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diese Interessen verbin<strong>de</strong>n. Entwe<strong>de</strong>r, sie passen zusammen o<strong>de</strong>r nicht. Demzufolge gibt es dann eine<br />

Verbindung o<strong>de</strong>r eben keine. Manchmal passen sie auch nur ein wenig zusammen. Dann gibt es eine<br />

weniger intensive Verbindung – man nennt das auch Kompromiß –, o<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong> verzichten auf<br />

Gemeinsames. In<strong>de</strong>m aber Menschen zusammenkommen, gibt es Austausch. Erfahrungen wer<strong>de</strong>n<br />

gemacht, Lernprozesse fin<strong>de</strong>n statt, Meinungen können sich än<strong>de</strong>rn. Freiwillig, also selbstbestimmt und<br />

nicht – wie heute allgemein üblich – fremdbestimmt durch Vorschriften, Gesetze, Religion o<strong>de</strong>r<br />

moralischen Druck.<br />

Für Anarchisten gibt es keine gesun<strong>de</strong> Beziehung zwischen Menschen, wenn sie aus Zwang entsteht –<br />

we<strong>de</strong>r zwischen Frau und Mann, zwischen Schüler und Lehrer noch sonstwo. Der Mensch tue das am<br />

besten, wovon er überzeugt ist.<br />

So einfach ist die Grundi<strong>de</strong>e vom selbstbestimmten Han<strong>de</strong>ln und doch so an<strong>de</strong>rs als die Handlungsmuster<br />

<strong>de</strong>r gegenwärtigen Gesellschaften: Soziale Vereinbarungen, die unser heutiges Leben bestimmen, sind<br />

we<strong>de</strong>r frei noch recht eigentlich Vereinbarungen. Wir sind alle ungefragt <strong>de</strong>n selben Gesetzen<br />

unterworfen, die wir nicht gemacht haben. Hätten wir sie gemacht, wür<strong>de</strong>n wir sie wohl eher befolgen.<br />

Hätten wir uns an<strong>de</strong>re, bessere Regeln gegeben, die unseren Bedürfnissen mehr entsprechen, wären wir<br />

töricht, wenn wir überhaupt gegen sie verstießen.<br />

Dieses typisch anarchistische Credo vom selbstbestimmten Han<strong>de</strong>ln führt, wenn zwei o<strong>de</strong>r mehr<br />

Menschen an ihr beteiligt sind, zu einer freien Vereinbarung. Diese kann kurzfristig sein o<strong>de</strong>r ewig - und<br />

natürlich kann sie sich auch wan<strong>de</strong>ln. Sind viele Menschen an einer solchen Vereinbarung beteiligt,<br />

entsteht ein contrat social, ein "Gesellschaftsvertrag" auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit. So<br />

entwickeln sich an-archische Gesellschaften. Verschie<strong>de</strong>ne an-archische Gesellschaften können sich<br />

fö<strong>de</strong>rieren, und bil<strong>de</strong>n ein Netz1; verschie<strong>de</strong>ne Netze können nebeneinan<strong>de</strong>r bestehen.<br />

"Freie Liebe" und "freie Schule" sind nur zwei Beispiele freier Vereinbarung auf unterster Ebene. An<br />

ihnen sind wenig Menschen beteiligt - zwischen zwei und zweihun<strong>de</strong>rt. Das wäre noch keine an-archische<br />

Gesellschaft. Die müßte man sich als ein Puzzle aus vielen solcher Teilbereiche vorstellen, die in ihrer<br />

Gesamtheit die Vielfalt unseres Lebens ab<strong>de</strong>cken.<br />

1) Siehe Kapitel 12!<br />

49<br />

--------------------------------------------------------------------------------<br />

Nach anarchistischer Auffassung bleibt dabei die selbstbestimmte freie Vereinbarung stets Grundmuster<br />

aller gesellschaftlichen Beziehungen: Egal, ob wir nun einen Handwerksbetrieb organisieren, weltweit<br />

gegen eine ökologische Katastrophe agieren, ob wir uns ineinan<strong>de</strong>r verlieben o<strong>de</strong>r einen<br />

Eisenbahnfahrplan aufstellen, ein Haus bauen, Kin<strong>de</strong>r aufziehen, ein Weizenfeld bestellen, Streit<br />

schlichten, in Urlaub fahren o<strong>de</strong>r eine Stadt sanieren – wenn dies nicht freiwillig und selbstbestimmt<br />

geschehe, wer<strong>de</strong> mit Sicherheit niemals das erreicht, was letztendlich Ziel je<strong>de</strong>r anarchistischen Utopie<br />

ist: frei zu leben.<br />

Literatur: Emma Goldman, Ma<strong>de</strong>leine Vernet u.a.: Die Freie Liebe Frankfurt a.M. o.J. (1974?), Freie<br />

Gesellschaft, 92 S. / Emma Goldman: Geleites Leben (Memoiren, 3 B<strong>de</strong>.) Berlin 1978 -1980, Karin<br />

Kramer, 1170 S,, ill. / Candace Falk: Liebe und Anarchie & Emma Goldman Berlin 1987, Karin Kramer,<br />

360 S. / Michail Bakunin: Die vollständige Ausbildung Köln 1976, Heinzelpress, 25 S. / Leo Tolstoi: Die<br />

Schule von Jasnaja Poljana Wetzlar 1980, Büchse <strong>de</strong>r Pandora, 155 S. / Ulrich Klemm (Hrsg.): Leo<br />

Tolstoi über Volksbildung Berlin 1985, Zehrling, 84 S. / Francisco Ferrer: Die freie Schule Berlin 1975,<br />

Karin Kramer, 187 S. / Pierre Ramus: Francisco Ferrer, sein Leben und sein Werk Paris 1910, Die Freie<br />

Generation, 112 S. / Ulrich Klemm (Hrsg.): Anarchismus und Pädagogik Frankfurt a.M. 1991, dipa, 251<br />

S. / <strong>de</strong>rs.: Anarchistische Pädagogik Siegen 1984, Winddruck, 111 S., ill. / Anarchismus und Schule<br />

(Werkstattbericht, 2 B<strong>de</strong>.) Grafenau 1985 /1988, Trotz<strong>de</strong>m, 165 /170 S. / Kerstin Steinicke: Erziehung<br />

und Bildung ohne Herrschaft Frankfurt a.M. 1995, F.A.U. Ffm., 87 S. / Otto Rühle: Erziehung zum

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