05.10.2013 Aufrufe

Horst Stowasser - hewpa.de.vu

Horst Stowasser - hewpa.de.vu

Horst Stowasser - hewpa.de.vu

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

führen<strong>de</strong> Schicht <strong>de</strong>r neuen Gesellschaft zu bil<strong>de</strong>n. Hierzu wäre es nötig, zunächst eine Diktatur <strong>de</strong>r<br />

Sklaven zu errichten, die alles bis ins Kleinste kontrolliert, plant und leitet. Alle Menschen müßten gleich<br />

sein, gleich leben und gleich <strong>de</strong>nken. Nur Sklaven und <strong>de</strong>ren Nachkommen hätten, so Karl, das richtige<br />

›sklavische Bewußtsein‹ und nur sie wären dazu befähigt, diszipliniert, fleißig und anspruchslos zu<br />

arbeiten, um diese neue Gesellschaft aufzubauen. Dummerweise wollen die Sklaven davon aber nicht viel<br />

wissen, so daß Karl und seine Anhänger sie nach weiterem Grübeln für ›noch nicht reif‹ erklären. Sie<br />

grün<strong>de</strong>n daraufhin eine ›Partei <strong>de</strong>r Sklaven‹ mit <strong>de</strong>m Ziel, <strong>de</strong>ren Avantgar<strong>de</strong> zu sein und ihnen so zu<br />

ihrem Glück zu verhelfen. Karl und seine Freun<strong>de</strong> gehören zwar zu jenen Leibeigenen, die im Herrenhaus<br />

bessere Arbeiten verrichten und nicht auf <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn schwitzen müssen, sind aber <strong>de</strong>nnoch zutiefst<br />

davon überzeugt, daß nur sie wirklich wissen, was die Arbeitssklaven wollen und was ihnen gut tut.<br />

Ebensowenig zweifeln sie daran, daß sie viel besser als <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>s Landgutes in <strong>de</strong>r Lage sein wer<strong>de</strong>n,<br />

<strong>de</strong>n La<strong>de</strong>n zu schmeißen. "Wenn wir erst an <strong>de</strong>r Macht sind und somit <strong>de</strong>n Sklaven das Landgut ja<br />

gehört", wird Karl nicht mü<strong>de</strong> zu predigen, "dann wer<strong>de</strong>n die<br />

37<br />

--------------------------------------------------------------------------------<br />

befreiten Sklaven freiwillig und begeistert arbeiten und die Partei wird die Wirtschaft nach <strong>de</strong>n<br />

Bedürfnissen <strong>de</strong>r Sklaven hervorragend managen, <strong>de</strong>nn die Partei kennt ja diese Bedürfnisse besser als<br />

irgendwer sonst..."<br />

Da kann Michail nur lachen. Er ist mehr als skeptisch. "Mein guter Karl ..." sagt er und klopft ihm<br />

kopfschüttelnd auf die Schulter, "was du da vorhast, funktioniert so nicht! Du gibst uns Sklaven keine<br />

Freiheit, son<strong>de</strong>rn einen neuen Herrn: <strong>de</strong>ine Partei. Und ob die <strong>de</strong>n La<strong>de</strong>n besser schmeißt als unser alter<br />

Herr, bezweifle ich. Ich fürchte eher, ihr wer<strong>de</strong>t die Sklaven genauso auspressen wie <strong>de</strong>r Alte, und<br />

obendrein versteht ihr noch weniger vom Geschäft." Und dann erklärt er ihm seine I<strong>de</strong>e:<br />

"Mir geht es nicht darum, diesen La<strong>de</strong>n zu übernehmen und ihn in Schwung zu bringen, damit er besser<br />

funktioniert. Ich will etwas ganz Neues schaffen, ein Leben, in <strong>de</strong>m die Freiheit obenan steht und nicht<br />

die Wirtschaft o<strong>de</strong>r die Arbeit an sich. Das Dasein soll auch Spaß machen. Alles, was auf <strong>de</strong>m Gut getan<br />

wer<strong>de</strong>n muß, sollen die Menschen - und zwar alle Menschen! - selbst organisieren. Das, was sie zum<br />

Leben brauchen, können sie sehr gut selbst entschei<strong>de</strong>n. Nicht <strong>de</strong>r Herr, nicht die Partei <strong>de</strong>r Sklaven, nicht<br />

die Wissenschaft o<strong>de</strong>r die Wirtschaft dürfen ihnen ihr Leben vorschreiben - sie selbst sollen es<br />

bestimmen."<br />

Wenn die Sklaven sich befreien wollen, so Michail, dürften sie nicht die alte Form <strong>de</strong>r Sklaverei durch<br />

eine neue ersetzen. Es bestehe auch keine Notwendigkeit, <strong>de</strong>n riesigen Betrieb unbedingt zentral zu<br />

managen. Warum sollten nicht verschie<strong>de</strong>ne kleine, gut funktionieren<strong>de</strong> Betriebe daraus entstehen? Dann<br />

könnten sich Menschen mit unterschiedlichen Auffassungen und Neigungen mit Gleichgesinnten<br />

zusammenschließen.<br />

"Vor allem aber", sagt Michail und hebt beschwörend die Arme, "kannst Du die Menschen niemals zu<br />

ihrem Glück zwingen! Auch unser Herr behauptet ständig, er tue alles nur zu unserem Besten und<br />

eigentlich ginge es uns Sklaven ja gut. Als ob wir nicht selbst wüßten, was wir wünschen und wie unser<br />

Glück aussehen könnte! Was wir vor allem erstmal brauchen, ist Freiheit und Brot. In <strong>de</strong>inem System,<br />

lieber Karl, kriegen wir garantiert keine Freiheit, und ob wir dafür dann Brot haben wer<strong>de</strong>n, ist sehr<br />

fraglich. Laß uns lieber überlegen, wie wir unsere Herrschaften überlisten, und wie wir dann eine ganz<br />

an<strong>de</strong>re Gesellschaft nach unseren Bedürfnissen schaffen. Du weißt so gut wie ich, daß wir Sklaven hinter<br />

<strong>de</strong>m Rücken unseres Herrn ja schon ganz an<strong>de</strong>rs miteinan<strong>de</strong>r verkehren. Im Alltag hilft doch je<strong>de</strong>r je<strong>de</strong>m,<br />

so gut er kann. Niemand will, daß sich einer zum neuen Chef aufspielt. Das sind die I<strong>de</strong>en, aus <strong>de</strong>nen eine<br />

neue Gesellschaft entstehen muß und nicht die Diktatur <strong>de</strong>iner merkwürdigen Partei, die doch nur <strong>de</strong>n<br />

Herren nachäfft. Ich meine, wir sollten die Herrschaft abschaffen, nicht austauschen ...!"<br />

"Ja, ja ... das will ich letztendlich ja irgendwie auch", wirft Karl nun ungeduldig ein. "Aber du bist und<br />

bleibst halt ein Spinner. Wir hingegen sind Wissenschaftler, und wir haben erkannt, daß <strong>de</strong>r Gang <strong>de</strong>r

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!