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1 pastorale. musik, melancholie und die kunst der selbstregierung ...

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gr<strong>und</strong>los erscheinen. 13 Auch im achtzehnten Jahrh<strong>und</strong>ert gelten sie als charakteristische<br />

Symptome des Krankheitsbildes Melancholie. 14 Zum erweiterten Spektrum <strong>der</strong><br />

melancholischen Pathologien zählt außerdem das gefürchtete „Gefühl <strong>der</strong><br />

Gefühllosigkeit“, das in Medizin, Ethik, Ästhetik <strong>und</strong> Literatur des Aufklärungszeitalters<br />

in unterschiedlichen Schattierungen immer wie<strong>der</strong> zur Sprache kommt <strong>und</strong> als Grenzwert<br />

aufklärerischer Ethik gelten kann. Die Angst vor <strong>der</strong> ‚schwarzen’ Melancholie, integraler<br />

Bestandteil <strong>der</strong> Angst <strong>der</strong> Aufklärung vor <strong>der</strong> Aufklärung, ist <strong>der</strong> dunkle Untergr<strong>und</strong>, vor<br />

dem das Glückseligkeitsdenken des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts, das in diätetischen, moralischen<br />

<strong>und</strong> politischen Zusammenhängen zum Tragen kommt, seine Konturen gewinnt.<br />

In <strong>der</strong> zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrh<strong>und</strong>erts versteht man <strong>die</strong> affektiven<br />

Symptome <strong>der</strong> Melancholie unter Zuhilfenahme des nerventheoretischen, zum Teil auch<br />

noch des humoralpathologischen Modells mit Bezug auf <strong>die</strong> Fakultät <strong>der</strong><br />

Einbildungskraft. Einschlägig ist <strong>die</strong> Definition des französischen Arztes Anne-Charles<br />

Lorry: Melancholie sei eine „Schwäche des Geistes, in welcher wir von Gegenständen,<br />

<strong>die</strong> entwe<strong>der</strong> wirklich außer uns da sind, o<strong>der</strong> <strong>die</strong> uns von unsrer Einbildungskraft<br />

vorgemalt werden, so empfindlich gerührt sind, daß wir nunmehr den daraus<br />

entspringenden Vorstellungen unmöglich wi<strong>der</strong>stehen, uns davon losreissen, o<strong>der</strong> uns mit<br />

13 Vgl. dazu gr<strong>und</strong>legend Klibansky et. alt., Saturn, bes. 319.<br />

14 Zur Rekonstruktion des historischen Melancholiebegriffs wurden unter an<strong>der</strong>em <strong>die</strong> folgenden Stu<strong>die</strong>n<br />

herangezogen: Flashar, Melancholie <strong>und</strong> Melancholiker; Goebl, „Schwermut/ Melancholie“; Jackson,<br />

Melancholia and Depression; Klibansky et alt., Saturn; Lambrecht, Der Geist <strong>der</strong> Melancholie; Lepenies,<br />

Melancholie <strong>und</strong> Gesellschaft; Riedel, Die Anthropologie des jungen Schiller; Schings, Melancholie <strong>und</strong><br />

Aufklärung; Schmidt, Melancholie <strong>und</strong> Landschaft; Wagner-Egelhaaf, Die Melancholie <strong>der</strong> Literatur.<br />

Lettgens’ Stu<strong>die</strong> zu Musik <strong>und</strong> Melancholie (‚... <strong>und</strong> hat zu retten keine Kraft’) wurde erst kurz vor<br />

Abschluss meiner Arbeit veröffentlicht. Aus kultur- <strong>und</strong> diskursgeschichtlicher Sicht bestärkt sie in einigen<br />

Aspekten <strong>die</strong> <strong>musik</strong>theoretischen Überlegungen <strong>der</strong> vorliegenden Stu<strong>die</strong>.<br />

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