den 27. kommt Bethtc und noch einer zu uns. Jetzt wird auch<br />

das stete Tragen <strong>der</strong> Lebensmittel, Brot, Branntewein, Fleisch, Vinsen ver-<br />

mieden, indem die Wirthin sich verpflichtet, für 18 Pf. pro Mann täglich<br />

das Essen zuzubereiten und das Gemüse selbst zu holeu. Es bildet sich<br />

bald eine lustige Kompagnie.<br />

') Weber.


aus den Jahren 1813, 14 und 15. 14!<br />

Den 2ss. exercirt uns Major v. Rcinect auf dem Markt, unser Chef<br />

ist v. Schenk; zu Hause wird drav gepiwt. Ich erscheine bisweilen mit<br />

einer grauen Jacke.<br />

Dell 3. rückt das Regiment in voller Pracht ans Greissenverg m5<br />

Feld. Jetzt beginnt das Exerciren mit mehr Ernst. Des Vormittags<br />

exercirt. Des Nachmittags nach <strong>der</strong> Scheibe geschossen. Alte Invalidelljäger<br />

mumen uns dabei unterrichten. Ich erhalte einen Brief von meinem<br />

Bater, <strong>der</strong> mich beinahe in Verzweiflung setzte. Er begann: „Mit<br />

sterben<strong>der</strong> Hand schreide ich dir: Du verbitterst mir die letzte Stunde<br />

meines Gebens, muji von dir erfahren, daß du dich von dem klugen<br />

Ferdiuandt uud Hasfner getrennt hast uud dich schlechten elenden Menschen<br />

anschließt, die dich in ein ewiges Ver<strong>der</strong>ben stürzen" ?c. Was hab' ich<br />

gethan? noch selbst nicht geschrieben. An<strong>der</strong>e haben mich in ein so übles<br />

^icht gesetzt. Ich hatte es von einem Tag zum an<strong>der</strong>n aufgeschoben. Ich<br />

schreibe schnell, entschuldige mich so viel ich kann, rechtfertige mich. Der<br />

Brief kommt zu spat nach dem Tode meines Vaters.<br />

Den 10. Merz erhalten wir bessere Quartiere nach dem Ausrücken<br />

des Regiments. Ich, l)r. Secgmuud und Bethe kommen zu Biautomis.<br />

Des Meuds essen wir nuten; des Mmags beim Staotmusitns. Beim<br />

SüMeuWchen he'ch ich Ho^cr. H'm grasgrüner Mantel, <strong>der</strong> v'is zu den<br />

Waden reichte, umhüllte mich, befestigt durch ciucu Riemen um den Bauch,<br />

woran vorn ein kleiner Kasten befestigt war zur Bewahrung des Pulvers<br />

und <strong>der</strong> Patronen. Die Freude des gnten Quartiers währte nicht lange.<br />

Dell 16. Merz wird marchirt und das nach Ma ss o w. Ich<br />

komme in mem alles Elend.<br />

Den 18. Ein armer Ackerwirth giebt mir und Seegemnud Qnartier,<br />

ein Strohlager auf dem Steinpflaster <strong>der</strong> Stube ist für uus bereitet. Wir<br />

sind zufrieden.<br />

Den 19. rückt hier ein Bataillon Retruten mit grauen Jacken ein.<br />

Quartier wird schon gemacht. Bei uns kommen noch 9 Mann. Wir<br />

') Wohl ein Versehen im Datum.<br />

') Geboren 3. November 1787, später Major in Stargard.<br />

^ Bater des Sanitätsrats Bethe hier in Stettin.


l-42 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

gehen zum Burgemeister; doch dort sind die quartiermachenden Unteroffiziere,<br />

welche sich sehr beleidigt suhlen, daß wir mit ihnen nicht zusammen<br />

bleiben wollen. Wir müssen uns abtrollen, gehen verzweifelnd vors Thor.<br />

Siehe da wohnt em Amtmann. Wir gehen zu ihm, uns in einem voll<br />

seinen Miethshäuseru die Nacht zubringen zu lassen. „Sehr gerne will ich<br />

Ihnen in dem Hause eine Stube einräumen. Die 3eutc kouueu für Sie<br />

kocheu. Mittag werden Sie die Güte haben morgen mit mir vorlieb zu<br />

nehmen. Sie köuuen noch mehrere ihrer Kameraden, die schlecht in <strong>der</strong><br />

Stadt plajsirt sind, zu sich nehmen." Dankbar nehmen wir seine Auer-<br />

bictungcn an. Eine frohe Zeit wurde hier vollbracht; plötzlich getrübt<br />

durch einen schwarzen Brief von Hause. Wir wareu Ich, Seegemuud,<br />

Dr. Crausc. Hier zeigte es sich bei mir zum ersteu Male, wie ich meine so<br />

erhabenen Grundsätze so leicht vergesse« hatte. Es war ein schöues<br />

Mädchen im Quartier. Alle versnchteu ihr Heil bei ihr, Scegemund war<br />

<strong>der</strong> Erste. Ich allein war glücklich, weil ich als Unerfahrener zurück-<br />

haltend war; sie führte mich des Abends iu eiusamc Gänge auf dunkle<br />

Zimmer. Ihre Absicht war, ich sollte ihr die Ehe versprechen. Anfangs<br />

hatte ich es als Spatz betrachtet, zuletzt wurde ich verliebt. Wir brachten<br />

halbe Nächte zu, ohue daß ich eigeutlich ihre Ehre verletzte.<br />

Den 20. fängt die Oberjagerwahl an. „Durch welche Kuustgriffe<br />

„(hieß es) man blos; eine Klicke zu Oberjägern gewählt hat, das ist klar;<br />

„kein Sludeut ist gewählt, das töuueu wir nicht dulden. (Es hatte sich<br />

schon längst eine kleine Antipathie zwischen den Studente» uud denen<br />

gebildet, welche stets um den Hauptmann waren, mit ihm Wein uud<br />

Bergemannsches Doppelbier tranken, welche nur Scheines halber zu ihm zu<br />

kommen schienen. Einige hielte mau entfernt von diesen Grundsätzen.)<br />

„Und auch keiner von uns ist gewählt, die wir mit dem Abschied uns<br />

„gestellt haben. Man ließe es uoch gelteu, wenn Jäger gewählt wären, die<br />

„Erfahruug habeu uud von denen man gewiß weiß, daß sie etwas<br />

„gelernt haben."<br />

Seegemund macht einen Aufsatz im Namen Aller und reicht ihn ein<br />

an den ^brist v. Schulz iu Stargardt. Zugleich schlägt er eiue au<strong>der</strong>e<br />

Art <strong>der</strong> Wahl vor.<br />

Deu 2.'!. geschieht die Wahl, wobei den ganzen Tag zugebracht wird.<br />

Ich uud Drein gelangen zu <strong>der</strong> hohen Charge <strong>der</strong> Oberjäger; Gold-<br />

Hammer tritt zurück. Mir macht meine Wahl eine unerwartete Freude;<br />

doch wird nichts geäußert. Nicht lange, so sind die Tressen angeschafft.<br />

Nun wird noch brav excrcirt, meilenweit, und nach <strong>der</strong> Scheibe geschossen.<br />

Von Stargardt her wird eine bessere Kartusch verschrieben, bis wir am<br />

1. Aprill ausrücken. Mir werden noch Äpfel aus dem Quartier sowie<br />

jedesmal, wenns zum Exerciren ging, nachgeschickt; ich soll ja nicht ver-


aus den Jahren !813, 14 und 15. 143<br />

gessen, recht oft zu schreibell. Alls <strong>der</strong> Plainc von Stargardt tommt uns<br />

das Detachement des Füsilierbataillons l. Pommerschen Regiments ent-<br />

gegen. Es wird gegenseitig tiraillirt. Wir drängen sie nach Stargardt<br />

zurück. Tielows Gesicht wlrd durch Pulver verletzt. Die ziompagnic steht<br />

gerichtet da in Stargardt. Der ^äger Matthias öffnet furchtbar den Mnnd<br />

zum dachen, wie er mich sieht. Mem Quartier ist vor dem Thor mit<br />

Tesmer und Schulz zusammen. Den Nachmittag arbeite ich beim Kapitän.<br />

Den 2. Aprill wird ausgerückt, führen<strong>der</strong> Abschied voll nmerm<br />

Herrn Leutnant Stephany und seiner schönen Schwester, p. p. es geht<br />

nach Piritz.<br />

Den .'5. geht's nach Nahn; da treffe ich meine Schwester und meine<br />

Tante Medenwaldt;') erst noch in einer ziemlich verstimmten (Gesellschaft<br />

in <strong>der</strong> Familie des unglücklichen Burgemeisters N., die Dreist und ich<br />

noch etwas anfheiterten. Nun fahre ich mit Dreist, meiner Schwester und<br />

meiner Tante nach dem verlassenen Vaterhaus.<br />

Dell ^. gehe ich alleili uach Garden, H. Natten zu besuchen, treffe<br />

ihn auf dem Ackerfeld.<br />

Den 5. fährt uns Arndt nach Königsberg, eine starke halbe Meile<br />

vor <strong>der</strong> Stadt steigen wir ab, melden uus beim Hauptmann, <strong>der</strong> bei<br />

Bremer Mittag aß; wir werden mit genöthigt. Darauf empfange ich mein<br />

Billet beim Juden.<br />

Den 7. silld wir in einem Dorf nahe bei Freienwalde, da wird<br />

gespielt, <strong>der</strong> dritte abgeschlagen le.<br />

Den 9. rücken wir m Berlin ein gerade ans dem Schloßplatz in<br />

völliger Parade, machen einiges Aufsehen. Mein Quartier ist Schloßplatz<br />

Nr. 10 bei Mad. Hoffmanu, die sich Jäger statt Officiereu ausgetreten<br />

hatte. Wir werden trefflich aufgenommen, sogleich mit mancherlei Bandagen<br />

versehen und müssen mehrere vertheile». Des Abends beginnt znerst <strong>der</strong><br />

Theeklatsch mit gelehrten (besprächen. Anguste Klein bringt etwas Leben<br />

ins Gespräch, ein mnnteres Wesen und auf ihreu Autrieb endigt sich dies<br />

weise Gespräch endlich ins Quasseln, ihr liebster Ausdruck.<br />

Die alte Hoffmann ist eine gute gefällige Dame. Politische Sachen<br />

und Zeituugcu silld ihre liebsten Beschäftigungen. Ihre älteste Tochter, von<br />

schwindsüchtigem Ansehen, ist eine Gelehrte. Sie wagt sich an Homer nnd<br />

Thucydides, weiß Englisch, Französisch, Italienisch uud Lateinisch. Die<br />

zweite Tochter stirbt beinahe vor Liebe. Ein französischer Hauptmann war<br />

mit ihrem Herzen davon gegangen. Bald setzt sie sich ans Fortepiano,<br />

singt schmelzende Lie<strong>der</strong>, hält Plötzlich ein und weint, o<strong>der</strong> entfärbt sich.<br />

') Frie<strong>der</strong>. Christine, zweite Tochter des Pastors Matthias in Clebow.<br />

Verheiratet 14. Juli l884 an Prediger Joh. Frieor. Meoenwaldt in Alldamm.


144 Kriegstagebuch des Leutnants Vudwig Schmidt<br />

Auguste Klein mit ihrer frohen Laune ist die Einzige, welche mir interessante<br />

Gespräche führt; über Kunst und Malerei indem sie selbst sehr gnt zeichnet,<br />

doch affektirt sie nicht. Gern spricht sie von ihrem Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Haupt-<br />

mann im österreichischen Dienst ist.<br />

Den 14. Aprill. Die Kompagnie vermehrt sich täglich; doch nicht<br />

sehr vortheilhaft. Unser Stettin liefert nnter an<strong>der</strong>n uns noch Hermann<br />

und Meister. Zu Hause wird die Zeit mit Patronenmachcn vertrieben.<br />

Das du ^s»nr wechselt unter nns O<strong>der</strong>jägern; an dem Tage hatte man<br />

viel zn laufen, Rekruten zn messen, (Held zn holen :c. Die Kompagnie<br />

versammelt sich eincs Tages ans dem Schloß, wo uene Oberjäger gewählt<br />

werden, nnter an<strong>der</strong>n mein Vetter Franz Matthiaft. Täglich gchts nach <strong>der</strong><br />

Hasenheide znr Ucbuug im Schießen nnd im Excrciren.<br />

Den Itt. Aprill. In dieser Zeit wird Spandan beschossen. Eines<br />

Abends bräunte es so hell, daß Berlin davon erleuchtet wurde. Es hieß,<br />

die ^iacht sollte es gestürmt werden. Ich begegne Moellhuscn; er fragt:<br />

willst du mit? Wir gcheu sogleich ab, siud in den Trancheen nnd bivonakkiren<br />

ohne Mäntel; es wird zuletzt doch zu kalt, da wir's uicht gewöhnt sind.<br />

Wir gehen ab. Kaum sind wir bei <strong>der</strong> Mühle von Oranienburg, so hören<br />

wir ein starkes Schießen. Wir halten an um umzukehren; doch <strong>der</strong><br />

Gedanke: wir kommen doch zn spät, führt uns in ein Wirthshans von<br />

Oranienburg, wo wir den Morgen erwarten nns dnrch Kaffee erfrischen<br />

und dann ans <strong>der</strong> Rückfahrt nach Berlin erfahren, daß die Franzosen einen<br />

Allsfall gemacht hatten.<br />

Nach einigen Tagen ging die Stadt über dnrch das in die Luft<br />

Gehen des Pulverlhurmes, wodnrch ein Viertheil <strong>der</strong> Stadt ruinirt nnd eine<br />

starke Bresche in den Wall bewirkte. Dle Berliner Bnrger, die z. T. aus<br />

Neugierde auch bei Spaudau bivouakkirt hatten, waren sehr unwillig, daß<br />

die Besahung zwar ohne Waffen, aber mit allen ihren Sachen znm Feinde<br />

znrncklchrle und gewiß viele sind nicht über die Elbe gekommen. Dell an<strong>der</strong>n<br />

Tag fuhren wir mit <strong>der</strong> Familie nach Spandan nno sahen die Burger weinend<br />

aus den Rninen ihrer Häuser sitzen. Alles ist in Ordnung, Pnlvcrwagen,<br />

Horn ist Doktor, mit allem sind wir versorgt; die Fahrt kann beginnen.<br />

Ungefähr 306 Mann stark rücken wir den l. May ans Berlin aus,<br />

über deu Dacuowschen Platz die Potzdammer Straße entlang znm Thore<br />

hlnans in Parade marchirend. Es wird abgeblasen; die Reihe immer länger.<br />

Anf den Flügelmann wird nicht gesehen, es wird vorbcimarchlrt; <strong>der</strong> Zug<br />

immer langer; einige setzten sich, bei Potzdamm muß an zwei Stunden<br />

bis auf die Vetztcn gewartet werden.<br />

Den 2. May gehl's nach Bclitz.<br />

Den 3. May nach Treuenbriezen. Jetzt fing ich an, die Bürde<br />

zn fühlen <strong>der</strong> Oberjägerwürde. Das Auseinan<strong>der</strong>laufen <strong>der</strong> Kompagnie


aus den Ialiren I«I3, 14 und 15. 145<br />

war nuf diesem Marsche arg. Der Hauptmann sagt darauf: „die Ober-<br />

jäger siud mir für die Ordnung <strong>der</strong> (5omp. verantwortlich." Dies Wort<br />

nehme ich in dem streugsteu Sinne. Es wird Halt gemacht uud m<br />

Sektions marchiert. Das geht eine kalbe viertel Meile, da gehen die<br />

Stndentcn aus ihrem Gliede; ich weise sie zurück- sie murrcu: „<strong>der</strong> Schulz<br />

fäugt auch schon an, uns das Gebell zn verbittcrll, die Freiheit zu nehmen;<br />

warte nur Füchschen . . . darum haben wir dich nicht gewählt. Als<br />

Studcut mustt du uusere Freiheit vertheidigen helfen." Was hilsts, ich muß<br />

sie gehen lassen uud die alte Nunrduuug ist wie<strong>der</strong> da: weuu eiller geht<br />

will je<strong>der</strong> dasselbe Recht haben.<br />

Dell 4. rücken wir ins Saksische. Die Grenze war leicht zu kennen.<br />

Wo die Fensterläden nud Hausthüreu zu waren, wo kein Mensch sich sehen<br />

lies; dak ist Säcksisch. Der Marsch fäugt an ordentlicher zu werdcu; uur<br />

Araz ist jedesmal mit seinen langen Beinen wenigstens eine viertel Stuudc<br />

früher am Ort <strong>der</strong> Bcstimmnug; nur zum prosten Leidwesen. Ein<br />

Preußisches Dorf, mitten im Sächsischcu gelegen ist ilnser ^iachtquarticr.<br />

Den 5. marchicrcn wir nach Coswig. Unterwegs begegnen nns<br />

Französische (Aefangenc und einige Kanoilen; ein froher Anblick für uus,<br />

morgcu träumeu wir nlls über die Elbe. Vormittag rücken wir in Coswig<br />

ein. Campiren auf dem Steindamm bis


146 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

artiger Knaben; ja sie hatten eine ziemliche Ianitscharen Mllsik von Knaben<br />

gespielt. Dies gab uns den Einfall, <strong>der</strong> ausgeführt wurde. Mit diefer<br />

Iauitjcharenimlsik bildeu wir einen Kreis um des Hauptmanns Quartier<br />

und nachdem ihm ein dreimal Hoch gebracht war, geht <strong>der</strong> Zug wie<strong>der</strong><br />

auf den Markt. Es wird ein großer Kreis gebildet. Fr. Wilhelm,<br />

Alexan<strong>der</strong> und Angust solleu lebcu und endlich die deutsche Freiheit. Tiele-<br />

manuö') Uedcrgaug hatte das Gerücht von <strong>der</strong> Erklärung des Königs von<br />

Sachsen für die Allirten bewirkt.<br />

Dell


aus dm I.chren 18!3, 14 und 15. 147<br />

lassen wir uns nie<strong>der</strong>, zogen uns ans; doch nmstte einer von uns immer<br />

viertelstundenweise am Fenster wachen. Kannl ist diese Einrichtung getroffen,<br />

so ruft Nichter am Fenster: da kommen ^ Französische Chassenr'. „Thor",<br />

es sind Preußische Jäger. Wir stehen auf. ans Fenster. Wirklich Franzosen,<br />

schnell wird sich angezogen. Zugleich bläst das Alarmhorn man hört<br />

schießen. Was aus dem Tornister gepackt war bleibe liegen; Karte ein<br />

Paar Strumpfe, Schnhe; ans dem Markt sind wir versammelt, was ist<br />

das, ein Kanonenschnß? Es fallen mehrere solche starke Schüsse. Sieh da,<br />

ein Preußischer Dragoner schießt fortwährend in eine Tonne. Wir rücken<br />

aus dem Thore die Straße uach Samens uud stellen uns dort am Naudc<br />

eines Waldes auf. „Wo ist <strong>der</strong> Pulverkarrcu? Er ist schon voranf den<br />

Weg nach Samens, Nenmann mit II Jägern ist dabei. Ich weiß davon<br />

nichts. Wer will noch mal in die Stadt es zn uutersuchcu?" Sie lrcteu<br />

alle vor. Darauf wird Brehmer mit 4


148 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

„wir werden den Konig sehen: nnn strengt ench noch mal an Kin<strong>der</strong>",<br />

indeß können wir nicht einrücken in du- Ttadt; eine Kolonne drängt sich<br />

nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n, bis wir unter ihnen einen Platz für uns finden; nun<br />

gelit es ^ Schritte; dann wird gclialtcn o<strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gefallen. Es wird<br />

Nacht-, wir finden links nin die Stadt hernm einen aparten Weg am<br />

Nandc eines seilen ^lscns. Endlich ist ein hoher Berg zu ersteigen am<br />

entgegengesetzten Thore. Dies wird M viel für unsere Kräne. Die Meisten<br />

bleiben unten am B^rge liegen. So wird <strong>der</strong> Hauptmann gezwungen anf<br />

<strong>der</strong> Höbe dcs ^ergcc- nnt nns .^n bivonakklren.<br />

Den 1^. früh kommen mchrere Jäger von Königsbrück nach, die<br />

kaum <strong>der</strong> l>>efangcn,'chast entronnen waren. Tiele hatte sich über die<br />

Mauer gerettet. Er erzählt, daß gleich darauf ko^O Mann Infanterie<br />

in die Stadt eingerückt waren.<br />

Um X Uhr marchierei! nur ab das Regiment anzusuchen. Eill<br />

wun<strong>der</strong>barer Anblick fnr mich; noch nie hatte ich ein so großes Heer ver-<br />

sammelt gesehen und alles anf dein Felde gelagert. Wir passircn das<br />

^ardejägcr^ Detachement, wo w,r innrere scholl mit Ordens dekoriert finden.<br />

Böhmer') erzählt uns voll <strong>der</strong> nlirecklichen Scklaätt bei s^r. (hoeri'chen.<br />

Da hält dcr Köllig. Wir marchierei! all lhlll vorbei nnd erllten<br />

Vob eill. Endlich kommen wir zum :liegimcnt. Die Negimentsmusil^) holt<br />

nll'? eill nild fnlnt llllc< ilis Vager.<br />

Den Soldaten warcn lvir erst eine Freude nachher ein Ärgcrllis.<br />

Eine hübsche Wle»e ward lllls allgcwieicll. Eine ^nst war es, zn sehen<br />

une wir da? Dorf voll Stroh anc-raninten nnd uns unregelmäßige Hütten<br />

banten, wie dell Hünern nachgestellt wnrde, nnd das Kochen. Wie es dnntcl<br />

wnrde ergö^Ml ^^cnlnalln, Bclhc llnd alldcrc den Qbm't durch ihrelt i^csailg.<br />

Dcn !4. den svelteli lag machte uns die neue Vcbeusweise schon<br />

weniger ^ergnü^en. B'owellen gab es nichts als Mehl und Wasser, nun<br />

mnitte da^ll crn Holz und Wasser geholt werden. Unser Ocld gmg bald<br />

alles zum Mar^uctain<strong>der</strong> ubcr, <strong>der</strong> für eill Stückchen Bnttcr N> (^r. nahm lc.<br />

Ocll 1^. war das ^lvonatklren uns säwn so überdrüssig, daß manche<br />

sagten: ich wnnsche lieber dczl Tod, als noch lange diese Lebensart. Wir<br />

')Wilbelm Voehmcr, geb. :j


aus den Ialnen INI 3, 14 und 15. lM<br />

hatten unser Lager öfter verän<strong>der</strong>n müssen. Der König beritt öfter nut<br />

den, Kaiser daö Vager ihrer Armeen. Selbst gekocht habe ich llie, indem<br />

lch lieber innner die an<strong>der</strong>n (schatte Versal), nnd lvenn man es von mir<br />

verlangte, io suchte ich mir an<strong>der</strong>e Kameraden.<br />

Unsere Position war folgende.<br />

Vor uns lag eine groftc (5beue links an Banken angrenzend, nnser<br />

linker Flügel war dnrch die Höhen von Hochkirch gedeckt. Ebemo <strong>der</strong><br />

rechte Flügel dnrch Höhen, welche sich beide hlutcr uns dei Ncichcubach<br />

zn eincni Winkel vereinigten. Außerdem hatten wir im ^ten Treffen<br />

einige Schanzen angelegt. 3o glaubten wir nns in dieser Position sicher<br />

nnd im Fall wir angegriffen würixu siegreich. Die Kavallerie beson<strong>der</strong>s<br />

glaubten wir in <strong>der</strong> Ebene gnt anweudcu zn können. Unser Felt>prcdlgcr<br />

hält eme Nede nnd erinnert nns au das ans dein Hügel liegende Hochtirch<br />

und an unsere Borfahren nnter Friedrich dem (Großen.<br />

Den 19. fnü) beginnt eine Kanonade wir rucken auch vor; doch war<br />

es bloß eine Necognoscirnng <strong>der</strong> Franzosen die wir mit Vortheil zurück-<br />

warfen. Wir verän<strong>der</strong>n nnscr Lager indem wir es näher dein Fmwc<br />

aufschlagen.<br />

Den 30. um 8 Uhr schon waren wir aus unserm ?ager gerückt<br />

sehen wir ans einmal ganz schwarz sich feindliche Kolouucu uns uäheru.<br />

Schon ist das erste Treffen mit dem Feiude eugagirt. Wir slcheu<br />

im 2ten Treffen mit <strong>der</strong> gehörigen Distauce ini Holwcgc, die Pastugelu<br />

schon lnatt, tallzten nbcr nns herüber. Eine Pa^tugcl, die schou ganze<br />

kurze Pas Nlacht hatte ihre Richtung ans mich, da wandte sie sich seit-<br />

wärts nnd blesstrte zwei Musqneticr nud eiuell Jager. (5lll ^iuo^lielier<br />

war sogleich todt und sein Kopf verstellt.<br />

Mir ging die Pfeife ans und ich sah es allen au, wie sie sich ent<br />

färbten. Das sogenannte Kanoncnfiebcr übersicl uus. Auf eiumal hmtt<br />

es vorwärts, es wird über Vetchuame fortgeschrltlcll. D«c 11.»lusquctlere<br />

nehme» vor nns ein Dorf mit Stnrm, geben lein Pardon, erstechen in<br />

den Schennen die knieendcn Franzosen; ihre Tapferkeit war beispiellos.<br />

Endlich stehen wir hinter dem Dm f im (hewehrfcucr. Weiter vordriugeu<br />

konnten wir nicht, weil die Franzosen dort zu start in ^rabcn und mit<br />

einer starren Nei'erve im Walde postirt waren. Nun war das Fieber<br />

verschwunden und man t'ouulc stets mtt (^leichmuth Mcuscheu fallcu sehen.<br />

Ich stand ans dem rechten Flügcl des Doncs mit meiner Tcktion ^äger,<br />

glücklicher Weise faiid ich dort eine kleine Decknng. Cin Stnck voii einer<br />

Hiauer, ein Kraben, einige Oäu»ue, ein Zann. Dnrchs hohe .Norn schlichen<br />

sich einige Franzosen bis anf 30 Schritte an nns heran, lcgteu sich auf dcu<br />

Vauch hinter einen kleinen Stein und uähertcu nch iinuicr inehr. Ich<br />

begab mich zu <strong>der</strong> Maucr, wo ich 5 Jäger postirt hatte uud so lauerten


l5>s) Krienstassebuck des ^entnants Ludwig Schulz<br />

wir ans die sich nähernden Franzosen nnd erlegten einen nach dem an<strong>der</strong>n,<br />

bis sich am Ende keiner mehr heranwagte. Aber nie im ^eben hatte ich<br />

eine größere Freude, als wie ich sah, oasi mein erster ^chuß traf. Mehrere<br />

Jager waren schon blesstrt und mein gntcr Diestel^) todt. Ich war bald<br />

hier bald dort endlich ganz ans dem rechten Flügel in einem (karten,<br />

postine dort mehrere Jäger hin. Ein Offizier vom ^eibrcgiment war<br />

auch da.<br />

hingeschossen.<br />

Die Franzosen suchten uns zu umflügeln, nun wurde dort vorzüglich<br />

Hier hatte ich anner <strong>der</strong> C^ckahr zweierlei zu erdnlden.<br />

Die Bienen im Garten wurden durch den Pulverdampf verstört und<br />

rächten sich an uns; sie stachen mich und störten mich im Schießen. Einige<br />

Nüssen, die hier zerstreut mit fochten, die äusierst brav aber ohne Umsicht<br />

nnd Absicht aufs Feld liefen und sich todtschiesten ließen o<strong>der</strong> neben uns die<br />

Gewehrkolben am Aanch mit ihren starken Schüssen losdonnerten, so daß<br />

<strong>der</strong> Pnlvcrdampf uns Athem nnd Umsicht benahm.<br />

Mein Nachbar sah verwun<strong>der</strong>t, daß ich so oft traf; er wies mir seine<br />

Mnskcte; die möchte ich mal losichiestcn, da könnte ich zwei Franzuskis<br />

mit einem Mal treffen; es wären zwei Schüsse drin. Ich ließ mir von<br />

ihnt Patronen geben, weil ich sowohl Pflaster Kugeln als Patronen verschossen<br />

hatte. Nun mußte mit dein Schießen sparsam umgegangen werdend)<br />

Auf einem Mal kommt ein Jäger mit <strong>der</strong> Nachricht: die Comp. habe<br />

sich schon zurückgezogen. Wir hattcu bereits ^ Stunden das Dorf ver<<br />

theidigt ohne abgelöst zu werdeu. Die Musqnetiere des Negts. auf dem<br />

') In W. Borhmers Tagebuch folgendes Stammbuchblatt: vu!ce et<br />

68t pro patria moli!<br />

Berlin d. 12. Febr. 1613 Gedenke deines Irenen Freundes,<br />

x-i- i„ k-,' ^ln^,x Bru<strong>der</strong>s u. Lanosmanus<br />

Drei Tage «or <strong>der</strong> Abreise s ^ " ^ / ? ) Theodor Carl Wilhelm<br />

zum Dienste des ^ " ^ Toestel.<br />

Vaterlandes. lCollirrg. Neg.) Her


aus den Jahren 1613, 14 und Ib. 151<br />

linken Flngel hatten sich zuletzt mit Steinen gegen die Franzosen ver-<br />

theidigen müssen.<br />

Ich ziehe mich zurück und finde hinter dem Dorf die Comp. auf<br />

mich warten. Nun ist vor uns ein Verg worauf die feiudlicheu Pas-<br />

kngeln ihr Spiel treiben; <strong>der</strong> Berg ist nicht zu vermeiden; mit beflügelten<br />

Schritten gehts drauf los; doch eiu Wuu<strong>der</strong>: keiue Kugel trifft. Hinter<br />

uns schlagen sie auf uud vor uus wie<strong>der</strong>; uur eiue Kugel stiegt mit Krahens<br />

Tornister davon; er fällt zur Erde; steht aber unbeschädigt wie<strong>der</strong> auf um<br />

7 Pfund leichter. Nun heißt es: weil das Negimeut Colberg zu vlel<br />

erlitten und gethan, so soll es sich morgen in <strong>der</strong> Reserve ruhu'.)<br />

Diese beiden Tage hatten wir im Grunde Vortheile errungen; ja<br />

Gefangene gemacht; doch die überlegene Stärke <strong>der</strong> Franzosen kcnneu<br />

gelernt unsere ungeheure Kavallerie hatteu wir uoch nicht anwenden tonnen.<br />

Vorzüglich schön waren die russischen Kürassiere.<br />

Die Franzosen hatten dagegen das Terrain nnd unsere Position<br />

kennen gelernt, um den folgeudeu Tag durch eiucn trefflicheu Plan die<br />

Schlacht zu beendige!!.<br />

Uuser Regiment zog sich also zur Neserve zurück bestimmt zur<br />

Deckung einer Verschanzung um 12 Uhr laugteu wir au. Der Mageu<br />

meldete sich schrecklich deu ganzen Tag nicht durch eiue Brotkürste erquickt.<br />

Zugleich durchuäsue uns ein Platzregen. Wir sehnten uns uach Stroh zu<br />

einer Hütte o<strong>der</strong> nach Feuer; doch statt auf Stroh lageu wir auf dem<br />

nassen Gras einer Wiese. Feuer war uicht zu kriegen, denn das Strauch<br />

war naß.<br />

Den 21. früh um 5 Uhr war <strong>der</strong> Himmel klar, die Eouue strahlte<br />

am Horizont und die Luft wurde schou durch Kauonendonucr crlänmert.<br />

Um tt Uhr marchieren wir weiter zurück; nicht marchiercn; son<strong>der</strong>n<br />

Schleichen. Der Hunger quälte uns schrecklich. Kein Gedanke war au<br />

die Schlacht kciue Aufmerksamkeit aus das Kauouenfeuer. Bei jedem Dorf<br />

was wir sahen erwarteten wir Speise.<br />

Um 2 Uhr nachmittags lagern wir uns ans einer Höhe bei einem<br />

Dorf. Da kommt Arot Schnaps Fleisch Artoffclu.<br />

Kaum haben wir uns dnrch etwas Brodt und Vrandtewein erquickt,<br />

so öffnen wir die Augeu und Ohren. Ungeheure Pulverwolken erheben<br />

sich in die Luft; 24 Dörfer die wir zählcu konnten lo<strong>der</strong>ten in Flammen.<br />

„Heute ist meiu Geburtstag" (sagt Hermann).<br />

„Der wird tüchtig gefeiert!" (Äcthe) „Nein er wird gefeuert. Ich<br />

selbst erlebe den Abend nicht."<br />

') Vergl. v. Bagensky S. 122.


l52 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig<br />

Der Donner uähcrt sich. Sich da <strong>der</strong> Pulverdampf ans uuscrem<br />

rechten Flügel ans <strong>der</strong> Höhe fast hinter <strong>der</strong> Armee. Wir sind alle verloren<br />

wenn hier eine Conw. durchdringt und nns den Nuckzug abschneidet. Alls<br />

Ans heckt es. Ungeheure Tapferkeit kann jetzt alleni die )lrniee retten.<br />

zn sallell.<br />

Zwei Französische Divisionen waren oetachirt nns in die Flanken<br />

Es waren mciftcils Vaiern, die für Napoleon einen solchen Nnhm<br />

einerndten nnd ibre eigne Freiheit mit <strong>der</strong> Freiheit Deutschlands nnd<br />

Europas unterdrücken sollten.<br />

Die Töpfe am Fener sind zerstoßen. Der Tornister ist nmgehangcn,<br />

die Vnchse in <strong>der</strong> Hand nnd so gehts eilenden Schritts nach dein Ort <strong>der</strong><br />

(Gefahr. Es wird ans nichts mehr Rücksicht genommen, alle todt, o<strong>der</strong> die<br />

Freiheit behanptet. Wir Jäger sind tue Vor<strong>der</strong>sten nnd ohne Bajonett<br />

stürmen wir los nnd beginnen das Hnrrah. Der Femd flieht; doch mancher<br />

bleibt voll lms.<br />

Hermann als <strong>der</strong> erste. Ihm durchbohrt eine Mnsketenkugel den<br />

Chakotichirm dann den Kopf nnd wirft ihn todt ans den Nucken.<br />

Nicmer ein Mann von 4N fahren, <strong>der</strong> seine Frau verlassen, nm<br />

für die Freiheit ^n kämpfen nimmt Hermanns samtnc Mnlze, die außerdem<br />

etwas wattin war ans neckt sic slch in den Bnscu vors Herz. Ans<br />

einmal trifft ihn eine Kugel gezielt uach scineul Herren uud bleibt in <strong>der</strong><br />

^_>lnl;c stecken; die Kugel bewahrte er.<br />

Wir drangen vor bis zu einem Dorfe nnd sehten uns links in<br />

einem Holwegc fcst, trieben den Feind ans dein Dorfe, was er angezündet<br />

hatte. Wemfässcr lagen auf <strong>der</strong> Straße von deueu wir ihu verjagt haltcu;<br />

jekt labten sich dabei Manche unsrer Soldaten. Aus den Häusern holte<br />

man noch manchen Frauzoseu; aus manchen schössen sie nicht wenig heftig.<br />

Weiter uorzlldrillgcu war nns numöglich; dcuu die ungeheuren<br />

Massen nnd K'auoueu liu Walde aufgestellt zu überwältigen war uus<br />

unmöglich. Das Dorf war nieln gehörig von uus besetzt, nusre Soldaten<br />

warcil zerstreut, zum Theil in deu Häuscru, z. ?h. bei den Weinfässern. Dies<br />

uütztc <strong>der</strong> Feind, er grisf mit Macht das Dorf an. Wir muitten weichen,<br />

uud viele blieben diuch Ocwchrlugelu, Kartätscheu uild Paslllgelu. 'Auf<br />

einmal sehen wir die ganze Armee in <strong>der</strong> grömeu ^rdullug iu <strong>der</strong> Vbcue<br />

sich zurückziehen. Eine Kanone kommt nns zn Hülse. Dies belebt nnseln<br />

Mnth anss )?ene. Vorwärts hcisu es nnd alles wendet sich gegen den<br />

Feind. Das Dorf ist wie<strong>der</strong> unser es wird stark gsfcucn. die Kanone<br />

zieht sich znrück. Schon fängt es an zn dämmern. Der Feind dringt<br />

aufs Neue mit Massen vor. Wir währen uns aufs Llcusierstc; doch müssen<br />

wir endlich <strong>der</strong> Ncbcrmacht weicheu; jM crgmtt sich auf uu? ein Kartätschen^<br />

Paskllgel- nnd diranateuregen. Wir weichen bis zum Eude des Dephiles.


aus den >ln-kll !"!tt, N und 15<br />

Ans einmal ist <strong>der</strong> Nest des zerstrenten Regimeutes wie<strong>der</strong> wie auf dem<br />

Exerzierplatz veriaiumelt. Die übrigen Rcgllneuter folgen unserem Bei'<br />

spiele, ^ront gegen den sseiud. Dies macht den Heind stllticn. Er kehrt<br />

llm nnd die Nacht elldigt den Kampf, (^rettet ist die Armee nnd llichts<br />

verloren als Terrain. Drei Regimenter sclie ich diesen harten Kampf<br />

für die Rcttnng <strong>der</strong> Arlnee ertragen: das Kolbergischc Regiinent, das ^cib-<br />

regiment nnd ein ^ardcrcgiment, <strong>der</strong>en Nltl)in nnd Verdienst an diesem<br />

Tage unvergeßlich bleiben muß. Ansier ilmcn ist jeht kein ^tcgiluenl ans<br />

dem Schlachtfelde zn sehen, nnr ein Ulanenregiment, es war nns zn Hülfe<br />

geschickt ltnd hielt am Rande <strong>der</strong> Ebene mtt blitzenden Salinen nnd<br />

wiehernden Pferden, wie znr Veobachtnng znr Vnst o<strong>der</strong> znr Parade ili<br />

Nnnllncrsichcr, slch dnrch Terrain eutschuldlgeud, die Kavallerie ist während<br />

<strong>der</strong> Schlacht <strong>der</strong> Infanterie gewöhnlich znm großen Aerger; beson<strong>der</strong>s war<br />

es hier <strong>der</strong> Fall, wo die Kavallerie fast gar nicht ins gelier lam, weil die<br />

Franzosen sich mit ihrer wenigen Kavallerie nicht hcrvorwagten; indes; ans<br />

dem Rück^nge nahm es die Infanterie wahr, wie willkommen die starke<br />

Kavallerie war.<br />

Dem (General Wittgenstein werden wegen <strong>der</strong> Schlachten bei sitzen<br />

nnd Nansen große Dehler vorgeworfen.<br />

Noch ist zn bemerken, daß man bis znm Waffenstillstand ans die<br />

Jäger noch einige Rücksicht nahm.<br />

Wie wir den ^. ins ssener gingen sagte ein Russischer General:<br />

„Die Jäger sind nicht solche Ventc, die man opfern kaun wie die gewöhn-<br />

lichen Soldaten. Man schicke sie hinter Manern nnd verdecke. Nnn<br />

schießt tüchtig nnter die Franzosen."<br />

Ein Frendengeschrci war die Antwort.<br />

Nnd wenn wir gleich den LI ten voranöstnrmen mußten, so schickte man<br />

nns doch, wie <strong>der</strong> Kampf rnhte nach Steinfnrlh vorans, weil wir <strong>der</strong><br />

Nnhe bedürften. Hier schliefen wir einige Stünden, m <strong>der</strong> Allee inner den<br />

Nlessirten <strong>der</strong>en Jammern uns störte nnd nur das Herz verwundete, bis<br />

das Regiment nm 1^ Uhr ankam; da marchirten wir noch bi5<br />

znm '^. May 2 Ubr früh nnd wie<strong>der</strong> rnhten blö li Uhr. Einige<br />

Artoncln, die ich in den Tornister gesteckt hatte nnd etwas Zwieback ans<br />

dem Tornister eines todten ssranzolni genommen, halten mich in Sleinfnrlh<br />

erquickt. Es fallen noch einige Htanonemchüsse, wir marchiren bis in die<br />

Gegend voll Goerlitz nnd lagern nns anf dem rechten Ufer eines kleinen<br />

Flnsses. Unterwegs war <strong>der</strong> Hunger schrecklich. Es Passiren i) Sächsische<br />

Brotwagen nnter Russischer Bedeckung. Ich schc Soldaten hcranlanfen sich<br />

Brodt nehmen. Auch mich lchrts <strong>der</strong> Huuger; doch finden sich bald so viele<br />

Bittende um Brot, daß ich selbst nichts mehr übrig hatte. Der Obrist<br />

ließ den Rnssen von den ^ Wagen, 3 Wagen mit Gewalt nehmen,


154 Kriegstagebuch des Leutnnnts Ludwig Cchulz<br />

wodurch er sich nachher mit einem Russischen Officier in Streit verwickelte.<br />

Es gab Brodt und Vrandtewein.<br />

Den 255. May gehts bis znr Schlesischen Grenze wie ein Trauerzug.<br />

Aller Gesang nnd alle Heiterkeit ist verschwunden.<br />

An <strong>der</strong> Qneis werden Vcrtheidignngsanstalten getroffen. Wir gehorten<br />

znr Arrieregarde. Der Feind rückt an, die Granaten begegnen sich schon.<br />

Es heißt, daß hier eine Preußische Paskugel ^ Französische Generale an<br />

Napoleons Seite blessirt habe. Die feindliche Infanterie nns gegenüber<br />

nmchte keinen starken Angriff. Wir vertheidigten nnsere Posten einige<br />

Stunden. Plö!5lich indeß kommen uns feindliche Tiraillenre in die Flanken.<br />

Mehrere Musquetiere waren schon blessirt. Einer <strong>der</strong> den Arm verloren<br />

hatte snchte unverbnnden noch die Retlirade, um nicht den Feinden in die<br />

Hände zu fallen.<br />

So mußte denn eiligst <strong>der</strong> Rückzug angetreten werden. Gedeckt<br />

durch die Kavallerie uud ungehin<strong>der</strong>t durch die Frauzoseu gmqs bis unweit<br />

Bnnzlan, wo Neiß und Fleisch empfangen und halb gahr verzehrt wurde.<br />

Den L4. May früh marcliieren wir durch Runzlau.<br />

„Nnn gehts immerfort nach Moskau" riefeu mehrere nnwillig ans.<br />

Ja einige elende Kerle hatten slch gedruckt uud ihre Mondiruug abgelegt.<br />

Bethe war uach Breslau vorausgefahren.<br />

Aus einmal wird gehalten auf einer Anhöhe. Plötzlich kam die<br />

Nachricht, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite des Waldes sind schon Österreicher uns<br />

zu Hülfe. Wirklich ließ sich eiu österreichischer Officier sehen; aber<br />

keine Truppeu.<br />

Den ^5. May früh brechen wir auf, durch den Wald, finden dort<br />

keine Ocsterrcichcr. Zwischen Haynau nnd Liegnitz bleibt das Regiment<br />

halten. Ich werde mit als Fourier vorausgeschickt. In Licgniy iit ein<br />

schrecklicher Wirrwarr. Es heißt: wir sollen Quartier machen. Seit<br />

langer Zeit trinke ich anf diesem Wege einmal wie<strong>der</strong> Bier und Wein.<br />

Acim Bauern giebts noch Milch Käse uud Butter. Eiue wahre<br />

Erquickung. Endlich brechen wir aus Viegnitz auf stechen jenseits ^iegnitz<br />

das Lager ab. Alls einmal kommt Ordì e zurückzumarchicren. Rechts<br />

um Liegnitz hernm gehts znm Regiment zurück. Bei einer Mühle hält<br />

Blücher und ich vernehme die Worte: „Dieser Coup muß glücken." Endlich<br />

kommen wir zu nuseren Kameraden zurück und finden sie reich an Milch<br />

Käse nnd Butter. Die Vancru gaben lieber Alles uns, als daß sie es<br />

für die Franzosen aufbewahrten. Der Schills sagt: Es ist zwar des<br />

Königs Wille: wir sollen all um'er Eigcutum zcrstöreu und mit den beweg-<br />

lichen Sachen umziehen mit <strong>der</strong> Armee. Ich kann es nicht. Es gehe mir,<br />

wie's wolle; ich bleibe hier.


aus den Jahren INI 3, 14 und 15. 155<br />

Wir hörten vor uns ein Kanonendonnern, nns ungewöhnlich, da wir<br />

doch die Arrieregarde bildeten. Jeden Augenblick glaubten wn' gegeu den<br />

Feind rücken zu müssen-, doch das Schlesien eudtt gegen Abend und wir<br />

stehen noch an unserm Play. Ueberall sieht man in dcr liegend ver-<br />

scharren flüchten und retten. Spät kommen Preußische Dragoner mit<br />

10 Französischen Kanonen nnd mit lAefaugeuen an.<br />

Der Dragoncrmuth wußte von <strong>der</strong> Anairc des Tages bei Haynau zu<br />

erzählen: „Die Preußische Infanterie attaquirte sich mit <strong>der</strong> FrauMischeu.<br />

Ziethen sagte zu uus: in Sections rechts schwenkt. Es giug um eincn<br />

Berg herum. Auf einmal sielen wir, wie aus ciucm Hinterhalt dcu<br />

Frauzoseu in die Flanke, hieben viele nie<strong>der</strong>, ^iclc Nackcrts retteten sich,<br />

indem sie sich auf den Nucken warfen das (Gewehr aufwärts. So kriegten<br />

wir die Kanonen. Bier tonnten wir nicht fort bringen, wegen Mallgel<br />

an Pferden; die sind vernagelt."<br />

Den 2tt. maränrcn wir rechts um Liegnitz herum bis auf die<br />

Anhöhe von Wahlsladt. Gegen Abend beginnt vor uns ein Schießen und<br />

Liegnitz wird vor uuseren Augeu geuommeu. Es wird dunkel und wir<br />

marchiren weiter. Um Mitternacht gelangen wir zum Lager <strong>der</strong> großen<br />

Armee. Die linienmäßig ausgebreitete»! Kochfeuer leuchteten auf diesem<br />

Platze wie Sterne am Himmel.<br />

Wir wurden an das ^ager bei Bauzen erinnert nnd schmeichelten<br />

uns mit <strong>der</strong> Hoffnung: endlich würde einmal wie<strong>der</strong> die Armee gegen die<br />

Französische Stich halten.<br />

Den 37. marchirten wir nicht, <strong>der</strong> Obrist v. Zastrow war beschäftigt<br />

ein regelmäßiges Lager bauen zu lassen.<br />

Nachmittags. Ich hatte ebeu mein Schachspiel anf <strong>der</strong> Erde in<br />

Ordnung gebracht und wollte mit Kumme em Spiel entnren. Ich höre<br />

meinen Namen rufen. Nenmann, Schleich I'), 11^), l^oldhammcr,<br />

Brehmer, Fritze, Matthias, Dochlmg, Dreist, Schulz, Seegemund^) ziehen<br />

') Vater und ') Theim des hiesigen Herrn Geh. Sanitätsrats Schleich.<br />

') Schon mehrfach erwähnt, z. V. S. 140. In Boehmers Tagebuch von<br />

Seegemunds Hand:<br />

Es rollt auch wohl <strong>der</strong> ehrne Würfel so<br />

Daß er diesseits den ^'ie<strong>der</strong>mund mir schließt —<br />

Nimm dieses Won dann als den letzten Grnh<br />

Aus innig liebevoller braver Vrust<br />

Und laß des ehi lichen Krieastodlen Pild<br />

Visweilen warm und lebend uor dir stehn.<br />

Berlin den 12. gedrnar 1^13. Dein Freund und Bru<strong>der</strong><br />

Johann Georg Seegemuno ?oin. äsäinensis<br />

(Colberg Regmt.)<br />

sBei Dennewitz 6. Septbr. 1813 von drei Kauätschcnkugeln verwundet,<br />

geheilt.!


!5>s> Kri easta flebuck des Leutnants Lildwig Tchulz<br />

sich ordentlich an nnl als Officier vorgestellt zn werden. Ein wahrer<br />

Schrecken überfiel mich; denn nie halte ich daran gedacht. An nns<br />

schliesst sich noch Sänniickcrt nnd so gehen wir zurück zn einem Schlosi,<br />

das Hauptquartier v. Blücher. Wie wir zurückkamen, sagte <strong>der</strong> Hanpt^<br />

mann: Vorzüglich habe Lchlllz eine wenig frohe Miene geän<strong>der</strong>t. Ich<br />

war lange zweifelhast, ob icl) es annehmen lolite o<strong>der</strong> nicht; doch uberlien<br />

ick mich endlich ganz dem Schicksal.<br />

Den ^!!>. halten wir ein sehr angenehmes Lager bezogen in einem<br />

Walde nahe all einem Walde.<br />

Dell .".


aus den Ialn-en l«i3, 14 und 15. ll>7<br />

Den ^1. reite ich wegen des hübschen Mädchens im Qnartier mit<br />

dem Chir. Schoeucke eine Stnude llachhcr dem Negt. nach.<br />

Den ^^. sind wir in Wohlall: mein Wirth ist ein Tnchmacher,<br />

dessen schöne Tochter mich unterhielt.<br />

Den 25>. in lNonrau wo W Mnhlcn standen, ein reicher Bäcker ist<br />

mein Wirth. Die Tocl)tcr nnd er spielen lnir ans dem Fortepiano<br />

etwas vor. Er läßt sich mit mir ans Philosophische bespräche ein. Seine<br />

Idee ist. Die abgeschiedenen Seelen wan<strong>der</strong>n zn an<strong>der</strong>en Gestirnen.<br />

Äiein (Gespräch fällt ihm ans nnd schien ihm höchst gelehrt; ans einmal<br />

n<strong>der</strong>stürmt mir Vater nnd Tochter: „Bekennen S«cs nnr, sagen Sies nnr:<br />

Wo silld sie Pastor gewesen? Sie hal>en scholl gepredigt."<br />

Nach dem Essen ging er mit mir späteren; es war hier ein<br />

Wallfahrtsort <strong>der</strong> Kattiolitcn. Eine Station folgte <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n. Die<br />

Promenade führte zn einem Hügel im Walde gereinigt von Hras; hier<br />

war <strong>der</strong> Tod Christi wie in Wirklichkeit dargestellt. Weiterhin schlich ans<br />

einem Hnttchen nmringt von einem kleinen lNärtchen ein alter Eremit mit<br />

weitem Bart, in <strong>der</strong> Hand einen schwarzen Stab, <strong>der</strong> sich zu einem<br />

Grenze endigte. Er fnhrte uns ili eine alte katholische Kirche.<br />

Nachdem gingen wir weiter dnrch den Wald. Unser Gespräch wnrde<br />

immer erhabener. Er kam nicht ans mit seinen Aufstellungen. Endlich<br />

drang er noch einmal in mich ihm zn sagen, wo meine Pfarre läge.<br />

(Honran litte damals sehr dnrch die Spcrrnug, l^onran weil es einen sehr<br />

starken Mehlhandel zn Wasser nach Berlin trieb.<br />

Den 26. gings ins Polnische dmch ^ran statt nach dem Schloß<br />

eines Pohlen <strong>der</strong> bei Napoleon war. Der Obrist v. ^astrow war in<br />

demselben Qnartier, ebenso Mellentin und <strong>der</strong> kleine Somnitz.<br />

Den 27. lag ich auch in einem Polnischen Dorf. Mein Wirth<br />

ging mit mir spatziren nnd führt mich in einen Thiergarten, wo ans sein<br />

Pscifen Hirsche hcrbci sprangen.<br />

Den


15N Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

Den 3. August rücken wir in Berlin ein: sieh da auf dem<br />

Aleran<strong>der</strong>platz meinen Rru<strong>der</strong> Wilhelm. Mciu Quartier ist: neue<br />

Fricdrichsstraße Jude Ephraim.<br />

Meinen Vru<strong>der</strong> glaubte ich gefangen o<strong>der</strong> todt mit denen, die<br />

während des Wasscnstillstandcs, dcr nach den 3 Wochen auf Wochen<br />

uud eudlich bis zuin 17. August verlängert ward, von den Naiern über-<br />

fallen wurde.'j Wilhelm hat das Vützowsche Corps verlasseu und steht<br />

jetzt beim 1. Pommcrscheu Ncgt. Ich spreche mciuen Oncle Haffuer und<br />

Ferdinaudt, dem ich es noch nicht vergessen lounte, weil ich ihn für die<br />

Ursache des letzten Ariefes meines Vaters hielt.<br />

Die erste Woche verlebte ich in Verliu auf das Gewissenhafteste.<br />

Matern war mein Stubenkamerad, er war fast außer sich vor Freude als<br />

er uach Colbcrg die Fahne zu holeu reiste uud uuterwegs uoch seine<br />

Frau sprach.<br />

Es tommt das englisch mondine Vataillon aus Stettin mit Kleist.<br />

Mein Compagniechcf ist Hardenstein. Die Polnischen Ersatzmannschasten<br />

halte Fritze wie<strong>der</strong> zurückfuhren müssen und dabei bald das ^cbeu ver-<br />

loren, wie er versichert. Die Zeit, welche mir vom Excrciren übrig blieb,<br />

wende ich darauf an meine Philosophischen (hruudsätze schriftlich ins Ncine<br />

zu bringen; doch waren sie schon etwas freier als ehe ich Äcrlin ver-<br />

lassen hatte.<br />

Wir exerciren Tage lang vor dem Hallischen Thore. Endlich exercirt<br />

nns selbst <strong>der</strong> König ans dem Ezercirplatz. Zuletzt läsit uus <strong>der</strong> Krouprinz<br />

von Schwede» iu Parade vor sich vorbei defilireu, <strong>der</strong> König ist schon<br />

abgereist/)<br />

') Das Alhowsche Corps wurde nach dem Waffenstillstand von Poischwitz<br />

l4. Juni) schnöde von deu Bainll überfallen l7. Juni bei Kiyeu. Die meisten waren<br />

tot, uclwuuoct o<strong>der</strong> genwften. ^üyow eulkam mit 21 Maun, unter deuen auch <strong>der</strong><br />

schwer verwundete Theodor Körner war.<br />

2) Am 4. Iuui war Waffenstillstand gemacht, zunächst auf 3, dann auf<br />

6 Wochen bis U). (l6.) August. Napoleon hat dies später selbst als einen seiner<br />

gröslteu Fehler bezeichnet. Cr brauchte die Wanernuhe für seine Truppen, rechurte<br />

auf Uueinigkeit zwischru den Alliierten uud hoffte, den Kaiser von Österreich, seiueu<br />

Schwiegervater, sür sich zu gcwiuuru. Toch hatte seine persöukche Zummuleutunst<br />

mit Metteruich iu Dresden aul Aü. Juni ^gelum beschrieben bei Hausser, Deutsche<br />

beschichte voni Tode 'Friedrichs des Großen l.ns zur Aufrichtung des Deutscheu<br />

Buudes Bd. IV, ^. 219 ff.) iufolge von Napoleons leldeuschaftlichem uud herrischen!<br />

Auftreten gerade die entgegengesetzte Wnkuug. Auch Nleb die ^iatur <strong>der</strong> Diuge<br />

Österreich ius ^ager <strong>der</strong> Mnerteu. Im zweiten Teil des Krieges l8l3 wo^deu<br />

^ Armeen gebildet: die Hauptarmee loie böhmische) unter Echwar^u<strong>der</strong>g - dn ihr<br />

auch die 3 Monarcheu — 235 (X)0 villini stark, die schleniche unter Blücher uuo<br />

Gneiseuau mit ^)ork, Cangerò» und Sackeu ^^ U00 ^l'aun uuo die ^)iordarmee unter<br />

Bernndotte, inzwischcu als „Kronprinz von Tchwedeu" Karl Johann,


aus den Jahren 1N13, 14 und !5. 159<br />

Morcan') langt in Berlin an und läßt sich in Civil bei offenen<br />

Fenstern dem Publikum sehen. Bcrnadotte jetzt Johann Carl genannt<br />

äußert bei <strong>der</strong> Besichtigung sein Wohlssefallen über die Schanzn vor dem<br />

Hallischen Thore.<br />

Oei den Bürgern wird durch Androhung und Atlsfnhrnng strenger<br />

Exekution Geld geliehen. Iä^ din mit dazn kommandirt den Bürgern<br />

Wagen zu nehmen, Materne war zuriickgeiommeu, wir gelieu oft spatzircu<br />

nach dem Hoffjaeger.<br />

August I5NI (nach dem Waffenstillstand).<br />

Den 17. August endete <strong>der</strong> Waffenstillstand, wir verließen Berlin<br />

und bezogen in <strong>der</strong> Hasen-Heide das Bivoik. Frie<strong>der</strong>ike besucht mich.<br />

Beim Einbruch <strong>der</strong> Nacht marchircn wir nach Bricksdorf, wo wir<br />

dell Itt. Aug. am Mittwoch fast Compagnieweise Hänser bewohnten;<br />

ebenso den 19. Aug.<br />

Den LN. Ang. brachen wir auf bis Wachmansdorf unweit Coepenik<br />

schlugen das Bivoik ans und marchirten<br />

den 21. Aug. weiter bis Saarmuud zwischen Potsdamm und Trebbin.<br />

Den Ls. Ang. gingen wir seitwärts zurück bis Heiurichsdorf. im<br />

Nivoik es regnet nnanfhdrlich. Wir tonnen we<strong>der</strong> Fener mache», noch<br />

Hütten bauen; ich war ohne Mantel und Nachtlamisol.")<br />

davon etwa 73 000 Preußen unter Bnlow und Tauenzien. Alle 3 Armeen sollen<br />

Napeleon einkreisen nnd sich zuletzt zn gemeiusamenl Hiainpf die Hand reichen, wie<br />

za denn auch bei Leipzig geschah. Die Nordarmee hatte beson<strong>der</strong>s unch die Aufgabe,<br />

Berlin zu schützen. Napoleons Hauptbestreben mußte natürlich sein, diese Vereinigung<br />

zu vel hin<strong>der</strong>n und die einzelnen Armeen durch Vorstöße zur Schlacht zu<br />

zwingen nnd zu vernichten. TieNordarmee, zu <strong>der</strong> das .^olbcrger Negimcnt Aborte,<br />

schützte Berlin gegen budino! und nachher auch gegen Ncy hauptsächlich durch die<br />

Schlachten von (^»noß-^reren l^.^. Anglisti nnd ^enncwltz s


U'»l> Kriegstagebuch des Leutnants Vttdwig Eclmlz<br />

Den ^.i. Aug. Mondtag. Unsere Füsiliere rücken vor nnd werden<br />

gedrängt, lim 2 Ilhr Nachmittags bricht das ganze Vager ans in Vinie<br />

nnd gcl)t halli rechts dein Feinde entgegen. Der Feind hatte ans seinem<br />

rechten Flügel 0)rok-Äehreud mw dort Batterien aufgepflanzt. Wir greifen<br />

stürmend den Femd an zerstrenen ihn nnd ein frendiges „Hnrah es lebe<br />

dcr völlig!" über dell ersten errungenen Sieg ertönt von allen. Noch<br />

kämpft die Kavallerie, die Nacht verwirrt ihren Kampf und Feinde retten<br />

vereint ohne sich zn kennen. Die ^cfangenen werden in <strong>der</strong> Nacht znrückgcliracht<br />

nach Heinrichsdorf, ich selbst hatte W Gefangene nnd vereinige<br />

mich znfälliger Weise mit dcm Capitai» Äoehl: Es kolumt Kaualleric, sie<br />

rnft


aus den Jahren 1613, 14 und 15. ll>l<br />

Den 31. begann <strong>der</strong> Donner hefftig, um 10 Uhr des Morgens<br />

brachen wir auf zur Necognoseirung. Wir marchine« durch Treuenbnezen,<br />

wo <strong>der</strong> Landsturm FrauMjche Gefangene bewachte und transportirte,<br />

kamen bis zur Sächsischen (Grenze. Es wurdeu Colonncu formirt. Wir<br />

sahen den Feiud. Das Geschich begann zu feuern. Feindliche Kugeln<br />

fielen bei uns zu Voden; die Bagage ging zurück. Rechts Hill uack Äel^lg<br />

sahcll wir deu Nauch und Staub <strong>der</strong> kämpfenden Trnppell. Der Feind<br />

zog sich südöstlich zurück. Wir kommen chm<br />

1. Sept. zllvor, vereinigen uns mit mehreren Divisionen, stehen au<br />

<strong>der</strong> Grenze <strong>der</strong> Mark im Viuoit die Front südwestlich. Der Feind zieht<br />

sich zurück wir folgen ilim<br />

den 2. September und leiden in Sachsen beson<strong>der</strong>s Mangel an<br />

Wasser, da alle Brunnen verschüttet waren. Die Dörfer bei denen wir<br />

standeu waren verschanzt. Menschenleer und lehr an allen Vcbcnsmitteln.<br />

Den A. September hatte <strong>der</strong> Feind eiue herrliche Position bel<br />

Croppstaedt. Wir standen ihm sehr nahe; die Vorposten berührten sich fast.<br />

In <strong>der</strong> Nacht verließ er diese Position und zog sich nach Jahne zurück<br />

wo Marschall Ney mit einer bedeutenden Verstärkung angekommen war.<br />

Den 4. September bezogen wir das Französische Vager bei Cropp-<br />

staedt reich an Ungeziefer arm an Wasser. Iu Eroppstaeot kehrten einige<br />

Einwohner zurück; mau sah die Nuiuen <strong>der</strong> Französischen Verwüstung;<br />

doch den scheußlichsten schmutzigsten Allblick gewährte die Kirche.<br />

Den 5. September: begann ein lebhaftes Feuern bei Jahne. An<br />

tausend blessirte kameu schon zurück. Der Donner zog sich nordöstlich Hill<br />

und war uus scholl ganz auf <strong>der</strong> linken Seite. Mitten unter dem Donner<br />

versammelte sich das Heer. Es wurde Gottesdieust und <strong>der</strong> Muth <strong>der</strong><br />

Soldateu durch eiue treffliche Rede angefeuert, ^egeu Äbeud brachen wir<br />

auf marchirten nordöstlich zurück. Ein Wald treuute uns und deu Feind<br />

und am Morgen<br />

des lì. Septembers Mondt, waren wir in <strong>der</strong> Gegend von Iüterbock.<br />

Es mallgelte gäuzlich all Brot und Wasser, außer einigen Vrockeu Zwie-<br />

back. Es war ein heißer Tag und sollte noch heißer werden. Um tt Uhr<br />

die Gewähre zusammengesetzt; mancher schlief eine Stunde noch sauft ohuc<br />

zu wissen daß er sobald einen längeren Schlaf genießen würde. Plötzlich<br />

hieß es auf auf; plötzlich wurdeu Kolouncn gebildet uud es stauo die ganze<br />

Schlachtordnung da, sie rückte eilenden Schrittes uor. Es wnrde deployirt.<br />

Der linke Flügel lehnte sich vorrückend au Iüterbock das Centrum nahmen<br />

die Dörfer Gclsdorf u. Deunewih. Der Feinds war fast um die Hälfte<br />

stärker als wir/) und hielt sich aufs Aeußerste auf <strong>der</strong> Höhe von Eine,<br />

') ca. 60 000.<br />

") ca. 40 000.<br />

Valttsche Studien N. F. X. 11


163 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

die er mit vielen Kanonen besetzt hatte. Der linke und rechte Flügel<br />

wurden bald gedrängt; bald drängte er; bis endlich das Ganze vorrückte<br />

nicht achtend <strong>der</strong> furchtbar sprudelnden Granaten nicht <strong>der</strong> Vaskugeln, nicht<br />

<strong>der</strong> Kardätschen und zerhackten Eisenstücke, die in unzähliger Menge unter<br />

unsre Reihen flogen und Tausende verstümmelten o<strong>der</strong> darnie<strong>der</strong> strekten nicht<br />

achtend des Staubes den <strong>der</strong> Wind uns in die Augen warf- vielleicht um<br />

nicht die weit überlegne Menge des Feindes zu sehen. Schon war es<br />

5 Uhr und unsre Linie war kaum nur noch 80 Schritt vom feindlichen<br />

Geschütz entfernt einige feindliche Kanonen wurden schon verlassen. Jetzt<br />

war die Kriesis, jetzt fielen die meisten Menschen sie stürzten hin wie<br />

Getreide unter <strong>der</strong> Sichel des Mühers; einige unsrer Bataillone fingen<br />

schon an zu wanken, als auf einmal auf unserm rechten Flügel sich ein<br />

unerwarteter Kanonendonner erhob. Unsere Kanonen waren durch die welt<br />

überlegene Anzahl <strong>der</strong> feindlichen Artillerie längst schon fast gänzlich zum<br />

Schweigen gebracht. Eben war die Nussische Schwedische Armee als<br />

Reserve angekommen und wie oic Sache im entscheidenden Augenblick war<br />

wirkte diese eine zu Hülfe geschickte Schwedische Batterie noch ganz trefflich.<br />

Die Schlacht ist total gewonnen; je<strong>der</strong> sucht wie er kann zu fliehen<br />

die Schwedische Kavallerie sucht die Zerstreuten auf; doch wird es dunkel<br />

ehe wir Nnhe finden gänzlich fehlt es an Brot und Wasser. So sehr viele<br />

unsrer Kameraden vermissen wir; ich habe Kra^) und Materne verloren.<br />

Der kleine Nest des Bataillons umarmt sich einzeln. Dann treibt<br />

uns <strong>der</strong> Hunger ins Dorf und wir finden glücklicher Weise noch Stroh<br />

Wasser eine H5uh und ein Schwein. Schnell stehen da zwei Hütten, die<br />

das ganze Bataillon so etwas gegen den Negen schützen; das Vieh ist<br />

geschlachtet und kocht am prasselnden Feucr. Ein Zaun gab uns<br />

treffliches Holz.<br />

Nachtrag znr Echlacht v. Dennewitz d. 6. September l813.<br />

Das Nc Pommerjche Negt., erst später angekommen, focht auf dem<br />

linken Flügel gegen dle Franzosen. Fichte schenkte meinem Bru<strong>der</strong> beim<br />

Abschied ein Buch (Fichtes Glaubenslehre) mit dcr Aufschrift: „Dies gab<br />

ich dir zum Führer." Mein Bru<strong>der</strong> trägt es im Chakot. Die Franzosen<br />

dringen mit Macht gegen den linten Flügel vor, so daß die Ulisrigen<br />

weichen müssen. Die Menschen fallen schrecklich, mein Bru<strong>der</strong> ist deu<br />

Franzosen nahe und in größter Gefahr. Endlich bringt er Soldaten zum<br />

Stehen. „Vorwärts! was jedem beschieden ist, trifft chu doch!" Kaum<br />

gesagt, so dringt eine Kartätschcnkugcl in seinen Chacot, ihm den Kopf zu<br />

') Verlustliste Bagensky E. 153.


aus den Jahren 1813, 14 und Ib. l6.'5<br />

durchbohren. Das Buch von Fichte bietet Wi<strong>der</strong>stand und bewahrt die<br />

Kugel iu seiner Mitte an einer Stelle, die meines Äru<strong>der</strong>s Worte zu<br />

bestätigen schien „Alles was kommt, kommt von Gott" lc.<br />

Den 7. Sept. sammeln sich die Brigaden und Regimenter. Es<br />

kommen die Wagen, es kommt Brodt und Vrandtwein.<br />

Den 8. wird eine bedeutende Menge Gefangener durch unser Lager<br />

geführt und am Nachmittag Victoria geschossen uud ts 6eum gesungen.<br />

Den 9. brechen wir südöstlich auf, beziehen bei Woltersdorf unweit<br />

Dame das Lager (ich schreib einen Brief nach Hause).<br />

Den 13. brechen wir da auf nach Seida und beziehen das Lager bei<br />

Chateauwalde.<br />

Den 1«. erhalte ich mein Patent nnd schreibe nach Hanse.<br />

Dcn 22. brechen wir auf marchiren durch Iaue, welches fast ganz<br />

verbrannt war, nach Wittenberg hin.<br />

Den 23. rücken wir näher an Wittenberg nnd schlagen im Walde<br />

unser Lager auf.<br />

Den 24. nehmen wir die Vorstädte von Wittenberg mit Sturm.<br />

Den 25. in <strong>der</strong> Nacht wird eine Parallele um Wittenberg gezogen.<br />

Bei Teichel war unser Lager, welches Dorf fast ganz als Materialien fürs<br />

Dorf') gebraucht wurde.<br />

Den 27. wurde Wittenberg furchtbar beschossen.<br />

Den 29. bin ich auf Piquett.<br />

Den 29. ,st ein plötzlicher Aufbruch aus unserem Lager, indem man<br />

einen Ausfall befürchtete.<br />

Den Al). Sept. wird Wittenberg zum drittemnal beschossen, dicht bei<br />

meinem Fuß schlug eiu Stück einer Bombe Ellentief in die Erde.<br />

Den 4. (Oct.) hören wir die Kanonade einer Schlacht, sehen den<br />

aufsteigenden Dampf <strong>der</strong> Kanonen.<br />

Hork und Blücher gehen über die Elbe.<br />

Den 5. Oct. verlassen wir Wittenberg, marchircu bei Coswig vorbei<br />

und beziehen in <strong>der</strong> Nacht bei Noslau das Lager.<br />

Doch fehlt es an Holz und Obdach im Negen, welcher unaufhörlich<br />

tt. fortwährte, da wir durch Noslau und Dessau marchine«, wo<br />

ganz ruhig die Schweden standen, die diese Städte genommen hatten. Wir<br />

marchirteu noch bis Turnow durch den Dessauer Wald nach Nordwesten<br />

hin unfern Äernburg. Von da marchine» wir<br />

7. nach Iesnitz ins Lager es war kalt und regnete unaufhörlich;<br />

ich Haltes Fieber und quartine mich in Iesnitz ein beim 1. Bataillon.<br />

') Doch wohl Lager.


164 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

Den 9. passirte das Blüchersche und ?)orksche Corps dnrch Iesnitz.<br />

Den 10. marchirten wir nach Zoerbig ins Lager.<br />

Den 11. marchinen wir um den Petersberg umher bis nach Rothen-<br />

burg, wo schon Truppen über die Saale marchirt waren. Hter fehlte cs an<br />

Stroh und an Holz und man mustte sich entschließen im Kothe zu schlafen,<br />

da wo man nnr mit Mühe gehen konnte; um etwas Holz o<strong>der</strong> Stroh zu<br />

haben mußte man sich erst mit Russen schlagen.<br />

Den 13. wurde plötzlich ansgcbrocheu-, alles marchine nach Coethen,<br />

bei welcher Stadt, die Front nach <strong>der</strong> Elbe hin eine völlige Schlacht'<br />

ordnung gebildet wird; weil die Franzosen eine Baldige grofte Tchlacht<br />

voraussehend eine Demonstration auf Berlin von Torgau und Wittenberg<br />

aus gemacht hatten.<br />

Den 15. brachen wir wie<strong>der</strong> auf, marchiren durch Lobe hin und<br />

beziehen beim Petcrsbcrgc das Vager. Das Stroh ward eine Meile zu holen.<br />

Den Kl. marchiren wir durch Oppin ins Nivoik.<br />

Den 17. kommen uns schon Gefangene des vorigen Tages entgegen;<br />

wir Viwolkirrn auf dein Schlachtfclde unweit Delitich.<br />

Den 1.< marchirtcu wir nach Taucha, um mit Theil an <strong>der</strong> Schlacht<br />

zu nehmen. Schon begegnen uns ganze Bataillone Sachsen die über-<br />

gegangen waren; em Hurah wird ihnen entgcgengerufen. Der Kanonen-<br />

donncr ist schrecklich uud unerhört. Wir marchircn durch Taucha und<br />

lommen aufs Schlachtfeld bald sehen wir die kämpfenden bald weichenden<br />

bald jagenden Truppen, sieh da sind wir ini Feuer. Es liegen auch schou<br />

Kameraden von nns im Blute; indeß sinkt die Tonne und läßt den blut-<br />

rotheu Schimmer schrecklich schön am Horizont zurück, gleich als wollte sie<br />

das Schlachtfeld am Himmel abspiegeln. Und noch war des Blutes nicht<br />

genug für Heute. Mit Sturm warfcu uoch unsre Tirailleure die Feind-<br />

liche« aus dell (Nräbeu aus ocr Schosiec; mit Sturm aus dem benach-<br />

barten Dorfe. Da war Nuhc; doch einen gräßlicheren Tag erwarteten nur<br />

noch morgen. ^>ltdcß trieb ocr Magcu uns an ms eroberte Dorf zu eilen<br />

und es zu durchmchcu, Brot hatte uno schou seit l> Tagen gemangelt.<br />

Mir fehlte Tabak auftcrocut. Mit Mühe fand man im Dorfe einige<br />

(irtoffeln, die gcröstcl im Feuer ganz köstlich schmeckten.<br />

Oeu N». um ^ Uhr kam schon <strong>der</strong> Bericht, das; sich die Franzosen<br />

zurückzöge»; da? Arrieregardegefccht war lebhaft; mau erstürmte das schöne<br />

Dorf vor <strong>der</strong> Stadt uno bald darauf die Stadt selbst.<br />

Wir bezogen vor <strong>der</strong> Htaot das Aivoik.')<br />

Den ^2. Ott. marchirtm wir nach Dercnberg durch Leipzig.<br />

') Das Vülowsche Corps trennte sich bald nach <strong>der</strong> Schlacht bei Leipzig von<br />

dem schwcd. Kronprinzen, oer nach Nmden gegen Dänemart vorrückte, und zog<br />

nach Holland.


aus den Iabren INI», 14 und 15. !65<br />

Den 23. ziehen wir die Saale hinauf, gehen bei Weisienfels über<br />

die Saale und kommen in ein menschenleeres Dorf ins Quartier.<br />

Den 24. marchiren wir nach Aorustaedt bei Qucrfurth.<br />

Den 25. bei Nebra über die Unstrnt nnfern Vibra.<br />

Den 2s>. nach Coli da.^)<br />

Den 27. nach Tenstaedt.<br />

Den 2tt. nach ^angensalza, worin l5M Gefangene in <strong>der</strong> Kirche<br />

Feuer anlegen.<br />

Den '^.j. beim Kaufmann Vaubrecht im Quartier in Mübl Hausen.<br />

Den AN. bleiben wir dier, werden herrlich aufgenommen; mir fehlen<br />

die Monoirungsstücke, es wird Vall, wo ich mit geliehenem Noct erscheine.<br />

Demoiselle ^anbrecht wird von mir zu Hause begleitet, ein wun<strong>der</strong>schönes<br />

Mädchen. Dann werden Briefe nach Hanse und nach Berlin an Hofs'<br />

manns geschrieben.<br />

Den 1. Novbr. brechen wir ans Yassiren Heiligenstadt nnd bleiben<br />

im Dorfe Udrà, ich bin mit A) Mann beim Müller einquartiert, <strong>der</strong> uus<br />

manchen Kuchen backen muß.<br />

Deu 2. passiren wir eine schöne felsige (Negend, kommen durch<br />

Goettingen, worin <strong>der</strong> Kronprinz von Schweden hauste, für den überall<br />

Ehrenpforten standen. Viele ^oettiuger Studenten folgten <strong>der</strong> Preußischen<br />

Fahue freiwillig. Hil<strong>der</strong>sen ein jchmlwigcs Dorf, wo wir in <strong>der</strong> Nacht<br />

ankamen, diente uns zum Quartier. Eiu eleuoes Hänschen war meine<br />

Wohnung.<br />

Den 3. kamen wir durch Salz<strong>der</strong>helden bei einem Salzwerk vorbei<br />

über die Ilme passirten Eimbek. Hallensce war unier Qnartier, eine<br />

Vauernhütte war für eine Compagnie bestimmt, hier hatten wir dell<br />

4. Nuhetag.<br />

Den 5. brachen wir auf bis Visperode.<br />

Den (i. passirten wir Hameln, blieben am rechten Weserufer, passirteu<br />

Aldendorf und ließeil uns clnqimrtieren in Großen Wicoeu. Der Wirth<br />

wird betrunken gemacht.<br />

Den 7. pajsiren wir Bückeburg, wo wir herrlich empfangen wurden<br />

ltnd blieben im Dorfe Kameru bei Minden, eine hübsche juuge Bauernwittwe<br />

war unsere Wirthin.<br />

Den 9. gingen wir über die Weser passirten Minden kamen im<br />

Negen bei einem Salzwerk an was nns zum Quartier bestimmt war, doch<br />

hatte schon ein Russisches Corps diese Quartiere eingenommen; darauf<br />

wird uns Herfort angewiesen und mit Mühe erreichen wir eine Bauernschaft,<br />

knetend im Schmutz und viele fast ohne Schuhe. Qettinghauseu<br />

dieß das Dörfchen.<br />

') Cölleda.


l66 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

Den 10. wurden wir nach an<strong>der</strong>en Dörfern vertheilt, nach Dütihrbaum.<br />

Den !1. marchirten wir wie<strong>der</strong> durch Herfort nach Minden bei<br />

Widdigen einquartiert.<br />

Den 12. marchirten wir durch Halle.') Friedrich <strong>der</strong> Große diente<br />

uns zur Ehrenpforte, wir blieben in Hessensteig.<br />

Den 13. waren wir in Warendorf und ich bei Herr Fürstraker.<br />

Den 14. Sonnt, in Münster.<br />

Den 16. Nov. marchirten wir mit vielen Umwegen nach Nphowen<br />

bei Billerbec, <strong>der</strong> schrecklichste Marsch meines Lebens mit manchen iuta<br />

begleitet, die lauge mir im Gedächtniß bleiben, mit Doruhcim, Nohr,<br />

Goskowsky, Tapitzky ic.<br />

Den 19. nach Coesfeld.<br />

Den 20. nach Borken.<br />

Den 22. nach Ihselburg. Mein Wirth Caspar Pelzer giebt mir<br />

eine eiserne Medaille zum Andenken die nachher in Brüssel ihr Eude<br />

genommen.<br />

Den 23. durch Derborg nach Dousburg (Doesbergh), was<br />

sogleich mit Sturm genommen wurde; darauf besetzten wir bis 12 Uhr<br />

die Wälle und ich kam soeben auf Wache, von <strong>der</strong> ich<br />

den 24. abgelöst wurde und beim Koester Schmidt einquartirt wurde.<br />

Den 25. machten die Franzosen aus Arnheim einen Ausfall; wir<br />

zogen ihnen unter Anführung des General von Oppeu entgegen, drängten<br />

die Franzosen in die Stadt zurück und bezogen in <strong>der</strong> Nacht in Velp ^?) die<br />

Quartiere ich beim H. de Niestap mit Dornheim.<br />

Den 26. rückten wir wie<strong>der</strong> vor. Ich staud mit meinen Tirailleuren<br />

beim Hause des H. de Vos ftl) Schritte vom Thor. Indeß war das<br />

Detachement uuter Degrot zurückgekommen, was Zütphcn genommen hatte.<br />

Den 2H. zogen wir nach Noientdal zurück uud von dort zum Amster-<br />

damer Thor im Schnee bivoikirend.<br />

Den 29. machten die Franzosen einen Ausfall todteten manchen<br />

braven Preußeu uud wurdcu bis zum Wall zurückgedrängt. Dicht vor<br />

<strong>der</strong> feindlichen Schanze hinter Hecken verborgen standen unsere Tirailleure<br />

ohne Nahruug und Decke Tag und Nacht m Gefahr in <strong>der</strong> gräßlichsten Kälte.<br />

Das Jahr 1814 ist für mich das elendeste was ich je erlebt habe.<br />

Den 22. Decbr. kommt in Bommel plötzlich <strong>der</strong> Befehl nach Dort-<br />

mund zum Ersatzbataillon abzugehen. Ich und Kcmuitz sind die Unglück-<br />

lichen uud Wolfrad. Vom 9. Negt. Capt. Petzoldt, Stülpnagel und Wulfen.<br />

') Unweit Bielefeld.


aus den Ialnen !813, 14 und 15. 167<br />

Den w. Jan. gehts nach Dortmund. Mein Quartier ist Gastw.<br />

Riebe. Es wird da Tadel d'haute gespeist. Da lerne ich Herr v. Hans<br />

kennen. Der Champagnerwein macht mich verliebt in Frau v. Halls.<br />

Unsere freien Neben werden von ihr nnd Frau v. Kainach gehört, weil<br />

unsere Schlafstuben an einan<strong>der</strong> grenzen. Wulfen eröffuet seinen er-<br />

fin<strong>der</strong>ischen Geist.<br />

Des Mittwochs und Tonnabends gehts ins Konzert aus Liebhabern<br />

bestehend Demois. Eimte saug vorzüglich. Die übrigen Tage wird im<br />

Gesellschaftshause brav Rheinwein getrunken, Schach gespielt :c.<br />

Den 12. Ich kriegte einen Streit mit Russischem Officier, <strong>der</strong> kaum<br />

ohne blanken Säbel sich endigt.<br />

Den 13. Von meinem Wirth nicht genügend honnct behandelt<br />

ziehe ich zum Friedensrichter Vrüggemaun. Drübeu wohnte bei Iucho<br />

Capt. Pctzold. Ich lese Nabners Religion nnd Gellerts Fabeln.<br />

Den 14. Ich werde als Ndjudaut eingeweiht, konnte mein Hans<br />

nicht wie<strong>der</strong>finden. Jetzt werden Rekruten geholt aus Essen. Tribuuals-<br />

richter verpflichten nicht. Dr. Regele erzählt von Stettin. Assistirung im<br />

Tribunalgebäude. Vei'ch wird arretirt wegen Streit mit seinem Wirth.<br />

Den 20. Ich lasse 136 Retruten schwören, die daraus zu exerciren<br />

anfangen. Ich mache Liften und Sawren, indem ich aus Nabner<br />

Gedanken stehle.<br />

Den 30. erlebe ich einen vergnügten Ball, brav Wein wird getrunken,<br />

tanze oft mit Frau v. Haus. Brü<strong>der</strong>schaft mit H. v. Hans; er führt<br />

mich auf den Tanzsaal seine Frau zu küssen.<br />

Den 31. wird ein vergnügter Tag in Nie<strong>der</strong>hofen verbracht. Chemnitz<br />

erscheint auch.<br />

Mit dem Februar fängt mein Elend an. Aus Pommern ist<br />

angekommen Capt. v. Gauhkow, Hn. Flatow, Schenk, Ehrhardt, Brodier.<br />

Wir waren 11 Offic. Capt. Petzoldt thut keinen Dienst mehr,<br />

weil er unter Ganstow nicht stehen wiN.<br />

Ich komme beim Kaufmann Pottgiesser ins Quartier, <strong>der</strong>selbe auf<br />

den ich eine Satire gemacht hatte: es war <strong>der</strong> trefflichste Manu.<br />

Lange hatte ich mich zu drücken gesucht: doch endlich musile ich selbst<br />

beim Exerciren erscheinen. Jeden Tag kriegte ich die lächerlichst gewandten<br />

Verweise, wenn ich einige Minute« zu wät kam. Da mußte ich nuu deu<br />

ganzen Tag auf einem Fleck stehen und sehen, wie die armen Menschen<br />

gequält wurden.<br />

Gegeu Abend wenn ich zurückkomme, erheiterte mich wie<strong>der</strong> die Familie<br />

o<strong>der</strong> ich wurde iu Gesellschaft gebethen bei Rappes, o<strong>der</strong> ich besuchte Stülp-<br />

uagel bei Frau v. Vernuth o<strong>der</strong> im Gesellschaftsdame o<strong>der</strong> ich lese Schillers<br />

Schauspiele o<strong>der</strong> ich zeichue.


!6tt Krikssswgrtmch des ^eutlmnts Ludwig Sclmtz<br />

Der Durchmarsch <strong>der</strong> Truppen macht Ganskow großes Leidwesen,<br />

weil er nicht esercire» kann. l. Das ^üdowsche Corps: ich lerne<br />

kennen Klatsch, Ribbeck, Bockenbnrg, Köhler — Marqnart, Nibbec, sehe wie<strong>der</strong><br />

Wellmer nnd Tobold II alle in groüe Barte eingehüllt.<br />

'^. Die Schwedischen Truppen, welche sehr langsam marchircn.<br />

^. Es rncten Hanseaten ein, fahren Kanonen und Pnluerwagen ans<br />

den Martt allf. Gauzkow aufgefor<strong>der</strong>t als Konimandant zu befehlen, die<br />

Wagen vors Thor zu fahren, um Schaden vorzubengen, führt als einzigen<br />

Grund au, er kann nicht exerciren nnd ist zufrieden mit <strong>der</strong> Antwort:<br />

Es ist leichter Nekruteu als diese Wagen vors Thor zu schaffen.<br />

Den ^5). Febr. fahre ich ab nach Minden Armaturstücke zu holen.<br />

Es ging durch Ham, beim Gattwirth Niets ein vergnügter Abend, in Gesell-<br />

schaft dreier Damen durch Nhede—Herfort beim Seidenfabrikant Schrewe<br />

besehe ich die Fabrik. In Minden bei Caspar Müller.<br />

Den 1. Merz schreibe ich nach Hause. Die Patronen muß l Unteroff,<br />

mit 3 Mann nachbringen. Zurück gehts durch Herfort Kaufmann<br />

Schroe<strong>der</strong>. Bielefeld Richter Delius als Kind im Hause behandelt,<br />

^ipstadt. Ham :c.<br />

Den b. Merz treffe ich in Dortm. den 3. Transport v. Officieren.<br />

Major von Kerlcr(ing) Capt. Aobcuhauscn, Hornlicrg, MyUns Dreist.<br />

Mehrerer lachte mich über meiue so große gelide aus, mit <strong>der</strong> ich ihn<br />

empfing. Dies vergesse ich ihm nie.<br />

An meinem Geburtstage empfange ich drei Briefe 1 von Karl<br />

2 von Hofsmanns. Wie ich vom Excrciren zurückkehre, ist ein Fest ver-<br />

anstaltet. Car. Pottg. überreicht mir ein Urbaud. Hch überreiche ihr<br />

mein Stammbuch. Hetzt sind wir 1


aus den Jahren 1813, 14 und 15. !69<br />

Den 7. durch Brüssel in einem Dorfe, meine Freundschaft mit<br />

Mylius säugt au cnqcr zu werden. Verschweudung in Brüssel — Halle —<br />

St. Nugeieu') — Soign^) — Mour. Dreist wird kraut. Bei Veauuwut,<br />

Sorte, Chatcau, Avener — La Capette — Guise St. Quenlun — Anas.<br />

Da treffe ich Ferdinand! — 9t. — u. Wilhelm bei Peroune vorbei —<br />

Berhune-Colonne.<br />

Den L0. Nvritt treffen wir das Negt. in Vailleul. Mein Wirth<br />

läßt sich nicht an<strong>der</strong>s bessern als durch Schläge von mir und meinem<br />

Burschen Sckuhmanu.<br />

May.<br />

Den 4. May gehts nach Werwyk.<br />

Den l). May gebe ich vorauf als Quartiermacher: passirt Curlray.<br />

In Gent war ich mit (^oskowsky iu eiuem Quartier, bewuudcrte<br />

die großen Kirchen, die schönen Promeuadeu. Des Vormittags wird<br />

erercirt auf dem St. Pctersberge.<br />

Ich erkläre mich nicht ganz bestimmt, ob ich Soldat bleiben will.<br />

Bei <strong>der</strong> Verteilung des eisernen Kreuzes gehts mir wie<strong>der</strong> vorüber. Eines<br />

Tages bringe ich uud Secg. den ganzen Zug <strong>der</strong> Off. durch unser Extrapostfuhrwert<br />

in Unordnung.<br />

Den 3. Iuny gehts wie<strong>der</strong> nach Dortmund zurück durch Nloft lAalst),<br />

Brüssel, ^ouvaiu, Tougeru, Mastricht, Mcu, Bonichct?) Wir erscheinen<br />

auf dem Vall ohne zu tauzeu. Den folgcudeu Tag wird das Schauspiel<br />

besucht — durch Neust; ich spreche Palesky. Düsseldorf Elberfeld. Ich<br />

und Mylius werden zurückgelassen — Uuser Quartier ist bei H. Brett.<br />

Schwelm, Hagen, Dortmund, Vokum, Hattingen.<br />

Den 17. Iuny kommen wir hier gleichsam in eine Verbannung an.<br />

Der Empfang war äußerst unangenehm: „Ich werde Sie melden aus<br />

Oenernlgouveruemeut!"<br />

Das tägliche Exerciren auf eiuem Kirchhofe wird immer schrecklicher.<br />

Des Abends amüsirt mau sich im Schauspiel, eiugerichtet im .Kuhstall,<br />

o<strong>der</strong> mit Trinkeu im (^esellschaftshaulc o<strong>der</strong> Pikett spieleu.<br />

Es wird au den Qdrist v. Zastrow um Urlaub gebeteu.<br />

Zwei Träume dieselbe Nacht.<br />

Ich reise auf Urlaub uacn Woltin; ich sehe meine Mutter, welche<br />

mich umarmt. Mit Schrecken fühle ich das Todteugeribbe. Die Erde<br />

öffnet sich. Ich fahre hinunter zum Pater.<br />

') Enghien.


17^ Kriegstagebuch des ^entiumts Ludwig Schulz<br />

Mylius Traum. Wir haben beide eine Klippe erstiegen. Er<br />

klettert glücklich hinunter, verliert mich aus dem Auge; und findet mich<br />

nach langer Zeit auf <strong>der</strong> Sckossee.<br />

Den 34. Inny erhalte ich vom Lt. Neumann die Nachricht, daß ich<br />

das Kreuz erhalten habe; den alten Gcmstow zu ärgern, melde ich mich<br />

sogleich bei ihm.<br />

Dm 27. Juny erhalte ich vom Obrist Zastrow einen Schuldbrief<br />

über Auctionsgel<strong>der</strong>, die ich schon den 6. Merz an Hauptmann v. Ganskow<br />

gezahlt hatte.<br />

Es wird ein langes Gedicht gemacht<br />

worin Ganslow — Jakob<br />

Homberg — Nube«<br />

Wulfen - Veniamin<br />

Flatow - Dan<br />

Ehrhardt — Naphtali<br />

Or. ... - Inda (trug hier auch sein Leid.)<br />

Brodier - Joseph<br />

Vobeuhausen - Zimcou<br />

schenk — Iiaichar<br />

Stulpnagcl — Sebulon<br />

Mylius —<br />

Chi^ - Asser<br />

ich -- s^ad. vorstellte.<br />

Iuly. Nun wird wegeu des Urlaubs zum Regiment hin'und her<br />

geschrieben; ebenso wegen <strong>der</strong> N> Thalerschnld. Dies währte bis zum<br />

October, iudeh wurde hier ein ewiges Einerlei fortgcleiert. Je<strong>der</strong> bemühte<br />

sich Vergnügen zu suchen und fand es nickt.<br />

Der eine Sebulou zog mit Frau v. Bernuth nach Schwelm zum<br />

Bade und machte den Mann unglücklich, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Dann hatte Dem«<br />

Moeller, wenngleich noch verhm-atlm die Ehe versprochen. Iuda ist<br />

wirklich im Begriff die Schwester zu heirathen. Asser verliebt sich in die<br />

Riessi) v. Md. Wehrlandt. Simeon und Isaschar stiegen aus nach<br />

Blankenstein. Jakob nimmt mit Nntoffc. u. Eoldatenweiber vorlieb. Ich<br />

selbst lerne bei meinen trefflichen Wirthsleuten ^eweringhaulen kennen<br />

Dem. Starmann.<br />

Der dritte August wird prachtvoll gefeiert im Klisitchcn des<br />

Nurgemeister Nautert. Des Vormittags wad nach dem Ererciren beim<br />

igt. Sandwirth Kegel gespielt. Eines Tages gehe ich mit Äobenhausen<br />

nach Tteele und Essen, da eröffnet er mir die Gesinnung des ganzen Klubbs.<br />

') Nichte.


aus den Jahren 1613, 14 und 15. 171<br />

Im Sept. gehts auf die Jagd. Ein froher Tag wird in Blankenstem<br />

vollbracht. Ein Ball wird arrangirt. Zurück gchts sehr lustig.<br />

Capt. Müller und einen Rittmeister lernen wir tenne». Vobenhamen<br />

erzählt uns Ganskows Eutr^ im Blanken Bollen.<br />

Im Oct. lege ich den Dohneustrich an und werde so einige Tage<br />

vom Exerciren befreit. Es kommt die Nachricht vom Regiment: wegen<br />

unseres Abschiedes müssen wir uns aus Gouvernement in Münster melden.<br />

Das geschieht.<br />

Den Itt. Oct. stellen wir Off. ein Fest an, wo wir die Honoratioren<br />

<strong>der</strong> Stadt bitten. Ganzkow muß sich mit Rautert vertragen, ein lächerlicher<br />

Auftritt.<br />

Ich habe die Illumination unter mir. Eine Piramide, darauf ein<br />

Globus und ein Kreuh !c. Der Sohn vom Mentmeister Giesler wird<br />

mein Freund.<br />

Es wird von meinen Wirthsleuten ein Heirathsplcm gemacht zwischen<br />

mir und Dem. Starmann, gegen die ich mich stets außerordentlich<br />

affectionirt gezeigt hatte.<br />

Reisen nach Blankenstein und Langenberg.<br />

Im November soll ich mich gegen Dem. Starm. erklären, doch<br />

rettet mich aus dieser Verlegenheit <strong>der</strong> plötzlich angekommene Urlaub.<br />

Wir fahren ab. bis Dortmnnd Vmsvanu Enrapost bis Unua. Dort<br />

wird 3 Tage geblieben und brav gezecht und bezahlt, bis Minden anf die<br />

Post, wir treffen Eapt. Kersten an, es geht weiter vis Haldcrstadt. Von<br />

dort mit Extrapost bis Berlin.<br />

Dort logire ich einige Tage bei Mylius Mutter; dann gehts nach<br />

Stettin. Auf dem Logcnball; sodann werde ich auf dem Sylberschmidt<br />

schmidschen Just. mit einem Lorbeerstrauß beehrt. Dann gehts zurück nach<br />

Berlin. Einige Tage logire ich im Goldenen Engel.<br />

Mit dem December ziehe ich Vinden 7A bei Fuchs. Schreckliches<br />

Verhältniß zw. Mylius und feiuer Mutter und Frau. Er verfuhrt mich<br />

zum Trinken :c.<br />

Im Engl. Saal bei Fr. v. Grau <strong>der</strong> Weihnachtsmarkt :c.<br />

Ich höre OoUe^ia Exegese, Lythurgik. Encyklopädie.<br />

ltzib.<br />

Januar. Lerne v. Roebel kennen, mit dem ziehe ich bei Myl.<br />

Aufwärterin. Weg mit <strong>der</strong> Erinnerung — <strong>der</strong> Entschluß. Mit dem<br />

Merz din ich von Mylius getrennt, bin bei Rhode seitdem bin ich<br />

wie<strong>der</strong> gut geworden, mußte dort leiden: dock, dock, Gott könnte ich die<br />

Zeit vom 17. Iuny bis Merz 1815 aus meinem Veben verlöschen!


172 Krieastagebuck bes Leutnants V<br />

Im December erhalte ich nach eincm Schreiben durch Mylius u. mir<br />

die M. v. d. O. l. außerdem wcrden Briefe gewechselt zwischen Kriegsminister<br />

und mir, mein Urlaub wird durch ihn verlängert, weg. Abschied<br />

soll ich beim Regiment anhalten. Ebenso werde ich noch immer ungerechterweise<br />

gemahnt durch Hempel.<br />

Jan. ssebr. Merz 1ft15.<br />

Ich schließe mich enger an die Verbindung <strong>der</strong> Landsmannschaft,<br />

v. Noe<strong>der</strong> wird mein sfreund.<br />

Es kommt die Nachricht von Napoleons Aufbrechen ans Elba. Die<br />

Zurüstungen im Preußischen werden immer ernsthafter. Man spricht<br />

vom Anfrnf.<br />

Mit Noe<strong>der</strong> gehe ich zum Abendmahl, um uns ^u dem was da<br />

kommen möchic, vo^ildcrcitcn.<br />

Der ^ebenswlchiel ist ün^eqvcift'tch den uns das Schicksal vorschreibt.<br />

Außer Nor<strong>der</strong> sind meine eckten Freunde Hafsncr und Nogger, mit<br />

denen ich Nachte hindurch schlich spiele.<br />

Den i>. Febr. ist ein großer Studentenanf.zng und Commersch wegen<br />

des ersten Anfbrnchs <strong>der</strong> Studenten in den Krieg 16l.'5.<br />

Aprili May 1^15.<br />

Dell 1. April! reiste ich aus Berlin ab znm Regiment, lernte unterwegs<br />

kenuen Jordan vom l. Pommerschen Negt., Bansemer, Müller.<br />

Meine engste Freundschaft bestand mit v. Noe<strong>der</strong>, indem wir beim Scheiden<br />

zur ewigen Eriuuerung die Krentze vertauscht.<br />

Den 13. Aprill kam ich in Hai an mit Lt. Franke, Kamke u. a.<br />

Ich traf das Ncgt. an.<br />

Den 3l. Aprill erfuhr ich bei ber großen Parade, baß ich im<br />

Regiment einrangirte.<br />

Den 3. Mai rücken wir aus Hai begegneten die Sächsische Garde')<br />

auf dem Marsch und bivoikirten in Nuttig dis Verstärkung kam.<br />

Den 6. früh wurde (Neneralmarsch geschlagen. Die Sachsen wurden<br />

umringt, vier davon erschossen uno die Ucbrigeu traneportirt nach Antwerpen<br />

zu.<br />

Den 9. rückten wir iu Louvain ein. Die nie<strong>der</strong>ländischen Truppen<br />

hatten eiucu Streit mit uuscru Soldateu.<br />

Den 14. ging <strong>der</strong> Lientn. Fischer nnd Krüger ab vom Regiment.<br />

Den 15. rückten wir ans Lonvain.<br />

Den IN. Westerlow, wo ich auf Wache war, den 21. Graf, den 33.<br />

Emmerich.<br />

^ Die hatten gegen Blücker gemeutert 2. Mai. Die Rädelsführer wurden<br />

erschossen, die Fahne <strong>der</strong> Garde verbannt, die Mannschaften mußten mit Schimvl<br />

und Schande zmuck.


nus den Jahren 1513, 14 und 15. !73<br />

Den 25. Aprill in Wesel Nebergabe <strong>der</strong> Sachsen.<br />

Den 28. May in Nerdingen.<br />

Beim 2. nie<strong>der</strong>rhcinijcheu Vandwehrregimcnt Hasselbach, Meumann,<br />

Dittmar.<br />

Beim 3. Kumme, Köster, Borns.<br />

Beim l). Tobold, Lange.<br />

Beim 7. Schüuemaun.<br />

Beim «. Kllntme <strong>der</strong> zweite.<br />

Den AN. in Dlt, im Schloß beim Orafen Salm Salm, dem doppelten<br />

Lax. Mit dem Leutu. v. Sacken machte ich dort Besuch. Merkwürdig<br />

war <strong>der</strong> Garten, <strong>der</strong> Ahnensaal und das Arsenal. Ein Vergnügen wechselte<br />

mit dem an<strong>der</strong>n, Klavierspiclen, Lotto, Souvp^ Tanz. Mir war die<br />

Gräfin günstig.<br />

Den 1. Juni in Nchen. Beim 4. noch: Mathias, Kumme li.<br />

Beim 1. Sudlaud.<br />

Den A. Juni bei Lüttig, wo <strong>der</strong> König v. Holland sich huldigen ließ.<br />

Den 5. in Orcz und ich im Schloß Vorausaut.<br />

Den 8. Iuny drei Briefe empfangen mit !', l Nthlr. einen wie<strong>der</strong><br />

abgeschickt.<br />

Den 15. Iuny begmnt plöklich <strong>der</strong> Krieg. Vom Excrcirplatz zu<br />

Grez werden wir plötzlich abgerufen. Nin '


17l Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Sckulz<br />

links waren wir durch französische Bataillone, die um das Dorf detachirt<br />

ll.»aren ulnflugelt, alle unsere Bataillone vereinigten sich nnd waren nicht<br />

mehr zu halten; doch auch <strong>der</strong> Feind verfolgte nicht mutig genug und seine<br />

Kavallerie wurde durch unser Quarreefeuer zurückgetrieben.<br />

Der Feiud war zufrieden auf dem Schlachtfelde zu jubeln und vivs<br />

Xtlpoleon zu rufen.<br />

In ^ Bataillone sammelten sich einige Schritte von den Französischen<br />

Vorposten nnd zogen sich erft am folgenden Morgen ungehin<strong>der</strong>t<br />

den 17. dnrch Gemblou nach Vaver (WavrcV) zurück, wo wir die<br />

folgende Nacht ankamen und im Platzregen bwoikirten.<br />

Indeß hatte Napoleon ein Corps nach Namur detachirt, um uns<br />

den Nückzng abzuschneiden. Dies stieß auf unsere Bagage und plün<strong>der</strong>te<br />

sie nnd brachte sie in Unordnung. Mit seiner großen Armee marchirt<br />

Napoleon nach Nivelle um sich dnrch die Bcsicgnng <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> znm<br />

Welthcrrscher zu machen.<br />

Deu 18. früh verkündigte uns <strong>der</strong> Kanonendonner schon den Anfang<br />

dcr Schlacht zwischen Napoleon nnd Wellington. Dem Bülowschen Corps<br />

folgten die übrigen Preußischen Corps, Wellington zn Hülfe.<br />

Aus einmal zeigte sich uns im ducken das detachirte Französische<br />

Corps, doch die Besetzung <strong>der</strong> engen Pässe und die Anznnoung von Baoer<br />

machte dessen weiteres Vorrücken unmöglich und alle Preußischen Corps<br />

konnten gegen Napoleon anrücken.<br />

Beml fünften Angriff <strong>der</strong> Franzosen waren die Englän<strong>der</strong> schon<br />

znrückgeschlagcn, als plötzlich alle preußischen Massen Napoleons rechten<br />

Flügel angriffen uud den Sieg errangen.")<br />

Noch in <strong>der</strong>selben Nacht wurde <strong>der</strong> Feind ohne Zeitverlust verfolgt.<br />

Das 2. Corps wurde gegen das detachirte Französische Corps gesandt.<br />

Nachtrag. Zum Iss. Iuny lsili) Schlacht von Schoenouno.<br />

Nach entschiedener Schlacht traf Blücher mit Wellington auf dem<br />

Schloß Belle alliauce znsammen, deshalb nennen die Preußen die Schlacht<br />

Schoenbnnd. Die Englän<strong>der</strong> und Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> nennen sie Waterlow,<br />

well dies Wellingtons Hanvtqnarticr war und Wellington wird genannt<br />

Fürst von WattNow. Die Franzosen ncnncn die Schlacht Gmap (Genappe).<br />

') Dieser wichtige Entschluß ist das große Verdienst von Gneisenau, <strong>der</strong> nach<br />

Vlüchers Sturz deu ^kerbesehl übernahm und das Hcer tucht, tme Navaleon<br />

erwartete, nur auf


aus den Iabren 1813, 14 und 15. 175<br />

Napoleon suckt das Incognito, flüchtet von Festung zu Festung,<br />

entfernt die Soldaten von sich, geht über Charleroi, Ptnlippeville, Melier,<br />

wo er sich wunden nicht in Arras zu sein, von da nach Paris und jetzt<br />

sich die Jakobinermütze auf.<br />

Zum 19. Iuuy das uns im Nucken detaänrte Corps war Vandam<br />

und Gronchy mit seiner starken Kavallerie.<br />

Nei Gemblo verhin<strong>der</strong>te uns die Müdigkeit dies fast umringte Corps<br />

anzugreifen. Der Feind gewinnt Zeit durch das Difilee zu entkommen.<br />

Den 19. nahmen wir unsere Stellung bei Gembleau.<br />

Den 20. trafen wir die Franzosen bei Namur nnd erstürmten die<br />

Stadt mit grosiem Verlust von Todten und Blessirten.<br />

Den 21. war das Regiment in diesen 5> Tagen an Officieren und<br />

Gemeinen um die Hälfte vermin<strong>der</strong>t. Bei je<strong>der</strong> Comp. 1 Officier marchiren<br />

wir durch Flcuris, Charleroi nach Lerne. Den 22. geht es durch Beaumont<br />

uach Sotrc lc Chätcau. 23. uach Avesncs. Den 25. nach Marville, wo<br />

em Brief abgeschickt wurde. Den 2st. auf Porposten bei Vaudrecy. Den<br />

29. ebenfalls. Den 2. auf Porposten. Den 5. auf Vorposten.<br />

Den 7. wird victorisirt wegen Blüchers Einrücken in Paris.<br />

Den 8. kommen wir auf Vorposten, die Stadt wird mit 20 Granaten<br />

beschossen. Nachher einen Tag um den an<strong>der</strong>n auf Vorposten.<br />

Es werden 2 Briefe empfangen, einer mit 4 ^ouisdor, mehrere<br />

abgeschickt.<br />

Den 15. fängt mein Vlutauswerfen an.<br />

Den 19. verliere ich viel Blut, den 20. früh nach Marville zum<br />

Lazarett,.<br />

Den 33. wo ich sehr krank wurde geht Laudrecy über<br />

den 23. nach Berlemont, den 24. gehts nach Maubeu.<br />

Dell 29. Briefe abgeschickt all Wilhelm, Carl und Arnim.<br />

Den 3. August wird hier des Königs Geburtstag mit vielem<br />

Geräusch gefeiert.<br />

Deu 4. befinde ich mich selbst schon besser, ich werfe nicht mehr<br />

Vlut aus, ich fange an stärkende Mediciu zu gebrauche«.<br />

Es besucht mich <strong>der</strong> Ingeuieuroffic. vou drüben. Seine Frau schickt<br />

mir Bücher.<br />

Nachtrag.<br />

Dm 14. Iuly wird mein Freund v. Noe<strong>der</strong> beim General<br />

v. Kraft als Adjudant angestellt. Er besucht mich sogleich nachher auch<br />

in deu Trancheen.<br />

Den 19. Iuly schickt er seinen Burschen, Geld von mir zu leihen;<br />

ich leih ihm 5 Louisd'or.


l?s» Kriegstaqelmch des V<br />

Dcn 20. schickt er mir 3 davon znrück.<br />

Den 21. holt er sich einen wie<strong>der</strong>.<br />

Er hat mich bisher mit Buchern versorgt. Don Karlos nehme ich<br />

mit ins Vazareth.<br />

Tractament habe ich vom Iuny ab zu for<strong>der</strong>n. Von den Douceur-<br />

gcl<strong>der</strong>n habe ich 2s> Nthlr. auf eine Quittung von 5>l> Nlhlr. empfangen.<br />

Dcn 12. August ist <strong>der</strong> '!iegimcntsqnartiermmter Wenz hier, <strong>der</strong><br />

mir Tractament für Iuuy und Iuly giebt. Ich schicke v. Noe<strong>der</strong> Don<br />

Karlos wie<strong>der</strong> mit einem Briefe und einem Gedicht von mir. Durch eiue<br />

von Roe<strong>der</strong> empsangeue ^iste habe ich erfahren.<br />

Den 19. Sonnt, <strong>der</strong> 3te Tag, welchen ich wie<strong>der</strong> ausgehe mit meinem<br />

Doctor dem Obcrslabschirugus Neumann nach Croix Blanc mache Bckauut-<br />

schaft mit Suchon Elblalldwchrosf. Kernig ein blessirtcr Off. vom 1^1. Negt.<br />

Marienburg Philippville und ^tocroi siud übergeben.<br />

Den 2l). Sonnt, schreibt mir Noeoer eiueu herzliche« Brief v. Givct<br />

aus, klagt mir seiue Schwermuth wegen des ucrlorelien Armes, fragt mich<br />

nach <strong>der</strong> Entschließung wegen mciuer Zukunft.<br />

Dcu 21. August erneuert sich plöklich <strong>der</strong> Alntsturz.<br />

22. A. Dienstag werde ich A<strong>der</strong> gelasse».<br />

26. Sounab. stehe ich auf uud mache eiu Gedicht: ^ied eines Vogels.<br />

Den 27. A. Sonnt, erhalte ich 3 Briefe:<br />

1. o. Arnim die «lte Brigade steht vor (hivet u. ein Theil <strong>der</strong> tzten.<br />

Die 7te ist mit dem Priuzcu vou Nokroy am 14. Aug. Ehrhardt ist todt.<br />

2. Stetti» v. 23. Illly Nagt um weuig erhalteue Briefe.<br />

Wilhelm steht iu <strong>der</strong> 1>«en Brigade iiu i)ten Armeekorps (?)ork)<br />

l)te Schlesische ^audwchrregt. Von 5H ^)tihlr. silid Wilhelul 4 ^ouisd'or<br />

geschickt. Nieine Schwester Fritze ist todt.<br />

3. Berlin a. 1.^. Iuly. Nachfrage um Braunhold. Statt <strong>der</strong><br />

Pommerauia ist jetzt Borussia errichtet.<br />

Am lN/) früh wird <strong>der</strong> Doctor zum Fürsteu^) gerufen, wegen<br />

Tchmerz durch den Sturz vom Pferde erzeugt. Dcr Doctor räth Nuhe<br />

uud Eiureibeu mit Spiritus an <strong>der</strong> Stelle des Schmerzes; darauf<br />

erwie<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Alte: Nuhc werde ich heute wohl nudeu; bis oahiu aber<br />

bedarf mem alter Körper des Eiubal'amireus uichr. Er hatte alio selbst<br />

deu glücklichen Ausgang nicht erwartet. Welch ein Kontrast mit Napoleon.<br />

Wilhelmmc.<br />

Noggcr steht beim 41. Pommerscheu ^andwehrregiment.<br />

Dcu 29. Aug. sende ich 3 Briefe ab.<br />

1. nach Stettin mit dem Briefe vou Roe<strong>der</strong> uud mit einem an<br />

) >)UlU.<br />

') Pli.ch«r,


2. nach Berlin an Haffner.<br />

aus den Iahrm 1813, l4 und l5. 177<br />

3. an Noe<strong>der</strong> meine aufs Neue nberstandene Gefahr meldend.<br />

Den 5. September Dienst, schreibe ich an Arnim. Bekanntschaft mit<br />

Parasky und Tieftrunk vom Elbandwehrregiment.<br />

Den 6. Sept. kommt ein Brief von Noedcr. er ist versetzt nnd steht<br />

beim Iten Corps. An den K. P. ^. und Generaladjudant des HE. Obrist<br />

v. Schütter H. v. Roe<strong>der</strong> 4te Brigade Ues Corps.<br />

übergeben.<br />

Die geliehenen 3 Vouisd'or sind dem Hauptmann v. Stülpnagel<br />

Den 9. Sept. Ein Brief von Karl mit 10 Thaler, es bleibt Nest<br />

30 Thaler. Wilhelm hat 20 Thaler erhalten. Der Brief datirt vom<br />

11. August.') Krantheitsregeln enthaltend. Rath nach Paris zu reisen.<br />

Den 10. Sept. Sonnt, erhalte einen Brief von Stettin datirt vom<br />

1. August.") Dabei ein Paket Wasche.<br />

Den 18. Mondt, geht Süschon ab und sendet nns ein Abschieds-<br />

gedicht, wie wir in unserer Concordia gerade kneipten.<br />

Den 20. Wittw. kommt <strong>der</strong> Negimentsquartiermeister Wenz giebt<br />

mir Traktament für August und September und bringt Nachricht von<br />

Oirst. Der Lieutn. Müller hat sich durch die Behanptung einer Schanze<br />

ausgezeichnet.<br />

Den 24. Sept. Sonnt, reisen Parasky und Tieftrnnk ab, Kcrz. ist<br />

schon früher abgegangen. Zeitungen nnd Briefe von Paris werden nicht<br />

ausgegeben.<br />

Die Doktoren Neumann Doktor Heisinger, Nahn.<br />

Den 30. Sept. Sonnt. Ein Brief von Stettin sd. 0. Sept.) ob<br />

das Geld angekommen, ob ich noch etwas bedarf von Ferdinand keine<br />

Nachricht. Meine Schwester, sie sind in Westpreußen gewesen. Grnß von<br />

<strong>der</strong> Familie Schmidt.<br />

Die Stadt ist illuminirt, man empfängt den Prinzen, <strong>der</strong> Damen<br />

Bitte bleibt ungehört. Der Kronprinz passirt.<br />

Den 3l. Sonnt, passirt <strong>der</strong> Kaiser Alexan<strong>der</strong>.<br />

Den 1. Oct. geht das Lazarett) ab nach Nokwli nnd damit mein<br />

Arzt Neumann. Ich kannte Heisinger und Rahn.<br />

Den 3. Oct. bin ich bei einem Punsch des 25>. Neqts. Trinke<br />

Brü<strong>der</strong>schaft mit Westphal.<br />

Den 4. geht <strong>der</strong> Regimentsquartiermeister Wenz ab nachdem er mir<br />

Trattamene bis zum Ende Sept. gegeben.<br />

Den 6. October geht ein Brief nach Stettin ab. Napport von<br />

meiner Krankheit.<br />

') Antwort auf d. 20. Iuny.<br />

2) Antwort auf d. 8. Iuly.<br />

«attische Studien N ss. X. 12


178 .Hriegstagebuck des ^eutucmts?udwig Sckmlz<br />

Den ^. Oct. Mondt, passivi <strong>der</strong> König von Preußen.<br />

Den 10. Mittw. geht ein Brief ab au Major Dorsch, ich bitte um<br />

Nachricht, wohin das Regiment geht.<br />

Die Gerüchte, daß Maubeuge Holländisch wird, macheu die Ein-<br />

wohner miftmuthig. Man erwartet den baldigen Aufbruch <strong>der</strong> Truppen.<br />

Den 17. Ott. kommt em Brief von Kleist, worauf ich ihm das<br />

Maas zum Chakot schickte.<br />

Das 2te Bataillon steht in Auvillers les Forges bei Nocwy.<br />

Deu !. kommt ein Vrief von Karl Antwort meines Briefes vom<br />

23. August mit 2 Hemden, einem Recept und weuigeu Worten <strong>der</strong><br />

beleidigten Minna. Ter Brief ist vom l


aus den Jahren 1ft13, 14 und 15. 179<br />

Quartier, die mich erst annimmt, nachdem sie auf <strong>der</strong> Municipalität<br />

Carnaule salop gcichimpst war. Die Stadt ist schoen uud regelmäßig,<br />

mitten auf dem Markt ist eine Wasserkunst. Ich treffe beim Kommandanten<br />

dell guten Ticftrank.<br />

Den ^k. Sonnt, habe ich Nuhctag. Beim Mittag erscheint eine<br />

Schöne. Unter einem stolzen Fedcrhut trüuselu sich tausend Krollchcn<br />

einer röthlichen Perücke darllntcr ziert sich ein langes faltiges Gesicht.<br />

Dennoch sind die Wangen roth wie Ziegelmchl, nnd es schläugelu sich<br />

durch <strong>der</strong>en rothe Fel<strong>der</strong> gelbe Bäche; denn die Dame ist so gefühlvoll,<br />

daß ununterbrochen Thränen aus den fenätten Augen über die rothen<br />

Wangen rinnen und auf ihrem Wege das Noth in Gelb verwandeln.<br />

Diese so mitleidigen Augen sind dennoch so majestätisch, dah stets ein Auge<br />

nach Nordost, das an<strong>der</strong>e nach Nordwest blickt.<br />

Und was sie interessant ist, wenn sie ihr vertrocknetes Händchen,<br />

worauf sich die Haut so tunstliche Falten gekränselt hat, mit <strong>der</strong> Schnnpftabal'<br />

dose hervordringt; wenn sie diese Dose ihrem Nachbar präjentirt und sodann<br />

ihr weit- nnd schwarzlöckriges Naschen mit Taback füllt.<br />

Unmöglich aber ist cs, <strong>der</strong> Liebe zu wi<strong>der</strong>stehen, weun sie aus dem<br />

bei ihr liegenden gewaltigen Stück Brode ein viertel Pfund Krnhme aus-<br />

schneidet, diese mit fettem Käse belegt uud den zarten Hänfen in ihr kleines<br />

Mündchen auf einmal steckt. Pfeilschnell eilt sodann das schöne lange und<br />

spitze Kinn an die Nase und stößt von <strong>der</strong> Nase eiueu schwärzen Pfropfen<br />

Taback, <strong>der</strong> sich aus einem Najenloche senkt, ab.<br />

Sie trinkt we<strong>der</strong> Bier noch Wein, das verdirbt die Haut, son<strong>der</strong>n<br />

ländliches reines Wasser, welches außerdem den Ponhnl hat im Munde<br />

das Vrod zu erweichen, so das; es leicht zu zerdrücken ist und unzerkaut<br />

zum Magen passireu kann.<br />

Auffallend ist ihre Aescheidenheit und Anspruchslosigkeit. Ihre Zähne,<br />

so schoen uud weiß sie auch geweseu sein mögen, läßt sie nie sehen.<br />

Man tonnte sicher behaupten, daß <strong>der</strong> Hals nnd <strong>der</strong> Bnsen noch die<br />

Gesichtsbildung überträfe; dennoch hat sie beides bedeckt. Um dell Hals<br />

kräuseln sich dicht unter dem Kinn prachtvolle Kanten. Unter dem scholl<br />

gewölbten Buien zieht sich ein feiner Flor, doch sieht man darunter nur<br />

Tücher und Tücher, nicht den Busen. Diesen imagmirten Busen nmbadct<br />

iu einem weiten Kreise cin roter prachtvoller Tuch.<br />

Sie steht so grade wie ein Peruckeustock, denn es erhält sie enges<br />

Schnürleib. Unter den Hüften ist sie so schlang, daß drei Hände sie nm^<br />

spannen können. Damen pflegen gerne sich jung nennen zu lasseu, sie<br />

aber, als ein Jüngling, hingerissen von <strong>der</strong> jugendlichen Nöthe ihrer<br />

Wangen, sie fragte: „Sie haben heute wohl schon einen großen Spazier-<br />

gang gemacht, <strong>der</strong> Sie eschoffirt hat?" antwortet: „Junge Mädchen<br />

12*


Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

promeniren viel, ich aber bin nicht mehr jung und bleibe immer iu meinem<br />

Zimmer."<br />

Natürlich pries <strong>der</strong> Jüngling ihre Sittsamkeit und Bescheidenheit<br />

hoch, daß sie sich nicht mehr für jung hielte, da sie doch blühte wie<br />

die Noje.<br />

l'ics Kompliment freute die Schönheit so, daß sie aufstand die zarten<br />

Hände wie Fühlhörner vorstreckend, zu ihrem Zimmer hinaufstieg, den<br />

Namen des Jünglings in ihr Ferienregister schrieb und ihm Visquit<br />

mitbrachte.<br />

Den 29. Oct. Sonntag fahre ich mit einer Diligence nach Sedan,<br />

wo ich das Regiment antreffe.<br />

Den 30. Oct. Mondt, übernimmt uns Ziethen; dem General<br />

Rüssel') machen wir die Kur.<br />

Den 1. Nov. geht Vrehmer ab als Etappenkommandant.<br />

Es geht ein Vrief ab nach Stettin.<br />

1. an Minna; ich rcsonnirc über vernünftig; ich habe zuletzt<br />

geschrieben durch den Bru<strong>der</strong> erfahre ich von dir auch was. Gruß an die<br />

Schmidtsche Familie.<br />

2. an Karl. Zufall, wie ich zum Briefe komme. Beschreibung<br />

meiner Schonen in Charlcville. Einfall <strong>der</strong> Abreise in Maubeuge Ankunft<br />

in Sedan. Wir blieben in Franlreich uuter Ziethen und Nussel Marsch-<br />

or<strong>der</strong> nach Dun.*)<br />

Wie richte ich mein Abschiedsschrciben ein, wenn ich dazu genötigt bin.<br />

Dell 7. Dienst, kommt ein Vrief von Stettin Antwort auf dm<br />

st. Oct. Fistel - Hrlihe — Nachlassenschaft 150 Nthlr, — Ob ich Geld<br />

bedarf. Quittung.<br />

Da lll dem König!. Befehle (Pommersches Amtsblatt vom Jahre<br />

1815 zi. 161) den ins Feld gerufenen Studircnden die ihnen conferirten<br />

Stipendien bis Iohannis 1915 ausgezahlt werden sollen, so quitt, über den<br />

Empfang v. 25 Nthlr. als den für diesen Termin geltenden Theil des<br />

mir conferirten Iac. Stip. v. 50 Nthlr. für das Jahr.<br />

Den 9. Novbr. reist das Regiment nach Stenay und Dun, ich<br />

bleibe hier mit Ltn. Kleist.<br />

Den 10. Novbr. geht ein Brief ab, enthaltend Krankheitsbericht,<br />

Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Franzosen.<br />

Den 1. December fcire ich mein After fest.<br />

Acht Tage zuvor ist <strong>der</strong> Aster dazu schon vorbereitet, es wird ein<br />

zweites Löchchcu gefunden, dies Löchchen durch Schwammpropfen erweitert,<br />

') v. Ryssel.<br />

'1 An <strong>der</strong> Maas südöstlich von Sedan.


aus den Jahren 18l3, 14 und 15. 181<br />

die Sonde geht schon fingerlang hinein, das Oesäß ist rasirt. Die Wertstätte<br />

ist fertig. Auf dem einen Tisch sind Waschschüsseln mit warmem<br />

nnd kaltem Wasser und Handtücher, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ist voller Charpie nnd<br />

Bandagen. Der dritte Tisch ist dem hellsten Fenster gegenüber daraus<br />

ein Kissen.<br />

Der Generalchirnrgus, Oberstaabschirurgus in voller Uniform mit<br />

großen Hüten mit dem eisernen Kreuz treten ein mit zwei Oberchirurgen.<br />

Drauf werden die Instrumente iu Ordnung gebracht. Ich lege mich<br />

über das Kissen nnd schane mit dem Allerwerthsten zum Fenster hinaus.<br />

Man reißt mir den Schwammpropscn heraus, drückt den Saft herans,<br />

stößt das Messer ins Loch nach unten, durchschneidet den Mastdarm,<br />

schneidet nach oben hin ans, macht ein zweites Voch, bepackt mich mit Charuie<br />

und Bandagen und trägt mich ins Bett.<br />

Schmerz ist Einbildung, sagt mein Doctor.')<br />

Den b. Decbr. geht eine Antwort auf Haffuers Brief ab, cr soll<br />

mir Bücher schicken, ebenso eine Antwort auf Neumanns Brief, <strong>der</strong> mir<br />

das Zeugniß übersandte.<br />

Den tt. Dec. geht ein Brief nach Stettin mit Zeugnissen. Ich melde<br />

meine Knr.<br />

Den 7. Dec. ein Brief mit einer Quittung für Oct. au den<br />

Regimentsqnartiermeister Wenz.<br />

Den 9. Dec. Traktament erhalten durch Wenz für den October.<br />

Den 13. Dec. 1 Brief von Karl mit <strong>der</strong> Beilage über das Abschiedsschreiben<br />

v. 21. Nov. Antwort auf den 1. Ein Brief nnter Wegs<br />

vom IN. — Seegemund bei v. ^epell, Hoffmeister — Herrnhut. 1 Brief<br />

von Minna. Ich soll zurückkehren. Zieht nach Woltin.<br />

1 « 1 s>.<br />

Als Lieutenant im Kolbergschen Infanterieregiment schreite ich ili<br />

das Jahr 1816. Seit dem sii. Iuly 1815 hatte ich mit einer gefähr,<br />

lichen Krankheit gekämpft, einen dreizehnmal wie<strong>der</strong>holten Blutsturz haltt<br />

ich überstanden. Sehr vielen Dank bin ich dem Stabsarzt Neumann<br />

schuldig, <strong>der</strong> mich in Mobenge bebandelte und beim Rückfall des Nlulsturzes<br />

mich zur A<strong>der</strong> ließ.<br />

Das Lazareth geht nach Rokroi und ich werde den 1. October einem<br />

Oberarzt des Hauptlazareths Kurz überlasseu, <strong>der</strong> beim Eintritt mir verkündet,<br />

ich habe die Schwindsucht, Asterfistel und weiß (hott, was alles.<br />

Verzweifelnd mache ich mich auf, gehe auf dem Wall um Mobeuge herum,<br />

dann in Gesellschaft, trinke Punsch und komme ermüdet znrück uud erbittert<br />

') Chloroform ist erst seit den vierziger Jahren bei Operationen im Gebrauch.


182 Kriegstagebuch d?s Leutnants Ludwig Schulz<br />

gegen den Scharlatan. Endlich entschließe ich mich gegen alles ältliche<br />

Anrathen zum Regiment zu rci'en, wo ich den 2:;. Octobcr ankam') ^in<br />

Sedan S. o.) hier blieb ich zurück mit dem Lieutenant v. Kleist; wir<br />

wurden behandelt dnrch den Oberstabsarzt Firlo (?) ein rechtschaffener<br />

geschwätziger doch geschickter Doctor, dem ich viel zu verdanken habe. (5r<br />

jagte mir sogleich, daß mir eine Fistel operirt werden musile. Der Obrist<br />

Graf v. Lucy besorgt mir ein besseres Quartier bei Suchetet auf dem<br />

place cls rivado. Hier geht die Operation vor sich, die ich, wie man<br />

vermuthete, nicht überstehen wnrde. Meine Beschäftigung während <strong>der</strong><br />

Krankheit waren<br />

1. Zeichnungen,<br />

l. Johann und Artns — Mobenge vollendet.<br />

3. Margarethes Flucht — in Sedan vollendet.<br />

.'>. Mein Vater und meine Mutter.<br />

2. Gedichte.<br />

1. Das Schicksal und ich (wie ich in Mobeuge anlangte und zn<br />

sterben glaubte).<br />

2. Lied eines Vogels (wie ich wie<strong>der</strong> zu hoffen begannt.<br />

55. Die Ncu-Griechen auf Cypern. Aus <strong>der</strong> Geschichte Richards,<br />

Anfang eines Dramas.<br />

4. Preußens Nuhm.<br />

Stimme des Vatikanischen Sonnengottes an Preußens Krieger.<br />

3. Geschichte.<br />

Nebersevuilll imeressmUn ^rcncn aus <strong>der</strong> MHllsckcn beschichte<br />

(in Manbeugc).<br />

Auszüge aus <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> alten Welt von Nollin zu Sedan.<br />

Außerdem wurde ein Schachspiel ausgeschnitten, Dammbrett und<br />

Kasten dazu gemacht, Bücher eingebunden ;c. :c.<br />

Klelst wird gefährlich krank, ich besuche ihn alle Abend; den ganzen<br />

Tag sitzt er, sieht das Feuer nnd die vier Wände all. Bald brennt ihm<br />

das Feuer zu start, bald zu schwach. Bald ichreit ihm draußen ein Kind<br />

;n stark, bald knispert das ^icht; bald erzähle lch nicht genug; bald errege<br />

lch emen Wind beim Zuknöpfen des Nockcs, bald geh ich zu früh, bald zu<br />

spät fort und bleibe ich einen Tag aus, so kriege ich viele Schelte den<br />

folgenden Tag.<br />

') Mit diesen Verän<strong>der</strong>ungen hingen die beschwerlichen Märsche zusammen,<br />

welche das Regiment im Spätherbst und Winter (I8l5) an <strong>der</strong> M.ms nach<br />

>3edcm, Stenay und Varennes unternahm. Dcr Soldat trug noch im November<br />

leinene Beinklei<strong>der</strong>; das Wetter und die Wege waren abscheulich. Bagcnsky S. ^57.


aus den Iabren 5813, 14 und 15. 183<br />

Der letzte Iahres-?ag beginnt und die Mitternacht wird angekündigt<br />

durch das Wärmen aller Trommeln, Paulen nnd Ianitscharen.<br />

Ich sehe eine große schwarze Uhr mit vielem Gezirlcl, mit weißen<br />

Ziffern und ein weißer Zeiger steht gerade auf zwölfe; das Trommeln<br />

wird stärker und ich erwache.<br />

Den 2. Jan. stirbt <strong>der</strong> Rittmeister Norelli nnd wird<br />

den 6. feierlich beerdigt.<br />

Mir zeigt <strong>der</strong> Arzt an, ich sei Invalide deßhalb schreibe ich nach<br />

Stettin, Nath zu erbitten.<br />

Es kommt ein Brief an mich von meinem gntm Noe<strong>der</strong> Adjudant<br />

beim General <strong>der</strong> Inf. v. Kleist Graf v. NoNendorf.<br />

Den 7. Januar reist <strong>der</strong> Stabsarzt Firle ad, ohne mir den Invalidenschcin<br />

zurückzulassen.<br />

Mich behandelt darauf <strong>der</strong> Oberarzt Israel, Hermann.<br />

(Der Hochzeitstag ist da, die (Nafte find versammelt, die Brant ist<br />

gepnht, die Trompeten erschallen, es geht znr Kirche; Siehe da! mein<br />

Bnrsche ist schon im Gedränge, er hat vergessen mir die Stieseln zu wichsen,<br />

mir Schärpe und Epolets anzumachen, finde fie glücklicher Weise, mache<br />

sie mir selber an, kann aber die Vnrste nicht finden nur selbst die Stiefeln<br />

zu putzen.<br />

Die Tonne plötzlich verwandelt sich. Eine große Tafel voller (Aaste,<br />

die schönsten Gerichte stehen auf dem Tische; mir zur Rechten sitzt die<br />

Praut, zur sinken ein alter Nath: mir gerade gegenüber sitzt mein Vater<br />

so jugendlich wie ich ihn gezeichnet habe. Er überreicht mir alle Gerichte<br />

zuerst und mein Nath zur ^iufen nimmt sie von mir nicht an, was mein<br />

Bater billigt, indem er zu mir spricht: „Du bist heute <strong>der</strong> König des Festes."<br />

Die Sonne verwandelt sich. Im schonen Brautgemach steig ich mit<br />

meinem Liebchen ins Ärautbett, überglücklich bin ich im Begriff sie zu<br />

umarmen, als ich erwache.)<br />

eingetragen d. 13. Jan. IN 16.<br />

Den 29. Januar.<br />

Den 18. ist das Fest des Königs Friedrich des Uen; nach <strong>der</strong><br />

Kirchenparade wird eine Linie in <strong>der</strong> Straße gebildet. Ein Hurah erichallt<br />

die ganze Lmie hinab.<br />

Den 22. erhalte ich von Stettin Briefe n. vom 17. Novbr. mit<br />

einem Doppellomsd'or<br />

Von <strong>der</strong> Bcrlmschen Summe Nest !0 Rthlr.<br />

Von M. St. 32 -^ 16<br />

Summe 75 Rthlr. 16 Gr.


ltt4 Kriegstagebuch des Leutnants Vudwig Schulz<br />

baums.<br />

b. vom 19. Decbr. mit 4 Louisdor. Ausschmückung des Weihnachts-<br />

c. vom 3. Jan. mit dem Exercirreglement. Einrücken des<br />

Uen Pommerfchcn Negts.<br />

Den 25. Jan. kommt ein Brief von meinem Bru<strong>der</strong>.<br />

Den 39. Jan. reise ich ab nach Varenne den 2. Februar komme ich<br />

in Brabant an.<br />

zu bleiben.<br />

Den 16. Februar ist Ball in Varenne ich entschließe mich dienen<br />

Den 17. Aprill werde ich als Etappentommandant nach Sivry sur<br />

Mense kommandirt, wo ich den Burgemeister Chibeaux und Creplot kennen<br />

lerne; scine Nichte Dem. Pupat ein artiges Mädchen. Hier lebe ich sehr<br />

zufrieden und gut lerne den lu^o äo Mi äe ^ w i kennen. Ein Soldat<br />

wird mir von einem Bürger fast erschlagen, v. Kleist antworte ich nnd<br />

meinem Bru<strong>der</strong>, dem ich die geerbten 400 Thaler zur Bewahrung o<strong>der</strong><br />

willkürlichen Anwendung zu meinem Nutzen überlasse.<br />

Den 1. Juni werde ich durch den Lieuten. v. Arnim in <strong>der</strong><br />

Kommandantur abgelöst, und ich kehre zurück nach Brabant als abgesetzter<br />

Kommandant beim abgesetzten Burgemeister Popar.<br />

Den 9. Juni 181 tt eingetragen.<br />

Die Officiere des Kolbergschen Regiments sind den 15. Aprill<br />

folgen<strong>der</strong> Maßen versetzt.<br />

Regimentskommandeur Obristlieutenant v. Schmidt<br />

Negimentsadjudant Neumann.<br />

Ites Bataillon<br />

Major v. ^uckowitz<br />

Adj. Matthias.<br />

Ite Compagnie<br />

Capt. v. Drigalsky —<br />

Pr. Lt. v. Heusch<br />

^t. Freiberg<br />

Neuß<br />

Ruskow<br />

Burkard<br />

3te Comp.<br />

Capt. v. Noci —<br />

v. Baginsky<br />

Degrot<br />

v. Arnim<br />

3te Compagnie<br />

v. Kistowsky<br />

v. Ustarbrusky<br />

Pr. Somnitz<br />

Schleich.<br />

4te Comp.<br />

v. Norke<br />

v. Arnim<br />

Kamke<br />

Cofrany


aus den Jahren iftiA, 14 und 15.<br />

Ms Bataillon<br />

ObristUeutn. v. Dorsch<br />

Adj. v. Kleist.<br />

)te Comp.<br />

6te Comp.<br />

Capt.<br />

Capt. v. Pritzelwitz<br />

v. Sacken<br />

v. Goskowsky<br />

Müller<br />

Wagner<br />

Staute<br />

Sommer<br />

Schulz<br />

7te Comp.<br />

Malotky<br />

Tesmar<br />

Schapke<br />

Kühl<br />

Weiß<br />

j^te Comp.<br />

v. Sydow<br />

Kocller<br />

^eczinskn<br />

Rink<br />

VQCant.<br />

Füsilierbataillon.<br />

9te Comp. 1s)te Comp. Nte Comp.<br />

Capt. v^eant Maj. v. Belle v. Mellentin<br />

Nenouard Owstin Schenk<br />

Doering Lchmidt Kiftowsky<br />

Engler Brümmann Gillet.<br />

Oregorowins vnc.<br />

Den 24. Iuny 18 l 6 eingetragen.<br />

12te Comp.<br />

Capt. v. Diest<br />

Nicelly<br />

BetNc<br />

Chevallier<br />

Den 16. Inny werde ich zur 7ten Compagnie kommandirt bis <strong>der</strong><br />

öieutn. Weiß zum Kommando zurückkehrt.<br />

Den 18. Iuny am Feste <strong>der</strong> Schlacht bei Belle aliance führe ich<br />

bei <strong>der</strong> Parade den 6ten Zug des 2ten Bataillons. In Necicourt sind<br />

wir vereint; dann geht es li), nach Rareconrt von da nach Froidor zur<br />

Hochzeit; von da nach Vubicourt bei HE. Humbert im Quartier; kehre<br />

den 23. Iuny nach Brabant zurück.<br />

Archif für die neuesten Staatengeschichten v. Voß lese ich. In dem<br />

Bncheroerzeichniß <strong>der</strong> Männchen Buchhandlung finde ich Grange H. F.<br />

Rechenbuch o<strong>der</strong> Stufenfolge zur Theoreth. und Praktischen Erlernung <strong>der</strong><br />

Rechenkunst m 4 Cursus.<br />

Den 3. August.<br />

Den 26. Juni marchiren wir aus zum Manoever nach Damvillers,<br />

wo es den 28. statt hatte und wir den 30. in die Cantonnirungen zurück<br />

marchiren, welche verän<strong>der</strong>t werden, so daß ich nach Dombasle kam, wo ich<br />

den Monath Juli sehr glücklich lebte, indem ich das Scheibenschießen leitete.<br />

Den 26. Juli komme ich für den Monath August nach Montmedi<br />

mit dem Lieuten. v. Czorowsky, Steindorf und Gethmann.


l N6 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />

Der Hauptmann Marwitz macht uns das "eben sauer k la Ganskow<br />

in Hattingen.<br />

Ich lerne kennen Charlewitz Wernicke von dcr Artillerie Geduhn und<br />

Schnidcrwsky.<br />

Den ,'5. Angnst wird des Königs Geburtstag gefeiert durch ein<br />

großes Diner.<br />

Den 4. August dnrch einen Ball.<br />

Den 25>. August wird Ludwig XVII7. Geburtstag gefeiert durch<br />

eine große Messe und durch einen nächtlichen Vall, von dem wir gleich<br />

zum Exereiren jollen, was Krankheit verhin<strong>der</strong>t und Streitigkeit mit dem<br />

Kapitain verursacht.<br />

Das Jahr 1817 wird wenig verän<strong>der</strong>t begonnen.<br />

Virginie sferre beim alten Popart lerne ich kennen. Wir bauen ein<br />

Kartenhaus, werden verliebt, werden getrennt, beide krank, <strong>der</strong> Gluthusten<br />

stellt sich bei mir ein. Zum Merz komme ich nach Mont mcdy; im<br />

Aprill nach Düsseldorf znr Vckleiduugstommission, lerne kennen Cavitai!<br />

v. Nowiadowskn, ^t. Struwe, Hoffmann, Baruhky, Crämcr, Medenwald,<br />

Salzer, Westphal.<br />

Ich beendige das Tranerspiel: Das schwarze Kreutz.<br />

Tod meines Bru<strong>der</strong>s/)<br />

Damit bricht das Tagcbnch meines Großvaters ab und lei<strong>der</strong> auch<br />

so ziemlich meiuc Kenntnis seines Vcbens. Bet Bagensty findet sich noch<br />

die Notiz Pr. Lt. Schulz 1N2N verabschiedet und gestorben. Er hat sich<br />

verheiratet mit einem Frl. v. Mach, wohl dcr Schwester eines Negiments-<br />

tameradcn. 1820 nnd seineu Abschied genommen, um sich und seiner<br />

Familie eine Existenz zu schaffen. Meine Mutter ist geboren 1. Januar<br />

1^21 als einziges Kind ans dieser Ehe, sie hat ihre Eltern sehr früh<br />

verloren, den Pater schon 1^24, <strong>der</strong> nach Grasnnann in Stolp gestorben<br />

l» Johann Karl Matthias Schulz ^^«tnr prim an St. Iakobi in Stettin,<br />

folgt nur noch kurze Berechnung <strong>der</strong> Einnahmen.<br />

Eervis benagt 5 Nthlr. 12 Gr.<br />

1 Rthlr. 22 (^r.<br />

7 Rthlr. w Gr.<br />

ohne Burschen 5 Nchlr.<br />

1 Rthlr. 16 Gr.<br />

6 Nthlr. 10 Gr.<br />

Tractament zu empfangen 16 Rtlür. 1 Gr. 8 Pf.<br />

Dem Regt, schuldig 1 Nlhlr. 14 Gr. 4 Pf.


aus den Jahren IN!», 14 und 15. ^7<br />

ist als „Kondukteur", d.h. nack Vourwieg, Iahrbnch v. Pommern 1^4,<br />

„Permessungsrcuisor nud Ncgicrungslonduttcur"; doch ist ein Totenschein<br />

nicht aufzutreiben gewesen. Der Oruud des frühen Todes ist wohl zn<br />

suchen zum Teil in den großen Strapazen, beson<strong>der</strong>s aber in <strong>der</strong> augenscheinlich<br />

von seinem Vater her in <strong>der</strong> Familie vererbten Anlage znr<br />

„^ungensucht".<br />

Auch mein Mütterlein war „nicht recht kapitelfest auf <strong>der</strong> Brust",<br />

hat aber infolge sehr vorsichtiger Lebensführung ein hohes Alter (7!) Jahre)<br />

erreicht; ihre 8 Söhne sind kerngesund.<br />

Paul Meinhold.<br />

'


<strong>der</strong><br />

Gesellschaft sur pommersche Geschichte und Altertumskunde.<br />

April !W5 — Npril<br />

Der regelmäßig wie<strong>der</strong>kehrende Bericht <strong>der</strong> Gesellschaft hat nur die<br />

Aufgabe, Rechenschaft abzulegen, wie sie sich im verflossenen Jahre weiter<br />

entwickelt hat und bemüht gewesen ist, die ihr gesteckten Ziele zu verfolgen.<br />

Dagegen ist es nicht möglich, hier im allgemeinen über alle Bestrebungen<br />

auf dem Gebiete <strong>der</strong> pommerschen Gcschichts- und Altertumsforschung zu<br />

berichten. Denn so sehr auch die Gesellschaft infolge ihres langen Bestehens<br />

dazu geeignet wäre, em Mittelpunkt sin- alle diese Arbeiten zn werden, so<br />

ist sie das doch nicht so, wie mau wünschen möchte. Anch ans diesem Gebiete<br />

ist eine Zersplitterung <strong>der</strong> Kräfte zu bemerken, obgleich eine Zusammenfassung<br />

zu gemeinsamem Arbeiten sehr wünschenswert wäre. In einzelnen Teilen<br />

<strong>der</strong> Provinz ist die Anteilnahme an den Bemühungen <strong>der</strong> Gesellschaft immer<br />

noch gering, wenn es auch dort keineswegs an Interesse an <strong>der</strong> Geschichte<br />

<strong>der</strong> Heimat fehlt. Das zeigt unter an<strong>der</strong>em auch <strong>der</strong> Umstand, das; in<br />

mehreren Kreisen alljährlich Kalen<strong>der</strong> erscheinen, in denen kleinere o<strong>der</strong><br />

größere Aufsätze zur Ortsgeschichte veröffentlicht werden. Wie es scheint,<br />

finden diese Bücher ziemlich weite Verbreitung; sie werden ohne Zweifel<br />

dazu dienen, den heimalsgeschichllicheu Sinn zu belebeu und zu vertiefen.<br />

Es ist nur zu wünschen, daß bei diesen Arbeiten auch die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

fortschreitenden wissenschaftlichen Forschung genügend beachtet werden. Die<br />

Gesellschaft wird stets gern solche Bestrebungen uuterstutzen.<br />

Die Tätigkeit auf dem Gebiete <strong>der</strong> geschichtlichen Erforschung Pommerns<br />

ist augenblicklich recht rege. An verschiedeneu Universitäten sind junge


19i) Achtundsecknigster Jahresbericht.<br />

Historiker mit Arbeiten beschäftigt, die Fragen namentlich aus <strong>der</strong> Geschichte<br />

des Bistums Camin o<strong>der</strong> des Ncformationszeitalters sich zu Themen ihrer<br />

Doktordissertationen ausgewählt haben. Zu bedauern dagegen ist es, daß<br />

wissenschaftliche Untersuchungen über die pommersche Vorgeschichte recht<br />

spärlich sind. Es lst zu hoffen, daß Anregungen, die von <strong>Greifswald</strong><br />

in dieser Nichtung erfolgt sind, anch bei uns zu ueuen Arbeiten führeu.<br />

Das reiche Material, das im Stettiner Museum vorhanden ist, bietet gcwiß<br />

noch Stoss zu solchen genug. Mögen nur auch aus <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />

neue Mitarbeiter hervorgehen, die sich tätig an prähistorischen o<strong>der</strong> historischen<br />

Hu Ende dkS Jahres lW5 betrug die ZM 5er MltgUedcr<br />

Jetzt beträgt sie 774 und setzt sich zummmell aus:<br />

Mitglie<strong>der</strong>n . 27<br />

lcdenslängjlchen Mitgliebrrn . 1^<br />

ordeuNlchcu Mitglie<strong>der</strong>n . . . 72li<br />

Tnmma . . 77^<br />

Ausgeichieden sind 19 Mitglie<strong>der</strong>, gestorben '25). Wir beklagen den<br />

Tod von ^ ^hleiiinitIlie<strong>der</strong>li, des ^audgerichtsrats a. D. Hermann<br />

Dannenberg i,f ^- Juni )W5>), des ausgezeichneten Nnmismatikers,<br />

dem wir eine Darstellung von Pommerns Münzen im Mittelalter und<br />

eine Münzgcschichtc Pomlnerns im Mittelalter, sowie zahlreiche Einzel-<br />

tllttersuchttugcn verdankcu. Nr hat eine Grundlage für die Kenntnis <strong>der</strong><br />

pommerschen Prägungen geschaffen nnd stets als trener Freund unserer<br />

Gesellschaft uns mit Nat uud Tat beigestanden. Am 1. September 190d<br />

starb <strong>der</strong> Stadtbaumeister a. D. Erust von Ha fel berg in Stralsund,<br />

<strong>der</strong> mit mühsamem Flciß, klarem Urteil und feinem Verständnis die Bau-<br />

denkmäler des Regierungsbezirks Ztralsuuo erforscht uud iu dem ersten Teile des<br />

Inventars <strong>der</strong> Bau- und Kunstdentmälcr Pommerns dargestellt hat. Von<br />

den korrespondierenden Mitglie<strong>der</strong>n wurde uns durch den Tod entrissen<br />

<strong>der</strong> Äezirksgeologe Or. G. Müller in Charlottenburg, <strong>der</strong> unsere prä-<br />

historischen Forschungen vielfach geför<strong>der</strong>t und durch beständige Mitarbeit<br />

unterstutzt hat. Unter den ordentlichen Mitglie<strong>der</strong>n betrauern wir vor alleili<br />

dcn Tod des ^audgerichtsrats a. D. Angust Küster (1' ^^>. Apr,l l^li!),<br />

<strong>der</strong> mehr als .54> Iahrc dem Vorstände als zweiter Vorsitzen<strong>der</strong> angehört<br />

hat. Seine rege Teilnahme an den Arbeiten, sein lebhaftes Interesse an<br />

<strong>der</strong> Gcschlchte <strong>der</strong> Heimat, sein schlichtes uud mildes Wesen werden das<br />

Andenken des treuen Mannes nicht erlöschen lassen. Außerdem slarbeu m<br />

Stettin die Herreil: Kaufmann Karl O re ff rath, Apothetenbesitzer Jonas,<br />

Kaufmann Ernst Köhlau, ökouomierat Mo'ck-Muhlenkamp, Brunuen-<br />

baumcister Poepcke, Buchhäiidler Pröller, Vltchdruckereibesitzcr Karl


Achtnndsrchzissstev Jahresbericht. ! !> 1<br />

von Rodei, ein alter Freund unserer Gesellschaft, Kaufmann Leopold<br />

Sachs, Eisendahndircktor Schirnlcr, Pastor Dr. Scipio, <strong>der</strong> sich mit<br />

lebhaftem Interesse an uusercn Arbeiten beteiligte, und Pastor em. Waudel,<br />

ferner Nmtsgerichtsrat Domann in Belgard a. P., Ober^^egicrnugsrat a. D.<br />

Dumrath ill Dresden, Direktor Vemckc in Leipzig, Professor Wallte in<br />

Anklam, <strong>der</strong> als Pfleger <strong>der</strong> (Gesellschaft sehr trene Dienste geleistet und vor-<br />

treffliche Forschungen zur Anklamer beschickte neröifeutliätt, auch an dem<br />

Inventar <strong>der</strong> Vau- nnd Kunstdenkmalcr <strong>der</strong> Stadt Anllam mitgearbeitet hat,<br />

Oberst a. D. von Natzmer in Slcgliv, Oberlehrer Päplow und Superò<br />

lntelldent Schmidt in Dramburg, Ntttlueincr von Schön ing aufSuecow,<br />

Sauitätsrat Dr. Starck iu Görsback bci ')iordhallscll, <strong>der</strong> als Keuucr<br />

pommerscher Numismatik sich an unseren Arbeiten beteiligte, so lauge er in<br />

unserer Provinz seinen Wohnsitz hatte, und Obcr-Präsidcut a. D. Exzellenz<br />

Graf Stollberg in Ianuowitz iu Schlesien, l^hre i'cl ihrem Andenlen!<br />

Eingetreten sind 78 Mitglie<strong>der</strong>.<br />

In <strong>der</strong> (Generalversammlung, die am 20. Mai 1905 stattfand, wurden<br />

zu Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n gewählt die Herren:<br />

Gymnastaldirektor Prof. l)r. Lemckc,<br />

^andgerichtsrat a. D. Küster,<br />

Professor Dr. Wchrmann,<br />

Professor Dr. Walter,<br />

Geheimer Kommcrzieurat 3en.^, Berlin,<br />

Baumeister C. U. Fischer ulld<br />

Archivdirektor Professor Dr. Friedensburg.<br />

Nach dem Tode des Herrn Küster hat <strong>der</strong> Vorstand gemäß<br />

Statuten Herrn Amtsgerichtsrat Maguuna kooptiert.<br />

Zu Mitglie<strong>der</strong>n des Beirats wurden gewühlt die Herren:<br />

Geheimer Kommerzicnrat Abel,<br />

Stadtrat Behm,<br />

Professor l>,. Haas,<br />

Konsul Kisker,<br />

Professor Manke in Auklam.<br />

Zeichenlehrer Meier iu Kolberg,<br />

Maurermeister Schrö<strong>der</strong>,<br />

Sauitätsrat Schumann in Löcknitz.<br />

Der in <strong>der</strong> Versammlung erstattete Jahresbericht für 1904/05, sowie<br />

<strong>der</strong> Bericht über Ausgrabungen und Altertümer in Pommern im Jahre Ntt»4<br />

sind in den Baltischen Studien N. F. IX, S. 2N—^> gedruckt. Deu<br />

Vortrag hielt Herr Or. Wehrmann über Pommern im Ansauge dee<br />

!6. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

<strong>der</strong>


193 Achtundsechzigster Jahresbericht.<br />


Von den Baltischen Ltndicn ist Band lX. <strong>der</strong> Neuen Folge,<br />

von den Monatsblättcrn <strong>der</strong> l^. Jahrgang erschiene,l. Es tst erfreulich<br />

zu bemerken, daß es an größeren nnd kleineren Beiträgen für die beiden<br />

Zeitschriften <strong>der</strong> Gesellschaft nie fehlt. Ja es mußten wie<strong>der</strong>holt Arbeiten<br />

ziemlich beträchtlichen Umfanges, die eiller Aufnahme wohl würdig waren,<br />

zurückgewiesen werden, da es au Platz fehlte nnd Mittel zu einer<br />

Erweitcrnng des Umfanges nicht vorhanden waren. Auch an<strong>der</strong>e wünschens-<br />

werte Publikationen für die Sammlung: Quellen zur pommerscheu<br />

Geschichte haben vorläufig zurücktreten müssen. Dein geschäftssühreuden<br />

Redakteur <strong>der</strong> Zeitschrifteu ist eiue Kommission zur Leite gestellt wordeu,<br />

zu <strong>der</strong> die Herren Professor Dr. Walter nud Archivdircktor Professor<br />

Dr. Friedensburg gehören.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Gesellschaften und Vereine, mit denen ein<br />

Schriftenaustausch unterhalten wird, ist auf INI gcsticgeu. Zuletzt ist noch<br />

die kiätori^k (^lwot^cllap in Utrecht hiuzugckommcu. Ein Teil <strong>der</strong><br />

eingehenden Schriften, die für nns von geringerem Interesse sind, wird<br />

weiter an die Stadtbibliothet in Stettill überwiese«. Für unsere Bibliothek<br />

haben uur die notwendigsten Anschaffuugeu crfolgcu tonnen, doch dank<br />

zahlreicher Geschenke ist die Vermehruug nicht genug. Noch vor kurzem<br />

wurde durch das Testament des verstorbenen Professor Dr. Ed. Boe hin er<br />

ilt Baden-Badeu cm Te,l des handschriftlichen Nachlasses seines Vaters,<br />

des um die pommersche Geschichtsforschuug wohl verdieuten Professor<br />

Dr. Wilhelm Bo ehm er, <strong>der</strong> Bibliothek überwiesen. Seitdem sie im<br />

Gebäude des Königlichen Staatsarchives aufgestellt ist, ist die Beuntzung<br />

allmählich gestiegen. Nameutlich wird sie zn unserer Frende auch von<br />

auswärtigen Mitglie<strong>der</strong>n in gesteigertem Umfange ili Ansprnch genommen.<br />

Weiln die Gesellschaft auch lm vergangenen Jahre nach Kräften die<br />

ihr gestellten Aufgaben erfüllen und auch manches erreichen konnte, so<br />

verdankt sie das vor allem <strong>der</strong> treucu Uutcrstükung und Teilnahme, die sie<br />

überall gefunden hat. Die Königlichen Staats- und die Provinzialbehörden,<br />

Kreise nnd Ltädte <strong>der</strong> Provinz haben wie früher sie ihrer höchst dankenswerten<br />

För<strong>der</strong>ung für würdig gehalten. Zahlreiche Mitglie<strong>der</strong> uud Freuude haben<br />

sich den Bestrebungen <strong>der</strong> Gesellschaft mit Nat und Tat hülfrcich erwiesen.<br />

Dafür den Dank ans zusprechen, ist eine angenehme Pflicht. Wir ve! binden<br />

damit die Bitte, anch in Zukunft uns solche För<strong>der</strong>ung nicht zu versagen,<br />

damit es gelinge, zur Ehre und zum Segen unserer Provinz die Heimat-<br />

geschichtliche Forschung und das Interesse an <strong>der</strong> Vergangenheit weiter<br />

zu hegen und zu pflegen.<br />

Der Vorstand<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Aommersche Beschickte und Altertumskunde.<br />

Baltische Studien N. F. X. 13


Aeilage.<br />

lieber<br />

Altertümer und Ausgrabungen in Pommern<br />

im Jahre IW5.<br />

Von Professor Nr. Walter.<br />

Wenn <strong>der</strong> Berichterstatter gelegentlich eines Rückblickes auf die Entwicklung<br />

unserer Vammlnng eininal mit Bedauern von den geringen Zahlen<br />

des Zugangsjournals in früheren fahren gesprochen hat, so sieht er sich<br />

lei<strong>der</strong> diesmal in <strong>der</strong> ^age, wie<strong>der</strong> einmal von ungewöhnlich geringer<br />

Vermehrung unserer vorgeschichtlichen Sammlung berichten zn mussen.<br />

Ob dabei irgendwie eine Unterlassung stattgefunden hat o<strong>der</strong> lediglich <strong>der</strong><br />

Zufall sein Spiel getrieben, wird sich schwerlich ermitteln lassen, aber erst<br />

recht dürfen wir um so weuiger <strong>der</strong> freunde und gntigeu O


Mer Altertümer und Ausübungen in Pommern. l W<br />

Sonst ist seitens <strong>der</strong> Gesellschaft keine Ausgrabung vorgenommen noch<br />

völlig Neues ermittelt worden, denn auch <strong>der</strong> genaller nntcrsnchte Wall<br />

von Wisbu war nicht gänzlich unbekannt, endlich hat <strong>der</strong> El'scufund von<br />

Kölpin jetzt nnr abermalige sachkundige Analyse erfahren; somit bleibt<br />

neben etlichen Ansähen zn privaten Grabungen eigentlich nnr von zufällig<br />

gemachten Einzelfunden zu berichten.<br />

Für die öteinzeit wäre ergänzend znm letzten Berichte etwa nnr<br />

noch nachzutragen, das; Decckc die Eolithcnfrage für Pommern ausser <strong>der</strong><br />

schon erwähnten Stelle anch an<strong>der</strong>weitig mit demselben negativen Ergebnis<br />

verhandelt hat'), aber anch bei <strong>der</strong> gerade jungst lebhaft unter Forschern<br />

wie Obermaier, Keudall, Vaville, Äoulc, Vcrworn gefuhrteu Diskussiolt lst<br />

für unsere Gegenden nichts Neues zutage getreteu. So siud hier nnr die<br />

diesmal für Ponuneru auftällig weuigeu Stcillbeile aufytzählen, uud zwar<br />

nicht ein einziges ans Neuvorpommcru o<strong>der</strong> Nügen, aus Feuerstein über<<br />

Haupt uur ein graues gemm'cheltcs von 9 em ^äuge aus Kolow, Kreis<br />

(^reifeuhagen (Inv.-Nr. sxli?) und eiu gelbes 7^/» ein langes aus Vahu.<br />

desselbell Kreises (Nr. 5sl3tt). Gelochte Beile aus an<strong>der</strong>ciu, meist grauem<br />

Steinlnaterial gingen ein von Breoow bei Stettill, zwei an<strong>der</strong>e ans Hocken-<br />

dorf, Kreis Greifeuhageu, doch anscheinend von verschiedeneu Fundstellen<br />

(Inv.-Nr. 5


19l» j'seer Altcrti'Mier und Ausqmbunqen in Pommern.<br />

(Außabfall gemischt sind; es befinden sich Handbergen darunter, Zcheiben-<br />

nadel, Blech mil umgerollter Öse n. a. sInv.-Nr. 5>^14^>. Daß <strong>der</strong> er><br />

wähnte Depotfund von Nassenheide wesentlich reicher nnd genau zu datieren<br />

ist, hat Schumann bereits an <strong>der</strong> gedachten Stelle ausgeführt, l) An<br />

Emzelfullden ist eiu Brouzehohlcelt von Oreifenhageu als Moorfund zu<br />

nennen (Inv.-Nr. 5>lN5>), ferner emc Brouzespeerspltze von Ferdinaudshof,<br />

Kreis Ückcrmüude iIno.^Nr. 5625).<br />

Die ßilenzeit ist auch diesmal nicht ganz unbedacht geblieben, wenn<br />

anch eme eillgclicllde Bcschreibuug <strong>der</strong> Bralldgrubeu nicht eingesandt ist.<br />

die iu Tin^low, K^reis (>)rcifellhageli, ciuer altbekannten Fliudslclle, u. a.<br />

Bronzeringc, Eisenmcsser, (Hünelhatcu, Altgelhakcu, Spinnwirtel geliefert<br />

haben (Inv.-Nr. 5C,13). Dankenswert ist für die ganze Frage des Auf-<br />

tretens des Emus, das; De ecke das Eisen des bekannten Kölpmer Depot-<br />

fundes, <strong>der</strong> schon 18^5 erworben worden ist, nach <strong>der</strong> damallgeu Analyse<br />

von Olshausen nochmals sorgfältig mtt Kaltsägcmaschiue, Feile, Ädung<br />

und magnetischem Besteck untersucht uuo festgestellt hat'j, daß Eilllageruugeu<br />

sicher meteorischer Natur uicht vorhanden sind und die vom erstell Uuter-<br />

sucher behauptete terrestrische Herlllnst slch zu bestätigen scheint, während<br />

die (trimde <strong>der</strong> maguelischeu Erscheiuuugeu, die selbst bei den aus eiseu-<br />

reichem Ton hergestellten Urueu zu beobachte» siud, nicht zuverlässig aus<br />

den Vreunprozest, die Vage im Torf o<strong>der</strong> Behandlung nach dem Funde<br />

zurückgeführt wcrdeu dürfteu.<br />

Die römische Periode ist diesmal durch eiueu Fund aus Lettuin,<br />

Kreis Pliritz, vertretet) (Iuv.-Nr. otN7). Ohue Mertmale staud eiue<br />

dicklualldige Nrlle iu bloßer Erde, vou ihreu um dem Veichcubraud gelllischteil<br />

Beigabeu siud zwei Bronzefibclu voll <strong>der</strong> bckamncu Art lnit Scblleuhülsc<br />

und Kamm ans dem Bügel erhallen, die aus die frühe Kannten Hill'<br />

weisend) Allster Eisenrcsten gehörte da^u ein ovaler Splunwirtcl aus Toll.<br />

Die Mendenzeil ist uicht ohue uelie Allrcgungeu gebliebeu. Es ist<br />

erfreulich, das; die Wallaulage vou Wisbu, Kreis Negcnwalde, ailf die ich<br />

') Baltische Studien N. F. VI, 74.<br />

') Baltische Llnoien XL, 494. Berliner Verhandlungen 1392, 3C1.<br />

'. Monatsdlätter 1^06, )ir. 6, 87 !)2.<br />

l) Monatsblätler li'oü, Nr. b, 83, mit Abb.; Nr. li, 175.<br />

5 Almgren, Studien über noroenroplusche mbelformeli, 11 ss.


Altertümer nnd Ausgrabungen in Pommern.<br />

scholl lediglich auf Vermutungen hin aufmerksam gemacht hatte'), sich nun<br />

auch wirklich durch charakteristisches Scherbenmaterial als unzweifelhaft<br />

prähistorisch nnd wendisch erwiesen hat. Äci <strong>der</strong> sachgemäßen Unter-<br />

suchung/) traten aber noch zwei merkwürdige Erscheiuungen zntage; die<br />

Umgegend heißt „Wendenseld", und neben <strong>der</strong> eigentlichen befestigten Höhe<br />

am See gibt es noch zwei Borwälle mit (Kraben. Diese Wälle nun sind<br />

durch Findlingsstcine nn Innern in <strong>der</strong> Weise verstärkt, daß diese in<br />

^ehmpacknng gelegt und dnrch Brennen in offenem Feuer, von dem noch<br />

die Kohlen sichtbar sind, verbunden nnd gebartet sind. Dies ist das erste<br />

Beispiel von prähistorischer Schlactenwallanlage, wie sie an<strong>der</strong>swo schon<br />

längst beobachtet"), sur Pommern indes bisher noch nicht nachgewiesen war.<br />

') Prähistorische Funde zwischen O<strong>der</strong> und Nega, Nr. 30.<br />

') Mon,ltsl)lätter 1W5, Nr. ti, 81 mit Abb.<br />

-l) Zuletzt H. Schmidt n<strong>der</strong> dle gleichfalls überwiegend slavischen Schlacken»<br />

wälle <strong>der</strong> ^berlausil) im Korrespondenz^!, d. l^cs. f. Antlirovol. Bd. 37, Nr. '.».


Jahresbericht<br />

über die<br />

Tätigkeit her Kommissoll zur Erforschung und Erhaltung<br />

<strong>der</strong> Denkmäler in Pommern<br />

für die Zeit<br />

vom 1. Oliober 1905 bis Onde September<br />

l. Zusammensekunss <strong>der</strong> Sommislion.<br />

Der Kommission gehörten an als Mitglie<strong>der</strong>:<br />

l. Der Kaiserliche Wirkliche lNcheiinc ^n, Oberpräsidcnt voll<br />

Pommern l)r. Freiherr von Nialtzahn-l^nllz.<br />

^. <strong>der</strong> Vandcsdircttor a. O. I^r. Freiherr von <strong>der</strong> (holtz-<br />

Kreitzig, Vorsitzen<strong>der</strong>,<br />

A. <strong>der</strong> Geheime Negiernngsrat Oberbürgermeister l>t-. Haken in<br />

Stettin, Stellvertreter des Vorsitzenden,<br />

4. <strong>der</strong> ^idcitommischcsiucr (Nrns von Äeln^Äebrenhof,<br />

5). dcr ^andeshallplltlalUl von leisenliart-^iiothc in Stettin,<br />

i',. <strong>der</strong> Pastor Pfasf m Selchow.<br />

7. <strong>der</strong> Kammerherr von Zikewitz-Zezenow,<br />

als Stellvertreter:<br />

1. <strong>der</strong> Superintendent Gerckc in Gingst,<br />

^. <strong>der</strong> Älirgellneifler Israel in Stralinnd,<br />

3. <strong>der</strong> Nittcrssutvdesit. Tezeln<strong>der</strong><br />

Anwesend waren:<br />

<strong>der</strong> Vorsitzende Freiherr von <strong>der</strong> lAoltz,<br />

<strong>der</strong> Oberpräsident Freiherr von Malhahn-Gnltz,


- II -<br />

<strong>der</strong> Lcmdeshanvtmann von Eiienhart-Nothe,<br />

<strong>der</strong> Snverintendent<br />

<strong>der</strong> Qberdingcrmcister Haken,<br />

<strong>der</strong> Bürgermeister Israel,<br />

<strong>der</strong> ProvmMl-Konservator.<br />

Altsgelegt waren folgende Schriften nnd Bildwerke: Wie schon früher<br />

die selt <strong>der</strong> letzten Tilgung alls an<strong>der</strong>en Provin^ell eingegangenen Beröfsentlichllngell<br />

<strong>der</strong> dortigm Denkmalkommissionen, ^cnseell :c, nbcr ihre Tätigkeit,<br />

ans O np renhell fllr die ^eit vom l. Ianllar 19M dis<br />

30. November !'.">!,<br />

a,ls Westurenßen für das Jahr l9^4,<br />

ans Posen für die Etatsjahre l9M nnd I9ci4,<br />

alts Schlesielt fnr die Kalen<strong>der</strong>jahre l^is)^ lllld 19M.<br />

alls Schleswig Holstein iür I'.ll^^,<br />

alls <strong>der</strong> N li e ln Provinz für das Necknnngsjahr ^9l>4,<br />

ans dem ^ieglerllll^sde^irk Wiesbaden fllr 1W1,<br />

ferner <strong>der</strong> X. Jahresbericht nber die Dellklllalpflrge m Pommern; die<br />

Ball- nlld Klmstdcllfmälcv des ^tegiernngsbezivko Wiesdadell, 2. Band;<br />

Novaeiium, Ergebnisse <strong>der</strong> !^^7 bls 19l^j veranstalteten Ansgrabllllgen<br />

dec- ^cglonslagcrs bel Neltn; O. Deluo, Handbnch <strong>der</strong> delllschcll Kllllstdcnkmäler,<br />

l. Band; dle Anfnahmell <strong>der</strong> Königlichen MesUnldaltstatt<br />

zlt Berlin: Marienkirche nl Slargaid i. Polll. nnd Mariendom,<br />

^ltntentnrllt llnd Hnn^türcn in Kolbcrq. Bil<strong>der</strong> ans dem Pnrwer Weiz.<br />

acker nnd von <strong>der</strong> Zeitschrift „TNe Denkmalpflege" Jahrgang Vl, IN<br />

nnd VI l, l —li').<br />

Vor dem Eintritt in die Tagesordnung Mes <strong>der</strong> Vorsitzende daranf<br />

hin, das; dle Anlagen znm Jahresberichte, m dellen <strong>der</strong> Provinzial.<br />

Kollservaror über einzelne tiervorragende Denkmäler eingedelldcr berichtet,<br />

vor lhrer Verösfentltchllng <strong>der</strong> Kommission vorznlegen silld. Die Kommission<br />

beschloß denlentsprechend.<br />

Der Provinüal-Konservator hob wdann die Portrefflichkeit <strong>der</strong> ansliegenden<br />

Meschildculsnahmen <strong>der</strong> Aiaricllkirchcn in ätargard lllld Kolberg<br />

hervor, die von dem Herrn Minister <strong>der</strong> Geistlichen Angelegenheiten znr<br />

Bnckerei des Provinzinl-Homelvaters gcschelltt sind llnd für die 'Denkmalforjchltng<br />

einen gnn.> beson<strong>der</strong>en Wert haben, ebenso die Bedentnng des<br />

Handdnchcs <strong>der</strong> delitschcn Knnstdcnkmäler von Dehio, dessen Erscheinen<br />

dllvch einen namhailell Zilschllß des Kaiserlichen Dispositionsfonds ermöglicht<br />

wnrdc; das fehlen eilles branchbnrell ^iachschlagewerkes dleser Art set<br />

von den Frennden <strong>der</strong> Denkmalpflege une von dell Fachmännern lange Zeit<br />

ichmcrüich empfnnden.


— lis —<br />

Schließlich berichtete er über den von ihm verfaßten Entwnrf des<br />

Jahresberichtes, <strong>der</strong> diesmal einen an<strong>der</strong>thalbjährigen Zeitraum, vom<br />

1. April 1904 bis Ende September 1W5 umfaßt. Der Bericht fand die<br />

Zustimmung <strong>der</strong> Kommission und soll in <strong>der</strong>selben Weise wie die früheren<br />

gedruckt nnd weiteren Kreisen zugänglich gemacht werden. (Der Druck ist<br />

erfolgt ill <strong>der</strong> nenen Folge <strong>der</strong> Baltischen Studien, Band IX.)<br />

lll. ßröallung und Mie<strong>der</strong>lierllellung <strong>der</strong> Denkmäler.<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungsarbeiten in größerem Umfange<br />

und in Städten.<br />

In Stargard haben die Arbeiten znr Wie<strong>der</strong>herstellung des Innern<br />

an <strong>der</strong> Marienkirche begonnen und sind in erfreulicher Weise geför<strong>der</strong>t; die<br />

örtliche Bauleitung liegt in den Händen des Architekten Deneke. In<br />

Ttralsund ist mit den entsprechenden Arbeiten m <strong>der</strong> Viikolaikirche auch<br />

in diesem Jahre ein Anfang nicht gemalt. (Dünstiger hat sich die Sache<br />

in An kl am gestaltet, wo die '^ikolaikirche nunmehr einer beschleunigten<br />

Herstellung im Innern und Änßern entgegensehen darf; dagegen ist <strong>der</strong><br />

Ban einer nenen Bckrönnng des Pnlvertnrmes auf Hin<strong>der</strong>nisse gestoßen,<br />

während in Vanenburg <strong>der</strong> Ausbau des Emiturmes begonnen wurde.<br />

Dte Arbeiten an <strong>der</strong> Marienkirche in lNreifcnberg haben einen Aufschnb<br />

erlitten, da die Grenzen <strong>der</strong> Palronatsverpflichtungen noch vorheriger Aufklärung<br />

bedürfen. In Stettin konnte an den Ansbau <strong>der</strong> Iohannistirche<br />

wegen des Wi<strong>der</strong>strebend <strong>der</strong> Gemeindeorgane nicht gegangen werden,<br />

obwohl die von <strong>der</strong> Staatsbanvcrwaltnng ausgearbeiteten Pläne längst vorliegen<br />

und <strong>der</strong> Herr Kultusminister seine Bereitwilligkeit, <strong>der</strong> Gemeinde<br />

helfend beiznspringen, wie<strong>der</strong>holt knndgegeben hat. Der schadhafte Dachreiter<br />

<strong>der</strong> Peter-Paulskirchc daselbst ist durch einen die Barockform wie<strong>der</strong>holenden,<br />

schlankeren und ansprechen<strong>der</strong>en Neubau erseht worden. Für das Königliche<br />

Schloß ebendort wird ein Ausbau vorbereitet, <strong>der</strong> es zur Aufnahme<br />

einer Hofhaltung wie<strong>der</strong> geeignet macht; es ist zu hoffen, dak die ursprünglichen<br />

Ncnaissanceformen des 1577 von dem italienischen Meister Antonio<br />

Guglielmo errichteten stattlichen Banes dabei wie<strong>der</strong> znr Geltung gelangen.<br />

In Kolberg ist die Ansstattnng des Hohen Chores am Mariendom zu<br />

gottcsdicnstlichcn Zwecken in die Wege geleitet. In Kam min wird eine<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung des dnrck seine eigentümlichen und denen des Stargar<strong>der</strong><br />

Nathanses ähnlichen Architektur- und Zierformen ausgezeichneten Nathauses<br />

beabsichtigt. Der Ausbau <strong>der</strong> Marienkirche in Dramburg befindet sich<br />

noch im Stadinm <strong>der</strong> Vorbereitung. Die Arbeiten zur Erhaltung und<br />

Sicherung <strong>der</strong> Nil ine des Dewitz-Schlosscs in Daber sind abgeschlossen.<br />

Für Garz a. R. ist die Instandsetzung <strong>der</strong> in Wendorf belegenen Kirche<br />

beschlossen. In Nügenwalde ist die teilweise Erneuerung des reizvollen


— IV -<br />

Inneren <strong>der</strong> Bergkirche eingeleitet, in Pascwalk das Austere <strong>der</strong> Nikolaikirche<br />

durch anschlagwidrige Oberflächeubehaildluug <strong>der</strong> Giebel nnd Wände<br />

entstellt. In 5?oitz ist die Erneuerung des Kirchen-Inneren abgeschlossen.<br />

Wie<strong>der</strong>herftclluug von Vandkirchen.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Landkirchen, für die in dem Berichtsjahre eine Wie<strong>der</strong>herstellung,<br />

Ausbau, Erweiterung, Ansmalnng und <strong>der</strong>gl., sei es für eiuzelue<br />

Teile o<strong>der</strong> für das Ganze, eingeleitet o<strong>der</strong> ins Werk gesetzt o<strong>der</strong> abgeschlossen<br />

ist, hat sich im Verhältnis zu den Vorjahre» außerordentlich gesteigert,<br />

mehrfach find anck diesmal die Arbeiten in die Wege geleitet o<strong>der</strong> vollendet,<br />

ohne daß <strong>der</strong> Konservator, wie vorgeschrieben, gehört ware.<br />

Im Kreise Nügen handelte es sich nm die Kirchen in Kloster,<br />

Middelhagen, Samtens, Zirkow nnd Zndar, im übrigen Neuvorpoluluern<br />

llm Ahrcudshageu, Brandshagen uud Nicpars, im Kreise Demmiu um<br />

^indenberg, im Kreise Anklam um Ziepen, im Krcije Ückermünde um<br />

Rieht, auf Usedom um Koserow, im Nnudo wer Kreise llul Voeck und<br />

Schöniugen, im Kreise Greife uhageu um Korteuhagen uud Marielltal, im<br />

Kreise Pyritz um Neueu-Grape uud Verbell, im Sa akig er Kreijc um<br />

Laugenhageu, Mariellflies^ Multcnthiu, Pansin, Pegelow, Püterliu, Seefcld<br />

llnd Zarzig, im Kreise Naugard uiu Nctztow und Wismar, iul NegcU'<br />

wal <strong>der</strong> Kreise um Wisbu und Woldeuburg, uu (^ rel feu berger um<br />

^angenhagen, Selliu und Nibbekardt, im Kamin in er um Dorphagen,<br />

Iassow, Köselttz und Pridberuow, im Schlawer um Evenlin und Vanzig.<br />

Freilich sind von diesen Arbeiten die wenigsten ganz abgeschlossen uud<br />

selbst in solchen, die wie in Vrandshageu uud Zudar iu erfreulicher Weise<br />

ziemlich vollstäudig erledigt sind, fehlt noch die Ergänzung wertvoller Ans'<br />

stattlmgsstücke.<br />

Für Kirchenheizungen ist ein wichtiger Erlaß des Herrn Ministers<br />

<strong>der</strong> Geistlichen :c. Angelegenheiten nnter dem 10. November 1905 ergangen,<br />

<strong>der</strong> die Kompeteuz, <strong>der</strong> Geuehmigung je nach <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Anlage<br />

regelt. Vergleiche Anlage I.<br />

Beson<strong>der</strong>s häufig begegnet man dem Perlangen nach einer neuen<br />

Ausmalung <strong>der</strong> Klrckeu; dies Verlange« ist wohlberechtigt überall, wo<br />

die Oeschmacksrichtuug des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts durch öde Fardlosigkeit uud<br />

Überstreichung <strong>der</strong> alten Stücke dem Ranme den kirchlichen uud festlichen<br />

Charakter, wie oft, vollständig genommen hat. Wie das wie<strong>der</strong> gut gemacht<br />

werden kann, darüber gibt das unten angeführte Buch Hohfelds, Stadtnnd<br />

^andkirchen, beachtenswerte Fingerzeige, die im Auszuge nebst den<br />

technischen Anweisungen des Kunstmalers Kutschmann in <strong>der</strong> Anlage II<br />

zusammengestellt sind.


Das trmmgsie Kapitel <strong>der</strong> Denkmalpflege ist <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> alten<br />

Wehrbauten, mion<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Stadtmauern, Wickhäiljcr Türme und<br />

Tore. Ohne Gedenken wird auch <strong>der</strong> eifrigste Beschützer dieser ehrwürdigen<br />

Hcngeu einer ftr d'ie Siäd^e io rn^mve^chc^ V(Vg^tzeu^ ^ov^V von ^nnv<br />

opfern als nötig ist, um den Zwecken des Verkehrs und des mo<strong>der</strong>nen<br />

Gebens nicht hin<strong>der</strong>lich zu sciu. So ist iu Pyritz ein Dnrchbruch <strong>der</strong><br />

Mauer aiu Eioturm bewilligt nnd in l^reisswald ein Mauerteil nie<strong>der</strong>-<br />

gelegt, <strong>der</strong> eiucr nahen Klinik das ^icht entzog. Das Verständnis für den<br />

Historischelt Wert nnd die malerische Wirkung dieser Bautcu ist lei<strong>der</strong> viel<br />

zu spät erwacht und ist auch heute noch lange nicht kräftig genng: ionst<br />

hätte es nicht geschehen köuueu, daß eine Stadt wie Stargar>>, die vor drei<br />

Iahrzehuteu noch auf eiue fast unversehrte mittelalterliche Wehr blicken<br />

konnte, die an Stolz und malerischer Wirkung auf das Stadtbild auch deu<br />

berühmtesten in Nah nnd Fern nichts nachgab, sich ohne Not znm grönten<br />

Teil <strong>der</strong>selbeu beraubt hat, teils direkt dmch Nie<strong>der</strong>legnng, teils indirekt<br />

durch Veräußeruug des amlo''cuden (^eläudes au Private, von dcuen die<br />

Neste verbaut o<strong>der</strong> durch Umbauuug vcrdeckt siud. Auch die steheu<br />

gebliebeneu, hosM'agenden Warttürme 3targards. anch die schöueu Torc<br />

vcrulögeu iu ihrer jel.ugeu Vercillzeiuug uud odue die anschließenden ^iaucrn<br />

das ehemalige großartige Stadtbild uicht wie<strong>der</strong> herzustellen. Hoffciltlich<br />

bringt <strong>der</strong> vom Herreuhaui'c bereits auqenommeue bezügliche (Gesetzentwurf,<br />

<strong>der</strong> lu <strong>der</strong> bevornchcudeu Tagulig aufs ueuc eingebracht weiden wird, weuignens<br />

für die Zutuufl Abhilfe.<br />

Der VII. Tag für Denkmalpflege wurde am 37. und 2^. Sep-<br />

tember lW»; in Vrannschwcig abgehalten: ilmt giua eiue Beriammlnug<br />

nnd Beratung <strong>der</strong> preußischen Konservatoren ebendaselbst voraus. Die<br />

Dcntmaltagc erfreuen sich cincr stetig zllnehmendeu Beteiligung.<br />

Auch mit dem Schilde <strong>der</strong> Natnrdeukmäler ist em Anfang in<br />

Pommern gemacht, insofern Maßregeln selteus <strong>der</strong> Forstuerwaltuug zum<br />

Schule <strong>der</strong> „Henogsei'che" ilu Kreise Naudow getroffen werden.<br />

Der von <strong>der</strong> (^'meiude Bcuz auf Nsedoul bcautragte Verkauf<br />

ciues Altarbildes wurde uicht genelnuigt: zwei nltttelaltcrliche Altar-<br />

gcfästc Ziborium und Monstranz), d,c auo <strong>der</strong> ätirclie zu Schönwer<strong>der</strong><br />

entfernt waren, siud an diese zurückgelangt, bei zwei omie Erlaubnis au<br />

an<strong>der</strong>er Stelle verkauften Kronleuchtern m das bisher noch nicht zu<br />

erreichen gewesen.<br />

Der Umgus; von blocken ist genehmigt für Werben uud<br />

Schönfeld lKrcis Pyrll-), Vaugeubagen (Kreis Saaizig); für die<br />

kirchc ill Kolberg, wo als ^ruud angefühlt wurde: „iu die neue Kirche<br />

gehören auch ueue blocken", wnrde er nicht genehmigt.


- VI<br />

Ein sehr erhebliches Hin<strong>der</strong>nis wird in Pommern einer wirksamen<br />

Denkmalpflege dadurch bereitet, oasi es in <strong>der</strong> Provinz an wirklick Nichtigen<br />

Kuusthaudwerkeru fehlt, namentlich an solchen, denen die Wie<strong>der</strong>heistcllung<br />

wertvoller Ausstattungsstücke ohne Bedenken anvertraut werden tann. Die<br />

oorhandenell Kräfte reichen fnr das danernd sich mehrende Bedürfnis nicht<br />

aus. Es fehlt eben eine Kuustschule in <strong>der</strong> Provinz, ans <strong>der</strong> fie vor^<br />

gebildet werden nicht allein durch dell Unterricht, son<strong>der</strong>n zugleich dnrch die<br />

Betrachtung und tägliche Auschauung angesiäUs <strong>der</strong> Meiste; schöpsungen <strong>der</strong><br />

Alten, wie z. Ä. Slralsnnd sie m reicher Fülle und ans den verschiedensten<br />

Zeiten darbietet.<br />

V. Vorgeschichtliches.<br />

Die Erhaltnng nnd Sammlnng <strong>der</strong> vorgeschichtlichen Dcnklnäler<br />

haben wie bisher die Mmeen iu Stettin und Stralsund zu ihrer Aufgabe<br />

gemacht, doch ist die Ausbeute des letzten Jahres geringer gewesen als in<br />

dell früheren. Über die Zugänge ist seitens des Stettmer Museums regelmäßig<br />

iu den Schriften <strong>der</strong> Gesellschaft sin Pommersche Geschichte llud<br />

Altertumsknllde berichtet. Die zunehmende Benutzuuo, tiefgehen<strong>der</strong> Dampfpflüge<br />

för<strong>der</strong>t wen und breit im ^ande die Spmcn anso/dehnler Uriienfel<strong>der</strong>,<br />

sogenannter Wendeukirchhöse, zntage, sie bereichert dadurch aller<br />

dings unsere Kenntnis von <strong>der</strong> Verbreitung solcher Araber, aber fie zer<br />

stört zugleich die Grabfcl<strong>der</strong> für immer. Solche ss-lachgräber sind eben<br />

nicht mehr zu retten, aber für die Hügelgräber und dlc mächtigen Hüueu:<br />

betten, <strong>der</strong>en Pommern m seinem wcstltcheu Teile noch eme leidliche Au-^ahl<br />

bewahrt hat, ist es hohe Zeit, das; sich ihrer die Gesrhgebnug annimmt.<br />

Rügeu, das am reichsten daran ist nnd die großartigsten davon aufweist,<br />

enthält heute uur uoch etwa den zehnten Teil des vor eiuem Iahrhnndcrl<br />

festgestellten Bestandes.<br />

VI. Denkmalsorschung.<br />

Das VN. Heft <strong>der</strong> Kunstdenkmäler des »iegierungsbczirls Stettiu,<br />

den Kreis Pyritz umfasseud, liegt jetzt gedruckt vor, <strong>der</strong> iu Aussicht<br />

genommene Anhang über ocu Pynker Wcizacker wird als desou<strong>der</strong>es Heft<br />

erscheinen. Die Deukmälcruerzeichliisse <strong>der</strong> Creile Laa^ig nnd ^)iallgard<br />

befinden sich in <strong>der</strong> Schlichredaftion, in den Krcmn (^reisellbcrg und<br />

Kammin sind die Ausnahmen weitergeführt und cs bcdmf nur für wcnigc<br />

Orte noch <strong>der</strong> Bereisung.<br />

Borträge über Gegenstände, die iu das Gebiet <strong>der</strong> Deukmalpflege<br />

gehören, wurden von dem Provinzial-Konservator in Stettin gehalten über<br />

die Stettiner Bauwerke <strong>der</strong> Barockzeit uuo über die vcrschicdeueu bildlichen<br />

Darstellungen dis Pommcruapostels iDtto von Bamberg.


- VII —<br />

Scholl in dem Xl. Jahresbericht ist kurz <strong>der</strong> Schrift gedacht von<br />

O. Hoßfeld, Stadt- und Vandkircken, Berlin !9l^, und dieselbe als ein<br />

wichtiges Hülfsmittel für die Denkmalpflege bezeichnet. Weiter ausgeführt<br />

und erläutert ist das in einer längeren Anzeige und Besprechung des Buches<br />

durch den Provinzial-Komervator in den Mitteilungen des Vereins für<br />

religiöse Kunst in <strong>der</strong> evangelischen Kirche, Jahrgang 3. Für alle, die<br />

irgendwie beim Kivchenbau beteiligt sind, sei es als Banherren o<strong>der</strong> als<br />

Baumeister, o<strong>der</strong> Bauhandwerker, o<strong>der</strong> Künstler, ist die Kenntnis dieser<br />

jetzt in Buchform gesammelten, früher in dem Zentralblatte <strong>der</strong> Bau-<br />

Verwaltung einzeln veröffentlichten Aufsätze von hohem Werte. Wenu auch<br />

in erster Neihe mehr von Neubauten handelnd, bringt das Buch eine<br />

Menge von schätzbaren Direktiven anch für jeden Wie<strong>der</strong>herstellungs-,<br />

Erweiterung^, Ausbesserungs- nnd Umbau, iowic für die Ausmalung und<br />

Ausstattung <strong>der</strong> Kirchen nnd faßt dabei vornehmlich die Vandtirchcn, die<br />

lange vernachlässigten, ins Ange, so daß man ihm eine möglichst weite Verbreitung<br />

wünschen mnß. Wenn <strong>der</strong> Verfasser es anch ablehnt, daß seine<br />

Mitteilungen als Vorschriften angesehen werden sollen, son<strong>der</strong>n nnr Berichte<br />

über die Auffassung und die Gesichtspunkte geben will, nach denen die<br />

Staatsbauverwaltung arbeitet, so ist es doch dringend zu raten, daß diese<br />

Mitteilungen von Veuten, denen nicht gleiches Urteil o<strong>der</strong> gleiche Erfahrung<br />

zu Gebote steht, wie dem Verfasser, als Vorschriften aufgefaßt und<br />

befolgt werden.<br />

Für die Bücherei des Provinzial-Konservators ist eingegangen als<br />

Gefchent des Herrn Ministers:<br />

Bormann, Aufnahmen mittelalterlicher Wand- und Deckengemälde,<br />

10. Lieferung.<br />

Der Vorsitzende,<br />

von <strong>der</strong> O<br />

Der Provinzial-Konservator.<br />

V c m ck e.


Der Minister<br />

<strong>der</strong> Geistlichen, Unterrichts- und<br />

Medizinal Angelegenheiten.<br />

N. I. 0. Nr. 12 ,77.<br />

- Vsss -<br />

Anlage I.<br />

Berlin . 04, den 10. November<br />

Auf den Bericht vom 19. Juni d. Is. — ls. 1714. tt —<br />

erkläre ich mich damit einverstanden, daß Entwürfe für Hei.znngsnnlagen<br />

einfacher Art i^fen, Schornsteine n. <strong>der</strong>gl.) für Kirchengebände, an <strong>der</strong>en<br />

Erhaltung <strong>der</strong> Staat rechtliche o<strong>der</strong> konservatorische Interessen hat, dort-<br />

seits, eventuell nach Benehmen mit dem ProuinMlkonscrvator genehmigt<br />

lverdell, sofern nickt in Gcmäscheit des Nnn<strong>der</strong>lasscs vom 15). September<br />

18W — I'. IV. 3593 l;. ll. tt. III. ^. — meine Entscheidnnc, cin^<br />

znyolen ist. Bezüglich <strong>der</strong> Entwürfe für Zentrallieiznnqsanlagen vcrdleilu<br />

es bei den Bestilttlnnngen des Nnn<strong>der</strong>lasses vom x. Iannar l'.Nj^<br />


Hnlage li.<br />

Die farbige Behandlung des Kircheninnern.<br />

lAuszug ans O. hoßfeld, Stadt- und ^audkircheu, und P. Kutschmann,<br />

Zentralblatt <strong>der</strong> Vauverwaltung lW4).<br />

Kein Gebiet des Kirchenbaues ist einer so unerfreulichen Schablone<br />

verfallen, als die farbige Behandlung des Kircheninnern; nirgends ist von<br />

einem bestimmten ^arbengedauken etwas zu bemerken; die Holzdecken, das<br />

l^estnhl, die Emporen


- X -<br />

gerade die Farbe das Mittel, dem Kircheraume mit verhältnismäßig geringem<br />

Kostenanswandc ein nicht nnr eigcuartiges, son<strong>der</strong>n anch stlnllnllligsnolles<br />

nnd persönliches Gepräge zn verleiben. Man vergleiche nnr mit <strong>der</strong><br />

geschil<strong>der</strong>ten Schablone die lH'indrücke, welche die herrücken Tckövflmgen<br />

nnserer Borfahren heruorrnfen trotz <strong>der</strong> BernnstaUnng o<strong>der</strong> vernachlässig,lng,<br />

m <strong>der</strong> ihre farbige Allsstattnng in <strong>der</strong> Regel ans uns gekommen ist.<br />

Wie dem abzuhelfen ist, läßt sich mit wenigen Worten, läßt sich<br />

überhaupt mit Worten kanm sagen. Denn Farbe ist ein I^ing. bei dem<br />

Regeln und Anweisungen versagen. Man tnt immer am besten, einen<br />

dnrch das Stndlnm <strong>der</strong> Alten gebildeten, bewährten Kirchenmaler hcran^<br />

zn^iehen, selbst bei kleineren Objekten sollte man ans einen solchen nickt<br />

verzichten nnd mindestens seinen Nat einholen. Gilt cs die orlsangehövlqcn<br />

Kräfte zu beschäftigen, so wird sich anch das machell lassen, doch muß 5cr<br />

Kirchenmaler den Entwurf und etwaige Einzel^ickuuugcu liefcrll, auch die<br />

freihändigen Malereien wonlöglick eigenhändig anfertigen nnd die Probell<br />

ansetzen; den mehr handwerksmäßigen Teil <strong>der</strong> Arbeit tann er dell heimischen<br />

Kräften übertragen.<br />

Wo die Verhältnisse nickt gestatten, einen eigentlichen Kircheumaler<br />

anzunehmen, da sind für die heimischen Maler die nachstehenden Dlrcltwell<br />

maßgebend.<br />

Für die Wände ist im allgemeinen von einem weißen Grnndtone<br />

auszugehen, gegen dell <strong>der</strong> Toll <strong>der</strong> Holzausstattung, sei eH in Not<br />

o<strong>der</strong> Gvüu, Dunkelbraun o<strong>der</strong> Granblan odcr wtc mau jonst will, sich als<br />

wirklicher, bestimmter Farbenwcrt stellt. Hat die Decke ausgesprochene»!<br />

Holzcharakter, so kann sie m diesen Farbenwerk cinbezogen werden. An<strong>der</strong>n-<br />

falls wird man mit Rücksicht ans die Vichtverhältumc dcs Raumes gut<br />

tun. auch bel ihr auf weißem Grunde zn fnßcn uud die Dekoration, weilu<br />

solche überhaupt am Platze ist, danu großzügig uud bestimmt farblg, nntcr<br />

^erlneidnllg kleinlickell Maßstabes, zu behandeln. Inl 'Altarranlllc lst<br />

eilte Steigcruug des Reicktnllles erwünscht. Anch die Wände erhalten hier,<br />

da das Gewicht des Gestühls gewöhnlich wegfällt, gemalte Dekoration,<br />

beson<strong>der</strong>s aber wird <strong>der</strong> Farbenwert auf die Ausstattung. Altar, Kanzel,<br />

Orgel mm. vereinigt.


ilim nicht klar. Anch gelingt es fast nie, ihn in <strong>der</strong> notigen Gleich-<br />

mäßigkeit herzustellen. Gefährlich kann in seiner natürlichen Farbe <strong>der</strong><br />

Backstein dem Kircheninnern werden, in einen Farbenakkord paßt er selten<br />

hinein, allenfalls wenn man ihn dem Weiß <strong>der</strong> Flächen gegenüberstellt<br />

und die Dekoration ans wenige Farben, etwa Schwarz, Graublau, Indisch-<br />

o<strong>der</strong> Englisch-Not beschränkt; dann musi aber das Architekturgerüst, iu dem<br />

er erscheint, so ausgebildet sein, dan es ein in sich abgeschlossenes Ganze<br />

ist. Die besten Lehrmeister sind anch hierfür die Werke <strong>der</strong> Alten.<br />

Als Bindemittel für die Ausmalung von Kirchen soll nur<br />

Kasein verwandt werden, aber allein das fertige, wie es z. B. die Milch:<br />

zentrale in Berlin liefert, hat dic nötige, glasige Klarbcit. Das dnrch<br />

Vösuug des Käses mit Kalkwasser bereitete Kaseiu erzeugt wischeude uud<br />

uach dem Trockueu trübe erscheinende Farben. Zur Gcwiuuuug ciuer<br />

guten Kaseinfarbe füllt man cimu Eimer mit drei Teilen Wasser und<br />

eiuem Teil Ammoniak nnd strem dann unter fortwährendem Umrühren<br />

das trockene Kasein durch ein Sied in den Eimer. Wieviel Kasein mau<br />

zusetzen muß, erteunt man nach kurzen Versuche». Die Farben müssen die<br />

bekannten säure- und kalkfreien sein. Kreide, Äleiwciß uud vor allem<br />

^itopoue dürfeu nicht vcrwaudt werdeu; das schöuste aber teuerste Weiß ist<br />

Baryt-Wciß, nächst ihm Zinkweiß. Echtes Grün, wie Oxydgrün uud<br />

Kobalt-Grün, ist sehr teuer, grüue Erden und Ultramarin.Grüu sind zn<br />

matt, alle Permanentgrüne sind auszuschließen; kurz für landläufige Preise<br />

ist ein grüuer Austrich schwer zu habe». Besser steht es mit Rot, doch<br />

müssen Zinnober nnd Mennige mit frisch angerührtem Kasein abgebuudeu<br />

und nach dem Trocknen mit reinem Kasein überzogen werden. Immer<br />

muß die Farbe dünn aufgetragen werdeu, düuner Auftrag ist dic<br />

Vorbediugung <strong>der</strong> Haltbarkeit. Auch alles Holzwerk ist mit Kasefarbe zu<br />

strelchcu, sie kauu selbst auf alteu Olaustrich o<strong>der</strong> altcu Vack, uur mcht auf<br />

Wachslack aufgetragen werden, ohue diese vorher abzulaugen. Wo starte<br />

Abnutzung zu erwartcu ist, sichert man die Stelle, mdem mau mit ^i Teilen<br />

Kasein 1 Teil ^eiuölfiruiß verquirlt. Auf Kaseinwandanstrich schabloniert<br />

man mit Eiweißfarben. Es ist dahin zu wirken, daß diese durch Dauer<br />

uud Schönheit des Tones ausgezeichueten Farben für deu Austrich von<br />

Altäreu und Kauzeln, Emporen uud Orgeln wie<strong>der</strong> allgemein in Gebrauch<br />

kommen; sie sind nicht teurer als Ölfarben, aber viel schoner und halt-<br />

barer; Eiweißfarben fiud stets dünn zu verstreichen.


mit Einschluß <strong>der</strong><br />

NW Whkm llnf<br />

l<br />

oiler<br />

Gin Veitrass zur pommerschen ssultnrgeschichte nnd<br />

Auf Grund amtlicher Quellen beschrieben<br />

von<br />

Alfred Aoelhkow, ^ Hart Adam,<br />

Berlin - . <strong>Greifswald</strong>.<br />

Psalm !"3. 15. 16.


Vorrede.<br />

Diese Chronik hat eine eigenartige Vorgeschichte: Im Jahre<br />

erfreute <strong>der</strong> Mitarbeiter K. A. sich selbst dadurch, ohne ein bestimmtes Ziel<br />

ans <strong>der</strong> großen Sammlung <strong>der</strong> Viw6 l^meinnorum auf <strong>der</strong> Universität^<br />

Bibliothek zu <strong>Greifswald</strong> die darin enthaltenen fesselnden Nachrichten über<br />

die vorpommersche Familie Völhkow znsammen zu stellen. Seine nicht<br />

mühelose Arbeit fand einen unerwarteten ^ohn in einem Austrage des<br />

Neepschlägereibesitzers Herrn Julius Völschau zu Hamburg, für ihn eine<br />

Familiengeschichte anzufertigen. Einige Jahre darauf begann A. V. nicht<br />

nur über scine engere Familie urkundliche Nachrichten zu sammeln, son<strong>der</strong>n<br />

auch eine umfassende geschichtliche und sprachliche Nachfrage zu halten<br />

sowohl nach allem, was den Namen Bölschow trug, als auch über den<br />

Stamm Völsch an sich. Hierdurch wurde es ermöglicht, eine Grenze für<br />

das Namensgcbiet <strong>der</strong> eigentlichen Familie, welche behandelt werden sollte,<br />

festzustellen. Seine Bemühungen führten ihn natürlich auch nach Vorpommern<br />

und in Stralsund an den damaligen Herrn Syndikus Grouow,<br />

in <strong>Greifswald</strong> an den Herrn Syndikus Wallis. Der letztere trat seine<br />

Mitarbeiterschaft im Anfang des Jahres 1«W an K. A. ab. Seit jener<br />

Zeit hat zwischen den beiden Bearbeitern ein reger Gedankenaustausch über<br />

das Thema „Völschow" stattgefunden, welcher nur durch dle zweite Afrikareise<br />

von A. V. eine Unterbrechung erfuhr.<br />

Die Sammlung des Stoffes wurde wesentlich erschwert durch dell<br />

absoluten Maugel irgend eines Familieuarchivs und durch die Veruichtung<br />

mehrerer öffentlicher Archive in Hinterpommern. Erleichtert wurde die<br />

Arbeit für Porpommern durch die unbedingte Zuverlässigkeit <strong>der</strong> zahlreichen<br />

akademischen ^eichenprogramme und Fakultätsarbeiten, durch die wohlerhaltenen<br />

Stadt- und Universitätsbücher, wie gedruckte und handschriftliche<br />

Matrikeln, durch die eingehenden ortsgeschichtlichen Studien des Professors<br />

Pl)l zu <strong>Greifswald</strong>, ferner die 8wmmlUa 8un


- IV —<br />

Im Hinblick auf manche leicht zugänglichen und bekannten Sammlungen<br />

sind bei <strong>der</strong> großen Anzahl <strong>der</strong> Beweisstücke Quellennachweise im ersten Nucke<br />

<strong>der</strong> Arbeit meist nur dann beliebt worden, wenn es beson<strong>der</strong>s angezeigt erschien.<br />

Der Inhalt wäre durch Anmerkungen geradezu erdrückt worden, unvermutete<br />

und auswärtige Quellen sind im Prinzip stets angeführt worden.<br />

Im Gegensatze hierzu musile das zweite Buch unserer Arbeit fast<br />

ausschließlich aus schwer zugänglichen Urkunden ausgebaut werden: zumeist<br />

aus dem Geheimen Staatsarchiv zu Berlin stammend, aus Kammergerichtsakten,<br />

Kirchenbüchern und aus den Grundakten des Amtsgerichts zu<br />

Tempelburg. Hier konnten Anmerkungen nirgends entbehrt werden. Wegen<br />

ihrer knappen Kürze konnten dieselben meist im Texte belassen werden. Die<br />

bisherigen geschichtlichen Nachrichten ans dem Umkreise <strong>der</strong> Städte Schivelbein,<br />

Draheim und Tcmpelburg sind so dürftige, daß schon deshalb eine<br />

genaue laufende Quellenangabe von ernsten Freunden <strong>der</strong> pommerschen<br />

Landeskunde gern aufgenommen werden wird aus einer Gegend, in welcher<br />

sich die polnischen und die deutschen Interessen eng berührten, örtlich meist<br />

uur durch das Flüßchen die Drage und den kleinen Völtzlow-Tee getrennt.<br />

A. V„ welcher die materiellen Unkosten <strong>der</strong> Arbeit allein trägt, ist<br />

durch die Ordnung und Bearbeitung seiner neu gewonnenen fachwissenschaftlichen<br />

Sammlungen zu sehr beschäftigt, um an <strong>der</strong> eigentlichen Ausarbeitung<br />

Vieles Werkes tm gewoUten Umfange m?jMelfen. Er hal tmlelbc daher jeinem<br />

langjährigen Mitarbeiter übertragen mld nur ewige Bruchstücke eingefügt.<br />

Willkommene Vundesgenosselt sind uns im ^aufe <strong>der</strong> Arbeit erwachsen<br />

einerseits in einem entfernten Verwandten des A. B., dem Herrn<br />

E. Boeltztow, Rittergutsbesitzer auf Dziennitz, <strong>der</strong> durch einen namhaften<br />

Beitrag die Herausgabe <strong>der</strong> Arbeit erleichterte, an<strong>der</strong>erseits in zwei Vertretern<br />

eines aus Stralsund stammenden Zweiges <strong>der</strong> vorpommerschen<br />

Familie B., nämlich dem Herrn I. Velschou, (55utsverwalter zu Corselitze<br />

Nyköbing F., und Herrn Ch. Pelschow, Adjunkt (scheinbar Prorektor) am<br />

Staatsgymnasium zu Hiller6d (Fre<strong>der</strong>iksborg). Der Letztgenannte, ein Sohn<br />

des bedeutenden Historikers Hans Matthias Velschow, unterstützt uns in<br />

hervorragen<strong>der</strong> Weise. — Mancher hülfreichen Manner ist im ^aufe <strong>der</strong><br />

Darstellung gedacht worden. Die Direktoren <strong>der</strong> Staatsarchive zu Berlin<br />

und Dresden haben uns außer mehreren Geistlichen wirksam unterstützt,<br />

ebenso Gericktsrat Herms und beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Bürgermeister von Tempelburg,<br />

Herr Grützmacher, <strong>der</strong> in bereitwilligster Weise die Innungsbücher<br />

einer Durchsicht unterzog. Aus Stettin erhielten wir auch wertvollen<br />

persönlichen Aufschluß von Herrn Archivdirektor von Bülow und von dem<br />

damaligen dortigen Oberlandesgerichtsrat Ferd. Fabricius. Auch allen hier<br />

nicht genannten Helfern sagen noch einmal Dank<br />

die Verfasser.


Inhalt.<br />

I. Buch. Die vorpommersche Patrizierfamilie Völykow o<strong>der</strong> Pölschoni . 1<br />

1. Kapitel. Die älteste geil bis auf den Ratsherrn Martin I.<br />

zu <strong>Greifswald</strong> !<br />

2. Kapitel. Johann Voelschow I. und seine Nachkommen . . . :5<br />

5. Kapitel. Henning Bölschow und seine Erben !7<br />

4. Kapitel. Martin Volschow li. und seine Erben ü»<br />

5>. Kapitel. Versprengte o<strong>der</strong> vermutete Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> vorvommerschen<br />

Fanulle außerhalb <strong>Greifswald</strong>s 45<br />

II. Buch. 1. Kapitel. Die von Voltzkow o<strong>der</strong> Bolskow '^<br />

2. Kapitel. Die Freischulzen des Amtes Draheim 7,:<br />

-ette


such I.<br />

Die vorpommersche Patrizier-Familie Pölfchow o<strong>der</strong><br />

VoltzKow, ViilzKow, Volschan.<br />

Sinnspruch.<br />

Die Wissenschaft vernnngner Sachen<br />

Ist überall zwar huchk bcliedt.<br />

Toch lst bei dem da^' sich bcaicbt<br />

^5in klnster Unterschied ;u lnachen.<br />

V'ol darff man obenhin veiitchlt<br />

In virlett wllft man gründlich nel»n'<br />

Nichts aber musl nns > esiel. scun b» lnndt<br />

?ll? wir uns selbst und linser Vateilaud<br />

Ich man wol 9>s,c,l deichen<br />

IsN wc»,h wonn lülc .'.cnc Velt.<br />

^vrmn nlll ?Nlila ac^illt<br />

Toch bleib ich in (Zlnova itcl^n<br />

Vel, Tentlchland. dessen ^9on »ch lidr.<br />

Vcu Schweden, dssjen Reich nli edr.<br />

Ven Vonlmcnt. das nnch eisilich li >l> und lrua.<br />

V?li »"Klft^uald da ich mcmc Naln'NNg snch<br />

M»':n Eirund (5r m uon gleichem 3ltt»e<br />

U''d l,al da.^n da^ höchste Nccht:<br />

Der V^lsci'owtt ^adnic und ^eichlecht<br />

Ist von dem elften '.'lnbcq'nne.<br />

Ta man den Wald dcr Vrelffen n^ndt'.<br />

Daselbst gesessen und bctandt.<br />

Drnlnb thut Er wol,, dak Cl die Etrdte tcnn't<br />

Nüd uch c«n ^Nlld von seinen VätelN nenn t<br />

a .pnil p^tneniu". nist, i>snf. nls t'r.»r»e» dcr Dissertation lli^tnl l.^ p^^le-i.-lo collexiatae 5,. Kleal<br />

(ir>. an den K6«>pon6vnu ^n^li V..I^lIll)vv. 1.^. Ptu^lo^u«, Cl->l»i,i>>v oen N ^nim" wird als Ttamm-<br />

vater des (Geschlechts eill Bürger ^iartiu '^. angegeben, welchcr v0r dem<br />

Ende des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts in Gutzkow lebte. (5lwa eiue ^Vicilc südwestlich<br />

von <strong>der</strong> Nachbarstadt Iarmen liegt das Bancrudorf Völschou' in Alt^<br />

Vorpommern, früh schon als Villa Voleecowe, Volchecowe, Voltiecowe,<br />

Volstow o<strong>der</strong> Voltzkowe bekannt ^Pomm. Urtlludenbuch ll, ^."», 4N1,<br />

III, 2^;, IV, 35)4; ferner: Klempin, Diplom. Beiträge zur Geschichte<br />

Pommerns ans <strong>der</strong> Zeit Bogislaws X., Teile 2W.). Ortsname und<br />

Familienname Böljchow mögen in nahen Beziehungen zueinan<strong>der</strong> gestanden<br />

haben.


— 2 —<br />

Martin Völschow ans Gutzkow ist nicht mehr geschichtlich glaubhaft<br />

nachzuweisen. Daher hat Herr Professor Pyl den Persuch gemacht,<br />

an seiner Stelle den gleichzeitig zu Greisswald wohnhaften Henning ^.<br />

als Begründn- <strong>der</strong> zunächst in Greifswaw blühenden, ratsgesesscncn Familie<br />

emznfllgcn. Seine Permulung ist aber nicht stichhaltig genug, um gerade<br />

ihm folgen Hn mnjsln. Wiedcr^oN haben in <strong>der</strong> Familie V. sowohl<br />

in andctcn verwandt) chaft^treiseu Kmdev ihr^n Nnfnütltcn nach dem<br />

nd iiicht «ach dem Bale? tvhnlttn. Mar^n utt^ Henmug möge«<br />

aber Vrü<strong>der</strong> zweien sein. (5in Henning ^. war im Jahre<br />

^l-^l^se» tu3 v^ll,lm. Nach P!N5 Fy^schlN^ell in den Tw^bnchcru l.P<br />

Gcuealogten d. Band, Seite 325) rrwark Henning ^. nu Jahre<br />

ein Haus iu <strong>der</strong> jetzt BiemmrMraße genannten Buchslrasic. (5r lebte<br />

höchstens bis ^5^4. Denn in diesem Jahre lieh seine Witwe Khnckc das<br />

Grundstück durch ihren Bevollmächtigten Christ. Schwarz wie<strong>der</strong> verlanfen.<br />

Hätte er Töhue hinterlassen, wären dieje gewtß bei dem verkauf des<br />

Grundstücks zugegen gewesen.<br />

Henning war zweifellos ein vornehmer Bürger. Nach einer Urkunde<br />

des Bistums Kainmin gehörte >lonui?^Iiu8 Voit/.knun (7. August l4W)<br />

zu dcu Patroueu einer Vilarie in Treptow a. Toll. Auch war er wenige<br />

Tage später, am 1". August 11W, als (5ompatron einer Bikarie bei <strong>der</strong><br />

(hcrtrndstapelle vor thrclfswald aintlich beschäftigt (Text bei Klempm a. a. O.<br />

Nr. 554, beziehungsweise ^ir. l24, 125.). — Ein weiterer Zeitgenosse ans<br />

dieser Fanulie in Peter B. (Iltt^—15)15) in <strong>der</strong> Rotgerbcrstrahe zu<br />

^reifswald. In einem Greifswaidischen Bisitations-Abschied vom ^s>. Iunius<br />

!


— 3 —<br />

Martin Völschow, angeblich <strong>der</strong> Sohn von Martin P. zu<br />

Gutzkow, wnrde im Jahre l5t>) als Erster in seiner Familie ^iatshcrr zn<br />

<strong>Greifswald</strong>. In vleier Eigenschaft mag er als Martin I. bezeichnet werden.<br />

Die >ln.tnculll ('m^ulum berichtet nbcr ihn: ^?uu» I>m. l5)sl,.. ;'>f)—!;'>?:')) Bartholomäus Hum'ow ver<br />

heiratet wurde. — Voli den drei Söhnen nnd lhrcn Oee^endentcn werden<br />

je die nächsten 3 Kapitel handeln.<br />

Kapitel , l.<br />

Joliann Voelschow , ^^d seine Mchkommen.<br />

Johann erwarb Mickaelis 1545 gleichzeitig mit seinen Brü<strong>der</strong>n da?<br />

Bürgerrecht zu C^lcifswald. (bleich seiucui ^ater war er Natsberr daselbst<br />

von liii'ii bis 15)l»l>. '.Nl'tt sclner Ehefran Anna Stevelin, ciller<br />

des Bürgermeisters (^ ls)1^) Johann Stevetin nnd Dorothea<br />

besaß er „einen Grabstein in <strong>der</strong> Marlelltlrche mit dcr spätgotischen<br />

Minuskel-Inschrift: ,Dljc stein Hort Haus Vclseow undc syncn gruwen<br />

vnde ilinen erwven tho, anno 15^?. Seine Hausinartc, mit den Iuitlalen<br />

ti. t


er einen Veitrag gegeben hatte" (aus Phl, Gesch. <strong>der</strong> Kirchen s.<br />

Alb. Univ. l, MN, von Friedlaen<strong>der</strong> herausgegeben s, ^21 b: „<br />

Vo!t//.ks)>v civl3 l^i-^z)lil8^va.lllc't,5;l« tt—->9.).<br />

'Das Prädikat „vominuä" wird Hans Völschow in dem Universitäts-<br />

berichte noch nicht zn teil, weil ihm <strong>der</strong> Titel „Herr" erst im Jahre 15>5>1<br />

gelegentlich sciucr Wahl zum Ratsherrn zustand. Seine Frau überlebte<br />

ihn nach Ausweis eines Aktenstückes des Natsarchivs Nr. 589 vom<br />

Jahre I5)s,)i; er selbst starb am Hochzeitstage seines Sohnes Johann den<br />

1. September 1560. Die damals in <strong>der</strong> Stadt herrschende Ruhr<br />

lpi-ofluvium v6nt.i'i8) raffte auch ihn hiuweg, welcher in den Annalen <strong>der</strong><br />

Universität als „praecismnZ tanwr omnium krmlitornm^ von <strong>der</strong> Hand<br />

des Nettors verzeichnet steht. Ein von Idealen reich ausgestattetes ^eben<br />

scheint hier einen jähen Abschluß gefunden zu haben.<br />

Wenn wir den sicheren Feststellungen von Theodor Pnl über das<br />

ererbte Recht an dem schönen Oiebelhamc Nr. 11 des großen Marktes<br />

folgen, so vermögen wir auf Grund eiucs nur in dem Knopfstraßenznge<br />

auf einem grosien Pergamentblatt <strong>der</strong> Odebrecht'schen Familiendibliothet<br />

erhaltenen Catastrum von etwa 15)5)^ die damaligen Eigentümer samt-<br />

l icher Häuser au <strong>der</strong> Ostseile dcs großen Marktes unfehlbar zu bestimmen.<br />

Um diese Zeit wurden die Häuser 11 bis 14 — von Norden nach Süden<br />

fortgezählt — von nachstehenden Personen versteuert:


— 5 —<br />

Nr. N. „Er Pctcr Korschwautische", d. i. die Witwe des<br />

Bürgermeisters Peter Corswant II.<br />

Nr. 12. „Er Jasper Nun sowische", Witwe des Vurgermeisters<br />

Kasp. Bimsow.<br />

Nr. 1^. „Johann Gleningk". Er war Sohn des Ratsherrn<br />

Volkward Glcving nnd Gatte <strong>der</strong> Katharina Völschow, <strong>der</strong> Witwe des<br />

Barthot. Bünsow. Hans Gleving erwarb 15^7 ein Hans im Schuh-<br />

Hagen, woselbst sein Bater bereits ein Grundstück besaß nach Allssage des<br />

erwähnten Katasters.<br />

Die Veranstalter des „pi-kmäinm^ für Universität nnd Stadt waren<br />

nächste Nachbarn. Denn Johann Völschow I. besaß nebenan das<br />

Grundstück Nr. 14, ans welchem im !9. Jahrhun<strong>der</strong>t die Konditorei<br />

Sparagnatane eine gewisse Berühmtheit erlangen sollte. Das Kataster<br />

lantet hierüber:<br />

„Er Iohan Voltzkow c^im Stoientinske". Dorothea Gliuckc,<br />

Witwe des Bürgermeisters Joh. Stevclin li. ans erster E mannet, verheiratet mit Elisabeth Prntze;<br />

L> ungenannte Tochter, verheiratet mit dem sundischeu Nats^<br />

Herrn Georg Möller;<br />

0) Stevelin, verheiratet mit Ilscbe Steven;<br />

I)j Johann, verheiratet mit Margarete (v.) Vepcl am 1. Sept. 15^0'<br />

N> Anna ^ U^)9), verheiratet mit Bürgermeister Joach. Klilltow<br />

zu Stralmnd, welcher dort bereits 15>49 Ratsherr war und l:V>9 —lNM<br />

Bürgermeister;<br />

k') Martin III., verheiratet mit a) Anna lv.) Lepel, d) Gertrnd<br />

Engelbrecht.<br />

Zunächst lassen sich hier noch einige städtische Zeitgenossen des Vaters<br />

Johann V. von gleichem Familiennamen anglie<strong>der</strong>n: ^wstin Völschow,<br />

15i^


zu behandeln, dessen Tochter sich 15)61 mit Peter Beckmann verehelichte,<br />

er wird in die Familie Bölsch o<strong>der</strong> Bölsche zu rechnen sein, jedenfalls<br />

wnrdc im Jahre 1.^) ein Arndt ^cltzlc in das )>nrgcrbuch eina.etraa.cn.<br />

^j (5'manncl B. I., vcrmalüt niit Elisabeth Prntze, war ans<br />

Kediugshageu erdgeicssen. 3ein 3obu 3teueliu '^ölichow, geboreu l5)i'>^<br />

llnd vermählt nut Barbara Bilcholv, Tochtcr des Bartholom. Bnliwlv,<br />

war Natlnann zn Ttralsnnd iett I')9l> nnd starb l!; Elisabeth s-s U)3l)) wurde<br />

dic «Gattin des :1lalv<strong>der</strong>rn l)r. M'. Jal. Ttoppel sBnra.ermcistcr il^öO<br />

bis l«'4 starb, verheiratet mn Gertrud<br />

Eluitcrlow, Ehristiau sniitcrlows Tochter nnd Joachim Hagemeisters Witwe,<br />

beerbt dnrch seineil Lohn ^tcvelin Valcnlm Völschow. Emanilels<br />

viertes .^ind endlich, Victoria ^., vcrhelralete sich mit dein Kaufmann<br />

Joachim Vnck zn ^tralsnnd.<br />


IuVig.6 äs vi pnvatn. Dem Mandat folgt ein Völschowcr<br />

und darauf eine vom Herzog angeordnete Untersuchung an<br />

Ort und Stelle. Hier a<strong>der</strong> interveniert und protestiert die Ltadt Otralsuud.<br />

Der Nat droht mit <strong>der</strong> Appellation, sendet Deputierte an den Hof, nm<br />

nachzuweisen, daß die Fortsetzung des hofgcrichtlichcu Verfahrens eine Bcr-<br />

letzung <strong>der</strong> städtischen Iurisdiktionsprivilcglcu bilde." Die Tache zieht sich<br />

hin bis 158-1; so lange schwebt sie noch beim Ncl'chskammergcrlcht. Dann<br />

bleibt sie liegen zumeist wegen <strong>der</strong> anmaßenden junkerlichen Beweisführung<br />

des Notermnnd. — Stevelin B. wurde 1 Josua V., Bürger zu Ttralsund, vermählt mit Ilsabe Ballerò<br />

stüdt. Sic wohnten am Markte. Kin<strong>der</strong> aus ihrer Ehe: 1. Jürgen V.,<br />

geboren ll>24; 2. Barbara, vermählt mit Konrad Besienböstel in erster<br />

und Peter Bringmann in zweiter Ehe; beide Gatten waren Arrhendatoren<br />

zu Starrvitz.<br />

K) Steve! in B., Secretarins, Nat^herr zu Stralwnd 1^c>9. Bürger ^<br />

meister dascldst 1^17, -s 1^>; erste ^rau: Varbara Wcssel. Tochter des<br />

Natsverwandten Johann Wesscl zu Straliund-, zweite T^rau: eiue Tochter<br />

von Georg Segebade, Heinrich Tesfius Witwe lf ll'.^.»). Anf Grnnd<br />

eines gedruckten Hochzeitsgedichtes sVitn? ?om. :;^. Bd.) fand am<br />

1^. September Il'^2 die Hochzeit des Ttralsnnoischcn Patriziers Joachim<br />

Nucche mit Margarita VöUchow, Tochter dcs Bnrgcrnlcisters Steuelin B.<br />

zn Straljund statt. Mit dem Bürgermeister Stcvclin wird identisch sein<br />

8tOve!lllU8 V0lt7.ll0uiu8, 8nnl^l^i^ welcher am 3 Enoch V. ist nach eiuem „Visitations Abschied <strong>der</strong> Ttralsundischen<br />

Kirchen, Hospitalien und geistlichen Guter" vom Jahre l6!7 irqeudwo Mark, 3 Schilliugc und 4 Pfennige schuldig<br />

geblieben ist. Diese Pöste soll <strong>der</strong> Successor samt <strong>der</strong> Tonile delusameli<br />

mit ll^<br />

Fran: Margarete, des Bürgermeisters Joachim Ketels Tochter. Klaus<br />

gehörte neben 3tevelin B. zu den ^erordnclcn, welche die Einnahinc' und


Ausgabe-Register <strong>der</strong> Stadt Stralsund aus den Jahren 1616 bis<br />

zu prüfen hatten.<br />

(!) Felix V., -j- 1611. Ans seiner Ehe mit einer genealogisch<br />

nicht ermittelten Frau stammt <strong>der</strong> Sohn Felix II., vermählt mit Anna<br />

Pruhe, Tochter von Johann Prude und Witwe dcs Ratsherrn Rolof<br />

Hagemeister.<br />

s) Konstantin V., f 1629.<br />

Es spricht für die Tüchtigkeit <strong>der</strong> Völschows, daß sie auch in<br />

Stralsnnd viermal den Natosene! innehatten gerade in <strong>der</strong> kurzen Spanne<br />

Zeit, wo eine Anzahl wahrhaft großer Männer nacheinan<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Spitze<br />

dcs (Gemeinwesens standen. Da tauchen glänzende Namen vor uns auf:<br />

Bartholomäus Sastrow, Iohauu Domaun, Lambert Zteinwig,<br />

um nur die Großteil zu nennen. Gerade mit wenigstens Einem untcr<br />

diesen saß je<strong>der</strong> <strong>der</strong> vier Völschows gleichzeitig im Rate.<br />

Das im Stralsundischen Ratswappeubuche enthaltene Wappen <strong>der</strong><br />

Familie Bölschow ist eine aufrcchtstehcnde Frau, welche in <strong>der</strong> Rechten<br />

ciucu Schild mit sieben Rosen hält.<br />

Näheres über die Bedeuten<strong>der</strong>en unter den bisher besprochenen<br />

Völschows aus Stralsund berichten uus <strong>der</strong> zweite und <strong>der</strong> dritte von<br />

Zober herausgegebene Band <strong>der</strong> Stralmudischen Chroniken:<br />

Der älteste Steve! in wohnte am 1^. April 15)60 in dem Hanse<br />

von Herrn Peter Bavemann als nächster Nachbar des Bürgermeisters<br />

Gcuhkow, dessen Tagebuch deu dritten Band dieser Chroniken ausfüllt.<br />

Gcntztow war sowohl mit Steveliu als mit dessen Bru<strong>der</strong> Emanuel<br />

befreundet. Zum :). Oktober 15)6'^ bat Emanucl den Chronisten zu<br />

Gevatter bei eiuem iungeu Sohne, welcher in <strong>der</strong> Iakobikirche auf den<br />

Namen Steveliu getauft wurde. Geuvkow gab eiueu englische» Goldguldeu<br />

als Pateugeld. Am 1U. November war Gcndkow zum Abeudesseu<br />

wie<strong>der</strong> Gast bei Emauuel auf dessen „sehr fleißiges Bitten". Davon hatte<br />

er ^ Schillinge Unkosten, doch wohl au Trinkgeld und lucln au Spiclverlust.<br />

Emanuel Bölsäww beiaß eine Brauerei in Straljund: denn am<br />

19. Dezember 1:"x'»2 beklagte sich ein Brauerkuccht über erlittene Misihaudlungcn<br />

uonseiten des Nl'anuel Voltzkow llud audcrer und daß sie ihn<br />

unter Zurückbehaltcu sciuer Klei<strong>der</strong> weggejagt hätten. Am ^l. ^iai !.^<br />

aber wird Manuel von seinem eigenen Brauerknechte mit einem Beile bedroht,<br />

nachdem dieser ihm seilte Anna geschlagen, verwundet uud „schamfierct".<br />

(5s kaun sich hier nur um eine Tochter des Emanuel haudelu.<br />

Stevelin Völfliww geborte zu deu Ehrengästen bei <strong>der</strong> Ehestiftnng<br />

zwischen Georg Vclqeuhaners Witwe uud des Bürgermeisters Nik. Gennkow<br />

Sohn Johann am :!. März 1563. Dies hin<strong>der</strong>te den Stevelin aber<br />

ulcl't. bei einem Zwist am Abend des ^7. Mai desselben Jahres dem


— 9 —<br />

Sohne Samuel des Bürgermeisters mehrere Biergläser an den Kopf zu<br />

werfen. Diejer Umstand hob den Verkehr zwischen beiden Familien nicht<br />

auf: denn als Johann Gentzkow am '.>. September HochM machte,<br />

entnahm er bei Stcvelin den Etoff zu seinem Gewande. Auch störte es<br />

die Freundschaft nicht, daß Stcvelin lvegen nllbezahller l5>'zl Gnlden für<br />

8 Ellen Gewandes bereits am 5>. ^tlober mahne,! licf^: „ole lende ick (<strong>der</strong><br />

Bürgermeister nämlich) eme fort thor slnild van lllinel urowcn gelde."<br />

Vielmehr verblieb dem Stcvclin anch für die Ankunft die '


- 10 —<br />

berühmte Bibel, welche Bürgermeister Franz Wessel im Jahre 15)5,5 <strong>der</strong><br />

Marienkirche geschenkt batte nnd welche noch heute zu den grössten Schätzen<br />

in <strong>der</strong> Obhut <strong>der</strong> Stadt gehört, ist von dem Gatten <strong>der</strong> Barbara Wessel<br />

ernenert worden. Waisen wir dies Zober selbst beschreiben (Chroniken Hl,<br />

S. 5)11):<br />

„Da <strong>der</strong> dünne grüue Atlas 4K Jahr nach <strong>der</strong> Schenkung schon<br />

zerrissen war, ließ <strong>der</strong> Nat«hcrr Stcvelin Bölschow statte einer Tohns-<br />

tochtcr Frau.z Wessels) die Bibel wie<strong>der</strong>um mit starkem grünen Sammet<br />

überziehen, welchen Überzng sie noch heute als Hülle trägt." Folgende<br />

Worte ans <strong>der</strong> Innenseite des Vor<strong>der</strong>decke!?, in schöner Frattnr geschrieben,<br />

bezeuge» dies:<br />

,.^bwol <strong>der</strong> seliger Bürgermeister Her Frank Wessel diesse Bibel<br />

Anno 1555 by 3. Maricnu Kerckcn vnnde Predigstoel gegellen vlld<br />

doiuals mit groncm siden Atlasch beleben laten: So is dennoch <strong>der</strong> siden<br />

atlasch zn den ^>< jaren daranne sehr torcten gewesen, .heft <strong>der</strong>entwegen<br />

Her ^tcllclinn Bolscholv, ock Vorsteher S. Niclaus Kerckcu, welcker seligen<br />

Her Frallb ^l^escls Sohns Dochter gesieiet, diise Bibel wie<strong>der</strong>ümb tho<br />

gadcs Ehren vund ferner gedechteuisse lnil groncilt Sanunit beteheu laten.<br />

^)iach (5bristi vnscrs icligmachers gebort li',^^, den l«i. Maij.<br />

Stenelin Völschow."<br />

Als dieser Bürgermeister Stevelin V. bereits seine zweite Frau besäst<br />

ans dem alten rngischen Geschlecht <strong>der</strong> Segebade, kaufte er U>^4 seillem<br />

pctuuiär notleidenden Schwager Albrecht Segebade dessen Mut Mohrdorf<br />

und mehrere Hösc in .vwbendorf ab. lIul. v. Bohlen, (Aejch. d. Geschl.<br />

v. Krmsow II. Teil, Seite N>8 Anm.)<br />

I^l Iohanll Pölschow II. wurde 155! als Studeut in Greifs-<br />

wald, im Iuui 15,7)C» als solcher in Rostock und am ^tt. April 1559 in<br />

Wittenberg immatrikuliert; er war 157!^ Beisitzer uud 15ftH Merichtsoogt,<br />

sowie Provisor des Georghospitals, 157^—15^.^ Ratsherr überhaupt und<br />

starb l;V^7—K6. Vou seiuer Frau Margarete, Tochter vou Paul ^cpcl<br />

uud Anna Hanneulanu, besaß er vier Kiu<strong>der</strong>: ^> Iohauu lHans),<br />

dj E man nel, cj Valentin,


Haus in <strong>der</strong> Kuhstraßc gekauft. Der Schreiber des (^wntrum würde ihm<br />

aber deu Titel „Herr" nicht vorenthalten haben, welcher dem Ratsherrn<br />

zukam. Spätere Schicksale von Hans sind nicht bekannt geworden, anch<br />

seine Verehelichung nicht. Er mag jung verstorben o<strong>der</strong> ausgewan<strong>der</strong>t sein.<br />

d) E mannet wurde bei <strong>der</strong> Universität immatrikuliert als Mannet<br />

Wolschow (Irvp^i8^vlilslen8i3 am ^2. Juni 15>tt^; städtisä»er Vinger ivurdc<br />

er Ostern 1d94. Alls scilter Elie mit Dorothea Büm'ow stannnte ein<br />

Sohn Johann Völschow, welcher Burger zu Stralmud n'urdc und sich<br />

mit Nikol. Bock's tu Snalsuud Tochter Maria ehelich verband. — Dem<br />

(5'manucl P. gehörte uach Aussage des Katasters vou !«;!


— 12 —<br />

Helmschmnckes stehen die Buchstaben V. V. Nur Haus siegelt mit einer<br />

echteu Hausmarke, in welcher zwei gekreuzte Gegeustäude auf o<strong>der</strong> vor<br />

einem bestell stehen.<br />

Die einfachste Form des Völschow'schen Wappens, ein Stengel mit<br />

7 Blumen, findet fich iu dem Item 'llir. li^ <strong>der</strong> ^iitolaikirchc zu Greifs,<br />

wald. Der Stein liegt jetzt in <strong>der</strong> Turmhallc; er war mit <strong>der</strong> Zeit in<br />

dell Acsid dcr ^-aluilie ^oruow übergegangen, dalier ist dieser Name in<br />

dell Stcill geincistelt. Einfach ist auch das iu Siebmachers Wappeilbuch V !6,<br />

Tafel IU, dargestellte Wappeu.<br />

N) Über das Denkmal, welches All na Völschow ihrem verstorbenen<br />

Gemahl gefetzt hat, verbreitet sich <strong>der</strong> verstorbene Jultizrat Wllh. Hagemeistcr<br />

in einem anollymen Sondcrabdruck ails <strong>der</strong> „Stralsllndischcn Leitung" nnter<br />

dein Titcl „Ein Gang dnrch die St. Nikolaikirche zu Stralsnnd", Straljund<br />

19s)l, Seite 7: „Es folgt die Hagemeitter'sche Kapelle, welche vom ^andrat<br />

Eman. Hageuleister den gegelllvärtigcli rclchcll Vorbau im Varockstil erhalten<br />

hat. 3ie birgt im Illnern vcrfchicdeile -Kunstwerke. In ihr befindet fich<br />

nämlich das iu schöner Neuaissancc aus 3leiu hergestellte Epitaphium<br />

anf Burgcrmelster Joachim Htllllkon', geb. I.'>l^, s l«il)l, welches ihm<br />

von seiner Witwe Anna Bölschow errichtet wnrde. Oben enthält es in<br />

cmem tlciucreu ^-elde die Aliferstchuug, unteu im Hauptfelde die Krcll^igllng<br />

auf Goldgruud ill Hautrelief, gauz oben, daMischeu lllld llntell biblische<br />

Svrnche, welter llntell aber das Ehepaar kuieeud dargestellt, zu seinen<br />

Seiten die Wappell <strong>der</strong> Familien Klinkow, Bölschow und Stevelin, <strong>der</strong><br />

lekteren als dcrjelligen <strong>der</strong> Htlltter <strong>der</strong> Ehefrau. Gauz uuten steht die<br />

Inschrift, wie gewöhnlich einen kurzen Lebenslauf enthaltend. Unter dem<br />

ganzen Wert befindet sich ein erst in fpäterer Zeit vom Fußboden auf-<br />

gerichteter ^eichenstem, die Ehelemc lebensgroß in Basrelief darstellend."<br />

Dasselbe Sckrntchen erwähnt eine durch das ganze Mittelschiff <strong>der</strong> Kirche<br />

sich hinziehende hölzerne Wappengalerie, welche die Wappen von Äürger-<br />

meistern nnd Natsherren enthält. „Es sind dies die folgenden Wappen,<br />

<strong>der</strong>en Inhaber dnrch die daruuter befindlichen, soweit sie bei <strong>der</strong> letzten<br />

Nestauranou vor etwa 30 Jahren falsch geschrieben, hier berichtigten<br />

Anfangsbuchstaben ihres Namens bezeichnet werden: . . . . In den vier<br />

ersten Abteilungen <strong>der</strong> Nordseite <strong>der</strong> Galerie vom Hochaltcr ans (Seite ^)):<br />

l-t. k. V.. das m Herr 3tcvelin völschow, ^atsh. 15)7^, f lf)


städtischen Bürger vom Jahre l5>94 mit Martin, dem Sohne des „seligen<br />

Hennings" verwechselt. Ist jemand seit sechs Jahren Natmann, so muß er<br />

das Bürgerrecht mindestens sechs Jahre früher erworben haben! Martin,<br />

Johanns Sohn, war Provisor des Heiligen (Aeist-. nnd (Ncorg-Hospitals<br />

und von !M7 bis llNA Bürgermeister: im Jahre 1l'>1^ wurde er auch<br />

noch (^0N3lliariu5 ^rcivlnciil.Ii^ dis er am ^. Juli 1li:i <strong>der</strong> Tochter Elisabeth von Martin<br />

Henning Völichow, <strong>der</strong> vcrwitwetell Jochim Tiede'sche.<br />

Hautz voltschow dt. m fi. jetzt etwa Knopfstr, Nr. 29.<br />

H. karten völtschow dt. 2^2 fi. ^ Markt Nr. 14.<br />

Voeckstrate rechter Handt vp<br />

Vorchart völtzkov dt. 2'/2 fi.<br />

6lollM8) eju8(l^ltt dt. 2'/2 fi.<br />

Diese in <strong>der</strong> Fleischcrstraße gelegenen Grundstücke wurden durch die<br />

Beschießung vonseiten des Großen Kurfürsten später „6rde gleich" gemacht.


— 14 —<br />

lincker Handt vp<br />


- 15 -<br />

k) Stevelin V. wurde Kaufmann in Stralsnnd. Alts seiner Elie<br />

mit Barbara Schwarz, Tochter des Straljunoer Ratsherrn Carstelt<br />

Schwarz, stammten namentlich Martin Bölschow, vermählt mit<br />

Margar. Niemanu, und ein Sohn ans des letzteren Ehe: Steoeliu V.,<br />

geboren 1627, ferner Georg V., gestorben als KaliflnallN in 2tralsnnd<br />

162i). Ill dell „Nachrichten^' voll Dinuies werden noch Mei weitere<br />

Kin<strong>der</strong> von Slevelin angeführt: Barbara illld Christian. Auch wird<br />

dort als Frau des Kaufmanns l^eorg V. Margarete ^tath'ack (!4)<br />

genannt, Jak. Völlers Witwe ^ 16^4>.<br />

c> Sanlllel ^. wird nur in <strong>der</strong> Genealogie voll Dinnies erwähn!.<br />

Bürgermeister Hiarti ns zweite Ehe hatte einen ähnlichen<br />

Kin<strong>der</strong>segen anzuweisen als die erste. Ins Gewicht fallen voll den Kmdcru<br />

aber nur 2.) ocr spätere Ratsherr Joilla B., zeit !l:l.lt.il,i<br />

(?6rt.l'uc^3.6 ^nF6lt^ei'c!lt)3 rilius; viflu8 V.lllell^^^/' —<br />

Beim Einrücken <strong>der</strong> feindlichen Kavallerie im ^jährigen Kriege, am<br />

^l). November 1627, erhielt <strong>der</strong> Oberst Joh. Wrat. v. Pcrnstcin ill<br />

Iosuas Hause sein Quartier lBalt. 3lud. XV, l, 11


- 16 ^<br />

Es mögen verschiedene Gründe zusammentreffen, durch welche die Zahlungs-<br />

fähigkeit des Iosua beeinträchtigt wurde. Nach einer Meldung des k^ros. Ili^tor.<br />

Hans Matthias Velschow (->- l^^) zu Kopenhageu, scheiubar aus einem<br />

^cläienprogranlm von Ioach. Gerjchow, wurde Iojua am ^^. Oktober ls>^2<br />

geboren. Er besuchte nicht uur deutsche Universitäten, son<strong>der</strong>n auch Italieu,<br />

Frankreich und England, bevor er sich in seiner Vaterstadt nie<strong>der</strong>ließ.<br />

Teine Ansbildnng hatte somit viel Geld gekostet. Dann trat er in ein<br />

Gemeinwesen ein, anfangs wohl ohne jede amtliche Stellung, welches durch<br />

die Uuguust <strong>der</strong> Zetteu, den Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> Hansa nnd nicht zuletzt durch<br />

die erbitterten Kämpfe, welche <strong>der</strong> Landesherr Herzog Philipp Julius gegen<br />

die Städte seines eigenen Vandes Pommern^Wolgast geführt hatte, zurück-<br />

ging. Hinzu trat später erschwereud <strong>der</strong> Druck, welchen <strong>der</strong> A5> jährige Krieg<br />

o<strong>der</strong> nach seinen eigenen Worten die lei<strong>der</strong> eingefallene Kaiserliche Armee und<br />

die daranf erfolgte Einquartierung hervorrufen mußten. Der Orimm <strong>der</strong><br />

Kaiserlichen mag ihn beson<strong>der</strong>s gedruckt habeu, weil ihm N)^i> als Stadt-<br />

kriegokommissar die Werbuug, Ausrüstung und Löhnung von Söldnern oblag.<br />

Eine akteilgemäne Darstelluug vou Iomas Verlegenheiten bringt <strong>der</strong> bisherige<br />

Bürgermeister 5)) Dl-. Sälulkc iu „beschichte <strong>der</strong> Stiftungen<br />

städtischen Patronates", <strong>Greifswald</strong> IN'.i'.l, S. 1i>^. Über die hereill'<br />

brechende Katastrophe heistt es hier: ..Voll Ni:;? au bis zn seinem lll44<br />

erfolgten Tode ^vergleiche oben !


Aapttel Ili.<br />

Henning Völschow und seine ßrben.<br />

Dak dieser Abschnitt überhaupt nie<strong>der</strong>geschrieben werden konnte, verdanken<br />

wir zumeist dem Bienenfleiß des am 13. Dezember 1W4 verstorbenen<br />

Professors Pyl, aber anch <strong>der</strong> Herausgabe <strong>der</strong> älteren Universitätsmatlltcln<br />

durch Ernst Friedlaen<strong>der</strong>.<br />

Henning, welcher das städtische Bürgerrecht 1545) erwarb, war<br />

Kaufmann zn Grcifswald. Ans seiner Ede mit Margarcta Hanncmann<br />

stammten die Söhne Joachim und Ä)^artin, sowie die fünf Töchter:<br />

Anna, -9!^, vermählt mit dem !


— 18 —<br />

hafter Testaments-Verwaltung des letzteren, infolge dessen Margarete V.<br />

dem Testamente eine Obligation vom 33. Juni 1581 über 20i) Mk. aus-<br />

stellte, mit Bürgschaft ihres Schwiegersohnes (nicht Schwagers, wie dort<br />

gedruckt steht) Georg Gröneberg und ihrer beiden Söhne Joachim und<br />

Martin Völschow. Copie." — Es ist wohl mit Sicherheit anzunehmen,<br />

daß mit Joachim, Hennings Sohn, jener Student Joachim V.<br />

gemeint ist, welcher den 23. September 15)(i^ das akademische Bürgerrecht<br />

erwarb. Sein Bru<strong>der</strong> Martin gewann nach des Vaters Tode (..Martin<br />

Voltzkow seligen Hennings Sone foetus e8t. civi^") das städtische Burger-<br />

recht im Jahre 1594. Er ließ sich dann als Gastwirt in seiner Vater-<br />

stadt am Markte nie<strong>der</strong>. Hier erlebte er eine sehr aufregende<br />

Zeit: Am k. Januar 16M hielt <strong>der</strong> Herzog Philipp Julius mit seiner<br />

Mutter und seinen vornehmsten Räten unter dem Schuhe vou 100 Berittenen<br />

seinen Einzug in die Stadt, um die Beschwerden <strong>der</strong> Bürgerschaft gegen<br />

den Nat zu prüfen und danach tief einschneidende Maßregeln zu treffen.<br />

Er stieg bei dem damaligen Ratsherrn Martin Völschow, dem späteren<br />

Bürgermeister ab, wahrend seine Mutter bei Manms Schwager Georg<br />

Engelbreckt Quartier nahm. Wer den Herzog Philipp Julius aktenmäßig<br />

kennt, weiß, daß seine Anwesenheit in <strong>der</strong> Stadt für die alten Geschlechter<br />

eine sehr aufregende gewesen sein muß, so sehr die Bürgerschaft auch Ursache<br />

haben mochte, mit <strong>der</strong> gegenwärtigen Stadtverwaltung und mit dem Nate<br />

unzufrieden zu sein. Mehrere Ratsherren und Provisoren wurden von dem<br />

Herzog gcmaßregelt; <strong>der</strong> Bürgermeister Smitcrlow, ein Schwager des Gast-<br />

wirts Völschow, verlor sein Amt und mußte flleheu, denn: ,,rur6U8 prokikitus<br />

65t. 8upl'lniotHtu8 00ll8u1 8uri86!liitj clu^ll)U8 cnmminawril^, lvie es in<br />

dem Berichte des Dctans Prof. Grabow über den Anfang des Jahres 1007<br />

heißt. Smiterlow starb am 20. Mai 1607. Es wird auch tein bloßer<br />

Zufall gewesen sein, daß <strong>der</strong> Rektoratsbericht von ll;0


— l9 —<br />

berufsmäßiger Gastwirt sii08p68 meriwrius) war, wird ein bedeuten<strong>der</strong><br />

Teil des herzoglichen Gefolges bei ihm Aufnahme gefunden haben. Dies<br />

mag wie<strong>der</strong> eine bedeutende Arbeitshäufung und gewiß viel Ärger verursacht<br />

haben.<br />

Lei<strong>der</strong> war diese Arbeit noch nicht genug altsgereift, um die Frage<br />

des nunmehr verstorbenen Iustlzrats Kirchhofs, ob nicht mindestens eins<br />

<strong>der</strong> drei berühmten GiebeltMjer am Markte <strong>der</strong> Familie Völschow gehört<br />

habe, überhaupt beantworten zu tönncn. Seine Anfzcichnuugen werden<br />

noch erhalten sein. Durch Kombinationen dieser mit unseren bisherigen<br />

Bemerkungen über Völschow'sche Häuser am Markte mögen noch einmal<br />

sicherere Schlüsse zu machen sein. Der I'iMliooliouu wohnte etwa an <strong>der</strong><br />

Stelle des Hotel du Nord.<br />

Aapitel IV.<br />

Martin Völsckow ll. und seine chrben.<br />

Zugleich mit seinen beiden Brü<strong>der</strong>n Hans uud Henning wurde<br />

„Märten Voltzkow" Michaelis 1545 in das Bürgerbuch eingeschrieben.<br />

Er war wohl älter als Henning; daher erhielt er wohl von seinem Vater<br />

dessen Haus am Fnchmarkte. Städtischer Ratsherr war er seit seiner Wahl<br />

am W. September js)l,1 fast dreißig Jahre bis zu seinem Tode im Frühjahr<br />

li>90. Über sein Grundstück erhalten wir anßer <strong>der</strong> obigen Mitteilung<br />

aus dem Stadtbuche Nr. XVII, lol. 92 noch zwei Nachrichten aus den<br />

Universitätsmatrikeln: Am Ll). Mai 1561 wurden fünf Arbeiter in seinem<br />

Wohnhause unter den Trümmern seines im Neubau begriffenen Vorrats-<br />

Zimmers o<strong>der</strong> -Kellers verschüttet, von denen nur zwei mit dem Vcben<br />

davon kamen. Sodann wurden in <strong>der</strong> Nähe seines Gartens an <strong>der</strong> Stadtmauer<br />

anno 1564 zwei atadennsche Wohnhäuser wie<strong>der</strong>hergestellt: das des<br />

Dekans und das des Theologen und zwar durch den Magistrat „mwi-cecionw<br />

twk)rit)ä.tO prmmpum." In dieser Gegend ungefähr besass sein Nachkomme<br />

Moevius Bölschow 14s) Jahre jpatcr recht bedeutende Gartengrundstücke:<br />

fünf ganze „Hofstelleu" nebst dazu gehörigem Gartenland.<br />

Martins Nachkommenschaft ist sowohl nach ihrem Werte als nach<br />

ihrer Zahl reckt bedeutsam. Unter den männlichen Deszendenten begegnen<br />

wir einigen, <strong>der</strong>en Nuf weit über Pommern hinausrcicktc; seine weiblichen<br />

Nachkommen heirateten ähnlich wie diejenigen seiner Bru<strong>der</strong>, in die edelsten<br />

Geschlechter. Er selbst lst dadurch in semer Vaterstadt bekannt geblieben,<br />

daß er „in Gemeinschaft mit Kaspar Corswant und Peter Gruwel die<br />

Marienkirche mit <strong>der</strong> noch erhaltenen Kanzel geschmückt hat, infolge dessen


— 20 —<br />

ihre drei Wappen an <strong>der</strong>selben angebracht wurden." Das Wappen von<br />

Martin V. stellt einen ÄlumenMeig in einem Schilde dar, welcher von<br />

einer Iungfran hochgehalten wird; hinzugefügt ist <strong>der</strong> Wahlspruch: ,,ss.!, 5l


— 21 -<br />

ist bestimmt schon im Jahre 15^,1 geboren. Nach Pnl hat Martin II.<br />

auch eine Gruft nebst Stein in <strong>der</strong> Marienkirche erworben. Martins<br />

ererbtes o<strong>der</strong> vom Pater ilun geschenktes Hans lag aber im Gebiet <strong>der</strong><br />

Nikolaikirche.<br />

Das große Bammelwerk „Eiebmachers Wavpcnbuch" hat in Bd. V,<br />

Abt. NI, Seite 17, Tafel 19, erschienen l6ktt, das Wavpen <strong>der</strong> ..bürgerlichen^<br />

Familie (Patrizierfamilie) Völschow nnd gerade dasjenige dieses<br />

Martin so dargestellt, daß im Wavpcnfelde ein slachliegen<strong>der</strong> Zweig erscheint,<br />

aus welchem fünf Blumen aufsprießen, während über dem Helmc drei Blumen<br />

sichtbar sind.<br />

Als Kuriosum sei nur erwähnt, daß in dem (Gedicht ..I.i!»ri 8miter><br />

Is>vig.äuln" (die Origiualhandschrift befindet sich ill <strong>der</strong> Natsbibliothek zu<br />

Stralsund), verfaßt 15)^0 durch Christian Zmiterlow IV.. die Abstammung<br />

<strong>der</strong> Familie Völschow auf die — Bolslcr im alten Italien zurückgeführt<br />

wird.<br />

Also Martin halte zwei Frauen: 1. Elisabeth und 2. Regina.<br />

Erstere war Tochter des Bürgermeisters M. Burchard Beckmaun, letztere<br />

Tochter des Ratsherrn Joachim Engelbrecht II. Elisabeth ist wcchrschemlich<br />

schon vor dem Jahre 1591, indem sie ihm zwei Töchter hinterließ.<br />

Ans <strong>der</strong> ersten Elie Martins mn Elnab. Beckmann zählen<br />

wir die Kin<strong>der</strong>: ^) Burkhard, li) Anna, s'» Christoph, D) Gertrud,<br />

L) Regina, ^> Elisabeth. (>/?«^<br />

^) Aurchard V., geboren 1512, 7 j!^r> wollte studiereu, er wurde<br />

auch am lll. April 15N4 als „Vorchardus ^oll5to" iu die Uuiversitätsmatrikel<br />

eingetragen. Allein er wnrde durch Unu'tände gezwungen, Kaufmann<br />

zu werdeu. Das städtische Bürgerrecht erlaugte er Ostern l5>94.<br />

Später wurde er von seiner Vaterstadt mit <strong>der</strong> Aumcht über die Handhabung<br />

<strong>der</strong> Maße und (Gewichte betraut (I^mierilmä pu!)llc.i8 prnctixulz<br />

e^t). Im Jahre 1575 vermählte er sich mit Anna Schlichtkrull (s !5)i»7),<br />

<strong>der</strong> Witwe des Johann Tcssin. Sie gebar ihm 3 Töhnc llnd 5 Töchter:<br />

a> (^eorg wurde am A. Juli lttM Bürger und Kaufmann zu<br />

Stettin (Stettiner Aurgerbtlch anno 1604. sowie schriftliche Auskunft des<br />

Geh. Archivrat v. Bulow zu Stettin);<br />

d) Johann starb jung;<br />

c> Burchard blieb sett einer 3eereise nach Spanien und Ostindien<br />

verschollen, seit 1613;<br />

6) Anna starb bald nach ihrer Geburt;<br />

e) eine Ersatzlchwester Anua starb 1599 au <strong>der</strong> Pest;


— 32 —<br />

l) Elisabeth verehelichte sich mit Nikol. Schwanebeck, Pastor in<br />

bei Anklam;<br />

3) Regina ur"t m einen Ehebund mit Kaufmann Jak. Stiveleben<br />

zu Anklam; , < ' '<br />

k) Ilsabe ließ sich mit Kaufmann Nikol. Neumann in <strong>Greifswald</strong><br />

kopulieren.<br />

fi) Anna heiratete in erster Ehe den Ratsherrn und späteren Bürgermeister<br />

(bis 15)9« 5) Joachim Erich I. Seit 1l>08 war sie Ehefrau des<br />

Ratsherrn (seit 1610) nnd Bürgermeisters (1624, in welchem Jahre er<br />

bereits am 20. Oktober starb) Johann Sdunek.<br />

Über Oertrud heiratete den Bürger Martin Erich, einen Bru<strong>der</strong> des<br />

Bürgermeisters Ioach. Erich I.<br />

N> Regina (f U;^) ehelichte den Ratsherrn und Provisor <strong>der</strong><br />

Nilolaikirche Erich Schlichtkrnll (1" 1


— 23 —<br />

Das erste Kind von Joachim nnd Sibylla scheint Negina gewesen<br />

zu sein, geboren am 4. August 15^2 und gestorben im Januar KNl).<br />

Ihr erster Gatte wurde 15W Joachim Vrunnemann, weläu-r als Bnrger-<br />

meister 1603 starb. Ein Sohn aus dieser Ehe war <strong>der</strong> vielseitig gebildete<br />

und berühmte Dominus Petrns Brunnemann, welcher namentlich am<br />

dänischen Hofe freien Zutritt hatte.<br />

Reginas zweiter Gatte war Christian Sckwarz, 001,81'iii arcani in<br />

^ula Ducici 5)t^till6il8i ^l?56880r nnd später ^o"!ltl>r (^lv^ili^waläon^if,<br />

(161s)—3l), von 1031 an Bürgermeister zn Greiftwald (7 164.^). Diese<br />

zweite Ehe wnroe am 3. Januar 16


— 24 —<br />

Am 16. Juni 1631 wird die Stadt lHreifswald wie<strong>der</strong> den<br />

Schweden zurückgegeben, nachdem <strong>der</strong> Kaiserliche Oberst Perusius bei<br />

einem Ausfalle erschossen worden ist. Der König Gustav Adolf besucht<br />

selbst die Stadt, und Joachim Voli'chow hält die Begrüßungsrede, welche<br />

von dem Könige in einer kräftigen lateinischen Rede erwi<strong>der</strong>t wird.<br />

Über Joachims WM zum kector mHAmticuL berichtet die<br />

Matrikel (Friedlän<strong>der</strong> I, nlD): ^rmo Domini 1636, 3. Ocwdi-18 rec>tm'<br />

en^ ^1eetu8 et 10. Novemln-izz cleol^r3.tu8 68t<br />

in8crif)tu8 1606, 13. .lanuarii) i. u. ä. et<br />

Am 4. Dezember 1636 wurde er vom Herzog Vogislav in<br />

eine erledigte Professur <strong>der</strong> juridischen Fakultät berufen und ani Ende<br />

dieses Monats auch von <strong>der</strong> Fakultät aufgenommen. In <strong>der</strong> Folge war<br />

er noch oft Dekan <strong>der</strong> juridischen Fakultät und noch zweimal Rektor <strong>der</strong><br />

Universität. Seine lehte Wahl zum Rektor fand am 26. Oktober 1644<br />

statt. Bei Aufzählung <strong>der</strong> Professore«, welche eiu festes Gehalt bezogen,<br />

wird er einmal als „


— 25 —<br />

Der spätere ^cneralsuperintendent Maevius Völschow o<strong>der</strong><br />

latinisiert „Vokclwviu^, wilrde am 7. Mai 15««') als das dritte Kind<br />

und früher als Joachim geboren. Nach <strong>der</strong> üblichen Schulzeit in Stralsnnd<br />

wurde er den 19. Mai 1ll04 in Nreifswald als Student angenommen.<br />

Hier stndierte er Mathematik unter Johann Wegeucr, später war er auf<br />

dem akademischen Gymnaslnm in Stettin i1 als<br />

Professor matkemiUum uach <strong>Greifswald</strong> bcrufeu wurde. (5r führte dies<br />

Amt drei Jahre lang und gab viele mathematische Abhandlungen heraus<br />

(Dälmert, Pommerschc Bibliothek 3. Band, Seite .^.",). Da er sich anch<br />

<strong>der</strong> Theologie beflissen hatte, so ward er KN5) Präpositus zu Verben<br />

auf Rügen, dann K',22 Präpositus zu Demmiu, l25) erhalten während<br />

seines Pastorats zu Demmiu. Cm Jahr später, am 1. März 10^. Februar<br />

155 erward er deu Grad eitles I.icentiltt,i8 .jüt-is, so erschall er auch als<br />

Zeuge am 17. September 1»ii)7. Schließlich wurde er im Jahre l) eine ganze Anzahl von<br />

Akten erhalten geblieben, ans denen nachstehend geschöpft ist: In seinem<br />

Gesuche an den brandenburgischcu Kurfürsten bekennt „Fri<strong>der</strong>ich Volschow",<br />

vor etlichen Iahrcu zu <strong>der</strong> reformierten Kirche übelgclrcteu zu sein und<br />

dadurch Mißhelligkeitcn mit seinen streng lutherischen Anverwandten erzeugt<br />

zu haben. — Bctauutlich war sein Bater Moeoius ein Hauptstreiler für<br />

') Wenn die Schwester EibyNa wirklich, wie behauptet wird, ani 2. November<br />

1584 geboren ist, so gerat dk' Aligabe <strong>der</strong> gedruckten Universitäts-Matrikcl I 593<br />

mit den Naturgesehen in Wi<strong>der</strong>spruch, wenn sie den 20. April 1585 als Geburtstag<br />

des Maevius in Anspruch nimmt.


das lutherische Bekenntnis und ein beson<strong>der</strong>er Eiferer gegen die vielen<br />

Calvinischen „Dockmäuser und an<strong>der</strong>e Irrlehrer!" — „Wann dannenhero",<br />

schreibt <strong>der</strong> Bittsteller, „mir leine HMmng in meinem Vatterlande in<br />

solcher maßen und Stande geduldet zn werden, noch bey dem Meinigen<br />

ohne vnerträgliche Verfolgung zu bleiben einigst Absehen haben kann:<br />

Danenhero ick lieber alhier mit geringer Gelegenheit nach Gottes Willen<br />

vorlicb nehmen wolte. Worzu sich dan auch auff Vorschlag meiner alhie<br />

geneigten freunde beiden Pröbste in Berlin nnd Cölln, auch ^1s^ts>rkli8<br />

Kchn8 6^nmÄ8ii likcwrig recommkll^l^ion eine Gelegenheit bey dem<br />

Pyritz- und Sahischeu Burg Gerichte, <strong>der</strong> Va^n^ des 8ocrot.nriaw3<br />

ereuqnet." — Daranf wird dnrch kurfürstliche „Bestalluug" vom 9. Dezember<br />

N)»)7 „<strong>der</strong> I^e^ntilitng l^Vislericli Vol^c^n^iuL wegen seiner Unß gerühmeten<br />

gutteu ^rn^ition und (^iil^1ltlit6n zu einem Bnrggerichts 8o(^rotg.r'l0 des<br />

Piritzscheu nnd Satziger Crcysies gncdigst bestellet." Ein zweites kurfürst-<br />

liches Neskript geht gleichzeitig an den „Hofgerichtsrat uud Burgrichter zu<br />

Pirift und Sahig, Henrich von Guntersbcrg" mit dem Befehl, „gedachten<br />

Volsclwvium in die gewöhnliche Eydespslicht zu nehmen und zu diesiem<br />

Dienst zu gebrauchen." — Die Alten erzählen weiter, daß Bölschow sich<br />

durch die Gegnerschaft und den Wi<strong>der</strong>stand des Rcmmeisters Paris, welcher<br />

nebenamtlich das Sekretariat verwaltet hatte, in seilten Einnahmen nnd<br />

auch au sciucr Wolinungsqelcqenhcit geschädigt fühlte. Auch seine Besoldung<br />

aus dem Amte Satzig ging einmal nicht ein. Alle diese erwiesenen Schäden<br />

wurden von <strong>der</strong> Regierung beseitigt, die Gehaltsentziehung namentlich durch<br />

ein kurfürstliches Rcskript au die Amtskammer l^ d.uo Grimnih den<br />

4. August 1671. Seit einer Beschwerde <strong>der</strong> Schulzen aus dem Amte<br />

Satzig über Eigenmächtigkeiten des Nentmeisters („Bericht <strong>der</strong> Hiuter-<br />

pommerschen Commissarien" Stargard den 14. April 16^2) wird <strong>der</strong><br />

Nculmeincr nicht mehr erwähnt. Iedeufalls hatte Pölschow seitdem Nuhe.<br />

Bald aber stellt sich ein an<strong>der</strong>es Hillhebetnirsuis bei ihm eiu: das des<br />

Siechtums nach vielen Strapazen, wozu auch die Kriegsdraugsale beitrugen.<br />

Und er erreicht es durch ein Gesuch vom Jahre l


27 —<br />

und verehelichte sich noch am 23. April 1691 mit Katharina Elisabeth<br />

Hoffmann. Im Jahre 1699 starb er.<br />

4. Katharina. Sie starb 3 Jahre nach ihrer Verehelichung mit<br />

dem Pastor Jak. Runge zu Gingst im Jahre 1037.<br />

5. Regina, jung gestorben.<br />

Nachdem Ursula 162!) gestorben war, ging Moevins V. im Jahre<br />

1631 eine neue Ehe ein mit Iliade Krakevitz, einer Tochter des Professors<br />

und Generalsuperintendenten Barthold Krakcviy. Alls dieser Ehe stammen<br />

die Kin<strong>der</strong>:<br />

1. Christoph, immatrikuliert mit zwei Söhnen erster Ehe gleichzeitig<br />

am 15. August 1639. Er hat seinen Vater überlebt.<br />

2. Barthold, noch vor dem Vater gestorben.<br />

3. M oevius, später als 8truc^uarni8 ^cklislm^s von seinen Kin<strong>der</strong>n<br />

beerbt. Er sowohl wie sein nächstfolgen<strong>der</strong> Brndcr Daniel werden am<br />

5. Oktober gratis immatrikuliert und zwar als Knaben i,.lwn M-urullt pu6l-i">.<br />

4. Daniel. Er überlebt den Vater nach dein Zengnis von<br />

I. H. Balthasar nickt. Von an<strong>der</strong>en Teilen aber wird ein Wandschncidcr<br />

Daniel V. als Sohn des Oencralmperintendenten Mevins V. ansqegebcn,<br />

wie weiter unten bei den Nachkommen des Ratsherrn Johann eingehend<br />

erörtert werden wird.<br />

5. Margarete (5 1676), Gattin des Diakonen kl. Nik. Alberti<br />

zu St. Nikolai in <strong>Greifswald</strong>.<br />

6. Ursula, nur kurze Zeit am Veben.<br />

7. Regina. Sie lebt noch bei dem Tode des Vaters, welcher am<br />

8. Juli 1650 erfolgte. Bestattet wurde Moevins Völschow <strong>der</strong> Vater am<br />

13. Juli 1650 in St. Nikolai. Die ausführlichste ^ebcnebeschrcionng über<br />

ihn hat außer Zedlers Universal-Lexikoll Joh. Heinr. Balthasar geliefert in<br />

seiner II. Sammlung zur pommm'chen Knchenhistorie gehöriger Schriften<br />

^<strong>Greifswald</strong> 17^5 in 4", Seite 6tt>4 ff.). In Dcminin erlebte Mcvius<br />

Völschow die Greuel des 30jährigen Krieges an sich selbst, wie Christian<br />

Schöttgen in seinem Werke „Altes und Neues Pommern" anschaulich<br />

beschreibt. Diese Beschreibung ist mitgeteilt in Stolle, Geschichte von<br />

Demmin, Seite 7N. Volkstümlich und doch wissenschaftlich geartet,<br />

namentlich das Streben und die Leistungen des Mevins betonend, ist seine<br />

Lebensbeschreibung auf Seite 55 bis 61 <strong>der</strong> „Beiträge zur Kulturgeschichte<br />

<strong>der</strong> Stadt Demmin von Franz Müller." Dcmmin 19^.<br />

Die Brustbil<strong>der</strong> des Konsistorial-Direktors Joachim und des Generalsuperintendenten<br />

Mevins V. sind noch heute im Besitze <strong>der</strong> Universität zu<br />

Grcifswald und in photographischer Wie<strong>der</strong>gabe, 9X !2 Zoll im Umfange,<br />

im Befitze a> des Professors Alfred Voelhkow zu Berlin, !)) <strong>der</strong> Erben von<br />

F. A. Velschow in Kopenhagen.


— 28 -<br />

Es erübrigt noch, aus <strong>der</strong> Familie des Generalsllperintendenten auf<br />

die zwei durch Kiu<strong>der</strong> beerbten Sohne Joachim erster Ehe nnd Mevius<br />

zweiter Ehe sowie auf ihre Erden näher einzugehen:<br />

I. Joachim, geboren 1616 zu Bergen, als Student zu <strong>Greifswald</strong><br />

eingetragen am 20. Äiai 16?,0, zu Stettin 1633, zu Rostock erst Michaelis<br />

1639, wird 1619 Pastor zu Altenkirchen auf Rügen und stirbt dort 1675.<br />

Näheres über ihn berichtet mit <strong>der</strong> ihm eigenen Drastik Wackcnro<strong>der</strong> in<br />

„Altes und nenes Nügeu" vom Jahre 1732 Seite 371. Aus seiuer Ehe<br />

mit Margaret«, Tochter des Pastors Daniel Svalkhawer zu Wieck, stammen<br />

die Sohne:<br />

«) Maevius, welcher in Kriegsdienste trat. Nicht identisch war er<br />

mit dem Seifensie<strong>der</strong> Maevius Joachim Völschow 1699 zu Kolbcrg. letzterer<br />

stammte aus Auklam.<br />

^) Daniel, Bürger und Brauer zu Bergen, vermählt mit Anna<br />

Wackenro<strong>der</strong>. Von ihm stammt ein Sohn Joachim, von welchem es m<br />

<strong>der</strong> l^reifswal<strong>der</strong> Universitäts-Matrikel hciftt: „20. ^pril 1703 Joachim<br />

Vi'iec'swving ^orssas-Ru^muL 1^.. 1^». 8Ul6lo3U3 juruvit..^<br />

7) Joachim, welcher Jura studiert (immatr. 28. September 16N0<br />

zu (hreifswald) uud sich zu Anklam nie<strong>der</strong>läßt.<br />

e)) Io hanu Friedriäi, als I^um ^tusli^n« am 14. Oktober 16ttl<br />

zn (^reiftwald imlnatriknliert (llcclit 2 fl.). Er bleibt in <strong>der</strong> Lchlacht bei<br />

Flenrns im Jahre 1690.<br />

c) Jakob, Herbergiercr bei Anklam.<br />

II. ^ml Meoins Völ'chow heißt es im Album <strong>der</strong> Universität:<br />

,,3. ^l:viu8 V., :c^l. 1649^ ii!^'i-iptu8.<br />

lloc» tempro jur^vit niliilczup liesiit." Er wird 8tructlmriu3 und pi-o^ur^wr<br />

<strong>der</strong> Universität im Jahre 1669, er stirbt als solcher im Mai 1707;<br />

daneben war er während <strong>der</strong> Jahre 1697 bis 17n5 städtischer Senator.<br />

Diese Doppelstellmig in städtischen und akademischen Diensten erregte im<br />

Ratskollcgium viel Streit, <strong>der</strong> erst durch den König Karl Xll. beigelegt<br />

werden mußte. Mevins war zweimal verheiratet: zuerst seit 1672 mit<br />

Katharina Backmann lf 1692), Tochter des Kaufmanns und Provisors<br />

<strong>der</strong> Iatobikirche Georg Backmann, sodann seit 1696 mit Anna Corswant,<br />

Tochter voli Peter Corswant, Ratsherrn <strong>der</strong> Stadt Stralmnd ^1673—9ii).<br />

Aus erster Ehe stammen d'e Kin<strong>der</strong>:<br />

«) Moe vius, Hofgerichtsadvokat (^voantus et ^rocurator re^ii<br />

Vi>n5w!-ij) zu (Nreiföwald. Er hat ebenso wie sein Bru<strong>der</strong> (Neorg eine<br />

Art Abiturieuteuexamen im Jahre 16^6 abgelegt. Am 2. Oktober 1693<br />

wurde er als Student in das Albnm dkl Universität eingetragen „wegen<br />

<strong>der</strong> Verdienste seines Vaters/'


— 29 —<br />

/3) Georg. Dieser wird am 3. Juli 1699 zu Wreifswald immatrikuliert;<br />

später geht er in den Militärdienst.<br />

^) Varthold. Da die Immatrikulation für die Kin<strong>der</strong> von<br />

Professoren und akademischen Beamten cine unentgeltliche war, so wurde von<br />

den Bätern von dem ihnen zustehenden Rechte oft Gebrauch gemacht, weun<br />

die Söhne noch nicht das stndieufahige Alter erreicht hatten. Auck Bart:<br />

hold wurde als Knabe am x. November lM immatrikuliert. Er wnrde<br />

Kanfmann und wohnte in einem Hause <strong>der</strong> Vaugeustras^e zwischen Not'<br />

gerberstraße nnd Kapaunenstraße zum mindesten in dcr Zeit uou !7l6<br />

bis 1728. Es ist möglich, daß er dasselbe ganze Erbe bewohnte, welches<br />

nach dem Katastrum ini Jahre 1616 Hcrr Joachim V. und im Jahre<br />

1704 sein Bater Moevius besaß. Im Jahre l«i^O war es uubewohut.<br />

In <strong>der</strong> I^u«t.l-atio von 1704 wird auch eiu ueugebautes Haus des Herru<br />

Vloevius Pölschow in <strong>der</strong> Kapaimenstraße erwähnt au Stelle vou zwei<br />

halben uubewohutcn Erben, so „a«. N>7^ in <strong>der</strong> attaque abgebranndt".<br />

In <strong>der</strong> Kapannenstraße lag auch 1704 Daniel Böliäwws karten („drei<br />

halbe Hofstellen und Garten"). In dein Scelenregister <strong>der</strong> Inhre l717<br />

und 171^) heistt es aus dem Bezirk <strong>der</strong> Kapauneustrasie: „Bartoldus<br />

Pölschow ein Kallfmann: ein Hausvater, eiue Hausfrau, zwei Mägde."<br />

Seine verwitwete Mutter wohnte in jenen Jahren iu <strong>der</strong> ^,n1»strasic, uud<br />

in dem Hause daneben wohnte „Fran Bürgermeister voll Eorywant nebst<br />

<strong>der</strong>o Herrn Sohn und dem Not(arins) Hserru^ Nioevius Völschow," d. h.<br />

Bartholds Bru<strong>der</strong>. Söhne scheint Barthold nicht besessen zu habeu. Die<br />

Kirchenbücher von St. Iakobi, wohin er eingepsarrt war und woselbst er<br />

im Jahre 1716 als Kirchenprovisor seines Amtes waltete, neuueu uur zwei<br />

Töchter, von denen die am 16. März 1713 getanfte Barbara am<br />

LN. November 1736 mit Herrn Johann Böttichcr, Rettor <strong>der</strong> Schule zu<br />

Wolgast, kopuliert wurde. Der Küster voll St. Jakobi hat das Todesjahr<br />

von Barthold nicht entdecken können. Nun wird unter dell Stadtverordneten<br />

von <strong>Greifswald</strong> ein Bartholomäus Völschow lm Jahre 17l7 als „Fuuf^g-<br />

mann" Ulld 17^6 als „Achtmauu" genannt. Es liegt nahe, daji Barthold<br />

auch hiermit gemeint ist.<br />

Die Doppelstelluug feines Vaters teils und ursprünglich als akademischer<br />

Bürger und Beamter, teils später als städtlicher Ratsherr uud deshalb<br />

auch städtischer Bürger sollte dem Barthold noch eilte kleine Verlegenheit<br />

schaffen, wie ans dem Memorabilieubuch <strong>der</strong> Stadt <strong>Greifswald</strong> Nr. i^9<br />

(o<strong>der</strong> Aürgerbuch von 1672 bis 17W) hervorgeht, welches auch sonst noch<br />

unsere Kenntnis von Bartholds ?ebeu bereichert:<br />

„^.imo 170tt den 7. September l'lvi^ lactu5 65d fiül-tlwilinF<br />

VölZedou, Oivl8 et 86ria.tori8 l^,liri8, ein Kauff-Mann, «n1> Ll.16 r.Ui<br />

E. Edlen Rahts et (Ävium, im Ersten Stande, rt. ll^cliU


1. an Bürger-Gelde 16 fl.<br />

— 30 -<br />

2. zu E. E. Natits ?i-2.e»6nt 3 fl.<br />

3. zur Rust-Cammer 2 st. 16 ßl. 6t ^u<br />

Sein Beystände war Hr. Johann Warnecke, alsi dcßen H. Schwieger-Vater.<br />

Den Bürger-Zettel lösete Er noch denselben Tag auß. Eh hat aber<br />

s'.-l.m?ra 6xpre336 bedungen, daß da ^mpliäs. 8


- 31 -<br />

Der zweiten Ehe Johanns mit Gertrud Maevius eutsproßten<br />

neun Kin<strong>der</strong>. Aber nur über die Nachstehenden ist Einiges bekannt geworden:<br />

1. Joachim V., im Jahre !6l5> zu Frankfurt a. O. immatrikuliert,<br />

wurde Geheimsekretär des Herzogs Vogislaus XIV. und war später<br />

(um 1636) Pfandinhaber des lautes Grubenhageu zwischen <strong>Greifswald</strong><br />

und Gutzkow. Bor den Verwüsnnigeu durch das kaiserliche Heer floh er<br />

1637, die Ernte in Stich lassend, mit seiuer Familie nach Lübeck, wo er<br />

bald starb. Seine Witwe ließ sich den Pfaudkoutralt wie<strong>der</strong>holt erneuern,<br />

bis es 1642 zu einer heftigen Fehde zwischen ihr und <strong>der</strong> Universität kam.<br />

Sie soll in <strong>der</strong> Not deu wertvollen Wald von (Nrubeuhagen <strong>der</strong>art ver-<br />

wüstet haben, daß die Universität deu Schaden abschätzen ließ und in<br />

Stettin klagbar wurde.<br />

Aus Joachims Ehe mit Dorothea Mathics o<strong>der</strong> Matthiessen stammte<br />

ein Sohn Joachim (* 1636, ->- 1650).<br />

2. Anna (->- 1630 ledig) wurde adovtiert von dem Professor<br />

Friedrich Mevius, dem Bru<strong>der</strong> <strong>der</strong> Stamm-Mutter Sibilla Mevia. Direkt<br />

von Friedrich Mevius leitete seinen Ursprung her <strong>der</strong> berühmte Jurist<br />

David Mevius, Vizepräsident des hohen Tribunals zu Wismar.<br />

3. Friedrich wurde den 4. November 1614 all <strong>der</strong> Uuiversität<br />

<strong>Greifswald</strong> immatrikuliert.<br />

4. Johannes, immatrikuliert zu Frankfurt 1616 unter <strong>der</strong> Schreib-<br />

weise „Joannes Velschow". Er wird in Verbindung mit seinem Vater bei<br />

Pyl, Geschichte <strong>der</strong> Oreifswaldcr Kirchen I, Seite 432 mit U»recht<br />

erwähut. Es heißt dort wörtlich:<br />

„Martius zweiter Sohn, <strong>der</strong> Ratsherr Johann (1613—2tt), v.<br />

m. Baro. Bünsow, besaß in <strong>der</strong> Mar. K. Nördl. S. Nr. 232 einen<br />

Grabstein, 17^ l. 1l3 br., mit den Fam.-Wappen <strong>der</strong> Vö'lschow und<br />

Büusow, ohne Helme, und <strong>der</strong> Frakturschrift mit Initialen:<br />

Anno 1591 deu 17. Octobcr is Barbara Bunsow, Hans Volslowell<br />

ehelige husfrowe, im Heren sehllch entslafen vnde licht alhir begraven, vor-<br />

wartet <strong>der</strong> froligen Vpcrstundiuge in Christo Jesu.<br />

Später ging dieser Stein auf seinen Sohn Johann über, dem auch<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Stein, Mar. K. Nördl. S. Nr. ^04, 154 l. 1(X) br., gehörte,<br />

wie sich aus <strong>der</strong> gleichen Inschrift auf beiden „Haus Voljtow vnde sinen<br />

Erven, Anno 1615" schließen läßt." — Diese Erklärung ist nicht stich-<br />

haltig, denn <strong>der</strong> gleichnamige Sohn war im Jahre 1615) etwa 15) Jahre<br />

alt. Weit eher läßt sich aus <strong>der</strong> gleichen Inschrift schließen, daß die Gruft,<br />

in welche Barbara hinabgesenkt war, stch für cmcu Oatteu nut zwei Ehe-<br />

frauen und elf Kin<strong>der</strong>n, von denen die meisten juug starbcu, alio im<br />

Elternhause, als zu eng erwies. Diese Erkenntnis konnte Johann im<br />

Jahre 1615 bereits besitzen, und danach handelte er.


— 32 —<br />

5. Thomas V. Dieser bestattet sein Kind am 27. Oktober 1643<br />

(Manen-Kirchenrechnungen IV, 632 ^) und seine Fran am 4. April 1654<br />

(ebendort S. 77ly; er selbst wird beigesetzt am 7. September 1685<br />

(Iakobi-Kirchenrechuungen III, 657 und Marien-Kirchenrechnungen V, 464,<br />

wegen <strong>der</strong> (Gebühren für das Glockengelünte).<br />

6. Johanns letzter Sohn Daniel hat möglicherweise einen Sohn<br />

Daniel gehabt, ans welchen sich die Akten des Ratsarchivs zu Greifswalo<br />

I^itei-H s.', Nr. 392 beziehen. Dieser verlangt in einem Schreiben vom<br />

K Angnst 16W von dem Nat <strong>der</strong> Stadt endlich die Rückgabe von<br />

1m0 siout t'Iog campi, Liniern, vero 8(5utum, cui<br />

V0V6IN mllg.er6nt ro3Ä6 in culmo, ^l<br />

Nach <strong>der</strong> I^nätratio von 1680 besaß Daniel V. „Knopfstraße rechte<br />

Hand" ein ganzes Erbe, welches unno !


— 33 —<br />

Johann Heinrich Balthasar vermerkt in seiner II. Sammlung zur<br />

pommerschen Kirchcuhistorie gehöriger Schriften ausdrücklich diejenigen<br />

Kin<strong>der</strong> des Geueralsuperinteuoenteu, welche bel dessen Tode am ^eben<br />

waren. Zu diesen zählte <strong>der</strong> Sohn Daniel nicht. Dementgegen lesen wir<br />

in dem Bürgcrbuch <strong>der</strong> Stadt lMemorabillcubuch ^ir. ^'.», Seite 5'^!<br />

ausdrücklich:<br />

„D. L. ^u^usti ^s>. 1^72. Daniel Völschow l^^n. 8upcrinwn^^sltil;<br />

(später eingeschaltet die Worte ..lmj,l5 !l'l-) em l^ewaildschuei<strong>der</strong><br />

^ua.monts> t».c.tu3 68t. ei vis, ploilllUll-dE an Hiirgergclde l.2 ^ithlr.,<br />

wo.zn es Idm gelaßen, will aber solche an seiner 3chwieger Mittler <strong>der</strong><br />

fr. Treudcluborgschc For<strong>der</strong>ung scorti rel!, zu E. L. Rabie pr^ent aber<br />

bahr :-'> si. entrlchten undt eine fertige Mnßqvcte ani oie :>lnnlammer<br />

lieffern."<br />

Die Aufzeichnungen des verstorbenen Professors Velsch.ow in<br />

hagen melden: ,.li^li^l Viilzcllow ti! ^wl-m^lolf. en 5,n ^<br />

1- 17.')l> (l36^räinss Nr. 4'B; 1. Forts. S. 2^i, Nr.<br />

In den letzten beiden Meldungen liegt wenigstens ein lösbarer<br />

Wi<strong>der</strong>spruch: daß nämlich Daniel ^. nacheinan<strong>der</strong> zwei (tlieu ciugcgaugen<br />

seilt könnte, zuerst wohl mit <strong>der</strong> Treudeleubnrg nnd sodann luit Anna 'liliaw.<br />

Vieste sich die Nngenauigkcit <strong>der</strong> Angabe von Balthasar beweisen, so<br />

würde die neue strage aunaucheu: ^st <strong>der</strong> 3obu von Moevius Volschouius<br />

identisch mit jenem David V., welcher <strong>der</strong> Stadt in ihreu Nötcu Korn<br />

nnd (Held vorgeschossen hatte? Dieser Auuahme stalle iu heraldischer<br />

Hiusicht nichts im Wege. Auch die Hohe des Vcbcusaltcrs liegt gnnstlg.<br />

(5s entsteht zwar eine neue 3chwierigkcit durch das Auftreten eines auoercu<br />

Daniels aus Bandeliu bei Huytow, welcher slir seine Aufnahiue als<br />

Student in (Yreiwwald am :5. März !^ ein<br />

Völschow, vielleicht <strong>der</strong>selbe, gesessen nach ssrhr. v. ^eoeliur, Adelslenkoll lll. ^i<br />

Seite ^ö4.


Eintragung gilt gar keinem Daniel Völschow, wohl aber nach gewissen-<br />

hafter Abwägung seinem Sohne Joachim, einem Neffen des 8ti-uct.unl'iu8<br />

Mevins V. Entscheidend wirkt hier nicht nur die eigentliche „liberizitiu",<br />

son<strong>der</strong>n das supplementierende Beiwerk durch Randbemerkungen uon kundiger<br />

Hand, wie solche wie<strong>der</strong>holt in Matrikeln vorkommen, welche in gewissem<br />

Sinne Familienbücher am Stamme <strong>der</strong> ^.Ima klater sein sollten. Die<br />

erste Eintragung lautet: 30. 1701 6. 7. l)?c:<br />

u. lttuä. inäcriptioniä a.tque<br />

lia^ito l68l)ectu Istruì Dn. ^<br />

Eine llelle Hand schreibt neben den Namen<br />

llnd eine dritte Hand fügt hinzu: lin'nds ^la.jor ot ?rg.esectu3<br />

Die 3tücksicht auf den verdienstvollen akademischen Beamten würde<br />

sich nicht auf dessen Neffen erstreckt haben, wenn <strong>der</strong> Vater des letzteren<br />

wohlhabend gewesen wäre. Seit K'»99 wird Daniel aus Slormsdorf nicht<br />

mehr genannt. Er saß dort nur als Pfandinhabcr und taun inzwischen<br />

gestorben sein. Anßcr Daniel, dein fast gleichalterigen Bru<strong>der</strong> von Moevius<br />

— beide sind am 5. Oktober U>49 noch Knaben — können nur wenige als<br />

Pater für Joachim in Betracht kommen, zur Not noch Daniels rechter<br />

Bru<strong>der</strong> Christoph, ein Mann von bedenkend höherem Lebensalter als Daniel,<br />

denn er war bereits am 15. August 14 Pastor zn Hoheit-Bolleutiu, Snnode<br />

DenlUlin Modcrow, die Geistlichen <strong>der</strong> Provillz Pommern 1, S. I'N)<br />

war. Mit dieser Angabe einer bewährten Quelle steht in nur schembarem<br />

Kontrast eiuc weitere dreifach beglaubigte Nachricht, daß besagter Pastor<br />

Cmanuel sich noch am 22. April 1«'>ii1 zu Demmiu mit Katharina Elisabeth<br />

Hoffmann verehelichte. Die „Vitn.6 pomel-ünonm," haben uns sogar em<br />

reizendes Gedicht auf diese Hochzeit aufbewahrt. Erst im Jahre 1699<br />

snrot Eluauuel Völschow.


— 35 —<br />

Nach allem bisher Erörterten ist es nun begreiflich, wenn wir uns<br />

endgültig dahin entscheiden, daß Moeoius Volschouius dnrch seinen Sohn<br />

Daniel <strong>der</strong> (Großvater des Amtmannes Joachim V. zn Voitz geworden ist:<br />

zumal wenn es erwiesen M, daß <strong>der</strong> Sohu des letzteren und Nachfolger<br />

in ieinem Amte das ^)ut Stormsdorf wie<strong>der</strong> crwordcu hat, das (^ut,<br />

welches sein Großvater pfandweise besessen hatte. Es liegt soviel natürliche<br />

Vogik in den tatsächlichen Vorgängen, daß man lieber bei Johann Heinrich<br />

Balthasar einen I^s^us l„?,lwl'!tt6 annimmt, zumal da Balthasar den<br />

Generalsuperiutendellten V. uicht mehr gelanut hat.<br />

Joachim Völschow mls l^reifswald also, <strong>der</strong> Sohn von Daniel,<br />

war zuerst Kapitän in schwedischen Diensten, dann seit I7'.>6 Amtmann zu<br />

Voitz (Schloß nnd Stadt an <strong>der</strong> ^ceue unweit Demmiu). Über sein<br />

früheres ^eben gibt er am 2^. März 1741 selbst Aufschluß in seiuer alleruntertänigsten<br />

Bitte „nmb liEimvation des Reichs Adels Standes uud<br />

Vcrlnehruug des Wappens an die XmnAl. ?oklm5cli6 ^la./t. als<br />

zu Kacrl86n und des henl. Nömiichen Ncichs höchsten<br />

." Dies Gesuch stutzt er auf das uachslehcud wie<strong>der</strong>gegeben?<br />

Zcuguis des vormaligeu ritterschaftlicheu Laudsynditus (laroc:<br />

„In dem ^l-llnv <strong>der</strong> befindet<br />

sich ein beson<strong>der</strong>es geschriebenes Buch vou dcuen neueu uud allen adelicheu<br />

(Geschlechtern in VorPommeru nebst deuen dahiu gehörigeu ^noalo^ischen<br />

Taffeln. — In diesem Buch o<strong>der</strong> Verzeichnis^ sind zugleich mit begriffen<br />

ciillge "Nachrichten vou <strong>der</strong> l^milis <strong>der</strong> V^l^olls>wol), alß worinn <strong>der</strong> scelige<br />

Vater <strong>der</strong> beyden (Gebrü<strong>der</strong>n ncnllichen de^ Herrn ^I:^l>r.^.ls'Ilinl ulld<br />

des Herrn (^ziitnms.lo^u«. V(i1^!ls)w mit aufgeführet. Welches hierdurch<br />

bescheinige aln 5ivll(Iicu3 <strong>der</strong> löblichen VorPommericheu ^iitlcrschasft. <strong>der</strong>en<br />

unter Händen habe . . . ^rciwvilld deu ..^. Iulu l7'^


geworden und<br />

- 36 —<br />

1709 allem demjenigen in ps>>l!t»n mit beygewohnet, wo das<br />

zu gebrauchet worden.<br />

1713 Negiments-Quartiermeister bey selbigem<br />

1714


- 37 —<br />

Für die Familiengeschichte nt noch zweierlei hervor^lheben: Einmal<br />

die Vezngnahme Joachims ans seinen Sohn in <strong>der</strong> Einlade mit dell<br />

Worten: „mein einziger Tolm Johann Joachim Volschou» auch nach<br />

vollendetem ttt,i0 im letztvorigen Krieg wie >Xln^w,n- in des<br />

Herrn Grafen von ^c^ellcloi-^ nnter habellden ^rniö6 am Nhein<br />

gestanden."<br />

Sodann bittet er, unter Umgchnng des väterlichen Wappens, llm<br />

eine „Vcrmelmmg" des Wappens <strong>der</strong> adligen Familie V., wie Micraelins<br />

ein solches beschrieben habe: „m deßen weißen Schilde ein Fisch und über<br />

dem gekrönten offenen Helm drey Straußfe<strong>der</strong>n gewesten." Auch dies wird<br />

gewährt, denn: „zu niedrer (^cdnchlnisi solcher llnsrcr Erhebullg in den<br />

adelichen Stand haben Wir ihm, Joachim Völschow, anch dc^cn ehelichen<br />

^eibes-Grben, jeczigen nnd ki'mfstigen, nnd <strong>der</strong>erseldeu Erbens-^rden hnifino<br />

in ewige Zeit bey ihrem Nahmen das Ehren Wort: von, auch l,ci nach-<br />

folgendes adelichcs nnd gnädigst vermehrtes Wappen nnd Cleinod also zil<br />

führen und zn gebrauchen gegönnct nnd erlallbet, als mit ^alnncn ein<br />

qnergetheillcn Schild, worinncn oben im silbernen Felde em Wcls; o<strong>der</strong><br />

Stör, in seiner natürlichen Farbe, unten aber im rotlieu Felde ml silberner<br />

allfrecht gestellter, oben einen silbernen Nincken und eine goldene ^ncbr-<br />

stange und unten zwey Wie<strong>der</strong>hacken haben<strong>der</strong> SchisfAncker nut ^ darum<br />

geschränckten grünen ^ilien^Stengeln, an <strong>der</strong>en jedem eine weihe sHartben<<br />

^ilie. Über diesem Schilde stehet ein frey offener adelicher Tnrnicr Helm<br />

mit silbernen uud rothen Helm-Decken nnd eiller goldenen Crone, darauf<br />

fünff mit den Gipfeln forne abhangende Straußcu^Fe<strong>der</strong>u eutspriugen,<br />

<strong>der</strong>en die mittlere und die zwey än<strong>der</strong>n silbern, die zwey an<strong>der</strong>n aber<br />

roth sind." ähnliches hat Maxim, l^ritzner vermerkt in seinem Werke:<br />

Standeserhebnngen und (^nadeN'Atle Deutscher ^audesfursleu während <strong>der</strong><br />

letzten drei Jahrhun<strong>der</strong>te, Görlitz 15^1. I I, 700.<br />

In einer Negierungs-Versügnng


„IV. Amtshauptmänner: 174Ü. Joh. Joch, von Völzclion, ein Sohn des<br />

vorigen. War anfangs ^nsliwur bey dem Pommerschen s'lmt.m^eilt, so<br />

nilter dem Obrist I^eutnlmt von Xirc^^c^ zur Reichs Armee ging. Er<br />

erhielte zuerst den Titel eines Nmtshauptmanns." Der Amtshalwtmann<br />

v. V. schloß im Jahre 1750 mit einem Hauptmann Keding einen Kaufkontrakl<br />

über Swrmsdorf; er bezahlte im Jahre 1751 an die Frau<br />

Assessor v. Lillieström 2031 Taler, ^1'/» Schillinge, um welche es sich bei<br />

diesem Kaufkontrakte handelte, wogegen sie ihm ihre Rechte abtrat. Sväter<br />

geriet er auf Stormsdorf in Konkurs. Seine Witwe Eleonora, eine Tochter<br />

aus dem Hause von Keffenbrinck in Plestlin, machte eine For<strong>der</strong>ung aus<br />

diesem Konkurse im Jahre 1774 gelteud. Ihr Mann scheint weit früher<br />

gestorben zu sein. Im Jahre 1793 zeigte die Tochter Charlotte von<br />

Völschow von Plestlin aus den Tod ihrer Mutter an. Diese, geboren<br />

1717, war am Itt. April 1793 zu Plcstlin gestorben. Das vorstehende<br />

Gerippe von dem ^eben des Amtshauptmanns von Völschow läßt sich durch<br />

einige urkundliche Nackrichten ergänzen. Die ersten drei sind dem Königlichen<br />

Staatsarchive zu Stettin entnommen:<br />

1. Im Jahre 1750 bitten <strong>der</strong> Amtshanfttmann Johann Joachim<br />

Völschow und <strong>der</strong> von Keffenbrinck um Konsens und Konfirmation des<br />

mit denen Gebrü<strong>der</strong>n von ^illieström über das von ihm erhandelte ^ehn<br />

von Slormsdorf errichteten Kaufkoutrakts sLehns-Aktcn von Völschow).<br />

^. Im Jahre 1750 bittet <strong>der</strong>selbe v. V. um Koufirmation des mit dem<br />

Landmarschall von Dechow getroffenen Hessions-Kontrakts des Dechow'schen<br />

Vehu-Auteils in Stormsdorf nm Navenhorst.<br />

3. Im Jahre I7«ll beantragt <strong>der</strong> Anditenr Johann Joachim<br />

Völschow Konfirmierung des mit dem I>. ?emke über die ihm zu Allpfändung<br />

des Ackerwerks Aauhoff angesehene Snmme von 3934 Rthlr.<br />

i Vs Sgr. errichteten Vergleichs. Vergleiche Appcllgericht <strong>Greifswald</strong>.<br />

Eine zusammenhängende Darstellllng über die Erwerbungen nnd die<br />

geschäftlichen Verlegenheiten des Amtshauptmanns liefert nach Möglichkeit<br />

das bedeutende Werk „^rliunlierl unci ^<br />

(.^«c^ieclitZ ^o^ls ^6ruu8^6^ob6n von l^lrick l^r.^f l^kli<br />

V7. Ittmä, 1. I'tißii, Lorlin 1897 sl^ossiäter >:u I^llllä VI.<br />

Ko^iätol Seite M^: Völ^lio^v, 2.U8<br />

F63.6elw ^llniie,<br />

Hot xu swrm^oi-s in i^ren 1^98it^. Dann (Vs., l.,<br />

Selte 17i^) aus dem Kapitel: ,.(>^r! ^.ussU3t kebr Ke^6n6anli" die<br />

Einzelheiten:<br />

„Dis lfu^o^Dörfer ^.ntrleii^, ^velcriG in ^ß6 6er<br />

an


und die


examim 8<br />

Xnl)ill8, dis VII ^^rili^ 179^. Lunsllle." Später im<br />

Jahre 1795 am 21. Mai war er selbst l'inese« cbelldort sl-e^poiläenw<br />

limolo flexe!I> in <strong>der</strong> pbilos. Dissertation äe .^ttontmne.<br />

Näheres war über diesen ^weig <strong>der</strong> Familie Bölschow ans <strong>Greifswald</strong><br />

bisher nicht zu ermitteln. —<br />

Oj Martin Henning Völschow, Ratsherr von 1i>03 —1607. Er<br />

wird vielfach schlechthin „Martin" genannt, zum Beisviel im Bürgerbuch<br />

1594 gelegentlich seiner Anfliahme in die Bürgerschaft Ostern 1591:<br />

„Martin Volykow seligen ehrn Äiartin sone t^cw«; ^«t civi«." 'Als Ratsherr<br />

ist er stets unter dem Doppelvornamen verzeichnet: beispielsweise als<br />

..Bierherr" und als „Mmnhcrr". Anck im Begräbnisregister <strong>der</strong> Nikolailirche<br />

steht wörtlich ^n lesen: „Dissen Sten vndt Bcgreffnine hesst vnsi<br />

Dauidt (^rollenberch vndt Barlram Emiterlonw asfgctosit ahrfflich nhni<br />

nhamen Seligen H. ^iarten Henninck Boldtsclwnw nhagelaßene Wittewe<br />

vhor '^W ^l'(ar)k, . . . vndt yß H. Märten Boldtsckouw darnn<strong>der</strong> begranen<br />

worden den 7. Innij ^0. ll'». Elsa, v. m. Christoph Engelbrccht, Ratsherr 16Zs)—75.<br />

4. Elisabeth, v. m. Joachim Tide.<br />

I^> Georg Völschow C" 1570, ->- 10?^) vermählte sich mit Elisabeth<br />

Schumacher (* 1575, 's N>2l)), Tochter des Ratsherrn Ioach. Tchumacher I.<br />

Georg wurde städtischer Bürger im Jahre UM'.- „Inrgen Boldkow, Hrn<br />

Viartens sehligcn etwan Radt5vor!valwten 2on pr^e^tits) .jnmmonw fiictn«,<br />

68t civl'8 19. ^^liU>l-. lm. 16N)/' — In deinselben Jahr wie Georg starb<br />

sein Sohn Joachim, geboren 1


„Nachdem Herzog Vogislaw <strong>der</strong> Vierzehnte am s>. Oktober<br />

die ?lbtretul,g des Amtes Eldcna an die Universität urkuudlich versichert<br />

hatte, erfolgte am 2". März 16:54 die feierliche Mergabc des Amtes an<br />

die Universität . . . Entgegengenommen ward das Amt von dem damaligeu<br />

Rektor <strong>der</strong> Universität l). Jacob (ttcrn-lww nnd dein bereits bestallten<br />

akademischen Amtmann Vidimateli l>)eorg Völschow. — Zufolge <strong>der</strong><br />

Datation sollten Rektor und Koll^ilinm berechtigt sem, die bitter des Aiutes<br />

Eldena dnrch einen tüchtigen Anltnmnn administrieren zu lassen, und den-<br />

selben in Eid nnd Wicht zu nehmen, wodnrch er ilmen verwandt winde.<br />

Von diesem Rechte machte die Universität anch sogleich Gebrauch und<br />

wählte erstgenannten ('ieorg Völschow, Vizentiatcn, Mls einer alten<br />

Familie <strong>Greifswald</strong>s, zu ilncm Alntmaiin. Er war znr Zeit seiner Be-<br />

stallung zu Wlllershmeu in Pommern erbgescsscn. Mit ihm war schon<br />

im Jahre 163.^, als die Dotatiou nllr beschlossen worden, von Sciteli <strong>der</strong><br />

Universität die Überciuknm'l getroffen, daß er <strong>der</strong> Universität zu <strong>der</strong> höchst<br />

notwendigen Iustaudsetzung des Amtes Eldena, welches dnrch dell Krieg<br />

so sehr ruiniert worden war, 70M fl. ans 1^ ^ahre vol strecke llnd danächst<br />

die Amtmannschaft übernehme. Dagegen wolle die Universität ilnn das<br />

Ackerwerk Diedrichshagen ncbst desseil Schäferei Ulld übrigen Pertlnenzien<br />

als eine Hypothek verschreiben. — Das fürstliche Hofgcricht legte dein<br />

akademischen Amtmanne Völschow in selbigem Jahre in zweien an ihn<br />

gerichteten Befehlen den Titel eiues fürstlichen Amlmallues bei, welches die<br />

Aufmerksamkeit des akademischen Senats erregte. Er fand sich dieserhalb<br />

bewogen, nnler dem ^. Juni ll>^4 bei dem damaligen Statthalter des<br />

Herzogtums Wolgast, Freihcrin Volkmar Wolfgang, Herrn von Putbns.<br />

eine schriftliche Vorstellung einzurricheu luit <strong>der</strong> Bitte, cs zu bewirkcu, daß<br />

diese Titulatur abgetau werde, weil aus <strong>der</strong>jelbeu <strong>der</strong> Universität in <strong>der</strong><br />

Folge Nachteile erwachsen könnten. Dieses l^esllch fand ein geneigtes Oehör.<br />

Ulld jene Titnlatur unterblieb seitdem. lEs folgt eilie Beschreibung <strong>der</strong><br />

schwierigen Verwaltnng des Amtes in den nächsten Jahren.)<br />

In diesel! Kriegsnnrnhen starb am !l>. März 1l>37 <strong>der</strong> Herzog von<br />

Pommern Bogislaw Xi V. in Stettin, mit welchem die pommenche Fürsten-<br />

linie erlosch. — III demselben Jahre rückte die kaiserliche Armee zum zweiten<br />

Male über den Tribseer Patz in Pommern ein ... Von dem Amtöhofe<br />

zu Eldeua führten die Kaiserlichen alles Vieh uud alles bewegliche In-<br />

ventarium weg. Das Jahr 16A7 nennt unsere beschichte als eins <strong>der</strong><br />

schrecklichsten hinsichtlich <strong>der</strong> Verwüstungen in Pommern. Damals ward<br />

am 14. November <strong>der</strong> Kammerhof zu Eldeua von deu Tchwedeu gänzlich<br />

abgebrannt. Im folgenden Jahre 163^ hatten die Kirche lind das Kloster<br />

daselbst ein gleiches Schicksal. Denn die zur Wyk liegenden Schweden<br />

fingen an, jene Gebäude abzubrechen, um die Steine zur Verbesserung <strong>der</strong><br />

Walle Stralsuuds zu verwenden.


— 42 —<br />

Diese kriegerischen Auftritte führten auch manche unangenehme<br />

Verhältnisse nnd Mis:helligkeiteu Mischen <strong>der</strong> Universität und ihrem Amt.<br />

manne st). Völschow herbei. Er entsagte im Jahre 1N41 <strong>der</strong> Amtmanu-<br />

schaft. Es ward mit ihm eine Liquidation gehalten, infolge <strong>der</strong>en ihm das<br />

(Nut Diedrickshagen als lnipothekarischcs Unterpfand zur Zeit noch über-<br />

lassen blieb; das Pfand ward noch vergrößert durch das Dorf ^evenhageu<br />

und einige Höfe in Ungnade; welches alles ihm ^uro nntickreti eingeräumt<br />

ward. Die Universität lösete am l7. Mai 1s)4 diese ^nter wie<strong>der</strong> ein."<br />

Georg P. soll schon im Iabre l^^7 nach Mecklenburg gegangen sein,<br />

er wurde hier fürstlicher Amtmann zu Broda. (Gestorben ist er als Erbherr<br />

von Trolleuhagcu im Jahre 1^62. Seine Vciche wurde im nächsten<br />

Sommer nach Oreifswald übergeführt und feierlich unter St. Nikolai<br />

beigesetzt.<br />

Von (Georgs des Älteren Töchtern heiratete Neg ina (-f 1^291 den<br />

berühmten Stralsuudischeu Bürgermeister Lambert Steinwich, welcher den<br />

sieghaften Wallenstein zwang, die Belagerung von Stralsund als aus-<br />

sichtslos auszugeben.<br />

Negiuas Schwester Liboria (-f 1603) erhielt zum Gemahl in erster<br />

Ehe den Dr. Mickael Stoppel und in zweiter Ehe den Hofrat Friedrichs<br />

(vcrgl. die Stadt-Urkunde Nr. 891 des Natsarchivs zu Gveifswald und<br />

(^estcrdiligs Beitrag pp. I. S. 378).<br />

15) „Daniel Bolschow l'acne o^t civig klnnc) W1 den 10. l)^wdrl8."<br />

Ihn: und seiner wattiu Margarete Bünsow gehorte ein Stein in <strong>der</strong><br />

Nilolaitirche (heute südliche Seite Nr. 210) mit <strong>der</strong> Antiqua-Inschrift:<br />

„vsmiel Voikko'w vnä seinen Urnen, ^nno 1608'' und seiner Haus-<br />

marke mit den Anfangsbnchstaben D. B. Bon ihm stammt nur die eiuzige<br />

Tochter Katharina (f Ni^>). Seiner Witwe gehörte Anno NN6 ein<br />

ganzes Erbe: Büchstrake rechter Hand.<br />

^) Martins letzter Sohn David, vermählt mit Liboria Schwarz,<br />

besaß den 3tcin bläulicher Färbung in <strong>der</strong> Nlkolaikirche nördlicher Seite<br />

Nr. :i9 mit <strong>der</strong> Fraltur-Imchrift: „David Bolskow vnde sinen crvcn<br />

An. 1 ." Auch besaß er in demielbcu Jahre „Steiubeckerstraße rechte<br />

Hand" ein ganzes Erbe, im Jahre N'»


— 43 —<br />

Der gleichnamige Sohn Moritz, geboren 1661, wnrde Syndikus<br />

<strong>der</strong> Stadt Stettin. Nach dem dortigen Bürgcrbuch wiirde er Vinger zu<br />

Stettin am 25. Dezember 1713. Er starb daselbst ledig am 25). November<br />

1726. Sein wechselvolles Lebeu in reich an Nci,'cn nnd an Eindrücken<br />

frem<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und Sitten, es sei daber tnrz festgehalten: Am ^2. September<br />

1661 erblickte er das Vicht <strong>der</strong> Welt, va sein Bater verhältnismäftlg jnng<br />

starb, so sorgte sein Oheim, <strong>der</strong> Bürgerin eis! er nnd Vaudrat Bernhard<br />

Dieckmann, für die Ansbildung des geweckten Knaben. Im Jahre 16.-N<br />

studierte Moritz zn <strong>Greifswald</strong>, dann ging er als Begleiter des Herrn von<br />

Walsteden ans Leistenow mit diesem nach Frankfurt a. O. Sie bereisten<br />

zusammen die Län<strong>der</strong> Holland, England nnd ^raulrcich. Spater wurde<br />

Völschow außerordentlicher Professor dcr siechte in (^reifswalo durch das<br />

WohlwoNen des Provinciale Gouverneurs trafen Biclkc, nachdem Bölschow<br />

bei einem Streite zwischen Brandenburg nnd Schweden iln Jahre 16i>6<br />

als Mitglied eines Schiedsgerichts sich ausge.^'ichuet batte. Schon im<br />

Jahre 16U5 wnrde er durch ein Schreibe» des Professors uud ^sm^ilim-mx<br />

Stryck in Halle öffentlich ausgezeichnet. Im Jahre l«'.9'.j wurde er lu


- 44 -<br />

geblieben zu sein. Er wnrde mit seiner Fran in <strong>der</strong> Georgskirche begraben,<br />

zunächst die Frau im Jahre IM5—16 unter einem selbstgekanften Stein,<br />

später er selbst neben ihr am ^5. März 1625 (M, Nachträge z. Gesch.<br />

d. Kirch. :z. Heft. S. 1! nnd 10^.).<br />

In den Jahren 1700—1714, 1746—iftM sind nach einer Erklärung<br />

des Herrn Küsters Nrmewitz in die Tanfregilter von St. Nikolaus keine<br />

Eintragungen über den Namen Pölschow bewirkt. In den Iahreu von<br />

17055—1799 erwarb nach Ausweis <strong>der</strong> Vüvgermatrikel niemand des<br />

Namens Völschow in Grcifswald das städtische Bürgerrecht. Erst am<br />

9. Inli 17^9 wnrde em Freui<strong>der</strong> aus Autlam, Karl Wilh. Völschow,<br />

als ^aufmauu uud ^akeuhäudlcr im ersten Stande in das Vürgerbuch<br />

eingetragen. Er wnrde am '^.». August 1^)0 mit Jungfrau Sophie<br />

Maria pölschow aus Stralsund getraut. In <strong>der</strong> Stadtverwaltung war er<br />

1^0.^ als „Funfzigmann" (Stadtverordneter) tätig. Seitdem sind die<br />

Völschows in Greifswalo nicht mehr emheimisch.<br />

Wir sckliesicn das Kapitel mit dem lie«pnn66N8, welchem das Sinn-<br />

gedicht zu Aufaug unserer Arbeit von Palthcn gewidmet war. Auch er<br />

bereitet uus Schwierigkeiten für seine Eiureihunq in die, (Genealogie, zumal<br />

weil er ani 14. Februar 1704 Joachim V. l^rvpIlllz^nllipnziZ uud außer-<br />

dem !


Kapitel V.<br />

Zersprengte o<strong>der</strong> vermutete Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> vorpommerschen 3amilie<br />

aukerlialb<br />

Bei einer grüneren Zahl von Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Familie Völschow ist<br />

znr Zeit <strong>der</strong> Zusammenhang mit dem Stammvater Martin nicht ununter-<br />

brochen nachzuweisen. Es sind diese Personen nach gewissen Ortschaften<br />

möglichst ln Grnppen zusammengefaßt worden:<br />

^) Anklam. Die Durchsicht <strong>der</strong> Kirchenbücher hat sich allmählich<br />

als notwendig erwiesen. Sie konnte vor <strong>der</strong> Drucklegung aber nicht<br />

mehr bewerkstelligt werden wegen gehäufter dienstlicher Arbeit <strong>der</strong> zeitigen<br />

Kirchenbeamteu.<br />

Merkwürdigerweise ist in Auklam ein Bürger ganz uubekanut<br />

geblieben, dessen Sohn sich im Jahre 1


— 46 —<br />

Naknncns N>lmmss6n. welcher ebell desselben Porhabens gewesen, eine<br />

Scilfensie<strong>der</strong>ey zu Colberg aiiznlegen, abgeschrecket helle. — Nun ist es<br />

nicht ohne, daß es dem Lande proK^l^i undt diensahm sey, wan <strong>der</strong>-<br />

gleichen Wcrck alhie gcstintet werden tönte: worzu abson<strong>der</strong>lich nöhtig ist,<br />

anff eine Zeitlang einein alleine das I^-ivilo^nim zn geben; daß an<strong>der</strong>e<br />

1>o^ulatum aber: nenlblich die Zufuhr von frelnb<strong>der</strong> Scisse gahr zu ver-<br />

bieten würde etwas mehr bcdencken habcn, wenil es nicht mit einigem<br />

t^mj>el-Hlll6llt geschiehet, welches uniers . . unmaßgeblichen ermeßens dieses<br />

seyn tönte, daß von <strong>der</strong> Zeit an, da <strong>der</strong> Hiiprllwant, seine Seiffcnne<strong>der</strong>ey<br />

in den (Hang gebracht haben wirdt, etwa ausf 2 o<strong>der</strong> :i Jahre die ein-<br />

führe außwertigcr Sciffe gehenllnet wnrde, ivenn ^nnpii^nllt. die seinige<br />

nmb billigen Preist, wie <strong>der</strong>gleichen Scisse sonst zn Stettin nndt in an<strong>der</strong>n<br />

negst belegencn Handels Plänen gckansset wirdt, zu liesfern annehme. Undt<br />

tollte zncrü daßelbe ^livilpssniln privative anff ll) Jahr, wenlt es Ewer<br />

Ehnrfl. Durchl. gnädigst al'o gcmllig wäre, eingerichtet werden<br />

lgez.) Vd W. (5rockow, Balth. Schrö<strong>der</strong>."<br />

!>> Knrfnrstl. ^icskript an die hinterpomm. ^ehnskanzlei.<br />

Köln an <strong>der</strong> 3pree dell ^X. ^«ärz !W. Konzept, gez. v. Fnchs.<br />

„ . . . Wir haben anst ellrer l-oinliVm criehen, wclchergestalt sich ein<br />

ans Anllam gebürtiger ^allffgcicll llahmeils ^ln6vin8 »locllim Volschow<br />

daselbst angenieldet mit dem erbieten, das weil er daß Seifsensieden und<br />

inion<strong>der</strong>heil grnnc 3eifscn recht zn praopill-iren erlernet, woll gesonnen seye,<br />

sich in Colberg häußlich nicdcrznlaßen uild eine Seiffcnsie<strong>der</strong>ey anzustellen,<br />

wcn nnr er mit einen zulänglichen jnivils^il) versehen werden tönte: Nun<br />

halten Wir dieien Vorschlag dortigen Vande und inson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Stadt<br />

(lolberg allerdings znträgllck, seindt dannenhero anch gdst. geneigt, dem<br />

^u^pliciiitteii zll bcsordcrnng dieies Werctes ein l'llvilt^iulli ans gewiss<br />

Jahre zu ertheilen. Daß Wir aber solches auf so lange Zeit und mit <strong>der</strong><br />

(^'midition einrichten laßen solten, daß inmittclst von anßen <strong>der</strong>gleichen<br />

Wahre nicht eingeführet werden mnslc: solches finden Wir bcdencklich und<br />

dicscm nach kölinen Wir Ihine <strong>der</strong>gleichen I^'ivii^iuin, daß Er nehmblich<br />

zn'lVlU've des Sclffclisiedcns sich gebrallche, nicht länger als auf 1^ Jahr<br />

verstatten. Und wellen zu anjchaffnng <strong>der</strong> miUci-inIicn und ailbauung <strong>der</strong><br />

3lcocrey einige Kosten erfor<strong>der</strong>t werden, jeyno Wir gllädigst znfriedcn, daß<br />

Er wegen <strong>der</strong> ersten ^ Jahre nichtes clltrlchtc, wegell <strong>der</strong> übrigen 9 Jahre<br />

aber mnsthe Er ^m ^na,»e etwas geben, welches Ihr mit ihm zu berahmen.<br />

Die ans'werthigc Seiffc tonnen Wir ohne abgangt ilnserer Zölle nicht ver-<br />

biethen; weil a<strong>der</strong> davor grollet wird, dahingegen die seine nicht zollet,<br />

tann Er diese allezeit besseren H5auff geben. Wobey er gleichwol! annehmen<br />

mnß, <strong>der</strong>gleichen Seiffe nmb billigen Preys, wie selbige zu Stettin und<br />

an<strong>der</strong>n Handels Plätzen gekaufft wird, zn lieffern. Ihr habt demnach anf


— 47 —<br />

angeführte 12 Jahre und dabey limitirte 7 bis lkNtt wirkte mit Treue nnd<br />

gewissenhaft." Mit Natibor ist das Dorf Nathebur bei Antlam gemeint.<br />

Nach den stralmndischen Aufzeichuuugeu, welche Professor Zober besorgt<br />

hat, war ein Sohn des Pastors Ernst Wilhelm <strong>der</strong> Altermann <strong>der</strong> Branca<br />

gtlde zu Stralsuuo: Karl Albert Ulrtch Bölschow. Vcktcrcr ist rund<br />

im Jahre 174'^i geboren. Eine Nachfrage in dem Kirchenbuche vou l')r.;<br />

Aünsow wäre soinit cilie vergebliche. Der Altcrmauu mag aitch em<br />

Bru<strong>der</strong> des dortigen Pfarrers gewesen sein.<br />

Bie<strong>der</strong>stedt weiß noch von einem weiteren Pastor Völschow aus<br />

Anklam zu berichten, welcher den hier charakteristischen Bornamen Ernst<br />

trägt und wohlhaben<strong>der</strong> ^eule Kind lst: deun bei seiner Immatrikulation


— 48 —<br />

an <strong>der</strong> Hochschule zu <strong>Greifswald</strong> am 22. April 1777 zahlte Joh. Ernestus<br />

Völschow aus Antlam 4 Taler. — Vie<strong>der</strong>stedt erzählt a. a. O. l, 3. 26:<br />

„Nach Möller trat zu Flemendorf (Probstei Barths Iohaun Erust<br />

Völschow auf. Bon (Geburt eiu Anklaiuer und zu sciueiu Glücke viele<br />

Jahre als Erzieher zu l^lutzow in <strong>der</strong> Nähe von Poseritz, fast selbst eiu<br />

Schüler des Weisen zu Poserò. Pistorius hat auch uul Völschow große<br />

Verdienste gehabt, und nachdem er Ihn im Jahre 1797 zu seinem Dlakon<br />

bestellet, Ihn nur bis zum Herbst 1798 im Kirchspiele wirken gesehen,<br />

völschow vertauschte das Dialouat, welches Pistorius Ihm anvertraute, im<br />

Jahre 1^00 mit dem Pastorat ^lemcudorf. Er brachte einen kranken<br />

Körper in das Amt und verschied uach einigen Monathen, die Er zu<br />

Flemcudors iu Schwachheit uud Ermattung verlebte." Der ihm fast gleich-<br />

alterige Kaufmaun Karl Wilhelm Völschow aus Auklam, Bürger zu<br />

l^rcifoiwald seit 1799, ist sckon obeu beschrieben wordeu.<br />

L) Gruppe Demmill^iostock-Hamburg. Iu genealogischer Hin-<br />

ficht vereinzelt wird in Demmiu 1


— 49 —<br />

Herrn Moeller, welchem ein gütiges Geschick den Archivrat Dr. Krotefend<br />

in Schwerin zum Schwiegervater gegeben hat. Moellcr schreibt: „Idre<br />

freundlichen Zellen sind mir nach Gilben, wohin ich seit Jahresfrist versetzt<br />

bin, nachgesandt worden. Ich habe hente das Material zn meiner Arbeit<br />

durchstöbert und habe dabei zn meiner Freude die Vornamen des Postmeisters<br />

Völschow (auch VoUchowe, Völschan) gefnnden. Er heißt Johann<br />

Christoph Völschow. Der Sicherheit wegen habe ick weiter gesucht und<br />

in dem den herzoglichen Nenteirechnnngen entnommenen Material aufgeführt<br />

gefnnden: „I. Chr. Völschow". Allsgeschrieben in Johann<br />

Christoph steht <strong>der</strong> Name in einer herzoglichen Verordnung cl. cl. Gnstrow<br />

15. März ll>H? von Herzog (Gustav Adolph zn Güstrow-Meckleubnrg und<br />

zwar in folgen<strong>der</strong> Verbindung: Der Herzog hatte dem Postmeister Vahle?<br />

mann (dem Alleren) die sorgfältige Verwaltung des Noftocker Postdicustcs<br />

aufgetrageu . . . und wörtlich: „so tragen Wir zu Euch die gnädige<br />

(^oilKdent?, Ihr werdet ein wachendes Auge daraus haben und ncbenst<br />

Johann Christoph Völschowen dahin sehen, daß die Post gebührend versorget,<br />

die Vrieffe und an<strong>der</strong>e Packele wohlverwahrlich angenommen und richtig<br />

gelieffert, o<strong>der</strong> vohrtgesandt, anch die reißende Persohucu ohne benölhige<br />

Aufenthaldt beför<strong>der</strong>t werden mögen. Dahingegen wollen Wir Euch die<br />

Gnade erwießeu haben, daß Ener Sohn Johann Bahlemann, welcher iwo<br />

pro secretorio bei vnser Etilico sich allfhält, ans Euren Todesfall die<br />

8ucc688ion zum dortigen Postmeisterambt haben und genießell soll . « ."<br />

Völschow hat zu Bahlemann in verwandtschaftlichem Verhältnis<br />

gestanden, vielleicht als Schwiegersohn. Damit verträgt sich auch, daß nach<br />

dem Tode des alten Äahlemann Völschow allein als Postmeister erscheint.<br />

Vielleicht ist <strong>der</strong> jüngere B. bei <strong>der</strong> Miliz geblieben o<strong>der</strong> frühzeitig gestorben.<br />

Völschow wird in <strong>der</strong> vorangeführten Verordnung von KiA? zuerst erwähnt.<br />

Im Jahre 1711 ist Völschow noch als Postmeister in Nostock genannt.<br />

Wann er gestorben o<strong>der</strong> ausgeschieden ist, kaun ich lei<strong>der</strong> nicht angeben.<br />

In guten Verhältnissen muß er gelebt haben, denn die Postmeistern war<br />

für ihren Inhaber sehr einträglich, und Völschow hatte außerdem das<br />

Seifenmonopol, d. h. die Städte um Rostock mußten von ihm ihre Seife<br />

beziehen".<br />

Bald darauf wohnt in <strong>der</strong> Nikolai-Gemeinde zu Rostock ein Seifensie<strong>der</strong><br />

Immanuel Völschow mit fünf innerhalb <strong>der</strong> Jahre 17.^—174^<br />

getauften Kin<strong>der</strong>u. Die Namen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> sind natürlich im Kirchenbuche<br />

einzeln zu finden.<br />

In dieselbe Gemeinde geborte August Lebrecht V., Pächter zu<br />

Diertow. Seine zwei Töchtcr verheirateten sich und zwar Sophie<br />

Elisabeth den 2. Juni 1806 mit Gärtner Schoof und Marie am 1. Dez.<br />

1808 mit Fischer Weitzendorff.


Das Dorf Dierkow liegt in dem nördlich von Rostock sich erstreckenden<br />

Amt und Kirchspiel Toitenwinkel. Nach Kirchenbuchsauszügen, besorgt<br />

vom Pastor Schulz zu T., lebte in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

zu Diertow <strong>der</strong> '/4-Hufner August Völschow. Ihm wurde ans seiner<br />

ersten Ehe mit Dorothea Petersen (f 18. Februar 1791) zu Dierkow am<br />

24. März 17552 <strong>der</strong> Sohn Die<strong>der</strong>ich Christian Otto V. geboren. (Die<br />

Kirchenbücher von T. vor dem Jahre 1781 befinden sich im geheimen<br />

Hauptarchiv zu Schwerin.) Aus seiner zweiten Ehe mit Anna Helene<br />

Schulten (f 2«. November 1814) sind zu Dicrkow geboren die Kin<strong>der</strong>:<br />

1. Christiane Christine Elisabeth am 1. Dezember 1792,<br />

2. Johann Christian Jochim am 26. Februar 1796,<br />

3. Magdalene Dorothea Elisabeth am 2l. Juni 1804.<br />

Der 2.4-Hufner August Völschow starb als Altenteilsmann zu<br />

Dierkow den 30. September 1811: 71 Jahre alt. Sein Nackfolger<br />

scheint <strong>der</strong> "/4-Hufner David Hinrich Gustav V., jedenfalls ein Sohn<br />

aus seiner ersten Ehe, geworden zn sein. Dieser (konfirmiert 1789) wnrde<br />

zu Dierkow mit Maria Frie<strong>der</strong>ike Stahnke ans Nibuitz getraut den 12. Juli<br />

1804. Er starb dort an <strong>der</strong> Schwindsucht den 26. Februar 1829; seine<br />

hinterlassene Witwe starb ebendort den 22. Oktober 1834. Die Ehe blieb<br />

kin<strong>der</strong>los.<br />

Hiermit ist die Liste <strong>der</strong> Familie V. zu Dierkow nicht erschöpft,<br />

denn die Koufirmationsrcgister weisen noch folgende männliche Namen auf<br />

ans dem Jahre 1783: Christian V., aus 1785: Christopher, 1791:<br />

Johann Friedrich, 1796: Immanuel.<br />

Ermittelt ist die Nachkommenschaft nur von (2.) Johann Christian<br />

Joachim V. (* 1796, konfirmiert 1810). Er wurde Zimmermann.<br />

Aus seiner Ehe mit Christine Kusc von Rostock stammt <strong>der</strong> Sohn Lehrer<br />

Heinrich Adolf Paul V. (* 8. Oktober 1832 zu Rostock, f dort<br />

9. September 1902), verheiratet 28. Juli 186b mit Anna Sophie Marie<br />

Elise Aollhagen (* zu Bentwisch 12. April 1843). Aus dieser Ehe<br />

zwei Söhne:<br />

u.) Dergroßherzogliche IägerAdolfBernhard Theodor, ^30. August<br />

1867 zu Scklutow bei Gnoien, verheiratet am 10. Oktober 1899 in<br />

Marnitz bei Parchim mit Meta Haase aus Plan (* 14. April 1871).<br />

Mit ihr bisher zwei Söhne: Werner Heinrich Wilhelm Martin,<br />

* 27. Juni 1900 zu Grabow, Walter, * 16. Mai 1905 zu Göhlen.<br />

d) <strong>der</strong> Kaufmann zu Rostock Paul Julius Theodor Völschow,<br />

* 9. November 1868 zu Schkuow, verheiratet 7. September 1904 mit<br />

Martha Dora Frieda Nenduhn, * 1. Mai 1871.<br />

Eine amtliche Auskunft des Direktors des Großherzogl. Hauptarchivs<br />

zn Schwerin greift nicht nur in Dierkow selbst tiefer zurück bis auf den


— 51 —<br />

Anfang des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts, sie bringt auch eine Einwan<strong>der</strong>ung aus dem<br />

Amte Ribuitz in das Reich <strong>der</strong> nahen Möglichkeiten. Es sei zugleich in<br />

unserer Arbeit auf das unter „Ribnitz" über den Abstammungsort<br />

Körckwitz Gesagte hingewiesen. — Der Herr Geheime Archivrat Grotefend<br />

meldet unter dem 7. Juni 1906 aus Schwerin:<br />

„Der erste Völschow in Dierkow war ein Müller (Windmühle)<br />

Friedrich V., <strong>der</strong> im Kirchenbuchevou Toitenwinkel zuerst 9. Dezember 1715<br />

als Taufpate erscheint. Sem Sohn Victor Friedrich V. heiratet 1728<br />

eine Försterstoätter aus Gclbensaude Anna Katharina Petersen. Bei den<br />

ersten Kin<strong>der</strong>n dieser Ehe treten mehrfach Taufzeugen aus Willershagen<br />

auf. Nach dem Tode <strong>der</strong> ersten Frau heiratete Victor Friedrich 1743 eine<br />

Possehl aus Polkenshagen, mit <strong>der</strong> er noch zwei Kin<strong>der</strong> zeugte.<br />

Der 1740 geborene Sohn August Leberecht hat anscheinend die<br />

Muhlenpacht aufgegeben, er erscheint als Erbziuspächter einer dem<br />

St. Georgsspital zu Rostock gehörenden Äauerustclle, ebenso seiu 1773<br />

geborener Sohn David Heinrich V. Im Jahre 1829 geht die Stelle<br />

an einen Heuckendorf, vermutlich den Schwiegersohn Völjchows, über. Dle<br />

Witwe Völschows zieht auf das Altenteil.<br />

Die Taufzeugen lassen vielleicht auf eine Herkunft aus dem Amte<br />

Ribnitz schließen. In Körckwih bei Nibnitz ist die Schulzenstelle<br />

in <strong>der</strong> Hand einer Familie Völschow bereits im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t,<br />

bei<strong>der</strong> fehlt aber das Kirchenbuch von Nibnitz aus den Jahren<br />

1690 bis 1718 einschließlich, sodaß die Herleituug <strong>der</strong> Dierkower Völschows<br />

aus Körckwitz unmöglich ist."<br />

Iohannis-Gemeinde zu Rostock: Christoph Nikol. V.,<br />

Arbeitsmann aus Dierkow, v. m. Anna Doroth. Melz 15). April 1801.<br />

Ein Sohn Christoph Nikol. V., * 10. Februar 1801. — Im Adreßbuch<br />

von 1860 fanden sich nur noch zwei weibliche Vertreter des Namens<br />

Völschow in Rostock. — Ergiebiger ist das Adreßbuch von Hamburg<br />

vom Jahre 1899. Außer einer Witwe Völschau uud dem Neepschlägermeister<br />

Julius sind dort verzeichnet: Ludwig Völschow, W. Völschow<br />

und M. Fölschow.<br />

0. Friedland in Mecklenburg-Strelitz: Michael Veltzko<br />

k>66elanl^n8Ì3 wurde 1575 als Student in Oreifswald eingeschrieben.<br />

Es kann sich hier vielleicht um den späteren Natmanu Michael V. zu<br />

Demmiu 1661 handeln.<br />

Später finden wir eine Familie Foelschow in Friedland:<br />

Ein Maurermeister Karl Foelschow wurde 14. Avril 1805 dort<br />

geboren. Er starb am 20. März 1880. Aus seiner Ehe mit Marie<br />

Zan<strong>der</strong> (* l811, f 1887) stammen die Söhne:<br />

4'


— 52 —<br />

1. Ferdinand F., * 1. Mai 1«39, Ichmiedcmeister in Friedland.<br />

Seine Tochter Anna ist die verehelichte Nadloff in F.<br />

3. Ludwig F., * 7. Febrnar 1«44 zu Fricdland, t 34. Juli 1903<br />

zu Treptow a. T., wo er Natsmaurermcister war: ein durch Befähigung.<br />

Fleiß und Nechtschaffcnheit ausgezeichneter Aiann. Er fing mit bescheidenen<br />

Vetteln an und hinterließ seinem Sohne ein blühendes Geschäft am<br />

Tollense-User. llxor geborene Grape. Sohn: Max F., * 23. Ium 1875),<br />

verm. seit 13. September 190d mit I)iargarete Mecklenburg.<br />

v. Das Kirchdorf Horst im Kreise Grimmen: In den städtischen<br />

Akten von Oreifswald kommen ^nolente des Namens Völschow in o<strong>der</strong><br />

bei Horst vor. Diese Knnde stimmt mit einem Briefe des Ed. Völschow<br />

aus Berlin vom 18. Juli 1898 übereiu, desseu Großvater Büdncr in<br />

Horst war. Ed. V. selbst ist in Stargaro, Pommern, als Sohn eines<br />

Schuhmachermeisters V. geboren.<br />

V. Kolberg: Ein echter rechter Völschow aus den sseiUeg ^levig.<br />

und Vnlkcilovia taucht anno 1699 in Kolberg auf. Er ist indes schon<br />

oben behandelt worden, weil er „aus Anklam gebürtig" ist. Über etwaige<br />

Nachkommen liegt wie<strong>der</strong> ein Dunkel ausgebreitet.<br />

kV Aus Nibnih stammend ist Hermann Völschow 1653 zu<br />

Rostock immatrikuliert worden. — Arnold Völschow, Inhaber einer naturhistorischen<br />

Anstalt und Lehrmittelhaudlung zu Schwerin i. M., schrieb am<br />

10. August 1900, daß er am 4. Oktober 1666 in Nibnitz geboren sei.<br />

Seine Aszendenten waren Seefahrer. Der Vater, ein Schiffskapitän, ist<br />

mit allen seinen Papieren in amerikanischen Gewässern spurlos verschollen. Der<br />

Vater und wahrscheinlich auch <strong>der</strong> Großvater in Körkwitz, Pfarramt Nibnitz,<br />

geboren. Eiu Bürger und Hausbesitzer Völschow in Nibnitz wird in einem<br />

Decretuin Nibnitz den 16. November 1801 erwähnt (Beilage zu 143<br />

<strong>der</strong> Strals. Zeitung).<br />

6-. In Stralsund begegnen wir nach Genhkows Tagebuch am<br />

29. Mai 1560 und am 19. Nov. 1566 dem Bartholomewes Voltzkow<br />

und vom 3. August 1563 bis 18. Juli !Ö64 dem As mus Voltzkow.<br />

Die nächstfolgenden Angaben sind dnrch den Bürgermeister Fabricins<br />

im Jahre 1833 zusammengetragen:<br />

Ein Holzwärter Völschow hatte einen Sohn Christian Wilhelm V.,<br />

welcher Hantboist beim schwed. Leibregiment in Stralsund wurde, v. m.<br />

Marie Sophie Peterson. Aus dieser Ehe waren Kin<strong>der</strong>:<br />

1. Dorothea, Witwe (1833) des Hautboisten Brügge in Putbus.<br />

3. Juliane Maria Amalia, * 14. Januar 1764, lebt 1833 im Hause des<br />

Schusters Ad<strong>der</strong> zu S. Aus ihrem Munde hat Fabricius diese Nachrichten.<br />

3. Joachim Völschow, Buntfutterer: verschollen.


— 53 —<br />

4. Elisab. s ledig.<br />

5. Marie, 5 1^^5) als Witwe des Kutschers Nitz


— 54 —<br />

Der Bürgermeister F. bemerkte hierzu: „Die obigen Nachrichten sind<br />

teils aus den Akten des Wancugcrichts entnommen, teils von dem Pastor<br />

Putter, einem Sohn des Superintendenten P., und von dem Oberdiener<br />

Wilken mir mitgeteilt, letzterer hat mir auch den beigehenden Abdruck<br />

von dem Siegel seines verstorbenen Schwiegervaters gebracht." Derselbe<br />

alte Abdruck lag uns vor: Im Felde die Jungfrau einen Schild haltend,<br />

und in dem Schilde 3 Rosen ohne Stock und Zweig; ans dem Helme<br />

3 emporstrebende Rosen. In gleicher Hohe die Buchstaben 0. ^. I'. V.<br />

Hiernach hat <strong>der</strong> Professor Velschow für sich und seine Erben ein ähnliches<br />

aber weit schlankeres Wappen ohne jede Flügelornamentil herstellen lassen.<br />

In <strong>der</strong> Stralsundischen Zeitung kommt wie<strong>der</strong>holt ein Schnei<strong>der</strong>meister<br />

Völschow vor: am 30. April 17


— 55 —<br />

sie mit dem Schnei<strong>der</strong> und dem Gastwirth Völschow verwandt gewesen."<br />

Da die Auszüge des Fabrieius nickt frei von Schreibfehlern sind, sei am<br />

Schluß bemerkt, daß auch <strong>der</strong> Schnei<strong>der</strong>altermauu sich dunkel erinnern<br />

konnte, auch seine Familie stamme von einem Holzwärter in den Clewe-<br />

nowschen Gütern.<br />

Die Akten des stralsundischen Waisengerichts lassen noch Folgendes<br />

ersehen: Branntweinbrenner Heun ing Völschow, erste Frau Kath. Mar.<br />

Klemm, f 175tz, zweite: Johann Schulten Witwe. Kiu<strong>der</strong>:<br />

1. Kathar. Maria V., " 1757, verh. m. Seefahrer Joh. Steffen.<br />

2. Henning V., * 1757. Für ihn ward ein Schlsfcr Christian<br />

Völschow zum Vormund bestellt. Ein nicht genannter Sohn stammte aus<br />

<strong>der</strong> zweiten Ehe.<br />

Im Jahre 1761 sind Vormün<strong>der</strong> bestellt für des Schiffers Daniel<br />

Völschow Tochter.<br />

Eine Völschow aus Stralsund beklagte am AN. August 1793 in<br />

<strong>der</strong> Zeltung den Tod ihres (Natten, des Pastors Grimm zit Wismar,<br />

welcher am 14. August, 43 Jahre alt, gestorben war.<br />

In <strong>der</strong> Heilgeiststrasie zu Stralsund wohnte ein Kaufmann C. A,<br />

Völschow, in <strong>der</strong> Zeituug genannt 1785 mW 179t>. Die Firma <strong>der</strong><br />

Kaufleute Völschow H Uterhardt wird dort 3tt. Juni 1793 genannt.<br />

Auch in dem Kaufmann V. zu Strallund scheint noch <strong>der</strong> alte Geist<br />

<strong>der</strong> Familie gelebt zu haben, denn er war Abonnent <strong>der</strong> Supplemente zu<br />

<strong>der</strong> großen Dähnertschen Sammlung <strong>der</strong> ^andeskoustitutionen.<br />

Die nun folgenden bescheidenen Aktenauszüge bilden eine bedeutsame<br />

Brücke von Stralsund hinüber zu Dänemark:<br />

„Baltzer Völschow bin ich genannt,<br />

Pommern ist mein Vaterland!"<br />

Dieser Spruch führte immer wie<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> dänischen Familie<br />

Velschow nach Etraliund herüber, um Anschluß an unser vorpommerschet-<br />

Geschlecht Völschow zu gewiuueu und die alte Zugehörigkeit zu erueuern.<br />

Es liegt ein sehr richtiger Instinkt m ihrem Streben, wie die nachfolgende<br />

Darstellung mit ihren Velegcn ledren wird:<br />

^nno 1742 d. 6. ässU8t<br />

Ist bei Meister Prein in die drei Jahr geträteu nahmens Valthaser<br />

Volhchow. seines Vaters Nahme heist Christian Fölscho und wierd ein<br />

gezeuget von Aaltdaser Wcstfal wie auch von Iohan Fraucken und hat<br />

seine gebühren entrichtet.<br />

^nn0 1745 d. 8. ^ssU8t<br />

Hat unsier Mit-Ältster Hinrich Mattis Prehn unß gemäldt, das sein in<br />

die verbeßerten Jahren Valßer folschau seine vollige Jahren Ehrlich und


treu vollen Bracht: also wierd er numehro von unß Alterleut vor ein<br />

Gesellen erkant.<br />

Auszng ans ein und Ans Schreibe Buch Stralsund, d. 2. Febewari 1 «42.<br />

I. Jacobs C. Weinholz<br />

Weber Atterrente.<br />

Hierzu bemerkt Fabricins: Ich habe mir das Amtsbuch vorlegen<br />

lassen, und bezeuge darnach die Nichtigkeit des Auszugs. Alterleute meinen,<br />

<strong>der</strong> Christian Völschow müsse hier gewohnt haben, da sonst immer bei den<br />

ein- und ausgeschriebenen nickt von hier gebürtigen Lehrlingen und Gesellen<br />

dies ausdrücklich bemerkt worden. —<br />

Die weitere Darstellung über die Schicksale von Balthasar V.<br />

und seinen Nachkommen schöpft neben einigen Kirchenbuchauszügen ans<br />

<strong>der</strong> handschriftlichen „Om Familien Völscko^v. Ltler l'lolsLsnr<br />

Os»t.f>ßnel86i- t.il Vs^ckn^i-nsZ 8t.amwvlß u6ardoiäet. veä<br />

i Octkr. 1d84". Hinzu treten später ^iachrichten in Erstem,<br />

^cfikon 3. Bind u. 3. Snpplb., Kopenhagen 1653 nnd l^«>^,<br />

und persönliche Ermittelungen, welche <strong>der</strong> Adjunkt V. in den Weihnachtsserien<br />

1905 in Kopenhagen angestellt hat.<br />

Ein Christian Völschow ill Stralsund hatte einen Sohn Balthasar,<br />

welcher 1742—45 in Stralsnnd das Wcberhandwerk erlernte. Dieser ließ<br />

sich ln Soru auf dcr Insel Seeland nie<strong>der</strong>. Er besaß mindestens die<br />

beiden Söhne Marcus Matthiescn und Christian.<br />

^.Marcus Matlhiesen Völschow o<strong>der</strong> Velschow wurde Goldschmied.<br />

Als solcher hielt er sich 17955 in Kopenhagen auf. Die dortigen<br />

Adreßbücher von I79K bis 1^07 kennen ihn nicht. Sein Sohn<br />

1. Christian Balthazar wurde am 10. Januar 179^l in Sor«e<br />

geboren. Der Vater wird sich hicr nie<strong>der</strong>gelassen haben. Eine beglaubigte<br />

Abschrift des Taufscheins lautet: l^rsäksson 6cn 19^6 Annuarii<br />

er 0F<br />

, 80M<br />

80I-S6 lioil l l. riunii 1812 .l. tt. Voisst.<br />

Er war somit nach dem Vaterbrn<strong>der</strong>, dem Großvater und dem<br />

Urgroßvater benannt. Von seinem Vater an nannte sich dieser Zweig <strong>der</strong><br />

Familie Velsckou, ausgenommen Franz A. V., welcher sich in späteren<br />

Jahren nnr Velschow schrieb.<br />

Christian Nalthazar starb 1876 als Instizrat. Er war Kassierer im<br />

dänischen Marineministerinm.<br />

Ein zweiter Sohn des Goldschmieds hieß Balthasar V. und<br />

wan<strong>der</strong>te nach Rußland aus. Bald nach dem Tode seines Bru<strong>der</strong>s hat<br />

er dessen Sohn besucht. Dieser wurde den 30. Juli 1324 geboren und


auf die Namen Niels Christian Matthias getauft. Er wurde Qberkriegskommissär<br />

und starb 1902. Die Witwe lebt noch, ööhnc aus <strong>der</strong> Ehe:<br />

3.) Franz A. Velschow, * 9. August I^tt, 1' 1905. Er war<br />

Inhaber einer Le<strong>der</strong>fabrik in Kopenhagen und in kin<strong>der</strong>loser Ehe mit einer<br />

Witwe vermählt.<br />

k) Jacob Velschon lebt als Gntsverwalter auf Korselitze<br />

Nyköbing F.<br />

k. Christian, <strong>der</strong> 2. Sohn des Webers Balthasar, pflanzt eine<br />

reiche Nachkommenschaft unter dem Namen velschow fort. Nach einem<br />

Briefe des Priesters Glahu zu Sor« vom 7. September 1^74 au den<br />

Oberkriegskommissar V. ist Christian am 1. November 1772 als Sohn<br />

des Webers Baltasar Fcltscov dort getauft worden, nachdem er am 24. Ollober<br />

1772 geboren war. Er wurde Tischlermeister nnd Brauer zu Kopenhagen,<br />

Mitglied <strong>der</strong> Königl. Dänischen Schützenbrü<strong>der</strong>schaft und Leutnant <strong>der</strong><br />

Vandeswehr. Am 12. August 1825 starb er zu Kopenhagen. Aus seiner<br />

Ehe mit Katarina Krollerup, * 30. September 17l>6, f 5. Februar !845,<br />

stammen die 7 Kin<strong>der</strong>:<br />

1. Hans Matthias Pelschow, * am 22. November 1790 zu<br />

Kopenhagen und gestorben am 8. Juli 18(52 ebendort. Er war Magister<br />

Älvum 1831, Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> dänischen historischen Perenugung 1"l39<br />

nnd seit 1. September 1850 Professor onlmariug <strong>der</strong> Geschichte zu Kopenhagen.<br />

Von seiner Gattin seit 1853 Margarethe Elisabeth Kuudsen<br />

(1825—189N), Tockter des MMeubauers Kuudsen, hatte er 2 Löhne:<br />

g.) Hans Christian Vclschow (Rufname Christian), * 1853,<br />

canä. r»s,ils>1s>ßiae uud Adjunkt, d. h. Oberlehrer am Staatsgymnasium<br />

zu Hillersd auf Seeland, seit 1891 v. m. Ebba Johanne Christiane Modseu,<br />

^' 1871, Tochter des Generalmajors Modseu. Keiue Kin<strong>der</strong>.<br />

k) Agathon Matthaeus velschow, * 18öb, Ingenieur seit 1^92<br />

in San Franzisko; 1894 v. m. Anua Kramer, " lNlitt als Tochter des<br />

Großhändlers Kramer zu Kopenhagen. Sie haben 3 in San ^ranMo<br />

geborene Kin<strong>der</strong>:<br />

o) Margarethe Elisabeth, * 1895;<br />

/3) Hans Christian Velschow II., ^ 1899;<br />

7) Knud Godeke V., * 1901.<br />

2. Ane V., v. m. Zlmmermelster Kerrn, Major in <strong>der</strong> Feuerwehr.<br />

3. Sophie, 1- 1«39, ledig.<br />

4. Karl Velschow (l800—1845), Kolonialwarenhändler, v. m. Marie<br />

Iacobsen (1811 — 53), Tochter des Großhändlers Sören Iacobsen. 5 Kin<strong>der</strong>:<br />

a) Hanne Belschow, f 1879, ledig.<br />

d) William Velschow, * 1«3i) in Kopenhagen, 1- il). 1892; von<br />

1855—1872 Kaufmann in Island, von 1872—1892 Rentner in Kopen-


— 58 —<br />

Hagen; verheiratet seit 1862 mit Christiane Elisabeth Möller, * 1835 in<br />

Island, Tochter des Kaufmanns Möller. Sie hatten miteinan<strong>der</strong><br />

fünfzehn Kin<strong>der</strong>, von welchen sechs in <strong>der</strong> ersten Kindheit starben; die neun<br />

überlebenden sind:<br />

tt) Marie Sophie Velschow in Island * ittlN.<br />

/5) Sigrid Christiane ttuise, * ebendort in demselben Jahre, verheiratet<br />

mit Bankassistent Falck.<br />

?) Anna Camilla, * in Island 1«70.<br />

- 1878 ledig,<br />

e) Christian V., jung in Island gestorben. —<br />

5. Marie Elisabeth V., 1- 1tt7'^, verheiratet mit Gutsbesitzer Hans<br />

Hansen (t 1861).<br />

6. laurine Kathrin V. 1805—1884, verheiratet mit Perwalter<br />

Joh. Arorson.<br />

7. Christian V., Gutsverwalter, 5 1860 ledig.<br />

Im dritten Bande (1 «49) von „Historisk Tidstrift" schil<strong>der</strong>t Dr. Mansa<br />

die Pest in Kopenhagen vom Jahre 1711. Während ihrer Dauer rückte<br />

<strong>der</strong> Barbier Philip Velschow zum Obermeister eines vor <strong>der</strong> Hauptstadt<br />

belegencn Pestlazareths auf. Es ist merkwürdig, daß 2 Menschenalter später<br />

in Königsberg i. Pr. ein Zenqmachergeselle Philipp Felskau auftritt,<br />

während auf deutschem Boden bisher in allen Zweigen <strong>der</strong> Familien Völschow<br />

o<strong>der</strong> Pölhkow nnr <strong>der</strong> O-?ant in <strong>der</strong> ersten Silbe vorkam. Nach den<br />

früheren Verkehrsmitteln lag Kopenhagen in näheren Beziehungen zu Königsberg<br />

als die meisten deutscheu Orte. Daher sei in Ermangelung besserer<br />

Nachweise die Familie Felskow in Königsberg und Niga hier allgeglie<strong>der</strong>t.<br />

„Trauschein. Alls (Arund <strong>der</strong> hiesigeu Trauregister wird hiermit<br />

amtlich bescheinigt, daß <strong>der</strong> Zeugmachergeselle Johann Philipp Felskau,<br />

A4 Jahre alt, nnd die Inngsrau Maria Elisabeth ^andschaftin, des Zeugmachers<br />

Matthias Landschaft einzige Tochter, 2A Jahre alt, am L^. Nov. 1767<br />

in <strong>der</strong> evangel. Kirche des Vöbenichtschen Hospttals zu Königsberg Pr.<br />

getraut worden sind.<br />

Königsberg i. Pr., den 3. Januar 1906.<br />

Evaugel. Pfarramt <strong>der</strong> ^öbenichtschen Hospitalskirche.<br />

Nomiuikat, Prediger."


— 59 —<br />

Über die Mebnrt und über den Tod dieses Ehepaares ist in den<br />

Registern <strong>der</strong>selben Kirche nichts enthalten. Ans dem Rundschreiben des<br />

Stadtsuperintendenten von Königsberg an sämtliche Pfarrer daselbst geht<br />

zur Evidenz hervor, daß die Familie niemals in Königsberg einheimisch<br />

gewesen ist. Fast ähnlich liegt es für die vorpommersche Familie in Stettin.<br />

„Taufschein. Ans Grnnd <strong>der</strong> hiesigen Tanfregifter wird hiermit<br />

amtlich bescheinigt, daß Carl Benjamin Felstau, ehelicher Sohn des<br />

Zeugmachergescllen Philipp Felskau und <strong>der</strong> Frau Maria Elisabeth<br />

geborenen ^andschaftin am 7. (siebenten) September des Jahres 1784<br />

(1700 und vierundachtzig) zu Königsberg i. Pr. geboren und am 13. September<br />

1784 Hierselbst getanft ist.<br />

Königsberg i. Pr., Altroßgärter Kirche den 7. Februar 1901.<br />

Evangelisches Pfarramt. Eichberger."<br />

Karl Venj. Felstau wird Hanszimmergeselle uud am 24. Juni 1839<br />

Bürger zu Memel nach Ausweis seines noch erhaltenen Bürgerbriefes,<br />

welcher von dem „Magistrat <strong>der</strong> Konigl. Prenß. See- und Handelsstadt<br />

Memel" vollzogen worden ist. Ob ein Sohn von ihm Tischlermeister in<br />

Riga wird o<strong>der</strong> ob er selbst dieser Tischlermeister ist, welcher nach einem<br />

Briefe seiner jüngsten Tochter (* 1877) Vertha Felsko vom 30. Januar 1901<br />

im Jahre 1895 gestorben ist, läßt sich bei den jetzigen Wirren in »instand<br />

kaum feststellen. Benha F. erwähnt in Niga auch einen Wjührigen Oheim,<br />

dessen Erinnerungsvermögen bereits stark geschwunden ist. In einem früheren<br />

Brief vom November 1900 nennt sie einen Onkel Karl Felskau. Ein<br />

Oheim lebt in Amerika. Ihr eigener Bater hatte sich dnrch rastlosen Fleiß<br />

zum mehrfache« Hausbesitzer in Niga aufgeschwungen, sodaß die Wittwe<br />

glaubt, sorgenfrei leben zu tonnen. So lantet die letzte Nachricht von 1901.<br />

Nach dem Briefe eines Herrn von Denffer ans Hagenberg bei Riga<br />

vom Nov. 1900 war damals <strong>der</strong> Name Felsko in Niga vertreten dnrch:<br />

Auguste Felsko, Hansbesitzerin, Aleran<strong>der</strong>str. 54 wohnhaft;<br />

Karl Felsko, Inhaber einer Ban- und Möbeltischlerei, ebendort;<br />

Wilh. Felsko, Kontorbeamter, Mühlcnstr. 71;<br />

M. Felsko, Zeichenlehrerin, Marstallstr. 32;<br />

I.


- 60 -<br />

banm in Siegen in Westfalen — schon im Jahre 18M Stadtbanmeister<br />

von Riga a. D. und K4 Jahre alt. ferner sein Sohn Karl Felsko,<br />

Stadtbaumeister von Niga. Nach einem Briefe des Dr. Bellebaum voni<br />

14. Inni ittW ist Karl Felsko, Niga, Zircheustraße 2, <strong>der</strong> Sonn des in<br />

Niga „noch lebenden" Stadtbanmeisters a. D. Felsko, dessen Vater von<br />

Königsberg ebenfalls als Stadtdanmeister nach Niga berufen war.<br />

t^. Wismar. Hier, wo die Familie Bölschow bisher keinen Boden<br />

gefaßt hatte, erwirbt am 22. Dezember 1723 Mevins Jochim Völschow das<br />

Bürgerrecht als Kaufmann und Brauer. Der Herr Natsarchivar Dr. Techen<br />

zn Wismar versichert ausdrücklich, daß Nicvins Jochim B. dort zugewan<strong>der</strong>t<br />

sei (vielleicht ans Kolberg). Nach dem Kirchenbuche von St. Nikolai in<br />

Wismar vermählte sich hier am 24. Februar 1724 ein Brauer Mevius<br />

Joachim Völlschau mit seiner herzgeliebten Fran Braut Margarete<br />

Magdalena Pinnow. Aus ihrer Ehe stammte nur ein Sohn, welcher am<br />

20. Dezember 1724 auf deu Namen Hiurich Jürgen getanft wurde.<br />

Unter den Grabsteinen <strong>der</strong> St. Jürgens-Kirche fiudet sich ein Stein mit<br />

<strong>der</strong> Iuschrift: „I)ic8C8 ßrad ssollijn't ^1. 6. Völkclw^' ^u u. 8. cr^u<br />

^0. 1745." Das (^. <strong>der</strong> Iuschrift ist verhaueu anstatt «I., weil in den<br />

Bürger- und Grundbüchern <strong>der</strong> Stadt an<strong>der</strong>e V. nicht vorkommen. Am<br />

2^. September 174A ist <strong>der</strong> Brauer und Kaufmaun Nievius Jochim<br />

Bölschau mit 3 Kirchspiel voller Geläut und 2 Tage Glockenspiel zu<br />

St. Georg im Chor beerdiget worden. Seine Witwe folgte ihm bald und<br />

wnrde am 12. April 1750 in <strong>der</strong> Grau-Mönchenkirche beigesetzt.<br />

Ihr einziger Sohn, <strong>der</strong> Brauer und Kanfmann Hinrich Jürgen V.<br />

wurde mit seiner herzgcliebtcn Jungfrau Braut Anna Sophie Junge, <strong>der</strong><br />

am U5. Januar 1732 getauftcu Tochter des Brauers und Kaufmanns<br />

Ernst Ludwig Junge, am 12. November 1750 in seinem eigenen vom<br />

Batcr Völschow ererbten Wohnhause vor dem Pöler Tore zusammen^<br />

sprocheu. Den 1A. März 1765 ist Hiurich Jürgen Pölschow gestorben<br />

„und d. 34. ^uzci. mit 3 volle Gelallte und 3 Kirchspiel Schnell (Schulen)<br />

und 4 Tage Glockenspiel, ohne Leichpredigt, aus St. Nicol, in St. Georgn<br />

Kirche im Chor beerdiget worden, seines Alters im 41. Jahr." Die<br />

Witwe läßt sich am 2. Dezember desselben Jahres mit Dr. md. Steinecke<br />

wie<strong>der</strong> trauen. Mit dem Brauer Völschow besaß sie 3 Kin<strong>der</strong>. Bon<br />

diesen lebte <strong>der</strong> jüngere Sohn Meuius Jochim nur von September 17o7<br />

bis Januar 1758. Ihre eiuzige Tochter Margrete Elisabeth, geboren am<br />

18. März 17l'»1, hat sich deu I I. Januar 17^1 mit dem Diakon Gottlieb<br />

Christian Grimm vermählt.<br />

Der älteste Sohn des Brauerpaares wurde am 18. August 1754<br />

nach zwei Paten als Ernst Johann Bölschau getanft. Den 24. Oktober<br />

1776 wurde er Student in <strong>Greifswald</strong> unter Erlegung von 2 Nthlr.


— 61 —<br />

30 Gr. (Nebnhren. Er wnrde Kämmcreisekretiir in seiner Vaterstadt, wacher<br />

er 50 Jahre lang bis an seinen Tod diente. Das Kirchenbuch <strong>der</strong> Manen-<br />

Gemeinde zu Wismar berichtet weiter über ihn: „Den 30. September !787<br />

ist <strong>der</strong> Kämlnerey-Secretair Herr Ernst Johann Völichow und Inngfr.<br />

Inliana Ilsabe Caroline Koch, gewesenen wohlverdienten Superintendenten<br />

<strong>der</strong> Wismarschen Kirchen chcleibliche Tochter, proclniml^t nnd den 1^. October.<br />

von dem Herrn Magister Hanpt copulili." Ans vorstehen<strong>der</strong> Ehe stehen<br />

in diesem Kirchenbuche 2 Kin<strong>der</strong> als geboren verzeichnet:<br />

1. Sophia Ernestina, * 25). Mai 17«9, f 8. November 1541<br />

am Nervenschlag, beerbt von einer Schwestertochter.<br />

2. Henriette Caroline, * 2N. April 179^, zwei Tage darauf getamt.<br />

Schon am 29. Oktober 1794 verlor <strong>der</strong> Kammcrelictretar seine<br />

Gattin. Er selbst starb am Tage vor seiner dOjälirlgen Amtsjuliclscier<br />

den 25. Mai 1831 au Gallenfieber. Mil ihm ist <strong>der</strong> letzte bekannte<br />

männliche Sproß aus <strong>der</strong> Familienverbindung Völschow und Meuins<br />

dahingegangen.


Znch II.<br />

Die hinterpommerschen Familien.<br />

Kapitel I.<br />

Die von Voltzkow o<strong>der</strong> Volskow.<br />

„Volskowen führen einen Fisch vnd auffnl Helm drey Straußfe<strong>der</strong>n"<br />

(Micraelius, tt Bücher vom alten Pommcrlande VI, 53^).<br />

Ähnlich wie es in Vorpommern ein Vanerndorf Völschow gibt,<br />

kommt in Himerpommern k>8(>. von Schivelbein ein Gut Völzkow vor:<br />

viilu. Volukon, Volc^cow, wie es schon vor dem Jahre 1320 urkundlich<br />

bezeichnet wird, also genau so wie um dieselbe Zeit das Dorf bei Iarmen<br />

(in betreff des Gutes, Pomm. U.-V. V, S. 134, 2-22).<br />

Der erste Herr von Völzkow tritt im Jahre 1319 urkundlich<br />

beglaubigt auf als Wisko v. V. Am 20. September 1319 nämlich<br />

bestätigt <strong>der</strong> Bischof Konrad IV von Camin dem Colbcrger Domkapitel<br />

den Kauf des Dorfes Peterfitz. >Vicel^ de Volcooov und an<strong>der</strong>e Verwandte<br />

des Verkäufers Lubbert Wlasenapp hatten versucht, obigen Kontrakt<br />

zu hintertreiben. Später gaben sie ihre Zustimmung (Pomm. U.-B. V,<br />

S. 456).<br />

Herr Pastor Heling zu Venzlaffshagen nennt noch einen an<strong>der</strong>en v. V<<br />

vom Jahre 1337, den 2eger o<strong>der</strong> Segibcrt von Voelkikow als Herrn von<br />

Klotzkow (heute Klützkow, eiue Meile von Voelzkow entfernt, gleichfalls im<br />

Kreise Schivelbein). Seine Angabe deckt sich mit Anmerkung 5 zu Seite 15<br />

<strong>der</strong> Schrift von H. F. P. v. Wedel, Beiträge zur älteren Geschichte <strong>der</strong><br />

Neumärkischeu Ritterschaft 1. Leipzig 1886. Die neueste Ausgabe des<br />

Handbuchs von V. (Hollmert bevorzugt die Schreibweise Veltzikow. („Das<br />

Neumärfische Landbuch" Frankfurt a. O. 1862. Seite 26.) Nach dem<br />

Handbuch <strong>der</strong> Neumark vom Jahre 1337 iu Raumers Ausgabe gehörte das<br />

Dorf Voltzikow mit 44 Hufen Bodens zum Lande Schivelbein. Gollmert<br />

liest 43 Hufen. Belehnt wurden die Völzkows nachweislich zuerst am<br />

15. März 1499 zur gesamten Hand mit dem Dorfe Veltzkow. Ihr Petschaft<br />

weist nicht den von Micraelius und Zedler erwähnten Fisch, son<strong>der</strong>n einen<br />

Gegenstand, welchen man am ehesten als einen Angelhaken (sonst als einen<br />

verkrüppelten Anker) deuten könnte. Auch Herr v. Mülverstedt irrt hier.


- 63 —<br />

Bis zu dem genannten Datum sind hie und da einzelne Knappen<br />

ähnlichen Namens aufgetaucht und zwar in verschiedenen Län<strong>der</strong>n:<br />

Am 9. Januar 1296 wird ein Volzeko, villino in Vobelin, als Zeuge<br />

erwähnt (Pomm. U.-B. I II, S. 259). Noch früher am 2tt. Juni l240<br />

kommt im Gefolge des Fürsten Johann von Mecklenburg ein mecklenburgischer<br />

Ritter Volsegho als Zeuge vor, <strong>der</strong> mit seinem weudischeu Namen auch<br />

„unser getreuer Woltzic" genannt wird. (Visch, Mecklenb. Urk. II, S. 9<br />

und 33). Ein Knappe Vicke Volschow, <strong>der</strong> gleichfalls aus Mecklenburg<br />

zu stammen scheint, verbürgt sich am 18. Juni !395) mit an<strong>der</strong>en für<br />

eine Schuld des Königs Albrecht von Schweden au die Städte Rostock nnd<br />

Wismar ftivl. Urk.-B. IV. Neval 1559, Spalte 53 t' Urkunden Nr. 1376).—<br />

Verkehrt ist die Behauptung, eine adlige Familie V. ans Mecklenburg sei<br />

zum Teil nach Rügen ausgewan<strong>der</strong>t und habe zwei gekreuzte ^orlieerzweige<br />

im Wappen geführt. Diese Embleme treffen nnr auf die Familie v. Folschcn<br />

zu. Auf Rügen hat nie eine Familie v. Volschow gesessen. Zwar scheint<br />

Ilsabe Volschow von itncm Vater Barthold v. Krakcvitz, welcher die Güter<br />

Upatel, ssriyow, Kieshof und Drigge besaß, mindestens dies letzte auf Rügen<br />

gelegene Wut Drigge geerbt zu haben — <strong>der</strong> Vater starb am 7. November 164^<br />

—, aber daraus ist für die Völ'chows noch kein alter Sitz anf Rügen<br />

herzuleiten.— In dem „Wappenbuch des abgestorbenen Adels in den Groß-<br />

herzogtümern Mecklenburg" (Siebmacher VI. Band, 1s). Abt., 118. Seite<br />

und 67. Tafel) ist eine Familie Wölhow vermerkt. Schild: ein rechtshin<br />

gewendeter Wid<strong>der</strong>kopf nnd daneben eine fünfeudige Hirschstange.<br />

Auch im kandbnch <strong>der</strong> Altmark von 1375 werden wie<strong>der</strong>holt Völschows<br />

erwähnt, namentlich in dem Dorfe Wardenberg, <strong>der</strong> Familie v. Alvenslcben<br />

gehörig. Hier sitzt ein Volhkow va«n.llu« als „I>>mmu8 villne" und<br />

weiter gegen den Schluß hiu heißt es unter „Wardenberg": lt^m c!«<br />

(?0389.tÌ8 XVI 8(ill


— 64 —<br />

Merkwürdig, <strong>der</strong> Völschowsee an <strong>der</strong> Grenze zwischen <strong>der</strong> damaligen<br />

polnischen Starostei Draheim und <strong>der</strong> kurbrandeuburgischen Neumark heisit<br />

in einer Urkunde vom 27. Iannar 1661 ,'I^cu8 Wiiltxkl)" (Kgl. preuß.<br />

Geh.-Staatsarchiv k. 4, n. 11).<br />

Nach Ausweis des Kasteubuchs gehören zu dem Adel im Lande<br />

Schivelbein im Jahre 1469 die von Voellzkow allf Voel^kow (Nachricht<br />

des Pastors Heling). Diese erste Nackricht, daß die Völzkows auf Völzkow<br />

saßen, wird bestätigt dnrch das Register <strong>der</strong> Lehnsmannen <strong>der</strong> Neumark,<br />

welche 1499 und 1i">0) dem Kursürstcu Joachim I. und dem Markgrafeu<br />

Albrecht die Huldigung zu Schivelbein geleistet haben. Hier wird die<br />

ganze Vcrwaudteujippe gellanut: Claws zu Meseritzeu, Hinrick, Hanns,<br />

Peter, sein Bru<strong>der</strong> Sou, ^oltzkow. Hanns, Peter (onmundig), die<br />

Voltzkow, gebru<strong>der</strong>, Hansen söhne. Es ist zu erwägen, ob die jüngeren<br />

Haus uud Peter ^öhne des obigen Hans sind o<strong>der</strong> die Söhne eines<br />

an<strong>der</strong>en nicht anwesenden Hans (Riedel, (Üolipx 6,'pl. ttt-anci. Ili. 2. Seite<br />

440; Geh. St.-A. k. 73, 31 sO. .>l. 42> sol. 120).<br />

In diese Zeit fallen zwei Immatrikulationen, welche Mitglie<strong>der</strong> dieser<br />

Familie angehen:<br />

a) zu Rostock am 15. Mai 14N4 N^nnin^i8 Volt/Kon? ät^<br />

!3ct)iuold6in 6eäit 2 m;<br />

^) zu Frankfurt 1506 ^tru8 Vs>!t7.1c0^v 6^ 8c^i^^1i^in.<br />

Die Lehubriefe, welche die von Völzkow auf Bölzkow erhalten haben,<br />

sind znsammengefaßt in einem Nepertorinm des Königl. Kammergerichts<br />

zu Berlin, über die in den ^9 Lehns- und Konsens-Büchern des<br />

Neumürkischen Negieruugs-Archivs befindlichen Dokumente.<br />

Name des Gutes Poeltzlow, Name des Besitzers: die v. Voeltzkow.<br />

Inhalt des Dotumeuts: ^ehnbrief 1499, zu fiuden I'omus 22 toi. 47<br />

1502, ., .. „ 33 , 132<br />

für Hans v. Voeltzkow .. 1507, „ „ „ 32 „ 72<br />

Gebr. u. Gev. v. Voelzkow .. 1530, „ „ ., 24 „ 83<br />

die v. Voeltzkow „ 1555, ., „ Aber 36 „ 31<br />

Sodann sind an Lehnbriefen betreffend Schivelbein aufgeführt:<br />

3 Hufen Gebr. und Gev. v. Voeltzkow Lehnbrief 6? 1536, ^om. 24 sol. 83<br />

Burglehen Gebr. Voelhkow Kauf-Konseus 66 1577, „ ^h Z2<br />

Aurglehen Gevetter v. Voeltzkow Kanf-Komens 6c 1599, ., 29 I 32<br />

In dem Geheimen Staatsarchiv zu Berlin befindet sich eine Anzahl<br />

von Neumärkischen Lehnskopiarien mit nrtuudlicheu Nachrichten über die<br />

Völhkows.<br />

In „<strong>der</strong> Voltzkenn (sie!) lehen brine" vom 15. März 1499, „geben<br />

zu Schiulbein am fritag nach letare im 99 jare", werden von den Markgrafen<br />

zu Brandenburg die Vettern Hans und Peter Vollzken mit dem


— l',5 —<br />

Dorfe Pelhlow zu recktem N^annlehen nnd gesalntcr Hand belehnt<br />

lK. 78", 14. Knrm. ^ehllskop. 4l, l's>l. 47). Der nächste Vchubrief voui<br />

Kl. Januar 1,'^ beschreibt die Belehnten in nicht sehr verständlicher<br />

Weise. Es muß daher <strong>der</strong> Tert des Briefes (Geh. Staatsarchiv 41,<br />

t«>I. Isl" bis 1'


Nach Ausweis des Lehnbriefes vom 9. Mai 1536


an holtzungen vund Wassern vorbehalten sein. Wo er aber keine<br />

leioß lehcnns Erben verliefe, so foll es alles bey <strong>der</strong> bcmelten seiner Eheliche,l<br />

Frawen gebrauchnnge plcyben, so lnnnge biß Sie auß dem gntc geloset<br />

wirdt, vor meniglich vngehin<strong>der</strong>t. Vnnd Wir geben Ir des vnnsern lieben<br />

getrewen Marzen Tthareu ^) zue ^abentz zue Bormund vnd Georgen<br />

zu Matzmanßdorf zue einweysern, getreulich vnd vngeuerlich, zue<br />

mit Bunserni a?ihangenden Insigel besigelt, vnd gebeil ausf vlmscrm Schlos<br />

zue Cüstrin am Freitag nach Inuocavit Anno 4l>."<br />

Am 27. Februar ldd5» verleiht Markgraf Johann den „lieben gc-<br />

trewen Georgen vnnd Michele» gefetterenn den Bolhkowen .... nach<br />

absterben jres Vaters vnnd Betters Hansen vnnd Petherenn" das Dorf<br />

Boltzkow und das freie Äurglehen vor Tchivelbciu, „wie Pcther Boll^ton'<br />

seliger, etwan Bürgermeister zu Schicnelbein" dasselbe von dem Bater des<br />

Markgrafen zu ^ehen erhalten hatte. (Op. N^om. ^ s9--7«, sol. 3^'—3A'). Die Nelehnung erstreckt sich wie<strong>der</strong> nicht nnr<br />

auf das Dorf Boltzkow, son<strong>der</strong>n auch ans Halls nnd Hof mit Z Hufen<br />

Wird sonss wie<strong>der</strong>holt Marcus Scharn e genannt.


vor <strong>der</strong> Stadt Schivelbein, womit znerst <strong>der</strong> Bürgermeister Peter belohnt worden<br />

war. Zur Vervollständigung und Fortführung dieser ^ehushaudlung gehört<br />

eine amtliche Ausfertigung vom 2l'». Oktober 1->^1 nlit wichtigen genealogischen<br />

Nachrichten: Polktow (l5>7l, 15«l).<br />

Denn l3. Xnvemkri«; ^nno 7l haben Christof, Moritz vnnd Hanß<br />

gcbrü<strong>der</strong> die Polhkowen, nach dem sie zu Vande fhommen, vf die Belehnuugk,<br />

io Iln'em bru<strong>der</strong> Peter ^olytoweu in <strong>der</strong> Erbhuldigung vou Chnrf G. gescheheull,<br />

Vehenspflicht geleistet, vnd ist Inen Vorauf ... Ir Vehen, souiel Ir<br />

Bater auf sie vererbet Vorlieben. Der Vebenbricf Vorüber ist gcnandten<br />

Ircm bru<strong>der</strong> iu <strong>der</strong> Erbhuldigul^g lnittgclhelltt. Aln Michel! Boltztow zu<br />

Boltzkow verstorben, hat sein söhn Kersten Poltzkow Innerhalb gebührlicher Zeitt<br />

die Veheu alhier gesucht vnd empfangen, auch ^chenspfliän gethan. Weil! aber<br />

die ^oll>koweu elucu goiamptcu Cdurfürstlickcn Vehnsbrieff haben, welchen<br />

gcmelter ^oltzkow fürgclcgt, hatt mauß bei demselben vff dismal also bleiben<br />

laßen vnd diese seine ^ehenssnchunge registriret. ^cwin Cüstrin den<br />

^t>. Octodr. ^no .^l.<br />

Kow: Niori^ Veldkow ist vor Dantzig in <strong>der</strong> belägerungk vmblommen<br />

8me liac;i'Cllil)U3 mHZ^uIiä, ot sr«.tlt»l) haben die Lehn nicht gesuchtt. Solchs<br />

haben sie selbst berichtet, ut. nuprn." ((^opwr. I^eom. llä. l)—1, toi. l)/j^.<br />

„Hnfcu und Schösse 15)72 lid. It. 4^, n. 33): Bortzeichuus <strong>der</strong>er<br />

vom Adell huefen, so im Schiuelbeinnischm bereit seindt bcsuudeu wurden.<br />

HißNlUum den 2. Octobris.<br />

Anthouius Scharen t huefeu zu Labenh. . . .<br />

Peter ^eltzkow ^2 huefc kamplaudt zu Veltzkow,<br />

l 3 teill einer huefe Idem-,<br />

Michel! Velykow 1^^ huefe kamplaudt zu Veltzkow<br />

'/3 tcill einer huefe Imgleichen<br />

3 huefcn, so er von Peter Beldkowen pfauhweise<br />

an sich bracht, znnor pauerß huefen geweseu, sciudt iahr arme gesellen,<br />

2 dritten theill von einer huefen". —<br />

.'» hucfeu zu 2chiuelbeiu, Summa 9 hilefeu vnd<br />

Ohne Ort und Iahr wird einmal, wohl im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t von<br />

„Marcus Schareu, Greger uud Frie<strong>der</strong>ich die Koppen znm ^abentz"<br />

ein Gesuch eingebracht, das; mau sie mit den zwei Pferdeu, die sie von<br />

^abcntz halten müßten, wegen des geringen Ertrags <strong>der</strong> Güter verschone<br />

und es bei einem Pferde bewenden lasse. Ihre „Eltern" Jochim Koppen<br />

und Dinnies Scharn e hätten von ihren Gütern nur mit einem Pferde<br />

Notdienste geleistet: „worinnen die Voltzkowen vorhin zu hülvfe kommeu<br />

mühen", weil doch für die Voltzkowen „ein eigen Dorsf daruon abgenommen<br />

worden". (Aus uoch uicht registrierte!! Altcu des Geh. Staatsarchivs<br />

zu Berlin.)


- 69 —<br />

Dan dieVöltzkows wirtschaftlich zurückgegangen nnd in Not geraten<br />

sind, beweisen die nächstfolgenden Urkunden:<br />

„Peter Voltzschkowen zn Schifelbcin Consens W0 Gnlden ans sein<br />

(Nlltt zn leihen.<br />

Wir Iohans Georg . . . Churfürst . . . bekennen . . . ., das Wir<br />

vuscrm lieben getreuen Peter Voltschkoweu auf sein vndcrthenigs Ansuchen<br />

seine . . . schulde halben, domitt er bchafft, gnedigft vorgnnnett vnd zugelassen<br />

haben, anf sein Vehngutt, als ein Hank und drey Hnfen in <strong>der</strong> Stadt<br />

Sckifelbein belegen, daß er von Bns zu ^ehn hatt, '^oo gnlden Merkischcr<br />

werung, wi<strong>der</strong>teuftichen weise anf Z Jahr langt Anleihen: Conscntiren vlld<br />

bewilligen demnach solches von Vandt^fnrstlicher obriglcitt wegen, hiemitt<br />

vnd in krafft vnd macht diß Vricnes, zu Vrkundt . . . Actum Cüstrin<br />

den 1^. Decembris Ao. 72."<br />

Am 14. April 15)73 erhält Michael Vowkow den kurfürstlicheu<br />

Konsens zu <strong>der</strong> Vcrpfäudung einer anf dem Pelktowlschcn Felde gelegenen<br />

Hnfe für 2^ st. aus .'5 Jahre. An<strong>der</strong>erseits verpfändet Günther v. Äriesen<br />

am 1l^. Mal l5)7Z seine Wiese auf dem Kuseuoijchen Felde für 5)0 sl.<br />

Pommerischer Wehrung an „Barbara, Michael ^ellzlowmus chclljchc Hans-<br />

frawen" l^op. ^I. 9^..-<br />

Peter Bclykow in alhie erschienen vnd hatt bey seinen! leben seine<br />

Lchengnter seinem Sohne Adam ^eltztowen mit Hand vnd mnudc auff-<br />

gctragell, vnd gebetell, ihn damit zubelcihen. Darauf mau die Pflicht<br />

genomen, vnd ist damitt beliehen worden 13. Octb. 97.<br />

I.) i!,jsl. 9, fol. ^02.:<br />

Registratur über die Lehen, Consens, Leibgeoing, Privilegien vnd<br />

Coufirmatlones«


— 70 —<br />

Peter Voldto tritt seinem Sohne Adam ab sein gntt zu Voltzko und<br />

Schiselbein, vlld hatt Adam drauf die Pflichte abgelegt, ^otum 13. Ottob.<br />

/^O. «17, „helts W0 si." Die letzte Bemerkung bezieht sich auf den Wert<br />

des Lehns. —<br />

Durch einen kurfürstlichen Konsens-Brief vom 16. Ottober 1597<br />

wird Adam Boltztown gestattet, auf seinen Rittcrsitz zu Volkkow, vou Jakob<br />

Meseritz 35l) si. Pomm. Wahrung zu 6"/o anzuleihen, zunächst auf 3 Jahre<br />

(Oop. ^om. 11, III. sol. 3'>. —<br />

In dem „Vorzeichnus <strong>der</strong>er vom Adell in <strong>der</strong> Neumarck, wie die<br />

legen Berlin aufs den 10., 17. vnd 1«. Februarii Ao. 98 zu empfahung<br />

<strong>der</strong> Lehen vnd die Lehens Pstichtt abzulegen verschrieben worden" find<br />

„Im Schiefelbeinischen" schlechthin die Veldkowen zu Veltzkow aufgeführt<br />

worden. Dies geschah wegen des Negiernngsantritts des Kurfürsten uud<br />

Aiarkgrafen Joachim Friedrich. Bei einer früheren Gelegenheit werden<br />

ohne Angabe des Jahres „Georg und Michel! Ometter« die Völtzkow" mit<br />

Namen angeführt. Diesmal stand das Geschlecht wie<strong>der</strong> auf vier Augeu,<br />

Christoph uud Adam gehörig, (k. 7«, 80 >Oplar. klat-ck. 88)).<br />

Drei Musterungsrollcu find noch bemerkenswert in K. 78, 82<br />

^oznai-ium ^larcb. 57):<br />

Musterungsrolle (1505?) 2 Pf(erde) die Veltzkower von dem Dorff<br />

Veltzkow (ld!. 79).<br />

Noßdienste wie die in <strong>der</strong> Neuve Markh vnd den dartzu gehörigen<br />

Örttern den 18. Mann Anno 83 in <strong>der</strong> Müsteruug beschrieben.<br />

1583<br />

in den Kreissen Schivelbein, Dramburg vnd Arußwalde Peter Felhkow<br />

1 Pferdt sambt einem Harnisch: ist ausgethan, sol ein an<strong>der</strong> ftferdt vnd<br />

Rüstung schaffen (so!. 91).<br />

Musterungsrolle 1». Martii 15«8:<br />

Im Schiuelbeinischen Kreise Peter Foltzkow. 1 Pf. mit Nüstung, ist<br />

geringe vud Ime bcfoleu, sich ein an<strong>der</strong> Pferd zu schaffen«, wie er dan<br />

solches auch angenommen. Eß besagenn die alten Verzeichuusße, das sie<br />

von dem Dorff Folhkow mit 2 Pferdenn gedienett. Weill nur Ihr Diner<br />

erschinenn, <strong>der</strong> hat wegen des an<strong>der</strong>n Pferdts kein bescheid gebenn konnenn;<br />

allem er wüste, das sie das halbe Dorff Jochim Klieft verkaufst: Ist Ime<br />

angezeiget, seinen Junckern zu erinnern, das sie sich mit den an<strong>der</strong>n Pferd<br />

anch gefast machen sollenn


— 7! —<br />

„Kleist. Schiuelbeinisch. Bei itziger allgemeinen landcshuldigung<br />

hat sich vnter an<strong>der</strong>n Neumerckischen Innckern Kei steil Kleist anch anhero<br />

gefnndcll vnd zur lehensempfahnng gebllhrlich oss^il-et vllnd erbottcnn,<br />

Anch auf des lehens^cn'tai-ii zil Custrin Nierten Bnchows plsxlucirten<br />

schrifftlichen schein, <strong>der</strong> lehengutter halber, so sein Pater sehlig Joachim<br />

Kleist nlit Churfürstlicheu (Ül)N8cn3 voll Christof vnd Pctcrn gebru<strong>der</strong>n dcn<br />

Veltzkowen im Dorffe Velhkow hiebeuorn erblich erkauft, anch den 23. .sulii<br />

verscheines 91. Ihars daselbst zu Custrin albcreit vor sich vnd seinen vn-<br />

mundigen bru<strong>der</strong> Donnies Kleisten, deme zu trewcn henden vorzntrageu,<br />

albereit einmahl wircklich darmit beliehen vnd inn^tiret, an<strong>der</strong>weit zur<br />

lehenspflicht ^mittiret worden. Was aber die bclehnnng anlanget, hat<br />

es ihme nochmals (nachmals?) an dcn lchcnbricfen gemangelt: dorumb<br />

man dieselbe so weit ali^riret, bis er die lehenbriefe voll vortenferll mechtig<br />

werde, dieselbe nebenft <strong>der</strong> ganhen kaushandelung in oi-iginlil, anhcro znr<br />

stelle bringe vnd nach befinduug <strong>der</strong> fachen richtigkeit eillen nenen lchenbrief<br />

darüber gebührlich vorferttigell laße vnd auffor<strong>der</strong>u, deßen ihnle vmb nach-<br />

richtnng willen dieser schein auf sein bitten« zugestellet. Signatnm Colln . . .<br />

den 22. l^di-ukrii ^o. 98.<br />

Vber wenige tage hernach hatt Adam Pclhkow zu Peltzkow wi<strong>der</strong><br />

vorstehende belehnung beigeheffle prowktatilm eingebcnll vnd iolche Uli ucUc<br />

zu bringen gebettenn." Obwohl zu Anfang dieses Schriftstücks die Rand-<br />

bemerknng steht: „Ist daruon gebogen (äcil. Kersten Kleist) vnd hat nichts<br />

zu lehengelde geben. 1 Pf. 20 Th. lehngelt r^tiren": so siyt Karsten<br />

Kleist i. I. U!08 doch in dem Dorfe nach einem Vericht des Vandrcutcrs<br />

Joachim Porhauer: „Christofs vnd Adam Pcltzkow mit Carsten Kleisten<br />

haben zusammen ein Dorfs, Veltzto genandt .... Im Dorfs Vcltzkow<br />

zwey Sitze: bewohnen Christofs vnd Adam Belhlow; die Kleiste haben ein<br />

Stücke ^eheugut von den Peltzlowen zum vn<strong>der</strong>pfande, maßcil sich noch<br />

einen Sitz an" (k. 7«, 83 sOp. ^larcb. 9^1 toi. 340—.'M).<br />

Kurfürst Joachim Friedrich belehnt am 11. Dezember 15l>5 „Christoffen<br />

vor sich vndt Adam Peters Sohne auch vor sich, geueltern den Voltz.<br />

kowenn . . . zue rechten Manlehenn vnd gesambtcr handt" mit dem Dorfc<br />

Voltztow und dem bekannten Hans, Hof und 3 Hufen vor <strong>der</strong> Stadl<br />

Schivelbein.<br />

Diese Angelegenheit behandeln drei Urkunden (R. 78, 95. d'op.<br />

N60M. 12, I, lol. ^I^, l-ELp. K. 78) 97.


— 72 -<br />

weitere 350 fl. „so bey den Vorcken zn ^abes stehn vnd jährlich daß<br />

hun<strong>der</strong>t mit 7 mit 5>0 Talern und mit ^lXj Gulden, nnd 161^ mit<br />

l^7 Talern ((^'op. Kem... Il, III, sol. «.»4''—95, 106. Ferner 1«, WI.<br />

5>«, 3^7"»; wegen des Verkaufs <strong>der</strong> Burglehen 11, III, sei. ^'>).<br />

Durch dell neuen Knrfürstcn Johann Sigismund erhalten am<br />

31. Mai 1l)l)9 die Volykowen ihren Vchubrief nicht nnr über Vollzkow,<br />

son<strong>der</strong>n anch über das Burglehn des früheren Bürgermeisters Peter. Es<br />

sind die Belehnten die Brü<strong>der</strong> Peter und Christoph und Peters Sohn Adam.<br />

Persönlich auweseud zu <strong>der</strong> Erbhuldigung ist nur Adam, mit <strong>der</strong> schriftlichen<br />

Vollmacht des Christoph und seines Vaters Peter vcrseheu. Auffallend<br />

in diesem Vollmachtsbrief sind die beidcu Siegel, welche <strong>der</strong> eigenhändigen<br />

Unterschrift <strong>der</strong> Vollmachtgeber bcigedruckt worden sind. Der<br />

ganze Schild des Wappens wird nur durch einen spitzwinklig gekrümmten<br />

Haken ausgefüllt. Es sei daher die Vermutung wie<strong>der</strong>holt, daß diese<br />

Familie keilten Fisch im Wappen geführt habe. Von den vier Urkuudeu,<br />

welche sich mit <strong>der</strong> Erbhuldiguug zu Küstrin durch die Gebrü<strong>der</strong> Voltzkow<br />

beschäftige», lag die emc bisher bei dcu „noch nicht registrierten Akten" des<br />

(>ieh. Staatsarchivs zu Verliu. Die drei an<strong>der</strong>en sind bezeichnet K. 78, II. 2<br />

nnd tt. 7«, lw lOs). Nk>nm. 15», s'oi>.<br />

Neom. 17, kl. 4^7).<br />

Ziemlich zn <strong>der</strong>selben Zeit (1M5) wird ein an<strong>der</strong>es kleines Geschlecht<br />

gelegentlich ans dem Dnntel hervorgezogen, welches von Micraelius uud<br />

vom Freiherru v. Vedebur scheiubar zu den Völschows gerechllet worden ist,<br />

die Woischowen ilu ^auenbnrgischen. Dies geschah gelegentlich <strong>der</strong> Erbhnldignng<br />

<strong>der</strong> hiuterpolllmcrscheil Stände bei <strong>der</strong> Tronbestcignng Herzog<br />

Äogislaws Xlll., indem <strong>der</strong> Kranke Georg Wolschow mit lll die


<strong>der</strong>er eingeschrieben wurde, welche am '^tt. April 1605 die Huldigung<br />

leisteten (Valt. Stnd. N. F. V, Seite W). Haben die von Wolichow<br />

vielleicht einen Fisch im Wappenfelde geführt? Eine Familie Wolichow<br />

führte (nach Siebmacher) im quer geteilten Schilde oden zwei Pfähle, unten<br />

eine Nose (anno 1379). Dagegen hatte <strong>der</strong> Rektor Symon Boltzkc ^<br />

Erfurt 14Nl im blauen Felde zwei weiße Fische und als Helmbm'ch<br />

drei Straußenfe<strong>der</strong>n!<br />

Zu Frankfurt a. O. wnrde 1008 Paulns Veltzcovins ttil lop0ien8Ì8<br />

?olonu8 immatrikuliert und zu Rostock im Inll l


— 74 —<br />

erlosch auch das den Völhkows erteilte Lehen. Das ^ehengut des Verstorbenen<br />

wurde auf Befehl <strong>der</strong> Regierung zu Kiistrin vom 17. Dezember<br />

1621 eingezogen. Über die beiden hinterlassenen Töchter des Adam<br />

v. Voltzkow wird von dem das Erbverzeichnis aufnehmenden Beamten berichtet,<br />

daß sie nach Gebühr ausgesteuert werden müssen. Es lohnt sich<br />

aber, das „Verzeichnis" des mit <strong>der</strong> Abschätzung des Nachlasses betrauten<br />

Zöllners und Zeisemeisters Hans Heinrich hier ganz folgen zu lassen:<br />

„3. Nittersitz an gebewden vngefehr wirdig . . . 400 fl. — 14 hueffen<br />

werden zn solchem gnete gebranchtt, mit den 4 Nitterhueffen kan jehrlich<br />

austgeseet werdeu an Roggen 4 Wl.<br />

dieses Jahr aber sind 4 Wl. 22 Schll. Roggen außgeseet;<br />

Gersten vngefehr 1 Wl. il schll.<br />

Hafern 3 wl.<br />

Buchweizen 6 schll.<br />

Erbsen 3 schll.<br />

tteinsahmen 4 schll.<br />

zn beschickung <strong>der</strong> Ecker werden 3 Pfluege vom Hofe gehalten, dazu belegen<br />

3 Pauern Je<strong>der</strong> mit 2 Hueffen, 2 Coßathen.<br />

Helligkeit wie folgtt:<br />

1 Scheefferey von 350 Schaffen, weill nicht viell Wiesenwachs vorhanden.<br />

1 Sehe vngefehr eine l> Garne zucge, dahu 3 kleine Sehe. An<br />

solcher Fischcrey Dinnies Klieft, so im selben Dorff rc8i6irt, den 4ten theill<br />

am großen Sehe berechtigen vndt an den 3 kleinen Sehen die helffte.<br />

Wiesenwachs ist geringe, vndt nicht mehr alß eine Wiese datzu belegen.<br />

Adam von Vol^kow hat bey Lebzeiten d^ von Briesen ctzlich Geldt vff<br />

Wiesen gethan.<br />

Höltzung ist ein Buchenholtz vngefehr 1 Morgen-langk, vndt fonsten<br />

vorlengst dem Sehe mit etlichen Buchen bewme bewachsen: ist gar geringe.<br />

Hasen Iagtt vffm Völtzkowschen Felde, Kirchenlehen vndt Straßen<br />

Gerichtt Adam von Voltzkowen zustendigk Inhalts des Lehnbrieffes.<br />

Sonsten ist vermncge Adam von Volzkowen ^'ehnbrieffe zu solchem<br />

(Anette ein Bllrg-Vehen m Schivelbciu belegen mit 3 Freien Hucffcu.<br />

Das Hauß vndt 2 Bneden sambt allen Zimiuern ist nichts vorhanden, seindt<br />

etzliche Jahr hero wncste gelegen; vndt vor 2^ Jahren haben die Volzkoweu<br />

solch Bnrglehen einem Ernst Werbelowen vor 700 fl. vorkaufft. Werbelow<br />

aber ist nach weiniger Zeitt von seiner Frawen abgezogen vnndt Todts<br />

verblichen. Hernacher aber hatt beften Ernst Werbelowen Haußfraw viell<br />

Schuldeu, wie hernacher folgctt. vff solch Burgklelien gemacht, vundt ist mit<br />

einem leichtfertigen terle, so seine cigeue haussraw verlaßcu, mit ihme<br />

dauou in Pohlen gezogen. Vlldt ist niemahln die ^ehnc vber solch Änrglehen<br />

von Werbeloiueu noch von den seinen gesucht worden; allein das


— 75 —<br />

Adam von Polhtow inhalts seines Leheubriefs die ^chne beybehalten vudt<br />

bisihero wartell mnßeu.<br />

Folget nnn, was anff solch Vurgklehen zll Schinelbein hasstet: Erstlichen<br />

hatt Jacob ^irke, Bürger zu Schlnclbein ^Vo. l von dem «. Iully<br />

vn<strong>der</strong>säncdtlicheu vermuege <strong>der</strong> brieflichen Urtuudcn nss eine halbe Hnefc<br />

anßgezählet ili) si.<br />

Peter Node, Bürger zn Sciuuelbciu äo. 1606 den 12. Aprili« vff<br />

ein Garten vndt ein Wnrdtlandt Inhalts Herrn ^audtvoigts Dietloff von<br />

Winterfeldes Oon8t>„8 41 fl.<br />

Joachim Jahn, Bürger zu Schinelbein ^o. 1619 den 10. ^ ussiti<br />

vff eine halbe hucffc .... angezählet 60 si.<br />

Iaeob Lastkow zn Schinelbein ^n. 1621 den 14. Iuny anss 2 Hanßlen<strong>der</strong>,<br />

so zu den beyden Bueden belegen, Adam von Volhkowcn außgezahltt<br />

15 st<br />

IacobusVurqkman anff einen geringen Garten ansigczahlt 6 arg. 9 H . .<br />

Andreaß Namdthuen, Bürger zu Zchinclbein ^0. l0.^ des Ernst<br />

Werbelows Hanßfraw vff eine Hneffe Vandes mit Consens des Herrn<br />

^andtvoigts ausigezählt, die hneffe für den Zinß zu gebrauchen 110 ft.<br />

Attgstin Heydenreich, gewesener ^andtreilter ^ Schinelbein hat<br />

^0. 1601 den 17. ^VuKUkU vff eine hneffe Vandes . . . . ausgezahlt<br />

!00 fi. Solch Geldt Ernst Werbelow zn sich empfangell.<br />

Rüdiger von Borcken Witbe zn Clacschagen aufs ein Wnrdclandt<br />

außgezählett 25 fl.<br />

^llno 1600 am Tage Martini hat Ernst Werbelow von Dorothea<br />

Polzkowen, Adam von OolMven hin<strong>der</strong>laßenen Schwester vsf Zinß genommen<br />

.... 2b fi. Ihr auch in seiner Obligation znm Bntcr Psandt<br />

eingesetzte das Nurgklehen sampt allen psrtinsntien zu Schiuelbeiu, jedoch<br />

ohne <strong>der</strong> gnedigften Herschaft Conleus vndt bewilligungk.<br />

Folget mehr, was vsf solch hin<strong>der</strong>laßenes Adainb von Bolzfowen<br />

Lehnstück haffteu soll:<br />

Die hin<strong>der</strong>laßene Adam von Bolzkowen Witbe inhalts Ihres ?eibgedinges:<br />

an Gelde 1200 fi.<br />

Drei Pferde vndt einen bedeckten Wagen des verstorbenen Adam von<br />

Volzkowen Vätern Brue<strong>der</strong> Fraw, so vff itzo in dem cim-u ^tittcrntz zu<br />

Völtzkow r^ic^irt, ist verglichen, das sie zeit ihres Lebens Ihre wohuuug drei»<br />

habeu soll. Ist nunmehr eine alte betagte Fraw, so vff <strong>der</strong> grnbe gehett.<br />

Die beide Adam von Bolzkowen hin<strong>der</strong> Ihm verlassene Töchter<br />

werden <strong>der</strong> gebühr uach auch mußeu außgesteurt werden.<br />

Auß solchem Gueth nntß auch ein halb Veheu-Pferdt gehalte,! werdeu<br />

(nachträgliche Ralldbemerkuug: Die ^ehue-Negistralur besagt 1


ll»s>!» Diugstages nach Vaetare bat Ernst v. Werbelow vf daß<br />

Vurgklcheu zu Schifselbein Inhalts brieff vnd siegelß vff Zinß genommen<br />

ll) thall. Doch ohne <strong>der</strong> gnedigsten Herschafft Consens vnd dewilligung.<br />

Snmma, so vif daß burgklehen zn Tchisfclbein hafsten wurde, 456 ft.<br />

tt arg. v ^/' Dies ist zu verstehen: Pommerschcr Währnng den Gulden<br />

zu 18 arg. (N. 4^, u. ft:i).<br />

Gnte Gewährsmänner wie Freiherr v. ^edebur und Klette lassen nns<br />

in betreff <strong>der</strong> ritterlichen Famillc ^oltzkow recht im Stich. Der erstere<br />

wie<strong>der</strong>holt bekannte Irrtümer (I I I, 64) nnd in einem „Nachtrag" (lll, .>5>4)<br />

sagt er: „VollMv, Im ^auenbnrgi'chcu ist irrthümlich; jedoch Schivclbein<br />

l5W. Bölsiow (Tchivelbein) nicht Boltzkow 14." Ja,<br />

wcuu amtlich bestätigt wird, daß alle Gcsamthäu<strong>der</strong> im Jahre 16->1 zu<br />

den Totcll gehören, dann kann dieselbe Familie doch im Jahre 1796<br />

nach I7l) Jahren nicht plötzlich wie<strong>der</strong> aufgelebt sein!<br />

P. v. Niesseu (beschichte <strong>der</strong> Ncumart im Zeitalter ihrer Entstehung<br />

nnd Vesiedluug. landsberg a. W. IWi)) nennt im Register die Völ^kow<br />

„ritterliche" ncumarkische Familie. Auf 2« 305 f. sagt er: „Zweifelhaft<br />

wird man über den betreffenden Zusammenhang sein hinsichtlich <strong>der</strong> Familie<br />

Pölhkow, ob sie nämlich ihren Namen hier erst von dem gleichuamigen<br />

Dorfe empfangen hat o<strong>der</strong> ob, wie mich dunkt, fic als Pöl^ke hergekommen,<br />

ein Ocsitzdorf nach sich benannt und dann darnach den eigenen Nameu in<br />

Pölzkow gemodelt hat."<br />

Aapitel II.<br />

Die Zlreischulzen des Amtes s„^tarolley"> I)raßeim.<br />

Das Oheime Staats-Archiv zu Berlin besitzt die Abschrift eines<br />

Vertrages vom Jahre 12A7, nach welchem <strong>der</strong> Herzog von Masovien und<br />

Cujavien dem deutscheu ^Drdeu


— 7? —<br />

abgenommen, so dak eine Bemerkung von Hanvtmann in seinem Anche<br />

„das Wappenrecht" l^' an Berecktignna. gcwiullt: daß in dem Kampfe<br />

ttm das Dasein von dem Adel manchmal Bauerngüter in Erbpackt ge^<br />

nommen wnrden. Wie dem anch fel: es besteht die merkwürdige Tatsache,<br />

daß fast gleichzeitig mit dem Aussterben <strong>der</strong> v. Völtzkow anf Völtztow<br />

ziemlich in <strong>der</strong> Nahe, in Tempelbnrg nnd Umgegend, bürgerliche FreischulM<br />

des Namens Völykow zuerst geschichtlich beglaubigt werden.<br />

Die ganze .Herrschast Drahmu mit Tempelburg wurde uach fast<br />

dreihnn<strong>der</strong>tjährigcm Besitze von <strong>der</strong> Krone Polen lm Jahre U>5)7 an den<br />

großen Kurfürsten verpfändet und nie wie<strong>der</strong> eingelöst. Der fast noch un-<br />

bebaute Bodcu konnte <strong>der</strong> Eutwicklung des Freischulzentnms nur günstig<br />

sein. War doch <strong>der</strong> Schulze nur ein Führer <strong>der</strong> aus Freien bestehenden<br />

Kolonisten in den zn besiedelnden Vän<strong>der</strong>eien. Sollte dort ein Dorf an-<br />

gelegt werden, so übergab <strong>der</strong> Herr des Bodens du- zur Besudelung be-<br />

stimmte Fläche einem Unternehmer zur Zerstückelung in einzelne Hnfcn.<br />

Letzterer erhielt nicht nnr das doppelte Kolonistcnland, son<strong>der</strong>n anch gewisse<br />

Freiheiten von Abgaben und mancherlei Gerechtigkeiten. Erhielt <strong>der</strong> Unter-<br />

nehmer das ^and mit Gerechtsamen zn eigen, so hies; er Freischlage.<br />

Kleidete sich aber die Begabung in die Form des Vehnrcchtcs, so entstand<br />

ein Schnlzenlctm. Mit dem Besitz vererbte sich ein jedes Schulzcnamt.<br />

In <strong>der</strong> Aufschrift auf <strong>der</strong> nach dem q^onen Brande <strong>der</strong> Stadt Tempclbnrg<br />

am 6. Inni 16M vollendeten mittleren Kirchenglocke ist auch <strong>der</strong> Name<br />

des Amtslchreibers von Draheim, Georg Bolkko enthalten. Zu welcher<br />

Familie dieser Völtzko geHort hat, ist nicht mehr festzustellen, auch uicltt.<br />

ob er eine Hochschule bejucht hat. Zu Nostock wurde im Mai 1s>71<br />

(^eni-ssi'uk ^u1t?3tlc0n (-^l-i^n^i^ als Stndent eingeschrieben und zn<br />

Frankfurt 15l)d (^6s>rssiu5i V^ilt^^i-n^ ^Iceu^ur^ONZis.<br />

Den ersten Schulzen Völtzkow treffen wir am ä3. Dezember N>3l<br />

zu Döberitz gelegentlich einer Bestätignng <strong>der</strong> Schulzen <strong>der</strong> ötarostei<br />

Drahcim durch den König Vladislans von Polen. Die Urkuude nenut<br />

den Schulzen in Töberitz Iohau Felska. Die Pflichten <strong>der</strong> Dorfschulzen<br />

bestehen iu einem jährlichen Zinse au das Schlos? uud in Zeitell <strong>der</strong> Not<br />

in einem Wachtdienst mit je einer Flinte auf dem Schlosse o<strong>der</strong> an <strong>der</strong><br />

Grenze. Iu betreff ihrer Gerechtigkeiten heißt es: „Dieße schultzeu loßen<br />

Wir bey ihrer schuldickeit vndt loßen sie anch bey ihrer freyhcit: was sie<br />

von uhr olter Herr vndt von longen Zeiten gehobt undt ihueu dinlich ist.<br />

Abson<strong>der</strong>lich von ihren Eigen körne vor ihr hanß birre breuuen, auch ihre<br />

schwein freye mäste zn hoben" (Geh. Staatsarch. General-Direktorillm<br />

Pommern Amt Draheim Ttt. XI.IV, tt?ct. :z, Nr. 10).<br />

In einem polnisch geschriebenen Invelltar <strong>der</strong> Starostei Draheim wird<br />

über das Dorf Döberik gesagt: ^öltzko gibt für das Schulzenamt 5>l) Flor/'<br />

Daneben zahlte ein an<strong>der</strong>er im Oorfc die Hälfte mit 25 Fl. (St.-A. li. 4, u. 11).


— 7« —<br />

Daß in jener znm Teil schreibnnknndigon Zeit <strong>der</strong> Name Vöwkow<br />

eine sehr unterschiedliche, fremdartige Schreibweise durchgemacht hat, ist nm<br />

so weniger zu verwun<strong>der</strong>n, als die Schulzensamilien <strong>der</strong> polnischen Krone<br />

untertänig waren. Es ist anch nicht festzustellen, ob nicht einzelne polnische<br />

Beamte zu den Völtzkows gehört haben. Beispielsweise sind Erlasse des<br />

Königs Wladislans vom Jahre NNtt unterzeichnet von Henr. Wolski,<br />

Der wahre Name des Schulzen Halls Völtzkow tritt erst in eiller<br />

Urkunde zntage, welche eine lange Vorgeschichte hat: Ans Falckenbnrg<br />

saßen die von Vorcke als Untertanen des brandenburgischcn Kurfürsten.<br />

Zn Heinrichsdorf Nlld allf Vroih saßell die von <strong>der</strong> Goly. Damals lloch<br />

polllische Untertanen nnd Parteigänger. Etwa östlich von Vroch beginnt<br />

die Thurbruchsche Heide, welche die von Borcke für sich und ihre Bauern<br />

iu Zacherm in Ansprnch nahmen. Den Banmbestand hatten aber die<br />

Polnischen, unter ihnen auch die Bewohner <strong>der</strong> Dörfer Alben, Neblin,<br />

Flatensce, Neilhoff nnd Döberitz zn ihrem Nutzen gefällt. Ein an<strong>der</strong>er<br />

Streitpunkt zwischen den von Aorcke einerseits und dem Starosten und den<br />

Goltzen an<strong>der</strong>erseits war <strong>der</strong> fischreiche „Föltzlow-See" hart neben dem<br />

polnischen Dorfe Heinrichsdorf. Da <strong>der</strong> polnische Starost offen gegen die<br />

voll Äorcke und gegell die Gemeinde Zacherm auftrat, kam es zum kleinen<br />

Kriege, welcher erst allmählich durch die Dazwischenknnst <strong>der</strong> beteiligten<br />

Negiernngen gedämpft werden konnte. Die Akten des Geh. Staatsarchivs<br />

hierüber mit Einschlich <strong>der</strong> Grenzrezesse sind ziemlich zahlreich (k. 4.<br />

ll. N —Ili; 24). Nach einer Beschwerde von „Schultz vudt gemeine deß<br />

dorpffs^ Zacharihn" an dell braudcnburgncheu Kurfurstcu vom Jahre 1si4ll<br />

ist <strong>der</strong> Starost recht gewaltsam gegen die Deutschen vorgegangen. Die<br />

Beschwerde lautet: „. . . . Inmaßeu den <strong>der</strong> Starosta zu Draheimb Hr.<br />

^olnumc^ O^i-llikuwLk)' Nllmehr vor etwan Elff jähren daß dorff Zacharill<br />

den Polen vndt zue <strong>der</strong> Starostey Draheimb bringen wollen, gestalt er daß<br />

Wapen Ihr. Königl. Mayest. zu Polen an dasselbe as^iren vndt den<br />

Unterthanen daselbst, daß sie dem Hause Falckenburg die schuldigen Dinste<br />

nicht mehr leisten, son<strong>der</strong>n dem Königl. Hanse Draheimb forthin gehorsamb,<br />

verpflichtet und gewertig sein sollen, befclen laßen . . . . Voll <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n<br />

seilen hat vorgedacht <strong>der</strong> Draheimbscher Starosta <strong>der</strong> Zacharinschcn Dorf-<br />

schafft von ihren Phralten Pflngk Landung ober 234 Morgen nehmen undt<br />

seinen Amptß Dorffern eintheilen laßen; Gestalt er den befehliget, daß seine<br />

Polnische Dorffer Tcharff Orth, Ncwhoff vndt Schwartzsee jedes Dorff<br />

eine Feltmarck in das Thuerbruche raden müßen. Anch den Neblinschen<br />

vndt Flakenseeschen ebenmeßig, jedem Dorff im Thurbruch eiu Felt auß<<br />

zuraden anweisen laßen. Hiebei er auch vnser anspannnng angreiffcll dürffeu,<br />

in dem er den Zacharinschen Schulzen einen Ochßen llehmcn, schlachten<br />

vndt freßen lassen/'


— 79 —<br />

Vci solchen Zuständen ist es nicht zu verwun<strong>der</strong>n, dasi anch die<br />

von Vorcke sich zn Gewalttätigkeiten hinreißen ließen. Und hiermit<br />

beschäftigt sich die Klage, welche „Hans Voltzkow", <strong>der</strong> Schnlze zn<br />

Döberitze mit den Schulzen ans an<strong>der</strong>en benachbarten Draheimschen Dörfern<br />

am l«. April l


- 80 —<br />

das ganze Jahr drey tage, wozu Sic dann ein gewisses an Zinsen entrichten<br />

müssen.<br />

8. Solche Zinsen haben vor diesem, als die Herrschaft inn gntem<br />

Stand gewesen, mit denen 500 f., so das; Städtlein Tempclburgt entrichtet,<br />

jährlich 1l)l)0f. Pollnisch einzntragen pflegen.<br />

Die Schnitzen so zwart alle dienstfrey, mnßen doch jährlich ein großes<br />

an Zinsen zutragen helffcn vnd ein Pfcrdt zu <strong>der</strong> Herrschaft diensten, wen<br />

es begehret wird, halten." (2t.-A. k. 4, u. 12.)<br />

Ans dem Inventarium <strong>der</strong> Starostey Draheim ^o. 1668: „Das<br />

Frcy-Schnll5cN'Gehofft e Döbcritz genannt. Solches wird itzo halb von<br />

Panl ^öltzkowcu Witbe, halb von ^ohrcntz Völtzkoweu Witbe<br />

genühet vnd bejeyen. Beyde haben ihre ?rivil^in. in t)rissin.'lli procluc^iret,<br />

davon Wir l^mm genommen; Sie genießen die Freyheit wie an<strong>der</strong>e<br />

Frey schnitzen vnd geben jede b Nthlr. sucit 10 Nthlr. Zins vnd sind<br />

schuldig jemandts mit Gewehr anff <strong>der</strong> Herrschaft erfor<strong>der</strong>n zu gestellen."<br />

sk 4, n. 13'.)<br />

Nach denlselben Inventarium hat die Witwe von Paul Völhkow zu<br />

Döberitz in dem Dorfe Nebliu die Hälfte eines Bauernhofes für 4 Nthlr.<br />

gemietet. Nach einem Hufenverzeichnis desselben Jahres wird für Döberitz,<br />

Neuhoff und Kleiu-Scwvarzsce zusammen nnr eitle Hufe Landes vermerkt.<br />

Aus dem Äkteustück lt.. 4, u. l'i» cutuehmeu wir noch mauches:<br />

Wirkliche llutertanen gab es in <strong>der</strong> Zeit von 1668 bis 1671 nur die<br />

beiden Frei-Schulzenfranen. Die Nnbrikeu: „Frey Saßen, Krüger, (hanhc<br />

Äauern, Halb Bauerll, Oautze ^ossctteu, Kleine Cossaten, Ändener, Schulz<br />

Cossaten, Schmiede, Hirten, Fischer, Kätener" blieben unausgefüllt. Also:<br />

Alle zerstreut ans dieser sonst bctrnchtlicheu dörflicheu Naugstufeuleitcr!<br />

Ordinäre Zinsen nnd Pachte wurdeu uicht iu Naturalien, son<strong>der</strong>u mit<br />

Al) ft. bar gegeben. Auch ls>7


hierbei genannt ^kin^ l't ^oor^il^ >V^ 1 ox!. Juni l. 1l)7l gehaltet!", ist „<strong>der</strong><br />

Meinung, daß ob zwar auf iedeu Schulen Bericht mehr alß ein ^rey<br />

Schnlh vorhanden, solches doch 3r. Chnrfl. Dhl. nicht schaden tan: denn


— «2 —<br />

je ps>sjols)8rr das Amftt, je genüklicher


gedachter privil^n. sich gebrande» nnd sehr viel viehe halten: «nodllrch<br />

so wohl Ew. Chursi. Dhl. als allch <strong>der</strong> armen nntertahnen viel) großer ab-<br />

brnch an <strong>der</strong> weide geschiehet. Ja in etlichen Dörfern ist schon lein Bailer<br />

son<strong>der</strong>n lanter Schulden zu finden. Vudt waß das größte, sollen darllutcr<br />

welche sein, die gantz teine l'i-ivilossm vorzeigen können: dahcro nach denen<br />

Pohlnischen Rechten ihre Haab ciulne nnd C'w. Churfl. Durchl. zufallen<br />

müste."<br />

In einem späteren Berichte weist S. v. Chwalkowski diejenigen nach,<br />

welche nicht mit genügenden Privilegien versehen sind (k. 4, n. !.'4, ^.).<br />

Um die Wende des 1?. Iahrhnn<strong>der</strong>ts fließen die nrtnndlichen Nach'<br />

richten sehr spärlich. Dies ist nm so bedauerlicher, weil gerade dadurch<br />

die in dieser Zeit beson<strong>der</strong>s wichtige Schciduug <strong>der</strong> Namen Völtzkow nnd<br />

Völtzte noch mehr erschwert wird. Es ist bereits in dem vorigen Kapitel<br />

an einigen Beispielen erwiesen, daß aus Unkenntnis o<strong>der</strong> aus Bequemlichkeit<br />

<strong>der</strong> Name Völtzkow selbst in amtlichen Urkunden Abkürzungen erfahren hat.<br />

Derartige Kürzungen eines Namens kommen noch hentc vor. Der Namc<br />

Balthasar wurde im Verkehr noch vor wenigen Jahrzehnten in Baltzcr<br />

verwandelt und im freundschaftlichen Umgänge in Balftiug. Nicht weiter<br />

ist <strong>der</strong> Schritt von Völlzkow in Völler. Es sind daher gelegentlich <strong>der</strong><br />

Huldignng <strong>der</strong> pommcrschen Städte am 2. Oktober 1l'»'^.> auner dem Ver-<br />

treter <strong>der</strong> kleinen Stadt Bu blitz Vorenz Volhkow hier uoch zu berücksichtigen:<br />

aus Köslin Martin nnd Christian Völtzke,<br />

aus Naugard Johann und Christian Voltzsche nnd<br />

aus Nügenwalde Peter und Jakob Völtzke ltt. 3", n. 19l.)<br />

Bei diesen Zitaten ans dem Geheimen Staatsarchiv mag noch ans<br />

früherer Zeit hineingezogen werden:<br />

15)71: Echoß-Negister <strong>der</strong> Stadt Prenzlau. Im „Negister aner<br />

<strong>der</strong> Niestadt" wird Panl Voeltzke erwähnt als Stenerzahler (K.'^1, 117).<br />

Da in dem schon früher genannten Dorfe ^ubow nm das Jahr 172l!<br />

ein (Aerichtsmann Andreas Vvlhkow das Schulzenamt verwaltet, so sind wir<br />

anch verpflichtet, deu Brauer Martin Bölhlc zu ^ubow vom ^I.Iuui 170l<br />

zu berücksichtigen (U. 4. n. 13"). Ferner wird am 10. April 1717 m<br />

dem Dorfe Altenfier des Amtes Draheim <strong>der</strong> Baner nnd ^erichtsmaun<br />

Heinr. Voeltzke genannt (U. 4. „. 1^).<br />

Nach einem Protokoll, Tempclburg den 7. März 17W, ist dnrch<br />

einen in Tempelburg entstandenell Brand sowohl die katholische Kirche ein-<br />

geäschert als auch <strong>der</strong> I'lel)3.,lU8 >Vmcksn3 <strong>der</strong>gestalt beschädigt worden,<br />

daß er darüber das Zeitliche gesegnet hat. Als sein Nachfolger wnrdc<br />

ans die Empfehlung des Bischofs von Posen hin <strong>der</strong> (.^lmmc-uz I'l,ttm


als Vertreter des verstorbenen Plebanus bei einem Tanfakte zu Vubow sich<br />

dem dortigen Schulzen Polskow gegenüber „sehr nndcfchcidcn anffgeführet"<br />

hatte. Danach war Andreas Völylow schon l719 inl Alute ulld<br />

katholischer Religion, wie aus einelll Prototoll erhellt, Draheim deil<br />

12. Febr. 17^7, gezeichnet 9ieall<strong>der</strong> (Notar), über die Abgaben nn dell<br />

katholischen Pater zu Tempelburg, Johann Christian Hein. Zu dell<br />

„summarisch" Abznhörenden zahlt Andreas Völtztow, Gerichtsmann in<br />

^ubow (li. 4, ii. 13" zweites Konoolut).<br />

Zll Döbcrin silld im Jahre 1734 zwei Schulzen; Johann (Neorg Müller<br />

nnd Heinrich Völtzckow. Diese hatten sich beschwert, daü sie neuerdings<br />

jährlich ein je<strong>der</strong> 3 Scheffel 4 Meyen Pachlloru uud 2 Aithlr. (Grundzins<br />

an das Amt Drakeim elltrichten sollten. Der Kurfürst verordnet mit dem<br />

3. September 1 734 eine Uutersuchung dieser Beschwerde nnd Bericht hierüber<br />

durch die Pommersche Kammer. Dell Fortgang dieser Angelegenheit erfahren<br />

wir nicht. Eine spätere Urkunde vom Jahre 173(i mag aber hiermit in<br />

Verbindung stehen. Diese lalltet:<br />

„Die Döbritz'schc Schulden haben nicht mehr gemahlen in Draheimb<br />

alß <strong>der</strong> Schnitz Müller 5 mahl in Snmma . 11 jchll.<br />

Nogken und 3 schll. Verstell 3 „<br />

- 14 schll.<br />

<strong>der</strong> Schultz Völbko in 4 mahlen !» schll.<br />

Noglen lln ^ schll. Gersten 11 schll.<br />

und müsien die r^tirende 16 schll. 4 melden Nogken lllld 3 schll. 3 motzen<br />

Gersten abbringen. Meine l^xocunan gehet von hcnte den 13 Innij an;<br />

nnd müstell Sie lllir mein Gebühr voll <strong>der</strong> Zeit an geben, daß ich ihnen<br />

die kxcc.'l«tis)n allgelundiget habe, biß daß sie mir einen abwich Zettel vom<br />

Herrn Krieges Rath bringen. Klein Schwanke, den 13. Junij 173N.<br />

An die Schulden<br />

Johann Oeorge Müllern<br />

und Heinrich Bölhto zu Döbritz.')"<br />

Heillnch Volatow ist im Jahre 1755) gestorben, wie ans einer<br />

Venachrichtignng des Königlichen Amtsgerichts zu Tcmpelburg vom<br />

18. Juni 1898 hervorgeht (Doeberitz Nr. 1, 54


- 55 —<br />

(Tobias, Franz, Samuel). Aon diesen Kin<strong>der</strong>n erhielt das obengedachtc<br />

(^lnnostilck Peter Panl Völzkow. Dieser hatte lnnl — abschriftlich in<br />

den lkülndaltelt vorhandenen — Erbre^sscs vom '^5). April 17.^7 nenn Söhne<br />

(Johann Martin, Joachim Friedrich, Christian ^ndwig, Christoph,<br />

(ttottlieb, Pcter Panl, Carl Heinrich, Philipp, Voren5 Wilhelm.)<br />

Das Grundstück ging über ans Iobann Martin Völ^tow. Derselbe<br />

war zweimal verheiratet, hatte aber nnr ans erster Ehe einen Sohn<br />

Carl Vlidwia. PjUztow, welcher das . )lpril l^.^i weiter verlanste<br />

an einen Eigentümer Schnuot.<br />

Carl Vlldwig Völ.ztow, <strong>der</strong> sich dann Völtzkow schrieb, hat, wie ans<br />

einer Berhandlnng vom l. Juli I.^i." hervorgeht, später in c^r.-Vorn<br />

gewohnt." (Unterschrift des Amtsrichters).<br />

Emine Söhne ans <strong>der</strong> Freischlllzenfamilic zn Döberitz erlernten ein<br />

Handwerk. Mehrere Handwer^emschreibimgen sind erhalten geblieben:<br />

>Vl'lum Tempelbnrg, d. 1. Novbr. 174^.<br />

Schnei<strong>der</strong>innnng.<br />

V?eister ^orentz Hein stellet seinen Vehr Inilgen Joachim Friedrich<br />

Söltzko vor die öffentliche Vade und giebt zn verstehen, daß er denselben<br />

anf ^ Jahre in die ^chre nehmen wolle.<br />

^cwm Tempelbnrg, den .!


— «6 —<br />

Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß <strong>der</strong> Stammsitz nnd Ausgangsort<br />

aller Vehns- o<strong>der</strong> Freischützen des Namens Völtztow in Döberitz<br />

zu suchen sei. Höheren Ortes wird man guten (Arund gehabt haben, <strong>der</strong><br />

Familie Vorschub zu leisten uud ihre Erbansiedeluug auch auf den Höfen<br />

<strong>der</strong> Nachbardörfer zu begünstigen. In Döberitz tauchte aus dem Dunkel<br />

<strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> erste Erbschulze Iohaun V. im Jahre 163! auf.<br />

Dann kamen Paul uud Lorenz noch vor 1668. Es folgte Tobias und<br />

Georg. Für den ersteren trat wie<strong>der</strong> ein Johann ein, neben Georg<br />

im Jahr 1679. Von da an stoßen wir auf eine bis auf hellte durchlaufende<br />

erbliche Familiengeschichte, welche mit Heinrich beginnt. War sein Vater<br />

Johann o<strong>der</strong> Georg? Wir wissen es nicht. Soviel steht aber fest, daß<br />

<strong>der</strong> Doppelname Johann Georg (Hans Jürgen) seitdem in <strong>der</strong> Schulzen^<br />

familie wie<strong>der</strong>kehrt.<br />

Der Zeit nach ziemlich auf <strong>der</strong>selben Höhe stehen die Schulzen Johann in<br />

Döberitz seit 1679 — sein Nachfolger Heinrich starb erst 1755 —, Lorenz in<br />

Klein-Schwarzsee, überwiegend dem l 7.Jahrhun<strong>der</strong>t angehörig, und sein Sohn<br />

Andreas. Dieser Andreas wird so lange in ^ubow (1719—1726) das<br />

Schulzenamt verwaltet haben, bis die Erbschulzenstelle seines Vaters für<br />

ihn in Klein-Schwarzsee frei wnrde. Ein Sohlt von ihm gleichen Namens<br />

scheint in ^ubow geblieben zu sein, da nach dem Trauregister am<br />

3. November 175)1 zu ^ubow Andreas Völzko mit Jungfrau Anna<br />

Viaria Hasemann getraut worden ist. Ein weiterer Zeitgenosse uud<br />

nächster Verwandter ist <strong>der</strong> aus Döberitz gebürtige Vürger Hans Jürgen<br />

Völzkow zu Tempelburg. Dieser war ein invali<strong>der</strong> Soldat. Er hatte<br />

den schleichen nnd den siebenjährigen Krieg mitgemacht und in <strong>der</strong> Ehe<br />

etwa 20 Jahre gelebt, aus welcher eine Tochter ihn überlebte. Im<br />

95. Lebensjahre erst traf ihn <strong>der</strong> Tod am 23. März 1796. Ziemlich<br />

gleichzeitig lebte in Tempelburg Iohaun Gottfried Völskow. Diesem gebar<br />

seine Fran An. Dorothea Nah einen Knaben, welcher unter dem Namen<br />

Laurentius als getauft am 2-4. Oktober 1749 in das Kirchenbuch <strong>der</strong><br />

katholischen Pfarre aufgenommen wurde. Hier scheint aber nur ein<br />

Versehen vorzuliegen: denn in einer an<strong>der</strong>en Eintragung desselben Kirchenbuches<br />

findet sich als Gatte von Anna Rah Hans Jürgen Völzkow.<br />

Diese letztere Eintraguug ist mit belehreuden Erklärungen des Probstes<br />

Wenzel gelegentlich <strong>der</strong> Uebersctznng versehen worden, welche für unsere<br />

Arbeit wichtig sind. Der Geistliche schreibt:<br />

„1740 unterm 13. Februar ist aus Tempelburg als getauft aufgeführt<br />

Joannes Sohn des Joannes Georgius Wölskow uud <strong>der</strong> Anna<br />

Nalzin. Die Geburt ist — wie dies anch für alle vorgenannten Getauften<br />

gilt — als legitim bezeichnet. Die Taufe ist von dem «katholischen Prediger<br />

geschehen. Pathcn warcn: Frauciscus Haß, Consul und Catharina Ratzin.


- 87 -<br />

Die Eintragungen sind in lateinischer Sprache geführt. Die Tchreib-<br />

weisc <strong>der</strong> Familiennamen aber entspricht znmcist <strong>der</strong> polnischen Orthographie,<br />

diese kennt ein „v" nicht. Ebenso ist es in, Polnischen nicht gebräuchlich,<br />

ein Heichen zn schreiben als Buchstaben, das nicht au?gesprochcu wird, wie<br />

das „n" aul Eude des delttschen Nameus Völzkow. Die Eintragung vom<br />

!:;. Februar 1740 macht hierin eine Ausnahme."<br />

Nun aber sind zwei weitere Eintragungen nnd zwar in das Kirchenbuch<br />

<strong>der</strong> evangelischen Pfarre bemerkeuswerl: Oeuselbeu Eltern Haus Jürgen<br />

Völskow uud Auna )^ial) w.lrde am w. ^uul l7.;^ <strong>der</strong> Sohll Johann<br />

Daniel geboren, welcher zwei Tage später getauft wurde uud am<br />

5. Februar !74s) <strong>der</strong> obengcuaume Joanne«, hier als Haus Jürgen am<br />

II. Februar getauft. Da sämtliche Sülnle den Vater uicht überlebt liabell,<br />

kehren wir zu den Altersgenossen dee Vaters zurück: zunächst llach Döbcritz, um<br />

die Schicksale <strong>der</strong> Dcszcndeuteu voll Heinrich V. (-',- 17.^>j an^fllhrlicher<br />

zu verfolgen. Dieselben gehören durchweg dem euangeliiäicu Bekenntnisse an.<br />

Ein Joh a uu (Heorg wird nu Jahre 17Xi'j als Pate crn'älult.<br />

Von Joh nun Georg aus Döberitz glaubt die nachbeschriebene<br />

Familie direkt abzustammen durch dessen Sohu Friedrill) Vocll/kow,<br />

Bürger und Hausbesitzer zu Brom berg, 1- 2^. August l^n7, vermählt<br />

mit (seit k. September 17li,V) Christine Dorotbee Karoliue Heydenrcich,<br />

* 31. Dezember 1774 in Ttargard i. Pom., !' N). Dezember 1^'^x,<br />

Königsberg iu <strong>der</strong> Neumark. Tochter des Weisigerbermeisters Johann Inlob<br />

Hetdcnreich, * U). Allgust 1747 zu ^reisenberg i. Pom. („x. seit '^2. Juli<br />

1772 Dorothea Maria Krüge, Tochter des Freischulzen Mart. Krage zu<br />

Gr.-Schöufeld i. Pom.).<br />

Im Sterbeschein ist Friedrich V. bezeichnet als Johann Friedrich.<br />

Es war ibm nicht gelnugen, seinen Tausschem ans Tempelburg zu crlaugeu.<br />

angeblich wegeu des grosien Brandes daselbst vom 27. Jull 1 ?l Jahren 2 Monaten<br />

erreicht. Er stammte au5 einem nach Tempelbilrg eingepfarrten Bauern<br />

dorfe, woselbst sein Vater O)Utsdcsih.er und Besitzer <strong>der</strong> Tempelbnrger<br />

Ä?ühle (?) gewesen sein soll. Nach Erlernung des Lchnei<strong>der</strong>handwerko<br />

ging er in die Fremde, bis er im Jahre l7'.)


Im Totenschein seiner Fran unrd diese bezcichllct als Witwe des<br />

Friedrich Wilhelm ^. Eine genügende Klarheit über seine Herknnst nnd<br />

sein Veben wird kannl zll beschaffen sein, denn die uns übersandten Ans-<br />

enge ans den von Herrn Hilföprediger Dreist persönlich durchgesehenen<br />

evangelischen (^ebnrts- nnd Tansregistcrll von Tempelbllrg:Drahelm enthalten<br />

zn'ischell den Jahren 1740 nnd 17.')^ eine klaffende ^ncke. Erst ain<br />

2tt. Oktober 17->« wird wie<strong>der</strong> eine (Geburt gemeldet, die des Frmchnlzen-<br />

söhncheno Joachim Friedrich V. alls Döberitz. Identität mit Friedrich B.<br />

zn Bromberg ist nicht nnbedingt ansgeschlossen. Über das spätere Gebell<br />

des letzteren hat Herr Geh. Kommersen- nnd Stadtrat Franke zll<br />

Bromberg sehr gründlich nachgeforscht, lei<strong>der</strong> vergeblich.<br />

Infolge des gewaltsamen Todes ihres Mannes nnd da sie einen<br />

Revers unterzeichnen sollte, daß sie auf alle Allsprüche ans diesem Verlnslc<br />

verzichte, floh Fran ^oell>kow mit zwei noch lebenden Kin<strong>der</strong>n ans Bromberg.<br />

3ie fand ^nflllcht bei ihrem Verwandten dem Amtmann Klanckc ans dessen<br />

Vandgnte Mbrchen bei Königsberg i. Ncumark, wo ihre Kin<strong>der</strong> auf-<br />

gewachsen silld. Alle Familienpapicre sind infolge ihrer Flncht verloreil<br />

gegailgen. ')inr ein Andachtsbnch blieb erhalten, ans dessen Deckel Friedrich<br />

^ölizfow selbst diesen seinen NlNlien vermerkt hat, dazll das Jahr seiner<br />

Tranung nnd die (hebnns- nnd Stcrbttage seiner Kin<strong>der</strong>. Diese waren:<br />

1- Berlin.<br />

l. Wilhelm, " ->. Dezember 17W, -j-^>. März 17i)5 zu Aromberg.<br />

'^. Karolille Henriette, " 1ö. September l798 Bromberg, ledig,<br />

3. Johann Georg Wil Helm, * 5. Inni l?M Bromberg, 7 W. Inni<br />

l^sls) in Berlin als eins <strong>der</strong> erstell Opfer <strong>der</strong> Cholera am Orte, nnd seine<br />

Frau erlag <strong>der</strong> gleichen Krankheit « Tage später.<br />

4. Wilhelmine Dorothea, ^ l^. Mär.^ 15. Mathilde Amalie, '' 1. März l^'li Bromberg, 7 ^^. Angnst<br />

Johann (ycorg Wilhelm Voelhkow pssanzt das Geschlecht fort:<br />

ocrm. mit Beate Vnisc Knappe. " 2. Iitni 179«, 1- 6. Inli 18?t<br />


seiner Ehefrau Manne Frie<strong>der</strong>ike Hascloff, " l7. Inni I79l zu Bellt/.<br />

1' 2ii. Iannar INlitt in Berlin.<br />

Sechs Kin<strong>der</strong> mit Fried. Schmidt:<br />

:^j (^eorg Wilhelm Maximilian Bocltzfow, '- Berlin 1 l Inli l«i>l;,<br />

1- Potsdam 22. Inni l«9^: pronwv. zum I),-. l>l,il. z,i Frciburg ,. Br.<br />

18^l, 3;esihcr einer chem. Fabrik in Dänemark.<br />

^ Otto Rndolf Alfred Vocltzkow, ^ H^im l4. April l^«;o,<br />

flndiertc in Heidelberg, Berlin, Frrilmrg nnd Würzbnrg, l>,,>mov. 20. ^an.<br />

l^«« in Freibnrg znm Dr. z>llil.. seit ^n. De,'>br. l'»


Weitere Kin<strong>der</strong> des Johann l^eorg Wilhelm Voelhtow:<br />

2. Adolf Vocltztow, ^ Berlin 22. März 1828, f Berlin 30. Dezember<br />

. Silbersckmied, später Prokurist seines Brnoers Hermann V. (^><br />

in Berlin. Vermählt mit Iosephine Nustow, * 4. Juli 1826, ->- 17. Vtärz<br />

1^88 in Berlin.<br />

Ein Kind: Ferdinand Voeltztow, * Berlin 32. Oktober 1549,<br />

f Berlin 26. Mai 1889. Zweimal verheiratet.<br />

1. 28. Juni 1879 mit Pauline Gaube, * Berlin 9. März 1853.<br />

V Berlin 2 mit Oktavie Stephan le Hanin, ^ 9. Mm 1837<br />

in Valenciennes in Frankreich, -f 23. Mai 1895 in Berlin, Tochter des<br />

Ziseleurs uud Mechanikers Hanin und seiner Ehefran .portense geb. Nicaisc<br />

in Valenciennes.<br />

Neun Kin<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Ehe mit Stephanie Hanin.<br />

u> Oktavie Valerie V., * 30. Juli 1857 in Karlsruhe. Zweimal<br />

vermählt.<br />

1. 2b. Oktober 1879 mit Johann Friedrich Ziegler, * 1«. April<br />

1837 in Nürtingeu, >- 6. Inni 1ft«7 in Berlin, Inhaber einer Spitzenpapier-Fabrik.<br />

Keine Kin<strong>der</strong>.<br />

2. 20. Dezember 1888 mit Paul Alexan<strong>der</strong> Karl Sieben, Hotelbesitzer.<br />

Kin<strong>der</strong> aus dieser Ehe:<br />

«) Valerie Stephanie Albertine Emma Sieben, * 15. Inni 1890<br />

Wiesbaden.<br />

,^ Panl Hermann Adam Marcel!. * 8. November 1891 Wiesbaden.<br />

/) Charlotte Helene, * i^. Juli 190.'! in Anerbach in Hessen.<br />

l>5 Nndolf Alexan<strong>der</strong> Hermann V., * Karlsruhe 2. August 1«59,<br />

1- Berlin 19. Iannar 1884. Unverheiratet.<br />

c) Beate Hortcnse V., ^ Berlin 13. Juni 18s>3. Vermählt<br />

10. April 1X84 mit dem Kaufmann Alfred Daege in Berlin.<br />

Drei Kin<strong>der</strong>:<br />

tt) Valerie Marie Else D., * Berlin 5. Inli 1885.<br />

^) Thercie Ottavie Charlotte D., ^ Berlin 14. Dezember 1886.<br />

7) Alfred Hermann Rudolf D., * Berlin 20. Iannar 189


6) Eugen P., * Berlin ^. Inni Istl^». Fabrlkbesi Stephanie Oktavie B., ^ Berlin ^9< April Ittl'.tt. Vermählt<br />

N. Oktober 1.^«7 mit dem König!, Forstasscssor Gerhard Karl Philipp<br />

Wig and, M- Zeit besoldetem Stadtrat in Stemn.<br />

Pier Kin<strong>der</strong>:<br />

«) Gerhardt Friedrich Hermann Brnno W., * 11». Iannar 1^9<br />

zu Arnsberg i. W.<br />

/3) Oktavie Lucie W., ^ Stettin 15. Dezember<br />

/) Otto Gerhardt W., ' Stettin 27. Juli 1<br />

^) Amalie Oktavie W., * Stettin 1«. März<br />

s) Esteve B., * Berlin 7. November 15N9. Unvermählt.<br />

ss> Edmund Alfons Robert N., ^ Berlin 1. März !K7^. Fabrikbesitzer<br />

und Leutnant de; Reserve des Piouier-Vataillons Nr. 17.<br />

l,> ftinido V., * Berlin 4. Oktober 1«74. Inqenienr.<br />

i) Bruno V., * Berlin ^0. Mai I^7l). Ingenienr. verheiratet mit?<br />

Weitere Kin<strong>der</strong> des Johann Georg Wilhelm Voeltzkow.<br />

4. Nndolf Boeltzkow, * Berlin 2. Oktober 18:'.:!, f Berlin<br />

7. Februar 1^97. Er wnrde Goldschmied nnd später Prokurist bei seinem<br />

Bru<strong>der</strong> Wilhelm V. l!). Seine im Jahre !87 zn Berlin) blieb kin<strong>der</strong>los.<br />

5. Auguste Voeltzkow, f Berlin 5^. Ollober l^^^, uercbelichtc<br />

Gelbgießermeister Schnler. Ans <strong>der</strong> Ehe drei Söhne nnd zwei Töchter.<br />

Hiervon leben noch Jean, Adolf nnd Klara.<br />

Eine zahlreiche Verbreitung erfährt eigentlich nnr die Ehe von<br />

Heinrichs fünftem Sohne Peter Paul lf 17^7) mit Christine Vol.;.<br />

Fast überreich ist die Zahl seiner Söhne:<br />

^l Johann Martin Völtzkow, sem Nachfolger in dem Freischulzenamt,<br />

wurde 1701 geboren nnd starb 1«l.^. Mit seiner ersten<br />

Frau Anna Sophie Bornthiu wurde er 17«l', getränt. Bei <strong>der</strong> Gednrt<br />

ihres zweiten Sohnes wurde sie als Hauna Voise Borthin in das Kirchenbuch<br />

eingetragen. Sie starb 1795, zwei Söhne zurücklassend:<br />

1. Karl Ludwig. Freischulz von Döberitz, * :N. Oktober 17M,<br />

f 28. September 1«M als Allster. Aus <strong>der</strong> Ehe mit Henriette Freier<br />

aus Ne<strong>der</strong>itz hatte er sieben Kin<strong>der</strong>:<br />

a> Johann Friedrich Heinrich, * 3. März 1«16, f 18««. (?).<br />

d> Karl ^ndwig Angust, " 19. Angust 1.^17, f 19. Oktober 15N.1;<br />

beide ohne ^eibeserben.<br />

c) Amalie Wilhelmine, * 10. April 1«19.<br />

6» Henriette Justine, * t>. Februar 1^21, verehelicht mit dem<br />

Bauer und Gerichtsmanu Joh. Wilh. BoUh zll Flacksee bel Hr.-Zacheriu.


e) Emilie Bcrnhardine, " n. Mär^ 1«.':», Witwe de" Karl Traedcr<br />

zu Polenskenhof bei Nalzednhr f9 Kin<strong>der</strong>^.<br />

j') Albert Tbeodor, ^ 3. März I.^s), -l- ..'5). September<br />

3) Iolianna Vlliie, * Joachim Friedrich, <strong>der</strong> Weile Sohn voll Petcr Panl.<br />

'-' ^'^. Oktober l7:'>5. crlerllte das Schnei<strong>der</strong>handwert. Eingesegnet wurde<br />

er l77^.<br />

' Ctn'lstovl, Boellztow wird vor l^ einmal am


wie<strong>der</strong> als Pate bei einer Toäitcr dc^ Gluipers Peter V. zil Döberi«.<br />

Er wurde :)illtergntsbesil)er bezlehunsssux-lie Pächter uou Dlzvc i Ollp^,<br />

Krompohl und Ärumsee, sowie ^mlm.uin. Verhältnismäßig inllg fand cr<br />

rlncn jähen Tod in einem Torfgrabeu. In dem Verzeichnis <strong>der</strong> Prollamiencu<br />

des cvaugeilscheu Pfarramts .zu Driesen findet sich im Jahre lXl>«> folgere<br />

Eintragung: „den 17. Mär; den Proclam.-Schein auegcsertigt an Herrn<br />

Christoph Bölzkow, Kgl. Domaiue Beamter und ('yntsbenner a,lf Dupe<br />

dei Schlopve in Westpreußen, mit <strong>der</strong> l)6Ms)i!>elle Marie Vniie 3opwc<br />

l^ranlcn weil. Herrn Joh. Ernst i^ranl, gew. Königlichen Oberförster dc^<br />

Forst'Neviers Driesen zn Bordamm hint. ehelich älteste Tochter". lÄeglanbilU<br />

i. V.: Beckmann, den ^). Mai lX'.)^.)<br />

Nach den Beglaubigungen des Pfarrers Kohlbrandt <strong>der</strong> ev. Parochie<br />

Schloppc vom Mai I^i^ si^d nachstehend geineldetc kiüdcr ans <strong>der</strong>


wrazlaw) das Nittergut Dzienllitz erwarb, wo er am 24. Iamlar 1^89<br />

starb. Sein einziger Sohn aus <strong>der</strong> Ehe mit Johanna Dorothea Henriette<br />

Steffens, geboren zu Saltentin am 5i. Dezember 1843, wnrde am<br />

1. Zannar 184A auf die Namen Reinhard Eduard getauft. Er wurde<br />

<strong>der</strong> Erbe des Gutes Dziennih und ist ledig geblieben. Er ist auch Erbe<br />

des Petschafts, welches seine Familie geführt hat. Das abgedruckte Wappen<br />

zeigt im Schilde auf <strong>der</strong> linken Seite tt im Halbkreis aneinan<strong>der</strong>gereihte<br />

volle Rosen uud rechts ein Geweih von sl Zacken, dieselbe Anordnung ist<br />

auf <strong>der</strong> Helmzier. Als Spruchband imterhalb des Wappens hat Reinhard<br />

Eduard V. auf Dziennitz in Erinnernng an die vorpommersche Familie<br />

<strong>der</strong>en Band mit dem Spruche l-lnml» est. 8icut llc>


— 95 —<br />

Im blauen Sckilde ein offener, in Form eines Halbbogens gestellter<br />

Kranz von sechs silbernen Nosen und ein silbernes Hirschhorn; ans dem<br />

gekrönten Helm wie<strong>der</strong>holt sich <strong>der</strong> halbe Kranz nnd das Hirschhorn. Dic<br />

Helmdeckeu sind silbern und blan. Der Wahlsprnch lautet: „l-lmnt<br />

(Ort llttd Datum). (llnterschrift).<br />

Am heutigen Tage habe ich, <strong>der</strong> Fabrikbesitzer Georg Wilhelm Voelvkow,<br />

beschlossen, das vorstehend beschriebene nnd gemalte Boclkkow'sche Familien:<br />

Wappen für mich nnd meine Nachkommen als Erbwappen anzunehmen.<br />

Ich ersuche alle meine Nachkommen, die meinen Namen tragen, von ocr<br />

vorstehenden Form des Wappens, des Symbols <strong>der</strong> Einheit unserer Familie,<br />

nicht abzugehen, und voll dem Wappen zum Schmuck wertvollen Hallsgeräts<br />

Gebrauch zu machen.<br />

(Ort ulld Datnm). (Unterschrift).<br />

Die in einer Kapsel verwahrte Urknnde ist (von Prof. Ad. M. Hilde?<br />

brandt) in <strong>der</strong> Form alter Wappenbriefe in Zierschrift ans Pergament gemalt.<br />

N) Gott lieb Völtzkow bestand 17«7 die Gesellenprüfung <strong>der</strong><br />

Müllerinnnng zu Tempclbnrg. Er war 1N1


Der Vorualuc Vorens lvcist aber wie<strong>der</strong> nach Döberitz hin, sodass<br />

dcr ^rci- und Vehu-Schulze ^orcliz Pölstow als <strong>der</strong> 3ohn des gleichnamigen,<br />

schon oor K'»ttN verstorbenelt Zchulzcn Lorenz V. in Döbcritz anzusehen ist.<br />

Natürlich batte Lorenz ^ölskow zu Kl.-Schwarzsee sich einen seiner<br />

drei Söhne sur seinen Hof nnd fnr fein Schnl^enann als Nachfolger vorgemerkt.<br />

Dieser Sohn tann nnr <strong>der</strong> Frcischnlzc Andreas Völytow gewesen<br />

sein, welcher ,n den nachstehend mitgeteilten Schriften vorkommt:<br />

„Es wird über dies Pflichtmäßig von mir lMeätiret, daß <strong>der</strong> Bater<br />

Andreas Völtzckow dcr öltest Sohn nnd nehcstc Erbe seiner Eltern gewesen<br />

und die Luther, da sie im (Grunde gelegen, durch seine eigene Mittel anch<br />

eintzig und allein wie<strong>der</strong> aufgebauet hat, und also ohne die geringste abspräche<br />

hiuwie<strong>der</strong> seinem einzigen söhn Haus Jürgen Völhkow mit recht<br />

hierdurch c'^ns^riiet ulld bestättigt ward.<br />

Ambt Dradeim, den 17. Febra l74L.<br />

I. Holtze.<br />

Andreaß Polito, Vatter,<br />

Ellsebct Zlerken, Mntter,<br />

Hans Burgen Pöltzto, Sohn.<br />

Ist mit dem Originale, so zn-mllicil-ct, gleichlautend.<br />

Draheim, den :^. Iunij 177.z.<br />

Unterschrift.<br />

Die ÜbereiustimlNllllg <strong>der</strong> vorstehenden Abschrift mit dem Original<br />

wird hierdurch bescheinigt.<br />

Tempelbnrg, den 17). Oktober 189k.<br />

Königliches Amtsgericht.<br />

(Stempel) Herms.<br />

Beglaubigte Abschrift Döberitz 1. 5)l'»."<br />

„^ctmn Draheim den 2. Novbr. l?4ft.<br />

Iu j)rke8entia des Ober-Ambt Manil Holhcil, als hiesige Gerichts-<br />

Obrigkctt. Nachdem das Königliche Ambt in Erfahrung gekommen, daß<br />

auf lil^issaliml des bckaudteu ucrlausfcucu Äürgernieister ^rie<strong>der</strong>ici ^ll<br />

Tempelburg ^welcher nach <strong>der</strong> Köuigl. l)t'slt-6 fiir seilte int^uclirtc Auffwiegelel)<br />

zur FestuugsrArbeit coll^sinliipret, aber von dem dortigen Major<br />

bni <strong>der</strong> ^u^lnilzsll,.l'lll„l).'^llitt v. Wiuulug iu Schlitz geuommeu wordell!<br />

von allcu AmbtS:Dörfscru uuterschiedeue Schulhell llnd ^euthe nach dcr<br />

Stadt herein gefor<strong>der</strong>t, ohne dem Ambte davou das geringste bekaudt zu<br />

macheu, mall also nicht wißcn kann, was hierullter abermahl iilwndirel wird,<br />

indem die öfftere Ausfwiegeley dieser Unterthanen noch im frischen andrucken<br />

sind und den allergrößten Ungehorsam nach fich ziehen.<br />

So hat das Kölligl. Ambt nöthig gefunden, die Leuthe so unter<br />

diesiger jm-ix liiern geboren, zu vernebmen, warllmb uud voll wem sie


— 97 —<br />

nach Tempelburg so offte herrein gefor<strong>der</strong>t und was für zusammenkünffte<br />

Sie daselbst gehalten und diese vor bedentnngen hätten. Sie köndten ja<br />

ihre Klagen nnd Beschwerden ohne entgeldlich ihrer vorgesetzten Ambts-<br />

Obrigkeit vorbringen, welche Ihnen nach Pflicht und Gewissen bescheiden<br />

nnd allenfalls, wann solche Hieselbst nicht rome^iret werden können, gehöriges<br />

Orthes zur Deci^on einsenden. Worauff folgende Schulden ans<br />

einigen Dörffern nachstehend ä^omi-et. Aus Klein Schwarz-See <strong>der</strong><br />

Schultze Hans Jürgen Völtzkow anrate 30. Jahr:<br />

Es wäre ihrem Dorffe aus <strong>der</strong> Stadt Tempelburg belandt gemachet,<br />

daß, wer wie<strong>der</strong> den Propst alda wegen <strong>der</strong> ^ociclsmtisn an tauffen, trauen<br />

und Meß-Korn-geben etwas zu klagen hätte, solches bey dem dortigen Major<br />

anbringen möchte: weshalb er auch selb vierdte dahiu gewesen, und hätte<br />

<strong>der</strong> Major v. Winning durch den Feld-Webel alles, was sie zu klagen<br />

wie<strong>der</strong> den Probst gewußt, aä pmwcollum nehmen lasten, Ihnen auch<br />

versprochen, von dem starcken Taufs- und Trau-Gelde und dem großen<br />

Oonzcben-Schcsfel, womit Sie dem Probst das Mcß-Korn jährlich abgegeben,<br />

abzuhelffen. Sie möchten nur etwas Geld zusammen bringen, damit er<br />

einen Soldaten an den ?i-a68Ì66Nt von Wobser abschicken töndte, von<br />

welchem die Nachrichten geholet werden sollen, daß Sie <strong>der</strong>gleichen zu geben<br />

nicht schuldig waren: worauf aus ihrer Nachbarschaft! auch Geld zusammen<br />

gebracht und nach Tempelburg an gedachten Major v. Winning abgetragen<br />

worden. Auch wäre <strong>der</strong> Fri<strong>der</strong>ici in lhren Dorffe gewesen uud wegen des<br />

(Geldes Aureguug gethan, daß sie solches an den Major herrein bringen<br />

möchten. Sie hätten bis cktto, ohngeachtet <strong>der</strong> beytrag geschehen, dennoch<br />

nicht die geringste än<strong>der</strong>ung verspühret.<br />

(gez.) I. Hohe."<br />

Andreas Völtzkow übergiebt seinem einzigen Sohne Hans Jürgen<br />

Völtztow am 8. Februar 1747 den Freischulzeuhof in Schwarzsee.<br />

Nachdem die Ehefrau des Schulzen Johann Georg Pöltztow zu<br />

Klein-Schwarzsee verstorben, gestellen sich als Erben <strong>der</strong> Witwer und<br />

7 Kin<strong>der</strong> am 4. November 1784:<br />

Doretha Sophia, verehelichte Meyer in Fuhlbeck;<br />

Anna Marie, verehelichte Vendlin in Schmidtenthin;<br />

Katharina, verehelichte Moeklin in Schwarzsee;<br />

Christina Elisabeth, verehelichte Glasenapp zu Freudenfter;<br />

Michael Ludwig erhält den Hof;<br />

^uise und Andreas.<br />

Am Lb. November 1814 gestellt sich Witwe Dorothea Sophie, geborne<br />

Iancke mit folgenden Kin<strong>der</strong>n:<br />

Christian Friedrich Voeltzkow und<br />

Andreas Voeltzkow.


Der am N. Mai l^19 geborene Karl Wilhelm Völtzkow bat<br />

den Hos am ^6. April 1839 laut Testament des Christian Fnedrich '^.<br />

übernommen. Karl Wilhelm verkaufte den Hof !tt47 und wohnte bisher<br />

ans Brnnoshof bei Tempeldurg. Anscheinend besitzt dies ans einer Walkmühle<br />

und daran grenzendem Acker von 55l) Morgen bestehende (Ant jetzt<br />

<strong>der</strong> Zahn allein, welcher sich in einem Briefe: Brunoshof, den 7. Oktober 1897<br />

A. Völstow schreibt. Dieser mit seinem vollen Namen Albert Theodor<br />

geheißen, wurde 1878 mit Thusnelda Nadke, Nentnerstochter zu Quiram<br />

getraut. Geboren war er noch in Schwarzsee.<br />

Eine amtliche Urkunde des Amtsgerichts zu Tempelburg vom<br />

28. Oktober 1898 faßt den Rest <strong>der</strong> Familiengeschichte <strong>der</strong> Zchulzen zu<br />

Klein-Eckwarzsee also zusammen:<br />

„Anliegend erhalten Sie Abschrift <strong>der</strong> altesten bei nns in den<br />

Völskow'schen Grundakten enthaltenen Urkunde. Altere Urkunden sind<br />

we<strong>der</strong> hier noch im städtischen Archiv zn ermitteln. Aus <strong>der</strong> Urkunde ergicbt<br />

sich, daft Andreas Völzkow das Grundstück, welches jetzt Klein-Sctnvar^sec<br />

Nr. 2 ist, von seinen Eltern, <strong>der</strong>en Name nicht festzustellen, anscheinend<br />

im verwahrlosten Zustande („im Gruude gelegen") überkommen hat.<br />

Andreas Völzkow hat das Grundstück seinem Sohn Johann Georg<br />

Völzkow durch Vertrag vom 8. Februar 1747 überlassen.<br />

Eine Schwester dieses letzteren war Anne Viarie, verehelichte Hasse»<br />

zu Zicker.<br />

Auf Hans Georg folgte Michael Ludwig Völzkow im Besitz des<br />

Grundstücks auf Grund des Erbvergleiches vom 4. November 1787. (Es<br />

folgt die Aufzählung <strong>der</strong> schon genannten Geschwister.)<br />

Nach dem Tode des Wchael Ludwig Völzkow setzte sich besseu<br />

Wittwe Dorothea Sophie geborene Iahnke mit den Kin<strong>der</strong>n Christian<br />

Friedrich, Andreas, Vouise, Anna Maria und Maria Elisabeth Völzkow<br />

durch Erbvergleich vom ^5. November !N14 auseinan<strong>der</strong>, wobei <strong>der</strong> älteste<br />

genannte Sohn Christian Friedrich Völzkow das Grundstück erhielt.<br />

Dessen Kin<strong>der</strong> waren Carl Wilhelm, August Ferdinand, Johann<br />

Gottlicb und Johanne Wilhelmine Völzkow, von denen Carl Wilhelm<br />

Äesitznachfolger wurde.<br />

Dieser verkaufte das Gruudstück durch Vertrag vom 2ft. Juli 1847<br />

an einen Georg Meyer und zog selbst nach Tempelburg Abbau.<br />

Herms.<br />

An<br />

den Herrn l)l. pbil. A. Völhkow<br />

zu Straßburg i. E."<br />

Diese amtlichen Darstellungen sind nur noch durch Einzelheiten zu<br />

erweitern: Der Frmchnlz Andreas soll mit Elisabeth Zierte vermählt<br />

gewesen sein. Beide Kin<strong>der</strong> sind bereits genannt. Im Januar 1754 war


- 9ft -<br />

<strong>der</strong> Freischnlz Hans Jürgen Pate bei einer katholischen Tanfc ans<br />

Groß'Tchwarzsee. Er überlebte seine Gattin Anna Maria Nuz, welche<br />

17.^4 starb. Innerhalb seiner Familte sind noch beide Konfessionen<br />

vertreten: die katholische und die evangelische. Eine Maria Wölsko aus<br />

Klcin-Schwarzsee ist im März 1754 Patin bei einer katholischen Taufe.<br />

Hier findet sich wie<strong>der</strong> die polnische Schreibart des Familiennamens! Von<br />

den Kin<strong>der</strong>n des Freischulzen sind nachweislich im katholischen Glauben<br />

getauft die Töchter Anna Maria am 17. Januar 17455 und Katharina<br />

am 1. Dezember 1749. Dagegen sind die Kin<strong>der</strong> des Sohnes und Nachfolgers<br />

Michel Ludwig sämtlich evangelisch getauft. Michel ^ndwig wird<br />

Gründonnerstag 1772 eingesegnet. Im Jahre 1791 wird er im evangelischen<br />

Kirchenbuch Kirchenvorsteher genannt.<br />

Der bäuerliche Ehemann seiner Schwester Anne Marie wird anch<br />

Chr. Benthiu genannt. Sie wurden 1771 zu HN. Schwarzicc getraut.<br />

Die beiden jüngsten Geschwister werden nnr als Paten genannt. Eme<br />

Jungfrau Luise B. ist Pale 1^10 in Scharpcuort bei Frie<strong>der</strong>ike Wilhelmine<br />

Christine V.; uud Andreas versieht am 14. Juli !7ttft die Patenstellc bei<br />

seinem Neffen Johann Gottlicb, dem Sohne des Freischnlzen Michel Vndwig.<br />

Der letztere ^ 1814) besaß ans seiner Ehe mit Dorothea Sophie<br />

Iahnle sieben Kin<strong>der</strong>:<br />

1. Christian Friedrich, * 10. Dezember 1755 zu Kl.-schwarzsee.<br />

Unter seinen Paten befindet sich Johann Georg B. Er war vermählt mit<br />

Henr. Schalke.<br />

2. Johann Gottlieb, * 11. Juli 178» zu Kl.-Schwnrzsee.<br />

3. Andreas, * 5,. Juni 1791 ebendort.<br />

4. Anne Maria, * 5. Mai l794.<br />

5. Henriette Christine, » 15. April 1797. (Das Tanfbuch hat die<br />

Vornamen <strong>der</strong> Mutter nnrichtig angegeben.)<br />

6. Dorothea Sophie, * (i. Mai 1N00.<br />

7. Marie Elisabeth, * 25. Febrnar 1^04. am 12. November 1«24<br />

getraut mit Johann Rennspieh, Schmied in Protzen.<br />

Der Sohn und Erbe des Christian Friedrich ist <strong>der</strong> oben genannte,<br />

am 11. Mai 1^19 geborene Karl Wilhelm, welcher bei seinem Sohne<br />

A. Völskow auf Nruuoshof lebt. Karl Wilhelm hatte eine ältere Schwester<br />

Fric<strong>der</strong>icia, * 11. Dezember 161t> zu Kl.-Schwarzsee.<br />

Zwei Söhne des Freischnlzen Lorenz Völhkow habell sich bürgerlichen<br />

Berufsarten zugewandt: Es sind dies Michel und Lorenz. Der letztere,<br />

1705 geboren, starb schon 17'N als Sclmhmacher zu Tempelburg. Er<br />

wurde am 2^. November 1729 mit Cathrin Mnndt getränt. Alls dieser<br />

Ehe stammt, * 10. August 1730, die Tochter Kathariua Elisabeth.<br />

Michel, Bürger uud Ackersmann zu Tempelburg, wurde 1695<br />

geboren. Seine ihm im Jahre 1733 angetraute Gattm Anna Elisabeth


Kroll stirbt am 26. November 1761 im 50. Lebensjahre. Er selbst stirbt<br />

bald darauf am 6. Dezember 1761. Über die Kin<strong>der</strong> herrscht Unklarheit.<br />

Ein am 25. November 1736 geborener Sohn Vorenz starb 1739. Eine<br />

schon 1741 gestorbene Tochter Ertmunda, geb. 22. Juni 1740, hat nur<br />

deshalb Bcdeuluug, weil sie am 25. d. M. evangelisch nnd am 29. katholisch<br />

getauft worden ist. Ob er auch einen Tohn des Namens Michael gehabt<br />

hat, bleibt uullar. Trotzdem lebt seiu Vorname in <strong>der</strong> Stadt noch bis an<br />

die Schwelle des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts fort.<br />

Wir treffen dort nach ihm den Bäckermeister Johann Michael Völtzkow<br />

und den Bäckermeister Michel Voldkow, uud es will nicht gelingen, sie zu<br />

einer Person zu vcreiuigeu. Außerdem wird am 20 Oktober 1752 ein<br />

Soldat Michael Fölzko zu Tempelburg mit einer Iungfran Wollan (?) getraut.<br />

Der Bäcker Michel A. war vermählt mit Eva Katharina (* 1730,<br />

f den 29. September 17^1 an <strong>der</strong> Ruhr). Ein Bäcker Michael P. war<br />

vermählt mit Marie Elisabeth Müller. Er starb 1796, fünfundvierzig<br />

Jahre alt. Ihr Kiud Marie Elisabeth, * 18. März 1784, f 30. Dezbr.<br />

1788. Wer mag nun <strong>der</strong> Bäcker Michael V. geweseu sein, dessen Haus<br />

bei dem großen Brande zu Tempelburg im Jahre 1765 vom Feuer verzehrt<br />

worden ist?


a) Karoline Wilhelmim, * Ist. September 1817, verm. mit Sattlermeister<br />

Raatz.<br />

k) Karl Christian, * 6. Mai Itti9.<br />

c> Julius Völzkow in Tempelburg geb., Kammnchermeifter, lebte<br />

noch 1897.<br />

6) Johann August, * 1523 in Tempelburg, als Messerschmied seit<br />

etwa 1851 in Deutsch-Krone ansässig, vermählt mit Christiane Boche und<br />

gestorben am 21. Dezember 1886 zu Dt.Krone im Alter von 02 Iahreu,<br />

7 Monaten, 12 Tagen, wo er auch begraben liegt nach <strong>der</strong> Sterbeurkuudc<br />

des ev. Pfarrers Spendelin. Kin<strong>der</strong>:<br />

1. August Völzkow, * 1852, gleichfalls Messerschmied, verm. mit<br />

Agnes Ludwig. Er starb am 18. Dezember 18X5) zu Dt.-,Nrom.<br />

2. Robert Völzkow, Beamter <strong>der</strong> Lebensversichcrnugs^esellschaft<br />

Germania zu Stettin. Hierhin wird auch Auguste Pölzkow, " 1854, verehelichte<br />

Boeck, gehören.<br />

Ein dritter Sohn des Bäckers Johann Michel Völtzkow hieß<br />

Christian, geb. 15. Dezember 1802.<br />

Hiermit schließt die Neihe <strong>der</strong> Deszendenten aus dem Schulzenhause<br />

zu Kl.-Lchwarzsee. Wenu im Jahre 1794 „ein Schulzensohn Johanu<br />

Michel Völzkow" zu Kl.-Schwarzsee mit einer Witwe getraut wurde, so<br />

besagt diese kirchliche Eintragung nicht, daß er auch daher stammte.<br />

Vereinzelt bleibt in genealogischer Hinsicht vorläufig auch die Eintragung,<br />

daß am 6. Dezember 1815 zu Kl..Schwarzsee Joh. Friedr. V.,<br />

Iunggesell, Eigentümer von 30 Jahren, mit <strong>der</strong> fünfzehnjährigen Jungfrau<br />

Henriette Lö . . getraut worden ist.<br />

In dem Dorfe Scharpenort findet sich eine ähnliche Erscheinung<br />

wie vordem in Lubow: Ein um das Jahr 17l>7 geborener Bauer<br />

Andreas Völtzkow wird in Scharpenort „Freymann" o<strong>der</strong> Freischulze.<br />

Aus seiner Ehe mit Anna Katharina Huth stammen die Kin<strong>der</strong>:<br />

1. Hanne Loise, * 12. Oktober 1795 zu Scharpenort. Bei ihrer<br />

Taufe am 20. Oktober war Patin Dorothea V. Aus ihrer Ehe mit<br />

Chnstian Friedr. Damerow wurde am 8. Dezember 1812 ein Kind geboren.<br />

Damerow wurde spater eine Zeit lang Soldat: er machte wohl die Befreiungen<br />

kriege mit. Im Jahre 1817 stand Wilhelm Völtztow Pate bei Damerows.<br />

2. Henriette, * 30. Inli 1797 zu Scharpenort.<br />

3. Anne Maria, * 5. April 1800 zu Tcharpenort.<br />

4. Friedrich Wilhelm, * 15. Mai 1804 zu Scharpenort.<br />

In seinem 42. Lebensjahr wurde Andreas 1809 mit Dorothea Berg,<br />

26 Jahre alt, getraut. Hiervon stammen:<br />

1. Frie<strong>der</strong>ike Wilhelmine Christiane, * 30. August 1810. Dritter<br />

Pate: Jungfrau Luise V.


— 102 —<br />

2. Marie Elisabeth, * 10. August Itti5 zu Scharpenort. Paten:<br />

Andreas N. und Henriette verehelichte Völhkow.<br />

3. Johann Ferdinand, * 24. Juni 1817 zu Scharpenort. Erster<br />

Pate: Christ. Friedr. V. — Am 3l. Oktober 1845) wurde Johann<br />

Ferdinand V. in <strong>der</strong> Kirche zu Draheim mit <strong>der</strong> 17jährigen Luise<br />

Frie<strong>der</strong>ike Trapp aus Hammer getraut.<br />

Zu Neuhoff im Amt Draheim wurde am 18. April 1810 Karl<br />

Ferdinand V. geboren, Vater augeblich Philipp V., Schulzeusohn aus<br />

Böstow, Mutter Doroth. Luise Zupte (?) aus Nakow. In Pöhlen, Kreis<br />

Neustettin, wurde dem Freischützen Michel Ludwig V., am 13. Juni 1 «06<br />

ein Sohn Johann Friedrich geboren, bei welchem Christ. Friedr. V.<br />

Gevatter stand.<br />

In Hundskopf, Kreis Dramburg, ist am 15. September 1841<br />

Henriette geb. Völzkow, Ehefrau des Bauers Friedr. Wilh. Affeld zu<br />

Hundslopf im Alter von 27 Jahren gestorben. Ferner ist Johann<br />

Gottlieb Völzkow in Hundskopf, L8 Jahre alt, und seine Braut Henriette<br />

Frie<strong>der</strong>ike Nückert, 20 proklamiert worden, nach dem Ausweis<br />

des evangelischen Pfarrers Haupt zu Gr.-Vinichcn. Derselbe hat ermittelt,<br />

daß ein Ackerbürger Poelzkow in <strong>der</strong> benachbarten Stadt Falkenburg im<br />

Jahre 1«98 ansässig ist.<br />

Auszug aus dem Kirchenbuch-Register von Ro ehrchen bei Königsberg<br />

in <strong>der</strong> Neumark:<br />

Freischulze Christian Friedrich Voelschow, Ehefrau: Hanna<br />

Henriette Hellenschmidt.<br />

Kin<strong>der</strong>: 1. Gustav Adolph, geb. 3s. März 1813, getauft 13. April;<br />

2. Henriette Frie<strong>der</strong>ike, geb. 15. November 18l5,<br />

getauft 28. November.<br />

Die Familie ist 1815 o<strong>der</strong> 1816 von dort verzogen: unbekannt wohin.<br />

Nach Auskunft des Herrn Pastors Kock zu Heinrichsdorf, Bezirk<br />

Köslin, ist seit etwa 1887 dorthin ein Bauer Völschow verzogen. In<br />

Neppow lebt (1897) ein Lehrer Völzkow, <strong>der</strong> aus Tempelburg stammt.<br />

Hiermit schließt unsere Arbeit, welche keinen Anspruch darauf erhebt,<br />

ihr schwieriges Thema erschöpft zu haben. Es würde den Verfassern schon<br />

zur Befriedigung dienen, keinen wirtlichen Kulturträger des Namens Völschow<br />

o<strong>der</strong> Völhkow unberücksichtigt gelassen zu habe«. Sie soll auch fortgearbeitet<br />

werden, um eine größere Vollständigkeit zu erzielen. Jede<br />

Hülfe hierbei aus dem Leserkreise wird mit Dank begrüßt werden.


Von <strong>der</strong> Gesellschaft für Aommerfche Heschtchte<br />

tnmskunde werden herausgegeben: ' . < .<br />

I. Inventar öer Nauöenkniäler Wommerns.<br />

Teil l:<br />

Die Baudenkmäler bes Kegierungs-VezirKs Strallunö.<br />

Bearbeitet von O. von cHaselverg.<br />

Erschienen sind: Heft 1: Kreis Franzburg.<br />

„2: „ <strong>Greifswald</strong>.<br />

„3: „ Grimmen.<br />

„. 4: „ Rügen.<br />

„ 5: Stadtkreis Stralsund.<br />

Teil ll:<br />

Die Bau- und Kunstöenkmaler des Aessiernngs-<br />

Bezirks Stettin. -<br />

Bearbeitet von A.

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